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Die Fahrt in der Achterbahn

Partei ergreifen

Die Proteste gegen „Corona“ zeigen, wie wichtig es ist, dass eine politische Partei die Kritik aufgrei . Sie bestätigen auch, dass es für die Partei besonders bedeutsam ist, zu lernen, dass Politik nicht nur im Parlament gemacht wird.

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VON HEINRICH SICKL

D

as Telefon klingelt. Der Einsatzleiter hebt ab, dran hat er eine Abgeordnete einer Partei, die sich bei ihm erkundigt, was da gerade abgehe. In diesem Fall: ein Polizeieinsatz bei einer linksextremen Demonstration in Innsbruck. Der „schwarze Block“ in der Tiroler Hauptstadt besteht eben nicht nur aus der ÖVP, sondern in dem Moment aus Autonomen, die ihr Mobilisierungsthema Abschiebungen aggressiv auf die Straße tragen. 15 Festnahmen, mehr als 100 Anzeigen sind beim ema „Grenzen töten“ die Folge. Die Polizei hat alle Hände voll zu tun, sie wurde ja auch aus der Demo angegri en, erklärt sie. Da klingelt das Telefon.

Aufeinander aufpassen

27 Sekunden lang dauert das Telefonat, meint die grüne Abgeordnete nachher, alles kein Grund für eine parlamentarische Anfrage, sie habe sich nur beim Einsatzleiter erkundigen wollen, was da los sei. Keine Antwort bekommen? Alles gut. Der professionelle Einsatzleiter hatte keinen Grund, einer grünen Nationalratsabgeordneten etwas zu erklären. Aber er hat sicher deutlich verstanden, dass hier jemand Partei ergrei . Linke Demo, Probleme, Grün fasst sofort nach bei der Polizei. Der Symbolwert ist ähnlich, wie wenn man mit dem Hund spazieren geht, der an seiner Ecke markiert. Das Zeichen ist klar: Ich bin hier. Ich schau hin. Passt auf, was ihr macht – meint es, sagt es auch recht explizit. Es zeigt, die Alarmkette aus der linken Szene hinein in die Partei hat funktioniert …

Nun sind die Grünen da sehr vorbildlich. Es ist ihnen klar, dass sie nicht nur Partei sind, die sich in den Gebietskörperscha en breitmacht, Hände hebt bei Abstimmungen, Jobs zu vergeben hat. Sie kommen vielfach aus diversen sozialen Bewegungen oder auch linksextremen Zusammenhängen, sie vergessen nicht, dass der Fisch nur im Wasser schwimmt. Und ihr Umfeld ist eben nicht ein klassisches politisches Lager, das erodiert, sondern eine Vielzahl an Gruppen und Initiativen, für die sie Partei ergreifen. Und das mit wesentlich weniger Scheu als alle anderen in der Republik. Der kürzeste Weg von links nach linksextrem führt in der Republik über die Grünen – und das über ganz wenige Ecken.

Rechte Zivilgesellscha in Aktion

Die kleine Schamlosigkeit ist ihnen verziehen, weil niemand hinschaut und keiner hinzeigt, wenn die Grünen mit ihrer linken Zivilgesellscha spielen. Der Mechanismus

Linke Demo, Probleme, Grün fasst sofort nach bei der Polizei. Der Symbolwert ist, wie mit dem Hund spazieren gehen, der an seiner Ecke markiert.

der Ausgrenzung funktioniert am anderen Ende des politischen Spektrums dagegen mit Schnappatmung. Bei den Freiheitlichen kann man beobachten, wie sie von ihrem Lager abgeschnitten werden sollen. Wie erpicht linke Medien darauf sind, Partei und Aktivismus getrennt zu halten. Dass das Magazin „pro l“ letzthin erstmals beschrieben hat, dass es eine „rechte Zivilgesellscha “ im Land gibt, ist da schon als anerkennender Tabubruch zu werten, der gerade die Freiheitlichen lehren müsste, dass sie Partei ergreifen dürfen, müssen und sollen.

