Thema: Bildung 2/19

THEMA :

#52019

: BILDUNG

Österreichische Post AG, WZ 02Z033405 W, Falter Zeitschriften GesmbH, Marc-Aurel-Straße 9, 1011 Wien

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FOTO:VIEWPOINTSYSTEM/CHRISTIAN MARICIC

Digitalisierung Horror oder Heilsversprechen?

Wo gewinne ich Klimaexpertise? Vorschläge zum Studium des Klimawandels in Österreich Seite 8

Digitale Goldgräberzeiten Österreichische Data-Science-Lehrgänge für „Big Data“ Seite 12

Finanzbildung für Frauen Fortbildungsangebote für die Finanzkompetenz von Frauen Seite 14

Wie man Maschinen lehrt Bildungsangebote: Wie bringt man einer Maschine etwas bei? Seite 16

„ So vielfältig wie die Menschen in der VIG sind auch die Möglichkeiten, die wir bieten!“ EL IS ABET H S TADL ER CEO der VIG

VIELFALT ALS WERT Mit rund 50 Gesellschaften und ca. 25.000 MitarbeiterInnen in Österreich und Zentral- und Osteuropa (CEE) ist die VIG geprägt durch die Diversität der unterschiedlichen Nationen, Kulturen, Sprachen, geschichtlichen Hintergründe, Unternehmenskulturen und lokalen Märkten.

etablierte und gut eingeführte Marken, die bereits im Kundenbewusstsein verankert sind, erhalten. Das stärkt die regionale Identität und das Engagement der lokalen MitarbeiterInnen. Es wird darauf vertraut, dass das Management und die MitarbeiterInnen vor Ort die größte Expertise über den lokalen Markt haben.

Die VIG sieht in dieser Vielfalt einen großen Wert und stützt daher ihr erfolgreiches Unternehmenskonzept auf die sog. „Mehrmarkenstrategie“. Dadurch bleiben

Und diese Vielfalt ist unser Erfolgsfaktor.

Die Vielzahl an Ideen, Herangehensweisen und Möglichkeiten ist ein Potential für kreative Ideen und Innovation. Vielfalt wird

somit zum Wert und durch unterschiedliche Perspektiven verbessern wir unsere Ergebnisse.

Unsere Unternehmenskultur und unser Arbeitsumfeld sind durch Wertschätzung und Respekt gekennzeichnet. Ein fairer und gerechter Umgang steht im Vordergrund, um sich mit all den unterschiedlichen Erfahrungen, Hintergründen, Bedürfnissen und Erwartungen, die die Menschen mitbringen, bestmöglich entfalten zu können.

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A U S D E M I N H A LT

Globale Konkurrenz durch Digitalisierung Seite 4 Berichte über die Digitalisierung schwanken zwischen Horror und Heilsversprechung. Was bedeutet das für Arbeitnehmende in Österreich?

Wo gewinne ich Klimaexpertise?

Seite 8 Digitale Goldgräberzeiten Seite 12

Alle wollen über das Klima Bescheid wissen. Aber wo lernt man wirklich das Wichtigste zum Thema?

Vorschläge zum Studium des Klimawandels in Österreich

Eine wachsende Zahl von Data-Science-Lehrgängen will sicherstellen, dass der Hype um „Big Data“ auch eingelöst werden kann

Prophet mit BurnoutSyndrom Seite 22 Burnout ist so alt wie die Menschheit – nur hieß es nie so.

Mittlerweile beschreibt das Wort einen Komplex an Problemen, die zu körperlichem und seelischem Leid führen können

Wie man Maschinen lehrt Seite 16

Die Künstliche-Intelligenz-Forschung boomt. In Österreich gibt es nun neue Bildungsangebote, die lehren, wie man einer Maschine etwas beibringt

Kaderschmieden für Innovatoren Seite 18

Dem Start-up-Hype der letzten Jahre trägt auch der universitäre Bereich zunehmend Rechnung. An einigen Universitäten und Fachhochschulen sind Start-upCenter entstanden

FOTOS UNSPLASH, NINI TSCHAVOLL, SHUTTERSTOCK

IMPRESSUM Medieninhaber: Falter Zeitschriften Gesellschaft m.b.H., 1010 Wien, Marc-Aurel-Straße 9, T: 0043 1 536 60-0, F: DW 935, E: wienzeit@falter.at, www.falter.at; Herstellung: Falter Verlagsgesellschaft m.b.H.; Redaktion: Fuchs & Partner; Gestaltung und Produktion: Reini Hackl, Andreas Rosenthal; Druck: Passauer Neue Presse Druck GmbH, 94036 Passau, DVR: 047 69 86.

Diese Beilage ist ein Service der Sales-Abteilung der Falter Verlagsgesellschaft m.b.H. Alle Rechte, auch die der Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, vorbehalten. Die Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz ist unter www.falter.at/offenlegung/falter ständig abrufbar.

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Globale Konkurrenz durch Digitalisierung Berichte über die Digitalisierung schwanken zwischen Horror und Heilsversprechung. Was bedeutet das für Arbeitnehmende in Österreich?

TEXT: W E R N E R ST U R M B E RG E R

„Die Digitalisierung ist Gegenstand politischer Auseinandersetzungen.

Das ist ein nicht abgeschlossener Prozess, dessen Ausgang nicht vorhergesagt werden kann“ MARIO BECKSTEINER, UNIVERSITÄT GÖTTINGEN

nächsten zehn bis zwanzig Jahren sollen 360.000 Arbeitsplätze verlorengehen.

Da aber auch neue Jobs entstehen, werde sich am Gesamtausmaß der Beschäftigung nur wenig ändern.

Das IHS sieht keinen Kollaps des Arbeitsmarktes Der Soziologe Mario Becksteiner mahnt aber auch bei dieser Studie zur Vorsicht: „Bei diesen Arbeitsmarktprognosen ist immer sehr viel Kaffeesudleserei im Spiel. ‚Exakte‘ Zahlen zu nennen halte ich für wissenschaftlich problematisch.“ Hinter solchen Modellen stecke oft die Annahme einer linearen Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft.

Um eine solche für eine so lange Zeitspanne annehmen zu können, würden nicht lineare Aspekte in den Studien oft nicht berücksichtigt: „Die Digitalisierung ist Gegenstand politischer Auseinandersetzungen. Das ist ein nicht abgeschlossener Prozess, dessen Ausgang nicht vorhergesagt werden kann.“ Der Einsatz digitaler Technologien macht für viele Unternehmen auch nur Sinn, wenn sie günstiger ist als menschliche Arbeitskraft. Auch das muss nicht immer so sein bzw. bleiben.

Unstrittig ist aber, dass die Digitalisierung unsere Gesellschaft und Arbeit verändert. „Das meiste tut sich dort, wo Prozesse vollständig digital abgebildet werden“, erklärt ­Sabine Putz, beim AMS zuständig für Arbeitsmarktforschung und Berufsinformation. Gemeint ist damit eine Automatisierung von betrieblichen Abläufen: „Für das AMS würde das bedeuten, dass unsere Kundinnen und Kunden vollautomatisiert betreut werden. Unsere Mitarbeitenden würden nur dann aktiv, wenn ein persönlicher Termin notwendig oder gewünscht wird, oder wenn etwas nicht funktioniert.“ Weitgehende Einigkeit herrscht darüber, dass die Digitalisierung vor Fortsetzung nächste Seite

FOTO: UNSPLASH/AMIN KHORSAND

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n den USA ist fast die Hälfte aller Jobs durch Künstliche Intelligenz bedroht. Jeder zweite Arbeitsplatz könnte innerhalb von zwanzig Jahren durch Computer ersetzt werden, ergibt eine 2013 veröffentlichte Studie der Universität Oxford. Seither geht die Angst vor Massenarbeitslosigkeit und mit ihr der Philosoph Richard David Precht in den deutschsprachigen Talkshows um.

