ÖFG 2014

ÖFG

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das magazin der österreichischen forschungsgemeinschaft

Illustration: Gerald Hartwig / www.zeichenstrich.de

Wahrheit in den Wissenschaften?

Das Thema des Österreichischen Wissenschaftstages 2014

Bildu ng · W ittgenstein pr eis · 10 Ja hr e ug · Fina nzk r isen · k u nst OEFG_01 1

24.11.2014 16:17:50 Uhr

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EDITORIAL

KOM M ENTA R

Liebe Leserinnen,

wissensChaftsminister

Liebe Leser!

reinhoLd mitterLehner

er Österreichischen ForschungsgemeinD schaft geht es bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses besonders

ie Österreichische ForschungsgemeinD schaft ist die einzige Forschungsförderungsinitiative in Österreich, die sowohl vom

darum, junge Wissenschafterinnen und Wissenschafter in der frühen Phase ihrer wissenschaftlichen Laufbahn zu unterstützen.

Genau dort setzen die von Bund und Bundesländern finanzierten Förderprogramme der ÖFG an.

Neben der Nachwuchsförderung vernetzt die ÖFG im Rahmen ihrer Arbeitsgemeinschaften interdisziplinär und universitätsübergreifend rund um aktuelle wissenschaftliche Themenstellungen und lädt regelmäßig zu bildungs- und wissenschaftspolitischen Dialogen ein. In diesem Jahr fanden unter anderem Workshops zu den Themen „Die Rolle der Universitäten in der Weiterbildung“, „Bildung im Alter“ oder „10 Jahre Universitätsgesetz“ statt. Hierzu finden Sie in diesem Magazin Interviews mit Ada Pellert, Heinrich Schmidinger und Georg Winckler. Überdies wurden die Leiterinnen und Leiter der sieben Arbeitsgemeinschaften der ÖFG sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Landesregierungen zu ihren Aktivitäten und Forschungszielen befragt.

Besonderes Augenmerk gilt dem diesjährigen Wissenschaftstag, der sich dem Thema „Wahrheit in den Wissenschaften“ aus unterschiedlichen Disziplinen annäherte. Zu Wort kommen in diesem Zusammenhang Lehrende aus Philosophie, Rechtswissenschaften, der Theoretischen Physik, den Neurowissenschaften und den Geschichtswissenschaften.

Weiterführende Informationen zu den Aktivitäten, Publikationen und Stellungnahmen finden Sie auf der Homepage der ÖFG unter www.oefg.at.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und freuen uns, Sie bei den nächsten Veranstaltungen der ÖFG begrüßen zu dürfen!

Katharina

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Reinhold Mitterlehner, Vizekanzler, Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

Katharina CortolezisSchlager, Präsidentin der Österreichischen Forschungsgemeinschaft

IMPRESSUM Herausgeber, Medieninhaber und Verleger: Österreichische Forschungsgemeinschaft, Berggasse 25/21, 1092 Wien Tel. +43/1/319 57 70 E-Mail: oefg@oefg.at Druck: Fairdrucker GmbH

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Bund als auch von den Ländern getragen wird. Mit ihren Förderprogrammen leistet sie einen wichtigen Beitrag zur wissenschaftlichen Nachwuchsförderung, Qualitätssicherung und Kommunikation von Forschung und Lehre in Österreich.

Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft konnten so in den letzten zehn Jahren über 5000 Nachwuchsforscherinnen und Nachwuchsforscher gefördert werden. Durch Konferenzen, Forschungsaufenthalte im Ausland oder Publikationen leistet die ÖFG einen wesentlichen Impuls für die verstärkte Vernetzung von jungen Forscherinnen und Forschern.

Ein weiteres großes Verdienst ist die jährliche Ausrichtung des Wissenschaftstages auf dem Semmering. Hier wird internationale akademische Exzellenz nach Österreich gebracht und mit heimischen Experten vernetzt – und das interdisziplinär und institutionenübergreifend.

Die hochschulübergreifenden Arbeitsgemeinschaften ermöglichen der ÖFG, frühzeitig neue Forschungscluster und wissenschaftspolitisch wichtige Themen im Diskurs für Österreich weiterzuentwickeln und gesellschaftliche Lösungen anzuregen. Diese Expertise wurde etwa bei der Neugestaltung der Pädagog/innenbildung Neu, dem Ausbau der Schulautonomie und in der Frage einer modernen, kapazitätsorientierten Hochschulfinanzierung eingebracht.

Gerade die gebündelte Expertise von Bund, Ländern und externen Partnern ist eine Stärke und Besonderheit der ÖFG und mitverantwortlich für die hohe Qualität sowohl der Wissenschaftsförderung als auch der Wissenschaftspolitik.

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CortoLezis-sChLager PEFC zertifiziert

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Fotos: Ernst Kainerstorfer, Philipp Tomsich

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Fotos: Privat, Uni-Innsbruck, Vouk, Sissy Furgler, Barbara Mair/Universität Wien, Universität Wien, MedUni Wien / F.Matern, Martin Hasenöhrl, Universität Wien

Der Wissenschaftliche Beir at Der ÖfG

Wolfgang Kautek Univ.-Prof. für Physikalische Chemie, Uni Wien (Beiratsvorsitzender)

Cornelia Kasper Univ.-Prof. für Biopharmazeutische Technologie, BOKU Wien

Brigitte Mazohl Univ.-Prof. für Österreichische Geschichte, Uni Innsbruck

Gottfried Magerl Univ.-Prof. em. für Elektrotechnik, Technische Uni Wien

Hans Goebl Univ.-Prof. em. für Romanische Sprachwissenschaft, Uni Salzburg

Bernhard Jacoby Univ.-Prof. für Mikroelektronik, Uni Linz

Hans Tuppy Univ.-Prof. em. für Biochemie, Uni Wien, ehem. Wissenschaftsminister

Reinhard Neck Univ.-Prof. für Volkswirtschaftslehre, Uni Klagenfurt

Oswald Panagl Univ.-Prof. em. für Sprachwissenschaften, Uni Salzburg

Roman Sandgruber Univ.Prof. für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Uni Linz

Heinrich Schmidinger Univ.-Prof. für Philosophie, Rektor der Uni Salzburg

Christiane Spiel Univ.-Prof. für für Bildungspsychologie und Evaluation, Uni Wien

Susanne WeigelinSchwiedrzik Univ.-Prof. für Sinologie, Vizerektorin, Uni Wien

Ursula SchmidtErfurth Univ.-Prof. für Augenheilkunde und Optometrie der MedUni Wien

Walter Berka Univ.-Prof. für Verfassungs- und Verwaltungsrecht, Uni Salzburg

Werner Wolf Univ.-Prof. für Englische Literaturwissenschaft, Uni Graz

Werner Waldhäusl Univ.-Prof. em. für Innere Medizin, MedUni Wien

i n h a lt nachWuchsfÖrDerunG

Zehn Jahre hochschulGesetZ

WittGensteinp r e i s 2 014

arGe Der ÖfG

Von der ÖFG unterstützte Wissenschafterinnen & -wissenschafter S E I T E 4 – 5

an Ingeborg Hochmair S E I T E 6 – 7

symposion BaDen

Aus- und Weiterbildung an Hochschulen. Zusammenfassung der Beiträge SEITE 8–9

Interview mit Bildungsexpertin Ada Pellert S E I T E 1 0 – 1 1

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Interview mit Rektor Heinrich Schmidinger S E I T E 1 2 – 1 3 und Georg Winckler S E I T E 1 4 – 1 5

„Staatliche Aufgaben, private Akteure“ und „Finanzkrisen“ S E I T E 1 6 – 1 7 „Hochfrequenztechnik“ und „Wissenschaft und Kunst“ S E I T E 1 8 – 1 9 „Zukunft der Demokratie“ und „Kulturelle Dynamiken“ S E I T E 2 0 – 2 1 „Bildung und Ausbildung“ S E I T E 2 2

Österreichischer Wissenscha ftstaG

„Wahrheit in den Wissenschaften?“ Die Philosophen Volker Gadenne und Josef Mitterer S E I T E 2 4 – 2 6 Wahrheit in den Geschichtswissenschaften? S E I T E 2 7 – 2 8 Wahrheit in der Physik? S E I T E 2 8 Wahrheit in den Neurowissenschaften? S E I T E 3 0 Wahrheit in den Rechtswissenschaften? S E I T E 3 1

Die ÖfG in Zahlen SEITE 32

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„Ich habe enorm profitiert“ Die ÖFG fördert J U N G E W I S S E N S C H A F T E R I N N E N Hier stellen wir einige von ihnen vor

UND WISSENSCHAFTER.

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internationale Community bereits wahrgenommen. Heuer wurde sie von Harald Gropengießer, Vorstand des Instituts für Naturwissenschaftsdidaktik (IDN) in Hannover, zur Mitarbeit in seiner Forschungsgruppe eingeladen. „In diesen sechs Wochen konnte ich mich ausschließlich auf die Forschung und Theorieentwicklung konzentrieren“, erzählt sie begeistert. „Von dem Aufenthalt und dem Ausbau meiner internationalen Vernetzung habe ich enorm profitiert.“ Von Beginn an war sie in das dortige Institutsleben eingebunden, reanalysierte Daten aus dem Datenpool der Gruppe, recherchierte Fachliteratur und bereitete das Material für Besprechungen auf. „Die intensiven Gespräche mit Harald Gropengießer waren ein absolutes Highlight“, so Heidinger. Die Reisekosten trug ihr Wiener Institut, mit der ÖFG-Förderung konnte sie die Unterkunft finanzieren.

ür den Forschungsstandort Österreich F ist es wichtig, vielversprechenden Nachwuchs für eine international vernetzte Kar-

Christine Heidinger, 36, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Österreichischen Kompetenzzentrum für Naturwissenschaftsdidaktik (AECC), Universität Wien

Christine Heidinger: „Vom Ausbau meiner internationalen Vernetzung habe ich enorm profitiert.“

Katharina Leithner: „Ich konnte bei einem wichtigen Kongress meine Arbeit präsentieren.“

Wie kann man Naturwissenschaften so vermitteln, dass Schüler sie wirklich verstehen?

C H R I S T I N E H E I D I N G E R W I L L N AT U R W I S S E N S C H A F T V E R S TÄ N D L I C H E R M A C H E N Damit beschäftigt sich Christine Heidinger im Rahmen von Projekten am AECC im Fachbereich Biologie und in ihrer bildungswissenschaftlichen Dissertation. „Mein Schwerpunkt liegt auf der theoretischen Modellierung von komplexen Vermittlungsund Aneignungsprozessen“, erklärt sie. „Dabei möchte ich Erkenntnisse aus der Psychologie, Fachdidaktik und Bildungswissenschaft für das Verstehen naturwissenschaftlicher Phänomene fruchtbar machen.“ Christine Heidingers Expertise hat auch die

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Katharina Leithner, 38, Post-Doc, MedUni Graz und Ludwig-Boltzmann-Institut für Lungengefäßforschung Graz Im März hat Katharina Leithner, PhD-Doktorandin an der Abteilung für Pulmologie an der Universitätsklinik für Innere Medizin in Graz, ihre Forschungsergebnisse am Keystone Symposium Tumor Metabolism in Kanada präsentiert. „Durch die ÖFG-Förderung konnte ich auf diesem Kongress, einem der wichtigsten auf dem Gebiet des Tumormetabolismus, mit einem Poster vertreten sein“, sagt sie. „Dort haben führende Wissenschafter ihre aktuellsten Ergebnisse gezeigt, und auch ich konnte die Arbeit meiner Forschungsgruppe perfekt kommunizieren.“ Leithner hat einen völlig neuen Mechanismus der metabolischen

K AT H A R I N A L E I T H N E R V E R Ö F F E N T L I C H T I H R E FORSCHUNG IM MAGAZIN OncOgene Anpassung von Lungentumorzellen beschrieben und zuletzt sogar in der hochrangigen Zeitschrift Oncogene publiziert. „In Tumoren herrscht oft ein Sauerstoffmangel, der ihre Aggressivität beeinflusst“, erklärt sie. „Aber auch der veränderte Stoffwechsel

Fotos: Privat

riere zu motivieren“, sagt Wolfgang Kautek, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der ÖFG. Aus diesem Grund – und auch, um die junge heimische Exzellenz im Ausland sichtbar zu machen – unterstützt die ÖFG Forschungsaufenthalte und Kongressreisen.

Für Qualitätssicherung sorgt dabei der ehrenamtliche und unabhängige Wissenschaftliche Beirat, der Kandidaten mit herausragenden Leistungen auswählt. Unter anderem werden dazu deren Einbindung in Projekte und bisherige internationale Publikationen herangezogen. „Die jährlich steigenden Ansuchen zeigen uns den Bedarf auf “, so Kautek. „Unser Förderprogramm für internationale Kommunikation deckt Ausgaben ab, die andere Institutionen oft nicht tragen können.“ Seit Beginn ihrer Förderaktivitäten hat die ÖFG bereits tausende Nachwuchswissenschafterinnen und -wissenschafter unterstützt. Vier von ihnen stellen wir hier vor.

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von Tumorzellen ist seit Jahren Forschungsgegenstand.“ In Studien zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der Einnahme eines Antidiabetikums, das den Stoffwechselweg in Leberzellen hemmt, und einer reduzierten Krebsrate. „Darum vermuteten wir, dass dieser Stoffwechselweg nicht nur in Leber-, sondern auch in Tumorzellen aktiv sein könnte und dass Glucosemangel dabei eine Rolle spielt“, so Leithner. „Das hat sich dann bestätigt, aber natürlich sind noch viele Fragen offen.“ Ihren Weg von der Medizinerin zur experimentellen Krebsforscherin beschreibt die dreifache Mutter als „zwar nicht den klassischen, aber sehr faszinierenden“.

Alexander Pinwinkler: „Ich konnte über Probleme des österreichischen Exils während des II. Weltkriegs weiterforschen.“

Oliver Hödl: „Die Uni kann für Kosten nicht immer aufkommen.

So sind Förderungen wie die der ÖFG wichtig.“

Fotos: Privat

ALEXANDER PINWINKLER ARBEITET IM AUFTRAG DES ZUKUNFTSFONDS Deutschland. „Dort konnte ich meine Forschung über Probleme des österreichischen Exils während des Zweiten Weltkriegs vorantreiben.“ An diesem Projekt arbeitet Pinwinkler derzeit im Auftrag des Zukunftsfonds der Republik Österreich. Neben Recherchen in Wien, Berlin und dem Vatikan untersuchte der Salzburger in Maria Laach den Nachlass von P. Thomas Michels OSB (1892–1979). „Er unterhielt einen regen Briefwechsel mit vielen Intellektuellen und Künstlern seiner Zeit, auch solchen, die von den Nazis vertrieben wurden“, erklärt Pinwinkler und

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nennt unter anderen Otto Klemperer, Bruno Walter oder Clemens Holzmeister.

Darüber hinaus arbeitet der Historiker, der auf eine beachtliche Anzahl an Publikationen sowie drei Monografien zur Wissenschafts- und Zeitgeschichte verweisen kann, an einem NS-Projekt der Stadt Salzburg mit.

Im Oktober wurde seine Habilitationsschrift von der ÖAW ausgezeichnet.

Alexander Pinwinkler, 39, Privatdozent, Universität Wien und Fachbereich Geschichte der Universität Salzburg Wissenschaftliche Recherche in Archiven ist detektivische Kleinarbeit. „Ich bin immer wieder aufs Neue fasziniert davon“, sagt der Historiker Alexander Pinwinkler, der als Privatdozent an den Universitäten Wien und Salzburg lehrt. „Archivdokumente in größere geschichtliche Zusammenhänge einzuordnen, ist ausgesprochen reizvoll und zudem mit einem großen Erkenntnisgewinn verbunden.“ Sehr ergiebig waren auch die von der ÖFG durch einen Reisekostenzuschuss geförderten Archivrecherchen in der Abtei Maria Laach in

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Oliver Hödl, 32, Dissertant am Institut für Gestaltungs- und Wirkungsforschung, Fakultät für Informatik der TU Wien Das Trombosonic ist ein neuartiges Musikinstrument, das sich durch Gesten steuern lässt. Entwickelt hat es Hödl nach dem Prinzip der Posaune. Schon in seiner Jugend haben ihn Musik und Computer fasziniert, nun reizt er im Zuge seiner Dissertation am Institut für Gestaltungs- und Wirkungsforschung die Grenzen ihrer Möglichkeiten aus.

