BILDUNG 1/20

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B I L DU NG

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DAS MAGA Z IN FÜR STUDIUM , WEITERBILDUNG UND K ARRIERE A U S D E M F A LT E R V E R L A G

Fachhochschulen sind eine Erfolgsgeschichte des Bildungsbetriebs – und ihr Verhältnis zu Universitäten? Seite 8

Matura, und was jetzt?

Ratschläge und Beispiele, wie man aus dieser Krise zu Lösungen kommt Seite 14

Frauen

Mein Job – wer entscheidet? Übernehmen Algorithmen die Entscheidung darüber, wer welchen Job bekommt? Seite 24

in Technik und Pandemie Seite 28

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Abstand halten und trotzdem nicht vereinsamen, keine leichte Aufgabe.

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Editorial Bildung und, Geld …

Bildung ist, worauf jeder stolz ist, auch oder gerade jemand, der von sich sagt, in Mathematik eine Null gewesen zu sein. Damit hat man sich freilich bildungstechnisch dem ­Fliegenden Suizidkommando angeschlossen. Die stolzen ­Matheignoranten sollten darüber wenigstens im Hinblick auf ihre Kinder Stillschweigen bewahren.

Christian Zillner denkt bei Bildung immer auch an die von Banden mit Namen wie „Die ­Fleißigen“ oder „Die Tüchtigen“ Foto: Karin Wasner

… das zeigen uns Corona und Studien zur Entwicklung des Bildungsstandes an unseren Schulen in Zeiten der Pandemie (Seite 18), hat man in Österreich am ehesten, wenn man aus einem Haushalt kommt, der über beides bereits verfügt. Wer aus sogenannten geld- oder bildungsfernen Schichten stammt, wird aller Wahrscheinlichkeit dort auch bleiben.

Ein Erfolgsmodell unseres Bildungssystems sind die Berufsbildenden Höheren Schulen, und wie sich allmählich auch zeigt, ihre Pendants im tertiären Bereich, die Fachhochschulen. Wie ihr Verhältnis zu Universitäten aussieht, erweist sich im Gespräch mit der Präsidentin der Österreichischen Universitätenkonferenz und dem Generalsekretär der Österreichischen Fachhochschulkonferenz. (Seite 8).

Für viele Schülerinnen und Schüler ist sie Hoffnung und Angstvorstellung zugleich: die Matura. Allerdings kommen sie nach dem erfolgreichen Bestehen der Prüfung auch drauf, dass sie nun nicht wissen, wie weiter. Dazu ein paar Ratschläge und Beispiele, wie man aus dieser Krise zu vernünftigen Lösungen kommen kann (Seite 14).

Home-Schooling im Lockdown bedeutet auch einen intensiveren Einsatz von elektronischen Geräten. Besteht Gefahr, das diesen Bildungsbehelfen der Strom ausgeht? Laut Expert*innen nein, außerdem soll der ja bald nur noch aus erneuerbaren Energiequellen fließen (Seite 20). Werden dieselben Geräte in absehbarer Zeit auch darüber bestimmen, ob wir einen Job bekommen (Seite 24)? Die meisten von uns hoffen nicht, auch wird die ständige Heimarbeit oder das digitale Nomadentum bei weitem nicht von allen geschätzt. Welche Risiken beides birgt, steht auf Seite 26. Und dass der Frauenanteil in technischen Studien ansteigt, ist die gute Nachricht, mit der wir dieses Heft beenden (Seite 28).

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Medieninhaber: Falter Zeitschriften Gesellschaft m.b.H., 1010 Wien, Marc-Aurel-Straße 9, T: 0043 1 536 60-0, F: DW 935, E: wienzeit@falter.at, www.falter.at; Herstellung: Falter Verlagsgesellschaft m.b.H.; Redaktion: Christian Zillner (CR), Nini Tschavoll; Gestaltung und Produktion: Dirk Merbach, Reini Hackl, Raphael Moser; Geschäftsführung: Siegmar Schlager; Anzeigen: Sigrid Johler; Druck: Walstead Leykam Druck GmbH., DVR: 047 69 86. Diese Beilage ist ein Service der Sales-Abteilung der Falter Verlagsgesellschaft m.b.H. Alle Rechte, auch die der Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, vorbehalten.

Die Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz ist unter www.falter.at/offenlegung/falter ständig abrufbar.

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Cover

Seite 8

Judith ­Kohlenberger, geboren 1986 in Eisenstadt, arbeitet als Fluchtforscherin an der WU Wien Foto: Nini Tschavoll

Seite 6 Seite 14

Fotos: Nini Tschavoll (4) Sandra Kennel (1), iStock (2), Kitchenstory.at (1), pixabay (1), Turek (1)

Seite 12

Seite 16 Seite 20

Seite 18 Seite 26

Seite 22 Seite 28

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Zahlstelle Wer das liest, befindet sich wahrscheinlich im Lockdown 73 45.000 Schülerinnen und Schüler beklagten in einer Studie der Universität Wien, ihr Wohlbefinden sei im ersten Lockdown dieses Jahres gesunken. Das sind sechs Prozent aller Schülerinnen und Schüler in Österreich.

Prozent von 1.760 online befragten Lehrerinnen und Lehrern in Österreich gaben an, mit dem Unterrichten von zu Hause aus „sehr gut“ oder „gut“ zurecht zu kommen.

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Seite 30

70.000

Schülerinnen und Schüler dürften durch den ersten Lockdown im Frühjahr des Jahres erhebliche Einbußen in ihrem Wohlbefinden und bei ihren schulischen Leistungen erlitten haben.

Prozent der in der Studie der Universität Wien befragten Schülerinnen und Schüler wiesen darauf hin, dass sie keinen eigenen Computer oder ein Tablet haben, um dem Unterricht online zu folgen.

in diesem Heft PLUS

50%

MINUS

50%

aller Schülerinnen und Schüler erklärten in der hier bereits mehrfach zitierten Studie der Fakultät für Psychologie der Universität Wien, ihr Wohlbefinden habe während des ersten Lockdowns 2020 zugenommen.

der Schülerinnen und Schüler, die besonders lernschwach oder besonders gut in der Schule sind, sagten, dass sie im Lockdown den Schulbesuch vermisst haben.

Gastauftritt: Fritz Schmöllebeck, Rektor der FH Technikum Wien, über Entwicklung und Gegenwart der FHs Seite 6 ­Sabine Seidler, Präsidentin der Österreichischen Universitätenkonferenz und Kurt Koleznik, Generalsekretär der Österreichischen Fachhochschul-Konferenz, über das Verhältnis der beiden Zweige tertiärer Bildung Seite 8 Lernbehelfe für mehr Disziplin im Semester Seite 12 Matura, und was jetzt? Seite 14 Studentenfutter: In langen Nächten für schwache Nerven Seite 16 Was uns Corona lehrt Seite 18 Stromversorgung: Neue Energie für das Studium Seite 20 Lernfeldausrüstung: Zünftig für Heim und Hörsaal Seite 22 Wird Personal nur noch digital ausgewählt? Seite 24 Im Akkord: digitales Arbeiten immer und überall Seite 26 Frauen in den technischen Studienfächern: Sie werden mehr, und das ist besser Seite 28 Zahlstelle: Wer das liest, befindet sich wahrscheinlich im Lockdown: Wie sich Lehrende und Schülerinnen und Schüler dabei fühlen Seite 30

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Fritz Schmöllebeck ist Rektor der FH Technikum Wien.

Hier schreibt er über die Entwicklung und die Gegenwart des Verhältnisses zwischen Universitäten und Fachhochschulen in Österreich. Fotos: Nini Tschavoll

Gastauftritt Fritz Schmoellenbeck Die Verfasstheit von Fachhochschulen und Universitäten weist deutliche Unterschiede auf. Die Fachhochschulen befinden sich zwar in privater Trägerschaft, dennoch machen öffentliche Fördergelder von Bund und Ländern in der Regel einen erheblichen Teil ihres Budgets aus. Universitäten wiederum sind in öffentlicher Trägerschaft gegründet und mit hoher Autonomie ausgestattet worden.

Die Entwicklung von Studiengängen und Curricula an den Fachhochschulen folgt der Logik von Berufsfeldern. Ausgehend von den jeweiligen, im Berufsfeld geforderten, Fähigkeiten der Absolventinnen und Absolventen werden stringente Curricula entwickelt. Sie sollen die Studierenden zu den notwendigen Lernergebnissen in den verschiedenen Berufen führen. Dies entspricht dem gesetzlichen Auftrag einer „wissenschaftlich fundierten Berufsausbildung“ und der „praxisbezogenen Ausbildung auf Hochschulniveau.

