Anzeiger 2/18

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anzeiger

Das Magazin für die österreichische Buchbranche

Das hab’ ich davon

Slow – aber auch nur fast

Musik in Wort und Buch

Der HVB engagiert sich für alle Fragen und Branchen rund um das Buch. Davon kann jedes einzelne Mitglied profitieren

Nachhaltig, selbst gemacht und trotzdem ruckzuck: Das versprechen die neuen Koch- und Hobbybücher im Frühling

Autor und Komponist Oskar Aichinger über Spaziergänge durch Wien und das Verhältnis von Sprache und Musik

GESUND MIT KRAUT UND WURZEL Kräutertipps von Apotheker Arnold Achmüller

Ö s t e r r e i c h i s c h e P o s t A G F i r m e n z e i t u n g / G Z 0 2 Z 0 3 0 8 7 7 M / 1 5 3 . J a h r ga n g

Erscheinungstermin: April 2018

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ISBN 9 78 - 88 -7283 - 629

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ISBN 9 78 - 88 -7283 - 630

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– Inhalt – hvb-mitglieder im porträt

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Susanne Stein-Pressl Die Verlegerin erklärt, wie der Manz Verlag die Digitalisierung nutzt

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Dieter Tausch

Der Innsbrucker Antiquar erzählt, wie sich das Sammeln verändert hat

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Anita Keiper Die Grazer Verlegerin hat den schönsten Beruf der Welt

Der HVB ist ein Sprachrohr für die gesamte Buchbranche

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thema

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Kurz gesagt Was erwartet sich die öster­­reichische Branche von Leipzig?

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Essenziell Der HVB kämpft für eine starke Buchbranche. Wir erklären, wie man als Mitglied konkret davon profitiert

Sabine Poglitsch Die „Orlando“-Buchhändlerin will Wertvolles und Besonderes zeigen

Selbstredend

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Oskar Aichinger Der Autor und Komponist schwärmt für Schubert, Lyrik und Wien

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Sophie Reyer

aus dem ANZEIGER-archiv

6

Kristina Pfoser verrät, wer ihre literarischen Frühlingsboten sind

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Die Autorin spricht mit Erwin Uhrmann über ihre Arbeit

Protest gegen Einmarsch Die Buchbranche protestiert 1968 gegen den Einmarsch des Warschauer Pakts in Prag

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Gutenberg-Galaxie Goethe, Tschechow & Stephenie Meyer treffen in der GutenbergGalaxie zusammen

11

Gastkommentar Kristina Pfosers Rückblick und Vorschau auf den Bücherfrühling

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36 Sophie Reyer erzählt, wie Gedichte

aus ihr heraussprudeln

Kurzmeldungen mediakolleg Goldegg Seminare Indiebookday 2018 Edith Kneifl erhält den Ehrenglauser Preis 2018 Personalia Vorschau auf „Rund ums Buch“ Dani Landolf zur MwSt. in der Schweiz AVP tagte in Wien

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Slow – aber nur fast

Neues aus dem Bereich Kochen und Hobby

Der Autor und Komponist Oskar Aichinger erklärt seine Liebe zu Wien

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Kramers Kinderstube Verbotene Bücher

klassiker

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Ein kleiner Held

„Tristram Shandy“ von Laurence Sterne

Standards

marktdaten

monatsbestseller Titelschutz

Impressum

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i l l u s t r a t i o n : O l i v e r H o f m a n n , F o t o s : d i e t e r s c h e w i g k o n s t a n t i n r e y e r , Ch r i s t o p h e r M a v r i č

wissenswert

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19.02.2018 10:37:57 Uhr

– Kurz gesagt –

Wie wird Leipzig?

Was erwartet sich die österreichische Buchbranche dieses Jahr von der leipziger buchmesse?

„Beim Gemeinschaftsstand des HVB gibt es immer eine feine Betreuung“ Präsentieren und entdecken.

Die Leipziger Buchmesse ist ein perfekter Platz, um Neues zu erfahren. Der Hollitzer Verlag nützt diese Gelegenheit, um einerseits die eigenen österreichischen Autorinnen und Autoren zu präsentieren – unter anderem auf der beliebten Lese-Bühne im Österreich Kaffeehaus und bei Literadio – und anderseits um neue Autorinnen und Autoren zu entdecken. Traduki und die Michael Hüttler, diversen Länderstände aus Südosteuropa Hollitzer Verlag sind hier immer ein spannender Anlaufpunkt. Der HVB-Gemeinschaftsstand, an dem wir teilnehmen, ist für uns insofern praktisch, als es eine feine Betreuung gibt und immer jemand vorhanden ist, der ein Auge auf die Bücher wirft und Anfragen für uns entgegennimmt.