Dazu baut er digitale Musikinstrumente und evaluiert sie bei Konzerten nach den Maßstäben der empirischen Sozialforschung. „Bei den Aufführungen interpretiere ich eigens komponierte Stücke und reflektiere in der wissenschaftlichen Aufarbeitung meine persönlichen Erfahrungen und die Ergebnisse systematischer Beobachtungen.“ Zu seiner Freude wählte eine Fachjury seinen Artikel über das Trombosonic zur Veröffentlichung auf der Konferenz „Advances in Computer Human Interaction“ in Barcelona aus. Dort erhielt er dafür im März auch den Best-Paper-Award. Die Reise hat die ÖFG unterstützt. „Meist sind die Teilnahme und Vorträge auf Konferenzen die Voraussetzung, dass wissenschaftliche Artikel überhaupt in den Conference-Proceedings veröffentlicht werden“, so Hödl. „Die Uni kann

B E S T- PA P E R - A W A R D B E I E I N E R K O N F E R E N Z I N BARCELONA FÜR OLIVER HÖDLS ARTIKEL für solche Kosten nicht immer aufkommen, darum sind außerordentliche Förderungen so wichtig.“ Seine Forschungsergebnisse vor den Besten seines Fachs zu präsentieren, sei eine tolle Chance. „Ich bin stolz auf die internationale Anerkennung für meine Arbeit.“

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„Kann mir nichts Besseres vorstellen“ Die Pionierin des Cochlea-Implantats I N G E B O R G H O C H M A I R wurde am 19. September mit dem Ludwig-Wittgenstein-Preis der ÖFG geehrt erzielen“, so Hochmair. Das Paar entwickelte das weltweit erste mikroelektronische Mehrkanal-Cochlea-Implantat, einen Meilenstein in der Behandlung von tauben Menschen.

1977 wurde das erste implantiert. Damals war Ingeborg Hochmair 24 Jahre alt.

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er Traum vom Forscherglück hat seine D Zeit. Nach fast vierzig Jahren in der Wissenschaft kennt Ingeborg Hochmair-Desoyer

Von der ruhigen Umgebung zur Party Cochlea-Implantat: Mit diesem Gerät macht Hochmair sogar taub geborenen Menschen das Hören möglich

Ein Sinnesorgan ersetzen Ein chirurgisch unter der Haut eingesetztes Cochlea-Implantat kann die ausgefallene Funktion der Hörschnecke ersetzen. Es stimuliert direkt den Hörnerv im Innenohr.

Hinter dem Ohr nimmt ein Sprachprozessor analoge Schallinformationen auf, verarbeitet 1990 GRÜNDETEN DIE HOCHMAIRS DIE H Ö R I M P L A N TAT- F I R M A M E D - E L sie in digitale Signale und überträgt sie über eine Spule zum Implantat. Das Resultat: der Betroffene hört. Erstmals oder wieder.

Die in einem Haushalt von Naturwissenschaftern aufgewachsene Hochmair wollte schon als 13-Jährige Technikerin werden, um Menschen zu helfen. Hätte sie sich damals vorstellen können, einmal maßgeblich an einer bahnbrechenden Erfindung beteiligt zu sein? „Nein, es war ein echter Glücksfall, dass dieses Projekt auf mich zukam“, sagt sie. Der Glücksfall war ihr späterer Ehemann Erwin Hochmair, damals Assistent an der TU Wien.

Er hatte sich mit früher Literatur zu dem Thema beschäftigt und wollte ein Hörimplantat konstruieren. Die Elektrotechnik-Dissertantin Ingeborg Desoyer bewog er zur Mitarbeit. „Uns ging es darum, nicht nur Höreindrücke, sondern ein wirkliches Sprachverständnis zu

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„Das war schon ein Riesenzwischenschritt“, erinnert sie sich. „Aber immer, wenn man ein Ziel erreicht, tun sich natürlich wieder neue auf.“ Die Hochmairs perfektionierten die Neuroprothese immer weiter. Das Verstehen von Wörtern ohne Lippenlesen war ab 1980 möglich, ab 1991 konnte der Audioprozessor bequem hinter dem Ohr getragen werden.

1990 gründeten die Hochmairs in Innsbruck, wohin Erwin Hochmair als Universitätsprofessor berufen worden war, ihre eigene Hörimplantat-Firma MED-EL. Als Herausforderung beschreibt Ingeborg Hochmair den Schritt vom Sprachverständnis in Ruhe zum Hören bei Hintergrundgeräuschen. „Sprache ist ja relativ redundant, man muss in einer ruhigen Umgebung gar nicht so viel übertragen, um eine Person zu verstehen“, sagt sie. „Anders ist das bei mehreren Sprechern, auf der Straße oder bei einer Party.“ All das ist heute möglich.

Vision: Ungehinderte Kommunikation Das Ungewöhnliche an Max ist sein ganz gewöhnliches Leben. Er ging in einen normalen Kindergarten, in eine normale Schule und jetzt studiert er. Doch Max ist vollkommen gehörlos geboren. Was man ihm nicht anmerkt. „Er war das erste Kind mit bilateraler Cochlea-Implantation“, berichtet Hochmair. „Mit zwei Jahren bekam er das erste eingesetzt und mit vier das zweite.“ Ihre Augen strahlen, wenn sie erzählt, wie Max in einem New Yorker Taxi im größten Verkehrsgetöse flott mit dem Chauffeur parlierte. Im Vorjahr hat er Ingeborg Hochmair zur Verleihung des Lasker-Preises, der höchsten US-amerikanischen Auszeichnung für Medizinforschung, nach New York begleitet. Wie sein Leben wohl ohne diese Eingriffe heute aussähe, wurde er dort auf

Foto: Med El

all seine Höhen und Tiefen. „Man braucht einen langen Atem.“ Während sich der Festsaal der TU Wien füllt, nimmt sich die einnehmend unprätentiöse Spitzenforscherin Zeit für ein Gespräch. Viele sind an diesem Tag zur Verleihung des Ludwig-Wittgenstein-Preises an Hochmair gekommen. Die ÖFG vergibt ihn alle zwei Jahre für herausragende wissenschaftliche Leistungen. Vor der Preisverleihung fand zu Ehren Hochmairs ein Symposion über Cochlea-Implantate statt. Für dieses Wunderwerk der Technik hat die 61-jährige Elektroingenieurin den Grundstein gelegt.

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Illustration: Renate Stoica

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Bloomberg-TV gefragt. „Ich weiß nicht“, fiel es dem feschen Twen sichtlich schwer, sich das vorzustellen. „Aber vermutlich wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin. Sicher hätte ich Gebärdensprache lernen müssen.“ Dank kontinuierlicher Forschung und Entwicklung kann man heute in allen Altersgruppen und bei verschiedenen Indikationen implantieren. Einseitig, beidseitig oder in Kombination mit Hörgeräten. „Ältere Menschen sollte man vermehrt dafür sensibilisieren, wie gut die Medizin in jedem Alter noch etwas verbessern kann“, sagt Hochmair. „Gutes Hören ist für die Kommunikation und geistige Fitness enorm wichtig.“ Dass es in armen Ländern nicht wie bei uns Standard ist, taub geborene Kinder zu implantieren, bedrückt sie. „Nach dem fünften Lebensjahr

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Ingeborg Hochmair: „Ältere Menschen sollte man vermehrt dafür sensibilisieren, wie gut die Medizin in jedem Alter etwas verbessern kann.“

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ist es zu spät für eine gute Sprachentwicklung.“ Wie die mädchenhaft wirkende Frau es schafft, ein Leben als renommierte, vielfach ausgezeichnete Wissenschafterin, CEO eines weltweit führenden Unternehmens mit 1500 Mitarbeitern und Mutter von vier Kindern unter einen Hut zu bringen? „Passion“, so die spontane Antwort. „Ich kann mir nichts Besseres vorstellen als diese Arbeit.“ Zudem

S I E I S T C E O E I N E S W E LT W E I T F Ü H R E N D E N U N T E R N E H M E N S M I T 1 5 0 0 M I TA R B E I T E R N gingen ihr die Aufgaben nicht aus, vor allem jetzt, wo noch die Life-Sciences dazukämen. „Es gibt so viel zu tun, und es ist extrem spannend“, sagt Hochmair. Jetzt geht sie in den Saal, um den Preis entgegenzunehmen.

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Wie das Leben geht auch Bildung weiter Die W E I T E R B I L D U N G an den Hochschulen ist im Universitätsgesetz festgeschrieben. Sie bedeutet eine große Chance und ist eine Herausforderung möglich sein. Das traditionell lineare Studium soll durch ein Credit System ersetzt werden. Vor allem will man weg vom bloßen Auswendiglernen hin zur Entwicklung von Problemlösungskompetenzen.

ALEXANDRA MARKL

ozu die Unis da sind, wissen StudierenW de: zu ihrer Ausbildung. Nicht allen ist aber klar, dass die Aufgaben der Hochschu-

Ein neues Modell: Blended Learning LLL verlangt nach einer neuen Art des Ler-

Auf dem Weg zum Symposion der ÖFG zur Weiterbildung in Baden

Lifelong Learning – was ist das?

Lifelong Learning (LLL) bedeutet einfach, dass das Lernen nie aufhört. „Früher hieß es immer, zuerst Ausbildung und dann Arbeit für den Rest des Lebens“, sagt Ada Pellert, Präsidentin der Deutschen Universität für Weiterbildung. Heute gehe es aber darum, ständig aktuelles Wissen zu vermitteln.

Zu diesem Thema hat die österreichische Bundesregierung die „LLL:2020 – Strategie zum lebensbegleitenden Lernen in Österreich“ verabschiedet. Diese Strategie sieht vor, Beschäftigungs- und Wettbewerbsfähigkeit durch Weiterbildung zu gewährleisten.

Menschen sollen nicht nur veraltetes Wissen auffrischen, sondern auch zusätzliche Kompetenzen erwerben können.

U N I S S O L LT E N W E I T E R B I L D U N G F Ü R B E R U F S E R FA H R E N E A N B I E T E N 2008 erarbeiteten die europäischen Universitäten die „European Universities‘ Charter on Lifelong Learning“. Damit verpflichten sie sich, LLL in ihre Organisation zu integrieren und sowohl Erststudium als auch Weiterbildung anzubieten. Wie das idealerweise laufen soll, definiert ein HEAD Report (Opening Higher Education to Adults), der die Unterschiede zwischen traditionellen und neuen Methoden sehr deutlich macht.

In Zukunft soll der Zugang an die Hochschulen vereinfacht werden – für junge wie für ältere Menschen, in Voll- oder Teilzeitstudien. Lernen wird auch abseits des Campus

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nens. Ein Modell dazu ist etwa Blended Learning. Es kombiniert klassische Lernmethoden mit den heute verfügbaren Möglichkeiten der Vernetzung. „Auch zeitlich müssen die Studienformate flexibler werden“, verlangt Josef Schrader, wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung in Bonn. So sollen Abend- oder Blockveranstaltungen zur Regel werden. Er wünscht sich sprachliche Flexibilität sowie ausreichende Unterstützungsangebote. Auch die Anerkennung sogenannter Non-degreeEducation, also von Zertifikaten oder Seminaren, könnte von den Hochschulen überlegt werden. „Die Universitäten sollten jedenfalls Weiterbildung und Studien für Berufserfahrene anbieten“, führt Josef Schrader aus. Mögliche finanzielle Barrieren könnte man durch Stipendien abbauen.

Bildung als Exportschlager Weiterbildungsangebote an den Unis greifen die für Studierende zur Verfügung stehenden Ressourcen an. Das sei eine Herausforderung, „aber Weiterbildung ist auch“, so Schrader, „eine große Chance”.

Um sie ergreifen und zum Erfolg machen zu können, müssen Bildungsanbieter darüber nachdenken, wie sie Bildung vermarkten können. In einigen Ländern sind Bildungsangebote Exportgut. Österreich aber liegt bei den Einnahmen aus dem Bildungsexport weit hinten. „Wir haben zwar viele ausländische Studierende“, sagt Helmut Dornmayr vom Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft. „Aber die Ausbildung an den österreichischen Universitäten ist quasi kostenlos und bringt kaum Einnahmen.“ Daher biete die im Verhältnis teurere Weiterbildung ein gutes Geschäftsmodell,

Foto: Philipp Tomsich

len viel weiter greifen. So wird im Universitätsgesetz 2002 Weiterbildung als eine ihrer zusätzlichen zentralen Aufgaben genannt.

Und allmählich nützen immer mehr Menschen dieses Angebot: 2010 waren bereits 20 Prozent der Studierenden zwischen 25 und 39 Jahre alt. Damit spiegelt Österreich den wachsenden internationalen Trend zu Lifelong Learning wider.

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um zusätzliche Einkünfte zu generieren.

Wird der Weiterbildungsstandort Österreich sichtbarer und attraktiver, so kann man mit einer Zunahme an ausländischen Interessenten rechnen.

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Weiterbildung der Akademiker „Nur“ seinen Job zu machen, reicht nicht mehr. Heute brauchen Beschäftigte Weiterbildung, um gegenüber jüngst Ausgebildeten nicht zurückzufallen.

Die Höherqualifizierung erhöht die Chancen am Arbeitsmarkt. Daher bietet etwa das Akademikerzentrum des AMS Wien seit heuer auch Unterstützung bei der Karriere an.

Weiterbildung hätten also alle nötig. In der Praxis sieht es aber so aus, dass „Menschen, die sich einmal weitergebildet haben,

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Sie waren beim Symposion in Baden.

V.l.n.r.: Sabine Putz (AMS), Nino Tomaschek (Uni Wien), Monika Kil (DonauUni Krems) und Hubert Dürrstein (ÖFG/ÖAD)

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dies auch künftig tun“, erklärt Ada Pellert, die Weiterbildungsexpertin.

Daher müsse besonders darauf geachtet werden, bildungsferneren Personen die Bedeutung von Weiterbildung nahezubringen.

Schließlich hat sich die EU eine zügige Akademisierung der Berufs- und Arbeitswelt zum Ziel gesetzt.

BILDUNGSFERNEN PERSONEN DIE BEDEUTUNG VON WEITERBILDUNG NAHEBRINGEN Bis zum Jahr 2020 soll eine deutliche Erhöhung des Akademikeranteils unter der Erwerbsbevölkerung erreicht werden. Wettbewerbsfähig bleiben diese Akademikerinnen und Akademiker in Zukunft aber nur dann, wenn sie Zugang zu einer inhaltlich fundierten Weiterbildung haben.

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„Ja, es gibt Wiederholungstäter“ Präsidentin der Deutschen Universität für Weiterbildung und Professorin für Bildungsmanagement, hielt beim Symposion der ÖFG in Baden zum Thema „Aus- und Weiterbildung an und von Universitäten“ einen Vortrag.

Wir sprachen mit ihr über die Funktion von akademischer Weiterbildung A D A P E L L E R T,

Pellert: Grundsätzlich handelt es sich immer um Personalentwicklung von in einer Organisation beschäftigten Personen. Dabei muss man die Ziele der Person und die Ziele der Organisation ausbalancieren und aufeinander beziehen. Allerdings findet im universitären Bereich viel Weiterbildung über die fachliche Ebene der Disziplin und nicht über die der Organisation Universität statt.

Frau Pellert, können Sie uns kurz schildern, worauf es bei akademischer Weiterbildung für Unternehmen besonders ankommt?

Ada Pellert: Sie ermöglicht Unternehmen eine zertifizierte Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Verbindung von innerbetrieblicher Weiterbildung mit einer Hochschule. Akademische Weiterbildung steht für forschungsnahe, auf neuestem Wissen basierende Weiterbildung. Sie soll die Interessierten auf neue, eigene Gedanken bringen im Sinne der Reflexion der eigenen Praxis.

Für ein reines Training von Skills würde ich aus Unternehmenssicht nicht unbedingt mit einer Hochschule zusammenarbeiten.

Ada Pellert beim Symposion in Baden: „Es gilt, immer wieder neue Mischverhältnisse zwischen Arbeits-, Privatund Bildungsleben zu finden.“

Fragen Unternehmen bestimmte Formen der Weiterbildung nach und wenn ja, welche?

Pellert: Meiner Erfahrung nach sind Unternehmen an einzelnen Modulen interessiert, die sie mit eigenen Angeboten verknüpfen, wenn sie eine eigene strategisch konzipierte Personalentwicklung haben. Manchmal werden auch ganze Studiengänge quasi als ,corporate programs‘ gemeinsam entwickelt und durchgeführt.

Unterscheiden sich Ihrer Erfahrung nach die Weiterbildungsmuster in Unternehmen von denen bei NGOs? „GUT AUSGEBILDETE MENSCHEN BILDEN SICH HÄUFIGER WEITER ALS ANDERE“ Pellert: Bei NGOs ist im Vergleich zum klassischen Wirtschaftsunternehmen die Funktion Personalentwicklung häufig erst im Entstehen. Daher wird von NGOs oft das Thema der Verbindung von Organisations- und Personalentwicklung nachgefragt, um über Weiterbildung auch die innerbetrieblichen Funktionen zu professionalisieren.

Was unterscheidet die akademische Weiterbildung für Unternehmen von der Weiterbildung von Personen an Unis?

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Gibt es Weiterbildungstypen, also Personen, die sich gezielt weiterbilden, solche, die sich dauernd weiterbilden?

Pellert: Ja, es gibt sozusagen Wiederholungstäter, also Personen, die für sich den Wert der Weiterbildung entdeckt haben und dann diese regelmäßig in ihr Leben integrieren. Empirisch betrachtet ist es so, dass ohnehin gut ausgebildete Menschen sich auch häufiger weiterbilden als andere. Insofern muss man darauf achten, dass auch weiterbildungsferne Personen adäquat erreicht werden. Am wichtigsten ist, einen persönlich befriedigenden Einstieg in die Weiterbildung zu finden.

Weiterbildungsangebote scheinen vor allem von Frauen angenommen zu werden. Ist das statistisch richtig?

Pellert: Mehrere Untersuchungen bescheinigen Frauen eine höhere Weiterbildungsaffinität. Betrachtet man allerdings die teuren, unternehmensbezogenen Programme, zeigt sich, dass in diesem Fall öfter Männer vom Unternehmen entsandt werden.

Sieht man sich Karrieren in Unternehmen an, entsteht der Eindruck, dass eine fachliche Weiterbildung den Frauen nicht wirklich vorwärtshilft. Ist das eine temporäre Erscheinung, die sich ändern wird?

Pellert: Weiterbildung ausschließlich als Karrieremotor zu begreifen, ist sicherlich zu kurz gesprungen. Auch werden Karrieren selten ausschließlich auf Basis fachlicher Kriterien entschieden.

Sie verwenden den Begriff ,Lebenslanges Lernen‘.

Was ist darunter zu verstehen?

Foto: Philip Tomsich

INTERVIEW: CHRISTIAN ZILLNER

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Pellert: Lebenslanges Lernen meint vor allem, dass wir uns von der Vorstellung, zuerst Ausbildung, dann Arbeit für den Rest des Lebens, verabschieden müssen. Es gilt vielmehr, immer wieder neue Mischverhältnisse zwischen Arbeits-, Privat- und Bildungsleben zu finden – allein schon, um beruflich auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Dabei geht es aber nicht nur um Beschäftigungsfähigkeit in einer wissensbasierten Gesellschaft, sondern auch um Teilhabe und Partizipation an dieser Gesellschaft. Deshalb ist lebenslanges Lernen wichtig. Entscheidend ist die Motivation zur Bildung. Sie muss gepflegt werden und hat dann entsprechende Konsequenzen für lustvolles lebenslanges Lernen.

Was bedeutet Kompetenzorientierung?

Pellert: In Erweiterung von Wissen und Qualifikation bedeutet sie vor allem auch Handlungsfähigkeit in neuen, ergebnisoffenen Situationen; etwas, was das moderne Berufsleben von immer mehr Menschen fordert.

Daher müssen wir Kompetenzorientierung auch im Sinne dieses ganzheitlichen Verständnisses ernst nehmen.

Ada Pellert: „Entscheidend ist die Motivation zur Bildung.

Es sind ja die wenigsten Masochisten.“

Sie befassen sich mit Hochschulmanagement.

Welche Herausforderungen stehen an?

Pellert: Eine wichtige Herausforderung besteht darin, die Besonderheiten des Wissenschaftsbetriebs berücksichtigende, adäquate Formen des Managements zu entwickeln.

Hier sind die Vorbilder aus Wirtschaft und Verwaltung zwar als Anregung zu verwenden, aber nicht eins zu eins übertragbar.

Wissenschaft gilt als grenzüberschreitend, die einzelnen Wissenschaftsbetriebe aber stecken in ihren Ländertraditionen. Welche Folgen hat das?

Pellert: Die Wissenschaft ist international,

aber Hochschulen sind nationale Einrichtungen und daraus ergeben sich einfach Spannungen. Sie zeigen sich in praktischen Dingen wie etwa übertragbaren Pensionsansprüchen von Professorinnen und Professoren oder ähnlichen Hemmnissen der Internationalisierung. Eine interessante Entwicklung der letzten Jahre war die Entstehung einer europäischen Studienarchitektur durch den Bologna-Prozess.

Wie sehen Sie die Zukunft des Wissenschaftsbetriebs?

Pellert: Eine große Herausforderung sehe ich darin, die Diversität der Forschung und der Einrichtungen aufrechtzuerhalten, wenn nicht weiter auszubauen. Gleichzeitig müssen unterschiedliche Profile von Wissenschaftseinrichtungen im Sinne profilierter Vielfalt herausgebildet werden.

Fotos: Philip Tomsich, Kommunikation Land Steiermark

WISSENSCHAFTSFÖRDERUNG STEIERMARK

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„Unser Ziel ist, den Hochschulraum in seiner Sichtbarkeit und Konkurrenzfähigkeit zu stärken, höchste Qualität in Forschung und Lehre sicherzustellen und ausgezeichnete Studierende sowie Nachwuchsforschende hervorzubringen. Die Österreichische Forschungsgemeinschaft bildet hier eine Plattform, greift universitäts- und wissenschaftspolitische Probleme auf, leitet Lösungsvorschläge ab und bietet in diesem Kernbereich ihrer Interessen Hilfestellungen an. Die Forschungsförderungsaktivitäten ergeben ein Gesamtbild, auf das wir stolz sein können.“ Mag.a Dr.in Birgit Strimitzer-Riedler Leiterin der Abteilung 8, Wissenschaft und Gesundheit, Amt der Steiermärkischen Landesregierung

24.11.2014 16:24:32 Uhr

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„Die Autonomie muss gestärkt werden!“ Der Theologe und Philosoph H E I N R I C H S C H M I D I N G E R ist Rektor der Uni Salzburg, Präsident der Österreichischen Universitätenkonferenz und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der ÖFG. Im Interview spricht er über die Wirkungen des Universitätsgesetzes UG auf die heimische Hochschullandschaft werden, sollten diese reagieren dürfen. Ich denke, der Gesetzgeber müsste den Universitäten Autonomie in diesem Bereich einräumen.

Einer der Kritikpunkte am UG ist das aus mancher Sicht mangelnde Mitbestimmungsrecht für Uni-Angehörige und Studierende. Stimmt dieser Einwand?

Heinrich Schmidinger: Die Frage der Mitbestimmung an einer Uni ist immer eine Frage der universitätsinternen Kommunikation.

Es stimmt aber, dass vor allem der akademische Mittelbau unterrepräsentiert ist. Wo ich die Mitbestimmung hingegen nicht so eingeschränkt sehe, ist bei den Studierenden. Diese sind durch die Gesetzgebung und deren Novellen in den Gremien der Universitäten gut besetzt und vorgesehen.

Heinrich Schmidinger: „Wo die Möglichkeit der Begrenzung des Studienzugangs genutzt wurde, gibt es positive Effekte.“

Sind Studiengebühren- und Zugangsregelungen befriedigend?

Schmidinger: Ich möchte über Studienge– bühren momentan nicht reden. Ein anderes Thema sind die Zugangsregelungen. Den Unis wurde per Gesetz ermöglicht, in einigen Fächern Regelungen vorzunehmen. Wo diese Begrenzungen genützt werden, gibt es positive Effekte. An der Uni Salzburg dürfen wir den Zugang in Publizistik und Psychologie regeln. Seitdem hat sich das Problem der starken Nachfrage deutlich reduziert.

Aber was geschieht mit jenen Fächern, die keine Begrenzungen einbauen dürfen? „ H A R V A R D H AT E I N H Ö H E R E S B U D G E T P R O JAHR ALS ALLE UNSERE UNIS ZUSAMMEN“ Schmidinger: Da sollte man sich ein Beispiel an Deutschland nehmen. Dort wird es nämlich der jeweiligen Uni selbst überlassen, und nicht wie bei uns per Gesetz bestimmt, ob und wo sie Studienplätze begrenzt.

Der Gedanke ist richtig, weil nur die jeweilige Uni vor Ort sagen kann, über welche Kapazitäten sie verfügt, und dann in den stark überlasteten Fächern eine pragmatische Entscheidung treffen kann. Ich trete nicht für eine beliebige Begrenzung ein, aber wenn die Kapazitäten der Unis überschritten

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Zur STEOP, der Studieneingangs- und Orientierungsphase: Ist sie ein Erfolg?

Schmidinger: Ich halte sie für eine gute Einrichtung. Sie dient ja dazu, dass sich Studierende darüber klar werden, ob das belegte Studium das richtige ist, und man den Anforderungen gewachsen ist, kurzum, es dient der Selbstbestimmung. Das hat nichts mit Hinausprüfen zu tun. Drop-Out-Quoten muss man differenziert betrachten. In einer Studie der Universitätenkonferenz haben wir etwa festgestellt, dass sich Studierende zunächst in mehreren Studienrichtungen einschreiben, sich aber später für nur eine entscheiden. Das sieht dann wie ein Drop-out aus, ist es aber nicht. Diese Quoten sind also mit Vorsicht zu beurteilen.

Liegt der Grund für die schlechten Rankings in der Unterfinanzierung durch den Staat?

Schmidinger: Rankings muss man differenziert betrachten. Einerseits stimmt es, dass die hoch klassierten Unis aus Ländern stammen, die für Wissenschaft und Forschung wesentlich mehr Geld bereitstellen.

Eine Spitzen-Universität wie Harvard oder Stanford ist nur mittelgroß und nicht vergleichbar mit der Uni Wien. Trotzdem verfügt Harvard oder Stanford über ein Jahresbudget, das so groß ist wie jenes aller österreichischen Unis zusammen. Deutschland wendet allein für die außeruniversitäre Forschung rund zwölf Milliarden Euro pro Jahr auf. Dazu kommt die Exzellenzinitiative, und das alles zusätzlich zum Budget der Unis.

Wir hier reden von einer Milliarde Euro auf drei Jahre für alle 21 Unis in der nächsten Leistungsvereinbarungsperiode. Das ist kein zu hoch angesetzter Betrag. Die öffentlichrechtlichen Universitäten sind staatliche Einrichtungen. Deshalb muss in erster Linie die öffentliche Hand dafür sorgen, dass sie ausreichend finanziert sind. Natürlich können andere Maßnahmen unterstützen.

Foto: Doppler Labor

INTERVIEW: ALEXANDRA MARKL

24.11.2014 16:26:53 Uhr

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Schmidinger: Ganz grundsätzlich begrüßen wir Studierende aus dem Ausland. Ich finde schon, dass dies dem Steuerzahler zuzumuten ist, da wir ein europäisches Land sind und am europäischen akademischen, wissenschaftlichen Austausch teilnehmen wollen. Ich möchte aber nicht verhehlen, dass bei einem so kleinen Land wie Österreich daraus auch Probleme entstehen.

Es gibt schon in vielen Ländern sehr gute Stiftungsregelungen, welche die Wirtschaft, die Industrie und potenzielle Geldgeber motivieren, an Universitäten Stiftungen vorzunehmen oder zu finanzieren.

Kommt die Unimilliarde nicht, können dann manche Studienrichtungen nicht mehr finanziert werden?

Schmidinger: Die Gefahr besteht. Kommt es zu keiner Budgetanpassung im Zeitraum 2016 bis 2018, kann das dazu führen, dass die eine oder andere Uni Sparmaßnahmen setzen muss, die alle Bereiche betreffen.

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Schmidinger: „Zugangsregelungen und Studiengebühren müssen europäisch gelöst werden.“

Wie sieht die Strategie der Universitäten aus?

Was können sie tun, um im Ranking besser abzuschneiden?

Schmidinger: Die bisherige Strategie muss fortgesetzt werden: Exzellenzbereiche an den Unis oder auch an anderen Forschungseinrichtungen sollten so viel gefördert werden wie nur möglich. Ich sehe keinen anderen Weg. Man muss bei der Betrachtung der Rankings verstehen, dass nur die Unis insgesamt beurteilt werden.

Aber jede österreichische Universitär hat Institute, Fakultäten oder Fachbereiche, die in der Weltspitze mithalten können. Und es auch tun. Beispiele sind das Institut für Theoretische Physik an der Universität Wien, aber auch das Institut für Quantenoptik an der Uni Innsbruck, oder in Salzburg der Bereich der Europawissenschaften. Ich bin davon überzeugt, dass wir all diese Bereiche weiterhin besonders unterstützen müssen.

Wie steht es um die EU-Studierenden? Ist es den österreichischen Steuerzahlern zuzumuten, diese zu finanzieren, zumal sie ja nicht im Land bleiben?

Österreichische Studierende im Ausland zahlen meist Studiengebühren …

Schmidinger: Natürlich. Ich plädiere, sowohl die Frage der Zugangsregelungen als auch die der Studiengebühren europäisch zu lösen. Ich meine, dass das dem gemeinsamen Hochschulraum Europa entsprechen würde.

Könnte die Autonomie der Uniersitäten in Gefahr sein?

Schmidinger: Autonomie ist ein zerbrechliches Gut, keine Selbstverständlichkeit. Es gibt von politischer Seite Tendenzen, die Autonomie zurückzufahren. Das wäre eine verheerende Entwicklung. Die Autonomie muss nicht nur erhalten, sondern gestärkt werden.

Im UG wandelte sich der Rektor vom Würdenträger und Wissenschafter zum Manager und Kommunikator. Ist das vereinbar?

Schmidinger: Diese Frage kann ich nur persönlich beantworten. Ich bin ja auch Wissenschafter, und in meiner ersten Rektoratsperiode war ich wissenschaftlich tätig. Aber bei der Verantwortung als Manager einer Universität – ich spreche für mich – kann ich mir nicht vorstellen, dass man beides gleichzeitig in gleicher Qualität erfüllen kann.

Für die wissenschaftliche Tätigkeit braucht man viel Zeit und Ruhe, aber die hat man als Rektor nicht.

Fotos: Doppler Labor Land Tirol

WISSENSCHAFTSFÖRDERUNG TIROL

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„Wissenschaftssysteme konkurrieren weltweit um junge ForscherInnen.

Die Österreichische Forschungsgemeinschaft bietet materielle Forschungsförderung, vor allem für den wissenschaftlichen Nachwuchs, dort an, wo Mittel anderer Forschungsförderer nicht oder nur in unzureichendem Ausmaß zur Verfügung stehen. Mit Unterstützung des Landes Tirol konnten in den letzten zehn Jahren über 500 Tiroler ForscherInnen gefördert werden: bei Konferenzteilnahmen, Forschungsaufenthalten und Publikationen. Diese Förderungen tragen auch zur Stärkung des Wissenschaftsstandorts Tirol bei.“ Dr.in Beate Palfrader Landesrätin für Bildung, Kultur, Denkmalschutz, Jugendschutz, Familien, Senioren, Wissenschaft und Gesundheit

24.11.2014 16:26:55 Uhr

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„Wir sollten stolz auf unsere Unis sein“ Der Wirtschaftswissenschafter G E O R G W I N C K L E R war von 1999 bis 2011 Rektor der Universität Wien und von 2005 bis 2009 Präsident der European University Association (EUA). Hier beschreibt er die Wirkungen des UG und die Haltung der Politik für die Zukunft unserer Universitäten mehr Systemrationalität beim regionalen Ausbau erreicht worden. Bei uns ist der Bund zu schwach, um sich gegen die Länder durchzusetzen, dadurch kommt es zu einem regionalen Wildwuchs bei knappen Mitteln.

Vom UG erwarteten Sie, dass es die internationale Bedeutung der heimischen Unis stärken würde.

Haben sich diese Hoffnungen bewahrheitet?

Georg Winckler: Simpel ausgedrückt: Österreichische Unis müssen schauen, dass sie nicht hinter deutsche zurückfallen. Die Autonomie im UG hat unsere Unis handlungsmäßig vor die deutschen gebracht. Dass wir aber in den Rankings nicht im erhofften Maße gestiegen sind, hängt mit der knappen Finanzierung zusammen. Wir haben zwar eine Reihe von Lippenbekenntnissen der Politik, aber bei denen ist es geblieben.

Georg Winckler: „Wir sollten zuerst sagen, dass wir stolz auf unsere Universitäten sein wollen, und erst dann überlegen, wie wir das verwirklichen können.“

Im UG sollten Strukturen geschaffen werden, um wissenschaftliche Zusammenarbeit und Kooperationen zu fördern. Ist das passiert?

Winckler: Hier liegt eine Schwäche. Wir haben gedacht, dass über die Leistungsvereinbarungen das Uni-System insgesamt gesteuert werden könnte. Das ist jedoch nicht gelungen. Das kann an mangelnder Finanzierung liegen: ohne Mittel kann man wenig steuern. „ W I R S O L LT E N S O G U T S E I N W I E D I E SPITZENUNIS IN DEUTSCHLAND“ Welche sind die konkreten Probleme?

Winckler: Erstens haben wir zwar einen Wissenschaftsrat, der ursprünglich wie in Deutschland eine wissenschaftsgeleitete Uni-Politik betreiben sollte. Das ist in Österreich nicht wirklich passiert.

Dem Wissenschaftsrat wurde nur eine marginale Rolle zuerkannt. Zweitens fehlt es an Initiativen. In Deutschland wurden auch bei knappen Mitteln Förderstränge entwickelt: Einerseits die Exzellenzinitiative, andererseits wurde der regionale Verbund der Unis und Wissenschaftseinrichtungen gestärkt.

So konnten Exzellenz-Unis wie die in München und die Humboldt Universität in Berlin einen Sprung nach vorne machen.

Durch regionale Verbundlösungen ist auch

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Geht es wirklich immer nur ums Geld, oder könnten die Unis trotzdem mehr machen?

Winckler: Die Unis brauchen neben dem Finanzierungsthema einen zweiten Schwerpunkt, sonst wird kein Geld fließen. Das wäre aus meiner Sicht die bessere Aufstellung der Unis im europäischen Zusammenhang und die Überlegung, welche regionalen Cluster im Hochschulbereich sinnvoll sind.

Die Unis wollten von einer durch Staatsbürokratie geführten Einheit zu einer selbstgeführten, strategisch orientierten werden, gemäß dem Konzept der unternehmerischen Universität nach Burton Clark. Diesen Schritt sind viele Unis weltweit gegangen, und der sollte in Österreich weiter umgesetzt werden.

Ist es von den Universitäten geschickt, immer nur mit Geldthemen auf sich aufmerksam zu machen?

Winckler: Wir hatten vor zehn bis 15 Jahren erhebliche Finanzierungsschwierigkeiten.

Dennoch war es klar, dass wir für die Modernisierung der Unis im Sinne der Neuaufstellung, der Vollrechtsfähigkeit eintraten. Man muss also Positives voranstellen.

In Dänemark etwa verweist man auf die Qualität der Unis und verknüpft das mit dem Stolz auf diese Institutionen. In Österreich sollten wir zuerst sagen, dass wir stolz auf unsere Unis sein wollen, und erst dann überlegen, wie wir das verwirklichen können.

Wie stehen Sie zu Studiengebühren und Zugangsregelungen?

Winckler: Die Studienbeitragsfrage ist eine politische Frage. Ob die Finanzierung der Studienplätze über den Bund oder über die Studierenden kommt, ist letztlich nicht so wichtig. Wichtig ist nur, dass die Mittel zur Finanzierung der Studienplätze vorhanden sind. Die Gefahr besteht, dass unsere Unis

Foto: Universität Wien

INTERVIEW: ALEXANDRA MARKL

24.11.2014 16:28:35 Uhr

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sich zu Masseneinrichtungen entwickeln und, wenn ich so sagen darf, Volkshochschulcharakter annehmen könnten.

Was Zugangsregelungen betrifft: Entscheidend ist, die Kapazitäten mit den vorhandenen Mitteln abzustimmen. Verschärft wurde die Kapazitätsfrage durch den hohen Anteil der ausländischen Studierenden.

Wir haben zwar durch die Hintertür Zulassungsregelungen eingeführt, allerdings ist das ein Fleckerlteppich: die STEOP, oder Regelungen in der Medizin oder auf den Kunstuniversitäten. Wir bräuchten einheitliche Positionen.

Winckler: „Die Systemverantwortlichkeit der Universitäten ist im UG zu kurz gekommen.“

Sind Studierende aus dem Ausland eine Belastung?

Winckler: Es ist im Grunde gut, einen hohen Ausländeranteil zu haben; Internationalisierung ist ein Ziel vieler Unis in der Welt. Nicht zuletzt dank des offenen Zugangs und der Tatsache, dass de facto keine Studienbeiträge eingehoben werden, sind wir ein attraktives Land geworden.

Das wäre an sich zu erhalten. Aber der Punkt ist: Die Finanzierung folgt nicht. Die Universitäten werden mit diesem Problem allein gelassen.

Wäre es besser, den Unis mehr Autonomie einzuräumen, auch damit sie die Kapazitäten besser kontrollieren können?

Winckler: Das ist zunehmend in Deutschland der Fall. Die Münchner oder die Humboldt Universität können im Wesentlichen bestimmen, wer dort studiert, allerdings ergänzt durch eine sehr genaue Kontrolle, wie die Kapazitäten berechnet werden.

Sollten die Universitäten breit oder elitär aufgestellt sein?

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Winckler: Wir brauchen beides. Eine breite Basis des Hochschulsektors, aber auch Bereiche, wo wir Spitze sind. Quantenforschung ist in aller Munde, und die Geisteswissenschaften stehen international durchaus gut da. In der Mathematik gehört die Uni Wien zu den dreißig besten der Welt, und in der Molekularbiologie gibt es gute Einrichtungen. Aber diese Bereiche haben zu wenig Strahlkraft in der Öffentlichkeit. Weil wir stolz auf die Quantenphysik sind, finanzieren wir sie auch.

Die Unis müssten also mit einer interessanten Perspektive kommen. Problematisch ist aber die mangelnde Unterstützung der Politik. Man hat manchmal den Eindruck, die Politik wäre mit der Mittelmäßigkeit der Unis zufrieden, weil sie wenig Geld kostet.

Wie ist die Zukunftsperspektive der Unis?

Winckler: Wir werden die Schweizer Spitzenstellung schwerlich erreichen, aber zumindest so gut zu sein wie die Spitzenunis in Deutschland, sollten wir schaffen. Auch was die Berufungspolitik betrifft: Wenn wir gute Professoren wollen, müssen wir mit den deutschen Unis mithalten. Der Zugang der Politik der ,Es-genügt-uns-Mittelmäßigkeit‘ ist aus meiner Sicht gefährlich.

Ein Resümee zu zehn Jahren UG: Ist die Autonomie eine Befreiung oder eine Verpflichtung?

Winckler: Autonomie geht mit hoher Verantwortlichkeit einher. Entscheidend ist, wie das österreichische Uni-System insgesamt aufgestellt ist. Die Verantwortlichkeit könnte verstärkt werden. In manchen Bereichen funktioniert das: Die Unis liefern Jahresberichte und genaue Aufstellungen der Vermögensund Budgetverhältnisse. Aber die Systemverantwortlichkeit ist zu kurz gekommen.

Fotos: Universität Wien, Land OÖ/ Robert Gortana

WISSENSCHAFTFÖRDERUNG OBERÖSTERREICH

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„Das Land Oberösterreich ist langjähriger Unterstützer der Österreichischen Forschungsgemeinschaft und leistet so einen wichtigen Beitrag, um Nachwuchswissenschafterinnen und -wissenschafter als „Early stage researchers“ erfolgreich im In- und Ausland zu positionieren. In den letzten beiden Jahren konnten durch diese Subventionen über 100 junge Wissenschafterinnen und Wissenschafter aus und in Oberösterreich bei Forschungsaufenthalten, Kongressen und Publikationen unterstützt werden.“ Mag.a Doris Hummer Landesrätin für Forschung, Bildung, Jugend und Frauen

24.11.2014 16:28:37 Uhr

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Was ist Staat und was privat?

Die A R G E S TA AT L I C H E A U F G A B E N P R I V AT E A K T E U R E analysiert das Verhältnis des modernen Staats zu privater Initiative DIETER HÖNIG

ieviel Pseudo-Staatlichkeit verträgt ein W Staat eigentlich neben sich? „Staat und Staatlichkeit sind heute keine festen Größen

Franz Merli: „Wir kehren zu konkurrierenden Ordnungen und Herrschaftsbeziehungen zurück.“

D I E G R E N Z E N Z W I S C H E N S TA AT U N D P R I V AT SOLLEN NEU DEFINIERT WERDEN Waffenhändler registrieren Waffenkäufer für den Staat, V-Leute berichten der Polizei aus der kriminellen Szene. Private Vereinigungen erlassen Regeln, nach denen staatliche Behörden Prüfstellen zulassen und nach denen diese Prüfstellen dann beurteilen, ob Produkte staatlichen Sicherheitsanforderungen entsprechen. Sportvereine und ihre Verbände übernehmen Dopingbekämpfung und Sanktionierung für den Staat. Private Sachverständige und Unternehmer klären Fachfragen in staatlichen Verfahren.

Aus der Sicht der Rechtswissenschaften stellt sich für Franz Merli vor allem die Frage, welchen Regeln diese „Staatlichkeit“ jenseits des Staates unterliegt: Ist sie von den zur Bändigung traditioneller Staatsgewalt teuer erkämpften Regeln befreit, etwa der Bindung an die Grundrechte? Lassen sich umgekehrt für den klassischen Staat entwickelte Vorgaben ohne Weiteres auf die neuen Akteure übertragen, zum Beispiel Weisungsbindung und Staatshaftung? Wenn beides nicht richtig ist und wohl auch nicht richtig sein kann, welche Möglichkeiten zu einer angemessenen Regulierung gibt es aber dann?

Die Arbeitsgruppe von Merli will Antworten auf diese Fragen in drei Schritten finden: Zum einen geht es um ein besseres Verständnis für die Rolle der Privaten in der Verwaltung und um eine phänomenologische

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Publikation Die ARGE hat im Mai eine Tagung zum „ersten Schritt“ veranstaltet. Der Tagungsband wird voraussichtlich Ende des Jahres erscheinen. Hier eine Passage aus dem Vorwort:

ARGE „Staatliche Aufgaben, private Akteure“ – die Mitglieder: Claudia Fuchs Franz Merli Magdalena Pöschl Richard Sturn Ewald Wiederin Andreas W. Wimmer

„Miloš Vec zeigt, dass sich staatliche Herrschaft schon immer privater Mitwirkung bediente, oft auf sie angewiesen war, dass die Rechtswissenschaft in der Konzentration auf den Staat manchmal das halbe Bild übersieht, und dass die Dichotomie zwischen Staat und Privat gerade angesichts neuerer Entwicklungen Defizite aufweist und überdacht werden sollte.

Michael Hüther klärt in einer effizienztheoretischen Analyse über die ökonomischen Motive auf, die für und gegen die Einbeziehung Privater in die staatliche Aufgabenerfüllung sprechen.

Gebhard Kirchgässner weist darauf hin, dass bestimmte Kooperationsformen zum Verlust von demokratischer Transparenz und Verantwortung führen.

Walter-Reese-Schäfer analysiert, welche Vor- und Nachteile Privatisierung und private Beteiligung den politischen Akteuren unter Gesichtspunkten der Machtausübung, ihrer medialen Darstellung und ihrer Verantwortung gegenüber dem Wahlvolk bringen.“

Foto: Privat

mehr. Und so wie es aussieht, kehren wir zu konkurrierenden Ordnungen und Herrschaftsbeziehungen zurück.

Dazu gehört auch, dass der Staat viele seiner Aufgaben nicht allein und mit eigenem Personal erfüllt, sondern dazu private Personen und Unternehmen heranzieht“, erklärt Franz Merli ein heute immer mehr um sich greifendes Phänomen von Pseudo-Staatlichkeit: Private kontrollieren auf Flughäfen Passagiere und Gepäck, Banken überwachen den Geldverkehr ihrer Kunden und melden den Verdacht auf Geldwäsche den Behörden.

Annäherung an die vielfältigen Funktionen, die sie dabei erfüllen. Also um eine interdisziplinäre Bestandsaufnahme sowie die juristische Problemsammlung.

Teil zwei bildet eine Analyse der in der Rechtswissenschaft verwendeten dogmatischen Figuren, in denen sich das juristische Wissen speichert, von „Konzession“ über „Beliehener“ bis zu „Verwaltungshelfer“.

Im dritten und letzten Schritt sollen dann auf Grundlage der jeweils anzuwendenden Regeln die Grenzen zwischen „staatlich“ und „privat“ neu definiert werden.

Die Ergebnisse dieses Vorhabens sind nicht nur für die Weiterentwicklung der Rechtswissenschaften wichtig. Sie zeigen uns zugleich die Macht und Legitimation der privaten Mitverwalter und erlauben uns einen schärferen Blick auf die Defizite ihrer demokratischen Gestaltbarkeit sowie die Möglichkeiten ihrer rechtsstaatlichen Bändigung.

24.11.2014 16:29:23 Uhr

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„Sie haben mit dem Feuer gespielt“ Die 2012 neu eingesetzte A R G E F I N A N Z K R I S E N soll die letzten Finanzkrisen beurteilen und zu stabilitätsbildenden Vorschlägen kommen INTERVIEW: DIETER HÖNIG

ie Finanzkrisen des frühen 21. JahrhunD derts verdeutlichen die zunehmend enge Verzahnung von Politik und Finanzwesen.

Aufgabe der 2012 neu eingerichteten Arbeitsgemeinschaft „Finanzkrisen“ ist die Aufarbeitung der Lehren aus diesen jüngsten Krisen mit dem Ziel, Perspektiven für eine neue, stabilitätsorientierte Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu entwickeln.

Herr Gehrig, welche Lehren haben Sie aus der Finanzkrise 2008 gezogen?

Thomas Gehrig: Die Finanzkrise von 2008 kam nicht wirklich überraschend. Überraschend war eher der konkrete Zeitpunkt, der

Thomas Gehrig: „Weder Politik noch Finanzwesen übernehmen die Schuld an der Krise 2008.“

Foto: Universität Wien

EIN OPTIMALES AUFSICHTSMODELL FÜR EIN FÖDERALES SYSTEM ENTWICKELN Umfang der über den Schattenbankenbereich organisierten Fristentransformation und letztlich die Insolvenz von Lehman Brothers. Die Grundlagen der ,prudential regulation‘ wurden jedoch schon immer gelehrt, sowohl auf theoretischer Ebene als auch für die institutionelle Umsetzung in die nationalen Regelsysteme.

Die Krise von 2008 hat sich aber trotz hoch entwickelter Regulierungs- und Aufsichtssysteme direkt vor den Augen einer zögerlichen oder sich nicht zuständig fühlenden Aufsicht und Politik abgespielt. Es wurden in großem Umfang langfristige Verbindlichkeiten mit kurzfristigen Mitteln über den Geldmarkt finanziert.

Dadurch hatte sich ein klassisches ,BankRun-Phänomen‘ aufgebaut. Man muss aber auch den Bankenmanagern vorwerfen, dass sie ganz bewusst mit dem Feuer gespielt und dem Bankensektor mutwillig Haftungskapital und somit Krisenstabilität entzogen haben.

Diese Liquiditätsproblematik in unvollständigen Finanzmärkten war immer Thema meiner einführenden Vorlesung in die Finanzwirtschaft für Masterstudierende. Das lässt sich heute nur besser kommunizieren. Zuvor dachten viele wohl, das seien eher theoretische Themen aus dem Elfenbeinturm.

EZB-Chef Draghis Maßnahmen, etwa die der Geldflutung, sind sehr unkonventionell.

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Panel: Europäische Bankenstresstests Das Panel lud Wissenschafter, Praktiker und Behördenvertreter zu einem kritischen Austausch ein.

ARGE „Finanzkrisen“ – die Mitglieder: Matthias Bank Engelbert Dockner Thomas Gehrig Erich Kirchler Sylvia Kritzinger Monika Merz Dennis Müller Reinhard Neck Martin Summer Jean-Robert Tyran Alfred Wagenhofer Josef Zechner

Gehrig: Mario Draghi moderiert die weiter schwelende Krise, er löst sie aber nicht. Während die USA seit dem Jahr 2008 ihr Bankensystem saniert hat, wird in Europa immer noch an einem Austrittsmechanismus für gescheiterte Geschäftsmodelle im Bankensektor gearbeitet. Hier hat die Europäische Zentralbank nun entgegen ihrem Mandat eine weitere Verantwortung an sich gezogen: Seit 4. November 2014 hat sie die Bankenaufsicht im Euroraum übernommen.

Diesen Schritt hätte Europa – idealerweise nicht die Europäische Zentralbank – schon viel früher bei Einführung des Euros tätigen müssen. Dann hätte es die Europäische Zentralbank auch leichter gehabt, einen Ausstieg aus der Strategie des ,billigen Geldes‘ zu finden.

Krisen kommen nicht von ungefähr. Wen trifft mehr Schuld: Politik oder Finanzwesen?