An Universitäten sind u.a. „wissenschaftliche Forschung und Lehre“, „Entwicklung und Erschließung der Künste“ sowie die „gedeihliche Entwicklung der Gesellschaft“ als gesetzliche Ziele definiert.

So unterschiedlich die Herangehensweisen bei der Entwicklung von Curricula an Universitäten und Fachhochschulen sein mögen, alle Hochschulen berufen sich auf zentrale Werte wie Kritik, Reflexion, Argumentation sowie deren Voraussetzungen, Selbständigkeit und Distanz.

Zentral ist dabei die didaktische Gestaltung von hochschulischen Lehr- und Lernprozessen sowie die, an der jeweiligen Hochschule gelebte, Kultur. Sie wird durch die oben zitierten Werte geprägt. Auch Studieren in der Regelstudienzeit ist eine prägende Rahmenbedingung der Didaktik an Fachhochschulen. In diesem Kontext spielt die Digitalisierung der Lehre eine zentrale Rolle, ganz besonders für berufsbegleitendes Studieren, das an Fachhochschulen schon seit den 1990er-Jahren konsequent aufgebaut wurde und ausgebaut wird.

Anfangs wurden die neuen Fachhochschulen von den etablierten Universitäten interessiert bis ablehnend beschnuppert. Nach 25 Jahren hat sich ein gedeihliches Miteinander etabliert. Gemeinsam wird an hochschuldidaktischen Modellen gearbeitet, auch personell gibt es sektorenübergreifende Karrierepfade. Die Forschungsleistung an den Fachhochschulen hat sich dynamisch entwickelt, daher sind bereits viele Kooperationen mit Universitäten entstanden.

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Die FH Technikum Wien … … zählt zu den forschungsstärksten Fachhochschulen in Österreich, sie rangiert derzeit, gemessen am Forschungsumsatz, auf Platz vier unter den 21 Fachhochschul-Trägerorganisationen.

Ein gemeinsames Doktoratskolleg sowie das Center for Technology and Society sind Beispiele für Kooperation zwischen Unis und FHs in Wien. Mittlerweile stellen die FHs in den Wirtschaftswissenschaften fünfzig Prozent aller Absolventen, in den Ingenieurwissenschaften vierzig Prozent, das bedeutet Gleichstand am Arbeitsmarkt zwischen Uni- und FH-Absolventen.

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Zweisamkeit Ein kompliziertes Verhältnis Seit 25 Jahren gibt es Fachhochschulen (FH) in Österreich. Hatte die erste Generation von ­Studierenden noch unter dem Makel einer, angeblich geringer zu wertenden, Ausbildung zu leiden, so hat sich das Image deutlich geändert. Sabine Seidler, Präsidentin der Österreichischen Universitätenkonferenz UNIKO, und Kurt Koleznik, Generalsekretär der Österreichischen Fachhochschul-Konferenz, FHK , im Gespräch über das Verhältnis der beiden Zweige tertiärer Bildung in Österreich

„Ich wünsche mir, dass die FHs ein bisschen entspannter wären“ Sabine Seidler

Sabine Seidler ist habilitierte Werkstofftechnikerin und seit 2011 Rektorin der Technischen Universität Wien. Seit 1. Jänner 2020 ist sie auch Präsidentin der Österreichischen Universitätenkonferenz UNIKO Foto: Raimund Appel

Frau Seideler, wie sehen Sie den Stellenwert der FHs im Bildungssystem?

Sabine Seidler: Sie sind ein wichtiger Bestandteil, weil sie eine möglichst praxisnahe Ausbildung gewährleisten und relativ schnell auf Ausbildungswünsche reagieren können, die seitens Politik und Industrie an sie herangetragen werden.

Sind sie Konkurrenten für die Universitäten?

Seidler: Ja und nein. Ich bin der festen Überzeugung, dass die AbsolventInnen von FHs und Universitäten unterschiedliche Profile haben und am Arbeitsmarkt nicht um die gleichen Stellen konkurrieren. Ein anderer Aspekt ist, dass wir es schon an verschiedenen Standorten merken, wenn Fachhochschulplätze in einzelnen Fächern ausgebaut werden. Ich empfinde aber den Wettbewerb zwischen Universitäten und FHs nicht als ungut, sondern im Gegenteil sogar gut, wenn FHs dort Angebote machen, wo Universitäten an ihre Kapazitäten stoßen. Im Fach Informatik haben wir etwa an der TU Wien mehr Bewerbende als Studienplätze. Da könnten die FHs Studierwillige aufnehmen. Das wäre ein lauterer Wettbewerb, weil die FHs auch ihre eigenen Aufnahmeverfahren haben.

Da drängt sich die Frage nach dem qualitativen Unterschied auf.

Wie würden Sie den am Beispiel der Informatik festmachen?

Seidler: Die Informatiker an FHs sind sehr stark Hands-on-ausgebildet, die Absolventinnen einer technischen Universität haben ein breiteres

Grundlagenwissen. Wenn FH-Absolventinnen in den Beruf kommen, setzen sie um, was sie gelernt haben. Universitäts-Absolventinnen fügen ihr Wissen zusammen und agieren dann.

Wofür genau braucht es FH-Absolventinnen und -Absolventen?

Seidler: Österreich braucht aufgrund seiner Wirtschaftsstruktur Absolventinnen und -Absolventen von FHs ebenso dringend wie von Universitäten. Vor allem die mittelständische Industrie ist mit solchen von FHs besser bedient, denn dort könnte man vielleicht die Potenziale der Universitätsabgängerinnen gar nicht ausschöpfen. Die Ausbildung an den Universitäten ist methodenorientierter, an den FHs praxisorientierter. Manchen liegt ein Studium an einer FH besser als an der Universität und umgekehrt. Es gibt kein besser oder schlechter, beides ist gleichwertig, aber anders.

Es gibt heute einerseits die Tendenz der Verschulung und andererseits auch immer mehr Spezialisierung.

Wie sehen Sie das?

Seidler: An der FH studiert man nach Stundenplan und hat einen geregelten Studienbetrieb.

Das ist für viele ein großer Vorteil, die sich nicht so sehr selbst organisieren können. An den Universitäten haben wir ein differenziertes Bild: Zu Studienbeginn haben wir auch eine Form von Verschulung, aber wir versuchen schon, die Bachelor-Curricula breit aufzustellen. Andererseits bedingt das wissenschaftliche Arbeiten, dass man Spezialisierungen vornimmt. Man muss auch darauf achten, dass die Curricula nicht vollgestopft werden, sondern dass sich die

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In vielen Hörsälen der Universitäten herrscht, Covid-19 bedingt, gähnende Leere. Im Bild ein lichtdurchfluteter Saal im Department für Sozioökonomie an der WU Wien

Studierenden auch ihre persönlichen Inhalte für ihren persönlichen Werdegang suchen können.

Aber ich sehe die Rolle der Universitäten auch nicht in erster Linie darin, Bachelor-Ausbildungen zu machen, sondern zum Diplom oder Master zu führen.

Foto: Nini Tschavoll

Kurt Koleznik

Sollen auch FHs das Promotionsrecht bekommen?

Seidler: Nein, und es ist auch nicht notwendig.

Es muss natürlich institutionalisierte Wege geben, damit auch FH-Absolventinnen promovieren können. Und es gibt ja Modelle und Kooperationsverträge. Ich kann den Wunsch der FHs schon nachvollziehen, aber erstens sind viele habilitierte Lehrende an den FHs nicht fest angestellt, und zweitens betreiben FHs auch eine andere Art der Forschung, eine weniger ‚verkopfte‘, um es salopp zu formulieren.

Wo gibt es Kooperationsmöglichkeiten?

Seidler: Man könnte etwa in Querschnittsfächern zusammenarbeiten wie in den Bereichen Technikdidaktik. Auch Ethik- und Genderthemen sind geeignet. Es gibt auch bereits langjährige Kooperationen im Forschungsbereich, welche die angebliche Konkurrenz Lügen strafen.