Corona-Demo in Wien. Die türkis- und grünautoritäre Regierung hat jeden Protest gegen ihre Lockdownmaßnahmen verboten. Auf der Straße setzt sie diesen Anspruch polizeistaatlich mit Zwang durch. Nun, sie versucht es: In den etablierten Medien gibt es da natürlich keine Nachfragen zu Kesseln, Grei rupps und gescheiterter Polizeistrategie. Gescheitert auch deswegen, weil die Bürger nicht folgen, weil sich ein patriotischer ziviler Ungehorsam breitmacht, der Protest auch dann auf die Straße trägt, wenn Karl Nehammer „Nein“ sagt und die Polizei aufmarschieren lässt. Der sich auch nicht beeindrucken lässt von dem, was die etablierten Medien – frei nach den Presseaussendungen der Polizei – über den Protest lügen. Die Klu zwischen verö entlichter Meinung und Realität auf der Straße wird selten so klar wie hier am Ring beim Protest gegen die Regierung und ihre CoronaMaßnahmen, gegen einen Lockdown, der Freiheit und Wirtscha stranguliert.

Und siehe da: Die Bewegung, sie hat nicht nur Mut. Sie hat auch Unterstützung. Die FPÖ, die sich sonst gern in für sie sinnlose Distanzierungen treiben lässt, meldet nach dem Verbot aller Demonstrationen selbst eine an – die genauso verboten wird. Herbert Kickl richtet eine solidarische Botscha an die Menschen, die sich dann tatsächlich versammeln werden. Und verstehen und spüren, wie wichtig es ist, dass der Vertreter einer parlamentarischen Partei auf ihrer Seite ist. Ein Zeichen dieses Verständnisses ist dann ein riesiges Transparent auf einer der Antiregierungsdemonstrationen in Wien, auf dem „Kurz wegkickln“ steht. Auf der Demonstration, die von der Polizei eingekesselt wird, sind auch drei Abgeordnete der freiheitlichen Partei. Sie zeigen, dass es nicht „der Staat“ ist, der sich hier gegen die Menschen stellt, sondern eine repressive türkis-grüne Politik, die die Polizei instrumentalisiert. Die Freiheitliche Partei ist hier mutig und tut, was ihr Name ihr gebietet: Sie steht für die Freiheit im Land. Das heißt: Sie ergrei Partei, sie versteht, dass demokratische Politik auch auf der Straße gemacht wird, sie beginnt zu begreifen, dass ziviler Ungehorsam notwendig und politischer Aktivismus gut sein kann. Sie sitzt nicht nur in Gebietskörperscha en, um Sessel zu wärmen. Als Partei ist sie nun nicht mehr nur Opposition im Parlament, sondern gibt dem Volk auf der Straße eine Stimme. Sie ergrei Partei, stellt Anfragen zum ema im Parlament, meldet Kundgebungen an, politisiert den Protest – und nützt die Chance.

Fürchtet Euch nicht! Ergrei Partei!

Dem Mutigen gehört die Welt, und wer Partei ergrei , stellt sich hinaus und wird dankbar angenommen von denen, denen die Regierung und auch die Medien längst keine Stimme mehr geben wollen. Die FPÖ als Bewegungspartei ist so auch eine riesige Chance für mehr demokratische Auseinandersetzungen und die Repräsentation einer breiten Zivilgesellscha , die die nach links verschobene Republik wieder ins Lot bringt. Wenn die Partei Partei ergrei , wird sie sich als Bewegung wieder stabilisieren und auch neue Menschen jenseits ihres „Lagers“ ansprechen. Als Bewegungspartei wird sie auch eine wesentlich wichtigere Rolle in der Republik spielen, eben weil sie Demokratie aktiv mitgestaltet und institutionell legitimiert. Zum Schrecken der Sicherheitssimulation, für die Kurz, Nehammer und die grünen Stiefelträger stehen, die sich alle vor einer rechten Zivilgesellscha fürchten. Für die Freiheitlichen ist der Lernprozess eine Chance: Fürchtet euch nicht! Ergreift Partei!

Heinrich Sickl

wurde 1973 in Kärnten geboren. Er lebt mit seiner Familie in Graz und leitet als Geschä sführer die Freilich Medien GmbH. eilich-magazin.at

FREILICH POLITIKON

Wir können die Freiheit nur erhalten, wenn es Grenzen gibt.

Heinrich Sickl Das Lob der Grenze

FREILICH Medien, Graz 2020, 96 Seiten ISBN 978-3-20007-260-2 A € 9,50 / D € 9,50

Im FREILICH-Buchladen erhältlich.

Die Fahrt in der Achterbahn

„Corona“ verschär die Widersprüche im Land. Wer glaubt, dass wir in die guten alten Zeiten von davor zurückkehren können, täuscht sich.

VON ANDREAS UNTERBERGER

Foto: imago / Viennareport Foto: Franz Perc / Alamy Stock Foto

ief im zweiten Jahr der Pandemie ist es schwer, anders als mit Depression in die Zukunft Österreichs zu blicken – egal, ob man in die Zukunft des Gesundheitssystems, der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung Österreichs, seiner fundamentalen Probleme von Migration bis Pension, der Inflationsgefahren oder des demokratisch-rechtsstaatlichen Systems insgesamt zu blicken versucht.

Wenig Trost bietet die Tatsache, dass auch fast alle anderen EU-Staaten ähnlich schlechte oder noch schlechtere Perspektiven haben. Nur einige Länder, wie Polen oder Ungarn, haben einen Horizont, der nicht finster und wolkenverhangen ist. Auch die Schweizer sowie einige weitere Völker in Nord- und Mittelosteuropa können etwas optimistischer sein. Auffallend ist, dass die Länder mit besseren Perspektiven allesamt durch ein überdurchschnittlich starkes Nationalbewusstsein geprägt sind, das sich oft als starker Motor und Erfolgsrezept erweist.

Die Corona-Perspektiven

Zentrale Frage ist derzeit, wie sich die Pandemie weiterentwickeln wird. Diese wird wohl noch eine Fülle von überraschenden Wendungen bringen. Zum Positiven wie zum Negativen. Zweifellos werden pharmazeutische und medizinische Wissenscha weitere beeindruckende Fortschritte erzielen, aber ebenso gewiss ist, dass es noch eine längere unübersichtliche Holperstrecke mit Pannen und Rückschlägen geben wird.

Es ist keine Panikmache, sondern Faktum, dass Österreich wie fast der ganze Rest der Welt seit 2020 die weitaus schwerste Depression seit Kriegsende durchmacht.

Wir sollten uns wohl eher auf ein dauerhaftes Leben mit dem Virus als auf das erhoffte schöne Alles-ist-wie-früher-Leben nach dem Virus einstellen. Das könnte etwa die dauerhafte Notwendigkeit jährlicher Impfungen oder Konsumation von Vorbeugemedikamenten bedeuten. Ebenso sind die Auswirkungen der Corona-Krise in anderen medizinischen Feldern noch offen. Sind da nicht viele andere Krankheiten gefährlich übersehen worden? Wie geht es mit den psychischen und sozialen Folgen einer so langen Phase, da körperliche Nähe, da der Kontakt zwischen den Generationen, ja fast jede Begegnung mit anderen Menschen, also urmenschliche Bedürfnisse, zu etwas prinzipiell Schlechtem gestempelt worden sind?

Manche Corona-Aufregungen sind gewiss nur politmediale Blindgänger. Vielfach ist die Krise als Chance genutzt worden, um im Eigeninteresse Alarm zu schlagen, um etwa für Frauenhäuser oder Kinderpsychiatrie mehr Subventionen zu fordern.

Auch die Medien sind nur an größer, nie an kleiner gewordenen Problemen interessiert, die es zweifellos auch als Corona-Folgen gibt. Typisches Beispiel: Als im Herbst 2020 eine Anwaltskanzlei trompetete, der Lockdown habe zu einer Zunahme der Scheidungen geführt, war das in allen Medien eine große Story. Als dann die wirklichen Zahlen einen signifikanten Rückgang der Scheidungen im ersten Corona-Jahr zeigten, interessierte sich niemand dafür. Haargenau das Gleiche spielte sich mit einer angeblichen Zunahme von „Gewalt an Frauen“ ab.

Foto: Franz Perc / Alamy Stock Foto

Zwei oder mehr Freunde regieren das Land und versuchen, es durch die Krise zu führen. Proteste sind da nicht gern gesehen. Vor allem, weil sie ja nicht „Corona“ anzweifeln, sondern die Maßnahmen.

It’s the economy!

Viele andere Perspektiven verdüstern sich aber tatsächlich. Vor allem auf jenem Feld, das schon immer – neben Krieg und Frieden, neben Recht und Ordnung – das wichtigste jeder Gesellschaft gewesen ist, also auf dem der Wirtschaft. „It’s the economy, stupid!“

Es ist keine Panikmache, sondern Faktum, dass Österreich wie fast der ganze Rest der Welt seit 2020 die weitaus schwerste Depression seit Kriegsende durchmacht, dass ausgerechnet die von Grünen oft verdammte Industrie bewirkt hat, dass der Absturz im Tourismus- und Kulturland Österreich nicht schlimmer ausgefallen ist als im EU-Durchschnitt.

Es wäre naiv, zu hoffen, nach „Corona“ würde alles wieder gut. Die Wunden, welche die Pandemie und die globalen wie nationalen Reaktionen darauf gerissen haben, werden gesamtgesellschaftlich noch viel schlimmer als die reinen Gesundheitsfolgen.

Zurück in die Zwischenkriegszeit

Auf der Suche nach vergleichbaren Situationen stößt man bald auf die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und der letzten ganz schlimmen Pandemie. Auch damals hat man geglaubt, die Zerstörungen durch Krieg und Pandemie würden bald überwunden sein. Man stürzte sich mit Jubel und Trubel in die „Goldenen Zwanziger“ und merkte nicht, wie der Boden, auf dem man tanzte, hohl geworden war.

Die Ökonomen, die vor den Folgen warnten, wurden ignoriert. Europas Regierungen glaubten, durch hemmungsloses Bedienen der Gelddruckmaschinen könnten die katastrophalen ökonomischen Folgen des Krieges kompensiert werden; die kriegsbedingte Verelendung des Mittelstandes sei nur ein kleiner Kollateralschaden. Man zahlte halt Millionen für einen Laib Brot und amüsierte sich. Bis dann unweigerlich der große Krach kam, mit Massenarbeitslosigkeit, der Zerstörung des Glaubens an Marktwirtschaft und liberale Demokratie und den bedrückenden Erfolgen der beiden übelsten Verbrechensideologien der Neuzeit.

Erst mit der absoluten Nullstufe im Jahr 1945 kehrte die drei Jahrzehnte lang vertrieben gewesene Vernunft zurück. Man erkannte in breitem Konsens, dass nur eigene Anstrengung und Leistung, eine freie Marktwirtschaft und eine schlanke Verwaltung, persönliche Disziplin und nationaler Zusammenhalt, Rechtsstaat und Demokratie, Menschenrechte und Freiheit in all ihren Ausprägungen wieder nach oben, wieder zu einer gelingenden Gesellschaft führen können. Man erkannte, wie wichtig der gemeinsame Unterbau aus Christentum, antiker Philosophie und den Errungenschaften der Aufklärung ist. Man wurde sich bewusst, dass das hemmungslose Gelddrucken und die Radikalisierungen ein furchtbarer Irrweg gewesen waren. Dass diese weder Wohlstand noch Stabilität schaffen, sondern nur zerstören können.

EUROPA 2030

Wohin steuert Europa? Wie werden wir, unsere Kinder und Enkelkinder in neun Jahren leben? Zwölf Autoren aus dem konservativen und liberalen Spektrum wollen Antworten geben.

Werner Reichel (Hg.) Europa 2030

Frank & Frei, Wien 2020, 250 Seiten. ISBN 978-3-903236-36-3 A € 19,90 / D € 19,90

Im FREILICH-Buchladen erhältlich: freilich-magazin.at/buchladen

Die Fundamente des Landes brechen auseinander

Viele Teile dieser historischen Lehren sind seither aber wieder in Vergessenheit geraten. In Österreich gibt es keine einzige Partei mehr, die uneingeschränkt für

Was sagt es über eine Regierung aus, wenn ausgerechnet der Gesundheitsminister in der Krise wegen seiner Gesundheit zurücktreten muss?

all diese so wichtigen Grundelemente einer funktionierenden Gesellschaft stehen würde. Ohne eine tiefe Verwurzelung des Bewusstseins um die Voraussetzungen eines gelingenden Gemeinwesens in den

Bürgern und den politmedialen Machtklassen ist eine langsame und stetige Erosion von Stabilität, Vertrauen und Wohlstand unvermeidlich. Diese Erosion wird heute etwa sichtbar, — wenn die Regierung den Bürgern vorschwindelt, jeder Schaden durch die Krise werde von ihnen ferngehalten werden, „koste es, was es wolle“, was nichts anderes bedeutet als die Rückkehr des Glaubens, dass man durch weiteres Gelddrucken die negativen Folgen einer Krise wegzaubern könnte; — wenn sämtliche Oppositionsparteien darum wetteifern, immer neue ökonomische Opfer der Krise zu finden, die noch zu entschädigen seien, statt vehement dieses Prinzip „Whatever it takes“ zu kritisieren; — wenn der Staat sogar ausgebliebene Trinkgelder durch ein weiteres Millionenprogramm ersetzt; — wenn niemand es als bedenklich ansieht, dass trotz

