Burg Schnellenberg - Chronik

Page 1

Burg Schnellenberg Hote l u n d Restau rant

Bilsing Hotelbetrieb GmbH & Co. KG

Die Geschichte der Burg Schnellenberg



BURG SCHNELLENBERG

Hotel und Restaurant · Burg Schnellenberg 1 · 57439 Attendorn Telefon (0 27 22) 69 40 · Telefax (0 27 22) 69 41 69

Lage und Geschichte Die Attendorner Talsenke bildet im Südsauerland eine besonders reizvolle und abwechslungsreiche Landschaft. Am Südrand der Senke zieht die Bigge in ruhigen Schwingungen von Südwesten nach Nordosten, heute von Eisenbahn und moderner Landstraße begleitet. An ihrem Nordufer liegt die Stadt Attendorn, von den verschiedenen umliegenden Höhen in abwechslungsreichem Prospekt einzusehen. Deutlich hebt sich der etwa eirunde mittelalterliche Stadtkern von den zerstreuten neuen Stadtvierteln ab. Blickt man aus der Stadt und ihrer Umgebung nach Südosten gegen die Waldberge, so sieht man von überall her aus der grünen Masse der Bäume die Türme und Gebäude eines großen Schlosses aufragen, das weithin die Attendorner Senke beherrscht. Es ist die Burg Schnellenberg, Besitz der Freiherren v. Fürstenberg-Herdringen. In Westfalen gibt es nur wenige Schloßanlagen, die wie der Schnellenberg eine derartig souveräne und weithin herrschende Lage besitzen. Die Entstehung der Burg ist zusammen mit der Geschichte Attendorns zu sehen. Der Kölner Erzbischof Engelbert von Berg ließ 1222 diesen Ort befestigen, womit seine Entwicklung zur Stadt abgeschlossen war. Gleichzeitig wurde von ihm die Burg Schnellenberg angelegt, was in einem Abkommen mit dem Grafen von der Mark bezeugt ist, dem er auf dieser Burg zwei Burglehen überließ. Die neu angesetzten Burgmänner entstammten Adelsfamilien der Nachbarschaft. Die Zweckbestimmung der neuen Burg war die Sicherung der „Heidenstraße“, damals eine der wichtigsten Handelsstraßen im Sauerland, die vom Rhein über Meinerzhagen und Valbert durch die Stadt Attendorn, hier die Bigge überschreitend, das südliche Bergufer ersteigend, um die neue Burg herumgeführt, die Berge in Richtung Dünschede überquerend, das Lennetal bei Grevenbrück erreichte. Von dort lief sie über Elspe und Schmallenberg in Richtung auf die hessischen Länder weiter. Heute existiert diese alte Fernstraße zwischen Schnellenberg und Dünschede nur noch als Waldweg. Der neuzeitliche Verkehr verläuft auf anderen Bahnen. Nach der für das Kölner Erzbistum verhängnisvollen Schlacht bei Worringen l288 mußte die nur gut drei Kilometer südwestwärts gelegene kölnische Burg Waldenburg 1289 pfandweise an den Grafen von der Mark abgetreten werden. Als Ausgleich ließ der Marschall des Herzogtums Westfalen Johann v. Plettenberg um 1291 die Burg Schnellenberg mit tatkräftiger Hilfe der Bürger von Attendorn neu und stärker befestigen. Bereits im Jahre 1300 gelang die Wiedereinlöse Waldenburgs, wodurch der Schnellenberg an Bedeutung verlor. Die Burg wurde fortan nur noch von kölnischen Burgmännern bewohnt und betreut. Die Herren v. Plettenberg, hauptsächlich verdient um den Ausbau der Anlage, schieden 1333 als Burgmänner auf dem Schnellenberg aus. In ihr Lehen, das das Amtshaus mit einer Wohnung für den Erzbischof einschloß, traten die Herren Vogt v. Elspe ein. 3


Sie werden nunmehr zusammen mit den Herren v. Schnellenberg als Burgmänner genannt. Im Auftrag des Erzbischofs haben die Vogt v. Elspe nach 1387 Umbauten ausgeführt. Ihre Bemühungen wurden um 1400 mit der Erlaubnis zum Bau eines eigenen zusätzlichen Burghauses belohnt. Diese beiden Familien haben die Burg Schnellenberg dann bis 1541 gemeinsam bewohnt. In diesem Jahr ging das Lehen der v. Schnellenberg an die Herren v. Schüngel über. Das für die Geschichte der Burg Schnellenberg wohl bedeutsamste Jahr war 1594. Der kurkölnische Droste der Ämter Bilstein und Waldenburg, Caspar v. Fürstenberg (1545-1618), trat in Kaufverhandlungen mit den Burgmannsfamilien Vogt v. Elspe und v. Schüngel ein. Man wurde handelseinig und mit Zustimmung des Erzbischofs ging der Schnellenberg mit allem Grundbesitz an v. Fürstenberg über. Diese Familie gehörte zum Landadel des kölnischen Herzogtums Westfalen und war seit dem 15. Jahrhundert allmählich angesehen und reich geworden. Als Friedrich v. Fürstenberg, der Vater Caspars, 1556 zum Drosten ernannt wurde, setzte ein glänzender Aufstieg des Geschlechtes ein. Friedrich konnte seinem Landesherrn eine große Schuldenlast begleichen, wofür er die Einkünfte des Amtsgebietes zur Verfügung erhielt. Caspar v. Fürstenberg nach dem Tode seines Vaters seit 1567 Droste, hat alle günstigen Gelegenheiten genutzt, Besitz und Einkünfte abzurunden. 1585 wurde sein Bruder Dietrich zum Fürstbischof von Paderborn gewählt. Caspar hatte jetzt als Geheimer Rat Einuß in Köln und in Paderborn. Der Kurfürst von Mainz bestellte ihn 1588 zum Verwalter der mainzischen Ämter Fritzlar und Naumburg. Seine Wohnung war auf der Burg Bilstein. Der Ankauf des Schnellenbergs ist sicher wegen dessen hervorragender Lage sowie der besseren Ausbaumöglichkeiten erfolgt. Für den neuen Besitzer kam aber auch hinzu daß er über die Familie v. Schnellenberg vermeintlich zuverlässige Unterlagen erhalten hatte, wonach in alter Zeit die Bewohner dieser Burg zur Reichsritterschaft berufen gewesen sein sollten. 1595 stellte Caspar v. Fürstenberg erneut Antrag auf Aufnahme in die Reichsritterschaft, die auch gewährt wurde. Im gleichen Jahr begann er den Ausbau des vorhandenen Baubestandes zu einem blockartigen Vierügelschloß. Erhaltene Pläne zeigen an, daß zunächst an ein wesentlich größeres Schloß mit vier runden Ecktürmen gedacht war, wie es durch Umbau 1585-92 beim Schloß Neuhaus, der Residenz der Fürstbischöfe von Paderborn, verwirklicht worden ist. Der Architekt für Schnellenberg war vermutlich Hans Caspar von Fürstenberg Adam, den der Bauherr wohl durch seinen fürstbischöichen Bruder empfohlen bekommen hat. Aber das Großprojekt ist wegen der im Gebirge notwendigen ungeheuer kostspieligen Substruktionen fallen gelassen worden zugunsten der kleinen Lösung, bei der sehr viel alte Bausubstanz mitverwendet werden konnte. 1599 regte der fürstbischöiche Bruder die überaus kostbare Ausstattung der Hauskapelle im Obergeschoß des mittelalterlichen Torturm-Bergfriedes an. Caspar v. Fürstenberg vertraute diese Arbeiten dem Bildhauer Johann Hocheisen, der seit1596 für den Schnellenberg tätig war, dem Kleinschnitzler Hans Miltenberger, beide aus Frankfurt, dem Maler Augustin Jodefeld aus Paderborn sowie dem Schreiner Meister Bernhard an. 4


Der Fürstbischof schenkte 1601 die gesamte prachtvolle Silberausstattung an liturgischen Geräten, die sein Goldschmied Anton Eisenholt aus Warburg geschaffen hatte. Nachdem 1606 alle Bauarbeiten im wesentlichen abgeschlossen waren, konnte Caspar v. Fürstenberg 1608 seinen Wohnsitz endgültig von Bilstein nach Schnellenberg verlegen. Hier verlebte er noch zehn glückliche Jahre, wie wir aus seinem berühmten Tagebuch wissen, das auch über alle Bauangelegenheiten unterrichtet. 1618 starb er in Arnsberg und wurde dort in der Wedinghauser Stiftskirche begraben. Sein Sohn Friedrich (1576-1647) setzte ihm ein hervorragendes Grabmal von der Hand Heinrich Gröningers aus Paderborn, das heute als Retabel den Hochaltar dieser Kirche schmückt. 1658 begann der Enkel Caspars Friedrich v. Fürstenberg (1618-1662) mit der Vorbereitung neuer Baumaßnahmen an der Oberburg. Der Südügel ist teils neugebaut, teils verändert worden. 1661 waren die Arbeiten, zu denen auch eine Bautätigkeit an der Ökonomie kam, beendet. Die Erhebung des Geschlechts in den Reichsfreiherrenstand 1660 hatte diese Maßnahmen beügelt, eine Kapelle der Familie von Fürstenberg nanzielle Dotation durch den Onkel des Bauherrn, den Salzburger Domherrn und münsterischen Dompropst Wilhelm v. Fürstenberg (1623-1699), hatte alles erleichtert. In der nächsten Generation ließ der Droste Ferdinand v. Fürstenberg (1661-1718), das Patenkind des gleichnamigen Onkels und Fürstbischofs von Paderborn, nach 1683 verschiedene Bauarbeiten an den Wirtschaftsbauten und im Hauptgebäude selbst ausführen. Die für das Schloß wichtigste Bauperiode setzte im Jahr 1686 ein. Die Neu- und Umbauten, die Ferdinand v. Fürstenberg von jetzt an errichten ließ, gaben dem Schloß die gegenwärtige äußere Gestalt. Zuerst entstand an der Oberburg der mächtige Pavillonturm auf dessen Westecke (1686). Diesem markanten Bauteil folgte sofort 1687 die Planung und dann Errichtung der riesigen Vorburg, die den Maßstab aller bisherigen Bauvorhaben sprengte. Der geniale Entwerfer - obschon in den Akten offenbar nicht genannt - kann der Kapuzinerbruder Ambrosius von Oelde gewesen sein. Er hatte ab 1677 für Johann Adolf v. Fürstenberg das Schloß Adolphsburg bei Oberhundem entworfen und für dessen Bruder Fürstbischof Ferdinand von Paderborn ab 1681 unter anderem die Kapuzinerkirche dort errichtet. Beide Onkel werden also dem Neffen in Schnellenberg diesen bewährten Meister zum Ausbau des Schlosses empfohlen haben. Die neue Vorburg, die wohl als eine Art Jagdschloß zur Unterbringung einer großen Zahl von Gästen und vielen Pferden eingerichtet war, entstand zwischen 1687 und 1694 unter dem Maurermeister Andreas. Die lnnenausstattungsarbeiten zogen sich bis 1704 hin. 1708 entstand das äußere Vorwerk in seiner heutigen Gestalt. Inzwischen waren bis 1690 die Umgestaltungsmaßnahmen an der eigentlichen Oberburg fertig geworden. 1710 haben die Kunsthandwerker die letzten Innendekorationen abgeschlossen. 5


Im ganzen 18. Jahrhundert ist das Schloß Schnellenberg nur noch vorübergehend von der Familie bewohnt worden. Zum Teil bevorzugte man die Adolphsburg und noch im ersten Viertel des Jahrhunderts schien das Schloß Herdringen bei Neheim die Hauptresidenz werden zu sollen wenigstens sind damals sehr großzügige Pläne dafür entstanden. Der letzte Bewohner des Schnellenberges war Friedrich Leopold v. Fürstenberg der 1791 nach einer deutlich betonten Bauinschrift größere Restaurierungen veranlaßt hat. Während des 19. Jahrhunderts hat die Familie das Schloß nicht mehr bewohnt. Ernst Friedrich Zwirner errichtete 1848-52 die neue prachtvolle Familienresidenz in Herdringen. Im Jahre 1889 vernichtete ein Großfeuer das Innere und die Dächer der herrlichen Schnellenberger Vorburg die seitdem Ruine war. 1902 ließ die kunstsinnige Grän Pia v. Fürstenberg einen Teil der kostbaren Ausstattungen aus SchneI lenberg nebst den dazu passenden Teilen aus Schloß Adolfsburg restaurieren und in Schloß Herdringen einbauen. In der allgemein schwierigen Zeit nach 1918 hat die Oberburg verschiedenen provisorischer Verwendungszwecken gedient. In den 1930er Jahren begannen Wiederherstellungsarbeiten an der Oberburg. Ab 1946 wurde in sehr glücklicher Weise der Südügel der ausgebrannten Vorburg als Gaststätte und Hotel ausgebaut. Aufgrund der Schräglage (ca. 50°) des Felsens, auf welchem Südturm und Südügel der Vorburg gegründet sind, traten 1962-63 erhebliche Setz- und Abrißschäden auf Diese akute Gefahr für das schöne Bauwerk konnte nur durch technisch sehr schwierige und kostspielige Spezial-Betonierungsarbeiten beseitigt werden. Die Familie v. Fürstenberg hat mit größten nanziellen Opfern die Wiederherstellung des alten Zustandes - mit geringen Änderungen für den neuen Verwendungszweck - betrieben. Die Hintansetzung kaufmännischer Überlegungen hat die Erhaltung der größten und auch interessantesten Burganlage des Sauerlandes bewirkt.

