3 minute read

Kolumne: Das Letzte

Eines Morgens bin ich erwacht, Oh Schöne, ciao! Schöne, ciao! Schöne, ciao, ciao, ciao! Eines Morgens bin ich erwacht, Und ich traf auf den Feind.

Advertisement

Martin Lichtmesz

wurde 1976 in Wien geboren. Nach Jahren in Berlin lebt er inzwischen wieder in seiner Heimat und arbeitet als eier Publizist.

In unserem Buch „Mit Linken leben“, erschienen 2017 am Höhepunkt der „rechtspopulistischen“ Welle, versuchten Caroline Sommerfeld und ich die „Spaltung der Gesellscha “ zu analysieren, die damals in aller Munde lag. Niemals hätten wir uns träumen lassen, dass es noch viel, viel schlimmer kommen würde.

Trotz des Titels haben wir diese gesellscha liche Spaltung in unserem Buch nicht direkt anhand der Linien „links“ und „rechts“ im streng politologischen Sinne festgemacht. Als die drei wesentlichen „Bruchlinien“ erschienen uns: 1. Vertrauen vs. Misstrauen in etablierte Politik und Leitmedien, wie wir auch überhaupt im „Vertrauensverlust“ den „Kern der Polarisierung“ sahen; 2. Realismus vs. Utopismus; 3. Globalismus vs. Partikularismus.

Die aktuelle Spaltung durch die Corona-Politik weist frappante Parallelen auf. Zwar haben sich neue Schnittmengen gebildet, aber einige Muster sind gleich geblieben: Praktisch das gesamte rechte Spektrum steht heute im Lager der „Maßnahmenkritiker“ und auf der Seite der individuellen Freiheit, während das linke Spektrum überwiegend Lockdowns, Maskenp icht oder Impfzwang befürwortet, ja zum Teil fanatisch einfordert. Das ist eine etwas seltsame Wendung der Geschichte, standen doch historisch gesehen die Konservativen eher für hierarchische, autoritäre Gesellscha sordnungen, während die Linken danach trachteten, Individuen und Klassen zu „emanzipieren“, ein Bestreben, das in der Regel rasch in sein dialektisches Gegenteil, den Jakobinerstaat und den egalitären Kollektivismus, umschlug.

Auf der anderen Seite pappt das herrschende System seinen Kritikern das altbewährte Feindetikett auf: „Querdenker“ und „Verschwörungstheoretiker“, egal aus welcher Ecke sie kommen, werden pauschal mit einem „rechten“ Ruch belegt. Körperliche Selbstbestimmung, Einforderung von Grundrechten, Misstrauen in die „Experten“, „informierte Einwilligung“, Zweifel am grenzenlosen Wohlwollen von Bourla, Schwab und Gates, Kritik an „ImpfApartheid“ – das alles ist jetzt „rechtsextrem“ und „demokratiefeindlich“. Auf der anderen Seite ist „Corona“, kristallisiert und zugespitzt in der Imp rage, neben dem Antirassismus, dem LGBTKult und dem Klimaschutz zum weiteren xen Glaubenssatz der Linken geworden. Auch hier tre en unsere Analysen aus dem Jahr

Die liberale 2017 ziemlich genau zu: Imp anatismus ist eine „Klassendistinktion“, die der Erhöhung Demokratie liegt in des sozialen Status und dem „virtue signalling“ (der „Tugendprahlerei“) dient; das Versagen ihren letzten Zügen, der Impf-„Utopie“ (analog zum Versagen der Multikulti-Utopie) gebiert Ressentiments und aufgelöst in einer den Zwang, nach Sündenböcken zu suchen. Kryptoreligiös Corona-Gläubige sind Hirnpest aus Angst, gleich den Linken „Komplizen des Globalismus“, die die Vorhut einer technokratischen Desinformation und Weltregierung bilden. Identisch sind auch die diskursiven Methoden, derer sie sich bedienen,

Infantilisierung. um sachlichen Argumenten auszuweichen, allen voran das „Gaslichtern“, eine besonders bösartige Form der Manipulation, die darauf abzielt, dem anderen die eigenen Wahrnehmungen auszureden. Damit eng verbunden ist der Hang der Linken zur psychologischen Projektion, den wir zum „Lichtmesz-Sommerfeld-Gesetz“ zuspitzten: „Alles, was Linke über Rechte sagen, schreiben, denken, tri immer und ausnahmslos auf sie selber zu.“ Man könnte es etwa so adaptieren: „Alles, was Maßnahmenfanatiker über Maßnahmenkritiker sagen, schreiben, denken, tri immer und ausnahmslos auf sie selber zu.“ Der frühere Ärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery lieferte das klassische Beispiel, als er von einer „Tyrannei der Ungeimp en“ sprach, um die Tyrannei gegen die Ungeimp en zu rechtfertigen. Der Maßnahmenfanatiker gibt den „Maßnahmenverweigerern“ die Schuld, dass „die Pandemie“ nicht endet, während es in Wahrheit seine eigene Gefügigkeit ist, die den Alptraum ins Unendliche verlängert. Als Leitartikler oder politischer Wortführer gibt er sich „solidarisch“ und humanistisch, während er einem Drittel der Bevölkerung den Entzug der Grundrechte oder gar den Tod an den Hals wünscht. Er hält den Maßnahmenkritiker für einen paranoiden „Schwurbler“, während er selber in ständiger Virenpanik lebt, sich trotz „Vollimmunisierung“ und FFP2-Maske von Ungeimp en bedroht fühlt. Er glaubt, „die Wissenscha “ auf seiner Seite zu haben, während er nur Propagandaphrasen wiederkäut. Die Liste ließe sich noch fortsetzen. Selbst wenn der Corona-Spuk eines Tages vorbeigehen sollte, wird er dauerha e Spuren der Zerrüttung hinterlassen. Die liberale Demokratie liegt in ihren letzten Zügen, aufgelöst in einer Hirnpest aus Angst, Desinformation und Infantilisierung. Ein neues totalitäres Zeitalter ist angebrochen.

This article is from: