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Anaïs Causse empfiehlt

Anaïs Causse, 40, ist gebürtige Berlinerin. Nach dem Abitur an der Goethe-Oberschule in Steglitz studierte sie Arabistik und Islamwissenschaften, merkte aber zunehmend, dass das nicht ihr Ding ist. Sie verabschiedete sich von der Freien Universität und einer möglichen akademischen Laufbahn, heuerte bei FeinkostLindner an und absolvierte eine Ausbildung zur Fachfrau für Systemgastronomie. 2003 stieg sie in das Feinkostgeschäfts ihres Vaters ein. 2014 folgte ihre jüngere Schwester Noémie und übernahm den Onlineshop, aus „Maître Philippe“ wurde „Maître Philippe & Filles“ – ein Spezialitätenhandel, der beste Beziehungen vor allem nach Frankreich pflegt und kulinarisch wie atmosphärisch zu den ersten Adressen der Branche in Berlin zählt.

Für Garcon schreibt Anaïs Causse regelmäßig über ihre exquisiten Spezereien und deren Produzenten.

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CREMA DI NOCCIOLA, PER FAVORE

VON ANAÏS CAUSSE

Gibt es Glück im Glas? Ich behaupte: Ja! Das Glas kommt zwar relativ unglamourös daher, sein Inhalt ist allerdings dermaßen köstlich, dass er weit und breit seines Gleichen sucht: die Crema Nocciola des Piemonteser Haselnuss-Zauberers Josè Noè von Papa dei Boschi.

Also: Vergessen Sie Nutella, Nusskati oder Nussetti und erst recht die extrem flüssige Nutwave von Attila Hildmann, die zudem noch sündhaft teuer ist – Josè Noès Crema ist die Nuss-NugatCreme par excellence. Und wenn Sie mir nicht glauben sollten, lesen Sie Thomas Platts Notizen zu seinem Nuss-Nugat-CremeTest (Tagespiegel, 16. Februar 2019), er bestätigt meine Behauptung voll und ganz. „Papa dei Boschi Crema di Nocciola“, schreibt er, „ist ein Süßwerk, das einen alle Konkurrenz augenblicklich vergessen lässt.“

Kein Wunder – andere Nuss-Nugat-Cremes enthalten 13 bis 45 Prozent Haselnüsse, die meisten außerdem noch Palmöl und Milchpulver. Die Crema di Nocciola dagegen besteht aus lediglich vier Zutaten: sagenhaften 55 Prozent gerösteten Haselnüssen, Magerkakaopulver, Rohrohrzucker und Bourbonvanille, alles perfekt aufeinander abgestimmt. Man riecht und schmeckt das wunderbare

Aroma der gerösteten Haselnüsse, gleichzeitig ist die Crema aber auch sagenhaft schokoladig, ohne dabei süß zu wirken. Die dezent eingesetzte Bourbonvanille rundet das Ganze elegant ab.

Das Geheimnis dieser Creme sind die Haselnüsse – Nocciole Piemonte I.G.P. – auch bekannt als Tonda Gentile delle Langhe. Es sind Haselnüsse, die im Piemont angebaut werden und unter Kennern als die besten weltweit gelten. Der Name übrigens bedeutet soviel wie „Die nette Runde aus der Langhe“, weil die Kerne so schön rund sind.

Übrigens: Ich lerne seit Mitte Januar mittels einer großartigen Tandem-App, die Sprachschüler weltweit verknüpft und die ich wärmstens empfehlen kann, italienisch. Für diesen Artikel konnte ich das bisher Gelernte praktisch anwenden und mich mit Josè Noès Frau Marina problemlos über den Haselnussanbau in der Langhe und die Herstellung der Crema di Nocciola unterhalten.

Die Azienda agricola, die Marina und Josè Noè gemeinsam mit drei Mitarbeitern in dritter Generation bewirtschaften, liegt im südlichen Piemont in einer Gegend, die wegen ihrer Höhenlage und des relativ rauen Klimas perfekt für den Haselnussanbau geeignet ist.

Ende August beginnt die Erntezeit, immer und immer wieder wird die Qualität der Nüsse geprüft, Josè Noè überlässt nichts dem Zufall; „perfetto“, das ist für den Landwirt das Einzige, das zählt.

Die gesammelten Nüsse trocknen auf dem großen Hof in der Sonne, geknackt und geröstet werden sie erst, wenn eine Bestellung eingeht. Die Röstung erfolgt nur in kleinen Chargen und bei schonenden 150 Grad Celsius. Anschließend werden sie rasch wieder auf 20 Grad heruntergekühlt. So bleiben sie länger frisch und behalten – in Vakuumbeuteln verpackt – über Monate ihr feines Aroma.

Noès Haselnüsse sind zum Kochen und Backen wunderbar geeignet und passen hervorragend zu vielen Käsesorten. Eine ganz besondere Verwendung verriet mir die Berliner Autorin Ursula Heinzelmann: Crostini mit Lardo und gehackten Haselnüssen! Als Haselnussmus sind sie sowohl Grundlage für ein sagenhaftes Haselnusseis als auch ein ausgezeichneter Saucenbinder, der jedes Gericht mit seinem dezenten Nussaroma adelt. Die schokoladige Crema di Nocciola schmeckt köstlich auf Brot, Crêpes oder Waffeln und zu Obst jeder Art. Oder eben einfach mit dem Löffel aus dem Glas – mmh, che buono.

Haselnussplantagen in der Provinz Cuneo im südlichen Piemont.

MAÎTRE PHILIPPE ET FILLES

Emser Straße 42 10719 Berlin-Wilmersdorf Tel. 030 — 88 68 36 10 www.maitrephilippe.de

Haselnussbauer Josè Noè.