Krise viele Pensionen um das Doppelte der Inflationsrate erhöht werden; — wenn die Verkehrsministerin, ohne einen einzigen

demokratischen Beschluss in Regierung oder Parlament zu haben, in der EU das baldige Verbot des Verkaufs von Diesel- und Benzinautos verlangt; — wenn vertrauliche Vieraugenkonversationen zwischen Bundes- und Vizekanzler zum allgemeinen Gespött an die Öffentlichkeit gezerrt werden; — wenn die Meinungsfreiheit massiv eingeschränkt und

Versammlungen aufgelöst werden; — wenn die Regierung – jede bisherige Regierung! – einem Medium, das Marktanteile von weniger als einem Drittel hat, die Einhebung von Zwangsgebühren erlaubt; — wenn der Verfassungsgerichtshof sich wie bei der

Einführung der „Homoehe“ ständig in brutaler Verletzung der Gewaltentrennung als Ersatzgesetzgeber betätigt und auch als Türöffner für die illegale Massenmigration nach Österreich, die von zwei Dritteln der Österreicher abgelehnt wird; — wenn sich Parlamentsausschüsse in spiegelverkehrter

Verletzung der Gewaltentrennung in ein Tribunal verwandeln und Inquisitionsjustiz betreiben; — wenn (wie nach dem Ersten Weltkrieg!) Vermieter durch Einfrieren der Mietzinsen de facto enteignet werden; — wenn Bundes- und Landesregierungen und – noch

mehr – das Wiener Rathaus ungestraft alljährlich dreistellige Millionenbeträge aus dem Steuertopf zur

Bestechung parteipolitisch willfähriger Medien und

Finanzierung parteinaher Vereine stehlen; — wenn in den letzten Jahren drei Parteien an der Regierung beteiligt waren – Schwarz, Blau, Grün –, die alle vor der Wahl mehr direkte Demokratie versprachen, diese Versprechungen aber eiskalt vergessen haben, sobald sie an der Macht waren.

Diese Aufzählung ließe sich noch lange fortsetzen. Sie macht extrem pessimistisch für die Zukun Österreichs, für das Funktionieren des Staates und noch mehr für das Vertrauen der Bürger in denselben.

Was heißt nun das alles für die Regierungs- und Oppositionsparteien?

Die Regierung

Die Volkspartei be ndet sich nach wie vor, auch im internationalen Vergleich, auf sehr hohem Niveau, fast auf dem des letzten Wahltages, auch wenn die Spitzenwerte der ersten Corona-Wochen wieder abgeschmolzen sind. Die ÖVP hat dieses Niveau zweifellos Sebastian Kurz zu verdanken, der in Sachen Ausstrahlung und Kommunikation nach Bruno Kreisky und Wolfgang Schüssel einer der drei stärksten Bundeskanzler der letzten 60 Jahre ist. Er hat seinen Erfolg vor allem dadurch erzielt, dass er die ÖVP auf Anti-Migrationskurs gebracht hat.

Kurz hat aber seine Partei zugleich taktisch in eine Sackgasse gebracht. Nach dem Scheitern der Koalitionen mit SPÖ und dann FPÖ hat er sich auf ein leichtfertiges Abenteuer mit der am weitesten links stehenden Partei des Landes eingelassen, einlassen müssen. Davor hatte er aber den Wählern versprochen, eine Mitte-rechts-Politik zu machen. Das ist ein Widerspruch in sich. Woran es nichts ändert, ist, dass Schwarz und Grün eher Oberschichtparteien sind.

Diese Koalition hat durch „Corona“ vorerst noch unerwartetes Glück gehabt. Denn bei „Corona“ gibt es nicht die sonst in allen anderen Fragen bestehenden ideologischen Di erenzen. ÖVP und Grüne konnten deshalb anfangs relativ harmonisch au reten, was die Wähler immer freut. Zwar haben sich die von den Grünen gestellten Minister als Leichtgewichte erwiesen. Aber auch Kurz kann angesichts des Plagiatsrücktrittes einer Ministerin und der jämmerlichen Performance der Verteidigungsministerin nicht sonderlich mit dem eigenen Team protzen.

Dauerha wird aber die Corona-Krise nicht überdecken können, wie weit Grüne und Schwarze/ Türkise in allen fundamentalen Fragen voneinander entfernt sind (auch wenn es eine dümmliche Verschwörungstheorie ist, dass Corona nur deswegen inszeniert worden sei, um diese Di erenzen zu überdecken). Die ungeheuren wirtscha lichen Folgen der Corona-Krise sind langfristig sogar zusätzliche Spaltpilze, da sie nach aller ökonomischen Vernun zu einem umfangreichen Sparprogramm zwingen, wenn man die In ationsgefahr und den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit vermeiden will.

