3 minute read

Jetzt wird’s ehrlich!

Der Arbeits- und Fachkräftemangel verlangt es: Arbeitgebende müssen ihre Marke definieren, aufbauen und pflegen. Das verändert auch die Suche nach Mitarbeitenden.

Warum jetzt Flirten angesagt ist – ein Gastbeitrag.

Advertisement

Friseurin gesucht“. Eine Annonce mit dieser verlockenden Überschri hat lange Zeit als Marketingmaßnahme völlig ausgereicht. Schon standen Interessentinnen Schlange. So viele, dass sie möglichst lange als Praktikantinnen beschä igt wurden. Der angebotene Lohn war die Ho nung, irgendwann mal einen echten Lohn zu bekommen. Die Schlange wurde kürzer, es galt sich ein wenig anzustrengen, um den omals mäßig attraktiven Job an die junge Frau zu bringen. „Heldinnen des Scherenschnitts“ und ähnliche Überhöhungen halfen dann noch irgendwie weiter. Abgeklärte Digital Natives haben das Spiel dann bald durchschaut. Deswegen war der letzte Trend im Personalmarketing die Testimonialkampagne: Immer, wenn uns ein junger Mensch mit wenig Charisma von einem Plakat aus anschaut, dann steht irgendwo noch ein vermeintliches Zitat dabei, dass er dort und dort eine Lehre macht und es da ganz toll ist. Die Wahrnehmungskurve solcher Kampagnen ging zu Recht rasant vom „Oh, ein echter Mensch!“ zur Abstumpfung wegen Unglaubwürdigkeit. In dieser letzten Feststellung liegt der

Kern des geschehenen Wandels – die Frage nach der Glaubwürdigkeit.

ARBEIT IST KEIN PARFÜM. Werbung funktionierte lange durch pure Assoziation und tut es noch immer. Ein Parfüm und daneben verwegen dreinschauende Hollywoodschauspieler. Schon geh´ ich in die Parfümerie und fühle mich durch den Kauf gleich selbst ein wenig verwe- gen. War die Kampagne wirklich gut, verbinde ich den Du auch noch sehr lange mit dieser Verwegenheit. Wird die Arbeitsstelle zum Gegenstand der Vermarktung, liegt die Sache etwas anders. Vielleicht fühle ich mich eine Zeit lang als Held oder Heldin des Scherenschnitts, aber nach zwei Monaten „Haarekehren“ werde ich die Sache anders sehen. Dem netten Testimonial male ich dann vielleicht schon einen Besen auf sein Plakat.

Den Arbeitgebenden wird jetzt also etwas im Marketing ungeheuer Kostbares abverlangt, um im Kampf um die Talente bestehen zu können, nämlich Glaubwürdigkeit. Und die ist wohl ohne Ehrlichkeit nicht zu haben.

DIE NEUE FLIRT-PHASE. Eine Arbeitsstelle anzunehmen, heißt ja zugleich eine Beziehung mit dem Unternehmen, der Institution einzugehen. Beziehungen werden in Flirt-Phasen angebahnt. Nur sehr wenige Menschen kommen in so einer Phase auf die Idee, ihre nicht so guten Seiten vorzuführen. Es ist also verständlich und richtig, als Arbeitgebende zunächst seine eigenen Stärken auszumachen und die Vorzüge der anzubietenden Position zu erkennen. (Menschen im Flirtprozess kennen diese in der Regel ganz intuitiv). Dann gilt es diese Stärken und Vorzüge klar zu kommunizieren, emotional aufzuladen, optimal zu präsentieren, um mögliche Bewerbende ein bisschen verliebt zu machen. Professionelle Hilfe durch eine umsichtige Kommunikationsagentur kann hier den entscheidenden Unterschied machen.

„Friseurin gesucht“. Eine Annonce mit dieser verlockenden Überschrift hat lange Zeit als Marketingmaßnahme völlig ausgereicht. Heute ist Employer Branding angesagt – die Wunderwaffe im Kampf um Arbeitskräfte.