„Unsere Kundinnen und Kunden freuen sich darauf, mit lesebegeisterten Menschen unterwegs zu sein“

Gedankenaustausch und Rollenwechsel.

Kein sich im Crescendo selbst verstärkendes Lamento, sondern einen animierenden Gedankenaustausch bei dem einen oder anderen Abendessen, das durch pflichtschuldige Präsentation von neuen Büchern unterbrochen wird. (Wie eine befreundete Kritikerin meinte: Wir sollten auf die Frage, wie es der Buchbranche geht, ein bisschen lügen, damit wir bald nicht mehr lügen müssen.) Ich Daniela Strigl, freue mich auf Gespräche mit deutschen AuLiteraturkritikerin torinnen und Autoren. Auf die großen Knülund Autorin ler und die etwas versteckten Ereignisse wie die Präsentation der Lyrikempfehlungslisten – je zehn deutschsprachige und übersetzte Bände. Und ich freue mich auf einen temporären Rollenwechsel – als Autorin eines kleinen Buches mit milieuadäquatem Titel: „Alles muss man selber machen“ (Droschl).

F o t o s : w w w. d e t a i l s i n n . a t, t y r o l i a , p r i va t, C l a r i s s a S t a d l e r

Die Worte flirren durch die Luft.

Ich freue mich, dieses Jahr nach Leipzig zur Buchmesse reisen zu dürfen, um mein neues Buch „Bananama“ (Kremayr & Scheriau) vorzustellen. Ich erwarte mir dort einen regen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen und ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Bevor ich nach Österreich kam, habe ich lange in Leipzig gelebt. Die Tage der Buchmesse und des daSimone Hirth, mit verbundenen Festivals „Leipzig liest“ Autorin sind immer eine besondere Zeit im Jahr.

An allen denkbaren und undenkbaren Orten der Stadt finden Lesungen statt, die Worte scheinen geradeso durch die Luft zu flirren. Jeder, der an Literatur interessiert ist, sollte das einmal miterleben.

Gemeinschaftserlebnis.

Mit dem Angebot zum Messebesuch „Tyrolia erlesen reisen“ werden heuer zum fünften Mal hoffentlich wieder rund 60 TeilnehmerInnen zur Leipziger Buchmesse fahren.

Neben der Begegnung mit Autorinnen und Autoren, Lesungen, Signierstunden und dem Schmökern an den vielen Verlagsständen auf der Messe freuen sich unsere Kundinnen und Kunden immer besonders darauf, mit leseDaniela Greimel, begeisterten und kulturinteressierten MenTyrolia Buchhandel, schen unterwegs zu sein und sich über LiteReisebegleiterin ratur austauschen zu können. Wir fördern dieses Gemeinschaftserlebnis auch – z. B. mit unserer Überraschungstasche im Bus, einer Stadtführung, einem Essen in Auerbachs Keller mit Gast-Autoren wie Bernhard Aichner oder Thomas Raab u. v. m.

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– Wissenswert – Hobby & Kochen

Slow – aber nur fast Text: Elisabeth Schepe

Nachhaltig, selbst gemacht und trotzdem ruckzuck: Die neuen Bücher aus dem Segment „Kochen & Hobby“

Nachhaltig, natürlich, selbst gemacht

mit „Die leichte japanische Küche“. In letzterem Verlagshaus erscheint im März außerdem „Kaukasis. Eine kulinarische Reise durch Georgien und Aserbaidschan“.

Dieses Trio zieht sich durch einen großen Teil der Neuerscheinungen. „Wir erleben, dass sich immer mehr Menschen in der Stadt und auf dem Land bewusst mit einer nachhaltigen Lebensweise und der Herkunft ihrer Lebensmittel auseinandersetzen“, sagt Anita Winkler. Sie leitet beim Löwenzahn Verlag das Programm. „Immer mehr Wert wird auf Regionalität und biologischen, auch eigenen Anbau von Obst, Gemüse und Kräutern gelegt.“ Die Frühjahrs-Neuheiten ihres Verlags zeigen deutlich, was sie meint: „Gesunde Wildkräuter aus meinem Garten“ von Gerda Holzmann, „Bio-Imkern in der Stadt und am Land“ von Dietmar Niessner und „Basiswissen Selbstversorgung aus Biogärten“, das in Kooperation mit Arche Noah entstanden ist.

Selbstversorgung ist gefragt: Bei DK erschienen im Jänner „Das große Buch der Selbstversorgung“ und „Mein Nutzgarten für zu Hause“, bei G&U „Selbstversorger Basics“ und „Die Unkräuter in meinem Garten“ von Selbstversorger Wolf-Dieter Storl. Folio bringt im März „Kräuternutzen leicht gemacht“ von der Südtiroler Bäuerin Priska Weger und bei Cadmos gibt „Happy Huhn“ Tipps zur Hühnerhaltung. Auf den bewussten Lebensstil reagiert Brandstätter mit einem Kochbuch, das mit einer Kombi aus pflanzlicher Ernährung und Yoga Tipps für einen harmonischen Zyklus gibt: „Eat like a woman“.

Regional und bodenständig Interessanterweise funktionieren nicht nur exotische Titel, sondern, passend zum Nachhaltigkeitstrend, auch deren Gegenstück: regionale Themen. „Gerade im Kulinarik-Segment ist der Trend zum Regionalen, zur bodenständigen Küche – durchaus in moderner Ausprägung – nach wie vor deutlich spürbar“, sagt Elisabeth Blasch, Lektorin beim Pichler Verlag. Dort erscheint im Frühling etwa Karin Schuhs „Wiener Stadtbauern. Begegnungen – Produkte – Rezepte“. Außerdem – regional, aber nicht langweilig – Ursula Asamers „50 Shades of Green. Heimische Kräuter und Blüten für Lust und Liebe“. Tyrolia setzt auch auf Heimisches und Traditionelles: „Der Geschmack der Berge. Eine kulinarische Reise zu den Almen Österreichs“ von Susanne Schaber und Herbert Raffalt.

Vom Blog zum Buch In den Frühjahrsvorschauen findet man viele bekannte Gesichter aus dem Netz. Bloggerinnen und Blogger sind für Verlage willkommene Multiplikatoren, bringen aber auch Expertise mit. Bei Löwenzahn erscheint „Das große JahreszeitenBackbuch“ von Bloggerin Lena Fuchs. Der BlogHype lässt sich nicht nur auf das Thema Food umlegen. Topp versucht es mit Handarbeit („Kommt Zeit, kommt Naht. #nähliebe. Näh die schönsten Designs von Nähbloggern und Stoff-Profis“) und Handlettering: „Das große Buch der Alphabete“ von Frau Annika & friends, laut Verlagsprogramm „wichtige Handlettering-Bloggerinnen“.

Geschichten aus aller Welt „Ein großer Trend sind Reise-Kochbücher. Tolle Rezepte reichen nicht mehr, es geht vielmehr um Storytelling, um die Geschichte drumherum“, sagt Stefanie Neuhart. Sie hat beim Brandstätter Verlag die Programmleitung „Kochen & Genießen“ über.

Tatsächlich kann es den Kochbuchverlagen, die in einem Segment, in dem es alles schon einmal gegeben hat, konkurrieren, kaum weltgewandt genug sein: ZS bringt „Shiok Singapur“ von Bloggerin Nicole Stich, „Lækker! Die skandinavische Küche der verrückten Dänen“ und „Kaffeepause auf Schwedisch – Fika“. Der japanischen Küche angenommen haben sich DK mit „Japaneasy. So einfach ist die japanische Küche“ und Knesebeck

Schnell muss es gehen Der Trend zur Nachhaltigkeit und Regionalität suggeriert Entschleunigung. Aber: Auch wenn sich bei manchen Leserinnen und Lesern zuhause die Slow-Food-Kochbücher und Gartengestal-

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Mitten hinein in die Geschichte – Wissenswert –

des aphrodisischen Genießens.

Hobby & Kochen Scharf gewürzt mit sinnlichen Zitaten der Weltliteratur und außerordentlich

Mitten hinein in die Geschichte des aphrodisischen Genießens.

pikanten Rezepten.

tungs-Guides stapeln, ist die schnelle Küche nach wie vor gefragt. Das beobachtet auch Stefanie Neuhart vom Brandstätter Verlag: „Dieser Nachfrage kommen wir aktuell mit dem Buch ,Kochen für Faultiere‘ nach.“ In dieselbe Kategorie fallen Alfons Schubecks „Speedy Alfonso. Meine schnellen Rezepte“ (ZS) oder „Ruck-Zuck-Küche“ (ZS). Den Vogel schießt G&U ab – und zwar mit „Speed Cooking. Kochen so schnell wie noch nie“, das im Verlagsprogramm mit der Notiz „Fast ohne lesen!“ beworben wird.

Das Buch zum Gerät Bei G&U erscheinen jede Menge Buchreihen zu Küchengeräten – oft in Kooperation mit den Herstellern. Darin sind Rezepte, die speziell für den Weber Grill oder den Thermomix gemacht sind, oder ein Buch zum Dampfgarer inklusive faltbarem Dämpfeinsatz. Auch bei Kneipp erscheint im April „Fleisch aus dem Kombi-Dampfgarer“.

Wer liest’s?

Für wen werden die vielen Neuerscheinungen zu Kochen und Hobby eigentlich gemacht? Stefanie Neuhart vom Brandstätter Verlag: „Die Zielgruppe besteht hauptsächlich aus Frauen. Menschen, die sich für bewusste Ernährung interessieren, die gerne etwas verändern wollen, die gerne Gäste bei sich haben und andere bekochen. Die Zielgruppe erreichen wir mit ,Abenteuer-Spielplätzen‘ – also Themen, die berühren, positiv anstiften, die helfen, aus dem Alltag kurz auszubrechen.“ PichlerLektorin Elisabeth Blasch beschreibt den Spagat zwischen Trends und Traditionellem: „Bücher zu urbanen und jungen kulinarischen Trendthemen Mitten hinein in die Geschichte sind ein wichtiges Standbein für Innovationen. des aphrodisischen Genießens.Gleichzeitig sehen wir aber, dass Kochbuchkäuferinnen in Österreich zu einem guten Teil aus ländlichen Raum stammen, an regionaler Scharf gewürzt mit sinnlichendem Zitaten Küche mit klarer Verortung interessiert sind – und tatsächlich regelmäßig kochen. Diese eher der Weltliteratur und traditionelle Zielgruppe stand für den Picher Verlag schon immer im Fokus – und das pflegen wir außerordentlich natürlich weiterhin.“

Jasmin Parapatits

Eine Portion Liebe maudrich 2018, 176 Seiten, Hardcover EUR 23,60, ISBN 978-3-99002-060-9

pikanten Rezepten.

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„Musik nimmt eher Dampf heraus“ das sagt der Komponist und Autor Oskar Aichinger über die Kraft der Musik in aufgeheizten politischen debatten.

Und erklärt seine Liebe zu Schubert, zur Lyrik und zu Wien Interview: Erich Klein Fotos: Christopher Mavrič

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– Selbstredend –

O

skar Aichinger, 1956 im oberösterreichischen Vöcklabruck geboren, hat am Mozarteum Musik studiert und lebt seit Ende der 1970er-Jahre in Wien. Das Grundprinzip der musikalischen Biografie des Jazz-Pianisten und „performing composer“ heißt Vielfalt: Aichinger war in seinen Jugendjahren Leiter eines Männerchors, später Ballettkorrepetitor an der Staatsoper, Gründer diverser Jazz-Ensembles, Komponist für das RSO Wien und einer neuen „Fledermaus“ sowie von Wienerliedern. Er vertonte Texte vom Lyriker H. C. Artmann.

Derzeit arbeitet er an einer Oper nach B. Travens Klassiker „Das Totenschiff“. „Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus“ heißt es bei seinem Lieblingskomponisten Franz Schubert. Aichinger selbst zieht das „Gehen und Verweilen“ vor. Das Gespräch mit dem Autor von „Ich bleib in der Stadt und verreise“ (Picus) fand in dessen Wohnung in Wien-Margareten statt.

In Ihren Spaziergängen durch Wien beschrei­ ben Sie einen angehenden Maler, der stolz die Treppe der Akademie der bildenden Künste emporsteigt. Dann räsonieren Sie über das Ge­ lingen der Künstlerexistenz. Wann waren Sie sich Ihres Künstlertums als Musiker sicher?

Oskar Aichinger — Ich bin mir da noch immer nicht sicher! (lacht) Das ist man nie.

Wenn etwas gelingt, hat man das Gefühl, okay, es ist schon richtig, dass ich Künstler bin. Dann gibt es die Momente, wo man sich völlig in Frage stellt, sich nichtsnutzig fühlt.

Man kann sich dessen nie sicher sein.

Was hilft in solchen Moment am besten?

Aichinger — Spazieren gehen und nachher einkehren. Musik hören ist gefährlich. Das kann einen noch tiefer in Verzweiflung stürzen, weil man das, was man hört, verglichen mit dem Eigenen als weit überlegen empfindet. Ähnlich verhält es sich mit Literatur.

Und selbst Musik machen?

Aichinger — Selber spielen ist jedenfalls besser als Musik hören. Aber auch da gibt es viele Unzulänglichkeiten: Das Spielen eines Instrumentes ist eine psychisch ordnende Tätigkeit, und im Moment der Unsicherheit ist auch das gefährlich, weil man dann seinen Vorstellungen nicht entspricht. Es ist klüger, etwas Kunstfernes zu tun.

Oder man schreibt ein Buch und fasst ein­ mal alles zusammen, wie Sie es getan haben. ­Beginnen wir mit der Frage: Wie sind Sie zur Musik gekommen?

Aichinger — Es war ein Herzensanliegen meines Vaters, seinen Kindern eine musika-

lische Ausbildung angedeihen zu lassen. Meine Geschwister und ich wurden mit acht zur Klavierlehrerin geschickt. Mit zwölf mussten wir ein zweites Instrument lernen. In meinem Fall war es die Geige – eine Hassliebe.

Warum?

Aichinger — Mein Vater, der Lehrer war, hat mich selbst unterrichtet und alle Konflikte, die in diesem heiklen Alter auszutragen sind, spielten sich im Geigenunterricht ab.

Das führte dazu, dass ich ums Haar eine Geige zertrümmert hätte. Das Klavier hingegen war Liebe auf den ersten Blick.

Sie sind in einer Musiktradition aufgewachsen, die heute immer mehr verschwindet …

Aichinger — In Attnang gab es einen Kirchenchor und in Vöcklabruck ein Kam-

„Sprache transportiert nicht nur sich selber, sondern vor allem ein vergangenes Zeit- und Lebensgefühl“ Oskar Aichinger

merorchester. Weil es sich bis zum Pfarrer herumgesprochen hatte, dass es da einen musikalisch begabten Buben gab, meinte der, ich sollte auch noch Orgel lernen. Er hatte wohl die Hoffnung, dass damit das Problem des Organistennachwuchses gelöst ist.

Allerdings habe ich das Amt nie ausgeübt.

Nach dem Musikstudium am Mozarteum wur­ den Sie an der Wiener Staatsoper Ballettkorre­ petitor und fielen in eine Sinnkrise. Wie kann man sich diese Arbeit vorstellen? Hundertmal dasselbe zu Pirouetten klimpern?

Aichinger — Genau so kann man sich das vorstellen. Worin die Sinnkrise bestand? Ich hatte mir mehr davon erhofft, weil der Korrepetitor oft das Sprungbrett zum Dirigieren ist. Es ist ein knochenharter Job. Du musst jeden Tag vier, fünf Stunden in der Früh und am Abend probieren und kommst zu nichts anderem mehr. Noch wichtiger war die Erkenntnis, dass die Welt der Oper, der Sänger und Tänzer, nicht meine ist. Ich bin ein literarisch und politisch interessierter Mensch.

Worüber die Leute dort in der Kantine sprachen, das war mir zu einfach. Außerdem spielte ich gern Jazz.

Wichtige Wegmarken Ihrer Spaziergänge sind Erfahrungen mit Musikern. Am häufigsten er­ wähnen Sie Schubert. Warum ist er für Sie der „nächste aller toten Komponisten“?

Aichinger — Wegen der wienerischen und österreichischen Komponenten seiner Musik, der Verwurzelung in der Volksmusik und der Fähigkeit, das Tragische dieser Musik wiederzugeben. Es ist schwierig, über Dinge, mit denen man emotional verbunden ist, eine treffende Aussage zu machen. Mich faszinieren die Lichtwechsel bei Schubert, die abrupten Übergänge zwischen Dur und Moll, die unglaubliche Leichtigkeit, mit der alles strömt, und die stets dahinterliegende Melancholie. Selbst in den hellsten Passagen dieser Musik gibt es im Hintergrund ein Wissen, dass sich alles bald wieder ändern könnte. Das hat nichts Larmoyantes und entspricht ganz dem Wiener Lebensgefühl.

Was waren Ihre aufregendsten Musiker­ lebnisse?

Aichinger — Ich wuchs eigentlich nur mit Klassik auf. Mein Star war Beethoven. Eines Tages, ich war ungefähr fünfzehn, nahm mich jemand zu einem Blueskonzert in Vöcklabruck mit. Dieses Konzert einer sehr konventionellen oberösterreichischen Bluesband wühlte mich dermaßen auf, dass ich in dieser Nacht nicht mehr schlafen konnte. Ähnlich erging es mir beim ersten Konzert von Cecil Taylor. Ich hatte nie zuvor eine vergleichbare Art von musikalischer Energie erlebt. Freunde, mit denen ich dort war, verschwanden der Reihe nach. Ich hingegen dachte mir, du musst diese Anspannung bis zum Bersten aushalten, da lernst du etwas.

Gab es vergleichbare Erlebnisse mit klassischer Musik?

Aichinger — Bei Wagners „Tristan und Isolde“ und beim „Parsifal“.

Wie kamen Sie dann zum Jazz?

Aichinger — Ich habe für mich immer improvisiert und dafür viel Kritik eingesteckt.

In meiner Familie hielt man das für blödes Herumklimpern anstellte von ordentlichem Üben. Als ich später mit Jazzmusikern in Kontakt kam und die mich spielen hörten, hieß es: Du musst aus deinem stillen Kämmerchen hinaus auf die Bühne und Erfahrung mit anderen Musikern sammeln. Jazz ist tatsächlich learning by doing. Das kam eher zu mir, als dass ich es angestrebt hätte.

Wie würden Sie das Verhältnis zwischen Jazz und Klassik in einem Satz charakterisieren?

Aichinger — Die Ernsthaftigkeit eines John Coltrane oder Miles Davis ist keine »

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– Selbstredend –

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andere als die eines Schubert oder Beethoven. Der Zugang ist anders, im Grunde gibt es aber keinen Unterschied.

Eine Frage aus aktuellen politischen Gründen: Was ist das Gefährliche an Liederbüchern, sieht man einmal von den widerlichen Texten ab, um die es in der Causa „Germania“ ging?

Aichinger — Sie müssen nicht gefährlich sein. Es gibt ja auch schöne und ungefährliche Volkslieder. Die Musik trifft jedenfalls direkter als alles andere. Als ich einst Leiter eines Männerchores im Hausruckviertel war, habe ich Erfahrung mit einem ähnlichen Liederbuch gemacht. Ich war noch sehr jung und politisch wenig gebildet. Als ich mir die Liedermappe anschaute, sagte ich denen: „Das könnt ihr gleich aussortieren. Das mache ich nicht!“ Ich halte es für absurd, wenn man wie im Fall des Liederbuchs der „Germania“ einfach behauptet: Ich habe das nicht gekannt! Männerchöre sind für solches Liedgut ohnedies „anfällig“.

An einer Stelle in Ihrem Buch heißt es, die Sprache der Literatur altere schneller als jene der Musik. Können Sie das erklären?

Aichinger — Ich glaube das tatsächlich.

Sprache transportiert nicht nur sich selber, sondern vor allem ein vergangenes Zeit- und Lebensgefühl. Die Zeichen der Musik sind zeitloser als die Zeichen der Sprache. Anders kann es gar nicht sein. Warum sonst sollte sich noch immer so viel Publikum finden, das gern Alte Musik hört. Es geht dabei ja nicht um die Verklärung eines vergangenen Lebensgefühls. Die Musik trifft ihre Zuhörer auch heute noch unmittelbar. Schillers Sprache ist viel schwieriger zu rezipieren.

Als aufgeklärter Mensch argumentieren Sie mehrfach gegen Religionen aller Art und schlagen Musik als besseres Mittel zur Befriedigung irrationaler Bedürfnisse vor …

Aichinger — Es gab im 20. Jahrhundert mehrfach Bestrebungen, die Musik aus ihrer emotionalen Ecke herauszuholen und zu versachlichen. Man sagte: weg mit der Romantik, weg mit den Schnörkeln! Die Frage dabei ist nur: Was geschieht, wenn man Musik von ihrer tiefgehenden Emotionalität befreit? Nimmt man ihr nicht das Wichtigste weg? Genau das ist ja der Grund für die Macht der Musik. Meine These lautet: Würden sich die Menschen mit dieser Art von Magie und Übersinnlichkeit, wie sie die Musik besitzt, zufriedengeben, dann wäre aller religiöse Wahn obsolet. Was die Frage nach der Verführung durch Musik betrifft, so glaube ich nicht, dass sie die Leute zusätzlich

aufstachelt. Ich denke, Musik nimmt eher Dampf heraus.

Aber nicht bei den Musikern selbst. Bisweilen bricht ein Pianist nach einer späten Beethoven-Sonate in Tränen aus, und die Bühnen­ orgasmen diverser Saxophonisten sind geradezu sprichwörtlich …

Aichinger — Musik geht sehr tief ins Innere.

Da werden Synapsen geöffnet, die sonst verschlossen bleiben. Es handelt sich um Ekstasen, die nicht zufällig mit religiösen Ekstasen

„Wir leben ja eigentlich auf einem Grab – der Reichtum befindet sich unter uns“ Oskar Aichinger

verwandt sind. Vermutlich könnte man das auch physiologisch messen. Auf jeden Fall handelt es sich um tiefe Erschütterungen, die einen Menschen mit den letzten Dingen des Lebens konfrontieren. Im Alltag bleiben sie weit unter der Wahrnehmung und kommen nur bei Schicksalsschlägen oder Krankheiten hervor.

Haben Sie Ähnliches in der Literatur erlebt? Bei Musil, den Sie auf Ihren Spaziergängen treffen, geht es mitunter um „taghelle Mystik“.

Aichinger — Eine gute Frage. Ich glaube, am ehesten in der Lyrik. Bei Bachmann, deren „Anrufung des Großen Bären“ ich zitiere, oder bei Trakl und Rilke. Rilkes „Duineser Elegien“ darf ich nicht zu oft lesen, denn sie treffen mich jedes Mal ganz extrem. Da geht es mir dann so wie dem Pianisten der späten Beethoven-Sonaten, der zu weinen beginnt.

Einmal lassen Sie sich an einem Lieblingsort in Ottakring nieder und beginnen zu komponieren. Üblicherweise gibt es dort nur „Antimusik“.

Aichinger — Ich war gerade mit einer Komposition für das Wienerliederfestival „Wean Hean“ beschäftigt und hatte mir in den Kopf gesetzt, aus Wienerliedmelodien Zwölftonreihen zu konstruieren. Ich bastelte daran herum und ging mit meinem Notenpapier ins Sittl auf ein Bier. Beim Lesen der Speisekarte fielen mir die Buchstabenreihen der Allergene auf. Daraus entstand die „AllergenSuite“. Darin hat die Leberknödelsuppe nur zwei Töne, nämlich „a“ und „c“, weil sie die Allergene A und C hat. Es war ein Witz.

Bleiben wir noch bei der Literatur. Was lesen Sie derzeit?

Aichinger — „Das Totenschiff“ von B. Traven, weil ich eine Oper über diesen Stoff schreibe. „Ein Jahr mit Thomas Bernhard“ von Hennetmair, das Doderer-Buch von Klaus Nüchtern und „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ von Yuval Noah Harari. Ich glaube, dass er in manchen Dingen ein wenig übertreibt, aber die Querverbindungen, die er durch sämtliche Wissensbereiche herstellt, sind bestechend.

Und wer ist Ihr Lieblingsautor?

Aichinger — Joseph Roth. Ich habe es offenbar gern, wenn etwas nicht so lustig ist. (lacht) Über dem ganzen Roth’schen Kosmos hängt die Wehmut von Schubert, die sich in diesem Fall auf den Untergang der Monarchie bezieht. Zu meinen Lieblingsautoren gehören auch Leute wie Nabokov, Scott Fitzgerald, Bulgakow oder Philip Roth.

Sie begeben sich seit mehreren Jahrzehnten in die unterschiedlichsten Wirtshäuser von Wien und schauen dem Volk dabei gern aufs Maul.

Wie lautet der Befund?

Aichinger — Ich glaube einerseits, dass die Republik sehr gefestigt ist. Andererseits mache ich mir Sorgen, dass all das, was unter der Oberfläche brodelt und heute teilweise nach oben und außen dringt, alles wieder kaputt machen könnte. Ehrlich gesagt: Ich war vor etlichen Jahren noch optimistischer. Lange

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Kramers Kinderstube Zeit galt alles, was Richtung Rassismus oder Antisemitismus ging, als unerwünscht. Also sagte man diesbezüglich auch nichts. Auch wenn das jetzt kein statistischer Befund ist: Die Leute trauen sich heute wieder vermehrt, derartiges Zeug von sich zu geben.

Halten Sie das für ein neues Phänomen?

Aichinger — Vielleicht habe ich es früher nur nicht wahrgenommen. Was mich andererseits beruhigt: Die Koexistenz von Nationen und Völkern ist in Wien eigentlich viel besser und selbstverständlicher geworden.

Es ist zumindest mein Eindruck, dass die Leute ganz okay miteinander umgehen. Im Großen und Ganzen gibt es keine oder nur wenig verbale Ausfälligkeiten. Natürlich finden sich immer Wahnsinnige, aber das Zusammenleben scheint im Vergleich zu anderen Städten ganz gut zu funktionieren.

Ihre Stadtspaziergänge beruhen auf genauen Beobachtungen der Umgebung. Selbst in den obskursten Wirtshausszenen werden Sie nie sarkastisch. Das Ganze wirkt, als würde ein Pianist zu einem Stummfilm spielen.

Aichinger — Ich bleibe tatsächlich gern außen vor und mische mich nicht allzu sehr ein. Das kommt nur hin und wieder vor. Der Vergleich mit dem Klavierspieler gefällt mir.

Ich halte Beobachtungsdistanz und übersetze dann in etwas anderes.

Foto: darko tod orovic

Ihre Arbeit als Komponist stand immer im Zeichen des Neuen. Wir schreiben 2018, ein Jahr mit vielen Gedenkveranstaltungen. Ihr Buch ist im Vorbeigehen auch eine Auseinandersetzung mit der ganzen künstlerischen Tradition der Stadt. War diese nie eine Belastung?

Aichinger — Es ist eher ein schönes Gefühl, auf derartigem Reichtum zu leben. Wir leben ja eigentlich auf einem Grab – der Reichtum befindet sich unter uns. (lacht) Ich fühle mich hier jedenfalls wohler als in irgendeiner geistigen Wüste. Ich hatte nie das Gefühl, dass mich die Tradition erschlägt und ich dauernd die Frage stellen müsse, was man künstlerisch noch machen kann.