Prechts These lautet, dass die Digitalisierung unweigerlich zu Massenarbeitslosigkeit führen wird. Nur durch die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens könnten deren Folgen eingedämmt werden.

Noch lassen Grundeinkommen wie Massenarbeitslosigkeit auf sich warten. Ist die Digitalisierung im Innovationsstau stecken geblieben? „Ich glaube nicht, dass es den großen Digitalisierungsboom geben wird. Das Gedöns rund um Industrie 4.0 ist groß, faktisch ist bei vielen Unternehmen aber noch nicht viel passiert“, sagt der Soziologe Mario Becksteiner.

Digitale Technologien lassen sich nur mit einer entsprechenden Strategie sinnvoll nutzen. Diese fehlt aber häufig – und selbst wenn sie vorliegt, dauert es oft Jahre, um sie umzusetzen. Gerade Klein- und Mittelständische Unternehmen haben damit zu kämpfen, die finanziellen und strategischen Herausforderungen der Digitalisierung zu stemmen. Da knapp zwei Drittel aller Erwerbstätigen in Österreich in KMU arbeiten, verändert sich der Arbeitsmarkt nur langsam.

Gegen die These der großen Massenarbeitslosigkeit spreche auch, dass die Potenziale zur Reduktion von Arbeitskräften vor allem in produzierenden Betrieben weitgehend ausgereizt sind. „Im Zuge dieser großen Automatisierungsprozesse hat man auch erkannt, dass es ohne Menschen nicht geht: Maschinen sind nicht kreativ.

Sie können die kognitiven Fähigkeiten von Menschen nicht ersetzen.“ Auch das IHS findet in einer 2017 veröffentlichten Studie keinen hinreichenden Grund für Panik: In den

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Die Digitalisierung bedroht die Arbeitsplätze vieler Menschen. In manchen Fabriken verrichten sie nur noch untergeordnete Tätigkeiten

Fortsetzung von Seite 5 a­ llem Verwaltungstätigkeiten und die unteren Managementebenen betreffen wird: So werden uns künftig vermehrt Systeme sagen, was zu tun ist. Betrachtet man die Auswirkungen der Digitalisierung nach Branchen, dann werden vor allem dort Arbeitsplätze­ verloren gehen, wo es starke Konkurrenz durch neuere, digitale Geschäftsmodelle gibt. Aktuell trifft das vor allem auf Banken und den Handel zu. Die weitere Entwicklung der Digitalisierung ist damit aber nicht vorgezeichnet.

Kompetenzen zur Digitalisierung und Datensicherheit Das macht es schwierig, Arbeitnehmenden konkrete, mittel- und langfristige Handlungsanweisungen mit auf den Weg zu geben. „Viele Studien weisen darauf hin, dass es vor allem vier Arten von Wissen gibt, die an Bedeutung gewinnen werden: digitale Grundkompetenzen, Sicherheit, Kreativität und Kommunikation“, sagt die AMS-Expertin Sabine Putz.

Was zu digitalen Grundkompetenzen zählt, ist aber wiederum strittig.

Aktuell zerbricht sich eine Taskforce in Österreich darüber den Kopf, was die digitalen Grundkompetenzen alles umfassen sollen und wie sie zertifiziert werden können. Putz beschreibt sie so: „Es muss zwar nicht jeder programmieren können, aber es braucht zumindest ein Grundverständnis davon, wie zum Beispiel eine Website funktioniert. Ohne dieses Basiswissen werden viele Menschen die Scheu, mit diesen Technologien zu arbeiten, nicht ablegen können.“ Datensicherheit ist ein weiteres zentrales Thema: Dabei geht um den Schutz betriebsinterner Daten ­ebenso

„Folgendes Wissen gewinnt an Bedeutung: digitale Grundkompetenzen, Sicherheit, Kreativität und Kommunikation“ SABINE PUTZ, AMS WIEN

Den „Ausbildungskompass“ sowie eine „Weiterbildungs­ datenbank“ finden Sie unter: www.ams.at/weiterbildung Weitere Informationsangebote: www.erwachsenenbildung.at

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wie um den Umgang mit den Daten Dritter. Also all jene Bereiche, die den Datenschutz berühren. Kreativität meint, dass Arbeitnehmende Arbeitsabläufe und Technologien nachvollziehen können müssen, um sie innovativ ein- oder fallweise in Stand setzen zu können. „Auch Kommunikation wird immer wichtiger. Das heißt im Team kommunizieren, sich aber auch über Abteilungen hinaus verständlich machen zu können“, sagt die Expertin Putz. Das erfordere sprachliche und auch interkulturelle Kompetenzen. „Weiterbildung gewinnt im Moment sicherlich an Bedeutung“, fährt Putz fort. „Das liegt zum einen daran, dass Menschen länger im Erwerbsleben stehen. Zum anderen natürlich auch an den Entwicklungen der Digitalisierung.“ Gerade ältere Arbeitnehmende haben oft wenig Erfahrung im Umgang mit digitalen Technologien.

Gleichzeitig sinkt die Halbwertszeit von Wissen: Was bei digitalen Technologien heute auf dem neusten Stand ist, kann mit großer Wahrscheinlichkeit morgen schon veraltet sein.

Bildungsinstitute, Fachhochschulen und Universitäten haben auf diesen Umstand mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Angeboten reagiert: Vom Crashkurs zur Datenschutzgrundverordnung bis hin zum einschlägigen Masterlehrgang. Mit der Seite Ausbildungskompass.at bietet das AMS eine umfassende Zusammenstellung von Weiterbildung an. Entsprechende Suchfunktionen und detaillierte Informationen helfen dabei, das richtige Angebot zu finden. Bevor man sich für eine Weiterbildung entscheidet, sollte man aber unbedingt die Qualität des Angebots prüfen.

Weiterbildungsmaßnahmen müssen auch finanziert und mit dem Arbeitgeber abgestimmt werden. Für die Suche nach Förderungen findet sich ein hilfreiches Instrument auf der ­Seite Erwachsenenbildung.at des BMBWF. „Die Bildungsexperten des AMS an den Berufsinfozentren stehen gern zur Verfügung, wenn es darum geht, Weiterbildungsmaßnahmen gemeinsam durchzudenken. Sie helfen auch dabei, Argumentationen festzulegen, um die Weiterbildung beim Arbeitgeber durchzubringen“, erklärt Putz.

Die Flexibilisierung der Arbeitswelt und ihre Schattenseiten Während viele Auswirkungen der Digitalisierung noch unklar sind, haben die digitalen Kommunikationstechnologien flexiblere Formen der Arbeit ermöglicht. Ein Massenphänomen ist das aber nicht. Viele Tätigkeiten können gar nicht im Homeoffice, also von Zuhause aus verrichtet werden. Dort, wo es möglich ist, wird es nachgefragt: „Wir sehen, dass gerade jüngere Arbeitnehmende immer weniger bereit dazu sind, jeden Tag acht Stunden am selben Schreibtisch zu sitzen“, sagt Putz. „Mobiles Arbeiten und Homeoffice nehmen langsam zu.“ Sie verweist dabei auf eine Studie des Instituts für

Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg: Rund ein Fünftel der privatwirtschaftlich Beschäftigten arbeitet stundenweise zu Hause. Komplette Tage im Homeoffice sind hingegen selten. Etwa die Hälfte der Befragten gibt an, dass Homeoffice eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglicht. Die neugewonnene Freiheit hat aber auch Tücken: Fast genauso viele verweisen auf Probleme bei der Trennung zwischen Beruflichem und Privatem.

Digitalisierung ermöglicht aber nicht nur eine räumliche, sondern auch arbeitsrechtliche und organisatorische Flexibilisierung. Das Vorzeigemodell dafür ist der „digital nomad“.

Der Begriff bezeichnet Arbeitnehmende, die mittels digitaler Technologien ortsungebunden arbeiten – in der medialen Darstellung meist mit Laptop in einem Coffeeshop oder am Strand. „Ich traue mich auszuschließen, dass wir jetzt alle Digital Nomads werden“, sagt der Soziologe Mario Becksteiner.

Das sei nur für eine verschwindend kleine Menge der Erwerbstätigen ein realistisches Szenario.

Verbreitet ist diese Form des Arbeitens in einer weniger glamourösen Form: Bei „Clickwork“ vergeben Unternehmen über spezielle Plattformen meist kleine Arbeitsaufträge ohne Festanstellungen. „Mit diesen hochindividualisierten Arbeitsverhältnissen hat man gewaltige Möglichkeiten des Outsourcings geschaffen“, sagt Becksteiner. Für Arbeitnehmende sei diese Form der Arbeit ein riskantes Unterfangen: dem Lohndumping und der Umgehung arbeitsrechtlicher Standards sind damit Tür und Tor geöffnet. Die prekären Arbeitsbedingungen betreffen auch Menschen, deren Arbeit noch in den späten 1990er Jahren als hochqualifiziert galt, wie etwa Programmierende.

Tätigkeiten, die nicht direkt am Standort eines Unternehmens erledigt werden müssen, sind jetzt oft quer über die ganze Welt verteilt. Die AMS-Expertin Putz illustriert das so: „Bei vielen Aufgaben ist es tatsächlich sekundär, wo sie erledigt werden.

Die Lohnverrechnung kann in Hintertupfing sitzen. Wahrscheinlicher ist aber, dass sie nach Rumänien ausgelagert wird, weil es dort einfach billiger kommt.“ Die Idee, dass ein Breitbandausbau in den ländlichen Regionen qualifiziertere Arbeitsplätze entstehen lassen kann, erscheint fragwürdig. Das ortsungebundene Arbeiten dürfte viel eher zu einer globalen Konkurrenz auf einem virtuellen Arbeitsmarkt führen.

Ob sich die digitalen Technologien weiterhin durchsetzen werden, hängt von vielen Faktoren ab. Etwa, inwieweit es gelingt, energieintensive Technologien mit den Zielen der Klimawandelbekämpfung in Einklang zu bringen. Nicht zuletzt aber hängt es auch von den Arbeitnehmenden ab: Ohne ihre Akzeptanz und ihr Knowhow ist eine digitale Zukunft nicht vorstellbar.

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Mit der steigenden Dringlichkeit des Themas bieten immer mehr Unis Studien zum Klimawandel an. Auch außerhalb davon kann man sich fortbilden

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Wo gewinne ich Klimaexpertise?

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ie Erde schwitzt. Allein in den letzten hundert Jahren ist die Durchschnittstemperatur weltweit um ein Grad Celsius gestiegen, im Alpenraum sogar um zwei. Experten prognostizieren einen Temperaturanstieg in den nächsten hundert Jahren von bis zu vier Grad Celsius – mit verheerenden Folgen. Angesichts dessen ist vielen Menschen klar: Individuelle Schritte reichen nicht aus, um eine mögliche Klimakatastrophe abzuwenden. Es braucht eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Klimawandel, dessen Ursachen und Folgen. Wohin sollen sich aber Interessierte mit ihrem Wissensdurst und Tatendrang wenden? Mit der steigenden Dringlichkeit des Themas bieten immer mehr österreichische Universitäten Studiengänge verschiedenster Disziplinen an, die den Klimawandel, dessen Ursachen, Folgen und auch den Schutz der Umwelt untersuchen. Auch außerhalb von Hochschulen gibt es Möglichkeiten sich fortzubilden.

Auf weiten Umwegen zum Beruf der Klimaforschenden Den Königsweg zu einer Expertise in der Klimaforschung gibt es laut dem Klimatologen Benedikt Becsi von der Universität für Bodenkultur Wien nicht. Wer sich für das Klima interessiere, könne diesem Interesse auf verschiedenen Wegen nachgehen. Wichtig sei dabei nur, den steten Fokus auf den Klimawandel im eigenen Fachbereich nicht aus den Augen zu verlieren und sich mit Forschenden anderer Disziplinen auszutauschen und zu vernetzen. Die Wissenschaft des Klimas, die sogenannte Klimatologie, erstreckt sich von der Meteorologie, Geografie und Physik bis hin zur Chemie, mit jeweilig unterschiedlichen Anwendungsgebieten.

Alle wollen über das Klima Bescheid wissen. Aber wo lernt man wirklich das Wichtigste zum Thema? Vorschläge zum Studium des Klimawandels in Österreich TEXT: HANNAH GREBER

Die Erderwärmung ist zu einem großen Teil auf eine erhöhte Konzentration von Treibhausgasen wie Kohlendioxid und Methan zurückzuführen. Sie verstärken den natürlichen Treibhausgaseffekt. In der Klimaforschung stehen die Atmosphäre und ihre physikalische Zusammensetzung – und damit die Meteorologie – im Zentrum. In der Meteorologie wird neben dem Wetter das globale Klimasystem über einen längeren Zeitraum hinweg beobachtet.

Durch Messungen, Analysen und Vergleiche lassen sich so Aussagen über das vergangene, gegenwärtige und zukünftige Klima treffen. Meteorologen können an Universitäten oder in privaten Einrichtungen Klimaanomalien erforschen oder Prognosen erstellen und liefern damit wichtige Fakten, auf deren Basis Entscheidungen über Umweltpolitik gefällt werden können. „Wer sich rein für das Klima interessiert, der sollte Meteorologie studieren“, sagt Gerhard Herndl, Vizedekan der Fakultät für Lebenswissenschaften in Wien. In Österreich wird das Studium der Meteorologie an der Universität Wien angeboten. Im Bachelorstudium studieren derzeit rund 150 Studierende, 41 absolvieren das Masterstudium. Auch an der Universität Innsbruck werden die Bachelorund Masterstudiengänge ‚Atmosphärwissenschaft‘ seit 1990 angeboten. Ihr zentraler Fokus liege laut Georg Mayr vom Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften auf dem Verständnis klimarelevanter Prozesse mit einem starken Bezug zum Gebirge.

Der Studienandrang sei laut Mayr stabil: Rund vierzig Bachelor-, sechzig Master- und zwanzig PhD-Studierende werden derzeit ausgebildet.

Der Masterstudiengang ‚Umweltmeteorologie‘ an der Universität Innsbruck spezialisiert Studierende neben einem Wissen über Meteorologie

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speziell auf umweltbezogene Aspekte wie etwa die Luftschadstoffausbreitung. Zu den Anwendungsfeldern eines abgeschlossenen Studiums der Meteorologie zählen neben der Forschung Wetterredaktionen von Medienunternehmen sowie Anstellungen in einschlägigen öffentlichen Ämtern, etwa den Landeswarndiensten oder Umweltbundesämtern. „Klimawandel heißt, es gibt eine Temperaturerhöhung. Mit der Temperaturerhöhung geht aber auch eine Veränderung der Lebensbedingungen einher. Wenn man sich mit den Folgewirkungen des Klimawandels beschäftigt, muss man sich in einen Teilbereich einarbeiten“, erklärt der Meeresbiologe Herndl weiter. An der Universität Wien biete man drei speziell auf Umwelteinflüsse ausgerichtete Masterstudiengänge an.

Der englischsprachige Studiengang „Environmental Sciences“ an der Universität Wien fokussiert auf Nanomaterialien wie Schwermetalle und Plastik in der Umwelt. Der Studiengang „Ökologie und Ökosysteme“ analysiert terrestrische Lebensräume, Binnengewässer und marine Gewässer, die darin enthaltene Lebensgemeinschaft und ihre Interaktion mit der Umwelt. Der Klimawandel hat auch Einfluss auf die Artenvielfalt und bedingt Veränderungen der Pflanzengemeinschaft. So wandern Pflanzen in den Alpen, die früher nur bis auf 1.000 Höhenmeter gewachsen sind weiter nach oben und sind mittlerweile schon auf 1.400 Höhenmetern zu finden. Mit derartigen Effekten beschäftigen sich Studierende des Masterstudiengangs „Naturschutz und Biodiversität“. Auch an der Universität Innsbruck gibt es Studiengänge über mögliche Folgeerscheinungen des Fortsetzung nächste Seite

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Klimawandels. Inwiefern sich eine erhöhte Durchschnittstemperatur auf das Schmelzen von Gletschern, Polen oder Eisfeldern auf den Wasserspiegel auswirkt, lernt man im Masterstudium „Geografie: Globaler Wandel – regionale Nachhaltigkeit“, der seit 2007 angeboten wird.

Menschliche Handlungsweisen und natürliche Systeme Seit der Industrialisierung hat sich der Anteil des CO2 in der Atmosphäre fast verdoppelt. Damit ist laut Experten klar: Die drastische Erhöhung der Temperaturen in den letzten hundert Jahren ist menschengemacht. Um den anthropogenen Klimawandel zu verstehen, müssen die Wirtschaft und der Umgang mit der Natur und deren Ressourcen analysiert und angepasst werden. Die wechselseitige Beziehung des menschlichen Verhaltens und der Umwelt ist wichtig, um beispielsweise zu verstehen, wie sich Müll- und Lebensmittelverschwendung, Mobilität und Besiedelungsverhalten auf das Klima auswirken, aber auch, welche wirtschaftlichen Folgen der Klimawandel haben kann.

An der Universität für Bodenkultur in Wien werden für das Spannungsfeld zwischen menschlichen

„Es hat keinen Sinn, wenn man Maßnahmen ­g egen den Willen der Menschen erlässt“ GERHARD HERNDL, UNIVERSITÄT WIEN

Um den anthropogenen Klima­ wandel zu verstehen, müssen die Wirtschaft und der Umgang mit der Natur und deren Ressourcen analy­ siert und angepasst werden

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Handlungsweisen und natürlichen Systemen die Bachelor- und Masterstudiengänge „Umwelt- und Bioressourcenmanagement“ (UBRM) angeboten. Als deren Alleinstellungsmerkmal nennt Programmbegleiter Hermann Peyerl die Verbindung von natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fragestellungen mit einem wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fokus. Ähnliche Studienrichtungen seien häufig primär wirtschaftswissenschaftlich ausgerichtet.

Der Studiengang UBRM erfreut sich eines überwältigenden Interesses, das eine Zugangsbeschränkung auf 280 Bachelorstudierende nach sich gezogen hat. Laut Obmann des AlumniVereins, Simon Huber, sind Absolventen des Masterstudiengangs in weitgefächerten Bereichen wie Energie- und Abfallwirtschaft, Klimaforschung und Mobilität tätig. Beispielsweise arbeiten Absolventen im Bereich Abfall sowohl in öffentlichen Organisationen wie der MA 48 als auch bei privaten Unternehmen wie „Brantner Entsorgung“ oder „Saubermacher“.

Der nachhaltige Umgang mit Ressourcen sowie der Umweltschutz in Organisationen, Unternehmen und Institutionen stehen im Zentrum eines Studiums des Umweltmanagements. An österreichischen Fachhochschulen wie der FH Burgenland, der Fachhochschule Campus Wien oder dem FH Joanneum in Graz werden Studien im Bereich Umweltmanagement angeboten. Ähnliche Angebote gibt es auch an der Uni21.11.19 16:51

versität Klagenfurt mit dem Fachzweig „Energie- und Umweltmanagement“ im Master der Betriebswissenschaft.

An der Montanuniversität Leoben in der Steiermark wird zudem der Studiengang „Industrieller Umweltschutz- und Verfahrenstechnik“ angeboten, dessen Absolventen darin geschult sind, die Auswirkungen der industriellen Produktion auf Umwelt und Mensch möglichst gering zu halten. Experten im Umweltmanagement erkennen potenzielle Gefahren für die Umwelt, geben Risikoeinschätzungen ab und kümmern sich um die Umweltschutzbelange von Organisationen.

Wechselwirkungen erkennen und Puzzlestücke verbinden Mit einem breit gefächerten Bachelorund Masterstudiengang, einem Doktoratskolleg und einem Forschungszentrum hat sich die Universität Graz dem Klimawandel verschrieben. Basis für eine Auseinandersetzung mit dem Klimawandel bietet das interdisziplinäre Studium „Umweltsystemwissenschaften“. Ziel des Studiums sei laut der Vorsitzenden der Studienvertretung, Franziska Dienstl, den Einfluss verschiedener Systeme auf die Umwelt zu erkennen und miteinander zu verknüpfen. Dazu können Studierende neben einem gemeinsamen Grundstock Fachschwerpunkte in den Bereichen Volkswirtschaft, Betriebswirtschaft, Geografie oder

FOTOS: NINI TSCHAVOLL, PRIVAT, KLAUS RANGER,GREGOR SEMRAD

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K L IM AWA N D E L : B IL D U N G : TH E MA 5/19 FALTER 48/19 11

es beispielsweise bei den Gelbwesten in Frankreich der Fall war.“ Mit dem „Wegener Center für Klima und Globalen Wandel“ wurde an der Universität Graz im Jahr 2005 auch ein Forschungszentrum eingerichtet, in dem Absolventen als Klimaforschende oder im Zuge einer Masterarbeit tätig werden können.

Zudem werden nahezu alle Aspekte des Klimawandels – von den physikalischen Grundlagen über ökonomische Auswirkungen, Anpassungsmöglichkeiten, rechtliche Aspekte bis hin zum Thema Gerechtigkeit – im Doktoratskolleg „Climate Change“ behandelt.

Naturwissenschaften-Technologie auswählen. Das seit dem Jahr 2002 eigenständige Studium vermerkt ein starkes Interesse mit Inskriptionszahlen von bis zu 2.000 Studierenden im Jahr 2014/15. Mittlerweile wurden aufgrund des regen Andrangs die Fachschwerpunkte Betriebswirtschaft, Geografie und Volkwirtschaftslehre zugangsbeschränkt.

Je nach Fachschwerpunkt gibt es unterschiedliche Anwendungsgebiete.

Eine Fokussierung auf den Bereich der Naturwissenschaften-Technologie liefert eine breite naturwissenschaftliche Grundausbildung, die in der Klimaforschung gefragt ist. In der Praxis wenden Absolventen ihr Wissen beispielsweise für die Entwicklung erneuerbarer Energieformen, umweltschonender Produkte oder Verfahren an. Mit dem Fachschwerpunkt der Betriebswirtschaft oder Volkswirtschaft können Absolventen unter anderem als Beratende von Umweltschutzeinrichtungen oder in der Politik arbeiten.

Gerade Spezialisten im Bereich der effektiven Maßnahmenumsetzung seien gefragt, erklärt Meeresbiologe Herndl: „Wenn es darum geht, dass wir unseren Kohlenstoffdioxid-Verbrauch, also das CO2 eingrenzen, dann basiert das auf naturwissenschaftlichen Ergebnissen. Diese Ergebnisse müssen aber so in Gesetze gegossen werden, dass die Menschen sie mittragen. Es hat keinen Sinn, wenn man Maßnahmengegen den Willen der Menschen erlässt, wie

ehgartner.eu

Klimawandelbildung außerhalb des tertiären Sektors Wohin soll man sich wenden, wenn man kein Studium anstrebt, aber trotzdem mehr über den Klimawandel lernen will? Je nach individuellen Vorkenntnissen gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich auch außerhalb einer Universität fortzubilden.

Für Weiterbildungsinteressierte gibt es Angebote für Kurse auf Online-Bildungsplattformen wie die englischsprachigen Anbieter „Coursera“ und „edX“. Eine solche Lernplattform wurde im Jahr 2013 auch von der Karl-Franzens-Universität Graz und der ­Technischen Universität Graz mit „iMooX“ gegründet. Die

Kursliste umfasst neben einem weiten Spektrum an verschiedenen Angeboten auch Onlinekurse wie „KlimaMOOC“, in dem der aktuelle Stand der Forschung zum Thema Klimawandel aufbereitet und thematisiert wird, oder „Urbane Mobilität“ zum Thema nachhaltige Verkehrspolitik in der Stadt.

Das Projekt der „iMooX“ wird unter anderem vom Erasmus+-Programm der Europäischen Union gefördert, und es sind Weiterbildungszertifikate für die Teilnehmenden zu erlangen.

Für Gemeindemitarbeitende und lokale Bezugspersonen bietet das „Klimabündnis Österreich“ Workshops und Lehrgänge an, die klimaschonende Maßnahmen im lokalen Bereich vorstellen. Ein Beispiel dafür ist der aktuelle Lehrgang „Kommunale Klimaschutzbeauftragte“, der in sechs Monaten Gemeindevertretern Wissen im Bereich Klimawandel, Klimaschutz und der Klimawandelanpassung mitgeben soll. Zudem werden immer wieder Veranstaltungen rund um den Klimaschutz organisiert.

Für Kinder und Jugendliche bieten unterschiedliche Veranstalter diverse Schulworkshops zum Thema Klimawandel an. Einer der Anbieter ist die NGO Global 2000, die jedes Jahr etwa sechzig Workshops zum Thema Klima hält und damit in Österreich rund 1.200 Schülerinnen und Schüler erreicht.

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aten gelten als das Gold der Digitalisierung. Die Vorräte wachsen beständig und rasant: 2,5 Trillionen Bytes kommen jeden Tag neu hinzu.

Das entspricht dem Speichervermögen von rund zwanzig Millionen aktuellen Spitzen-Smartphones. Getrübt wird die von „Big Data“ ausgelöste Goldgräberstimmung aber vom Mangel an gut ausgebildeten Goldgräbern. Denn anders als Gold sind Daten wertlos, wenn sie nur herumliegen. Um daraus Gold zu spinnen, müssen Daten entsprechend gespeichert, aufbereitet und verwertet werden. Das ist aber gar nicht so einfach. „Wenn man seriös Daten Science betreiben will, braucht man einmal grundlegende Kenntnisse in Mathematik, Statistik und Informatik“, sagt Arne Bathke, Lehrgangsleiter des Master Curriculums „Data Science“ in Salzburg.

Daneben braucht es fachspezifisches Wissen um zu verstehen wie Daten entstanden sind und ob Fragestellungen damit beantwortet werden können. „Data Science ist ein interdisziplinäres Aufgabengebiet. Es reicht nicht, allein Basiskompetenzen abzudecken, sondern es braucht auch Fachwissen. Darum ist man auch immer auf die Zusammenarbeit mit anderen angewiesen“, erklärt Andreas Futschik, Lehrgangsleiter des Bachelor Curriculums „Statistik und Data ­Science“ an der Universität Linz.

Teamarbeit und Kommunikationsfähigkeit stehen hoch im Kurs.

Schließlich ist man nicht nur auf die Informationen anderer angewiesen, sondern will die eigenen Ergebnisse auch für weniger technisch versierte Kolleginnen und Kollegen verständlich darstellen. In Linz und in Salzburg finden sich im Lehrplan neben Mathematik, Statistik und Informatik darum auch entsprechende SoftSkills sowie inhaltliche Vertiefungen in unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen.

Eine wachsende Zahl von Data-ScienceLehrgängen will sicherstellen, dass der Hype um „Big Data“ auch eingelöst werden kann TEXT: WERNER STURMBERGER

Weiterführende Infos: Bachelor „Statistik und Data Science“ – JKU Linz: www.jku.at/studium/studienarten/bachelordiplom/ ba-statistik-und-data-science Master „Data Science“ – Universität Salzburg: www.datascience.sbg.ac.at Verzeichnis aller „Data Science“ Studienangebote in Österreich: www.studieren.at/studien/ data-science

Was kann ein Studium des Data Science?

Welche Methoden aus dem Werkzeugkasten der Data Sciences zum Einsatz kommen, hängt maßgeblich von Daten und Fragestellungen ab. Bei Daten aus den Fertigungshallen der Industrie 4.0 ist Machine-Learning ein klassisches Szenario: Bei der „vorausschauenden Wartung“ sucht eine Künstliche Intelligenz nach Mustern, die zu tauschende Verschleißteile ankündigen. Wie die KI Muster erkennt, bleibt aber auch wie bei Anwendungen der Bilderkennung unklar.

In vielen Szenarien möchte man erklären können, warum etwas passiert: Für Unternehmen lautet eine essenzielle Frage, warum sie Kunden verlieren. Fragen dieser Art zu beantworten, verlangt nach anderen Methoden, was auch an der Beschaffenheit der Daten liegt. Während Maschinen ein sehr erwartbares Verhalten an den Tag legen, ist das bei Menschen nicht der Fall. Das beeinflusst die Qualität der Daten. Außerdem unterliegen von Menschen generierte Daten dem Datenschutz und werfen ethische Fragen auf. Cambridge Analytica hat das deutlich gemacht. Fragen der Ethik werden darum auch in den Lehrgängen behandelt.

Mittlerweile lässt sich Data Science in unterschiedlichen Kombinationen an mehreren Standorten in Österreich studieren. An der JohannesKepler-Universität Linz bietet man seit diesem Herbst den BachelorStudiengang „Statistik und Data Science“ an. Wie der Name verrät, bildet die Anwendung statistischer Methoden dabei einen zentralen Bestandteil: „Mit der Statistik verfügen wir seit langer Zeit über fundierte Werkzeuge zur Analyse von Daten. Im Lehrgang wollen wir Studierende in die Lage versetzen, diese am Computer kompetent in unterschiedlichsten Themenund Aufgabengebieten anzuwenden“,

Bricht ein „goldenes Zeitalter“ für Data Science an? „Die Nachfrage nach Data Scientists ist im Moment sehr groß. Viele unserer Studierenden arbeiten darum bereits während des Studiums“, sagt Andreas Futschik von der Universität Linz. Ein Umstand, den auch Bathke in Salzburg bei seinen Studierenden beobachtet. Interesse wecken die DataScience-Studierenden vor allem bei großen Unternehmen, die ihre entsprechenden Abteilungen ausbauen wollen. Auch Start-ups sind sehr aktiv, erklärt Lehrgangsleiter Bathke: „Einige unserer Studierenden sind für ein kleines Salzburger Unternehmen tätig, das eine eigene Nische erschlossen hat: Die Optimierung von Suchergebnissen im Onlinehandel.“ Nicht nur die potenziellen Arbeitgeber, sondern auch deren Aufgabengebiete sind bunt gemischt. Neben allen erdenklichen Wissenschaftsdisziplinen und Branchen sind Data Scientists auch in der öffentlichen Verwaltung und der amtlichen Statistik heiß begehrt. In Linz bietet man darum auch den „European Master in Official Statistics“ als Zusatzqualifikationsmöglichkeit an.

Dass die Nachfrage nach Data ­Scientists hoch bleiben wird, darin sind sich beide Studiengangsleiter einig. Futschik spricht sogar von einem „goldenen Zeitalter“ für Data Science.

Auch Bathke geht davon aus, dass Data Science langfristig an Bedeutung gewinnen wird, gibt aber zu bedenken: „Der Hype um Data ­Science kann auch kippen, wenn sie nicht seriös betrieben wird und immer mehr Fehler passieren. Es ist darum unsere Aufgabe, für eine hochwertige Ausbildung zu sorgen.“

FOTO: UNSPLASH/MARKUS SPISKE, LUDWIG SCHEDL, PRIVAT

Digitale Goldgräberzeiten

sagt Futschik. Zukünftige Studierende sollen ein grundlegendes Interesse an Mathematik, dem Umgang mit Daten und analytisches Denken mitbringen. Dreißig Studierende, mehr als die Hälfte davon Frauen, konnte man bereits im ersten Semester für das Studienangebot gewinnen. Im Rahmen bestehender Studienpläne kann ein Master mit Schwerpunkt „Data Science“ angeschlossen werden.

In Salzburg wird seit 2016 ein spezifischer „Data Science“ MasterLehrgang angeboten. Wer ein facheinschlägiges Studium abgeschlossen hat, kann direkt in den Lehrgang einsteigen. „Wir sind davon ausgegangen, dass sich vor allem Menschen aus einschlägigen Studienrichtungen wie Informatik oder Statistik für den Studiengang interessieren würden. Zu unserer Überraschung stammt ein großer Teil unserer Studierenden aus ganz anderen Fachbereichen, wie etwa der Biologie“, erklärt Lehrgangsleiter Arne Bathke. Studierende mit fachfremden Abschlüssen müssen allerdings einige Lehrveranstaltungen in Mathematik und Informatik nachholen. Wie die bisherigen Erfahrungen zeigen, sind auch diese Studierenden sehr erfolgreich im Lehrgang unterwegs.

E M P LOYA B IL IT Y : B IL D U N G : TH E MA 5/19 FALTER 48/19 13

Praktika an Universitäten und FH?

W

enn die Praxis während des Studiums fehlt, entsteht oft ein falsches Bild vom Beruf. Die Studierenden wissen nicht, wie die Tätigkeiten im Berufsalltag aussehen und bekommen keine Routine.

Während eines Praktikums können eigene Fähigkeiten und Prioritäten identifiziert werden. Da auch der Arbeitsplatz immer wettbewerbsanfälliger wird, sind die Arbeitgebenden bestrebt, jene einzustellen, die sich von anderen abheben und selbstständig arbeiten. Sie suchen Menschen mit bestimmten Soft Skills wie kollaborativem und kritischem Denken, mit Innovations- und Anpassungsfähigkeit. Mittlerweile passen sich auch viele Studiengänge diesen Anforderungen an und umfassen branchenbezogene Projekte und Praktika, um die Studierenden auf den Arbeitsplatz vorzubereiten.

Ein Beispiel für praxisnahe Ausbildung an der FH „Der Bachelor für Gesundheits- und Krankenpflege ist eine wissenschaftlich fundierte Ausbildung mit hohem Praxisbezug und dauert sechs Semester. Das heißt, die Studierenden müssen sehr viele Praktikumsstunden absolvieren, nämlich 2.300. Davon müssen 1.840 Stunden im klinischen Bereich durchgeführt werden“, sagt Roswitha Engel, Studiengangsleiterin für Gesundheits- und Krankenpflege an der FH Campus Wien. „Die Studierenden haben gleich zu Beginn des Semesters die theoretische Ausbildung und unmittelbar anschließend, am Ende des Semesters, das Praktikum. Die Praktika beginnen somit schon im ersten Semester und ziehen sich durch alle sechs Semester. So bekommen die Studierenden einen guten Eindruck vom zukünftigen Berufsleben.“ Während dieser Praktika sind die Studierenden in unterschiedlichen Einsatzfeldern tätig, wie der stationären, mobilen oder ambulanten Pflege.

Um auf dem Arbeitsmarkt das in der Theorie gelernte Wissen umsetzen zu können, ist Praxiserfahrung während des Studiums unerlässlich TEXT: SOPHIE HANAK

Roswitha Engel, FH Campus Wien

Doris Marko, Universität Wien

Hierfür gibt es einen Kooperationsvertrag mit verschiedenen Krankenanstalten. Der Rest der Praktikumsstunden wird in Form von Fertigkeitstrainings an der Fachhochschule absolviert.

Dort gibt es Simulationseinrichtungen mit Krankenbetten, an denen die Studierenden Übungen durchführen, um auf die Arbeit im Krankenhaus vorbereitet zu sein. Damit sie sich in den Krankenhäusern zurechtfinden, wird von ihnen ein Praxisanleiter zur Verfügung gestellt. „Natürlich war der Praktikumseinstieg der Studierenden im Jahr 2008 schwierig. Es gab auch gewisse Ressentiments gegen die neue Ausbildung. Doch nach zehn Jahren hat sich das ziemlich gelegt“, lacht Engel. Während der Praktika gibt es Supervision und Reflexion. „Nachdem 98 Prozent unserer Absolventinnen und Absolventen im vorgesehenen Berufsfeld beginnen, sind wir überzeugt, dass wir mit unserer Ausbildung richtig liegen“, freut sich Engel. „Wir denken auch nicht, dass die Studierenden mit den Praktika überfordert sind. In der traditionellen Ausbildung sind die jungen Leute schon mit 16 Jahren in die Ausbildung eingestiegen und durften dann mit 17 Jahren ans Krankenbett. Heute sind die Studierenden zumeist 22 bis 23 Jahre alt, also reifere Menschen.“ Studierende können auch Auslandspraktika in Anspruch nehmen. Diese werden im fünften Semester absolviert und dauern das gesamte Semester. Fast die Hälfte der Studierenden nutzt die Chance, meist in Deutschland, der Schweiz oder in Portugal und oft auch in skandinavischen Ländern, wo sie besonders gute Erfahrungen machen und neue, oft modernere Arbeitsweisen kennenlernen.

Auch an Universitäten werden Praktika wichtiger Doch nicht nur an den Fachhochschulen bemüht man sich um Praxisnähe während des Studiums. Auch an den Universitäten findet ein ­Umdenken statt.

Nach einem naturwissenschaftlichen Studium wie etwa Chemie ist es üblich, eine Dissertation zu schreiben und eine akademische Karriere zu verfolgen. Dies wird nun an der Universität Wien durch ein seit 2017 bestehendes Masterstudium für Lebensmittelchemie ergänzt. „Bei diesem Studium gibt es ein echtes Berufsbild bereits mit Masterabschluss. Die Absolventen werden nach erfolgreichem Abschluss auch sehr gern rekrutiert. Die meisten Studierenden haben meist schon einen Job, bevor sie die letzte Prüfung ablegen“, erklärt die Lebensmittelchemikerin Doris Marko, Vorständin des Instituts für Lebensmittelchemie und Toxikologie der Universität Wien. Der Masterstudienlehrgang Lebensmittelchemie ist an das deutsche System angelehnt. Die Studierenden bekommen eine solide Grundausbildung und in jedem Semester entsprechende Praktika, bei denen bestimmte Techniken vermittelt werden. „Auch Auslandspraktika sind sehr beliebt. Für diese haben wir international sehr viele Kooperationspartner“, sagt Marko.

Dass das im Studium gelernte Wissen schnell veraltet sein kann, stellt an der Universität Wien kein großes Problem dar. „Die Lehre an unserem Institut wird durch die hier durchgeführte Forschung geleitet und durch ständig aktuelle Forschungsergebnisse vermittelt. Praxisnäher geht es nicht mehr“, behauptet Marko. Die Nähe zu aktuellen Forschungsergebnissen und der Inhalt des Studiums macht das Studium sehr beliebt. „Eines kann ich Ihnen versichern“, so Marko, „der nächste Lebensmittelskandal wird kommen.

Dann brauchen wir Lebensmittelchemiker und Chemikerinnen, die wissen, was sie tun und ausreichend praktische Erfahrung haben. Je mehr Menschen Essen benötigen, desto schwieriger wird das Thema. Außerdem wird es immer wieder nötig sein, unsere Nahrung zu überprüfen. Und dafür sind unsere Studierenden bestens ausgebildet.“

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14 FALTER 48/19 T H EM A 5/ 19 : B I LD UNG : TR A D IN G KU RS

Finanzbildung für Frauen Finanzen sind für viele Frauen ein schwieriges Terrain.