Es sind viele gute Projekte in den letzten Jahren entstanden. Ich würde mir wünschen, dass die FHs ein bisschen entspannter wären. Doch es braucht für Österreich generell einen Masterplan für den tertiären Sektor. Man müsste sich die Frage stellen, wie Arbeitsplätze der Zukunft aussehen werden. Denn ich glaube nicht, dass man dieselben Ausbildungsprofile wie heute in zwanzig Jahren braucht, und damit ändern sich auch die Rollen von Universitäten und FHs. Man wird vielleicht später beginnen, auszudifferenzieren. Es wird harte Arbeit sein, in die sehr tradierten Fächer neue Ideen einzubringen, aber das wird es brauchen.

„Wir sind angekommen Trotzdem gibt es noch Vorurteile, was die Wertigkeit betrifft“

Kurt Koleznik studierte Philosophie und Kunstgeschichte und war Geschäftsführer der FH Vorarlberg. Seit 2006 ist er Generalsekretär der Österreichischen Fachhochschulkonferenz FHK Foto: Jorit Aust

Herr Koleznik, wie sehen Sie ein Studium an der FH heute?

Kurt Koleznik: In Österreich sind die Fachhochschulen per Gesetz sozusagen auf der grünen Wiese entstanden, das war eine große ­Chance.

Es war damals eine Zeit der großen, globalen gesellschaftlichen Umwälzung. Es gibt die FHs wegen des damals bestehenden wirtschaftlichen Bedarfes, den die Universitäten als noch einzige tertiäre Ausbildungsinstitution nicht stillen und dem Arbeitsmarkt nicht genügend Absolventinnen bieten konnten, die in der Lage waren, rasch und kompetent in einen Beruf einzusteigen. Die ersten Studiengänge waren noch technisch und wirtschaftlich ausgerichtet, später kamen dann soziale Arbeit und Ausbildungen für gesundheitswissenschaftliche, nicht ärztliche Berufe dazu. Fachhochschulen bieten heute ein berufsfeldbezogenes, akademisches Studium, bei der Forschung und Lehre gleichermaßen eine Rolle spielen. Denn eine Hochschule, die nicht forscht, wäre eine Schule. Eine Hochschule, die nur forscht, wäre aber auch keine Hochschule.

FHs gelten als anwendungsorientiert,

die Universitäten dagegen als theoriebasiert …

Koleznik: Wir bilden nicht eine Disziplin aus, sondern die Anwendung in Fächern. Bei uns kann man zum Beispiel nicht Mathematik studieren, aber Versicherungsmathematik wäre denkbar, also eine Anwendungsform von Mathematik.

Fehlt es da den Absolventinnen nicht an Grundlagen?

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Wie finanzieren sich die FHs? Koleznik: Wir finanzieren uns nicht über ein Leistungsbudget wie die Universitäten, sondern erhalten Förderungen pro Studienplatz in der Höhe von neunzig Prozent. Meistens sind die Länder an den FHs beteiligt. Und wir werben Drittmittel ein wie die Universitäten auch, also lassen Unternehmen bei uns forschen. Und dann beschäftigen wir nebenberuflich Lehrende, die mit einem Bein in der Wirtschaft stehen. Das ist auch eine Art Sponsoring.

Was fehlt den FHs heute noch ?

Koleznik: Wir sind angekommen. FH-Absolventinnen finden immer einen Job. Trotzdem gibt es noch Vorurteile, was die Wertigkeit betrifft im Vergleich zum Universitätsstudium. Das gilt es zu überwinden.

Heute gehen manche Universitätsstudien auch schon ein bisschen in Richtung FH mit einer hohen Spezialisierung von Beginn an.

Koleznik: Die Gefahr besteht, dass Bachelorstudien immer mehr vergleichbar werden. Zuviel Angleichung ist nicht gut, weil wir unterschiedliche Aufgaben haben, andere USPs. An den Universitäten gibt es noch ein Quäntchen an jener Freiheit, nicht nur auf wirtschaftliche Gegebenheiten schauen zu müssen. Wir sind eine reiche Gesellschaft und sollten viele Angebote schaffen für unterschiedliche Lerntypen und Lebenskonzepte.

Am Freigelände der Universität für Bodenkultur (BOKU) wachsen Artischoken und anderes Gemüse unbeirrt weiter, während viele der Studierenden zu Hause vor ihren Bildschirmen an Onlineübungen teilnehmen müssen Foto: Nini Tschavoll

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Koleznik: Nein, bei uns geht es auch nicht um die Weiterentwicklung einer Disziplin, sondern eines Faches, das aus einem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedarf heraus entsteht. Wir verknüpfen Disziplinen mit Fächern. Das ist unser USP. Wie entstehen neue Studiengänge?

Koleznik: Das wurde gesetzlich geregelt und geschieht über die Akkreditierungsbehörde. Es braucht Kohärenz- und Akzeptanzstudien. Der ganze Prozess kann bis zu zwei Jahren dauern, denn nach der Bedarfsanalyse entsteht erst das Curriculum und die Finanzierung, Infrastruktur und Personal müssen geplant werden. Nach der qualitätsgesicherten Genehmigung kann man sich beim Ministerium um Geld bemühen. Feedback bekommt man sehr rasch über Bewerber und Arbeitswelt. Wir haben heute mehr als fünfhundert Studiengänge.

Also alles bestens an den FHs? Koleznik: Unser Ziel ist, dass FH-Absolventinnen auch an der FH promovieren können. Derzeit gibt es 700 Dissertierende, die ihre Promotion an der Universität machen. Letztlich fischen FHs wie Universitäten im gleichen Pool um die besten Köpfe, und es wäre schön, Forscherinnen auch halten zu können mit einem Doktorat am Ende. Das Doktorat ist heute noch das Proprium der Universitäten. Aber wenn alle Voraussetzungen an der FH da sind, Forschende, Forschungsfragen, das Geld, an der FH angestellte habilitierte Betreuerinnen, dann gibt es keinen Grund, kein Doktorat machen zu können.

Wie bewerten Sie die Chancen dafür?

Koleznik: Die Politik ist heute viel offener als früher. Auch heute schon gibt es etwa „doc. funds“, das ist eine Kooperation zwischen FHs und Universitäten auf Augenhöhe, ein auf vier Jahre befristetes Programm mit einem Budget von fünf Millionen Euro. Es ist ein erster Schritt, und ich glaube, es täte auch den Universitäten gut, sich hier zu öffnen. Wir könnten dann viel enger zusammenarbeiten und von einander lernen.

Barbara Freitag

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Orientierungslauf Matura, und was weiter?

Endlich ist sie geschafft, die Matura, und die Erleichterung groß.

Doch was nun? Wie geht man an die Frage heran, was nun weiter gemacht werden soll?

Diese Jugendlichen haben nach ihrer Matura in der Abteilung Kunststofftechnik am tgmWien gute Chancen auf einen Job. Die Themenfelder der Umwelttechnik, Chemie und Werkstoffentwicklung sprechen Mädchen und Buben gleichermaßen an, der Mädchenanteil liegt bei über 25 Prozent. Die Kunststofftechnikausbildung am tgm folgt dem modernsten Lehrplan und bietet eine optimale Vorbereitung auf die Zentralmatura. Foto: Nini Tschavoll

„Ich habe mich überrumpelt gefühlt. Der Druck, die richtigen Schritte zu setzen, war enorm.“ So erinnert sich Manuela an die Zeit nach der Matura. Der Erleichterung, den Abschluss erlangt zu haben, folgen Gefühle der Orientierungslosigkeit. „Bin ich die Einzige, die jetzt dasteht und gar nicht weiß, wohin?“ Der Übergang vom geordneten schulischen Kontext ins autonome Erwachsenenleben ist eine Phase, die junge Menschen oft als sehr herausfordernd erleben. „In dieser Übergangszeit Zweifel zu haben, ist eine absolut gesunde Reaktion“, sagt Barbara Schober, Professorin für Psychologische Bildungsund Transferforschung an der Universität Wien. „Achtzehn Jahre deines Lebens war fast alles durchgeplant und geregelt, und jetzt musst du die Dinge plötzlich selbst in die Hand nehmen.“ Freude an der Gestaltung der eigenen Biografie finden. Habe ich Vertrauen in meine Handlungsmöglichkeiten, ist eine der Fragen, die sich nach der Matura stellen. „Man muss junge Menschen dazu ermächtigen, ihren Lebensentwurf in die Hand zu bekommen. Es lohnt dabei, die eigene Biografie zum Gegenstand zu machen und gestaltend einzugreifen – mit viel Wissen darüber,

wo die eigenen Antriebe, Interessen und Stärken liegen“, meint Peter Schlögl, Vorstand des Instituts für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung an der Universität Klagenfurt. „In dem Jahr nach der Matura habe ich einige kleinere Jobs gemacht, um zumindest irgendwas zu tun. Das Gefühl, meinen Weg gefunden zu haben, hatte ich nicht“, erzählt Manuela.