Weil alles schon einmal da war …

Aichinger — Daran glaube ich nicht. Jede Zeit bringt ihre Künstler hervor, auch wenn es natürlich fruchtbarere und weniger fruchtbare Zeiten gibt. Ich bin jedenfalls nicht kulturpessimistisch. Das Wort „Der Zeit ihre Kunst“ hat schon seine Richtigkeit.

Aichinger — Da würde ich fast autobiografisch den Rüdigerhof nennen. Ich habe dort meine Frau kennengelernt. Außerdem hat mich das Café mit seiner heimeligen Atmosphäre in meinen Krisen einigermaßen aufgefangen. Dann das Weinhaus Sittl. Diese Art von Weinhaus gibt es in Wien praktisch nicht mehr. Und natürlich das Anzengruber!

Noch eine Frage zur Form der Erzählung: Der längste Spaziergang führt von der Schönbrunner Straße bis in den Prater. Er wirkt wie eine Sinfonie mit Ausklang in die Ewigkeit.

Aichinger — Ich habe mir beim Schreiben keine Gedanken über musikalische Formen gemacht, sehr wohl aber über die Bögen, die das Ganze zusammenhalten. Ich bin jemand, der in Sprachmelodien denkt. Wenn für mich etwas melodisch oder rhythmisch nicht passt, ändere ich die ganze Passage.

Dabei geht es oft nur um zwei Füllwörter.

Das Buch ist mittlerweile in der zweiten Auflage erschienen. Denken Sie an eine Fortsetzung oder Spaziergänge in anderen Städten, die Sie als Musiker bereist haben?

Aichinger — Ich habe noch einige Spaziergänge, die aber weiter an die Peripherie von Wien führen – in den Wienerwald oder auf den Kahlenberg. Ich glaube, dass sich da noch ganz andere Gedanken einstellen.

Wie kam es eigentlich zu diesem schönen Titel „Ich bleib in der Stadt und verreise“?

Aichinger — Der fiel eines Tages vom Himmel.

Zum Buch Oskar Aichinger: Ich bleib in der Stadt und verreise. Vom Gehen und Verweilen in Wien, Picus Verlag (2017) Das Buch ist ein individueller WienReiseführer, der dazu einlädt, mit Oskar Aichinger durch seine Stadt zu spazieren.

Zitate aus dem Buch: „In der Stadt wird viel mehr ausgegangen als auf dem Land, die Anzahl der Gaststätten im Verhältnis zur Einwohnerzahl differiert beträchtlich.“ „Geh, Günther, gib mir noch einen Birnenschnaps und leg mir ,Requiem‘ von Lennie

Bleibt nur noch die Frage nach Ihren Wiener Gaststätten. Um welche Plätze wäre es Ihnen leid, wenn es sie nicht mehr gäbe?

Tristano auf. Danke! Mein Gott, ich liebe diese Musik.“

Irmgard Kramer Jugendbuchautorin

Verbotene Bücher Das geschriebene Wort ist gefährlich. Und es kann Angst machen. Ein Apotheker aus Hamburg hat so viel Angst vor den Enthüllungen des Buches „Die Krebsmafia“, dass er den Vertrieb stoppte. Donald Trump hätte das mit „Fire and Fury“ wohl auch gern getan. Die Schriften von Buddha, Konfuzius, Mohammed und Jesus wälzten die Welt um. Anfangs verfolgt, hat später kaum eine Institution so viele Bücher verboten wie die katholische Kirche. Auch vor Kinderbüchern fürchtet man sich: „Alice im Wunderland“ wurde gleich dreimal verboten. Um 1900 fanden die Amerikaner, dass es zu viele Schimpfwörter und sexuelle Fantasien enthalte, sechzig Jahre später, dass die Geschichte auf halluzinogene Drogen anspiele.

Den Chinesen passte es nicht, dass Tiere sprechen können und so dem Menschen gleichgesetzt sind. „Gullivers Reisen“, „Tom Sawyer“, „Grimms Märchen“, „Der kleine Prinz“: Alle irgendwann verboten und zu Klassikern aufgestiegen.

Kästners Werke verbrannt. „Wo die wilden Kerle wohnen“ war zu furchterregend und in SaudiArabien hält man Hexerei für eine so ernste Sache, dass „Harry Potter“ verboten wurde. Bei vielen Werken mag man sich gründlich geirrt haben, aber wir wissen, wohin „Mein Kampf“ geführt hat. Wenn deutschnationale Burschenschafter hasserfüllte Worte in Liederbücher schreiben, kriege ich auch Angst.

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