Das größte Problem dieser Koalition besteht darin, dass die Grünen eine linksradikale Partei sind, die auch extremistische Elemente zumindest als Wähler zu halten versucht. Sie braucht diese Wähler dringend, hat sie doch zum Unterschied von der ÖVP schon sehr spürbare Verluste bei Umfragen erlitten. Insbesondere die NEOS haben angefangen, gezielt im grünen Linksaußen-Teich zu schen. Etliche Protestwähler, die immer gegen alles sind, was der Staat verlangt, sind sogar von den Grünen zur FPÖ gewechselt. Auch einige überzeugte Linke sind von den Corona-Maßnahmen so schwer getro en, dass sie die SPÖ verlassen, die von einer Befürworterin der Maßnahmen geführt wird.

Am problematischsten an dieser Linksradikalität der Grünen sind ihre massive Unterstützung für Migranten aller Art und ihr Kampf gegen fast jede einzelne Abschiebung. Deswegen werden sie wohl auch keinem einzigen Gesetz zustimmen, das die Migration bremsen könnte. Selbst, wenn das zur irrwitzigen Situation führt, dass ein illegaler Migrant nur den CoronaTest zu verweigern braucht, und schon ist er vor der Abschiebung sicher.

Der Druck der illegalen Migranten in Richtung der westlichen Wohlfahrtsparadiese ist so groß, die Wege, Behauptungen und Tricks der Schlepper sind so vielfältig, dass der Schutz der Österreicher dagegen immer wieder neue Gesetze erfordern würde.

Dafür bräuchte die ÖVP die Zustimmung der Grünen. Sie wird diese aber nie und nimmer bekommen. Daher kann sie maximal nur das tun, was auf Grundlage früherer Gesetze möglich ist. Damit wird das Migrationsthema für die ÖVP immer gi iger werden.

Die Regierungsformel funktioniert nicht

Der Spruch „Das Beste aus zwei Welten“, mit dem Kurz und Werner Kogler das Zusammengehen zweier so heterogener Parteien schönzureden versucht haben, erweist sich als hohle Phrase. Sie haben so getan, als ob die Schwarzen ungeschmälert Anti-Migrationspartei bleiben und die Grünen zugleich ohne Rücksicht auf Wirtschaft und Bürger das „Weltklima retten“ könnten.

Bei der „Klimarettung“ droht der Koalition eine fast noch tiefere Klu als beim Migrationsthema. Die Grünen fordern viele Maßnahmen, die katastrophal für Staats nanzen, Wirtscha und Bürger sind. Besonders militant kämpfen sie gegen das Auto, also gegen das, was mehr Menschen Freiheit gebracht hat als jede andere Er ndung. Sie kämpfen damit besonders gegen die ÖVP-Wähler, die vor allem außerhalb der Städte wohnen und daher das Auto brauchen.

Dauerha wird die Corona-Krise nicht überdecken können, wie weit Grüne und Schwarze/ Türkise in allen funda- mentalen Fragen voneinander entfernt sind.

Genauso schlimm wird der grüne Klimakampf insbesondere die Industrie tre en. Die Grünen argumentieren, dass die Industrie zu viel Energie verbrauche. Dieser Kampf deckt sich bezeichnenderweise vollkommen mit dem langjährigen Kampf aller Linksradikalen gegen Wirtscha und insbesondere Industrie. Früher haben sie dabei halt marxistische, klassenkämpferische Parolen geschwungen. Das Ziel der Zerstörung der Wirtscha wie auch der Freiheit der Menschen ist aber das gleiche geblieben. Von der Diktatur des Proletariats führt der Weg nahtlos zur Diktatur der Klimaideologie.

Sollte die ÖVP wirklich den Grünen sowohl die Wirtscha wie auch das Auto wie auch ihren bisherigen Abwehrkampf gegen die Migration aus Afrika und Asien opfern (wozu man noch vieles anderes, wie etwa die von den Grünen vehement bekämp en Gas- und Ölheizungen in privaten Häusern, zählen müsste), dann braucht die ÖVP eigentlich gar nicht mehr zur nächsten Wahl antreten.