Awareness Stellenanzeige Bewerbung Absenden Hire

Wie werden Bewerber auf uns aufmerksam?

Wo wird nach Stellenanzeigen gesucht? Wie sollten sie aussehen?

Was muss ich bei OnlineBewerbungsformularen beachten?

Wie verliere ich keine Bewerber mehr bis zum Absenden der Bewerbung?

„DU, ICH MUSS DIR ETWAS SAGEN …“. Doch in der sogenannten Candidate Journey (dass es für das Erleben der Kandidaten einen eigenen Begri gibt, zeigt schon den neuen Stellenwert der Arbeitnehmenden) sollte schon bald klar gemacht werden, was an der Stelle als nicht so prickelnd empfunden werden könnte. Wir sind immer noch in der Anbahnung, also werden auch diese unschönen Seiten schön verpackt, aber eben nicht verschwiegen. Worte wie Herausforderung, Leistungsbereitscha und noch andere „-bereitscha en“ werden in dieser Phase gerne benutzt. Alles, was vertrauensbildend sein kann, wird jetzt dargebracht: die ho entlich ehrlichen Video-Berichte bestehender Mitarbeitender (bitte nicht vom Blatt abgelesene vorformulierte Statements!), alle Maßnahmen, die einen Job zeitgemäß machen (Flexibilität, Smart Working, Work-Life-Balance …) und ho entlich auch ein wenig Nahbarkeit der Führungsriege. Bei den Kandidaten sollte ankommen: Wir bieten dir Arbeit und Arbeit kann nicht immer nur Spaß bedeuten, aber wir sehen deine Bedürfnisse und werden uns um dich kümmern.“ Steckt diese Haltung wirklich hinter den Employer-Branding-Maßnahmen eines Arbeitgebenden und werden sie gut kommuniziert, dann ist schon sehr, sehr viel gewonnen.

SO MACHT PURPOSE WIRKLICH SINN. Ein o gehörtes und vielfach unverstandenes Konzept, das in der Diskussion umherschwirrt, ist der Purpose, der Sinn, den besonders junge Arbeitskrä e von ihrer Tätigkeit erwarten. Dem ist wohl wirklich so, aber es ist nicht immer das abstrakte Streben nach einer besseren Welt damit gemeint. Sinn kann in der Arbeit auf drei Ebenen geboten und gefunden werden.

Wie optimiere ich meinen Einstellungsprozess?

Gesellscha lich („meine Arbeit bewirkt Gutes“), gemeinscha lich („wir sind ein großartiges Team“) und persönlich („ich kann mich weiterentwickeln“). Die gute Nachricht dabei ist: Zwei von drei Ebenen reichen für ein als erfüllend empfundenes Arbeitsleben aus.

EMPLOYER SIND AUCH NUR MENSCHEN. Zurück zum Haareschneiden-Business. Der neue Leiter des deutschen Instituts zur Zukun der Arbeit, Simon Jäger, erzählt immer wieder die Geschichte, dass alle Friseurläden in seiner Stadt extreme Nachwuchssorgen haben, außer der eine, der den Mitarbeitenden eine 4-Tage-Woche ermöglicht, bei fast gleicher Stundenzahl. Das heißt wohl, dass Mitarbeitendengewinnung auch mit handfesten Vorteilen einhergeht. Über Geld haben wir hier noch überhaupt nicht gesprochen, weil große Einigkeit besteht, dass die Bezahlung allein zwar als Lock- aber nicht als Bindemittel funktioniert. Das Angebot einer 4-Tage-Woche sagt am Ende eben auch und vor allem: „Ich verstehe deine Bedürfnisse und gehe darauf ein.“ So muss das Motto für Arbeitgebende nun lauten, in Abwandlung des „Tue Gutes und rede darüber“: Sei ein o ener und zugewandter Arbeitgebender und betreibe gut sichtbares Employer Branding! ◀