Kapelle, Rückwand des Ehrensitzes von Caspar von Fürstenberg

6


Beschreibung und Würdigung Auf einem nach Nordosten gerichteten Sporn des Rappelsberges zwischen seinem Steilabfall zur Bigge und einem tiefen Seitental ist die Burg angelegt. Jenseits einer sanften Einsattelung, über die die „Heidenstraße“ von Attendorn her in den eigentlichen Bergzug verlief, ist der Sporn als steiles Felsmassiv herauspräpariert. Die Anlage selbst zeigt heute drei Abschnitte: im Südwesten auf dem Anlauf des Sporns sitzend das ausgedehnte Vorwerk, überragt von der mächtigen Wand des eigentlichen Vorburg-Hauptügels. Zusammen mit einem rechtwinklig anstoßenden langen Seitenügel auf der Südostseite faßt er den nach Norden stark steigenden Vorburghof ein. Von hier aus gesehen erhebt sich jenseits eines tiefen künstlich geschaffenen Halsgrabens auf einem Felsklotz die Masse der Oberburg. In dem Taleinschnitt östlich und südlich des Schloßberges speist ein Bach eine Kette von Fischteichen, deren Anlage schon auf das 17. Jahrhundert zurückgeht. Alte Gartenentwürfe lassen erkennen, daß zu Ende des 17. Jahrhunderts reguläre Gärten auf der tiefer gelegenen Spornspitze nördlich der Oberburg und auf dem Sattel südwestlich des Vor-werks angelegt gewesen sind. Rechnet man den großen 1680-98 geschaffenen Tiergarten hinzu, so wird deutlich, wie Schloß und Umgebung als eine von Menschen bewußt geordnete Welt inmitten des „wilden“ Waldgebirges aufgefaßt gewesen sind. Durch die Vernachlässigung im 19. Jahrhundert hat der Wald die Gärten zu großen Teilen zurückerobert. Der sehr unregelmäßige Grundriß der Oberburg läßt einigermaßen deutlich die beiden mittelalterlichen Burgmannshäuser erkennen,die sich auf der Nordwestund Südostseite gegenüber gelegen haben. Ein drittes kleineres altes Steinhaus zeichnet sich im Grundriß des Südwestügels hinter dem großen Pavillonturm ab. Der schmale rückwärtige Nordostügel scheint Wirtschaftszwecken gedient zu haben. Ein nördlich außen angesetzter heute stark erneuerter Rundturm diente der Verteidigung der Burgrückseite und barg gleichzeitig einen Brunnen. Die südwestliche Brükken- oder Schaufront ist mehrmals umgebaut und außerdem offenbar vorgeschoben worden, denn der Torturm sitzt heute hinter dem Flügel. Alle diese Bauteile schließen einen engen Burghof ein.

Kapelle, geschnitztes Holzwappen von Hans Miltenberger

Das überall verwendete Baumaterial harter Schiefer und Grauwacke. läßt keine Zierformen zu. Daher sind Einzelheiten nicht näher datierbar. Der Torturm ist auf Grund des Kreuzgratgewölbes über der Durchfahrt und des Kreuzrippengewölbes über der Kapelle sicher noch mittelalterlich, vermutlich aus dem Ende des 13. Jahrhunderts, während das Kapellengewölbe wohl erst im späten 15. Jahrhundert eingezogen worden ist. Die meisten Fenster zeigen mit ihren Stempfosten altertümliche Formen und sind Zeugen des großen Umbaues unter Caspar v. Fürstenberg. Eines von ihnen am linken Flügel trägt sein Ehewappen und ist 1597 datiert. 7


Die breite, der Vorburg zugewandte Torfront besitzt auf der Südecke einen Rundturm unbestimmbaren Alters, der, wahrscheinlich im 18. Jahrhundert, um zwei Geschosse niedriger gemacht worden ist, und jetzt unter einem merkwürdigen Schleppkegeldach sitzt. Ganz anders der selbständige Baublock des viergeschossigen mächtigen Pavillonturmes auf der Westecke. Er ist von einer prächtigen welschen Haube gedeckt, ein charaktervolles Werk mit allen Kennzeichen des westfälischen Frühbarock, der im Auftrag des Freiherrn Ferdinand v. Fürstenberg und seiner Gemahlin Maria Theresia v. Westphalen entstand. Dieser 1686 errichtete Bau verrät die planende Hand eines großen Architekten. dem auch die großen Stempfostenfenster der eigentlichen Baufront zuzuschreiben sind. Mittelpunkt und Schaustück des Ganzen ist aber das vortrefiche Werksteinportal des Haupteingangs in der Mitte. Dem in zwei Schichten aufgebauten rustizierten Gewände sind außerdem ebensolche Pilaster vorgelegt, die ein gesprengtes Gebälk tragen. Gewände und Rundbogen erzeugen durch ihre wohlüberlegte Großformigkeit den Eindruck des wehrhaften Zugangs. Reich verziert ist dagegen der Sprenggiebel mit dem symmetrisch von Löwen gehaltenen Wappen des Bauherrn, gekrönt von den Zeichen der Reichsunmittelbarkeit, dem kaiserlichen Doppeladler mit der Reichskrone. Vor der Steinbrücke über den Halsgraben bildet ein hervorragend geschmiedeter eiserner Torbogen aus der Hand des Schlossermeisters Johannes Schröder aus Olpe den Auftakt des Schloßzugangs, begleitet von ebenso schönen Eisengeländern. Dieser Schmuck von 1690 hebt sich mit wohlüberlegter Absicht von der sonoren Portalarchitektur ab. Die Baufront ist vermutlich unvollendet geblieben. Man darf annehmen, daß anstelle des Rundturms auf der Südecke ein zweiter entsprechender Pavillonturm geplant gewesen ist. Am Gewölbe der Tordurchfahrt prangt eine emblematische gemalte Darstellung eines großen doppelköpgen Reichsadlers mit den Wappen des Caspar v. Fürstenberg und seiner ersten Frau Elisabeth v. Spiegel in den Fängen. Die Darstellung, die in den beigegebenen Inschriften auf Schutz und Gastfreundschaft der reichsritterlichen Burg verweist, muß zu den ersten Neugestaltungen nach 1595 in Schnellenberg gehören. Ein einziger, noch fast unversehrt aus dieser Zeit stammender Innenraum, ist die dem hl. Georg geweihte Schloßkapelle im Obergeschoß des Torturms. Der sehr kleine Raum ist mit einer erstaunlichen Opulenz ausgestattet. Der Altar vor einem Fenster wird von zwei Ehrensitzen ankiert. Rechts der Thronsitz des Fürstbischofs Dietrich v. Fürstenberg vor einer Wandnischenarchitektur und links der Chorstuhl seines Bruders, des Schloßherrn Caspar v. Fürstenberg, unter einem Baldachin. In den hinteren Raumecken zwei weitere schlichtere Chorstühle, von denen einer für die Schloßherrin bestimmt war. Die Wand gegenüber dem Altar öffnet sich in einer reichen Türarchitektur mit dem heute vermauerten Durchgang zum Kapellenzimmer, das einst somit, ebenfalls reich ausgestattet, bei geöffneten Türen zur Kapelle hinzugenommen werden konnte.

Kapelle, Hl. Georg im Kapellaltar

8


In der Kapelle gibt es außerdem auf zwei Seiten eine Empore mit geschlossener Brüstung. Außerdem Altar und dem fürstbischöichen Thronsitz, die aus Marmor und Alabaster sind, besteht die übrige Ausstattung aus reich geschnitztem Holzwerk. Mehrere Weichholzarten sind zu einem unwahrscheinlich subtilen manieristischen Formgebilde zusammengesetzt, das, unbemalt, mit sieben gemalten Feldern in der Emporenbrüstung einen köstlich zarten Farbakkord bietet. Kräftiger in den Farben sind die bunten Marmorarten und der weiße Alabaster in Altar und Thron (1599). Die Retabelreliefs des Altars stellen die Jünger zu Emmaus, das Abendmahl und das Opfer des Melchisedek, in der Mitte darüber den Drachenkampf des hl. Georg dar. Ein Kruzix mit schönem Alabasterkorpus krönt das vorzügliche Werk. Der Bischofsthron hat vor einer Sitznische aus Andernacher Stein eine etwas später vorgesetzte Säulenstellung mit Architrav aus schwarzem und rotem Marmor. Darüber sitzt ein prächtiges Alabastermedaillon mit dem fürstbischöichen Wappen. Die Betbank besteht aus roten Sinterplatten mit einer Stiftungsinschrift, eingefaßt von Hermenpfeilern. Im Gegensatz dazu ist der Chorstuhl gegenüber - wie auch die übrige aber erst 1608 gelieferte Holzaustattung der Kapelle - aus kostbaren Intarsien aufgebaut. Die Rückwand besitzt in der Mitte ein Bogenfeld mit einem virtuos aus bunten Hölzern eingelegten Blumenstrauß, ankiert von Statuetten der Caritas und Fides. Oben im Beschlagwerk-Aufsatz das Fürstenbergische Familienwappen. Die sieben gemalten Felder an der Emporenbrüstung stellen Engelsgestalten mit den Leidenswerkzeugen Christi dar. Rings um den Raum zieht sich ein gemaltes Paneel mit Arabesken und Blumenteppich. Das Gewölbe ist als offener Himmel dargestellt (1600). Auf Wolkenringen thronen die Apostel, unter ihnen die Gestalt des Bauherrn, dann die Propheten und Herrscher des Alten Bundes und in der Mitte fern die unzählbare Schar der Heiligen und Engel. Die vom Bauherrn aus Frankfurt gerufenen Künstler, der Bildhauer Johann Hocheisen für die Steinarbeiten und der Kleinschnitzler Hans Miltenberger für die Intarsien Holzausstattung, haben eine sonst nirgendwo in Westfalen vorhandene einzigartige Ausstattung des Manierismus zusammen mit dem Maler Augustin Jodefeld aus Paderborn geschaffen. Zahlreiche Inschriften, Sprüche aus dem Alten Testament, bezeugen die innige Frömmigkeit der Auftraggeberfamilie. Der im Nordwestügel des Schlosses im Obergeschoß gelegene große Saal besitzt aus der Zeit Caspars v. Fürstenberg nur noch den Rest eines großen Prunkkamins aus Sandstein. Zwei virtuos durchgebildete Hermen Kapelle, Steinplatte im Thronsitz tragen den Sturz, auf dem heute einsam die des Fürstbischofs Dietrich v. Fürstenberg Figur der Göttin Juno steht. Ursprünglich war ein Aufsatzmedaillon mit der Darstellung des Orpheus unter den Tieren vorhanden, ankiert von Löwengestalten mit den Wappen v. Fürstenberg v. Spiegel. Auf den Seiten standen die Göttinnen Minerva und Juno. 9