Gehrig: Ich möchte mich an diesem Schwarzer-Peter-Spiel nicht beteiligen. Ich sehe gegenwärtig, abgesehen von sehr wenigen Ausnahmen, weder bei der Politik noch im Finanzwesen die Bereitschaft, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Schuld seien immer die anderen, heißt es.

Beeindruckt bin ich daher vom Turnaround der Schweizer UBS. Ich wünschte mir, dass weitere systemrelevante Banken diesem Beispiel folgten sowie das Eingeständnis eigenen Scheiterns auch bei einigen nationalen Aufsichtsbehörden.

Welches ist Ihr aktuelles Forschungsprojekt in diese Richtung?

Gehrig: Ich beschäftige mich zurzeit unter anderem mit der Frage nach einem optimalen Aufsichtsmodell in einem föderalen System, das sich regionaler Vielfalt und Subsidiarität verschrieben hat, also dem White Paper von 1987 mit dem Titel ,Completing the Internal Market‘.

Hier habe ich einen Gegenentwurf zum zentralistischen Planungsapparat entwickelt, der ab 4. November die Überwachung der europäischen Banken übernehmen wird.

Ich bin allerdings überrascht, wie die Politik die Krise als Gelegenheit zur Anhäufung politischer Macht genutzt hat und hier nahezu sämtliche politischen Ideale der Gründungsphase über Bord geworfen hat.

24.11.2014 16:29:24 Uhr

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Internet of Things Die A R G E H O C H F R E Q U E N Z T E C H N I K wurde vor zwei Jahren gegründet, um für eine bessere Vernetzung im Forschungsbereich zu sorgen WOLFGANG BÖSCH

ochfrequenztechnik findet in unterH schiedlichsten Bereichen unserer Gesellschaft statt. Meist sind dem Endanwender

Wolfgang Bösch: „Ein jährlicher Workshop mit der Präsentation aktueller Forschungsarbeiten ist ein wichtiger Aspekt der Zusammenarbeit.“

EIN NEUER WENDEPUNKT KÜNDIGT SICH AN: INTERNET OF THINGS und gleichzeitig durch innovative Technologien vorangetrieben wurden. Wie etwa bei Rundfunk und TV, der Satellitenübertragung, dem Global Positioning System (GPS), dem Mobilfunk, der RFID-Systeme (elektronischer Barcode), oder beim Abstandswarnradar in der Kfz-Industrie. Ein neuer Wendepunkt kündigt sich bereits an: ‚Internet of Things’, die Datenverbindung zwischen einzelnen alltäglichen Objekten bzw. Geräten.

Die Arbeitsgemeinschaft Hochfrequenztechnik wurde vor zwei Jahren gegründet und umfasst neben den drei traditionellen Hochfrequenztechnik-Instituten auch interdisziplinär weitere Institute, die sich mit digitaler Signalverarbeitung auseinandersetzen.

Insgesamt sind sechs Institute tätig.

Deren primäres Ziel ist die Förderung von fächerübergreifenden Forschungsaktivitäten und die engere Vernetzung der Institute untereinander als auch mit der Industrie. So sollen im Bereich der Forschung, des Wissenstransfers, der Lehre und in der interdisziplinären Vernetzung Akzente gesetzt und fokussierte Projekte gestartet werden.

Ein jährlicher Workshop mit der Präsentation aktueller Forschungsarbeiten im Bereich Hochfrequenztechnik ist ein wichtiger Aspekt dieser Zusammenarbeit. Durch die Zusammenführung von komplementären und interdisziplinären Zukunftsthemen soll

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Publikationen

ARGE „Hochfrequenztechnik“ – die Mitglieder: Holger Arthaber Wolfgang Bösch Gernot Kubin Robert Langwieser Gottfried Magerl Christoph Mecklenbräuker Andreas Springer Andreas Stelzer Klaus Witrisal

P. Suryasarman, P. Liu, A. Springer, „Optimizing the Identification of Digital Predistorters for Improved Power Amplifier Linearization Performance“, IEEE Trans. Circuits Syst.

II Exp. Briefs, Vol. 61, No. 9, Sept. 2014, pp. 671 - 675 DOI: 10.1109/TCSII.2014.2331095 R. Feger, C. Wagner, S. Schuster, S. Scheiblhofer, H. Jäger, and A. Stelzer: „A 77-GHz FMCW MIMO Radar Based on an SiGe Single Chip Transceiver“, IEEE Trans. Microwave Theory Tech., IEEE-MTT, vol. 57, no. 5, May 2009, pp. 1020–1035, ISSN 0018-9480.

H. Ruotsalainen, H. Arthaber, T. I. Laakso, G. Magerl: „Quantization Noise Reduction Techniques for Digital Pulsed RF Signal Generation Based on Quadrature Noise Shaped Encoding“, IEEE Transactions On Circuits and Systems I: Regular Papers, Vol.61, No.9, p.2525-2536, Sep. 2014 K. Witrisal, G. Leus, G. J. M. Janssen, M. Pausini, F. Troesch, T. Zasowski and J. Romme, „Noncoherent Ultra-Wideband Systems,“ IEEE Signal Processing Mag., vol. 26, no. 4, pp. 48-66, July 2009 P. K. Gentner, R. Langwieser, A. L. Scholtz, G. Hofer, C. F. Mecklenbräuker, A UHF/UWB hybrid silicon RFID tag with on-chip antennas, EURASIP Journal on Embedded Systems 2013, 2013:12, doi:10.1186/1687-3963-2013-12

Foto: Christian Jungwirth

die rasanten technologischen Entwicklungen sowie deren zugrundeliegenden Forschungsaktivitäten gar nicht bewusst. Einzig die Zunahme an Serviceleistungen oder bessere Funktionalität werden wahrgenommen.

Bauteile der Hochfrequenztechnik finden sich vor allem in Produkten, die eine drahtlose Übertragung von Daten oder eine Überwachung des Umfelds (z. B. Radarsensoren) benötigen. Historisch gesehen hat es bei Produkten mit drahtloser Datenübertragung immer wieder Wendepunkte gegeben, die durch neue Massenmärkte entstanden sind

eine bessere Fokussierung der Kompetenzen in Österreich, eine effizientere Forschung sowie die stärkere internationale Wahrnehmung erreicht werden.

In der Lehre ist neben der Erhebung angebotener Lehrveranstaltungen auch der Austausch von Lehrmaterialien geplant. Weiters sollen gemeinsame Gastvorlesungen und Tutorien veranstaltet werden.

So ist geplant, den Weiterbildungsbedarf der nationalen Industrie im Bereich Hochfrequenztechnik zu erheben und gemeinsam mit der Industrie geeignete Kursprogramme zu entwickeln.

Durch die Unterstützung der ÖFG wird so der regelmäßige Austausch von Forschungsaktivitäten, die verbesserte internationale Positionierung Österreichs im Bereich Hochfrequenztechnik sowie die Erstellung eines Übersichtkatalogs „Who is who“ in der Hochfrequenztechnik ermöglicht.

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Suche nach dem großen Ganzen In der A R G E W I S S E N S C H A F T U N D K U N S T versucht man, die beiden Bereiche zusammenzuführen, um zu einem „ganzen Bild“ zu kommen DIETER HÖNIG

ngehörige unterschiedlicher DiszipliA nen kommunizieren hier miteinander.

Es gehe darum, „den Gemeinsamkeiten in

Wissenschaft und Kunst auf den Grund zu gehen“, erklärt Otto Neumaier den Sinn und Zweck der seit 2008 bestehenden ARGE. Deren Tätigkeit fällt in eine Zeit, in der künstlerische Methoden der „Wissensproduktion“ wieder an Bedeutung gewinnen.

Seit Beginn der Neuzeit war das Streben nach Erkenntnis den Wissenschaften vorbehalten, die Künste hatten das Schöne darzustellen.

Dies stehe aber, laut Neumaier, im krassen Gegensatz zu Aristoteles, der die Ansicht vertrat, dass die Poiesis, also das künstlerische Schaffen, und die Praxis, das kluge

Otto Neumaier: „Es gelang uns in internen Diskussionen und bei Symposien, einige wesentliche Aspekte des Verhältnisses Wissenschaft und Kunst zu klären.“

Foto: Privat

WISSENSCHAFT UND KUNST SIND UNTERSCHIEDLICHE WEGE ZUM SELBEN ZIEL Handeln, für das Erkennen bzw. Verstehen der Welt gleichbedeutend wie die Theoria, die „betrachtende Wissenschaft“ ist. Aristoteles hielt diese lediglich in Hinblick auf ein bestimmtes Ziel, nämlich den Gewinn möglichst allgemeiner Erklärungen, für den fruchtbarsten Zugang.

Auch wenn die Wissenschaften bei der Erklärung und „Beherrschung“ der Natur Fortschritte gemacht hätten, führe, laut Neumaier, deren zunehmende Macht und ihr Alleinanspruch auf Erkenntnis zu berechtigter Kritik. So bemerkte bereits Nietzsche, dass unsere gesamte Erziehung das Ideal eines wissenschaftlichen Weltbilds im Auge habe: „Jede andere Existenz hat sich mühsam nebenbei empor zu ringen, als erlaubte, nicht beabsichtigte Existenz.“ Und Wittgenstein sah in der Vorherrschaft der wissenschaftlichen Methode zumindest eine Verarmung: „Denn die eine Methode drängt alle andern beiseite. Mit dieser verglichen, scheinen sie alle ärmlich zu sein. Dies sei jedoch nur Schein: Um dies zu erkennen, müssen wir zu den Quellen niedersteigen, um sie alle nebeneinander zu sehen, die vernachlässigten sowie die bevorzugten.“ „In Anlehnung an Nietzsche und Wittgenstein und entgegen einer in den Wissenschaften bis heute gültigen Ansicht können wir annehmen, dass die Künste ebenso dem

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Streben nach Erkenntnis dienen wie die Wissenschaften. Umgekehrt spielen in den Wissenschaften auch ästhetische Gesichtspunkte wie das Streben nach Eleganz, Proportion, Symmetrie eine Rolle“, sagt Neumaier. Wissenschaften und Künste sind unterschiedliche Wege zum gleichen Ziel. „Wege, auf denen wir jeweils andere Erfahrungen machen und zu unterschiedlichen Einsichten gelangen, die jedoch einander ergänzen und so ein größeres Ganzes ergeben.“ In diesem Sinn ist die Tätigkeit der ARGE auf die vielfältigen Verbindungen zwischen Wissenschaften und Künsten ausgerichtet.

Dem historischen Kontext entsprechend, benötigten die Mitglieder der ARGE aufgrund ihres unterschiedlichen Hintergrunds Zeit, um sich über Vorstellungen und Begriffe zu verständigen. „Es gelang uns jedoch in internen Diskussionen und bei Symposien, einige wesentliche Aspekte des Verhältnisses Wissenschaft und Kunst zu klären sowie Phänomene wie Beschleunigung, Staub oder Ironie aus wissenschaftlicher und künstlerischer Perspektive zu erhellen“, so Neumaier.

Publikationen

ARGE „Wissenschaft und Kunst“ – die Mitglieder: Christian Allesch Reinhold Bertlmann Vitali Bodnar Bernhard Braun Daniela Camhy Daniel Gethmann Wolfgang Gratzer Stefan Kutzenberger Boris Manner Claudia Mongini Otto Neumaier Oswald Panagl Meinrad Peterlik Hannes Raffaseder Anselm Wagner

„Schnittstellen. Wissenschaft und Kunst im Dialog.“ Eine Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft „Wissenschaft und Kunst“, hg. von Otto Neumaier. Bisher erschienen: Otto Neumaier (Hg.): Was aus Fehlern zu lernen ist in Alltag, Wissenschaft und Kunst, Wien–Münster: LIT, 2010 Daniel Gethmann/Anselm Wagner (Hg.): Staub. Eine interdisziplinäre Perspektive, Wien–Münster: LIT, 2013 Wolfgang Gratzer/Otto Neumaier (Hg.): Der Gordische Knoten. Lösungsszenarien in Wissenschaft und Kunst, Wien–Münster: LIT, 2014 Otto Neumaier (Hg.): Resonanzen. Beiträge zu einer Tagung, Wien: ÖFG, 2011 (http:// phaidra.univie.ac.at/o:105350) In Vorbereitung für 2015: Bernhard Braun/Otto Neumaier (Hg.): Eile mit Weile. Aspekte der Be- und Entschleunigung in Wissenschaft und Kunst Boris Manner/Oswald Panagl (Hg.): Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung Otto Neumaier (Hg.): Grenzgänge zwischen Wissenschaft und Kunst

24.11.2014 16:30:13 Uhr

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Wider den kollektiven Irrtum Die A R G E Z U K U N F T D E R D E M O K R AT I E befasst sich mit den Herausforderungen der Gegenwart für die politischen Entwicklungen in Österreich

ie Wissenschaft ist ein einzigartiger, D wenn auch nicht der einzige Lieferant von Wahrheiten in Form intersubjektiv und

methodisch überprüfbarer Erkenntnisse“, erklärt Reinhard Heinisch. Der Politikwissenschafter und Soziologe hält es für unerlässlich, in einer pluralistischen, demokratisch verfassten Gesellschaft Entscheidungen auf der Basis von Wahrheit zu treffen, da sonst der kollektive Irrtum drohe.

Die Arbeitsgemeinschaft „Zukunft der Demokratie in Österreich“ widmet sich der Untersuchung der österreichischen Demokratie und ihren Herausforderungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts. „Das Projekt ist im Kontext wachsender Sorgen bezüglich der Anpassungsfähigkeit der österreichischen

Reinhard Heinisch: „Das Projekt ist im Kontext wachsender Sorgen bezüglich der Anpassungsfähigkeit der österreichischen Demokratie zu sehen.“

3. Das Ende der Konkordanzdemokratie: Die wirtschaftlichen und sozialen Voraussetzungen der österreichischen Demokratie.

4. Internationalisierung und Immigrationsgesellschaft wider Willen.

Im Zusammenhang mit der aktuellen Forschung fand im November dieses Jahres eine gemeinsame, zweitägige Forschungskonferenz zum Thema „Medienwandel – Wandel der Demokratie? Das demokratische Potenzial der Social Media“ mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften statt.

Hier wurden erstmals umfangreich die Ergebnisse eines ÖFG-finanzierten Projekts über den Einfluss Sozialer Medien auf die Demokratie in Deutschland und Österreich beleuchtet. Anlässlich der Veranstaltung gab es auch ein internationales Diskussionsforum mit Journalisten.

E S H AT S I C H E I N T E C H N O K R AT I S C H E S S Y S T E M D E R P O L I T I K E N T W I C K E LT

Publikationen

Demokratie zu sehen, sowohl hinsichtlich der dynamischen Veränderungen in der Gesellschaft als auch im internationalen Umfeld“, sagt Heinisch.

Symptom dafür sei die Wahrnehmung, dass sich das politische System zu einem technokratischen Regime entwickelt hat, das zu wenig auf Wähleranliegen reagiert.

Gewählte Amtsträger wenden sich immer mehr dem Populismus zu, statt politische Führungsqualität zu zeigen, politische Eliten haben den Kontakt mit den Normalbürgern verloren, und Politiker scheitern allzu oft daran, politische Visionen zu formulieren.

Die spezifische Stärke der Arbeitsgemeinschaft ist ihr grundlegend interdisziplinärer Charakter und damit die Möglichkeit, aus verschiedensten Expertisen zu schöpfen. In diesem Zusammenhang wurden Konferenzen für Nachwuchswissenschafter organisiert.

Die Agenda der Arbeitsgemeinschaft umfasst vier Analysedimensionen. Sie werden bei international ausgeschriebenen Forschungskonferenzen bearbeitet, von denen bisher vier stattgefunden haben: 1. Repräsentative Demokratie: Eine Bewertung ihrer Regeln und Institutionen.

2. Die Rolle der Zivilgesellschaft: Einstellungen, Funktionen und Institutionen.

In seinen Publikationen beschäftigt sich Reinhard Heinisch unter anderem mit der vergleichenden Populismusforschung und dem Euroskeptizismus.

Dabei wird empirisch untersucht, unter welchen Bedingungen die Erfolge populistischer und euroskeptischer Parteien besonders günstig sind, bzw. welche die Ursachen für dieses Phänomen sind.

Die besondere Herausforderung hier ist, dass es diesbezüglich zwar weit verbreitete und auch in den Medien geäußerte Vermutungen gibt, diese jedoch die unterschiedlichen Wahlergebnisse in Europa nicht befriedigend erklären.

Reinhard Heinisch und Bernd Schlipphak. „Wenn Europa zum Problem wird – Die Effekte der Finanzkrise auf Euroskeptizismus und nationales Wahlverhalten in Mittel- und Osteuropa.“ Zeitschrift für Vergleichende Politikwissenschaft ( forthcoming). „Returning to Europe: Between Europhilia and Euroscepticism in East European Party Politics.“ In: The Routledge History of East Central Europe since 1700. Arpad Stephan Klimo, Irina Livezeanu (eds.) ( forthcoming).

Reinhard Heinisch: „Populism, Proporz and Pariah – Austria Turns Right: Austrian Political Change, Its Causes and Repercussions“, Huntington NY: Nova Science Publishing, 2002.

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ARGE „Zukunft der Demokratie“ – die Mitglieder: Birgit Bahtic-Kunrath Martin Dolezal Tamara Ehs Franz Fallend Marcel Fink Reinhard Heinisch Ludger Helms Christoph Konrath Sylvia Kritzinger Gabriele Melischek Dennis C. Mueller Theodor Öhlinger Roman Pfefferle Klaus Poier Erich Pürgy Kathrin StainerHämmerle David Wineroither Roland Winkler Hannes Winner

Foto: Pirvat

DIETER HÖNIG

24.11.2014 16:31:35 Uhr

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Über Grenzen hinwegdenken In der A R G E K U LT U R E L L E D Y N A M I K E N stehen gesellschaftliche Prozesse im Mittelpunkt der Forschung, die unser Kulturverständnis bestimmen INTERVIEW: DIETER HÖNIG

ie ARGE widmet sich der Erforschung D von Prozessen der Formation und Transformation, welche die gegenwärtige Kultur

und unser Kulturverständnis prägen. Unter „kulturellen Dynamiken“ werden komplexe, ineinandergreifende, nicht lineare Mechanismen der kulturellen Produktion, Rezeption und Wahrnehmung verstanden, die historisch nicht abgeschlossen sind.

Um gemeinsame Problemfelder wahrnehmen zu können, ist eine transdisziplinäre Herangehensweise Voraussetzung. Gegenstand der Forschung sind kulturelle Praktiken und Einrichtungen, Denkordnungen, ästhetische Artefakte und Formen des Kunstbetriebs.

Auch Bereiche der Alltagskultur und des Bildungswesens gehören dazu.

Sabine CoelschFoisner: „Wer liest, ist fähig, das Leben anderer Menschen zu denken.“

ES GEHT DARUM, DEN WERT DER VERSCHIEDENEN WAHRHEITEN ZU ERKENNEN

Foto: Luigi Caputo

Ihr aktuelles Forschungsprojekt nennt sich Theatralisierung?

Sabine Coelsch-Foisner: Innerhalb der Kulturwissenschaften bestehen Vernetzungen, um die Forschung über „Theatralisierung“ anzusprechen, weil etwa Literatur- und Theaterwissenschaft historisch arbeiten, weil Dramen eine Bühne erfordern und sich Theater öffentlich, in einem sozialen Umfeld ereignet und damit eine politische Rolle hat.

Auch weil Sprache auch Klang ist und Dramen in Musik und Bildern transportiert werden, Theater mit dem menschlichen Körper realisiert wird und Bezug auf den Menschen nimmt. Und weil Menschen auf der Bühne Konflikte, Emotionen und Lebenssituationen vorstellen, die nicht ihre eigenen sind.

Wir können in den Kulturwissenschaften gar nicht anders, als zusammenarbeiten und müssen Sachverhalte gemeinsam denken.

Haben Sie weitere Beispiele dieser Gemeinsamkeit?

Coelsch-Foisner: Die Dinge sind so komplex, dass sich die Kulturwissenschaften mit den Lebens-, Kognitions- und Biowissenschaften, Medizin, Technik und den Rechts- und Wirtschaftswissenschaften austauschen müssen, sonst erkennen wir die Problemfelder gar nicht mehr. Wenn die Kognitionsfor-

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ARGE „Kulturelle Dynamiken“ – die Mitglieder: Sabine CoelschFoisner Mariacarla Gadebusch-Bondio Franz Gmainer-Pranzl Karin Harrasser Timo Heimerdinger Christopher Herzog Roland Innerhofer Jürgen Mittelstraß Ingrid PfandlBuchegger Roman Sandgruber

schung, wie kürzlich beim Wissenschaftstag zum Thema Wahrheit auf die Bedeutung des sozialen Umfelds für die Entwicklung des Gehirns verweist, dann wird diese Fähigkeit, sich in ein Gegenüber oder in eine andere Welt als die eigene hineinzudenken, durch nichts mehr trainiert als durch Literatur, Film und Theater.

Wer liest, ist fähig, das Leben anderer Menschen zu denken. Aus der unmittelbaren eigenen Welt herauszutreten und andere Lebensentwürfe und Gedanken zu erfahren: Darin liegen Grundwerte des gesellschaftlichen Miteinanders, die Fähigkeit über Grenzen, über die eigene Kultur und Geschichte hinwegzudenken. Das brauchen wir mehr denn je. Und das geht wiederum in die Bildungswissenschaften hinein.

Stichwort Bildung, aus der man die Literatur streichen will …

Coelsch-Foisner: Wenn wir wissen, wie wichtig es für die Entwicklung des Menschen ist, ein Gegenüber mitzudenken, können wir nicht gleichzeitig die Literatur aus den Curricula streichen oder Bildungsdiskussionen um den Stellenwert von Literatur im Unterricht führen. Ähnliches ließe sich für andere Fächer sagen.

Wie kann man sich Wahrheit in den Kulturwissenschaften vorstellen?

Coelsch-Foisner: Vielleicht geht es weniger um die Wahrheit im Sinne von Verifizierbarkeit und Falsifizierbarkeit als darum, den Wert jeweiliger Wahrheiten zu erkennen und ihren Stellenwert für den Einzelnen und die Gesellschaft auszuloten.

Publikationen Der erste Tagungsband der ARGE Kulturelle Dynamiken mit dem Titel „Memorialisation“ erscheint im Jänner 2015 in der Reihe Wissenschaft und Kunst: „Kulturelle Dynamiken“ (Hg. Sabine Coelsch-Foisner, Heidelberg: Winter) mit Beiträgen zur gesellschaftlichen und ökonomischen Bedeutung von Museen, kulturellen Infrastrukturen des Gedächtnisses und Gedenkprojekten, zu Trauma- und Biografieforschung sowie rezenten Ergebnissen der forensischen Anthropologie, anamnetischen Theologie und Neurowissenschaften.

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Empirische Bildungsforschung Die A R G E B I L D U N G U N D A U S B I L D U N G will durch ihre Arbeit die Diskussionen um das Bildungsthema in Österreich versachlichen CHRISTIANE SPIEL

as ist Bildung? Was soll gelehrt und geW lernt werden? Die wissenschaftliche und politische Relevanz dieser Fragen lässt

Christiane Spiel: „Es werden Themenfelder im Bildungsbereich identifiziert, die von wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Relevanz sind“

ES WERDEN HANDLUNGSANWEISUNGEN FÜR DIE BILDUNGSPRAXIS ERARBEITET teile verschiedener Handlungsmöglichkeiten evidenzbasiert ausgelotet und – soweit möglich – Vorschläge für konstruktive Maßnahmen erarbeitet werden. Um das zu realisieren, geht die Arbeitsgemeinschaft folgendermaßen vor: Es werden Themenfelder im Bildungsbereich identifiziert, die gleichermaßen von wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Relevanz sind. Im Rahmen von Workshops mit renommierten Wissenschafterinnen und Wissenschaftern aus der einschlägigen Bildungs- und Forschungslandschaft Österreichs werden die Vor- und Nachteile verschiedener Handlungsmöglichkeiten evidenzbasiert ausgelotet.

Aufbauend auf den Ergebnissen der Workshops werden Positionspapiere mit Handlungsempfehlungen für Bildungspolitik und Bildungspraxis erarbeitet und an relevante Stakeholder und Medien verschickt.

Folgende Workshops wurden bisher durchgeführt und entsprechende Positionspapiere erstellt: Standards im Bildungswesen (2009); Autonomie und Verantwortung: Governance in Schule und Hochschule (2010); Professionalisierung der/durch Lehrer/innenbildung (2011); Umgang mit Vielfalt im Bildungswesen (2012); Individuelle und institutionelle Übergänge im Bildungssystem – Lost in Transition? (2013); Bildung im Alter – Luxus oder Notwendigkeit? (2014).

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Publikationen

ARGE „Bildung und Ausbildung“ – die Mitglieder: Johann Bacher Ulrike Greiner Tina Hascher Walter Hödl Paul Kellermann Konrad Krainer Lorenz Lassnigg Anja Lembens Barbara Schober Heidi Schrodt Christiane Spiel

In den Jahren 2009 bis 2014 gab es Workshops mit daraus hervorgehenden Onlinepublikationen bzw. wissenschaftspolitischen Stellungnahmen: Bildung im Alter: Luxus oder Notwendigkeit? (2014). Individuelle und institutionelle Übergänge im Bildungssystem – Lost in Transition? (2013). Umgang mit Vielfalt im Bildungswesen (2012). Professionalisierung der/durch LehrerInnenbildung (2011). Autonomie und Verantwortung: Governance in Schule und Hochschule (2010). Standards im Bildungsbereich: Effekte und Nebenwirkungen (2009). Die Ergebnisse des Workshops Autonomie und Verantwortung wurden von Thomas Brüsemeister und Martin Heinrich im Verlag MV-Wissenschaft herausgegeben.

Weiterführende Informationen Ausführliche Informationen zu den Aktivitäten und Forschungszielen sowie den Publikationen und Stellungnahmen der Arbeitsgemeinschaften der Österreichischen Forschungsgemeinschaften finden Sie unter www.oefg.at

Foto: Barbara Mair

sich sowohl an der Anzahl neuerer Buchpublikationen zum Thema Bildung ablesen als auch an der Vielzahl politischer Stellungnahmen und Medienberichte.

Intention der ARGE Bildung und Ausbildung, die 2008 unter meiner Leitung eingerichtet wurde, ist, die derzeit sehr ideologisch geführten Diskussionen zu diesen Themen (siehe etwa den Diskurs um die Gesamtschule bzw. Neue Mittelschule oder den Diskurs um den freien Hochschulzugang) zu versachlichen. Dazu sollen die zentralen Themenfelder identifiziert, Vor- und Nach-

Für das Jahr 2015 ist ein Workshop zum Thema „Bildungsgerechtigkeit – ein erfüllbarer Anspruch?“ geplant. Das Interesse der Politik an den Aktivitäten zeigt sich auch daran, dass bei sämtlichen Workshops zumindest eine Ministerin bzw. ein Minister anwesend war.

2016 soll sich der letzte Workshop dem Thema „Bildung und Ausbildung“ widmen.

Ein weiteres Anliegen der Arbeitsgemeinschaft ist die Förderung von Nachwuchswissenschafterinnen und -wissenschaftern. Sie können im Rahmen der Workshops einschlägige Forschungen in einer Posterausstellung präsentieren und erhalten im Anschluss ein Zertifikat. 2015 wird eine DoktorandenSchool zur empirischen, interdisziplinären Bildungsforschung organisiert werden.

Die Umsetzung all dieser Aufgaben erfordert einen interdisziplinären, Institutionen übergreifenden Zugang, der sich in der Zusammensetzung der ARGE widerspiegelt.

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Wahrheit in den Wissenschaften 2014.

Illustration: Gerald Hartwig / www.zeichenstrich.de

War das Thema des Ă– S T E R R E I C H I S C H E N W I S S E N S C H A F T S TA G E S Auf den folgenden Seiten stellen wir Referenten und ihre Thesen vor

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Spielt Wahrheit eine Rolle?

Ist sie die V O R A U S S E T Z U N G A L L E R W I S S E N S C H A F T E N oder nur mehr in Förderanträgen und Eröffnungsreden von Bedeutung?

WERNER STURMBERGER

anden sich in früheren Tagen vor allem F Sommerfrischler aus der Stadt am Semmering ein, so waren es diesmal die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des ÖFG-Kongresses „Wahrheit in den Wissenschaften?“. Ja, mit einem Fragezeichen. Es sollte darüber debattiert werden, ob Warheit in den einzelnen Disziplinen heute noch eine Rolle spielt.

Das feine, nostalgische Flair des Grand Hotels Panhans und die Abgeschiedenheit am „Zauberberg“ luden geradezu dazu ein, eine scheinbar zeitlose Frage wie jene nach der Wahrheit zu besprechen.

Die Philosophen Volker Gadenne von der Johannes-Kepler-Universität Linz und Josef Mitterer von der Universität Klagenfurt eröffneten den Kongress. Hier stellen sie in einem freundschaftlichen Streitgespräch noch einmal ihre Überlegungen vor.

Josef Mitterer: „Diskurse in Richtung Wahrheit zu regulieren, ist auch ein Versuch, eine Pluralität von Auffassungen zu reduzieren.“

„WAHRHEIT? EINE RHETORISCHE PHRASE, DIE IN KONFLIKTEN AKTIVIERBAR IST“ Herr Gadenne, Herr Mitterer, im Anschluss an den Titel dieses Österreichischen Wissenschaftstages könnte man mit Niklas Luhmann sagen, Wahrheit ist das Medium aller Wissenschaften, es müsse aber in durchführbare Operationen übersetzt werden. Ist das eine Position, mit der Sie etwas anfangen können?

Volker Gadenne: Wenn man es so allgemein formuliert, habe ich dagegen nichts einzuwenden.

Josef Mitterer: Aber wenn es so allgemein formuliert ist, führt das schließlich auch zur Belanglosigkeit. Die Wahrheit ist dann auch belanglos.

Gadenne: Ich würde sagen, als regulative Idee ist Wahrheit das, woran sich alle Wissenschaften orientieren sollten. Um das zu tun, brauchen sie Standards, methodische Regeln und Kriterien. Diese bieten natürlich keine Garantie für Wahrheit. Doch sie werden benötigt, damit das ganze Unternehmen überhaupt beanspruchen kann, vernünftig zu sein. Aber ob Luhmann das tatsächlich so gemeint hat, das weiß ich nicht.

Mitterer: Ich glaube, da zweifeln wir beide daran. Luhmann wurde ja häufig Konstruktivismus oder Relativismus vorgeworfen, ja sogar, dass er schlechthin die Realität leugnen würde. Er gehörte für viele eher zu den Kritikern der Wahrheit.

Für mich ist die Idee des Diskursregulativs problematisch. Zu versuchen, die Diskurse in Richtung Wahrheit zu regulieren, ist auch der Versuch, eine Pluralität von Auffassungen solange zu reduzieren, bis nur mehr eine übrig bleibt, die uns tendenziell der Wahrheit näher bringen soll. Das ist für mich wieder fragwürdig. Jetzt kann natürlich gesagt werden, für jedes Stück vom Kuchen,

Die politische Maxime, dass Wien eine Kultur-, Wissenschafts-, Forschungs- und Innovationsstadt ist, setzen gut abgestimmte Instrumente in die Tat um. Wissenschaft und Forschung werden mit Fonds, Stipendienprogrammen und Projektförderungen unterstützt. Das stärkt den Standort Wien mit seinen 20 Unis, Privatunis, FHs und rund 200.000 Studierenden. Die größte Studierendenstadt im deutschsprachigen und zentraleuropäischen Raum bietet gute Voraussetzung für die Zukunft. Sie fördert und inspiriert Wiener Wissen und nützt damit der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger.

Dr. Andreas Mailath-Pokorny Stadtrat für Kultur und Wissenschaft der Stadt Wien

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Fotos: Markus Vago, Sabine Hauswirth

WISSENSCHAFTSFÖRDERUNG WIEN

25.11.2014 15:23:08 Uhr

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das wir wegschneiden, kommt ein neues. Es werden Hypothesen eliminiert, aber es kommen wieder neue hinzu.

Gadenne: Ich würde die Pluralität nicht als Selbstzweck ansehen, sondern als Mittel zum Zweck begreifen. Der Zweck des Ganzen ist es, zu einem Konsens über die Wahrheit zu gelangen. Der soll aber nicht erzwungen, sondern durch Argumentation gewonnen werden.

Wenn man Poppers Auffassung von Rationalität heranzieht, sagt er ja etwas, das dir durchaus entgegenkommen würde. In seinem Werk ,Die offene Gesellschaft und ihre Feinde‘ heißt es nämlich, die rationale Einstellung beinhaltet, dass ich mich täuschen und du rechthaben könntest. Und wenn wir untereinander Argumente austauschen, können wir hoffen, dass wir der Wahrheit näherkommen.

Mitterer: Solange wir die Wahrheit außen vor lassen, stimme ich zu. Wenn wir aber sagen, meine Auffassung ist der Wahrheit näher als deine, dann haben wir ein Problem.

Denn in jedem Konflikt, in dem wir von der Annäherung an die Wahrheit ausgehen, werden wir immer die eigene Auffassung der Wahrheit näher sehen als die jeweils abweichende. Aber damit ist Wahrheit doch nichts anderes als eine rhetorische Phrase, die im Fall von Konflikten aktivierbar ist. Solche Konflikte lassen sich vielleicht durch argumentative Strategien oder durch den Einsatz von Macht entscheiden, aber nicht durch Wahrheit.

Volker Gadenne: „Wahrheit ist für mich kein Konfliktlösungsmechanismus.“

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Mitterer: Diese Notwendigkeit sehe ich nicht, eher die Tradition und Gewohnheit, das zu tun. Wir sind ja alle mit einer Unterscheidung von wahr und falsch aufgewachsen, wir haben alle eine Erziehung zur Wahrheit mitgemacht, die eben immer auch eine Erziehung zur Wahrheit des Erziehers war.

Im wissenschaftlichen Alltag – ich glaube, da sind wir einer Meinung – spielt Wahrheit keine große Rolle. Wichtiger ist sie in Einleitungen zu Festreden und Konferenzen und besonders dann, wenn Konflikte auftreten.

Dann kommt diese Wahrheitsrhetorik zum Einsatz. Mithilfe dieser Argumentationstechnik können wir beliebige Auffassungen, sofern und solange wir sie vertreten, der Wahrheit näherbringen oder als wahr ausweisen und beliebige andere, die wir nicht vertreten, als falsch kritisieren oder diskreditieren.

Gadenne: Das Wort Wahrheit hat für mich nicht den Zweck, Diskussionen zu führen oder zu beenden, sondern steht als Idee im

„FÜR WISSENSCHAFTEN IST ES NOTWENDIG, SICH DER WAHRHEIT ANZUNÄHERN“

Herr Mitterer, Sie haben in Ihrem Vortrag erklärt, dass Sie Wahrheit eher als Mittel denn als möglichen Endpunkt der Argumentation betrachten. Gibt es nicht eine Notwendigkeit, wahre von falschen Positionen zu unterscheiden?

Hintergrund, um auszudrücken, dass die Bemühungen, die man unternimmt, auf etwas ausgerichtet sind, was schon da ist: die Welt der Natur, die Welt der Kultur, die wir selbst geschaffen haben.

Für die Gesamtheit der empirischen Wissenschaften meine ich, ist es ein sinnvolles und notwendiges Ziel, sich der Wahrheit anzunähern. Warheit ist für mich kein Konfliktlösungsmechanismus oder eine Rhetorik, mit der man andere zu überreden versucht.

Ich würde sogar behaupten, wenn man Fortsetzung nächste Seite

Fotos: Privat, NLK

WISSENSCHAFTSFÖRDERUNG NIEDERÖSTERREICH

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„Die bisherige Strategie Niederösterreichs in den Bereichen Wissenschaft und Forschung lässt sich leicht zusammenfassen: Wir wollen Wissenschafterinnen und Wissenschaftern den nötigen Raum, Platz und Rückenwind geben. Mit Förderungen und gezielten Maßnahmen soll langfristig Forschungskompetenz im Land gehalten und ins Land geholt werden. Die ÖFG ist seit vielen Jahren ein wichtiger Partner des Landes Niederösterreich und hilft uns bei der Umsetzung unserer strategischen Zielvorstellungen.“ Dr. Erwin Pröll Landeshauptmann

25.11.2014 14:35:57 Uhr

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Fortsetzung von Seite 25

Wahrheit so versteht, als Übereinstimmung einer Aussage mit der Realität, dann kann man Wahrheit gar nicht als Rhetorik verwenden. Eine Aussage als wahr zu bezeichnen, stellt keine zusätzliche Information bereit.

Um sie als wahr zu belegen, müsste ich Gründe anführen.

Mitterer: Ich möchte behaupten, dass auch das, was du soeben geschildert hast, eine – wenn auch sehr seriöse und integre – Form von Wahrheitsrhetorik und Wahrheitsargumentation ist.

Das, worauf wir uns zur Entscheidung von Wahrheitsansprüchen beziehen, die Objekte, Gegenstände oder Realität und Wirklichkeit, sind Arbiter und Instanzen, die selber stumm sind. Sie brauchen also Menschen, zum Beispiel Wissenschafterinnen oder Wissenschafter, die für sie sprechen.

Wenn diese Experten als Stellvertreter und Fürsprecher für eine Instanz auftreten, die darüber entscheidet, ob Wahrheitsansprüche gerechtfertigt sind, geraten sie in Pattstellungen, da diese Instanz immer nur durch die jeweiligen Eigenauffassungen im Diskurs angegeben werden kann. Diese

Mitterer: „Die Konstruktion von Tatsachen ist ein kognitiver und sozialer Prozess.“

„AUSSAGEN SIND WAHR, WENN SIE MIT TAT S A C H E N Ü B E R E I N S T I M M E N “ Wahrheitsrhetorik – und da stimme ich dir schon zu – hilft uns beim Auftreten von Konflikten nicht weiter. Mehr noch, sie führt zu einer Verfestigung und Dogmatisierung von Auffassungen.

Plädieren Sie für einen weichen Wahrheitsbegriff ?

Mitterer: Ich bin für Transparenz und nicht für Transzendenz. Ich versuche keinen trans-

subjektiven und transzendenten Wahrheitsbegriff zu vertreten. Mich interessiert, wann, wie und wozu wir Wahr-Falsch-Unterscheidungen einführen.

Wahrheit und Falschheit oder Irrtum dienen bloß der Abgrenzung der Meinung, die ,ich‘ vertrete von einer, die jemand anderer vertritt.

Gadenne: Ich würde nicht von einem weichen, sondern einem klaren Wahrheitsbegriff sprechen: Aussagen sind wahr, wenn sie mit Tatsachen übereinstimmen. Was abgeschwächt bzw. zurückgenommen werden muss, ist der Anspruch, durch Angabe von Gründen Wahrheit völlig sichern zu können.

Mitterer: Dieser Anspruch kann aber wieder verstärkt werden, wenn Konflikte darüber auftreten, ob Aussagen mit den Tatsachen übereinstimmen.

Dann kann ich die Tatsachen nur durch die Aussagen, die ich selbst vertrete, erkenntnis-entscheidungskräftig machen. Darum wird ja auch um Tatsachen und deren Konstruktion gestritten, die ein kognitiver und sozialer Prozess ist.

Gadenne: Was Vertreter einer realistischen Auffassung von jenen dogmatischer Positionen unterscheidet ist nicht, dass man einen anderen Wahrheitsbegriff vertreten würde, sondern die Einsicht, dass man die Wahrheit im Sinne dieses alten Begriffs nicht sicherstellen kann. Ich denke, lieber Josef, ‚das siehst du auch so.

Mitterer: Ich sehe das auch so. Du bist ja für mich ein Beispiel dafür, dass Vertreter eines eher starken Wahrheitsbegriffes tolerant sein können. Und es gibt auch Vertreter eines schwachen Wahrheitsbegriffes, die intolerant sein können.

„Die Beteiligung des Landes Kärnten an der Österreichischen Forschungsgemeinschaft ist eine von zahlreichen Initiativen, die unser Bundesland zur Stärkung des regionalen und überregionalen Wissenschafts- und Forschungsstandortes leistet. Der Leitgedanke der Österreichischen Forschungsgemeinschaft - die Förderung der wissenschaftlichen Forschung und Lehre auf föderaler und interdisziplinärer Basis – kommt diesem Ansatz sehr entgegen. So ist es den Ländern möglich, wissenschaftliche In- und Outputs auf höchster Ebene zu erbringen und zu vernetzen.“ Dipl.-Ing. Christian Benger Landesrat

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Foto: Fritz-Press GmbH - Rights Managed (RM), Markus Vago

WISSENSCHAFTSFÖRDERUNG KÄRNTEN

25.11.2014 15:27:59 Uhr

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Blinde Flecken der Geschichte Gibt es Wahrheit in G E S C H I C H T S W I S S E N S C H A F T E N oder nur eine Menge unterschiedlicher Perspektiven und Machtpositionen, die Wahrheit behaupten?

SONJA BURGER

Fotos: Stefan Gelberg, Ulrike Wieser, Privat

enn je ein Elefant berühmt war, dann W wohl jener, von dem sich sechs Blinde ein Bild zu machen versuchen. Dabei wird

klar, welchen Irrtümern man rund um das Thema „Wahrheit“ erliegen kann, welche Bedeutung die Perspektive hat, und wie leicht es passiert, dass man sich mit einem Teil des Ganzen zufriedengibt und dennoch denkt, im Besitz der ganzen Wahrheit zu sein – ein Trugschluss, der sich in vielen Bereichen menschlichen Tuns wiederfindet.

Das Streben nach Wahrheit reicht weit in die Menschheitsgeschichte zurück, wobei es heikel wird, wenn es um Vergangenes geht.

Verfolgen Historiker dieses Ziel überhaupt? Einer, der das gängige Verständnis von Wahrheit ganz bewusst auf den Kopf stellt, ist der Historiker Achim Landwehr von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Für ihn sei „Wahrheit nichts überzeitlich Gültiges, sondern ein sozialer, kultureller Gegenstand, mit dem man umgeht und lebt“.

Mit der Konsequenz, dass sich Wahrheit, wie andere materielle Gegenstände auch, einem Geschichtsverdacht aussetze, also sich „historisieren“ lasse und stets einen Anfang, eine Entstehungsgeschichte sowie ein Ende besitze.

Was die Motivation der Wahrheitssuchenden betrifft, so erinnert sie ihn an die Sehnsucht nach einem „säkularen Paradies“.

Wahrheit versteht Landwehr weniger als ein Ziel, sondern mehr als sozio-kulturelle Praxis: „Wir erzeugen laufend Wahrheit, nämlich mittels Theorien, Argumenten oder Modellen.“ Ganz vorne mit dabei sind Historiker von A wie Agrargeschichte bis Z wie Zeitgeschichte.

Wahrheiten mit Absolutheitsanspruch bergen stets die Gefahr, für propagandistische, politische oder gar kriegerische Zwecke missbraucht zu werden. Deshalb spricht die Wirtschafts- und Sozialhistorikerin vom Institut für Geschichte des ländlichen Raumes (IGLR), Rita Garstenauer, von Wahrheit lieber als einem „Fluchtpunkt, der angestrebt, aber nie zu hundert Prozent erreicht wird“.

Viel zu bruchstückhaft sei das, was und wie es überliefert wurde, womit man sofort beim

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Achim Landwehr: „Wahrheit ist nichts überzeitlich Gültiges.“

Rita Garstenauer: „Wahrheit ist ein Fluchtpunkt, der angestrebt, aber nie zu hundert Prozent erreicht wird.“

Thema Quellen landet. Eine Fachrichtung, bei der dieser Aspekt besonders ins Gewicht fällt, ist die Geschlechtergeschichte. Heidrun Zettelbauer, Geschlechterhistorikerin an der Universität Graz, hebt hervor, dass „zahlreiche, meist unsichtbare Vorentscheidungen getroffen werden“.

Diese beeinflussen, was sich Historikerinnen und Historiker ansehen, welche Quellen sie heranziehen bis hin zur Frage, was forschungswürdig ist. Die Rekonstruktion von Geschichte unterliege somit einem Selektionsprozess, wobei zu einem historischen Faktum letztlich nur werde, wofür sich Historikerinnen und Historiker interessieren.

Sowohl die Agrar- als auch die Geschlechtergeschichte sind darüber hinaus gute Beispiele, um aufzuzeigen, dass die Ansichten zu vermeintlich historischen Tatsachen – wie auch im genannten Gleichnis – auseinanderdriften können. „Wenn die historischen Umstände umstritten sind, gewinnt Wahrheit in den Geschichtswissenschaften an Stellenwert“, ergänzt Landwehr.

Im Idealfall tasten sich Historiker von möglichst vielen Seiten an ihr Forschungsobjekt heran. Sie bleiben jedoch immer Subjekt, das in einem bestimmten Kontext denkt und agiert. Vor „blinden Flecken“, etwa durch Stereotypisierungen oder Vorurteile, ist

H I S T O R I S C H E S FA K T U M W I R D , W O F Ü R SICH HISTORIKER INTERESSIEREN

Heidrun Zettelbauer: „Der Idee von der Eindeutigkeit der Geschichte eine Absage erteilen.“

niemand gefeit. In der Agrargeschichte nennt Rita Garstenauer den „Techno-ModernitätsStereotyp“ als Beispiel.

Dabei wird angenommen, dass Akteure der Vergangenheit, etwa Bauern, vor der Einführung des Traktors technologisch naiv, immobil und schlicht unwissend waren. Hingegen sei eher anzunehmen, dass die Leute im Rahmen ihrer technischen Möglichkeiten versierte Expertinnen und Experten waren.

In der Beurteilung der Unterschiede könne man als Historiker „mitunter sehr radikal werden“. Sich selbst aus den kulturellen Ordnungen, etwa Geschlechterbildern, der eigenen Zeit herauszunehmen, ist für Zettelbauer Fortsetzung nächste Seite

25.11.2014 14:35:59 Uhr

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gab, lange Zeit stabil“, kritisiert Landwehr.

Betrachtet man Wahrheit – falls dieses duale System von „wahr“ versus „falsch“ noch zeitgemäß ist – als Tätigkeit und nicht als Ziel, haben die handelnden Subjekte viel mehr Gestaltungsspielraum: Sie können ihre eigene Position reflektieren, ein möglichst breites Spektrum an Quellen heranziehen, so manches gegen den Strich bürsten und bekennen, wenn sie etwas nicht wissen.

Um sich an Wahrheit anzunähern, braucht es mehr als das sprichwörtliche Handbuch, nämlich den Mut zum Querdenken. Denn: Wer weiß schon, ob der Elefant tatsächlich einer war?

Fortsetzung von Seite 27

generell schwierig. Man könne aber „den eigenen Standort im Forschungsprozess reflektieren und, indem man Ambivalenzen oder Brüche stehen lässt und Unsicherheiten sichtbar macht, der Idee von der Eindeutigkeit der Geschichte eine Absage erteilen“.

Von diesen Beispielen abgesehen, können Historiker noch für etwas anderes blind sein, nämlich für Stabilität. „Für mich ist die Tatsache, dass viele in Stabilitätsmodellen stecken, ein großes Problem. Sie werden nicht hinterfragt und bleiben, wie etwa die Annahme, dass es eine Ständegesellschaft

„Wahrheit ist für Physiker irrelevant“

INTERVIEW: BARBARA DURAS

Was bedeuten Begriffe wie Wahrheit oder Realität für einen Physiker?

Daniel Grumiller: Sprachliche Mehrdeutigkeit ist schön und gleichzeitig gefährlich, gerade bei so bedeutungsschwangeren Begriffen. Für den Alltag von Physikerinnen und Physikern ist der Begriff Wahrheit im Grunde irrelevant. Wir machen uns auf der experimentellen Seite eher Gedanken darüber, ob die Daten richtig sind, oder ob Berechnungen rund um eine Theorie auch stimmen.

Physik ist jene Naturwissenschaft, die am nächsten zur Mathematik steht. Und in der Mathematik gibt es klare, von Menschen unabhängige Wahrheiten. Der pythagoreische Lehrsatz wurde zum Beispiel zwar von Menschen entdeckt und in menschliche Symbole gegossen, aber der Wahrheitsgehalt seiner Aussage ist von uns unabhängig. In der Physik versuchen wir genau den Teil der ewigen mathematischen Wahrheiten herauszufiltern, der für die Natur relevant ist.

Ist Verifizierung also Wahrheitsfindung?

Grumiller: Viele Prozesse, die durch Erkenntnisse oder Theorien vorhergesagt werden, kann man irgendwann durch Experimente messen. Es ist ein naiver Zugang zur

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Daniel Grumiller: „Um eine Theorie zu testen, muss ich mich darum bemühen, sie zu widerlegen – und zwar sehr bemühen.“

Wahrheit, aber man kann so herausfinden, ob eine Theorie im Vergleich zu anderen eher wahr ist.

Jedoch treffen Menschen ihre Entscheidungen nicht ausschließlich rational, und es wird immer Fehler geben, wenn Wissenschafter nicht kritisch genug sind, etwas falsch interpretieren oder Fehler bewusst übersehen.

Verfehlungen passieren in allen Bereichen der Gesellschaft, nur kann man sich in der Wissenschaft durch Skepsis, Konkurrenz und hohe Standards gezielt gegen Irrationalität immunisieren. Um eine Theorie zu testen, muss ich die Position des Advocatus Diaboli einnehmen und versuchen, sie mit möglichst vielen Argumenten und Messungen zu widerlegen. Gelingt mir das nicht, obwohl ich mich wirklich bemühe, so ist das ein Hinweis darauf, dass meine Annahme vielleicht richtig ist.

In der Praxis geschieht es trotzdem, dass sich Wissenschafter in ihre Theorie verlieben und ihr nicht hinreichend Skepsis entgegenbringen.

Das führt dann zu starken emotionalen Reaktionen innerhalb der Community?

Grumiller: Ja, das ist ein kontroverses Thema. Die Begriffe Wahrheit oder Realität sind aber gerade dann am interessantesten,

Foto: Matthias Heisler / TU Wien

Daniel Grumiller vom Institut für T H E O R E T I S C H E P H Y S I K der TU Wien erforscht für gewöhnlich die dunkle Seite des Universums. Bei seinem Vortrag am Wissenschaftstag 2014 nimmt er eine metaphysische Perspektive ein und spricht über Wahrheitsfindung oder die Suche nach der perfekten Theorie

25.11.2014 14:36:00 Uhr

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wenn man sich an die Spitze der Forschung begibt, wo man noch nicht genau weiß, ob eine Theorie wahr sein könnte. In dem Graubereich der noch nicht anerkannten Wissenschaften gibt es zum Beispiel seit über zwei Jahrzehnten eine sehr emotionale Diskussion rund um die Idee des Multiversums.

Sie geht davon aus, dass wir in einem von unendlich vielen Universen existieren, und in jedem dieser Universen würden ein wenig andere Naturgesetze gelten. Eine mögliche Interpretation für die teilweise starken Gegenreaktionen ist eine Wiederholung des anthropozentrischen Weltbilds. Der Mensch stellt sich sehr gern in den Mittelpunkt.

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auf der Suche nach einer perfekten Theorie ist. Wir haben bis jetzt noch keine Theorie, die allgemein gültig ist oder alle fundamentalen Wechselwirkungen beschreiben kann.

Doch das Ziel dieser Art Forschung ist es, eine allumfassende Theorie zu finden, die alle existierenden Wechselwirkungen in einem „ D I E N Ä C H S T E F U N D A M E N TA L E E N T D E C K U N G W E R D E N G R A V I TAT I O N S W E L L E N S E I N “

Gibt es denn perfekte, allgemeingültige Theorien, welche die Wahrheit oder Realität am ehesten abbilden können?

Grumiller: In einigen Bereichen der Physik gibt es einen objektivierbaren Fortschritt, der sich daran messen lässt, wie viele unterschiedliche Phänomene man mit einer einzigen, möglichst einfachen Theorie beschreiben kann. Beispielsweise wurden Disziplinen wie Optik, Elektrizität und Magnetismus zunächst voneinander unabhängig betrachtet.

Seit dem 19. Jahrhundert wissen wir jedoch, dass sie eigentlich verschiedene Aspekte der Maxwellschen Theorie sind.

Und obwohl man mit den MaxwellGleichungen noch viele Phänomene mehr beschreiben kann, sind sie wesentlich einfacher als die Optik oder die Elektrizität selbst.

Das wurde in der Geschichte der Menschheit einmal entdeckt und wird nicht mehr vergessen werden.

Es gibt einen Teil der Physik, der den Reduktionismus an die Spitze stellt und eine immer größere Anzahl von Phänomenen durch immer weniger Theorien erklären will, also

einzigen theoretischen Rahmen beschreibt.

Hat man diese gefunden, dann heißt das nicht, dass die Physik am Ende ist. Ihre Anwendung würde uns noch ewig beschäftigen, aber die Suche nach den grundlegenden Naturgesetzen wäre dann am Ende. Es ist wie die Suche nach dem Heiligen Gral.

Die Stringtheorie ist ein interessanter Kandidat, denn sie schafft es, die Einstein’sche Relativitätstheorie mit der Quantenmechanik zusammenzubringen. Das ist hochgradig nicht-trivial und hat schon zu sehr überraschenden Einsichten geführt, zum Beispiel bei Quanteneffekten der Schwarzen Löcher.

Welche physikalischen Wahrheiten stehen kurz vor der Entdeckung?

Grumiller: Da kann ich mich gerne aus dem Fenster lehnen und würde darauf wetten, dass die nächste fundamentale Entdeckung der Physik Gravitationswellen sein werden.

Die Relativitätstheorie hat Gravitationswellen bereits vorhergesagt, und wir haben so viele indirekte Hinweise darauf, dass es kaum Zweifel gibt, sie mit technisch verbesserten Experimenten wie Advanced LIGO auch tatsächlich zu finden. Es wird innerhalb der nächsten fünf Jahre groß angekündigt werden, dass Gravitationswellen entdeckt worden sind.

Foto: Land Vorarlberg

WISSENSCHAFTSFÖRDERUNG VORARLBERG

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„Wissenschaft und Forschung sind wesentliche Grundlagen für die erfolgreiche gesellschaftliche und wirtschaftliche Weiterentwicklung des Standortes Österreich. Investitionen in Wissenschaft und Forschung und die Förderung von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern, insbesondere des wissenschaftlichen Nachwuchses, ist ein Gebot der Stunde. Mit der Förderung der Aktivitäten der ÖFG unterstützt das Land Vorarlberg das wichtige und eindrucksvolle Engagement der Forschungsgemeinschaft für Wissenschaft und Forschung.

Mag. Markus Wallner Landeshauptmann

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„Das Ich ist ohne das Du nicht vorstellbar“ Der Kognitionsforscher Ludwig Huber plädiert für mehr Bescheidenheit in den N E U R O W I S S E N S C H A F T E N . Und für Interdisziplinarität

Um welche Wahrheit geht es in der Hirnforschung?

Ludwig Huber: In den Naturwissenschaften verwendet niemand diesen Begriff. Wir sprechen von Hypothesen, Theorien mit vorläufigem Charakter, von Vermutungswissen. Theorien mit Wahrheitsanspruch gibt es nicht.

Im Rahmen der Tagung habe ich mich damit beschäftigt, ob die Hirnforschung es schaffen kann, die Erkenntnisfähigkeit des Menschen zu erklären und die großen Fragen zu lösen: Wie entstehen Bewusstsein, Bedeutung, Fühlen, Sprache oder Kunst? Hier lautet der Befund: Die Hirnforschung ist nicht nur im Moment noch sehr weit davon entfernt, diese Fragen zu lösen. Viele – zu denen ich mich zähle – sind überzeugt davon, dass sie es ohne die Zusammenarbeit mit anderen Kognitionswissenschaften wie Psychologie, Sozialwissenschaften oder Verhaltensbiologie niemals können wird.

Ludwig Huber: „Es ist ein Kategoriefehler zu glauben, Fragen des Denkens könnten auf der Ebene neuronaler Prozesse begriffen werden.“

Maßt sich die Hirnforschung zu viel an?

Huber: Mehr Bescheidenheit wäre sicher oft angezeigt. Wobei man schon sagen muss: Die, die am lautesten auftreten und mit ihren Behauptungen den meisten Widerspruch hervorrufen, repräsentieren durchaus nicht die gesamte Hirnforschung.

Ist inzwischen nicht anerkannt, dass alles, was wir tun, letztlich vom Hirn gesteuert ist? „WIE ENTSTEHT AUS DEM FEUERN VON NEURONEN EIN ICH-BEWUSSTSEIN?“ Huber: Aus naturwissenschaftlicher Sicht sind wir so weit materialistisch, dass wir sagen, wir brauchen keine übernatürlichen Erklärungsweisen, um Denken und Wahrnehmung zu erklären. Wir führen sie auf Vorgänge im Gehirn zurück.

Evolutionsbiologisch betrachtet gehen wir davon aus, dass kognitive Fähigkeiten ein Produkt der Evolution sind, zuerst einmal dafür herausgebildet, Alltagsprobleme zu lösen. Deshalb ist unser Erkenntnisapparat auch nur für Teilbereiche der Welt ausgebildet. Den Mikro- oder den Makrokosmos beispielsweise können wir nicht erfassen.

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Nebenbei bemerkt, und um wieder zum Begriff „Wahrheit“ zurückzukommen, muss diese Wahrnehmung durchaus keine absolute Passung auf die Wirklichkeit haben. So helfen uns einige Tricks wie optische Täuschungen bei der Tiefenwahrnehmung, die nicht wirklichkeitsadäquat sind. Ich denke, es ist ein Kategoriefehler zu behaupten, Fragen des Erlebens, des Fühlens und des bewussten Denkens könnten auf Ebene der Neuronen und neuronalen Prozesse begriffen werden.

Wie beim Computer, dessen Funktionalität auch nicht dadurch erklärt werden kann, dass ich die Prozessoren beim Laufen beobachte?

Huber: Genau. Bei dieser Form der Beobachtung ist die Hirnforschung schon relativ gut und wird durch neue Geräte und Verfahren laufend besser: Im Mikrobereich kann sie mikroskopische Funktionsweisen des Gehirns erklären, wie die Signalübertragung zwischen Synapsen. Im Makrobereich kann sie Hirnareale voneinander abgrenzen, ihnen bestimmte Aktivitäten zuordnen. Aber mit dem Bereich dazwischen hat sie Probleme: Wie entsteht aus dem Feuern von Neuronen so etwas wie Ich-Bewusstsein?

Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile?

Huber: Und zwar nicht nur im Gehirn. Ich werde aus neuronalen Vorgängen allein nie darauf schließen können, wie jemand im Moment empfindet. Geht es um Ich-Bewusstsein, müssen wir auch die soziale Gemeinschaft hinzunehmen. Das ,Ich‘ ist ohne das ,Du‘ nicht vorstellbar. Menschen und Tiere, mit denen ich mich hauptsächlich beschäftige, sind soziale Wesen. Sie entwickeln sich in ihrem Denken, ihrer Wahrnehmung, ihren Weltbildern ganz stark im Rahmen der Gemeinschaft. Was komplexe Fragen aufwirft: Wie entwickelt sich das individuelle Gehirn, der individuelle Mensch, im Rahmen einer Gemeinschaft?

Die Hirnforschung kann das nicht allein lösen. Aber es gibt ohnehin einen Trend, sich zusammenzutun, etwa in der Forschungsplattform Cognitive Science in Wien. Hier arbeiten unter anderen Hirnforscher, Biologen, Psychologen, Philosophen sowie Sozial- und Kulturwissenschafter eng zusammen.

Foto: Wilke

INTERVIEW: VERENA AHNE

25.11.2014 14:36:02 Uhr

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Androhung von Zwang Der R E C H T S T H E O R E T I K E R Clemens Jabloner über den Unterschied zwischen Autorität und Wahrheit für die Gültigkeit von Gesetzen Jabloner: Nein, gerade nicht: Es soll das gewollte Verhalten erreicht werden. Wahre Normen gibt es nur in den religiösen Rechtssystemen. In einem demokratischen Rechtsstaat ist das vom Parlament erzeugte und vom Volkswillen getragene Recht zu verwirklichen.

INTERVIEW: ALEXANDRA MARKL

Der Titel Ihres Vortrags lautet ,Sein und Sollen‘. Ist das ein im Recht angelegter Widerspruch?

Clemens Jabloner: Es gibt keinen Widerspruch zwischen Sein und Sollen: Das sind nur zwei verschiedene Modalitäten des Denkens. Die Notwendigkeit der Trennung von Sein und Sollen ist seit der Philosophie von David Hume wissenschaftstheoretischer Standard. Interessant ist jedoch sicherlich die Frage, wie die Wirklichkeit im Recht verarbeitet wird.

Ist die Kluft zwischen beiden überbrückbar?

Jabloner: Im Prinzip nein. Bei der Rechtsanwendung werden Tatsachen festgestellt, der Sachverhalt, und der muss in eine bestimmte Beziehung zur Rechtsnorm gebracht werden.

Das passiert im gerichtlichen Verfahren, und diese Feststellung erfolgt jedenfalls im Strafrecht nach dem Grundsatz der materiellen Wahrheit: Man will die Dinge so darstellen, wie sie sich ereignet haben.

Allerdings: Das, was der Richter als Sachverhalt feststellt, ist normativ; gewissermaßen das, was gewesen sein soll. Und diese Sachverhalte werden, da jedes rechtliche Verfahren einmal ein Ende haben muss, dann in bestimmter Weise immunisiert. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens geht nur unter bestimmten Bedingungen, aber nicht, wenn die Quellen anders bewertet werden. Der ständige Revisionismus der Wissenschaften gilt in der Rechtsanwendung nicht.

Foto: Privat

Dient Recht zur Steuerung von Verhalten?

Jabloner: Das ganze Recht ist darauf gerichtet, das Verhalten von Menschen zu beeinflussen. Es ist eine Sozialtechnologie, die mittels Zwang funktioniert. Konstruiert ist das Ganze, zumindest sehe ich das so als Kelsenianer, in der Form einer Ermächtigung an ein Organ, Zwang auszuüben, wenn ein bestimmtes Verhalten gesetzt wird. Bisweilen entspricht dem auch eine Norm, die sich an den Adressaten richtet. Durch die Androhung von Zwang gelingt es, etwas durchzusetzen.

Das soll zu wahrem menschlichen Verhalten führen?

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Clemens Jabloner: „Man kann nicht unmittelbar von der Autorität auf das Recht schließen, sondern muss versuchen, die Geltung anders zu begründen.“

Steckt hinter jeder Wahrheit ein Machtsystem?

Jabloner: Hinter jeder Wahrheit nicht, aber hinter jeder Geltung. Ich zitiere Thomas Hobbes’: ,auctoritas non veritas facit legem‘ – ,Nicht die Wahrheit erzeugt das Gesetz, sondern die Autorität‘. Aber man kann nicht unmittelbar von der Autorität auf das Recht schließen, sondern muss versuchen, die Geltung anders zu begründen.

Ist nicht der Rechtsakt auch nur die persönliche Wahrheit des Ausführenden?

Jabloner: Wir müssen unterscheiden zwischen Rechtswissenschaft und -anwendung.

Bei der Rechtsanwendung hatte Adolf Merkl den entscheidenden Gedanken, er sprach von der Janusköpfigkeit, dem doppelten

„ D E R S TÄ N D I G E R E V I S I O N I S M U S D E R W I S S E N S C H A F T E N G I LT I M R E C H T N I C H T “ Rechtsantlitz. Vollzieht ein Organ eine generellere, abstraktere Vorschrift, vollbringt es dabei zum Teil eine intellektuelle Leistung.

Zum anderen jedoch entscheidet es und übt damit eine rechtserzeugende Funktion aus.

Das kann man aber auch anders sehen.

Für Ronald Dworkin sind gerade die ,hard cases‘, also schwierige Fälle, für die keine klaren Rechtsregeln vorhanden sind, jene, die durch Erkenntnis beantwortet werden. Die Entscheidung kommt bei ihm gar nicht mehr vor. Bei Kelsen und Merkl wiederum gibt es einen großen Bereich der Entscheidung.

Gibt es die Wahrheit in der Jurisprudenz?

Jabloner: Die Wahrheit ist ein sehr kompliziertes Thema, die Auffassungen über Recht und Rechtswissenschaften sind sehr divergent. Ich trete für eine Rechtswissenschaft ein, die sich am Willen des Normsetzers orientiert. Ich sehe das Recht als etwas Vorgefundenes – im Prinzip.

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DIE ÖFG IN ZAHLEN

3866 AUSLANDSA U F E N T H A LT E

ermöglichte die ÖFG Nachwuchswissenschafterinnen und -wissenschaftern von 2004 bis 2013

592

52,4 7 Durchschnittliche Anzahl an Ansuchen für das Förderprogramm I N T E R N AT I O N A L E K O M M U N I K AT I O N pro Jahr

279 Akademische S Y M P O -

S I E N U N D TA G U N G E N

wurden in Österreich mithilfe der ÖFG veranstaltetet

beträgt die Förderquote des Förderprogramms D R U C K K O S T E N Z U S C H U S S während der Jahre 2004 bis 2014 in Prozent

ARBEITS-

GEMEINSCHAFTEN

sind derzeit in der ÖFG tätig

13

17 Universitätsprofessorinnen und -professoren bilden den WISSENSCHAFTLICHEN B E I R AT

der ÖFG

9 0 5

Frauen und Männer haben den

Anzahl der mithilfe der ÖFG realisierten

LUDWIG-WITTGENSTEIN-PREIS

P U B L I K AT I O N E N

seit seinem Bestehen 1988 erhalten

von 1993 bis 2013

DIE ÖFG IST EINE FORSCHUNGSFÖRDERUNGSEINRICHTUNG GETRAGEN VON BUND UND LÄNDERN

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