Sebastian Kurz dür e zu klug sein, um diese Gefahr nicht zu erkennen. Daher sind Riesenkon ikte in der Koalition unvermeidlich, weil auch das Rezept nicht funktionieren kann, dass man halt den grünen Verrücktheiten ein paar Milliarden an weiteren Schulden opfert. Das geht nach „Corona“ schon gar nicht.

Andererseits können aber auch die Grünen nicht nachgeben. Verlieren sie doch in Österreich bei allen Umfragen gegenüber den letzten Wahlen signi kant – während die deutschen Grünen auf der Erfolgsspur sind. Das hält keine Partei auf Dauer aus. Das wird dazu führen, dass die Kogler-Partei in der Koalition härter wird.

Das erinnert an die Vorgänge in der FPÖ rund um Knittelfeld: 2002 haben schlechte Umfragewerte des kleinen Koalitionspartners zu einer Explosion geführt. Und die Grünen haben wie die Blauen sehr emotionale Wähler. Das muss jetzt zwar nicht automatisch wieder in eine Explosion münden, aber Tatsache ist auch: Zwischen ÖVP und FPÖ hat es damals weit mehr inhaltliche Gemeinsamkeiten gegeben als heute zwischen Schwarz-Türkis und Grün.

Die Koalition wird jedenfalls extrem unrund werden, wenn auch wohl noch eine Zeit lang weitergehen. Bei aller Irrationalität eines Teils der grünen Wählerscha dür e die Lust der grünen Parteispitze an der Machtausübung und allen mit ihr verbundenen Möglichkeiten, Privilegien und Geld üssen ein starker Magnet sein, doch in der Regierung zu bleiben.

Die Alternativlosigkeit

Ein noch stärkeres Motiv, doch zusammenzubleiben, ist die von beiden Koalitionsparteien gespürte Alternativlosigkeit: — Die Grünen wissen: Es hat seit ihrer Gründung noch nie die so inständig ersehnte linke Mehrheit gegeben.

Fast scheinen Schwarz-Blau einerseits und Rot-GrünPink andererseits kommunizierende Gefäße zu sein, wobei der Inhalt des rechten Gefäßes immer etwas größer bleibt (allerdings gibt es soziologisch deutliche

Verschiebungen: Etliche Söhne und vor allem Töchter aus dem Bürgertum wandern im städtisch-studentischen Bobo- und Kunstszenen-Milieu nach links, aber andererseits haben die Rechtsparteien mindestens ebenso viel Zulauf von aufsteigenden Arbeitern, Angestellten und Pensionisten). — Die ÖVP wiederum weiß: Sie hat binnen weniger

Jahre mit Rot wie Blau gebrochen. Eine Rückkehr zu einem der beiden Expartner ist daher zumindest kurzfristig undenkbar, egal, wer an den früheren Koalitionsbrüchen schuld gewesen ist. Es wäre zugleich eine Imagekatastrophe für die ÖVP, würde sie zum dritten Mal hintereinander mitverantwortlich an der

Notwendigkeit vorzeitiger Wahlen. Das könnte in den

Wählern den Eindruck erwecken, dass o enbar doch die Volkspartei das Problem sei, weshalb Koalitionen nicht funktionieren. Trotz all dem überlegt man bei Schwarz wie Grün ständig, ob sich nicht irgendwo eine Alternative zur totalen Blockade au un könnte. So hofft jeder Grünenpolitiker insgeheim, dass sich vielleicht doch einmal die Chance auf eine linke

Mehrheit eröffnet. Nicht zuletzt aus diesem Grund versuchen die Linksparteien und ihre Speerspitzen in

ORF und Staatsanwaltschaft fast rund um die Uhr, einerseits die ÖVP mit Skandalen in Verbindung zu bringen und andererseits die FPÖ als rechtsextremneonazistisch zu denunzieren. Die Wähler ließen sich dadurch jedoch bisher nicht täuschen. Allerdings haben sich auch die gegenseitigen Aggressionen zwischen ÖVP und FPÖ ständig erhöht, werden doch von beiden die Vorwürfe gegen die jeweils andere

Partei munter geteilt, was der Kampagne der Linksparteien zusätzliche Wirkung verschaffen könnte.

Weder Schwarz noch Blau begreifen, dass es die gleiche linke Kampagne ist, die abwechselnd eine von ihnen trifft. Während die Grünen weiter auf das Wunder einer linken Mehrheit hoffen, hoffen manche in der ÖVP – wie schon vor der letzten Wahl – auf eine Koalition mit den NEOS als vierte und allerletzte Möglichkeit.

Aber die Hoffnung auf eine schwarz-pinke Mehrheit ist fast ebenso unrealistisch wie die linken Träume von einer Volksfront. Diese ÖVP-Hoffnungen übersehen nämlich etwas: Die NEOS sind inzwischen deutlich nach links marschiert und wären daher ein mindestens ebenso schwieriger Koalitionspartner wie die Grünen.

Die Opposition

Damit sind wir bereits bei einer Oppositionspartei gelandet. Die angesprochene Linksentwicklung der

NEOS hat drei Ursachen: — Personell ist sie Folge der Aufwertung der beiden

24 %

19 %

12 % 10 %

ÖVP SPÖ FPÖ GRÜNE NEOS

BEWEGUNG IN ÖSTERREICH

Laut einer am 10. April 2021 in „Profil“ veröffentlichten Umfrage von Unique Research wäre die ÖVP mit 33 % der Stimmen stärkste Partei geworden, wenn am Sonntag nach der Befragung bereits Nationalratswahl in Österreich gewesen wäre. Damit hätte sich die Partei aber gegenüber ihrem Wahlergebnis vom 29. September 2019, als sie 37,5 % der Stimmen erhielt, verschlechtert. Dahinter folgen die SPÖ mit 24 % und die FPÖ mit 19 % Stimmenanteil.

Auf der einen Seite gibt es fette Förderungen für die Medien vonseiten der Regierung, auf der anderen Seite glauben immer weniger Menschen diesen Medien.

linksradikalen Frauen Krisper und Gamon nach dem eher esoterisch angehauchten Parteigründer; — ideologisch gibt es mit einer oder zwei Ausnahmen bei den NEOS niemanden mehr, der eine innere Beziehung zum klassischen Liberalismus hätte (von dem

Österreich so dringend mehr bräuchte!). Sowohl im

Hinblick auf Wirtscha sliberalismus – Lobbyismus für Hoteliersinteressen ist freilich das Gegenteil davon! – wie auch im Hinblick auf das Freiheitsverlangen im Sinne von 1848. Unterstützen doch die NEOS ständig alle Rufe nach noch mehr Regulierung und noch mehr EU-Zentralismus. Von ihrem Radikalfeminismus und der radikalen Migrations-Unterstützung ganz zu schweigen; — taktisch haben sich die NEOS sogar ganz bewusst nach links bewegt: Sie holen damit einige linksradikale Protestwähler aus dem grünen Wählerreservoir ab.

Auch die Ho nungen der beiden anderen Oppositionsparteien auf eine Rückkehr zur Macht sind derzeit nicht sonderlich groß. Nicht ganz auszuschließen ist allerdings ein Zusammengehen von Rot und Blau. Das hat es nicht nur im Burgenland schon gegeben (durch einen Rechtsruck der SPÖ), sondern einmal auch auf Bundesebene (durch einen Linksruck der FPÖ). Nachhaltig oder wählerattraktiv waren beide Koalitionen freilich nicht, vor allem nicht für die Freiheitlichen. Ihre Partei lag jedes Mal in Trümmern, auch wenn man den Zerfall der Burgenland-FPÖ anderswo kaum registriert.

Unbestreitbar ist allerdings, dass Rot wie Blau trotz der gegenseitig polarisierenden Propaganda eines gemeinsam haben: einen deutlichen Hang zum Populismus.

Und noch etwas haben SPÖ und FPÖ derzeit gemeinsam – freilich etwas, das jede Koalition erschwert: Da wie dort toben ziemlich o en Personal- wie Ideologiedi erenzen.

Außerdem würden Rot und Blau für eine Mehrheit gegen die ÖVP auch noch die Grünen brauchen. Die aber sind absolut unvereinbar mit der FPÖ.

Die FPÖ ist derzeit ganz vom persönlichen wie inhaltlichen Antagonismus der Herren Kickl und Hofer erschüttert. Die von Herbert Kickl betriebene Corona-Radikalisierung kommt zweifellos bei einem Teil der Parteifunktionäre gut an – sie reduziert aber die Chancen der Partei, wieder regierungsfähig zu werden. Innerparteilich dür e Hofer den Kon ikt dennoch schon verloren haben, obwohl er die einzige strategische Perspektive für die Partei verkörpert, wieder an

Ideologisch gibt es mit einer oder zwei Ausnahmen bei den NEOS niemanden mehr, der eine innere Beziehung zum klassischen Liberalismus hä e.

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