Wenn es darum geht, eine Bildungs- oder Berufswahlentscheidung zu treffen, sollte man sich für den Prozess ausreichend Zeit zu nehmen. In einem ersten Schritt geht es um mehr Klarheit über die eigenen Interessen, Begabungen, Werte und Ziele: Was interessiert mich? Was treibt mich an? Wo sehe ich und wo sehen andere meine Stärken? Der zweite Schritt besteht darin, sich Informationen über die verschiedenen Ausbildungs- und Betätigungsmöglichkeiten nach der Matura zu beschaffen. Neben dem Sichten von Broschüren und Internetquellen helfen Gespräche mit Studierenden und Menschen, die in interessanten Berufen arbeiten. Dann kann man sich fragen, wie gut sich dies mit den eigenen Eigenschaften, Werten und Zielen verträgt.

Wichtig ist, auch die materiellen Ressourcen sowie die zeitlichen und örtlichen Möglichkeiten zu berücksichtigen.

Der Blick von Außenstehenden. Er kann hilfreich sein. Was hier in stark komprimierter Form dargestellt wird, ist in Wirklichkeit ein komplexer Orientierungsprozess, der selten linear verläuft.

Das persönliche Umfeld kann einen dabei unterstützen. Oft ist es aber gerade der unverstellte Blick eines Außenstehenden, der unerwartete Möglichkeiten zeigt oder verschiedene Optionen abwägen hilft. Dazu dienen professionelle Beratungsangebote, darunter die SchulpsychologieBildungsberatung, Beratungen im Berufsinformationszentrum der Wiener Wirtschaft (BiWi) und in den BerufsInfoZentren (BIZ) des AMS, die Studien- und Maturant_innenberatung der ÖH

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sowie die Psychologische Studierendenberatung.

Das WIFI Wien bietet dabei auch eine Potenzialanalyse an: „In drei Terminen klären wir die Potenziale für die berufliche Zukunft. Auf Basis persönlicher Pläne und Erwartungen sowie individueller Fähigkeiten, Interessen und Neigungen, die in einer Testphase ermittelt werden, erarbeiten wir gemeinsam konkrete Ausbildungsziele oder Berufsmöglichkeiten“, erklärt Franz Stadler, Akademischer Bildungs- und Berufsberater beim WIFI. „Über Gespräche mit einem Freund der Familie habe ich schließlich doch den Weg an die Uni gefunden“, führt Manuela aus. „Ich habe ein kulturwissenschaftliches Studium begonnen, was viele wohl als eher brotlose Kunst bezeichnen würden. Ich konnte mich aber wirklich für die Inhalte begeistern.“

Studieren, was einen wirklich begeistert. Trotz bester Vorbereitung: die Angst vor einer Fehlentscheidung ist groß. Übersehe ich womöglich ein Angebot, das noch besser zu mir gepasst hätte? „Von dem Gedanken, das Passende finden zu müssen, sollten wir uns verabschieden. Das Passende gibt es nicht, nur etwas, das in einer bestimmten Lebensphase Lern- und Bildungsenergien freisetzt. Genau das braucht es, um ein Studium zu absolvieren“, sagt Peter Schlögl. Mit wachsendem Erfahrungsschatz wachse auch die

GESUNDHEIT & NATURWISSENSCHAFTEN

INTERNATIONALES & WIRTSCHAFT

Europäische Studien

wwww.karrierekompass.at ; www.studierendenberatung.at studienwahl/5-schritte-der-entscheidungsfindung/einstieg www.ams.at/b_info/download/berwa_matura.pdf AMS-Broschüre „Berufswahl Matura ...“ www.wko.at/site/Biwi/matura.pdf BiWi- Broschüre „Matura. Was nun?“

RECHT

Wirtschaftsrecht Risikoprävention und Katastrophenmanagement

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Philosophische Praxis

Studium Generale

BILDUNG & SOZIALES

Berufswahlkompetenz. „Das entsteht erst durch Erfahrung und durch Auseinandersetzung. Daher muss es auch immer Zeitpunkte geben, an denen man bestimmte Entscheidungen zurücknehmen kann“, so Schlögl. „Es ist eine Zeit des Sich-Selber-Findens und das ist gut und richtig so.

Also keinen Stress machen, sondern sich bewusst Zeit nehmen, herauszufinden, was man machen will“, rät Barbara Schober. Ein Freiwilliges Soziales Jahr oder ein (Auslands-)Praktikum kann manchmal helfen, die Dinge in Ruhe zu betrachten.

Manuela hat ihr Studium erfolgreich abgeschlossen und ist heute angestellt. „In meinem Team bin ich die Einzige mit kulturwissenschaftlichem Studium. Von unseren unterschiedlichen Perspektiven und Zugängen profitieren alle.“ Für jene, die sich in der Orientierungsphase nach der Matura befinden, hat sie folgenden Rat: „Macht etwas, das euch wirklich interessiert.

Und holt euch jede Unterstützung, die ihr für eure Entscheidung benötigt.“

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Lehrstoff Was uns das Virus zeigt ­ chülerinnen und Schüler stammen aus ärmeren und bilS dungsfernen Haushalten, oft ohne Laptop und schnellem Internet. „Für mich war das alles sehr frustrierend. Ich habe recht rasch das Gefühl bekommen, ich erreiche niemanden mehr.

Die meisten sind nicht von sich aus so strukturiert, dass sie sich hinsetzen und lernen. Viele sind komplett weggebrochen.“ Bis alle mit Laptops versorgt waren, vergingen Wochen. Oft scheiterte die Teilnahme am E-Learning dann am fehlenden Internetzugang. „Ich befürchte, dass sich die Auswirkungen dieses Lockdowns auch noch lang durch die Bildungskarrieren ziehen werden. Das, was in den letzten Wochen und Monaten nicht gelernt wurde, lässt sich nicht so einfach aufholen“, erklärt T­obias Buchner, Leiter des Instituts Inklusive Bildung an der Pädagogischen Hochschule OÖ. Es sei daher essentiell, dass rasch technische Voraussetzungen geschaffen werden, damit wirklich alle am Onlineunterricht teilnehmen und nicht

Für Lehrende sind der Lockdown und seine F ­ olgen lehrreich: Sie haben die Ungerechtigkeit des heimischen Bildungssystems und die Unzulänglichkeit von Onlineunterricht unmittelbar erfahren „Natürlich war das eine Riesenumstellung. Man wird nicht Lehrperson, um Stunde um Stunde vor dem Bildschirm zu sitzen. Im Grunde hat es aber ganz gut geklappt“, sagt E ­ lisabeth Vietz (alle Namen von der Redaktion geändert – Anm.) über ihre Lockdown-Erfahrungen als Lehrerin an einem privaten Gymnasium in einem südlichen Außenbezirk. „Mir ist aber klar, dass meine Schülerinnen und Schüler alle privilegiert sind.

Da hat jeder auch die technischen Möglichkeiten, am virtuellen Unterricht teilzunehmen. Und selbst wenn sich viele Eltern überfordert fühlten, waren sie zumindest für uns erreichbar.“ Das war nicht die Norm, weiß Amalia Stifter: „Da liegen Universen zwischen den Schulen – selbst innerhalb Wiens und gleicher Schultypen.“ Sie unterrichtet an einem öffentlichen Gymnasium im Westen der Stadt. Die meisten ihrer

„Wenn ich persönlich etwas Positives daraus mitnehmen kann, dann dass das Bildungssystem jetzt im Fokus steht, und man thematisiert, dass nicht alle die gleichen Chancen haben“, resümiert die Lehrerin Stifter den Lockdown. Das Aufgabenheft der Bildungspolitik ist damit gut gefüllt Fotos: iStock

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„­ verschwinden“. Die Lehrerin Stifter wünscht sich auch Sozialarbeitende, um den Kontakt zu jenen Kindern und Jugendlichen zu halten, die weder direkt noch über ihre Erziehungsberechtigten erreichbar sind. „Was bisher kaum betrachtet wurde, ist, dass für Kinder, die auf spezifische, mitunter intensive Unterstützung angewiesen sind – etwa jene mit kognitiven Einschränkungen – Onlineunterricht keine brauchbare Alternative darstellt“, sagt ­Buchner.

Selbst im Lockdown sei für sie daher eine Form des Präsenzunterrichts sinnvoll. „Unter meinen Studierenden sind viele Alleinerzieherinnen. Viele von ihnen haben auch noch im Homeoffice gearbeitet. Für das Studieren bleibt dann kaum noch Zeit.“ Er zeichnet Vorlesungen auf, um Studierenden mehr Freiraum bei der Auseinandersetzung mit dem Stoff zu Mitte März wurden die Universitäten geschlossen und der Unterricht verschaffen: „Dabei hat man aber immer ein etwas an den Schulen ausgesetzt. Ein Forschungsteam der Fakultät für komisches Gefühl, weil das ja auch einem neolibera­Psychologie der Universität Wien hat Studierende, Schülerinnnen und len Einsparungsdiskurs in die Hände spielen kann.“ Schülern aber auch Lehrpersonen in dieser Zeit mit einer groß ­angelegten Videovorlesungen und Seminare erlauben UniverStudie begleitet. sitäten, Kosten einzusparen, weil weniger InfrastrukDie Ergebnisse unter: https://lernencovid19.univie.ac.at tur benötigt wird. Alles, was aufgenommen wurde, kann auch beliebig oft wiederholt werden, denn die Rechte an den hergestellten Inhalten liegen im Regelfall bei den Universitäten. Das könnte langfristig dazu führen, dass statt dass die Lehrkräfte mehr Zeit für sie hatten. Die Erleichterung Präsenzvorlesungen nur mehr einige wenige Videovorlesungen von Topüber die Rückkehr ins Klassenzimmer sei allgemein groß geWissenschaftlerinnen verfügbar sind. „Die Freiheit von Lehre und Forwesen, und die Stimmung trotz der Ungewissheit gut. Alle schung lebt aber genau von der Vielfalt an Zugängen und Meinungen, freuen sich, wieder in einem gewohnten sozialen Umfeld lernen und Freunde treffen zu können. Auch das Lernen würde weil diese immer wieder Debatten anstößt. E-Teaching hat sicher viele Vorteile, wenn es aber auf Kosten dieser Vielfalt geht, ist das kritisch zu von der klassischen Lernsituation profitieren, so Stifter: „Beim hinterfragen“, so Buchner. virtuellen Unterricht dauert es viel länger, bis alle soweit sind, Auch Vietz weiß von Licht und Schatten des Onlineunterrichts zu bedass wir anfangen können. Die Konzentration hält auch nicht richten: „Natürlich ist es mit einem gewissen Mehraufwand verbunden. so lange. Im normalen Präsenzunterricht gelingt das besser.“ Gerade das Formulieren von Aufgabestellungen ist anspruchsvoll. AndeEine Erfahrung, die auch Buchner gemacht hat: „Erst onrerseits habe ich aber auch selber mehr Zeit gehabt, mich intensiver als line merkt man, wie sehr die physische Präsenz Aufmerksamim Normalbetrieb mit dem zu beschäftigen, was die Schülerinnen und keit fördert und damit Lernprozesse verändert. Man bekommt Schüler eingereicht haben.“ Manche, vor allem die Ruhigeren, seine in einfach viel weniger nonverbales Feedback, wenn man auf eidieser virtuellen Lernsituation, frei vom sozialen Druck der Klasse, regelnen Bildschirm mit zwanzig Kameraausschnitten starrt, von denen dann die Hälfte auch noch schwarz ist.“ Die angehenrecht „aufgeblüht“. Beide Lehrerinnen erzählen auch von positivem Feedback der Jugendlichen auf die halbierten Klassen. Sie hätten es genossen, den Lehrpersonen, die er unterrichtet, sind nicht kamerascheu, doch im ländlichen Raum ist die Internetverbindung vielerorts zu langsam, um Bild und Ton stabil zu übertragen. „Die himmelschreienden Ungerechtigkeiten des österreichischen Bildungssystems sind noch deutlicher geworden. Es ist klar, dass hier etwas passieren muss“, sagt Vietz. Werner Sturmberger

Was wir über Lernen im Lockdown wissen

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Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie der Windkraft, ­Solaranlagen oder Wasserkraft für das digitale Zeitalter Fotos: pixabay

An Österreichs Universitäten werden schon seit einigen Jahren Fernlehre und unterstützende digitale Technologien angeboten. Der dafür nötige Strom soll in ein paar Jahren mit Hilfe von erneuerbaren Energien zur Verfügung gestellt werden. Auch schon bevor uns Corona das Leben schwer gemacht hat, war Fernlehre oder sogar ein gesamtes Fernstudium bei vielen beliebt.

In den letzten Monaten konnte beobachtet werden, dass Privathaushalte durch Homeoffice und Homelearning deutlich mehr elektrische Energie konsumiert haben. Strom aber soll ab 2030 in Österreich zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Dieses Ziel will die Regierung mit dem Erneuerbaren-AusbauGesetz (EAG), dessen Begutachtungsfrist Ende Oktober auslief, erreichen. Wie sieht es mit der Stromversorgung der für Fernlehre und Home Learning verwendeten Geräte aus? Wird die Versorgung weiterhin gewährleistet sein, wenn der Strom nur noch aus Wasser, Sonne, Wind und Biomasse generiert wird?

Den größten Verbrauch an elektrischer Energie verzeichnen in Österreich Industrie und produzierendes Gewerbe. Beim Gesamtstromverbrauch ist der Verbrauch der österreichischen Haushalte überschaubar. „Der Einsatz von digitalen Geräten wie Computern ist dabei nur für einen geringen Anteil verantwortlich. Daten der Statistik Austria zeigen etwa, dass im Jahr 2018 der Bedarf von Büro- und Unterhaltungselektronik ungefähr zehn Prozent des Stromverbrauchs der privaten Haushalte ausmachte“, erklärt Günter Pauritsch, Leiter des Centers für Energiewirtschaft und Infrastruktur der Österreichischen Energieagentur. Ein Standcomputer oder Laptop verbraucht viel weniger Strom als Geräte, die Wärme oder Kälte erzeugen, als Wäschetrockner oder Kühlschrank. „Wenn nun jemand ein Fernstudium macht oder im Home Office arbeitet, muss man auch immer miteinbeziehen, dass dann keine Energie verbraucht wird, um zur Universität oder zum Arbeitsplatz zu fahren. Dem geringen Mehrverbrauch an Strom durch einen Laptop zu Hause steht

Denkstrom Günstige Winde für das Studium Ab 2030 soll der gesamte Strombedarf in Österreich aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Reicht das aus, um bei erhöhtem Homeoffice, Home Learning oder Fernlehre die dazu benötigten Geräte verlässlich zu speisen?

dann zumeist eine deutliche Energieersparnis gegenüber,“ sagt Pauritsch. „Tatsächlich könnte Home Office durch die teilweise Vermeidung des Berufsverkehrs durchaus als eine Klimaschutzmaßnahme angesehen werden.“ Noch viel deutlicher zeige sich dieses Phänomen, wenn etwa durch Videokonferenzen manche Dienstreisen mit dem Flugzeug überflüssig werden.

Derzeit bezieht Österreich zwei Drittel der gesamten Energie aus fossilen Energieträgern. Beim Strom sieht es umgekehrt aus, hier stammen immerhin schon deutlich mehr als siebzig Prozent aus Wasser, Sonne, Wind und Biomasse. „Österreich bis 2030 bilanziell zu hundert Prozent mit Strom aus erneuerbaren Quellenzu versorgen, ist sicherlich eine der größten Herausforderungen der letzten Jahrzente“, betont Pauritsch. Dazu muss einerseits die Energieeffizienz erhöht werden, andererseits müssen die erneuerbaren Energieträger ausgebaut werden. Der aktuelle Entwurf des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes besagt, dass die jährliche Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern 2030 um 27 Terawattstunden (TWh) erweitert werden soll. Der Hauptausbau wird im Bereich der Photovoltaik und der Windenergie liegen, wo momentan noch die größten ungenutzten Potenziale vorhanden sind. Mit zusätzlichen elf TWh macht hierbei Solarenergie den größten Anteil aus, gefolgt von der Windkraft mit zehn TWh, Wasserkraft mit fünf TWh und Biomasse mit einem TWh. Auch Stefan Moidl, Geschäftsführer der Interessensgemeinschaft Windkraft, ist der Meinung, dass die gesteigerte Nutzung der digitalen Technologien in privaten Haushalten nicht besonders ins Gewicht fällt.