Daher wollen Fortbildungsangebote die Finanzkompetenz von Frauen fördern

Marietta Babos, Damensache

Bernadette Bruckner, Cash for Business

Larissa Kravitz, Investorella

Vermittlung finanzieller Mündigkeit für Frauen Als „Investorella“ leitet sie seitdem Einsteigerinnenseminare rund um das Thema Investieren, veranstaltet LiveTrading-Workshops und betreibt einen Podcast, und zwar mit großem Zulauf. Frauen erfahren dort auf unterhaltsame Art, wie sie ihre erste Aktie erwerben können oder wie sie sich in einen Investmentfonds einkaufen, wie Immobilieninvestments funktionieren und wie nachhaltiges Investieren die Welt verbessern kann.

Zwischen dreißig und siebzig Euro kostet die Teilnahme an ihren Workshops. „Mein Ziel ist es, die ­Financial Literacy, also die finanzielle Mündigkeit der Frauen im deutschsprachigen Raum zu erhöhen, damit sie sich aktiv um ihre Vorsorge und den Vermögensaufbau kümmern, aber auch über die Risiken Bescheid wissen“,

sagt Kravitz. Mittlerweile hat sie i­hren Job bei der Immofinanz gekündigt, um sich ganz dem Projekt zu widmen. „Es überrascht mich immer wieder, dass sich viele Frauen überhaupt noch nicht mit dem Thema beschäftigt haben, oder es aktiv verdrängen. Für viele ist der Pensionsschock der Mutter ein Anstoß, der zum Umdenken und Handeln bewegt“, erzählt die Investorella.

Ein Weg aus der Armutsfalle der Teilzeitarbeit Ein Blick in die Statistik zeigt, dass insbesondere Frauen Gefahr laufen, ihren Lebensstandard im Ruhestand stark einschränken zu müssen. Während Männer im Jahr 2018 durchschnittlich eine Pension von 2.232 Euro brutto im Monat bezogen, erhielten Frauen nur 1.133 Euro.

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I

ch habe an dem Tag gewonnen, an dem ich ins Kaffeehaus gehe und am Nebentisch zwei junge Frauen ganz selbstverständlich über ihre Vorsorgeinvestitionen reden“, sagt ­Larissa Kravitz. Ihre erste Aktie hat sie vor zwanzig Jahren gekauft und fühlte sich als Frau in der Finanzbranche häufig allein. Bis vor Kurzem war die 34-Jährige noch Risikomanagerin und Aufsichtsrätin bei der Immofinanz. „Ich dachte immer, dass Frauen sich nicht für Finanzen interessieren“, sagt sie.

Um ihr eigenes Vorurteil auf die Probe zu stellen, veröffentlichte sie im September 2018 einen Aufruf in der Facebook-Gruppe des Frauennetzwerks „Sorority“. „Make the markets female!

Wer hat Lust auf ein InvestmentWorkshop für Frauen?“ So lautete der Inhalt des Postings, das noch am selben Tag über 130 Kommentare von interessierten Frauen zählte.

FOTOS: SUNSHINE PHOTO, PEOPLE PICTURE, AVI KRAVITZ

BARBARA DURAS*

22.11.19 15:31

BILDUNG & SOZIALES

Workshops zur Stärkung des finanziellen Bewusstseins Mit ihrem Herzensprojekt, der unab­ hängigen Plattform „Damensache“ hat sich Marietta Babos zum Ziel gesetzt, über Finanz- und Altersvorsorge auf­ zuklären und möglichst viele Frauen dazu zu motivieren, in jedem Alter ein finanziell selbstbestimmtes Leben zu führen.

Neben einer kostenlosen Erstbera­ tung bietet sie regelmäßig Kurse an, um finanzielles Bewusstsein zu för­ dern und Berührungsängste mit dem Thema abzubauen. Für die Teilnahme wird kein Vorwissen benötigt. „Ich kann jungen Frauen nur mit­ geben, alle Möglichkeiten der finanzi­ ellen Vorsorge so früh wie möglich zu nutzen. Welche Form am besten ge­ eignet ist, hängt sehr stark vom Al­ ter und der persönlichen Risikobereit­ schaft ab. Ab dem Wechsel vom Studi­ um ins Berufsleben sollten aber etwa zehn Prozent des Nettogehalts in die finanzielle Selbstständigkeit investiert werden“, rät Babos.

Mit ihrem unabhängigen Berater­ team, das alle Fonds und Versicherun­ gen vermitteln kann, die es auf dem Markt gibt, will sie für jede Frau die passende Vorsorge finden. „Für mich ist es am wichtigsten, dass es den Frauen gut geht.“ Doch was hilft die beste Fortbil­ dung, wenn mit dem Thema Geld und Reichtum negative Gefühle wie Angst

GESUNDHEIT & NATURWISSENSCHAFTEN

European Studies

Informations- und Medienrecht

Investorella www.investorella.com Damensache www.damensache.at Cash for Business www.mutmachinstitut.at/ finanzworkshop *Redakteurin bei SHEconomy, einem neuen Wirtschaftsmagazin für Frauen.

und Unsicherheit verbunden bleiben?

Zudem wirken auch gesellschaftliche Rollenzuschreibungen, die Sozialisa­ tion und familiäre Vorbilder auf den persönlichen Umgang mit Geld ein. „Negative Glaubenssätze sind oft der Grund, dass Frauen es schwer ha­ ben, finanziellen Wohlstand zu errei­ chen“, weiß Bernadette Bruckner. Die kreative Allrounderin ist ganzheitliche Gesundheits-, Ernährungs- und Men­ taltrainerin und hat über die Jahre in­ novative, intuitive (Resilienz-)Metho­ den entwickelt.

Mithilfe dieser Mentalmethoden in Verbindung mit den wichtigsten Fi­ nanz- und Controlling-Werkzeugen will sie Geldblockaden mit der Wurzel beseitigen. „Finanzen sind speziell bei Frauen häufig mit dem Selbstwert verknüpft“, sagt sie. Um ihm Rahmen ihres „Cash for Business“ Tages-Workshops den größtmöglichen Erfolg zu sichern, fin­ det vor dem Seminar eine Analyse­ befragung der Teilnehmerinnen statt, um genau festzulegen, in welchem Be­ reich die „Erfolgsverhinderer“ zu fin­ den sind.

Im stolzen Preis von 360 Euro ist auch eine intensive Nachbetreuung inkludiert. „Trotzdem will ich meine Klientinnen eigentlich loswerden. Ab dem Zeitpunkt, ab dem sie mich nicht mehr brauchen, geht es ihnen nämlich nicht nur finanziell gut“, sagt Berna­ dette Bruckner fröhlich.

KOMMUNIKATION & MEDIEN

Wirtschaftsrecht

Cultural Management

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Supervision & Coaching

Master Zertifikat Risikoprävention und Katastrophenmanagement

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Philosophische Praxis

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MARIETTA BABOS, DAMENSACHE

INTERNATIONALES & WIRTSCHAFT

Studium Generale

Psychagogik

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„Ab dem Wechsel vom Studium ins Berufsleben sollten zehn Prozent des Nettogehalts in die finanzielle Selbstständigkeit investiert werden“

International Legal Studies

Early Care Counselling

WEITERBILDEN AN DER UNIVERSITÄT WIEN

Steuerrecht und Rechnungswesen

Zudem deckt sich unser Pensions­ system mit den realen Beschäftigungs­ verhältnissen unseres Arbeitsmarkts nur noch bedingt. Die Entwicklung der staatlichen Pensionen ist ungewiss. „Wir schlittern auf einen Pensions­ wandel ähnlich dem Klimawandel zu.

Junge Frauen müssen sich der Gefahr bewusst sein“, warnt Marietta Babos.

Die gebürtige Ungarin und studierte Makroökonomin wurde mit dem Thema Altersarmut konfrontiert, als ihrer früh verwitweten Mutter nur eine Pension nahe der Armutsgrenze zugesprochen wurde. „Da bin ich draufgekommen, dass meine Mama kein Einzelfall ist.“ Schon aufgrund ihrer Erwerbsbio­ grafie und Lebenserwartung müssen Frauen anders vorsorgen. „Nach der Ausbildung wird der Mann fürs Leben gefunden und der erste Kinderwunsch erfüllt. Bis dahin ist auch alles wun­ derbar“, erklärt Babos als selbster­ nannte Botschafterin im Kampf gegen die weibliche Altersarmut. Die Hauptursache für die Kluft bei den Pensio­ nen sei die bei Frauen weitverbreitete Teilzeitarbeit. „Mit der ersten Baby­ pause, meist gefolgt von einer zweiten, ist eine Frau durchschnittlich zwei bis vier Jahre weg vom Job. Wenn einige Jahre Teilzeit zugunsten der Kinder­ erziehung oder ein Knick in der Kar­ riere auf eine Scheidungsrate von über vierzig Prozent sowie eine längere Le­ benserwartung treffen, ist die Alters­ armut von Frauen vorprogrammiert.“

Human Rights

FOTOS: KLJH LKJH L

TR A D IN G KU RS : B IL D U N G : TH E MA 5/19 FALTER 48/19 15

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16 FALTER 48/19 T H EM A 5/ 19 : B I LD UNG : L E H RST U N D E N F Ü R RO BOTE R

Es gibt grundsätzlich zwei Methoden, Maschinen etwas zu lehren: „Supervised learning“ und „Reinforcement learning“

Wie man Maschinen lehrt Die Forschung der Künstlichen Intelligenz boomt. In Österreich gibt es nun neue Bildungsangebote, die lehren, wie man einer Maschine etwas beibringt

Eine der Fragen dabei: Wie lehrt man einem künstlichen System, damit es sich wie gewünscht verhält? Also etwa einem selbstfahrenden Auto, dass es bremst, wenn ein Kind auf die Straße läuft? Das Forschungsfeld, das sich damit befasst, heißt „Maschinelles Lernen“. In den Studienplänen hierzulande gewinnt das Fach an Bedeutung.

Es ist bemerkenswert, dass Sepp Hochreiter noch in Österreich lebt.

Der deutsche Informatiker und ­KI-Experte genießt internationale

TEXT: TOBIAS SCHMITZBERGER

Anerkennung, weshalb immer wieder lukrative Angebote auf seinem Tisch landen. Mehrmals schon hätte er ins Silicon Valley wechseln können. Stattdessen blieb der 52-Jährige an der Linzer Johannes Kepler Universität, wo er als Leiter des Instituts für Machine Learning heuer das österreichweit erste Studium für „Artificial Intelligence“ (englisch für KI) aufbaute.

Auch damit Linz künftig noch mehr Machine-learning-Experten erhält, wurde der Studiengang gegründet, schließlich ist dies ein Zukunftsthema. „Zweimal fragten Großunternehmen bei mir an, ob sie in Linz KI-Forschungslabore einrichten sollen“, sagt Hochreiter. „Doch ich musste absagen.“ Es gab hier nicht genug Spezialisten. „In solchen Labs arbeiten tausende Menschen. Nicht nur Forschende, sondern auch Software­ingenieure und Unterstützungspersonal“, erläutert

Hochreiter. Kein Wunder, denn das Feld ist komplex.

Maschinen können auf mehrere Arten lernen. „Die einfachste Form ist das „Supervised learning“, erklärt der Experte. Dazu braucht man so viele Daten wie möglich und leistungsfähige Computer, die sie verarbeiten können.

Die KI besteht aus neuronalen Netzen, die dem Gehirn mit seinen Neuronen nachempfunden sind. „Diesem neuronalen Netz legt man zum Beispiel ein Tierbild vor. Es soll erkennen, ob es einen Hund oder eine Katze darstellt“, sagt Hochreiter. Für jedes Tier gibt es eine Neuronart: Neuron Hund, Neuron Katze. Zeigt man dem System das Hundebild, muss sich das HundeNeuron aktivieren, während das Katzen-Neuron deaktiviert bleibt. „Wenn das neuronale Netz beim Hundebild antwortet, es sei eine ­Katze, ist das falsch. Dann muss man

FOTOS: UNSPLASH/FRANCK, LUZIA PUIU, JKU

S

chnell und schneller stößt die Künstliche Intelligenz (KI) in alle Lebensbereiche vor. Maschinen können Hautkrebs diagnostizieren, Lippenlesen und Autofahren.

Um die KI-Entwicklung ist ein weltweiter Wettbewerb entbrannt: Konzerne wie Amazon und Google investieren gewaltige Summen, um hier Fortschritte zu erzielen.

L E H RST U N D E N F Ü R RO BOTE R : B IL D U N G : TH E MA 5/19 FALTER 48/19 17

FOTOS: KJHG KJHG KJHG

bei diesem Bild jene synaptischen Verbindungen, die ‚Katze‘ auslösen, dämpfen, während man die Verbindungen, die ‚Hund‘ auslösen, verstärkt.“ Diesen Vorgang wiederholt man mit Millionen Bildern. Schließlich kann das System Hund und Katze unterscheiden, weil es durch das ständige Verbessern lernte, worauf es achten muss.

Weil das Thema Digitalisierung immer mehr an Bedeutung gewinnt, gibt es an der Technischen Universität (TU) Wien den neuen Studienzweig „Data Science“. „Wir bieten dazu einen Lehrgang und mehrere neue Lehrveranstaltungen zu Machine Learning“, sagt Sabine Theresia Köszegi, TU-Professorin für Arbeitswissenschaft und Organisation. Sie war Mitglied einer KI-Expertengruppe der Europäischen Kommission, in der sie Empfehlungen für die 27 EU-Länder ausarbeitete. „Künftig sollte man KI-Fächer in allen Curricula einführen“, verlangt ­Köszegi.

Schließlich sei die Technologie in fast jeder Branche einsetzbar, und zwar von der Landwirtschaft über die Medizin bis hin zur Psychologie. Daher müssten alle Ausbildungen nachziehen. Außerdem: „Viele Unternehmen suchen KI-Expertinnen und -experten, aber das Angebot an geeigneten Personen ist zu klein“, sagt sie. Vor allem gäbe es zu wenige Frauen in der KIBranche. Laut dem UNESCO-Bericht

„I’d blush if I could” etwa waren im Jahr 2017 nur zwölf Prozent der führenden Machine-learning-Forschenden weiblich.

Um das Interesse zu steigern, sollte man früh ansetzen und verhindern, dass Mädchen wegen verfestigter Geschlechterstereotypen das Interesse an technischen Fächern verlieren.

Auch interdisziplinäre Studiengänge könnten die Situation laut ­Köszegi verbessern, etwa, indem man technische Studien um sozialwissenschaftliche Fächer ergänzt: „Das könnte junge Frauen anziehen, die sich sonst für die Sozialwissenschaften entscheiden.“

„Die Verbindung von Sozialwissenschaften und Technik könnte mehr junge Frauen zum Technikstudium bringen“ SABINE THERESIA KÖSZEGI, TU WIEN

In Wien gibt es eine weitere Institution, die sich mit KI-Forschung befasst. Im Februar gründete Hochreiter mit Kollegen aus Wien und Zürich das „Institute of Advanced Research in Artificial Intelligence“ (IARAI). Über eine Stiftung wird das Institut vom Geodatendienstanbieter HERE finanziert, auf fünf Jahre stehen 25 Millionen Euro zur Verfügung. Durch die Stiftung bleibe die Unabhängigkeit des IARAI garantiert, so Hochreiter.

Im Fokus liegt hier das „Reinforcement learning“, eine weitere KI-Lernmethode. Beim Supervised learning lernt die KI für jede einzelne Aktion, ob sie richtig ist, ob Hund oder Katze. Beim Reinforcement learning bekommt die KI komplexere Aufträge.

Sabine Theresia Köszegi, TU Wien

Sepp Hochreiter, Universität Linz

„Sie soll etwa einen Turm bauen. