Anzeiger 3/17

03 2017

anzeiger

Das Magazin für die österreichische Buchbranche

Wenn die Sprache trennt

Das Buch: Retter der Region?

Das ist kein toter Hund!

Angeblich haben es österreichische ­Verlage am deutschen Buchmarkt schwer. Aber stimmt das wirklich?

BuchhändlerInnen aus heimischen Regionen über die Bedeutung regionaler Literatur für ihr Überleben

Die in Berlin lebende Wiener Autorin Anna Kim über ihren großen KoreaRoman und ihr besonderes Wiengefühl

Ö s t e r r e i c h i s c h e P o s t A G F i r m e n z e i t u n g / G Z 0 2 Z 0 3 0 8 7 7 M / 1 5 2 . J a h r ga n g

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Halbleinen mit Lesebändchen | 192 Seiten € 20,– | ISBN 978-3-99200-183-5 Auslieferung: 3. April 2017

Soeben erschienen bei

Braucht Gott die Religion? Brauchen wir sie?

Ein hermetisch er Text aus dem Mittelalter provoziert 1000 Jahre nach seinem ersten Auftauchen

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Corrado Falcone Herz-Jesu-Blut Der Bozen-Krimi · Band 1 Taschenbuch · 12 x 19 cm ca. Euro 15,ISBN 978-88-7283-591-3

Das Buch beliebte zur n Reihe im ARD und im O RF

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– 152. Jahrgang –

ISBN 978-3-7022-3597-0

Die Geschichte einer Heldin in dunklen Zeiten „Wie sieht die Lage für österreichische Verlage am deutschen Buchmarkt aus?“ Benedikt Föger

D

er Monat März bedeutet in unserer Branche vor allem eines: Die Leipziger Buchmesse (23. bis 26. März), das wichtigste Branchenereignis im Frühjahr, steht an. Das beliebte Österreich-Kaffeehaus (Halle 4, D213/ E208) bietet auch in diesem Jahr ein abwechslungsreiches Programm mit 27 Veranstaltungen, moderiert von Roman Kollmer. Außerdem laden wir Sie herzlich ein, am Donnerstag, den 23. März, ab 17 Uhr, zur jährlichen Happy Hour an den österreichischen Gemeinschaftsstand (Halle 4, E208) zu kommen und mit uns anzustoßen! Insgesamt 20 Verlage präsentieren diesmal am Gemeinschaftsstand ihre Neuerscheinungen, 206 österreichische Aussteller sind auf der Messe vertreten.

FOTO: LUDWIG SCHEDL

Passend dazu widmet sich der vorliegende anzeiger einem aktuellen Thema. Österreichische Literatur genießt großes Ansehen auf dem deutschen Buchmarkt und im deutschen Feuilleton – aber wie sieht die Lage für österreichische Verlage auf dem deutschen Buchmarkt tatsächlich aus? Worin die Schwierigkeiten liegen, für welche Verlage der deutsche Markt überhaupt wichtig ist und wie unterschiedlich die Zugänge dabei sind, lesen Sie im Artikel „Auf die Größe kommt es an“ ab Seite 16. Der Gastkommentar zur litauischen Literatur, dem Gastland der Buchmesse, kommt diesmal von Autor und Übersetzer Cornelius Hell (Seite 13).

Wilhelm Kuehs

Dianas Liste Ein biografischer Roman Sie rettete tausende Kinder aus den Konzentrationslagern der kroatischen Ustasa. Doch Diana Budisavljevic ist heute fast vergessen. Als Diana Obexer in Innsbruck geboren, ging sie der Liebe wegen nach Kroatien. Dort fand sie mitten im Grauen des Zweiten Weltkrieges ihre Bestimmung.

264 Seiten, € 24.95

Porträtiert wurden im aktuellen anzeiger Verena Brunner-Loss (Buchhandlung Brunner), Georg Buchroithner (Obelisk Verlag), Christian Langer (Mohr Morawa) und Johannes Ohr (Vertreter), die über ihren persönlichen Arbeitsalltag in der Buchbranche berichten. Für wen der Buchhandel die optimale Verbindung von Geisteswissenschaft und wirtschaftlichen Ambitionen darstellt und wem Umweltfreundlichkeit im Betrieb ein zentrales Anliegen ist, lesen Sie ab Seite 24.

Bestellungen für die diesjährige Anthologie „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“, herausgegeben von Brigitte Sinhuber-Harenberg zum Welttag des Buches am 23. April, laufen noch bis 1. April – alle Infos dazu auf Seite 10.

Benedikt Föger

www.tyrolia-verlag.at

HVB-Präsident

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13.03.2017 10:36:30 Uhr

– Inhalt – Persönlich

24

Verena Brunner-Loss

Sie sieht ihre Buchhandlungen als geistige Nahversorgung

25

Georg Buchroithner

Für den Kinderbuchverleger sind Bücher die beste Ablenkung

26

thema

7

Kurz gesagt Stimmen zur Situation heimischer Verlage am deutschen Markt

16

Christian Langer Kundenbetreuung und Klima- freundlichkeit. Herausforderungen für einen Buchauslieferer

Essenziell Auf die Größe kommt es an: Wie es österreichischen Verlagen am deutschen Buchmarkt ergeht

27

Johannes Ohr

Der Verlagsvertreter schätzt vor allem die soziale Komponente seiner Arbeit

Selbstredend

28

Anna Kim

lyrik

6

Die Wienerin spricht über ihren Korea-Roman und ihr Heimatgefühl

Zwei Gedichte aus Elke Laznias „Salzgehalt.

Dichtungen“, kommentiert von Erwin Uhrmann

wissenswert

8

10

11

Gutenberg-Galaxie Tom Hanks schreibt, Bot gibt Buchtipps, Jelinek unter Preisverdacht, Dirty Talk anno dazumal Kurzmeldungen Word-Rap von Gustav Soucek Welttags-Anthologie Aktion „LESERstimmen“ Rauriser Literaturtage 2017 Kurzmeldungen „Rund ums Buch“ in Strobl: Vortragende stellen sich vor Workshop zu Nutzungsrechten EU plant Leistungsschutzrecht

28 Hat in Berlin ihr Wiener Herz entdeckt: Anna Kim

klassiker

33

Das goldne Geschlecht

Zum 2.000-sten Todestag von Ovid: ein kurzer Einblick in sein Hauptwerk „Metamorphosen“

13

Gastkommentar Litauen-Experte Cornelius Hell

über litauische Literatur anlässlich

der Buchmesse in Leipzig

Regionalia BuchhändlerInnen über die ­

Bedeutung regionaler Literatur für

das Bestehen ihrer Buchhandlungen

BuchhändlerInnen über die Bedeutung von Regionalia für ihr Geschäft

14

14

Standards

marktdaten

monatsbestseller Titelschutz Impressum

9 22 34 34

I L L U S T R AT I O N : G E O R G F E I E R F E I L , F O T O S : J E L E N A D A B I Ć , L U K A S I L G N E R P H O T O G R A P H Y

16 Wie ergeht es österreichischen Verlagen am deutschen Buchmarkt?

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13.03.2017 10:36:43 Uhr

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Gut für Österreich.

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27.02.17 16:17

– Lyrik –

Zwei Gedichte Ausgewählt und kommentiert von Erwin Uhrmann

Auswahl aus „Salzgehalt. Dichtungen“ von Elke Laznia beide tragen wir verstört unsere fremde Haut unter fremden Dächern tagein tagaus maßlos beladen von Gestern von Morgen von Heute und unserer Haut maßlos verstört beide mit gleichem Augenmaß nah stumm rasten wir in windigen Worten aber nie unter einer Haut einem Dach die Rast nie nah genug nicht verstört nie maßlos

wie kann ich die Tage verschwimmen es ist Mittag es ist Nacht es ist sonstwas ohne mich ich bin sonstwer wer denn wer wo wird mein Haaransatz schwarz wo weiß wann werd ich jung und wie streifenweise Waise taglang alt oder ist Nacht wie hallt mein Herz unter Wasser unter Tag wann ist Jetzt ist Mittag ist Nacht und welche Uhr zeigt die Zeit an wenn nicht meine innere wenn nicht eine Mutter da ist und sagt: schau und: schlaf und: erwach und: hier bist du zuhaus wenn nicht ich die Mutter bin und das sag wie können die Tage verschwimmen mein flimmerndes Haar mein gestreiftes mein verwaistes Herz mein verwässertes meine Tagundnachtgleiche und (ach) mein Kind

Kommentar Vernähte Worte Bei Elke Laznias aktuellen Dichtungen handelt es sich um eine intensive Verdichtung der Sprache. Dabei spielt die Autorin mit den Zeitebenen, wenn sie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ohne Atemholen verschwimmen lässt. Nur auf den ersten Blick scheint ein stark erzählerisches Element vorhanden zu sein. Als wären die Wörter miteinander vernäht, schaffen sie ein Kontinuum. Sogar die Titel sind nicht von den Texten getrennt, sondern leiten sie ein. Der Sprache wird jede Härte und Gewalt genommen, sie wird losgelöst von den Zuschreibungen der Gegenwart. Liest man hier von erlebten oder kollektiven Bildern? Handelt es sich um einen Alltag? Die Trennlinien werden aufgehoben. Das große Bild, das entsteht, ist ein zutiefst menschliches. Elke Laznia (*1974) hat mit ihrem Debütroman „Kindheitswald“ (Müry Salzmann, 2014) die Aufmerksamkeit der Literaturkritik auf sich gezogen. Dabei wurde die lyrische Qualität ihrer Sprache besonders hervorgehoben.

2012 erhielt sie den Rauriser Förderungspreis und den manuskripte-Förderungspreis, 2013 den Maria-Zittrauer-Lyrikpreis und 2016 den Georg-Trakl-Förderungspreis.

Die Gedichte „beide tragen wir“ und „wie kann ich“ stammen aus dem Band „Salzgehalt.

Dichtungen“ von Elke Laznia, der soeben bei Müry Salzmann erschienen ist. Die Zeichnungen von Ludwig Hartinger ergänzen die Texte in nahezu symbiotischer Form.

AKADEMISCHER LEHRGANG

B U C H G E S T A LT U N G � SEMESTER, BERUFSBEGLEITEND

DIE ZUKUNFT WARTET NICHT

Contemporary Book Design: Lernen Sie in zwei Semestern den gesamten Ablauf einer Buchproduktion kennen – von der Konzeption über Layout und Gestaltung bis zur Buchbindung – realisieren sie Ihr eigenes Buchprojekt und als Abschlussarbeit einen Buchprototypen. Ideal für Buch- und Designaffine in den Bereichen Journalismus, Marketing, Architektur, Kunstgeschichte, Kulturmanagement etc.

Lehrgangsleitung: Gabriele Lenz, lenz+ büro für visuelle gestaltung

Die New Design University ist die Privatuniversität der Wirtschaftskammer NÖ und ihres WIFI

J E T Z T A N M E L D E N � W W W. N D U. A C. AT

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16.02.17 08:04 13.03.2017 10:36:58 Uhr

– Kurz gesagt –

Mythos oder Faktum?

Geht es öster­reichischen Verlagen in Deutschland schlecht?

F O T O S : G & G V E R L A G , W I L D N E R K U L T U R M A N A G E M E N T, H E L M U T F R I C K E , B A R B A R A P A C E J K A

Christian Drozda, G&G Verlag Vielleicht ist der G&G Verlag nicht das klassische Beispiel, weil wir uns mit einem Großteil des Programms auf Österreich selbst konzentrieren. Unser hochwertiges Bilderbuchlabel Nilpferd wird jedoch auch in Deutschland angeboten, da auch viele KünstlerInnen von dort stammen. Während der österreichische Buchhandel immer gewöhnt Christian Drozda, war, deutsche Titel einzukaufen, sind G&G Verlag wir umgekehrt leider sehr wohl immer wieder mit nicht nachvollziehbaren Abwehrhaltungen konfrontiert. Österreichische Begriffe dürfen sowieso nicht auftauchen. Es ist halt doch die Sprache, die uns trennt.

Sandra Kegel, Journalistin

Sandra Kegel, FAZ Österreichische Schriftstellerinnen und Schriftsteller sind sehr stark am deutschsprachigen Buchmarkt vertreten. Wenn einige von ihnen wie Christoph Ransmayr, Kathrin Röggla oder Michael Köhlmeier bei deutschen Verlagen publizieren, führt das womöglich zu dem (falschen) Eindruck, dass österreichische Verlage eine geringere Rolle spielen würden. Das Gegenteil ist der Fall. Man muss nur daran erinnern, dass Autorinnen und Autoren des Jung und Jung Verlags aus Salzburg gleich mehrfach den Deutschen Buchpreis gewonnen haben. Die Programme von Droschl, Deuticke, Brandstätter, Czernin, Otto Müller, Picus, Residenz oder Zsolnay – um nur einige zu nennen – werden sehr wohl wahrgenommen.

Von Benachteiligung keine Spur.

Günther Wildner, Wildner Kulturmanagement

Günther Wildner, Wildner Kulturmanagement Schlecht geht es niemandem in Deutschland – vielmehr ist es für jedes Unternehmen schwierig, in den nächstgrößeren Markt zu kommen. Fragen Sie einen Deutschen, der den UK-Markt anvisiert! Fragen Sie eine Britin, die den US-amerikanischen Markt erobern möchte! Du brauchst dafür programmatisch die richtigen Inhalte und ein entsprechendes Volumen, weiters Geld, Manpower, Durchhaltevermögen/Zeit und das Glück des Tüchtigen. Wenn das alles nicht realisierbar ist, dann einfach das Geschäft in der Heimat reiten.

„Fragen Sie einen Deutschen, der den UK-Markt anvisiert.

Oder eine Britin, die in den US-Markt will“

Eva Rossmann, Autorin Österreich ist für viele in Deutschland noch immer der etwas südlichere, schlampigere, charmantere Exote. Kulturpotenzial wird uns dabei durchaus zugestanden, aber die Kompetenz sieht man schon eher in Deutschland. Zumindest erlebe ich das rund um meine Lesungen in unserem Nachbarland. Sie mögen „Exotinnen“ wie mich, deren Bücher noch dazu bei einem kleineren Eva Rossmann, unabhängigen österreichisch-italienischen Autorin Verlag herauskommen. Will man besonders wichtig oder ernst genommen werden, tut man besser daran, nach Deutschland zu wechseln. Mehr als einmal habe ich die freundlich gemeinte Frage gehört: „Sie schreiben doch so gute Bücher, warum sind Sie nicht bei einem großen deutschen Verlag?“ Warum? Weil „mein“ Folio-Verlag mir jede Freiheit gibt, das zu schreiben, was ich möchte. Weil sein Team hochprofessionell und darüber hinaus mit persönlichem Einsatz und Liebe zur Literatur arbeitet. Weil sie FreundInnen sind.

Mehr zum Thema „Wie schwer haben es österreichische Verlage am deutschen Buchmarkt?“ auf Seite 16

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13.03.2017 14:40:30 Uhr

– Wissenswert –

PIONIER

Jelinek und ihre Preise. Abgelehnt hat sie ihren Nobelpreis zwar nicht wie einst Jean-Paul Sartre, aber auch sie wollte ihn wohl nicht wirklich. Weil sie allerdings unaufhaltsam sozialkritische Dramen in ihrer unwohlgeformten Sprache produziert, bleiben Preise eine stete Bedrohung. Der nächste wartet schon. Elfriede Jelineks Stück „Wut“ ist für den Mülheimer Dramatikerpreis nominiert.

POLARSTERN

Stimmen aus der Sowjetunion. Mit ihren Büchern über den Geist der Sowjetunion liefert Swetlana Alexijewitsch Erinnernswertes aus der Vergangenheit und zieht Rückschlüsse auf die Gegenwart. Ursprünglich Journalistin, prägt sie jetzt eine neue Gattung: den dokumentarischen Roman in Stimmen.

Aus der

GutenbergPIN-UP

Virtuelle Sexgöttin. Sie hätte es in die Rubrik „Pionier“ gebracht, wäre sie real!

So offen wie sie mit Sexualität umgegangen ist, war sie ihrer Zeit weit voraus.

Wenn Lady Chatterley so gequasselt hat, wie es der Name vermuten lässt, fände man ihren Dirty Talk heute auf einschlägigen Seiten im Internet. Aber damals hat man ja offline gelesen.

PROSPEKT

Galaxie

Bot gibt Buchtipps. Das US-amerikanische Verlagshaus HarperCollins setzt einen KonversationsBot für seinen Facebook-Nachrichtendienst ein.

Diese künstliche „Intelligenz“ fragt nach einem zuletzt gelesenen Buch und empfiehlt auf Basis der Antwort ein neues. Gibt man „Mein Kampf“ ein, empfiehlt der Bot das Jugendbuch „United As One“ von James Frey. Get a life …

Lukas Schöppl

POWIDL

Hanks und das Buch. Für die Oscars 2017 war Tom Hanks nicht nominiert, macht aber trotzdem auf sich aufmerksam: Er schreibt. Ein Buch.

Wie viele aus seiner Sparte. Erfolgsaussichten: mäßig. Aber Geld stinkt bekanntlich nicht. Mehr Bücher von Celebrities? No t.hanks!

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13.03.2017 10:47:14 Uhr

– Marktdaten –

Buchhandelspanel Februar 2017 Auch im Februar 2017 schnitt der österreichische Buchhandel nicht so gut ab wie im Vorjahresmonat: In allen Editionsformen gibt es negative Umsatzveränderungen. Insgesamt beträgt der Rückgang 1,8 Prozent.

Akkumuliert über die vier Quartale verrechnet, beträgt das Minus 4,7 Prozent. Am stärksten gingen die Umsätze bei den Hörbüchern und Audiobooks zurück (–8,7 Prozent). Die Editionsform Taschenbuch verzeichnet ein Minus von 6,4 Prozent, der Rückgang bei Hardcover- und Softcover-Büchern beträgt 4,2 Prozent.

Umsatzveränderung

Februar 2017

Hardcover, Softcover –4,2 %

Hörbuch/ Audiobook –8,7 %

Taschenbuch –6,4 %

0

Hörb

-2

Tasc

Hard

−4,7 % Februar 2016 zu Februar 2017-4 −3,4 % Kumuliert (Jänner-Februar 2017 -6 zum Vorjahreszeitraum) -8

Umsatzveränderung Nach Warengruppen

Februar 2017 zu Februar 2016

3 0

Belletristik –5,6 %

Kinder- und Jugend­ bücher –0,2 %

Geisteswissen­ schaften, Kunst, Musik –3,6 %

Ratgeber –12,1 %

Reisen 1,0 %

-3 -6

Sozialwissenschaften, Recht, Wirtschaft –1,1 %

Sachbuch –2,2 %

-10

Auch in den Warengruppen dominieren negative Prozentsätze. Ratgeber verbuchten den stärksten Rückgang (–12,1 Prozent). Der größte Zuwachs gegenüber dem Vorjahr gelang der Warengruppe Naturwissenschaften, Medizin, Informatik und Technik.

(2,2 Prozent). Einbußen auch bei Belletristik (–5,6 Prozent), Sachbüchern (–2,2 Prozent) Geisteswissenschaften, Kunst und Musik (–1,1 Prozent). Der Rückgang bei Büchern zu Sozialwissenschaften, Recht und Wirtschaft beträgt nur 1,1 Prozent, minimale Verluste bei Kinder- und Jugendliteratur (–0,2 Prozent). In den grauen Monaten bleibt Reiseliteratur gefragt. Der Umsatz stieg um 1 Prozent.

Sachbuch

Sozialwissenschaften, R

Naturwissenschaften, Medizin, Informatik, Technik 2,2 %

Naturwissenschaften, M Geisteswissenschaften, Ratgeber

-9

Reisen

-12

UmsatzveRteilung Kinder- und Jugendbüc Nach Warengruppen

Umsatzverteilung

-15 Februar 2017

Februar 2017 Taschenbuch 19,3 %

Hardcover, Softcover 79,0 %

Hörbuch / Audiobook 1,7 %

Sozialwissenschaften, Recht, Wirtschaft 3,1 % Naturwissenschaften, Medizin, Informatik, Technik 5,8 % Geisteswissenschaften, Kunst, Musik 5,7 %

Hö r b uch Tas /A c u h d en iob bu Ha oo ch r k d cov er, S o ftc ov er

Im Auftrag des HVB ermittelt das Marktforschungsinstitut GfK Entertainment monatlich die Umsatzveränderungen im Vergleich zum Vorjahresmonat für die Absatzwege Sortimentsbuchhandel und E-Commerce. Mit dem Buchhandelspanel werden 83 Prozent aller Barverkäufe in Österreich abgedeckt.

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Belletristik

Ratgeber 22,4 %

Sachbuch 11,3 %

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Belletristik 26,8 %

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büche

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– Wissenswert –

Bald im

Schönheit

Bücherhimmel

Humor

Sechs Fragen an den künftigen Geschäftsführer des HVB Gustav Soucek Gustav Soucek übernimmt ab April die Geschäftsführung des HVB. Vorab ergänzt er einige Sätze zum Thema Lesen und Bücher.

Ich lese am liebsten … … in entspannten Momenten, in der Freizeit, zuhause und im Urlaub, also immer und nahezu alles. Aktuell „Sie werden uns ersetzen“ von Marc Elsberg und „Die Wende – Wie die Renaissance begann“ von Stephen Greenblatt.

Meinen Lesestoff kaufe ich … … meist bei lokalen HändlerInnen in meiner Wohnumgebung. Ich bin in Baden zuhause. Es gibt hier zwei klassische Buchhandlungen.

In beiden habe ich in den letzten 14 Tagen eingekauft.

Ein gutes Buch … … liegt im Auge des Lesers/Betrachters. Wie die Schönheit.

Das Cover des Buches … … das ich schreiben würde, würde niemals meinen Namen tragen, sondern ein Pseudonym.

Wenn ich ein Buch fertig gelesen habe … … lege ich es weg und greife zum nächsten.

Der HVB ist für mich …

Herausforderung, Verantwortung, Bedeutung.

Auf der Alm, da … … gibt es auch Literatur – zumindest auf jenen Almen, die neben anderen Orten die Szenerie für die Rauriser Literaturtage 2017 bieten Die Literaturtage in Rauris finden in diesem Jahr vom 29. März bis zum 2. April statt. Unter dem Titel „Körper.Sprache“ wird es am Fuße mächtiger Dreitausender zahlreiche literarische Veranstaltungen geben, darunter Lesungen und AutorInnengespräche. Als „literarische“ Schauplätze fungieren Gasthöfe, alte Schulgebäude und Almhütten.

Geladene und vorlesende AutorInnen sind unter anderen Senthuran Varatharajah, Silke Scheuermann und Brita Steinwendtner.

Gustav Soucek, ab April Geschäftsführer des HVB

und in Büchern

Zwei Veranstaltungen des HVB im März und April Die schönsten Bücher Österreichs: Die 15 schönsten Bücher inklusive der drei Staatspreise sowie aller Titel der Longlist werden noch bis 2. April im designforum Wien im Museumsquartier ausgestellt.

Anthologie zum Welttag des Buches: Die Präsentation der Anthologie findet am 19. April um 19 Uhr in den Prunkräumen des Palais Fürstenberg statt. Das Buch unter dem Titel „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“, herausgegeben von Brigitte Sinhuber-Harenberg, vereint Heiteres von Michael Niavarani bis Christine Nöstlinger, von Karl Kraus bis Doris Knecht.

Präsentation der Anthologie „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“ im Palais Fürstenberg am 19. April

„Mein liebstes Buch ist …“ Von April bis Mai können LeserInnen in teilnehmenden Büchereien und im Internet für ihre Lieblingsbücher stimmen Der Büchereiverband Österreich (BVÖ) vergibt jährlich seinen Preis „LESERstimmen“. Zu diesem Anlass organisiert der BVÖ von April bis Mai Lesungen und Präsentationen der nominierten AutorInnen und IllustratorInnen in zahlreichen Büchereien. LiteratInnen wie Kirstin Breitenfellner, Sigrid Eyb-Green, Irmgard Kramer (siehe ihre Kolumne auf Seite 31), Jutta Treiber, Julya Rabinowich oder Elisabeth Steinkellner und IllustratorInnen wie Birgitta Heiskel, Nanna Prieler oder Michaela Weiss geben Einblick in die österreichische Kinder- und Jugendbuchszene. Bis 31. Mai können Interessierte für ihr persönliches Lieblingsbuch stimmen. Entweder per Stimmkarte in einer teilnehmenden Bücherei oder online auf leserstimmen.at

KinderbuchautorInnen präsentieren ihre Werke in Büchereien

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13.03.2017 14:41:37 Uhr

BEGEISTERUNG Das wollen die Vortragenden Horst Lauinger, Robert Wildgruber und Oskar Rauch beim Seminar „Rund ums Buch“ „Rund ums Buch“ findet vom 23. bis 26. April in Strobl statt. Das Programm und die Anmeldeunterlagen finden Sie unter: www.buecher. at/rundumsbuch2017. Hier ein paar gute Gründe für Ihre Teilnahme: Die Vortragenden stellen sich vor.

Herr Lauinger, wann macht man Neuübersetzungen und warum?

Horst Lauinger — Übersetzungen altern deutlich schneller als die Originaltexte. Deshalb muss sich jede Generation durch neue Lesarten ihren spezifischen Zugang zu den Klassikern und deren Relevanz erarbeiten. Glättungen, Kürzungen oder gar weltanschaulich-moralische Zensurakte sind heutzutage tabu, unbedingte Originaltreue hat Vorrang vor Wohlklang und Eleganz. Auch deshalb ist bei Neuübersetzungen gegenüber älteren Fassungen häufig viel an Authentizität und Frische zu gewinnen.

Robert Wildgruber — Weil sie vielen Menschen einen sehr sinnlichen Zugang zu Literatur bieten. Und das in einer Form, die unserem mobilen Leben sehr entgegenkommt. Ein gutes Hörbuch öffnet die Tür zum Text, zu AutorInnen und ihren Intentionen. Die SprecherInnen strukturieren und interpretieren durch ihren Vortrag. Sie schaffen Atmosphäre und ein plastisches Bild der Figuren. In Umfragen geben Jugendliche an, dass sie mehr lesen, seit sie Hörbücher hören.

Eine „Nebenwirkung“, über die sich die ganze Branche freuen kann.

F O T O S : P A U L L A N D L , H V B , M A G . A N I T A K O U K A L K O M M U N I Z I E R T. A T

Herr Rauch, was ist Heyne Core? Welche Zielgruppe hat es?

Oskar Rauch — Heyne Encore und Heyne Hardcore sind eigenständige Verlags-Labels von Heyne. Mit unverwechselbaren Büchern, moderner (Cover-)Ästhetik und einem kleinen, enthusiastischen Team erstellen wir ein Programm, das BuchhändlerInnen, LeserInnen und JournalistInnen Freude machen soll. Heyne Hardcore begann 2006 und ist eine der angesagtesten Verlagsadressen für Underground-Literatur geworden. Zum Portfolio gehören u. a. Hardboiled-Krimis, Rock-’n’-Roll-Bücher und Erotik. Bei Heyne Encore erscheinen seit Herbst 2016 gehobene Unterhaltungsliteratur und engagierte Sachbücher.

Meine Herren, was erwarten Sie sich vom Seminar „Rund ums Buch“ in Strobl?

Herr Wildgruber, warum sind Hörbücher wichtig?

&

wecken!

Lauinger — Den TeilnehmerInnen Denkanstöße und Einblick in die verlegerische Praxis geben zu können. Außerdem hoffe ich ganz egoistisch auf wertvolle Resonanzen. Bin Novize und sehr gespannt.

Wildgruber — Begeisterung für das Hörbuch zu wecken und zu zeigen, welchen Mehrwert es leisten kann. Das Seminar empfinde ich als sehr wichtig.

Rauch — Meine erste Teilnahme. Ich halte das Seminar für eine wertvolle Gelegenheit, um sich auszutauschen und die Herausforderungen, vor denen Buchhandel und Verlage stehen, besser zu verstehen.

Bildrecht Buchhandel

Schutz

Zwei Seminare des mediakolleg im Mai mit Alexander Koukal und Günter Wohlgenannt

Die EU-Kommission will durch ein Leistungsschutzrecht Qualität und Unabhängigkeit sichern und VerlegerInnen als RechteinhaberInnen anerkennen

Das mediakolleg des HVB veranstaltet Anfang Mai zwei Seminare. Am 8. Mai vermittelt der Wiener Rechtsanwalt Alexander Koukal praxisnah rechtliche Grundkenntnisse für die Nutzung von Bildern in Verlagswerken und bei der Bewerbung: „Einerseits geht es um die Rechte des Künstlers bzw. Fotografen, die man für die Verwendung der Bilder erwerben muss; andererseits um die Rechte der auf dem Foto abgebildeten Personen, die man ebenfalls beachten muss. Die TeilnehmerInnen erhalten einen Überblick über die urheberrechtlichen Grundlagen und Tipps für die Nutzung von Fotos aus dem Internet und von Agenturen.“ Die TeilnehmerInnen haben im Rahmen des Seminars auch die Möglichkeit, juristische Fragen aus ihrem Arbeitsalltag zu diskutieren.

Am 9. Mai wird Günter Wohlgenannt über die Buchhandelszukunft referieren.

für VerlegerInnen

Rechtsanwalt Alexander Koukal vermittelt Nutzungsrecht

Die EU-Kommission hat ein Leistungsschutzrecht vorgeschlagen. Es gibt VerlegerInnen die Möglichkeit, gegen unrechtmäßige Nutzung ihrer Online-Inhalte vorzugehen. Über diesen Vorschlag muss noch das EU-Parlament entscheiden. Das Leistungsschutzrecht würde Verlage als Rechteinhaber im EU-Urheberrecht anerkennen – Zeitungs- und Magazininhalte wären vor der gewerblichen Ausbeutung durch Dritte geschützt. Von dieser Rechtssicherheit würden kleine und große Verlage gleichermaßen profitieren und die Qualität der Inhalte würde gesichert werden.

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– Wissenswert – Gastkommentar

che“ (Wieser) von Rimvydas Stankevičius ist in seinen Bildern ebenso außergewöhnlich wie im Klang und Rhythmus. Eigene Erfahrungen mit archaischen Zauber-Ritualen in Litauen, das als letztes Land Europas christianisiert wurde, werden mit den Mitteln zeitgenössischer Poesie radikalisiert und gleichzeitig ironisiert.

Ein Übersetzer ist versucht, nur die „eigenen“ Titel zu nennen. Doch der Gesprächsband „Der magische Norden“ (Suhrkamp) von Tomas Venclova ist nicht zu übersehen. Im Roman „Die traurigen Flüsse“ von Romualdas Granauskas spiegeln sich die traumatischen Erfahrungen Litauens im Zweiten Weltkrieg und danach, mit dem Meisterwerk „Tula“ (beide: Corso) von Jurgis Kunčinas kann man in die Atmosphäre der späten Sowjetzeit eintauchen, und ein wichtiger Roman der litauischen Emigration, „Das weiße Leintuch“ (Guggolz) von Antanas Škėma, pendelt zwischen LitauenReminiszenzen und dem New York der 1950er Jahre. Litauen hat einiges zu bieten und sollte nach der Messe nicht wieder von der Bildfläche verschwinden.

Ein Land der Poesie Cornelius Hell Der in Wien lebende Autor und Übersetzer Cornelius Hell über Litauens Literatur anlässlich der Buchmesse in Leipzig

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E

s ist ein Glücksfall, dass die Leipziger Buchmesse mit ihrem LitauenSchwerpunkt eine Literatur ins Rampenlicht rückt, die noch immer unter ihrem Wert gehandelt wird. 26 Titel stellen die Vielfalt litauischer Prosa und Lyrik vor; aber auch Wissenschaft, Kunst, Kinderbuch und Märchen sind vertreten.

Der Roman „Fische und Drachen“ (Residenz) von Undine Radzevičiūtė zeigt, dass Litauen keineswegs nur um sich selbst kreist.

Das Buch entführt den Leser in die Verbotene Stadt des 18. Jahrhunderts. „Chinesische Lebensphilosophie, jesuitische Gottesfürchtigkeit und mediale Welten prallen hier aufeinander“, schreibt die Redaktion des „Literarischen Quartetts“.

Undine Radzevičiūtė und Giedra Radvilavičiūtė sind Trägerinnen des EU-Literaturpreises. In Litauen ist die Prosa von Frauen dominiert. Radvilavičiūtė lässt in ihrem vielschichtigen Prosaband „Der lange Spaziergang auf einer kurzen Mole“ (Corso)

eine Frau durch Vilnius streifen; sie hat eine unmittelbare Wahrnehmung persönlicher Beziehungen und gesellschaftlicher Umbrüche und gleichzeitig die Weltliteratur im Kopf, wenn sie Litauen (oder in einem Fall auch Österreich!) in den Blick nimmt.

Der Roman „Der Windreiter“ (Wieser) der bereits mehrfach übersetzten und mit dem Bank Austria literaris ausgezeichneten Renata Šerelytė zeigt ein Mädchen auf der Suche nach seinem Vater und ermöglicht Einblicke in das Leben, die Mentalitäten und Probleme Litauens; auch der große Stadt-Land-Gegensatz wird in exotischen Szenen spürbar.

Der Wieser Verlag bringt gleich drei Litauen-Titel. Wer die historische Tiefendimension der Stadt Vilnius ausloten möchte, findet in „Vilnius. Reisen in die ferne Nähe“ reiches Material, das der Kulturwissenschaftler Laimonas Briedis so faszinierend erzählt wie der deutsche Historiker Karl Schlögel.

Litauen ist ein Land der Poesie. Der Gedichtband „die allereinfachsten zaubersprü-

„Litauen wurde als letztes Land Europas christianisiert“

Cornelius Hell, Kritiker, Autor und Übersetzer aus dem Litauischen. Litauischer Staatspreis für literarisches Übersetzen, Arbeitsstipendium des Deutschen Übersetzerfonds, Projektstipendium für Literatur 2014/2015 des Bundeskanzleramtes.

Herausgeber der Anthologie „Europa erlesen: Vilnius“ (Wieser Verlag).

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– Wissenswert – Regionalia

Der Bezug zur Heimat Text: Lukas Schöppl

Irene Alexowsky, Birgit Stark, Michael Lehner und Bettina Schuh über die Bedeutung von Regionalia für ihre Buchhandlungen

O

b Krimi, Kochbuch oder Kurzes zur Geschichte der Region: Bücher mit regionalen Bezügen erfreuen sich in Österreich großer Beliebtheit. Vier BuchhändlerInnen aus dem Wald- und Weinviertel beschreiben, wie wichtig Regionalia für ihre Buchhandlung sind und was sich gerade am besten verkauft. Sie erklären auch, dass Regionalia nicht nur für ältere Semester eine interessante Lektüre darstellen.

stammt zwar aus Hollabrunn im Weinviertel, ist aber ins Waldviertel gezogen. Aufgrund seiner Grenzlage und seiner Geschichte ist Gmünd ja nicht unwichtig, daher gehen bei uns auch lokalhistorische Werke gut.

Michael Lehner, Buchlaaden, Laa an der Thaya Wir sind auf Bücher mit Weinviertel-Bezug spezialisiert. Besonders toll finde ich das Buch „Verschwundenes Weinviertel“. Es dokumentiert die Entwicklung und den Verfall von Dörfern mit eindrucksvollen Fotos und Zeitzeugenkommentaren.

Alte Lokale, Kinos und Handwerksbetriebe – beim Betrachten kommt eine postapokalyptische Stimmung auf. Und es verkauft sich gut. Wichtig sind für uns auch Regionalführer. Im Weinviertel gibt es viele Burgen und interessante Orte. Als kleine Buchhandlung könnten wir ohne Regionalia nicht existieren. Außerdem unterstützen Bücher mit regionalem Bezug jenen sanften Tourismus, den wir im Weinviertel haben wollen. Verkaufsschlager sind interessanterweise auch Dialektlexika.

Als Weinviertel-typisch kann ich Krimis von Eva Rossmann bei Folio oder „Martinloben“ (Septime Verlag) von Marlen Schachinger empfehlen.

Irene Alexowsky, Buchhandlung Alexowsky, Groß-Enzersdorf Regionalia machen 20 Prozent unseres Umsatzes aus. Für uns sind sie überlebenswichtig! Jeder kennt uns als regionale Buchhandlung und dadurch heben wir uns auch von anderen ab. Wir veranstalten jeden Monat Büchertische, bei denen wir AutorInnen zu Gesprächen einladen. Die Menschen kommen und lassen sich ihre Exemplare signieren. Besonders gut verkaufen sich Kochbücher und Sachbücher zur Geschichte der Region. Regionalia sind auch bei jungen Leuten sehr gefragt. Sie entwickeln durch ihre Lektüre einen Bezug zu ihrer Heimat. Wir sehen es als unsere Aufgabe, Jugendliche zu regionaler Literatur hinzuführen.

Birgit Stark, Buchhandlung Stark, Gmünd Für uns hier in Gmünd sind natürlich die Bücher von Thomas Sautner besonders wichtig. Bei Belletristik empfehle ich sein Buch „Mädchen an der Grenze“ (Picus Verlag). Regionale Bücher sprechen vor allem die Menschen einer Region an. Sie lesen gern Krimis, in denen Orte vorkommen, die sie kennen. Das macht das ganze noch spannender! Auch für TouristInnen sind Regionalia interessant. Sie suchen vor allem Kochbücher, Radkarten oder Wanderführer. Das Kochbuch „Mein Waldviertel“ (Pichler) wurde häufig und gern auch als Mitbringsel gekauft. Böhmen ist unser Nachbar, daher kauft man bei uns auch Reiseführer für Tagesausflüge dorthin. Ein häufig gekaufter Krimiautor ist Günther Pfeifer mit seinen „Hawelka und Schierhuber“-Büchern (Haymon Verlag). Er

Drei unterschiedliche Beispiele für ­regionale Publikationen, die weit über ihre Region hinaus wirken. Für Buchhandlungen sind Regionalia wichtig

Bettina Schuh, Buchhandlung Knotzer, Mattersburg Regionalia sind bei uns gefragt. Nicht so sehr von TouristInnen, sondern von der Bevölkerung. Viele wollen etwas über das eigene Bundesland erfahren. Dazu gehört auch die Geschichte der Region.

Besonders gut verkaufen wir Bildbände und historische Sachbücher über das Burgenland. Einen Burgenlandkrimi haben wir natürlich auch: „Tod in Pannonien“ (Verlag Federfrei) vom Wiener Autor Thomas Himmelbauer. Ein bekannter Autor aus der Region ist Harald Friesenhahn. Er schreibt auch Krimis, allerdings nicht über die Region. Wer Lust auf authentische Kriminalfälle hat, dem empfehle ich „Tatort Burgendland“ (Aumayer). Es stammt vom ehemaligen Polizeipressesprecher Wolfgang Bachkönig.

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13.03.2017 10:49:37 Uhr

Foto: © Jürgen Fälchle / Fotolia.com

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Mit Kindern entschleunigt leben Tanja Draxler-Zenz Gelassenheit steckt an Entspannt durch den Familienalltag 180 Seiten Euro (A/D) 18,90 Hardcover, Format: 13,5 x 21 cm ISBN 978-3-85068-973-1 Erscheinungstermin: April 2017

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Ennsthaler Verlag www.ennsthaler.at Auslieferung Ennsthaler Gesellschaft m.b.H. & Co KG, Stadtplatz 26, 4400 Steyr Telefon: +43 (0)7252 52053/21, Fax: +43 (0)7252 52053/22 E-Mail: auslieferung@ennsthaler.at Anzeiger_Inserat_2017.indd 1

Österreich Vertretung Dr. Winfried Plattner, Hackhofergasse 8-10, 1195 Wien Telefon: +43 (0)676 7051974, Fax: +43 (0)2243 30494 E-Mail: plattnerbuch@tmo.at 09.03.17 11:02

– Essenziell – Österreichische Verlage in Deutschland

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13.03.2017 10:49:48 Uhr

Auf die

Größe kommt es an Text: Joshua Köb Illustration: Georg Feierfeil

Das gibt man in keinem Fall gern zu. Doch es gilt eben auch für österreichische Verlage am deutschen Buchmarkt.

Was allerdings kein Grund sein soll, sich dort einschüchtern zu lassen

B

uchmesse. Leipzig. Hier kommt jeden Frühling der deutschsprachige Buchmarkt zusammen. Samt 206 österreichischen Verlagen auf insgesamt 510 Quadratmeter Ausstellungsfläche. 33 Messestände sowie die Gemeinschaftsstände des HVB und der IG Autorinnen und Autoren bedeuten: Wir sind die Größten hier – nach den Deutschen. Und wir haben das Österreich-Kaffeehaus. Seit 2003 belebt es die alte Doppelmonarchie aus österreichischer Kaffeehauskultur und anspruchsvoller Literatur wieder.

Anlässlich dieses Auftritts bei der Buchmesse fragt man sich doch, ob die Klage berechtigt ist, heimische Verlage hätten es in Deutschland besonders schwer. Schaut man

allein auf die Zahlen, kann von einer Unterrepräsentation der heimischen Buchbranche am deutschen Markt kaum die Rede sein.

Zahlen allein geben jedoch keine Stimmung in den heimischen Verlagen wieder. Daher haben wir beim Vertriebsexperten Ulrich Deurer und einer Handvoll unterschiedlich ausgerichteter Verlage nachgefragt, wie es aus ihrer Sicht um den Status Österreichs am deutschen Buchmarkt und ­dessen Bedeutung für die heimische Buchszene steht.

Unseren Ausgangspunkt bildet die umstrittene These von der Benachteiligung österreichischer Verlage am deutschen Markt. Daraus ergeben sich einige Fragen: Existieren Wettbewerbsnachteile »

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– Essenziell – Österreichische Verlage in Deutschland

»

tatsächlich? Oder entsteht das Problem in Wahrheit weniger aus der Herkunft, sondern aus der Größe von Verlagen? Und erfahren österreichische Neuerscheinungen zu wenig Beachtung von der deutschen Literaturkritik?

Der deutsche Buchmarkt im Überblick Gesamtumsatz:

9,19 Milliarden Euro (in den letzten zehn Jahren stabil) Aufteilung auf die Vertriebswege: Sortimentsbuchhandel:

4,43 Millionen Euro (48,2 %) Verlage direkt:

1,92 Millionen Euro (20,9 %) Internetbuchhandel:

1,60 Millionen Euro (17,4 %) sonstige Verkaufsstellen:

931 Millionen Euro (10,1 %) Versandbuchhandel:

118 Millionen Euro (1,3 %) Warenhäuser:

113 Millionen Euro (1,2 %) Buchgemeinschaften:

77 Millionen Euro (0,8 %) Neuerscheinungen: davon Belletristik:

76.547 14.165

Beschäftigte Verlag:

Sortiment:

24.015 28.900

Stand: 2015 Quelle: Börsenverein des deutschen Buchhandels

sprachliche Eigenheiten Absatzmöglichkeiten für deutschsprachige Bücher sind verglichen mit denen für englischsprachige Bücher relativ klein. Und sie werden vom deutschen Markt dominiert.

Ihm lagern sich die beiden kleineren Märkte Österreich und Schweiz an. Das belegen neben den konkreten Umsatzzahlen – etwas mehr als 9 Milliarden Euro in Deutschland, rund 750 Millionen Euro in Österreich – auch die tonangebenden Messen. Die wichtigsten Veranstaltungen zur Vorstellung der jährlichen Neuerscheinungen (über 75.000 in Deutschland, rund 8.500 in Österreich) finden in Leipzig und Frankfurt statt.

Hierzulande haben sich auch aufgrund einer Reihe historischer Faktoren keine vergleichbar großen Verlagshäuser entwickelt.

Die Übermacht der deutschen Konkurrenz zeigt sich nicht zuletzt darin, dass österreichische Verlage kaum gegen die Abwerbung ihrer erfolgreichsten AutorInnen ankommen.

Doch schließt all das nicht aus, dass der deutsche Markt für österreichische Verlage eine bedeutende Einnahmequelle darstellt.

Sein Potenzial ist groß und Hürden, die heimische Verlage beklagen, sind nicht unüberwindbar. Natürlich erscheint der finanzielle Verlag spielt der Export seiner Bücher eine Aufwand für Marketing und Vertrieb am wichtige ökonomische Rolle. Auf literarisch deutschen Markt hoch. Nicht jeder Verlag anspruchsvolle Krimis spezialisiert, genekann sich das leisten. riert Haymon etwa die Hälfte seiner Erlöse Manche haben den Aufwand womöglich in Deutschland. Dennoch legt Geschäftsauch gar nicht so nötig. Das gilt besonders führer Markus Hatzer großen Wert darauf, für Kleinverlage mit bewusst österreichi- „bewusst ein österreichisches Programm zu schem Programm. Ein Beispiel ist der seit machen“. Der Verkauf läuft in Deutschland über dreißig Jahren von Dieter Bandhauer gut, aber ein österreichisch gefärbtes Idiom geführte Sonderzahl Verlag. „führt dort manchmal schon zu Hürden im „Mir reicht der österreichische Markt nicht Vertrieb“.

– aber er ist mir wichtiger. In einer global zerDies bestätigt auch Vertriebsexperte fransenden und austauschbar langweiligen ­Ulrich Deurer. Er verweist aber auf das PoWelt habe ich keine Angst vor dem Bekennt- tenzial der Sprache: „Ich bin davon übernis zum Regionalismus. Auch Provinz und zeugt, dass der Wiener Schmäh oder generell Peripherie sind für mich positiv besetzte Be- österreichische Eigenheiten sich sehr gut in griffe. Wobei das natürlich leichter gesagt ist, Deutschland verkaufen lassen – wenn das wenn man im Zentrum Wien sitzt.“ Marketing und die Presse stimmen. Hier Stark am deutschen Markt hat sich hin- müssen wir ansetzen – und nicht auch noch gegen der Picus Verlag positioniert. Rund 70 die schönen Eigenheiten unserer Sprache Prozent seiner Bücher werden dort verkauft. dem Markt opfern.“ Für den Verlagschef Alexander Potyka ist die Auch abseits der Literatur hat der deutüberregionale Verbreitung ein zentrales An- sche Markt für unsere Buchbranche große liegen. Auch für andere mittelgroße Verlage Bedeutung. Im Bildband-Bereich etwa ist wie den in Innsbruck ansässigen Haymon der Brandstätter Verlag seit über 30 Jahren

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Kommentar Jochen Jung Schriftsteller und Verleger (Jung und Jung)

ihm die deutsche Mutter Vorteile bringt. „Es trifft zu, dass wir im Bereich des Vertriebs und des Marketings gemeinsam operieren und dadurch vor allem auf dem deutschen Markt gute, möglicherweise bessere Chancen als andere heimische Verlage haben.“ Den entscheidenden Faktor für einen Erfolg in Deutschland sieht er weniger in der Herkunft eines Verlags, sondern in dessen Möglichkeiten und Bereitschaft, in den Vertrieb zu investieren. Stimme der Werbekostenzuschuss, dann gebe es im Buchhandel für alle die gleichen Chancen. Alexander Potyka und Markus Hatzer teilen diese Ansicht: „Kleine Verlage haben es im Vertrieb generell schwerer. Die deutschen genauso wie die österreichischen.“

eine Institution. „Wir machen etwas mehr als die Hälfte unseres Buchhandelsumsatzes in Deutschland“, sagt Verlagsleiter Nikolaus Brandstätter. „Hier ist unser Wachstum derzeit auch am stärksten.“ Spitzentitel würden mittlerweile Absatzzahlen von 20.000 bis 30.000 Exemplaren erreichen.

Die Chancen am deutschen Markt hängen in erster Linie vom finanziellen Einsatz eines Verlags ab. Und das Geschäft mit dem Buch ist riskant. Bestseller lassen sich eben nicht mit Sicherheit voraussagen. ja, GröSSe ist wichtig Zu den größten Verlagen in Österreich zählt der Paul Zsolnay Verlag. Im Programm befinden sich österreichische und mitteleuropäische Belletristik, Klassiker- und Gesamtausgaben, geistesgeschichtliche und politische Sachbücher, darunter viele Reihen. Seit 1996 gehört Zsolnay zum deutschen Hanser Verlag. Dessen ungeachtet bilanziert Zsolnay nach wie vor eigenständig in Österreich. Darauf legt der Verlagschef Herbert Ohrlinger großen Wert. Er räumt aber auch ein, dass

werden wir benachteiligt?

Ein gänzlich anderes Bild zeichnet Ulrich Deurer. Er betreut einige österreichische Verlage am deutschen Markt. Im Laufe seiner Tätigkeit musste er feststellen, dass die angenommene Ablehnung keinesfalls bloß Einbildung ist. „Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass es sich hier um eine Tatsache handelt, die rational nicht erschlossen werden kann. Österreichische Autoren verkaufen sich in österreichischen Verlagen schlecht, in deutschen Verlagen zum Teil großartig. Selbst deutsche Autoren in österreichischen Verlagen stehen zumeist auf verlorenem Posten.

Ich habe keine Begründung dafür, glaube aber, dass wir hier einen Abwehrmechanismus des Handels sehen, der schwer gekontert werden kann.“ Ganz so einfach lässt sich der Mythos, ÖsterreicherInnen hätten es am deutschen Buchmarkt schwer, nicht beiseitewischen.

Auch SchriftstellerInnen müssen ihre Einkünfte und Chancen im Blick behalten. „Nur große Verlage können entsprechende Vorschüsse zahlen“, sagt Bandhauer von Sonderzahl. Man dürfe sich daher keine Illusionen machen. „Es ist auch gar nichts dagegen zu sagen, wenn ein Autor nach zwei, drei Titeln zu einem großen Verlag wechselt. Die sitzen alle in Deutschland.

Das wird sich in absehbarer Zeit nicht ändern.“ Auch Ohrlinger von Zsolnay sieht die Sache pragmatisch. Seine Ansicht über das Verhältnis zwischen AutorIn »

Tu, infelix Austria, vende Will die deutsche Buchhändlerin keine österreichische Literatur?

Ceterum censeo: Die Deutschen mögen uns. Es geht den österreichischen Verlagen in Deutschland so schlecht wie in Österreich; nur in der Schweiz geht es ihnen noch schlechter. Doch das Feuilleton schätzt unsere Bücher, die LeserInnen schätzen das Urteil des Feuilletons, und der Buchhandel hat von jedem unserer neuen Titel immerhin drei Stück auf Lager. Bei zwei Titeln entpuppt sich das dann als lächerlich wenig, Auslieferung und Barsortiment tun das Ihre, und der Rubel rollt nicht in den Gully, sondern in die Taschen der VerlegerInnen. So geht es in Österreich vielleicht einem Verlag. Alle anderen kommen auf eckigen Wegen gerade so über die Runden (und da die für die meisten längst überlebensnotwendige Verlagsförderung gerade heruntergefahren wird …).

Der Buchhandel ist ein freier Markt, wer sollte uns da schlecht behandeln? Wenn man sich bei den VertreterInnen beklagt, sagen sie, die deutsche Buchhändlerin wolle keine österreichische Literatur.

Fragt man die Buchhändlerin, sagt sie, so reden träge VertreterInnen.

Nein, von Benachteiligung kann keine Rede sein, so wenig wie von Bevorzugung. Wir sind GlücksspielerInnen in einer Welt, die sich das Leben lieber von Tarifen und Kalorienzählern regulieren lässt. Die wahre Frage ist: Welche Rolle spielt heute noch die ernsthafte Literatur im kulturellen Umfeld?

Ceterum censeo: Die Deutschen mögen uns.

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– Essenziell – Österreichische Verlage in Deutschland

„Gute Literatur schafft es immer in die Feuilletons, unabhängig davon, woher der Verlag stammt“

3 Fragen an …

Markus Hatzer, Verlagschef von Haymon

und Verlag erweitert das gängige Urteil allerdings um eine nicht unwesentliche Nuance. „Zu allen Zeiten haben Autoren gewechselt. Kein Verlag, sei es einer im Verbund eines Konzerns, sei es ein Einzelkämpfer, ist davor gefeit. Bitte nicht vergessen – auch Verlage trennen sich von Autoren. Warum es so weit kommt, ist von Fall zu Fall verschieden. Formen der Unzufriedenheit spielen immer eine Rolle. Vor familiärer Wärme, persönlicher Betreuung usw. als Argument, jemanden im Haus zu halten, schrecke ich allerdings zurück.“ Hier spricht ein nüchterner Geschäftsmann. Aber eben auch der gute Verleger, dem das Wohl und Ansehen des Verlags und seiner Bücher am Herzen liegt. „Egal, wie eng man mit einer Autorin, einem Übersetzer, einer Herausgeberin, einem Agenten persönlich befreundet ist, die Basis der Zu-

sammenarbeit muss die Überzeugung bilden, gemeinsam das Beste aus den Büchern zu machen – sowohl in Hinblick auf das Renommee als auch mit Blick auf die Verkaufszahlen respektive Vorschüsse. Besteht diese Überzeugung nicht mehr, ist es besser, sich zu trennen.“ Die Abwanderungsproblematik betrifft vor allem die Belletristik. Im Sachbuchbereich ist nicht selten das Gegenteil der Fall.

Im Brandstätter Verlag freut man sich immer öfter über „Autoren von deutschen Verlagen, die endlich ein schönes Buch machen wollen“. Hoher Wiedererkennungswert, eindeutige Positionierung und klare qualitative Abgrenzung von den Mitbewerbern zeigen, dass ein Wechsel nicht immer in derselben Richtung erfolgt. im Feuilleton besprochen Die großen deutschsprachigen Zeitungen haben fast alle ihren Sitz in Deutschland.

Liegt dementsprechend auch der redaktionelle Fokus der Feuilleton-Abteilungen auf den Neuerscheinungen deutscher Verlage?

Finden österreichische Verlage in den deutschen Medien zu wenig Berücksichtigung?

An diesen Fragen scheiden sich die Geister.

Bei Haymon ist man sehr zufrieden mit der deutschen Presse: „Gute Literatur schafft es immer in die Feuilletons, unabhängig davon, woher der Verlag stammt“, sagt Verlagschef Markus Hatzer.

Wenig Grund zur Klage haben auch Sonderzahl und Brandstätter. Am Marktanteil ihrer Verlage gemessen sei die Berücksichtigung in den Medien durchaus zufriedenstellend. Ganz anders Ohrlinger von Zsolnay: „Frei von Illusionen: deutsche Verlage werden bevorzugt. Und manchmal, das habe ich selbst von einem honorigen Redakteur einer sehr honorigen Tageszeitung zu hören bekommen, wird gefragt, wann man denn zuletzt eine Anzeige geschaltet habe. Andererseits werden österreichische Verlage in österreichischen Medien bevorzugt.“

Ulrich Deurer, Geschäftsführer von Vertrieb – Verkauf – Marketing (VVM) in Augsburg, arbeitet für die Verlage Folio, Picus und Jung und Jung Wie sieht eine Vertretung durch VVM aus?

Ulrich Deurer: Ideal erscheint, wenn mir ein Verlag so viel Vertrauen schenkt, dass eine Mitarbeit, vor allem strategisch bei Vertriebsarbeit, Programmplanung, Gewichtung innerhalb der Programme sowie Werbekonzeption und Marketing, möglich ist. Natürlich geht es überhaupt nicht darum, dem Lektorat in die Titel und Programme hineinzureden, sondern darum, frühzeitig Chancen und Risiken unter verkäuferischen Gesichtspunkten abzuwägen.

Wie schätzen Sie das Potenzial der österreichischen Branche ein?

Deurer: Beim Rechteerwerb für Titel von etablierten Bestsellerautoren werden die meisten unabhängigen österreichischen Verlage wohl kaum mit den Konzernverlagen mithalten können. Der Suche nach neuen jungen Autoren mit guten Stoffen kommt also geradezu existenzielle Bedeutung bei.

Was raten Sie kleinen österreichischen Verlagen?

Deurer: Verlage mit einem belletristischen Schwerpunkt, der nicht stark regional geprägt ist, sollten es meiner Meinung nach in Deutschland versuchen. Nennenswerte Umsatzzuwächse lassen sich wohl derzeit nur erzielen, wenn auch der größere deutsche Markt in die Verlagsaktivitäten einbezogen wird. Aber: alles braucht seine Zeit und ein wenig Geduld müssen Verlegerinnen und Verleger wohl mitbringen, wenn sie nennenswerte Ergebnisse erwarten. Und dieses „wenig“ bedeutet doch einige Jahre.

Foto: Harald Rumpold

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13.03.2017 10:50:27 Uhr

Laut Ohrlinger sollte man sich überhaupt von der Vorstellung eines bedeutenden deutschen Feuilletons verabschieden. Zu groß sei der Qualitätsverlust in den letzten Jahren.

Eine Bastion der Glaubwürdigkeit sieht er hingegen in den Programmen bestimmter öffentlich-rechtlicher Radiostationen. durch irrtum bekannter Medienpräsenz einer ganz anderen Art bekam der Sonderzahl Verlag Anfang 2014. Die kuriose Geschichte spielte sich vornehmlich in den E-Mails deutscher KulturjournalistInnen ab. Eigentlich sollte nur über eine neue digitale Programmvorschau informiert werden. Dank einer defekten Mailingliste entstand daraus einiger Aufruhr. Jede Antwort auf die Mail erreichte jede(n) auf der Liste.

Bald waren die Postfächer voll und die Gemüter erhitzt. Am Ende eines nervenaufreibenden Wochenendes war der Verlag beinah der gesamten deutschsprachigen Medienwelt ein Begriff. Diese Medienpräsenz hat Bandhauer nicht geschadet. Immerhin erfuhren dadurch viele deutsche KulturjournalistIn-

16_21_TitelstoryAnz03_17IL2.indd 21

nen überhaupt erst von der Existenz seines Kleinverlags. Spricht man ihn auf den Vorfall an, zeigt Bandhauer sich jedoch zurückhaltend: „Es gibt den schönen, Andy Warhol zugeschriebenen Satz, dass in Zukunft jeder 15 Minuten berühmt sein wird. Mehr kann ich zur E-Mail-Affäre nicht sagen.“ der vorteil kleiner verlage Auch wenn es ein bisschen nach Fuchs und sauren Trauben riecht, der Ausschluss vom großen Geschäft und dessen Schnelllebigkeit bringt nicht nur Nachteile mit sich. Lässt man den kräftezehrenden und zeitraubenden persönlichen Einsatz beiseite, den Liebe und Leidenschaft zur Literatur erfordern, entfaltet sich eine andere Welt. Dieter Bandhauer sieht sie so: „Nachdem für mich Ungleichzeitigkeit ein wesentliches Kriterium ist, habe ich keinen Stress mit den richtigen Büchern am richtigen Ort. Der Vorteil, ein kleiner Verleger zu sein, besteht ja auch darin, sich eine gewisse Arroganz leisten zu können. Je mächtiger, umso abhängiger. Meine Unabhängigkeit ist mir heilig.“ «

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– Bestseller –

Bestseller Hardcover Februar 2017 Belletristik

Sachbuch

1 neu

Claudia Rossbacher Steirerpakt Gmeiner-Verlag EUR 15,50 9783839220443

1 neu

Hugo Portisch Leben mit Trump Ecowin Verlag EUR 20,00 9783711001276

2

Martin Suter Elefant Diogenes EUR 24,70 9783257069709

2 neu

Hugo Portisch Aufregend war es immer Ecowin Verlag EUR 15,00 9783711001245

3 2

Johannes Huber Es existiert Edition A EUR 21,90 9783990011683

4 neu

Philipp Blom Die Welt aus den Angeln Hanser EUR 24,70 9783446254589

3

3

1

4 neu

5

4

Bernhard Aichner Totenrausch btb EUR 20,60 9783442756377 Paul Auster 4 3 2 1 Rowohlt, Reinbek EUR 30,80 9783498000974

Elena Ferrante Meine geniale Freundin Suhrkamp EUR 22,70 9783518425534

6 2

Elena Ferrante Die Geschichte eines neuen Namens Suhrkamp EUR 25,70 9783518425749

7

Jeff Kinney Gregs Tagebuch 11 – Alles Käse!

Baumhaus Medien EUR 15,50 9783833936524

5

8

9

9 neu

13 neu

Umberto Eco Pape Satàn Hanser EUR 20,60 9783446254428

8

4

Hanya Yanagihara Ein wenig Leben Hanser Berlin EUR 28,80 9783446254718

Peter Lanz Falco mit CD Ueberreuter EUR 9,95 9783800075645

10 neu

Yuval Noah Harari Homo Deus C.H.Beck EUR 25,70 9783406704017

Zsolnay EUR 26,80 9783552058163

6 neu

Michael KÖhlmeier, Konrad Paul Liessmann Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist, Adam?

Hanser EUR 20,60 9783446252882

Joanne K Rowling Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind Carlsen EUR 20,60 9783551556943

11 neu Franzobel Das Floß der Medusa 12 7

3

1

Bibi & Tina – Tohuwabohu Total Egmont Schneiderbuch EUR 12,40 9783505140044

5

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10 neu Bettina Börgerding Wenka von Mikulicz

Joanne K. Rowling / Jack Thorne / John Tiffany Harry Potter und das verwunschene Kind Carlsen EUR 20,60 9783551559005

9 neu

Eckart von Hirschhausen Wunder wirken Wunder Rowohlt, Reinbek EUR 20,60 9783498091873 Giulia Enders Darm mit Charme!

Ullstein HC EUR 17,50 9783550080418

Ratgeber 1 1

2 neu

Sophia Thiel Einfach schlank und fit Riva EUR 20,60 9783742301178

Tanja Braune, Anita Frauwallner Die Darm-Diät Kneipp Verlag EUR 17,90 9783708806976

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Jamie Oliver Jamies 15-Minuten-Küche Dorling Kindersley EUR 25,70 9783831022632

4

Hesse/Schrader Testtraining 2000plus + Active Stark EUR 25,70 9783849020118

Karl-Markus GauSS Zwanzig Lewa oder tot Zsolnay EUR 22,70 9783552058231

14 6

Paulo Coelho Die Spionin Diogenes EUR 20,60 9783257069778

15 8

Rita Falk Weißwurstconnection dtv Verlagsgesellschaft EUR 16,40 9783423261272

5 neu

Karl Ploberger Der Gartenflüsterer BLV Buchverlag EUR 20,00 9783835415454

16 10

Sebastian Fitzek Das Paket Droemer/Knaur EUR 20,60 9783426199206

6 neu

Gerald Hörhan Der stille Raub Edition A EUR 21,90 9783990012123

17 11

Christoph Ransmayr Cox S. Fischer EUR 22,70 9783100829511

7 2

Bernhard Moestl Denken wie ein Shaolin Droemer/Knaur EUR 17,50 9783426214015

18 12

T.C. Boyle Die Terranauten Hanser EUR 26,80 9783446253865

8 neu

Barbara Stöckl Was wirklich zählt Amalthea EUR 20,00 9783990500774

19 13

Simon Beckett Totenfang Wunderlich EUR 23,60 9783805250016

20 neu

Carolin Hecht Wendy, Das Buch zum Film Egmont Schneiderbuch EUR 13,40 9783505139772

6

9

16

Danielle Graf Katja Seide Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn Beltz EUR 15,40 9783407864222

10 7 Nico Stanitzok, Carolina Hausmann Low Carb

Gräfe & Unzer EUR 17,50 9783833853234

Im Auftrag des HVB ermittelt das Markt­forschungs­unternehmen GfK E ­ ntertainment GmbH monatlich die Bestseller für Belle­tristik, Sachbücher­­und Ratgeber.

Mit den Best­sellerlisten werden auf dem Absatz­weg Sortiments­buchhandel und E-Commerce 82 Prozent aller Bar­verkäufe in Österreich abgedeckt.

22-23_Bestseller_MIL2.indd 22

13.03.2017 10:51:27 Uhr

Idealz

Bestseller Taschenbuch Februar 2017 Belletristik

Sachbuch

1 2

Jojo Moyes Im Schatten das Licht Rowohlt TB. EUR 15,50 9783499267352

1 1

Robert Betz Raus aus den alten Schuhen!

Heyne EUR 10,30 9783453703049

2 1

Bernhard Aichner Totenhaus btb EUR 10,30 9783442714421

2 7

John Strelecky Das Café am Rande der Welt dtv Verlagsgesellschaft EUR 8,20 9783423209694

3 3

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Martin W. Drexler, Markus Eiblmayr, Franziska Maderthaner (Hg.)

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Ein Versuch, diese „schnellen“ Jahre am Beispiel einer Stadt und ihrer Kultur nachzuzeichnen.

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FA LT E R V E R L A G

10.03.2017 10:51:33 11:28:19 Uhr Uhr 13.03.2017

– Persönlich – Buchhändlerin „Buchhandlung Brunner“, Vorarlberg Porträts : Lukas Schöppl

F o t o : W e i s s e n g r u b e r & Pa rt n e r

„Zu viel ist zu viel.

Wie bei allem.

Außer bei Büchern“

B

Verena Brunner-Loss

ücher wollte Verena Brunner-Loss anfangs nicht zu ihrem Beruf machen. Sie war auf Karriere aus. Am liebsten auf eine internationale. Trotz ihres Germanistik- und Geschichte-Studiums interessierte sie sich für die Betriebswirtschaft.

Und trat bei Unilever ein.

Doch bald schwanden ihre Welteroberungswünsche – und Brunner-Loss kehrte zu den Büchern zurück. Auch hier erweist sich Betriebswirtschaft als nützlich: „Der Buchhandel ist für mich die optimale Verbindung von Geisteswissenschaft und wirtschaftlichen Ambitionen.“ In Vorarlberg kennt so gut wie jeder die Brunner-Buchhandlungen. Kein Wunder, schließlich gibt es sieben von ihnen. „Wir sind da, wo die KundInnen sind. Das bedeutet einen großen Aufwand in der Verwaltung, ist aber die Mühe wert.“ Kommt bei großen Buchhandlungen die individuelle Beratung

zu kurz? „An jedem einzelnen Standort arbeitet ein Team aus ausgebildeten und sich fortbildenden BuchhändlerInnen. Neben der Beratung in der Buchhandlung kann man natürlich auch anrufen, um sich über ein Buch zu informieren.“ Die Aufgaben einer guten Buchhandlung sieht Brunner-Loss in der Inszenierung von Büchern. „Wir verkaufen mehr als nur ein Produkt. Wir verkaufen nicht nur Bücher, sondern Fantasie und ganze Lesewelten. Wir machen Bücher sichtbar. Online sieht die Kundschaft nicht, was es alles gibt, und stößt selten auf Neues. Sie hat schon einen vorgefertigten Gedanken im Kopf und weiß, was sie kauft. In unserer Buchhandlung sieht sie nicht nur das, was sie braucht, sondern auch das, was sie will.“

Vor Online-Shop und digitalen Medien schreckt die Buchhandlung Brunner dennoch nicht zurück. Das Angebot im eigenen Webshop wird stets ausgeweitet, der OnlineAbsatz wächst.

Die Buchhandlung Brunner hat auch ein Video auf YouTube. „Wir wollen, dass unser YouTube-Spot auch in die Kinos kommt.“ An einem Instagram-Auftritt wird gerade gearbeitet. „Ich hab’ einen 14-jährigen Sohn, der sagt mir, wie wichtig das ist. Und man sollte unbedingt auch unsere Facebook-Seite liken!“ Was hält sie von E-Books? Die Antwort ist kurz und knapp: „Die Dosis macht das Gift. Zu viel ist zu viel. Wie bei allem. Außer bei Büchern.“ Das Motto der Buchhandlung Brunner lautet „Kurze Wege für ein langes Lesevergnügen“. Verena Brunner-Loss sieht sie als geistige Nahversorger. Nicht nur der Weg zu den Lebensmitteln, auch der Weg zu Büchern soll kurz sein. „In Vorarlberg gibt es keine Universität. Unsere Aufgabe ist, das ganze Ländle mit dem Brainfood Buch zu versorgen.“

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13.03.2017 10:51:45 Uhr

– Persönlich – Verleger „Obelisk Verlag“, Innsbruck

F o t o : M a r t i n Va n d o r y

Georg Buchroithner

„Bücher sind die beste Ablenkung!“

G

eorg Buchroithner wurde die Verlagsarbeit in die Wiege gelegt. Er ist Leiter des Obelisk Verlags, den einst seine Mutter schon von ihrem Vater übernommen hat. Im ganzen Haus lagen Manuskripte unveröffentlichter Bücher herum, erinnert er sich an seine Kindheit. „Ich hatte das Gefühl, als einer der Ersten ein neues Buch zu lesen. Das war toll.“ Schon während des Volkswirtschaftslehrestudiums an der Universität Innsbruck half er immer wieder im Verlag aus und erfuhr so immer mehr über die Vielfalt des Verlegerberufs.

Der Obelisk Verlag ist ein Familienunternehmen mit Geschichten für Familien. Genauer genommen für die Jüngsten der Familie: Kinder und Jugendliche.

Für Buchroithner sind Kinderbücher ein Schlüsselfaktor zum Erwerb vieler Fähigkeiten. „Kinder erleben die Höhen und Tiefen der Geschichte. Das Lesen regt ihre Vorstellungskraft an. Die Kinder lernen, sich in die Charaktere im Buch hineinzuversetzen. Das fördert die Empathie.“

Kinder-E-Books allerdings begegnet Buchroithner mit Skepsis. „Auf den Displays der E-Reader können keine bunten Bilder dargestellt werden, auf Tablets verdrängen die Bilder den Text und das Wesentliche geht verloren. Kinder sind schon genug abgelenkt.“ Aber sind Bücher nicht auch eine Form von Ablenkung? „Ja, Bücher sind die beste Ablenkung! Und fördern trotzdem die Konzentration. Durch Bücher lernen Kinder und Jugendliche, an einer Sache dranzubleiben. Sie lesen ein Buch von der ersten bis zur letzten Seite. Das ist ein ungeheuer lohnendes Erlebnis.“ Um dieses Erlebnis zu garantieren, kommt bei den Kinderbüchern des Obelisk Verlags die sogenannte „Sinnschrittsatzmethode“ zum Einsatz. „Es wird darauf geachtet, dass es pro Satz und Zeile nur eine Sinneinheit gibt. So wird dafür gesorgt, dass sich die junge Leserin oder der junge Leser Schritt für Schritt den Weg durch die Geschichte bahnen kann.“ Die Methode wächst mit den Kindern mit, je höher die Lesestufe, desto komplexer die Sinneinheiten. Müssen sich AutorInnen an die Sinnschrittsatzmethode halten? „Nein, darum kümmern sich unsere Fachleute im Lektorat. Natürlich immer in Rücksprache mit der Autorin oder dem Autor. Wir arbeiten eng zusammen.“ Lesestufe und Lebensalter sind aber nicht immer gleichzusetzen. Gibt es im Obelisk Verlag auch Bücher für Jugendliche, die noch nicht so lange in Österreich sind, aber auch keine Kindergeschichten lesen wollen? „Dafür haben wir Kurzgeschichtensammlungen.

Das sind entweder Tiergeschichten oder Krimi-Anthologien, wo verschiedene AutorInnen auf zehn bis zwölf Seiten Kurz-Krimis schreiben. Die werden auch von älteren Kindern und Jugendlichen gern gelesen. Wir sorgen für ein Leseabenteuer für alle.“

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13.03.2017 10:51:52 Uhr

– Persönlich – Auslieferer / Mohr Morawa, Wien

F o t o : c h r i s t o p h e r m av r i Č

Christian Langer

„Es ist toll, wenn das Produkt, mit dem man arbeitet, etwas Positives in einem auslöst“

S

chon im 19. Jahrhundert wurden die Unternehmen Mohr ZG und Morawa gegründet. Ende des 20. Jahrhunderts schlossen sie sich schließlich zusammen.

Seit der Fusionierung ist Mohr Morawa die größte und modernste Auslieferung Österreichs.

Seit Dezember 1998 ist Christian Langer im Unternehmen beschäftigt und wurde 2014 zum Geschäftsführer ernannt, wobei seine Expertise im Bereich IT und Logistik ausschlaggebend war. Worauf kommt es bei der Buchauslieferung eigentlich an? „Wir sind Dienstleister. Als solche gehört die Kundenbetreuung zu unseren wesentlichen Eckpfeilern. Unser Kundenservice bestehend aus zwölf Personen kümmert sich exklusiv um die Anliegen unserer Kundschaft.

Seit Kurzem gibt es auch die Position eines

Kundenbetreuers, der vor Ort für unsere Kunden bei Wünschen und Anregungen zur Verfügung steht. Denn dadurch können wir noch individueller auf Wünsche eingehen.“ Für BusinesskundInnen hat Mohr Morawa einen Webshop, in dem Bestände abgefragt und Bestellungen elektronisch getätigt werden können.

Das Hauptvertriebsgebiet von Mohr Morawa ist Österreich. Christian Langer ist es daher ein großes Anliegen, dass österreichische BuchhändlerInnen ihr Sortiment von österreichischen Auslieferern beziehen. Wie auch Franz Lintner (siehe anzeiger 1/2017) meint Langer, es gebe zwischen österreichischen Auslieferern kein Konkurrenzdenken: „Wir sitzen alle im selben Boot und versuchen, unsere Kunden optimal zu betreuen und bei den österreichischen Auslieferungen zu halten.“ Hauptkonkurrenten sind vor allem reine Onlinehändler aus dem Ausland.

Wert legt man neben der Kundenbetreuung bei Mohr Morawa auch auf Umweltfreundlichkeit. „Bei unseren Lieferungen kommen größtenteils wiederverwendbare Behälter zum Einsatz. So produzieren wir keinen unnötigen Verpackungsmüll. Vor Kurzem haben wir auch unsere Lagerbeleuchtung modernisiert und sparen seither jährlich rund 100 Tonnen CO2. Ebenso überlegen wir, für unsere Zustellfahrzeuge für den Wiener Großraum eventuell Elektroautos einzusetzen – der klimafreundliche Gedanke schwingt also immer mit.“ Zu seiner Arbeit motiviert Langer vor allem die Liebe zu jenem Produkt, mit dem er jeden Tag zu tun hat: dem Buch. „Es ist toll, wenn das Produkt, mit dem man arbeitet, etwas Positives in einem auslöst. Die große Liebe zum Buch ist ein Ansporn, vor allem wenn es viel zu tun gibt. Für Bücher mobilisiere ich gern meine Reserven.“ Obwohl oder gerade weil er täglich mit Büchern zu tun hat, ist Langer auch ein begeisterter Leser.

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13.03.2017 10:51:58 Uhr

F o t o : c h r i s t o p h e r m av r i Č

– Persönlich – Verlagsvertreter, Burgenland

Johannes Ohr B

evor er Verlagsvertreter wurde, war Johannes Ohr fünfzehn Jahre im Buchhandel tätig gewesen. Da wo er jetzt ist, hat er sich allerdings nicht immer gesehen. „Ich habe sechs Jahre lang Publizistik und Afrikanistik studiert. Nach fünfzehn Jahren Buchhandel wollte ich eine Veränderung.“ Zunächst hat er bei der Auslieferung Lechner gearbeitet – und schon wenig später verschiedene Verlage vertreten. „Verlage wollten mich irgendwann exklusiv für sich haben. Ich war dann länger nur bei einem Verlag. Mittlerweile ist das Portfolio aber gewachsen.“ Im Gegensatz zu vielen seiner KollegInnen fährt Ohr nicht durch ganz Österreich, sondern deckt nur den Osten ab. „Ich habe einen Kollegen, der den Westen übernimmt.

Er ist quasi mein Pendant.“ Der Schwerpunkt seiner Verlage lag immer schon bei Kinder- & Jugendliteratur. Allen voran der „Harry Potter“-Verlag Carlsen, arsEdition und Thienemann-Esslinger.

Was die wichtigste Aufgabe seiner Arbeit betrifft, sieht es Johannes Ohr ganz so wie Hans Jobst (siehe anzeiger 1/2017): „Das Wichtigste ist Vertrauen. Ich kenne meine KundInnen so gut, ich wage zu behaupten, dass ich oft sogar ohne ihr Beisein schon für sie einkaufen könnte“, lacht er. „Mache ich natürlich nicht. Aber meine Kundschaft hat großes Vertrauen zu mir.“ Liest er jedes Buch, das er empfiehlt? „Es sind so viele, die kann ich gar nicht alle lesen.

Aber kennen muss ich sie schon. Wenn die Kundschaft wissen will, wie es ausgeht, sollte ich das schon sagen können.“ Mittlerweile ist er vor allem Experte für Kinderbücher. „Als Verlagsvertreter gebe ich den HändlerInnen auch Tipps, zum Beispiel, für wen das Buch geeignet ist. Gerade bei Jugendliteratur ist es

„An meiner Arbeit schätze ich vor allem die sozialen Kontakte“

wichtig zu wissen, was Kinder und Jugendliche gerade lesen.“ Damit er selbst immer im Bild über die neuesten Erscheinungen seiner Verlage ist, nimmt Ohr zweimal pro Jahr an einer Verlagskonferenz teil. „Da werden wir dann präpariert. Danach können wir unsere Reisen antreten“, beschreibt Ohr gelassen seine Arbeit.

Johannes Ohr freut sich auf jeden seiner KundInnenbesuche. „An meiner Arbeit schätze ich vor allem die sozialen Kontakte.“ So schön kann die Tätigkeit eines Verlagsvertreters sein: „Es ist wie ein Besuch bei Freunden“, beschreibt er – wohlgemerkt – seine dienstlichen Termine. Wenn man mit ihm spricht, dann kann man sich das sehr gut vorstellen.

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13.03.2017 10:52:04 Uhr

– Selbstredend –

Für mich ist das kein toter Hund!

Anna Kim sieht in ihrem groSSen Korea-Roman eine höchst aktuelle Geschichte. Und erzählt, wie es dazu gekommen ist

D

ie Schriftstellerin Anna Kim, 1977 in Daejeon in Südkorea geboren, emigrierte mit ihren Eltern nach kurzem Zwischenstopp in Deutschland 1983 nach Österreich. Die Frage nach ihrer Heimat beantwortet sie heute unumwunden lakonisch: „Wien – eindeutig mehr als jeder andere Ort.“ Nach dem Studium der Philosophie und Theaterwissenschaft an der Uni

Wien („Weil ich nicht wusste, was ich sonst studieren sollte!“) zog sie für zwei Jahre weiter nach England. Statt der geplanten Dissertation über „Philosophie und Rassismus“ entstand 2004 in London ihr erster Roman „Die Bilderspur“. Es folgten Bände mit Lyrik und Essays. Mit „Anatomie einer Nacht“ wechselte sie zu Suhrkamp nach Berlin, wo sie derzeit auch lebt. Nach fünfjähriger

intensiver Recherche- und Schreibarbeit erschien jüngst der Korea-Roman „Die große Heimkehr“. Nach Wien pendelt Anna Kim regelmäßig, sie unterrichtet am Institut für Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst „Formen des Romans“. Wo trifft man eine derart umtriebige und vielbeschäftigte Autorin am besten? – „Im Prückel oder im Engländer?“ – „Im Engländer!“

FOTO: LUKAS ILGNER PHOTOGRAPHY

Interview: Erich Klein

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Der Titel Ihres neuen Romans spielt eigentlich auf eine nordkoreanische Propagandaaktion der 1960er Jahre an – trotzdem die Frage: Ist das Buch Ihre Heimkehr?

Anna Kim — Nein, das ist nicht meine Heimkehr. Ich war in Südkorea nie zu Hause. Das war immer nur eine imaginierte Heimat, die mir meine Eltern und die Umwelt vorgesetzt haben. Aber als Autorin spiele ich natürlich damit, das Lesepublikum kann das ja denken.

Sie beantworten Fragen zu Ihrer Biographie ungern. Verraten Sie trotzdem, wie Sie nach Europa und Österreich kamen?

Kim — Ich dachte lange Zeit, man könne als Autorin vermeiden, über sich selbst zu schreiben, stellte allerdings beim Schreiben fest, dass es schwierig ist, eine persönliche Beziehungen zu den Lesern aufzubauen, wenn man ganz entpersönlichte Texte verfasst. Was meine Biographie betrifft: Meine Mutter hatte in Südkorea Germanistik studiert und wollte ihre Dissertation in Wien machen.

Eigentlich sind meine Eltern aus politischen Gründen weggegangen – sie hatten das Gefühl, das Land würde sich nicht zum Besseren entwickeln. Sie sahen für ihre Kinder keine Bildungsperspektiven. Sie wollten, dass wir in Europa in die Schule gehen. Mein Vater, der Maler war, bewarb sich 1978 für eine Gastprofessur in Braunschweig, dann unterrichtete er in Gießen und schließlich in Wien.

Man könnte vermuten, dass Sie als Jugendliche viel über Südkorea sinniert haben. Was hat Sie aber dann als junge Autorin bewogen, Ihre ersten größeren Texte wie „Die gefrorene Zeit“ über den Krieg im Kosovo und „Anatomie einer Nacht“ über eine düstere Selbstmordepidemie in Grönland zu schreiben?

Kim — Ich fand Korea lange Zeit uninteressant, weil meine Mutter sehr viel davon erzählt hat. Sie versuchte, uns die koreanische Geschichte im Heimunterricht beizubringen – das war in meiner ganzen Kindheit so. Ich mochte diesen Heimunterricht ganz und gar nicht. Ich war froh, wenn ich mit dem Schulzeug fertig war und mich mit eigenen Dingen beschäftigen konnte. Die koreanische Geschichte fand ich weinerlich: Die Geschichte mit den Japanern, alles, was sie an Bösem getan haben, war für mich langweilig.

Die Mutter hatte Heimweh, die Tochter Fernweh?

Kim — Vermutlich – ja, heute kann ich das nachvollziehen. Ich hatte immer Fernweh.

Und schrieben deshalb Jahre später Bücher über extreme Ereignisse?

Kim — Grönland hat mich als weißer Fleck und Unort der Imagination interessiert. Ein nicht realer Ort, auf den ich viel projizieren konnte. Deshalb war er für mich hochliterarisch. Es ging mir in beiden Büchern darum, Extremfälle zu bearbeiten, oder genauer: zu übersetzen. Ich wollte wissen, ob es mir gelingt, für diese nicht alltäglichen Situationen eine Sprache zu finden, die dem gerecht werden kann. Genau das macht Literatur interessant: sich nicht mehr innerhalb der eigenen Sprachgrenzen zu bewegen und herauszufinden, wo die eigenen Fähigkeiten aufhören.

„Die Dämonisierung Nordkoreas wird sehr stark von den USA betrieben.

Langfristig wird eine derartige Blockbildung nie zu Frieden auf der koreanischen Halbinsel führen“ Anna Kim

Das sind Fragestellungen Wiener Literaturtradition – Sprache und Sprachreflexion. Mit der „Großen Heimkehr“ haben Sie dieses Terrain verlassen und machen stattdessen großes Erzählkino. Verlangt das der Gegenstand, die Geschichte Koreas im 20. Jahrhundert?

Kim — Das frage ich mich auch. Meine Bücher sind tatsächlich sehr unterschiedlich geschrieben. In „Die gefrorene Zeit“ war ich auf der Suche nach einer ästhetischen Form, die „Anatomie einer Nacht“ ist stark konstruiert und in der „Großen Heimkehr“ hat mich die Form genervt. Ich kam an den Punkt, wo ich mir sagte – verzeihen Sie den Ausdruck –, jetzt scheiße ich auf die Form! Es ist mir egal! (lacht) Österreichische Literatur ist trotzdem im Buch. Ich denke da vor allem an Stefan Zweig, der immer besondere Rahmenhandlungen aufbaut. Das habe ich in der „Großen Heimkehr“ auch gemacht, als kleine Hommage. Ich mag Zweigs Frauenfiguren ganz und gar nicht, aber seine Erzähltechnik ist genial.

Womit wir wieder in Wien wären. Sie haben ein österreichisches Gymnasium besucht und sind mit österreichischer Geschichte aufgewachsen: Wie sehr ist diese Geschichte, insbesondere die des 20. Jahrhunderts und des Nationalsozialismus, zu Ihrer eigenen geworden?

Kim — Ich mochte Geschichte schon immer.

Es war eines meiner Lieblingsfächer in der Schule. Was die Nazizeit betrifft, so begann mein Interesse daran mit dem Tagebuch der Anne Frank, von der ich irrtümlicherweise annahm, sie wäre Deutsche oder Österreicherin gewesen. Aber eigentlich war es egal, welche Nationalität sie hatte. Sie war eine Identifikationsfigur. Damit fing mein Interesse am Nationalsozialismus an. Eigentlich hat das Ganze schon früher begonnen – meine Eltern schauten sich ständig Dokumentationen darüber an. Daran erinnere ich mich ganz genau, weil ich mich dabei immer ein wenig gefürchtet habe. Ich glaube heute auch zu wissen, warum sie sich dafür so sehr interessiert haben: Die Diktatur in Südkorea, die nach dem Vorbild von Tschiang Kai Schek aufgebaut wurde, hatte auch nationalsozialistische Züge. Hitler war ein Vorbild für Tschiang Kai Schek – das Ganze natürlich in Abwandlung. Insofern habe ich auch eine persönliche Verbindung zu diesem Thema.

Die Geschichte Koreas im 20. Jahrhundert ist das Hauptthema der „Großen Heimkehr“.

Hatten Sie keine Angst vor diesem sehr großen Thema, das Sie in eine Dreiecksgeschichte von zwei Männern und einer Frau verpacken?

Kim — Natürlich hatte ich Angst, ich musste mich überwinden. Diese Geschichte ist weit umfassender als meine früheren Bücher. Aber ich glaube, ich wurde in meinem Schreiben mit jedem vorangegangenen Buch sicherer. Was die Darstellung des Krieges betrifft, so habe ich im Fall des Kosovokrieges in der „Gefrorenen Zeit“ gemerkt, dass mich das sehr mitnimmt. Und Recherche ist nicht gleich Recherche – man muss als Autorin auch auf emotionaler Ebene recherchieren.

Man braucht eine gewisse Empathie. Im Fall der „Großen Heimkehr“ ist das sehr schwierig gewesen, denn die meisten Geschichten darin kommen direkt aus meiner Familie. Es gibt einen persönlichen Bezug und ich habe auch gewusst, welches Ereignis welche Konsequenzen nach sich gezogen hat.

Das Buch ist Ihrem Vater gewidmet. Er ist an den von Ihnen beschriebenen Protesten gegen das Regime im Jahr 1960 beteiligt gewesen …

Kim — Die Widmung ist eine Erinnerung an den Vater, über den ich nicht sehr viel weiß. Er ist mit sechsundvierzig »

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– Selbstredend –

­gestorben, da war ich zwölf. Ich habe über viele Dinge nicht mit ihm sprechen können, weil ich noch zu klein war. Bei der Recherche für das Buch habe ich aber herausgefunden, dass er als Achtzehnjähriger in Demonstrationen verwickelt gewesen ist.

In welchem Ausmaß, davon hatte ich keine Ahnung. Über meine Familie gibt es noch viel mehr Geschichten.

„Ich wollte das naive Bild, das man im Westen von Korea hat, ein wenig zurechtrücken“ Anna Kim

Aus einem Ihrer Essays weiß man, dass einer Ihrer Onkel wenig zufrieden ist, dass Sie heute Österreicherin sind.

Kim — Das stimmt. (lacht) Der Grenzübergang am 38. Breitengrad ist der Inbegriff des Dauerkonfliktes zwischen Nordund Südkorea: auf einer Seite der strahlende Sonnenbrillenträger in amerikanischer Uniform, auf der anderen der verschreckte, ärmliche Nordkoreaner in Sowjetmontur. Welche Emotionen löst das Bild bei Ihnen aus?

Kim — Bei diesem Bild empfinde ich gar nichts. Es ist tragisch und es ist eine Tatsache, die letztlich mein Leben bestimmt: Ich bin mit diesem Konflikt aufgewachsen. Allerdings regt es mich irgendwie auf, wenn ich den nordkoreanischen Diktator immer nur als Witzfigur in der Zeitung sehe. Um Missverständnisse zu vermeiden: Er hat definitiv nicht meine Sympathien und das Regime ist unter aller Kritik. Aber ich halte es für gefährlich, eine Seite derart zu dämonisieren, ohne die historischen Umstände zu kennen. Diese Dämonisierung wird sehr stark von den USA betrieben. Langfristig wird eine derartige Blockbildung nie zu Frieden auf der koreanischen Halbinsel führen.

Die „Große Heimkehr“ nimmt eine neutrale Position ein, wobei Sie das Wirtschaftswunder des südkoreanischen „Tigerstaates“ ab den 1960er Jahren auch ordentlich zerzausen.

Man wird Ihnen kommunistische Sympathien vorwerfen!

Kim — Darauf warte ich schon! Man muss natürlich vorsichtig sein, aber die Frage muss auch erlaubt sein: Wie kam dieser Erfolg Südkoreas zustande? Welcher Preis wurde dafür bezahlt? Ich wollte eigentlich zeigen, wie ähnlich einander die zwei Regimes in ihrem Ursprung waren – und heute in gewisser Weise noch immer sind: das extrem kapitalistische Land im Süden und der stalinistische Norden. Ich finde, die Zeit ist reif, sich diese Geschichte genauer anzuschauen.

Deshalb ist das Buch auch so geschichtslastig.

Ich wollte keine kleine koreanische Geschichte schreiben, sondern diese in den Weltkontext einbetten. Man kann Korea ohne Kalten

­ issen, wie das Ganze aus heutiger Perspekw tive ausschaut und wie es zu dieser Situation gekommen ist, in der wir heute stecken. Was war der Auslöser dieser Fehde?

Das Buch wurde vorwiegend hymnisch gelobt.

Bisweilen klingt aber auch Kritik an den umfangreichen historischen Einschüben durch, die Ihre Hauptfiguren Johnny, Eve und Yunho umgeben.

Kim — Die historischen Essays sind für mich integraler Bestandteil des Romans.

Ohne geschichtlichen Hintergrund würde man meine Protagonisten gar nicht begreifen. Ich verstehe die Kritik eigentlich nicht!

Essayistische Reflexion über Geschichte und Politik ist doch ein normaler Bestandteil eines Romans. Ich will mich nicht mit Tolstoj vergleichen, aber der macht das in „Krieg und Frieden“ auch.

Der wurde dafür auch kritisiert.

Kim — Das Buch besteht aus verschiedenen Elementen. Ich habe mir zum Beispiel sehr viele südkoreanische Filme aus den 1950er Jahren angeschaut und versucht, diese Atmosphäre nachzustellen. Vor allem hat mich die Frage bewegt, wie der Roman im Kopf zusammengesetzt wird – die historische Ebene wegzulassen, wäre verantwortungslos gewesen. Ich habe es mir nicht leicht gemacht und ein Jahr herumexperimentiert: diese Passagen heraus, dann wieder hinein und die Erzählperspektiven geändert. Ich stehe dazu. Außerdem halte ich nichts von jener Pseudo-Neutralität, die man erzeugt, indem man nur erzählt. Gerade bei politischen Themen ist es wichtig, als Autorin Stellung zu beziehen. Früher ist es mir mehr um das Schreiben gegangen. Heute geht es mir mehr darum, wie meine Sätze verstanden werden.

Krieg nicht verstehen. Ich bezweifle, dass es nur eine nationale Geschichte gibt, wie das üblicherweise behauptet wird. Ich wollte das naive Bild, das man im Westen von Korea hat, ein wenig zurechtrücken.

Aber der Konflikt ist doch ganz klar. Die Positionen sind definiert. Auch wenn der Roman spannend ist, versuchen Sie da nicht, einen toten Hund auszugraben?

Kim — Für mich ist das kein toter Hund, sondern höchst aktuell! Die Fronten in Ostasien sind sehr ähnlich jenen, die es schon 1945 gegeben hat. Der Konflikt ist aber lange nicht ausgestanden. Der Kommunismus hat sich im Vegleich zu dem, was am Anfang gestanden ist, genauso gewandelt wie jenes System, das die US-Amerikaner in Japan und in Südkorea eingeführt haben. Ich wollte

Was hat der Slogan bedeutet, den Nordkorea damals für die in Japan lebenden Landsleute ausgab: „Die große Heimkehr“?

Kim — Die große Heimkehr war für die Ersten, die zurückgegangen sind, eine Verheißung und Wunscherfüllung. Für die Späteren ist es ein Betrug der Kommunisten gewesen.

Eine ambivalente Geschichte – das macht die Sache für mich so interessant.

Die Protagonisten Ihres Buches fliehen nach Osaka. Hier spielt der zweite Teil. Japan scheint darüber hinaus aber auch noch eine symbolische Bedeutung zu besitzen …

Kim — Es geht um Identität. Ein Thema, mit dem ich mich sehr intensiv befasse, sind wechselnde Identitäten. An der koreanischen Minderheit in Japan lässt sich das ­genau

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Kramers Kinderstube Irmgard Kramer e­ xemplifizieren: Die Willkür und Wandelbarkeit der Identität und was ein Mensch alles sein kann. Das hat mich von Beginn an fasziniert. Und ich muss sagen, der zweite Teil des Romans ist eigentlich der Ursprung des Ganzen.

Spielt deshalb die Spionagegeschichte eine so wichtige Rolle?

Kim — Es ist unmöglich, sich nicht für Spione zu interessieren! Ein Spion ist die Zuspitzung vorgetäuschter Identität. Man weiß nie, mit wem man es zu tun hat. Ich habe mich immer wieder und ausführlich mit Schein und Sein beschäftigt – schließlich ist Schreiben ja ein Vortäuschen und Manipulieren.

Es gibt eine Art Gleichsetzung von Koreanern und Juden in der „Großen Heimkehr“. Das bezieht sich auf deren vielfältige Opferrolle im Zweiten Weltkrieg. Außerdem ist wenig bekannt, dass dreißig Prozent der Opfer des Atombombenabwurfs auf Hiroshima nach Japan verschleppte koreanische Zwangsarbeiter gewesen sind.

Kim — Diese Idee stammt aber nicht von mir. Sie wird im Buch von einem Koreaner formuliert, in einem koreanischen Geschichtsbuch. Ich habe darüber nachgedacht und weiß, dass es eine Provokation ist. Ich frage mich aber, ob die Zeit nicht reif ist, solche „Provokationen“ zu formulieren. Ich möchte damit nicht den Holocaust kleinreden und auch keinerlei Vergleiche von Opferzahlen anstellen. Was ich sagen möchte,

Bücher von Anna Kim In London schrieb sie ihren ersten Roman „Die Bilderspur“ (2004, Droschl).

Es folgten Lyrik und Aufsätze zu den Themen Exil, Migration und Identität sowie der zweite Roman „Die gefrorene Zeit“ (2008, Droschl).

Kims umfangreichste Essaybände sind „Invasionen des Privaten“ (2011, Droschl) und „Der sichtbare Feind. Die Gewalt des Öffentlichen und das Recht auf PrivatFoto: darko tod orovic

heit“ (2015, Residenz Verlag).

Mit „Anatomie einer Nacht“ (2012) wechselte sie zu Suhrkamp, wo auch ihr Korea-Roman „Die große Heimkehr“ erschien (2017).

ist Folgendes: Es hat im 20. Jahrhundert Formen von Genozid an vielen Orten gegeben.

Ich glaube, es ist Zeit, sich die ganze Weltgeschichte anzuschauen und nicht nur eine Gruppe herauszugreifen und dieser einen Status zu gewähren, der alle anderen Gruppen unsichtbar werden lässt. Das war sehr absichtlich so gemacht.

Wann waren Sie nach Ihrer Übersiedlung nach Europa zum ersten Mal in Südkorea?

Kim — Zur Sommerolympiade 1988. Auch ein höchst interessantes Kapitel der Geschichte Südkoreas. Damals hat auch die Demokratie dort begonnen.

Ist Ihr Interesse an Korea mittlerweile größer als während Ihrer Kindheit und Jugend in Wien?

Kim — Mich interessiert der Kontext. Korea ist ein gutes Beispiel für die Willkür von politischen Systemen und Bündnissen und was daraus entsteht. Aber mein Interesse daran ist abstrakt und allgemein und nicht allein auf Korea beschränkt.

Nach Nordkorea würden Sie fahren wollen?

Kim — Natürlich, aber ich glaube, dass das momentan nicht sehr klug wäre.

Sie schreiben in einem Essay vom „Recht, Inländerin zu sein“ und Ihrer mangelhaften Kenntnis des Koreanischen, das ja nur eingeschränkt Ihre Muttersprache ist. Wie verhält sich das heute?

Kim — Ich habe keine Schreibpraxis, aber Sprechpraxis – das geht allerdings nicht über Alltägliches hinaus. Unser Gespräch könnte ich auf Koreanisch nicht führen.

Bedauern Sie das?

Kim — Nein, eigentlich nicht. Ich finde es sehr biologistisch, nur weil ich aus diesem Land komme, auch dieses Kriterium erfüllen zu müssen. Ich habe eine Zeitlang gedacht, ich müsste auch gut Koreanisch schreiben können. Mittlerweile sehe ich es sehr entspannt, dass ich Koreanisch nur schlecht spreche.

Sie haben Ihre ersten Bücher bei österreichischen Verlagen veröffentlicht, mittlerweile sind Sie zu Suhrkamp gewechselt und leben auch in Berlin. Warum?

Kim — Dafür gibt es einen ganz profanen Grund: Mein Mann arbeitet in Berlin und konnte die Arbeit nicht kündigen. Berlin ist nicht so ganz meines. Ich habe erst dort herausgefunden, wie wienerisch ich eigentlich bin. Wie sehr ich mich mit dem »

Jugendbuchautorin

Pseudonyme Was sich hinter falschen Namen von AutorInnen alles verstecken kann Ich habe einmal einen Artikel über die Buchhandlung Shakespeare & Company in Paris gelesen. Da musste ich hin. Sofort. Auf der Reise eine Lektüre: Proust? Victor Hugo? Da würde ich gut dastehen. Literarisch gesehen. Doch in der Buchhandlung am Bahnhof drehte sich in einem Buchständer ein Paris-Roman.

Der Titel war mir zwar peinlich, aber vom Umschlag strahlte ein schöner Franzose mit einem Namen so cremig wie die Füllung von Macarons und einer Biographie, dass es raucht: Studium an der Sorbonne, Wohnungen in New York und der Toskana. Ich begann zu lesen. Und wusste schon bei der nächsten Sation: Das hat kein Mann geschrieben. Die Recherche ergab: Hinter meinem jungen Franzosen steckte eine 58-jährige Verlegerin aus Düsseldorf. Ich habe ja nichts gegen Pseudonyme. Mark Twain hieß auch anders, und erstaunlich viele Kinder wissen, dass unter Erin Hunter sechs Autorinnen „Warrior Cats“ schreiben. Aber manchmal hört sich der Spaß auf. Enid Blyton hat nur sechs Bände „Hanni und Nanni“ geschrieben. Die meisten anderen schrieb Rosemarie Eitzert als Enid Blyton. Ich könnte mich J.K. Rowling nennen, oder Poppy J. Anderson. Den meisten Menschen ist der Name einer Autorin ja völlig wurscht, solange ihnen der Text gefällt, glauben sie. Bei mir hat das hinterhältige Marketing gegriffen.

Zumindest bis zum Kauf. Bei der nächsten Station habe ich das Buch dann in den Müllkübel geworfen.

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– Selbstredend –

Land, der Stadt und der Sprache, dem österreichischen Zungenschlag, verbunden fühle. Das ist für mich auch Heimat.

Sie pendeln aber regelmäßig nach Wien und unterrichten am „Institut für Sprachkunst“ an der Universität für angewandte Kunst.

Kim — Ich komme aus einer Lehrerfamilie und habe daher nie unterrichten wollen.

Aber es ist weit interessanter, als ich anfangs gedacht habe. Meine Aufgabe sind Formen des Romans, große Prosaprojekte. Und ich bekomme von den Studierenden auch tatsächlich neue Impulse.

Sie haben zwei Schriftsteller genannt, die für Sie als Autorin von Bedeutung sind: Stefan Zweig und Lew Tolstoj. Womit beschäftigt sich die Leserin Anna Kim? Gibt es Autoren, die Sie „nur“ lesen?

Kim — Das kann ich nicht auseinanderhalten. Für mich wichtige Autoren sind Camus, den ich noch immer lese, oder Ingeborg Bachmann mit „Malina“ und den Erzählungen. Meine Lieblingserzählung ist „Ihre glücklichen Augen“. Welche Autoren mich geprägt haben? Ich glaube, diese Frage lässt sich so einfach nicht beantworten. Es gibt Bücher, die ich gehasst habe, wie „Nox“ von Thomas Hettche. Ich habe immer sehr breit gelesen – Paul Auster oder auch John Steinbeck, der sehr episch erzählt, fast wie die Russen. Ich gestehe, ich habe Dostojewskij noch immer lieber als Tolstoj. Dessen „Krieg und Frieden“ lese ich seit Jahren, ohne damit weiterzukommen. Milan Kunderas „Scherz“ ist auch sehr wichtig für mich gewesen.

Kunderas Antikommunismus oder das frivole Gemisch aus Politik und Sex? Kim — Das kann ich nicht mehr sagen. Es ging mir eindeutig mehr um Politik. Beim ersten Lesen bin ich sechzehn gewesen, vielleicht habe ich da nicht so viel an Sex gedacht. Autorinnen wie Virginia Woolf sind mir noch immer wichtig: ihre Erzähltechnik, die Art, wie sie montiert. Gertrude Stein war es auch, wobei ich ihre Autobiographie schrecklich finde. Die Mayröcker …

Das sind aber Autorinnen, von denen Sie sich heute immer mehr entfernen …

Kim — Das stimmt. Mayröcker, die mich eine Zeitlang sehr stark beeinflusst hat, gehört auch zu jenen, von denen ich mich entferne. Aber man hat eben immer einen Ursprung.

Wohin bewegen Sie sich?

Kim — Das weiß ich noch nicht.

Bleibt nur noch die Frage nach dem nächsten Buch!

Kim — Ich habe an „Die große Heimkehr“ fünf Jahre lang geschrieben und ich gestehe, es war ein extrem anstrengendes Buch. Ich habe gemerkt, dass ich an meine Grenzen gestoßen bin. Insofern erhole ich mich gerade. Ich bin zum ersten Mal in der Situation, nicht zu wissen, was ich als Nächstes schreiben werde.

Das kam früher nie vor?

Kim — Nein, nie. „Die große Heimkehr“ sollte ursprünglich viel länger werden und bis in die 1980er Jahre gehen. Diesen Teil habe ich dann aber weggelassen. Er hätte viel direkter mit meinen Eltern und der Zeit in Wien zu tun gehabt.

Am Anfang Ihrer Autorenkarriere stand Lyrik.

Heute schreiben Sie keine Gedichte mehr?

Kim — Mich interessieren Zusammenhänge, die ich in der Lyrik nicht darstellen kann.

Lyrik greift für mich da zu kurz. Ich brauche die epische Form. Ich lese nach wie vor gern Lyrik. Aber sie selbst zu schreiben, interessiert mich nicht mehr.

Auf jeden Fall wirken Sie nicht ausgeschrieben.

Kim — Das ist schön, aber ich bin ein bisschen ausgeschrieben. Vielleicht werde ich etwas über Wien machen, das überlege ich derzeit.

An welchem Ort oder in welcher Zeit könnte das spielen?

Kim — Das weiß ich noch nicht. Ich möchte nichts Historisches schreiben, das habe ich gerade gemacht. Ich habe keine Ahnung.

Sie haben auch keine konkrete Figur vor Augen?

Kim — Bei Wien denke ich an Hans Moser.

Und dessen Nuscheln?

Kim — Ich bin keine Bewunderin. Aber als Kind hat er mich außerordentlich fasziniert, weil ich ihn nicht verstanden habe. Ich bin vor dem Fernseher gesessen und habe versucht, ihn zu verstehen – äußerst schwierig!

Hans Moser wäre interessant!

„Ich habe erst in Berlin herausgefunden, wie wienerisch ich eigentlich bin“ Anna Kim

Sie haben das weggelassen, weil das Buch zu persönlich geworden wäre?

Kim — Es hätte den Roman überfrachtet.

Tausend Seiten wären zu viel gewesen. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich diesen Teil ein andermal schreibe oder auch nicht. Dieses Recht behalte ich mir vor. Es ist tatsächlich schwierig, noch persönlicher zu schreiben. Da muss ich vorher noch üben.

Das klingt jetzt schon fast so melancholisch wie Billie Holiday, deren Songs sich durch die ganze „Große Heimkehr“ ziehen …

Kim — Die Musik, mit der ich in Wien aufgewachsen bin, ist eine andere gewesen: hauptsächlich klassische Musik, Oper. Wir haben zwar einen Plattenspieler gehabt, aber nur eine sehr begrenzte Anzahl an Schallplatten.

Deshalb habe ich immer wieder Verdi und Puccini gehört. Die Eltern haben einfach keine neuen Platten gekauft.

Könnten Sie ohne Schreiben leben oder glücklich sein?

Kim — Nein, ich glaube nicht. Ich schreibe sehr gern. Und wenn ich nicht schreibe, bin ich schlecht gelaunt. Aber ich versuche, das zu verbergen und mich wie ein zivilisierter Mensch zu verhalten.

Und wenn Sie – sagen wir wie in Nordkorea – nicht schreiben dürften?

Kim — Dann müsste ich eine Geschäftsführerin werden. Oder eine Wirtschaftsmagnatin und elektronische Geräte exportieren! (lacht) «

FOTO: LUKAS ILGNER PHOTOGRAPHY

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13.03.2017 10:52:42 Uhr

– Klassiker – neu entdeckt

Das goldne Geschlecht

Metamorphosen (Kapitel: Die Weltalter) von Publius Ovidus Naso (43 v. Chr. bis 17 n. Chr.)

Erst entsproßte das goldne Geschlecht, das, von keinem gezüchtigt, / Ohne Gesetz freiwillig der Treu und Gerechtigkeit wahrnahm. / Furcht und Strafe war fern. Nicht lasen sie drohende Worte / Auf dem gehefteten Erz; nicht bang vor des Richtenden Antlitz / Stand ein flehender Schwarm: ungezüchtiget waren sie sicher. / Nie vom eignen Gebirg’, um der Fremdlinge Welt zu besuchen, / Stieg die gehauene Fichte hinab in die flüssige Woge: / Außer dem ihrigen kannten die Sterblichen keine Gestade. / Noch umgürteten nicht abschüssige Graben die Städte. / Nicht die grade Drommete von Erz, noch gewundene Hörner, / Auch nicht Helm war jetzo, noch Schwert: und der Söldner entbehrend, / Lebeten nun sorglos in behaglicher Ruhe die Völker. / Selbst annoch, unbeschatzt, und dem Karst nie pflichtig, noch jemals / Wund vom schneidenden Pflug, gab freudiger alles die Erde; / Und mit den Speisen vergnügt, die sonder Zwang sich erhuben, / Pflückten sie Arbutusfrucht, und des Bergtals würzige Erdbeern, / Auch des rauhen Geranks Brombeer, und die rote Kornelle, / Und vom gebreiteten Baume des Jupiter fallende Eicheln. // Ewig waltete Lenz, und sanft mit lauem Gesäusel / Fächelten Zephyrus Hauche die saatlos keimenden Blumen. / Bald auch gebar Feldfrüchte der ungeackerte Boden, / Ohn’ Auffrischung ergraute die Flur von belasteter Ähre. / Rings nun Bäche von Milch, rings walleten Bäche von Nektar; / Rings auch tröpfelte gelb aus grünender Eiche der Honig. // Als Saturnus versank in des Tartarus Dunkel, und herrschend / Jupiter lenkte die

Weshalb wir das lesen sollen. anleitung von erich Klein.

Ovids Hauptwerk, die in den Jahren 1 bis 8 n. Chr. verfassten „Metamorphosen“, sind ein Kollektivgedicht in Hexametern: zweihundertfünfzig Geschichten, angeordnet in fünfzehn Büchern. Vom Beginn der Zeiten bis in die Gegenwart des Dichters verwandeln sich Götter in Menschen, Gegenstände, Pflanzen, Tieroder Sternbilder und vice versa. Das Motiv dafür: „Der Geist treibt mich an, von Gestalten zu künden, die in neue Körper verwandelt wurden.“ Seine Erschaffung der Welt hebt weitaus surrealer und fantastischer als die der Bibel an. Auf Chaos folgen Licht und Erde, Luft und Wasser. Doch bei Ovid „konnte man auf der Erde nicht stehen, die Woge ließ sich nicht durchschwimmen, und die Luft war ohne Licht“. Der Samen der Götter wird mit Regenwasser

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Welt; da erwuchs die silberne Zeugung, / Weniger köstlich denn Gold, doch mehr als rötliches Erz noch. / Jupiter engte nunmehr der Urwelt ewigen Frühling, / Sonderte Winter, und Gluten, und herbstliche Ungewitter / Vom kurzblühenden Lenz, und schuf vier Räume des Jahres, / Jetzo geschah, daß die Lüfte, von trockener Schwüle gesenget, / Glüheten, und vor dem Winde das Eis hartstarrend herabhing. / Jetzo suchten sie Häuser zum Schirm: ihr Haus war die Höhle, / Oder ein dichtes Gestaud’, und mit Bast verbundene Reiser. / Jetzt ward Samen der Ceres in langgezogenen Furchen / Untergescharrt, und es seufzt’ im drängenden Joche der Pflugstier. // Hierauf folgte das dritte Geschlecht, von eherner Zeugung, / Wütender schon von Natur, und gewandt zu schrecklichen Waffen; / Doch unsündig annoch. Darin schloß die eiserne Abart. // Stracks nun stürmte daher in die Zeit der schlechteren Ader / Jeglicher Greu’l: es entflohen die Scham, und die Treu’, und die Wahrheit; / Deren Stell’ einnahmen der laurende Trug und die Arglist, / Heimliche Tück’, und Gewalt, und die frevelnde Sucht zu gewinnen. / Unbekannteren Winden entfaltete Segel der Schiffer; / Und da sie lang’ untätig auf luftigen Bergen gestanden, / Wagten die Kiele den Sprung durch nie erkundete Wasser. / Auch die Erde, zuvor wie Luft und Sonne gemeinsam, / Zeichnete jetzt vorsichtig mit langer Grenze der Messer. / Auch nicht Saaten allein und schuldige Nahrung erzwang man / Herrisch vom reichen Gefild: man drang in die Tiefen der Erde, / Und wie sorgsam versteckt, und entrückt zu den stygischen Schatten, / Grub man die Schätze hervor, Anreizungen aller Verbrechen. / Schon war schädliches Eisen, und Gold, heilloser denn jenes, / Ausgewühlt; da erhub sich der Krieg, und kämpfte mit beidem; / Und in der blutigen Hand erschüttert’ er rasselnde Waffen. / Nun lebt alles vom Raub, kein Gastfreund schonet den Gastfreund, / Noch der Eidam den Schwäher; auch liebende Brüder sind selten. / Meuchlerisch stellet das Weib dem Gemahl nach, dieser der Gattin; / Und Stiefmütter bereiten aus falbem Kraute den Gifttrank; / Selber auch späht voreilend der Sohn nach den Jahren des Vaters. / Frömmigkeit sank vor Gewalt; Asträa selber, die Jungfrau, / Floh, der Himmlischen letzte, die blutgefeuchteten Länder. Übersetzung von Johann Heinrich Voß (1798)

vermischt und daraus von Gnaden der Titanen ein erstes Menschengeschlecht.

Dessen Alleinstellungsmerkmal: „Und während die übrigen Lebewesen nach vorn geneigt zur Erde blicken, gab er (der Titan – Anm.) dem Menschen ein emporblickendes Antlitz, gebot ihm, den Himmel zu sehen und das Gesicht aufrecht zu den Sternen zu erheben.“ Kaum aufrecht, kommt es zu Kannibalismus. Jupiter droht mit Vernichtung, zögert dann allerdings: Die „ganze lange Himmelsachse“ könnte verbrennen. Er entscheidet sich für eine Sintflut. Damit kommt eine Springflut an Metamorphosen in Gang, die kaum Grenzen kennt und bis heute an Faszination nichts verloren hat.

Philologisch gesprochen, handelt es sich um die literarische Säkularisierung älterer Mythen. Wer sich mit einiger Geduld über die Geschichten von Deucalion und Pyrrha beugt, von Apollo und Daphne, Daedalus,

Ikarus, Arachne, Orpheus et al., wird mit einem besonderen Lesevergnügen entlohnt. Welches Entsetzen, wenn Actaeon bei der Verfolgung der Diana in einen Hirsch verwandelt und von den eigenen Hunden zerfleischt wird! Welche Exzesse, in denen Männer zu Frauen und wieder zurück oder zu Bäumen werden!

Welche Obszönität, wenn sich Jupiter als flüssiges Gold in den Schoß der Danae ergießt! Und welch frappierenden Witz enthält eine der raren jugendfreien Verwandlungen: die Schande des Midas.

Im Musikerstreit zwischen dem hässlichen Pan und dem wohlgestalten Apollo votiert Midas für Pan. Zur Strafe werden ihm von Apollo Eselsohren gezogen.

Die Natur spricht dann durch den Mund des Dichters gar „ausgegrabene Worte“.

Der Philosoph Hans Blumenberg schrieb dazu: „Die europäische Phantasie ist ein weitgehend auf Ovid zentriertes Beziehungsgeflecht.“

13.03.2017 10:53:04 Uhr

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Und das so, dass man meint, die 70er- und 80er-Jahre (obwohl man sie selbst erlebt hat) erst durch das Lesen dieses Romans verstanden zu haben.« Franz Schuh

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Und wie klar und räumlich einem die Welt dabei wird, fast wird man selbst durchsichtig beim Lesen.« Clemens Setz

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