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„Wenn durch Fernstudien oder vermehrtes Homeoffice ein Mehrverbrauch an elektrischer Energie in den Haushalten entsteht, so müsste dieser dem Minderbrauch, etwa im Verkehr durch den Wegfall des Arbeitsweges gegengerechnet werden. Im Verhältnis zu anderen Aufgaben ist die Verwendung von privaten digitalen Geräten eine eher untergeordnete Größe“, sagt Moidl.

Die Nachfrage an erneuerbare Energien wird in kurzer Zeit stark steigen. „Es ist wichtig, frühzeitig und konstant die erneuerbaren Energien aufzubauen, das sagen wir schon lange. Der Ausbau muss jetzt endlich erfolgen. Für die Industrie wird die Verfügbarkeit erneuerbare Energie künftig einer der wich-

tigsten Standortfaktoren sein“, ist sich Moidl sicher. Derzeit macht die Windkraft etwa elf Prozent der österreichischen Stromversorgung aus. Dies soll nun bis 2030 um ungefähr 25 Porzent gesteigert werden, nämlich um zehn TWh. „Es geht einerseits um neue Projekte oder den Ersatz alter Anlagen. Viele Anlagen haben zwanzig Jahre überschritten und müssen durch moderne, leistungsstärkere Windräder ersetzt werden. Das heißt an manchen Orten werden dann weniger, aber dafür leistungsstärkere Windräder stehen.“ Sophie Hanak

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Rochade Personal nur noch digital?

Immer öfter ist bei der Besetzung offener Stellen Software im Spiel

„Kein nervöses Zupfen an der Kleidung, keine übertriebene Neugier. Am besten bleiben Sie ruhig sitzen und verfolgen die Geschehnisse um Sie herum mit Interesse.“ So der Ratschlag einer InfoWebsite für den Fall, dass man beim Bewerbungsgespräch zu früh dran ist. Neben sauberen Fingernägeln, frisch gewaschenen Haaren und dem Verzicht auf die angebotene Zigarette nur einige jener Do’s und Don’ts, die jahrzehntelang Gültigkeit gehabt haben. Bis vor sehr Kurzem.

Die digitale Jobvermittlung mag vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie ein Vorteil sein, weil ein Face-to-face-Gespräch gar nicht stattfinden kann. Aber kriegt der „blinde“ Algorithmus das besser hin als ein Recruiter aus Fleisch und Blut? Oft ist es ein beiläufiger Satz im Bewerbungsgespräch oder eine zufällig entdeckte Gemeinsamkeit zwischen Rekrutierender und Bewerber, die über eine Einstellung oder das Vorrücken in die nächste Runde entscheiden.

Mit dem automatisierten Auswahlverfahren auch mithilfe von Chat-Bots allein ist es nicht getan.

Mittlerweile kann man sich den eigenen Stellenbedarf durch Künstliche Intelligenz vorhersagen lassen. Das spart Zeit und Geld. Die Möglichkeiten, die sich Unternehmen bieten, sind evident. Aber welche Bedürfnisse haben Jobsuchende?

Die Onlinejobplattform StepStone und der deutsche Bundesverband der Personalmanager BPM wollten es genau wissen und haben dazu 12.800 Personen befragt, darunter 2.600 Personalmanager. Wer sich bewirbt, hat vor allem einen Wunsch: Schnell soll es gehen, und einfach soll es sein. 57 Prozent der Befragten bevorzugen den digitalen Bewerbungsprozess, sei es durch das Hochladen eines Lebenslaufs, sei es durch das Ausfüllen ­eines

Foto: iStock

Eine Mehrheit an Jobsuchenden schätzt die Möglichkeit digitaler ­Suche, will aber letztlich von Menschen bewertet werden

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Formulars. Eine noch größere Mehrheit, nämlich achtzig Prozent, bewertet ihre eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse, um digitale Instrumente in einem Bewerbungsprozess zu nutzen, als „sehr gut“ oder „gut“.

Die bekannteste österreichische Plattform karriere.at verzeichnet über vier Millionen Besuche monatlich. 23.000 Unternehmen präsentieren sich dort.

Suchen kann man nach einer bestimmten Berufsbezeichnung oder nach Jobs in einer bestimmten Region, aber auch nach Anstellungsart, Positionsebene oder Gehalt. Neben großen Plattformen wie dieser gibt es kleinere, die auf bestimmte Branchen fokussieren. TheDigitalTalents.com etwa ist eine spezialisierte Jobplattform für die Digitalwirtschaft. Die 2017 gestartete Platt-

Nur 7 Prozent können sich vorstellen, durch digitale Tools bewertet zu werden

form derbrutkasten.com vermittelt Jobs in Start-ups und innovativen Unternehmen. Dagegen mutet die seit 2003 bestehende Jobplattform Xing wie ein Dinosaurier an. Wer sich auf Xing präsentiert, tut dies aber in erster Linie, um zu netzwerken. Kostenlos ist das nicht, immerhin hat Xing weltweit mehr als 1.500 Beschäftigte (Stand 2018).

Eine urösterreichische Plattform ist das fünf Jahre alte hokify.at. Der Name kommt vom Dialektausdruck „Håckn finden“. Der Auftritt bei der Puls-4Show „2 Minuten – 2 Millionen“ bescherte den Gründern das Startkapital. Mit Erfolg: 45.000 Bewerbungen wurden allein letzten Oktober versendet. Monatlich nutzen rund 700.000 die mobile Jobplattform, rund 3.000 Jobs werden besetzt. 47 Mitarbeiter sind dafür im Einsatz. Die Plattform fokussiert auf den Fachkräftebereich bzw. den gewerblichen Arbeitsmarkt. „Das Angebot reicht von Lehrstellen über geringfügige und Teilzeitjobs bis hin zu hochqualifi-

zierten Stellen im Fachkräftesektor“, sagt H ­ okify-Sprecher ­Sebastian Prax, und fügt hinzu: „Einen Job als Jurist findet man über hokify eher nicht.“ Ein Vorteil von hokify ist, dass der gesamte Prozess am Smartphone, erledigt werden kann. „Traditionelle Karrierportale verlinken für eine Bewerbung oft auf externe Seiten, wo komplizierte Formulare ausgefüllt oder Bewerbungsdokumente hochgeladen werden müssen“, so Prax. Wem das zu lange dauert, bricht den Vorgang schnell ab. Wer via hokify eine Stelle sucht, legt zuerst ein Profil an, und mit einem Klick auf ein Jobinserat starten Jobsuchende direkt in einen vollwertigen Bewerbungsprozess am Smartphone. Wer heute 16-jährig auf Lehrstellensuche ist, kann mit der Forderung nach einem ‚Motivationsschreiben‘ oft gar nichts anfangen“, sagt Sebastian Prax.

„Effizienz und Menschlichkeit sind kein Widerspruch“, resümiert Stefanie Müller, Senior Director HR bei StepStone, die Ergebnisse ihrer Studie. Denn in einem Punkt waren sich die Befragten einig: 63 Prozent unterstreichen, dass sie ab dem ersten Kennenlerngespräch mit Menschen agieren und von Menschen bewertet werden wollen. Nur sieben Prozent können sich vorstellen, durch digitale Tools bewertet zu werden. Die Analyse von Stimme und Mimik während eines Job-Interviews lehnen Bewerber zu 62 Prozent ab.

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Der Digitale Nomade unterscheidet sich vom Homeofficearbeiter durch seine örtliche Flexibilität Foto: iStock

Im Akkord Arbeiten rund um die Uhr? Corona befördert auch Arbeitsformen und Arbeitszeitmodelle – vom Digitalen Nomaden bis zur Vertrauensarbeitszeit

Rund eineinhalb Millionen Arbeitnehmende in Kurzarbeit. Über vierzig Prozent der Erwerbstätigen von zuhause aus tätig. Kommunikation fast nur per Videokonferenzen: Corona hat herkömmliche Arbeitsweisen und ihren zeitlichen Rahmen verändert und Alternativen zum 9-to-5-Anwesenheitsjob gezeigt. Sie werden nicht wieder verschwinden, wie die Studie „Wie Corona die Arbeitswelt verändert“ des Thinktanks Agenda Austria vom September dieses Jahres prophezeit: „Viele Entwicklungen, gerade auch am Arbeitsmarkt, werden nachhaltig bestehen bleiben.“ Die gravierendste Auswirkung der Krise ist, dass Homeoffice auch in Österreich Fuß gefasst hat: Nicht in Branchen wie Gastronomie, und nicht in großen Teilen von Tourismus, Handel und Kultur sowie bei Dienstleistern, die auf Kundenkontakt angewiesen sind, wohl aber in wissensbasierten Sparten wie Informatik Wissenschaft und Medien. Berechnungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kommen zum Schluss, dass mehr als jeder dritte Job in Österreich dauerhaft im Homeoffice ausgeübt werden kann.

Problemlagen beim Arbeiten im Homeoffice. Die Schwierigkeit beim Homeoffice liegt vor allem im Fehlen von rechtlichen Rahmenbedingungen. Gesetzlich geklärt ist nur, dass auch am häuslichen Arbeitsplatz ein Unfall als Arbeitsunfall gilt. „Wird die Hardware für das Homeoffice bereitgestellt, dann gelten auch gewisse

­ rbeitnehmerschutzrichtlinien wie beispielsweise die SiA cherstellung der richtigen Sitzhaltung oder Bildschirmabstand“, erklärt Hanno Lorenz, Studienautor und Forscher bei der Agenda Austria. Das ist momentan in vielen Fällen nicht gegeben, weil der Umstieg so schnell erfolgen musste. So ist auch unklar, wie die Arbeitnehmenden für den Einsatz eigener Geräte entschädigt werden, ob man Teile der Miete und der Betriebskosten steuerlich absetzen kann und wie die Arbeitszeit geregelt werden muss.

Vor allem aber fehlen Bestimmungen, welche Kontrollbefugnisse Arbeitgebenden beim Homeoffice eingeräumt werden. Ihre Mitarbeitenden nicht (ausreichend) kontrollieren zu können, war ja genau der Grund, warum sich bislang viele von ihnen gegen das Homeoffice gesträubt haben. Die Anwendung von Überwachungssoftware ist rechtlich problematisch: Das österreichische Datenschutzgesetz verbietet Bildaufnahmen von Mitarbeitenden zu Kontrollzwecken. Zudem setze, wie Lorenz klar macht, digitales Arbeiten eine Vertrauensbasis zwischen Arbeitgebenden und Mitarbeitenden voraus. „Vertrauen braucht es ja auch im Büro. Niemand kann ständig alles kontrollieren, auch wenn das technisch möglich wäre. Wenn Arbeitgebende nicht das Vertrauen in ihrer Mitarbeitenden haben, dass sie zuhause im Interesse des Unternehmens handeln, wird sich das Homeoffice schwer durchsetzen lassen.“

Digitale Nomaden und Co-Working am Land. Die Arbeit im Homeoffice muss nicht notwendigerweise innerhalb von Firmenstrukturen erfolgen. Sie kann auch über nationale Grenzen hinweg in Form wechselnder Teams für Projekte organisiert werden. „Mit der Digitalisierung“ erklärt der Zukunftsforscher Andreas Reiter, Leiter des ZTB Zukunftsbüros, „ändern sich Arbeitsorte und mit ihnen Zeitmodelle.“ Eines der Ergebnisse des digitalen Umbruchs ist die Existenzform des Digitalen Nomaden, der arbeitend durch die Welt zieht. Oft sammeln sich Digitale Nomaden an bestimmten Orten, so ist Lissabon derzeit ein Hotspot, und

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nutzen Co-Working Spaces, um ihrer Arbeit nachzugehen und sich auszutauschen. Solche Räume haben auch Großkonzerne bereits auf dem Radar: Unternehmen wie TUI oder Mercedes haben Mitarbeitende in Co-Working Spaces geschickt, um ihnen Impulse und Denkanstöße zu vermitteln. Vor gut einem Jahr hat im Mühlviertel ein CoWorking Space, das Granitlab, den Betrieb aufgenommen. „Solche Projekte sind die Chance des ländlichen Raums für eine bessere Infrastruktur“, betont Reiter.

Der Digitale Nomade arbeitet auf Basis der Vertrauensarbeitszeit: In diesem Modell ist bei freier Zeiteinteilung und ohne Anwesenheitspflicht eine vereinbarte Aufgabe zu erfüllen. Für Menschen mit dem Bedürfnis nach Zeitautonomie attraktiv, birgt es allerdings Risken für Arbeitgebende: Vertrauensarbeit ist nicht gesetzlich geregelt und entbindet den Arbeitgebenden weder von der Pflicht der Zeitaufzeichnung noch vom Einhalten der Höchstarbeitszeitgrenzen und Ruhebestimmungen. Dazu kommt die Möglichkeit eines Zerwürfnisses mitten im Projekt.

Arbeitszeiten in Österreich: sehr heikel. Es empfiehlt sich daher eine Kombination von Vertrauensarbeitszeit und anderen flexiblen Arbeitszeitformen: der Gleitzeit etwa, bei der Arbeitnehmende innerhalb eines zeitlichen Rahmens den Beginn und das Ende ihrer täglichen Arbeitszeit selbst bestimmen, oder der durchrechenbaren Arbeitszeit, bei der innerhalb eines definierten Zeitraums je nach Bedarf in bestimmten Perioden mehr, in ruhigeren weniger gearbeitet wird.

Arbeitszeiten sind ein heikles Thema, weil sie traditionell den Schlüssel zum Lohn bilden. „Dabei zeigen Studien“, sagt Hanno Lorenz, „dass Arbeitnehmende besser motiviert werden können, wenn ihre Arbeit anhand der Erreichung von Zielen gemessen wird, statt ihre Arbeitsmoral auf Zeitbasis zu überwachen. Dennoch, Arbeitszeiten sind ein sensibles Thema und haben in der Vergangenheit zu jahrelangen und letztlich erfolglosen Verhandlungen der Sozialpartner geführt. Mit einer raschen Veränderung ist daher hierzulande eher nicht zu rechnen.“ Bruno Jaschke

Weiterführende Links zur Homeofficearbeit Agenda Austria Studie: www.agenda-austria.at/publikationen/wie-corona-die-arbeitswelt-veraendert Info-Seite der WKO: www.wko.at/service/arbeitsrecht-sozialrecht/Eine-Serie-zur-Arbeitszeit.html Zur Überwachung: www.at/cms/S06/S06_0.a/1342629509832/homeueberwachung-im-home-office-wasder-chef-darf-und-was-nicht Arbeiten nach Corona: https://link.springer.com/article/10.1365/s35764-020-00272-0

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Mathespaß MINT-Mut statt Mimimi Brauchen Mädchen und junge Frauen spezielle Förderung, um sich für Mathematik und Informatik als Studier- und Arbeitsfeld zu begeistern?

Was funktioniert, sagen Führungskräfte an TU Wien und Universität Wien

Eine Abneigung von Frauen gegenüber Technik und Naturwissenschaft kann Sabine ­Seidler, Rektorin der TU Wien, nicht bestätigen: „Es sind oft die Umstände oder das Umfeld, die einen Berufsweg am Beginn beeinflussen. Hier ist die Gesellschaft gefordert, tradierte Rollenbilder aufzubrechen. Die Universität hingegen, ein gedeihliches, interessantes Umfeld zu schaffen. Wir sind auf einem guten, wenngleich fordernden Weg.“ Auch Wilfried Gansterer, Dekan der Fakultät für Informatik an der Universität Wien, sieht in der Sozialisierung einen wichtigen Hebel. Als Hemmschuh nennt er die Vereinbarkeit, da Arbeitgeber in bisher männlich dominierten Branchen in dem Bereich nicht so gefordert waren.

Drei neue Professorinnen wurden seit 2016 berufen, im Oktober 2020 auch zwei Vizedekaninnen: „Es ist entscheidend, dass die Fakultät beispielhaft vorangeht, damit weibliche Rollenbilder gesehen werden.“ Der neue Dekan der Fakultät für Mathematik, Radu Boţ, zuvor vier Jahre Vizedekan, sieht das Haus mitten in einem Prozess: „Wir bemühen uns an der Fakultät, uns zeitgemäß aufzustellen, können aber nicht an allen Stellen eingreifen.“ Seine Kurven-Diagramme zeigen, dass seit 2016 der Frauenanteil bei Laufbahnstellen von 16 auf 33 Prozent gesteigert wurde. 2010 gab es keine Mathematikprofessorin, 2020 sind es drei.

In allen Bewerbungsprozessen waren Frauen in der Endrunde, aber im Kampf um die begehrten Köpfe konnten andere Universitäten oft das bessere Angebot machen.

Vier Männer zeigt das Foto des neuen Leitungsteams der Fakultät, aber Frauen sind laut Boţ „selbstverständlich in alle Entscheidungsprozesse einbezogen, was zu einer hohen Beanspruchung und manchmal auch Beschwerden führt.“ Im Dekanat mitmachen wollte keine der gefragten Frauen. Erfreulich ist für den Dekan, „dass wir 30 Prozent Master-Absolventinnen haben und an der Schwelle zum Doktorat keine Frauen verlieren.“ Er befürwortet eine

„Ich hatte einen Commodore Amiga und glaube, dass in den ersten zehn Lebensjahren viel angelegt wird.“ Laura Nenzi, Mathematikerin

Mach’ freudig Fehler!

Sag etwas, auch wenn Du nicht hundertprozentig sicher bist!

Behalte Deine Emotionalität, aber nimm nicht alles bierernst Laura Nenzis Empfehlungen für junge Frauen in MINT-Fächern Foto: Nini Tschavoll

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breite, gemischte Begabtenförderung ab der Volksschule mit Matheteams in allen Schulstufen, um die qualitative Mitte anzusprechen. Ähnlich wie beim Sport kämen aus dem Kader nicht alle in die nationale Auswahl, aber junge Frauen schätzen Teambuilding und Austausch mehr, ist der Vater zweier Töchter überzeugt.

Die Berufung einer Rektorin an die TU Wien 2011 war ein starkes Signal: „Die Verankerung der Gender- und Gleichstellungsthematik im Rektorat war ein wichtiger, organisatorischer Schritt. Seither bauen wir an dem Maßnahmengerüst, das MINT-Fächer für Mädchen und Frauen attraktiv macht, ständig weiter.“ Die TU-„MINT-Map“ bildet alle Informations- und Unterstützungsangebote ab. „In allen TU-Studien ist jeder dritte Platz im Hörsaal von einer Studentin besetzt. Das werten wir als Erfolg und Aufwärtstrend“, so Seidler. Der Frauenanteil bei den ordentlichen Professuren mit Berufungsverfahren liegt in der Informatik bei 24 , in Mathematik und Geoinformation bei 12,5 Prozent. Im Jahr 2019 wurden von sechs unbefristeten Professuren zwei mit Frauen besetzt. Bei Tenure-Track-Verfahren lag der Anteil bei fünfzig Prozent.

Dekan Wilfried Gansterer sieht Programme der Informatikfakultät als sich ergänzende Bausteine: Ein MentoringProgramm für Neulinge im Studium (m/w/d), das „Frauen in die Technik“- Studienorientierungsprogramm ab der 10. Schulstufe, Töchtertag, Kinderuni-Workshops, Trainings für Wissenschaftlerinnen verschiedener Karrierestufen universitätsweit, die Tätigkeit des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen und ein halbtägiger Diversity-Workshop, „der (unbewusste) Stereotypen bewusster gemacht hat “.

Praxisorientierter Informatikunterricht stünde auf der Wunschliste von Radu Boţ und „es wäre hilfreich, wenn sich Meinungsbildende nicht damit brüsten, in Mathe eine Null gewesen zu sein.“ Der Dekan der Fakultät für Mathematik weiß, dass die Informatik an der Uni Wien bei den Professorinnen die Nase vorne hat und führt das auf den hohen Anwendungsgrad und die konkrete Problemlösung zurück, die Frauen vielleicht (noch) mehr ansprechen. Zwei Botschaften will er anbringen: „Die Entwicklung unserer Gesellschaft läuft stark über Mathematik und Informatik. Unter Mathematikabsolventinnen liegt die Arbeitslosenrate unter einem Prozent.“ Astrid Kuffner

Laura Nenzi bekam 2020 den Hedy-Lamarr-Preis für Frauen, die Innovation in der IT vorantreiben, zugesprochen. Sie wurde 1984 in Venedig geboren, lebt seit 2017 in Wien, arbeitet als Post-Doc am Institut für Computer Engineering der TU Wien über Cyber-Physical Systems und hat eine Teilzeitstelle als Assistenzprofessorin am Department für Mathematik und Geowissenschaften der Universität in Triest. Ihre Überlegungen zur Förderung von Frauen in den MINT-Fächern: Früh genug anfangen, am besten schon in der Volksschule: „Ich fand immer, dass Schach mein Denken sehr geprägt hat.

Ich hatte einen Commodore Amiga und glaube, dass in den ersten zehn Lebensjahren viel angelegt wird.“ Sie selbst ist Teil einer Initiative namens „coding girl“, die Computer Science Studierende für Basiskurse an Mittelschulen vermittelt.

„Es wäre hilfreich, wenn sich ­Meinungsbildende nicht damit brüsten, in Mathe eine Null gewesen zu sein“, Radu Bot, Mathematiker

Der Wissenschaftsfonds FWF setzt seine Karriereförderung mit Frühjahr 2021 neu auf. Die Auswertung der Anträge in der frühen Karrierephase ergab, dass Frauen in technischen und naturwissenschaftlichen Fächer deutlich unterrepräsentiert sind, was nicht zuletzt der Ausgestaltung der Programme geschuldet war. Die Chemikerin Edith Gößnitzer, Expertin für Gleichstellung, betont, dass auf Ebene der Professuren noch Frauen fehlen, aber der Nachwuchs definitiv da sei.

Es brauche Veränderungen in den Strukturen, spezifische Frauenförderung aber nur mehr für Teilbereiche. Es soll etwa in Mathematik nicht nur eine Professorin geben, sondern „sich eine kritische Masse entwickeln. Dann tut sich auch etwas im Umfeld. Auch hier gibt es qualifizierte Frauen, sie benötigen jedoch die Bereitschaft der Forschungsinstitution, sie zu halten und ihnen Perspektiven zu geben”. In den Biowissenschaften sind Frauen heute schon in der Überzahl.

Role-Models bleiben wichtig. Das neue Early-Stage-Karriereprogramm für Postdocs namens ESPRIT („Early Stage Programme: Research, Innovation, Training“) adressiert den Förderungsbedarf in einem gemeinsamen Programm und löst das Lise-Meitner- und das Hertha-Firnberg-Programm ab. Einheitliche Antragsvoraussetzungen und mehr Budgetmittel bringen Vorteile für alle Antragsstellenden mit sich. Die Hälfte der Projektförderungen ist für Frauen vorgesehen.

Die Laufzeit umfasst in Zukunft drei Jahre, die projektspezifischen Mittel werden erhöht und können innerhalb eines Globalbudgets flexibel eingesetzt werden. Um die wissenschaftliche Eigenständigkeit der Forschenden zu unterstreichen, setzt ESPRIT auf Mentoring zur Unterstützung der langfristigen Karriereentwicklung. Die Konzeption der Forschungsförderung in einer fortgeschrittenen Karrierephase wurde verlängert - das Elise-Richter- und das STARTProgramm werden vorerst fortgeführt.

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Zahlstelle Wer das liest, befindet sich wahrscheinlich im Lockdown 73 45.000 Schülerinnen und Schüler beklagten in einer S ­ tudie der Universität Wien, ihr Wohlbefinden sei im ersten Lockdown dieses Jahres gesunken. Das sind sechs ­Prozent aller Schülerinnen und Schüler in Österreich.

70.000

Schülerinnen und Schüler dürften durch den ­ersten Lockdown im Frühjahr des Jahres erhebliche Einbußen in ihrem Wohlbefinden und bei ­ihren schulischen Leistungen erlitten haben.

Prozent von 1.760 online befragten Lehrerinnen und Lehrern in Österreich gaben an, mit dem Unterrichten von zu Hause aus „sehr gut“ oder „gut“ zurecht zu kommen.

16

Prozent der in der Studie der Universität Wien befragten ­Schülerinnen und Schüler wiesen darauf hin, dass sie keinen eigenen Computer oder ein Tablet haben, um dem Unterricht online zu folgen.

PLUS

50% MINUS

50%

der Schülerinnen und Schüler, die besonders l­ ernschwach oder besonders gut in der Schule sind, sagten, dass sie im Lockdown den Schulbesuch vermisst haben.

aller Schülerinnen und Schüler erklärten in der hier b ­ ereits mehrfach zitierten Studie der Fakultät für ­Psychologie der Universität Wien, ihr Wohlbefinden habe während des ersten Lockdowns 2020 zugenommen.

ERDGESCHOSS / SCHREIBKRAFT

Vor uns der Kampf gegen Epidemien.

Hinter uns Du.

© Mariana Abdalla / MSF

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