Es ist das Verdienst von Fritz Arens, den Künstler dieses Werks ermittelt zu haben: der Bildhauer Gerhard Wolff aus Mainz hat den Auftrag dazu 1601 bekommen. Auch im Südostügel ist ein kulturgeschichtlich interessanter Ausstattungsrest aus der Zeit zwischen 1595-1600 erhalten. Im Obergeschoß hatten zwei Zimmer die Bezeichnung „AltWeib“. Über einer Tür ist auf den Putz gemalt als Surporte die Gestalt einer alten Frau mit Stock und Beutel und eine Inschrift aus dem Buch Hiob des Alten Testaments zu sehen. Der Charakter der meisten Räume in der Oberburg wird jedoch heute durch die Neudekoration um 1700 bestimmt, deren Bauherrschaft Ferdinand v. Fürstenberg und Maria Theresia v. Westphalen waren. Ihr Allianzwappen ist zwischen 1686 und 1718 an vielen Stellen angebracht. Die Innenräume haben Stuckbalkendecken, die immer abwechslungsreich mit Model-Ornamenten verziert sind. Auch das Gewölbe im Pavillonturm, das Treppenhaus neben dem Torturm und viele Fensternischen sind mit Modelstuck geschmückt. Hinzu treten im großen Saal virtuos geschnitzte prachtvolle Türgestelle mit dem genannten Allianzwappen vor dem Reichsadler, alles in schwere Akanthus-Ornamentik eingebettet. Auch sonst sind in der Oberburg noch manche einfachere Türen derselben Zeit erhalten. Gegenüber dem Kamin im großen Saal ist zur Zeit ein herrlich geschnitzter Gläserschrank nebst einem deftigen Figurenaufsatz, Bachus und sein Gefolge, aufgestellt, der außerdem seine komplette Farbfassung im Charakter von Buntmarmor, Schildplatt und Alabaster, alles reich vergoldet. bewahrt hat. Er stammt aus der wandfesten Ausstattung des großen Saals der Adolphsburg. Hier war es der Onkel des Schnellenberger Bauherrn, Johann Adolf v. Fürstenberg, der gleichzeitig dieses Schloß ausstatten ließ. Alle diese prolreichen und stark plastisch aus Eichenholz geschnitzten Prunkstücke, wozu noch viele weitere kommen, die 1902 nach Herdringen verbracht sind, gehören zu den besten und Geschnitzer Kopf des Gläserschranks großartigsten Ausstattungen, die damals in ganz Nordwesteuropa entstanden sind. Man darf sie der Bildhauerfamilie Sasse in Attendorn zuweisen, die in einer großen Werkstatt außerdem zahlreiches Kirchenmobiliar ins ganze südliche Westfalen geliefert hat. Den Stilwandel zwischen dem Kamin des Gerhard Wolff um 1601 und der Zeit um 1700 veranschaulicht der andere große Schaukamin im ersten westlichen Saalzimmer. Uber einem von Säulen getragenen Marmorsturzrahmen erhebt sich ein Aufsatz aus Stuck in reichem Akanthus-Ornament. Zwei weibliche Gottheiten ankieren eine heute leere Hochovalnische, in der einst ein emblematisches Gemälde gesessen hat. An den Schmalseiten des Aufsatzes sitzen Stuckreliefs, links Chronos raubt die Schönheit und rechts Mercur entführt Aglaia (den Glanz). Alabasterton und reiche Vergoldung der Blumenrahmen und Festons bestimmen auch hier die Farbigkeit. Leider ist der Künstler dieses Stücks nicht bekannt. Insgesamt gesehen geht dieser hochbarocke Dekorationsstil von ungemeiner Schwere und Würde auf niederländisch-französische Vorbilder zurück. 10


Der Hof der Vorburg, architektonisch von den zwei hierseits niedrigen Flügeln des großen Vorburggebäudes gefaßt und über eine niedrige Brüstung sich weit nach Nordwesten ins Land öffnend, kommt als Platzraum kaum zur Wirkung, da er gegen die Oberburg stark ansteigt. Der Eingang in das Hotel führt durch ein schönes barockes Tor das vom verfallenen Haus Stirpe bei Erwitte 1958 nach hier versetzt wurde. Auf dem Vorplatz stehen an verschiedenen Stellen steinerne Spolien, es sind Bänke, Sockel und Skulpturen, die anscheinend aus den ehemaligen Gärten um das Schloß stammen. Unerhört monumental ist die Feldseite der Vorburg, die ja eigentlich ein selbständiger Schloßbau ist. Die breite dreigeschossige Front zu elf Fensterachsen wird von zwei ziemlich schlanken fünfgeschossigen Türmen mit gekurvten Helmen ankiert. Das einzige Schmuckstück ist das in großen Formen gehaltene Portal aus einheimischem Marmor. Es ist wegen des Bodenreliefs nach links aus der Mitte verschoben. Ursprünglich besaßen die beiden unteren Geschosse des Bauwerks durchgehend querovale Ochsenaugenfenster, was der Schauseite ein außerordentlich wirkungsvoll-verschlossenes Aussehen verlieh. Diese Wirkung mußte durch die erforderliche Vergrößerung der Fenster für die moderne Nutzung des Gebäudes leider etwas eingeschränkt werden. Erstaunlich sind im Inneren die weiten dreischifgen gewölbten Hallenräume auf bunten Marmorsäulen, einst die Marställe des Schlosses, die den verheerenden Brand von 1889 überstanden hatten. Einer dieser Räume birgt heute ein sehr interessantes kulturgeschichtliches Museum; ein anderer ist als Kapelle eingerichtet. Der Altar im Stil des frühen 18. Jahrhunderts stammt aus der leerstehenden unbenutzten Schloßkapelle der Adolphsburg und wurde nach durchgreifender Restaurierung 1981 hier aufgestellt. Die Sandsteineinfassung der Eingangspforte zur Kapelle stammt ebenfalls vom Haus Stirpe. Mehrere andere Räume dienen der Gastronomie des Hotels als stimmungsvolle Gasträume. Auftakt der Schloßanlage ist ein ab 1708 erbautes besonderes Vorwerk, das, von hohen Mauern und zwei niedrigen Ecktürmen eingefaßt, vor die Vorburg gelegt ist. Ein vornehm-schlichter Torbogen mit Pförtner-Pavillon gibt Zutritt. Die Zufahrt ist geradlinig auf das Vorburgtor hin zwischen teilweise hohen Mauern geführt. Interessant ist die Verschmelzung altertümlicher Abwehrmittel mit barocken Kunstgriffen im gesamten Vorwerk-Vorburgbereich. Hinzukommt eine deutlich spürbare theaterhafte Prospektwirkung der drei Teilzonen der Gesamtanlage, die, durch das Gelände diktiert, ausschließlich auf die Zugangsseite nach Attendorn hin bezogen ist. Eine andere Schauseite im künstlerischen Sinne gibt es nicht. Vom Biggetal her wirken hauptsächlich neben den hohen Gebäudewänden die beiden Türme des Hauptschlosses malerisch zusammen wobei der mittelalterliche Torturm seine weische Haube seit Anfang unseres Jahrhunderts zugunsten eines schlichten Zeltdachs verloren hat. Durch seinen Ausbau zwischen 1686 und 1708 nimmt das Schloß Schnellenberg eine sehr wichtige Stellung unter den großen barocken Schloßanlagen Westfalens ein. Gehören die Reste der Raumdekorationen mit denen der Adolphsburg schon zu den Spitzenleistungen der Stilstufe um 1700, so ist der manieristische Kapellenraum von 1600 von allergrößter kunst- und kulturgeschichtlicher Bedeutung.

11


Lageplan

Der ab 1949 nach klarer Konzeption durchgeführte Wiederaufbau der gesamten Vorburgruine war der Beginn einer glanzvollen Generalrestaurierung des schönen Schlosses durch die Eigentümer Wenemar Freiherr v. Fürstenberg und nachfolgend dessen Sohn, Engelbert-Eberhard Freiherr v. Fürstenberg. Moderner Ausbau und sachgerechte Restaurierung gingen abschnittsweise Hand in Hand jeweils in Abstimmung mit dem Landeskonservator und wurden 1977 abgeschlossen. Die subtile Instandsetzung der manieristischen St.-Georgs-Kapelle in der Oberburg dauerte von 1976 bis 1980. Die Krönung des Ganzen war die Wiederherstellung der gesamten Oberburg und ihre Einrichtung zum komfortablen Hotel von 1975 bis 1979. Jetzt dient das ganze Schloß, Vorburg und Oberburg, unter der Leitung der Familie Bilsing diesem Zweck.

Der große Saal und die Saalzimmer bilden bei Festlichkeiten und Tagungen den repräsentativen Rahmen. Das Burghotel Schnellenberg, das der berühmten Kette ,,Gast im Schloß‘ angehört, bietet hohen gastronomischen Komfort und liegt in gepegter Waldumgebung, mit vielen Wanderwegen und abwechslungsreichen Erholungsmöglichkeiten im Attendorner Umland. So ist das Schloß heute eine der attraktivsten historischen Stätten im Sauerländischen Gebirgsland geworden, ganz im Sinne einer Inschrift, die Caspar v. Fürstenberg schon 1599 am Gewölbe des Torturms anbringen ließ: „Foris non maneat peregrinus / Ostium meum pateat viatori“ (draußen nicht bleibe der Fremdling, meine Tür öffne sich dem Reisenden).

Bilsing Hotelbetrieb GmbH & Co. KG Bilsing Hotelbetrieb Ver. GmbH HRB 983 Burg Schnellenberg 1 57439 Attendorn/Biggesee Telefon (02722) 694-0 Telefax (02722) 694169 www.burg-schnellenberg.de info@burg-schnellenberg.de


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.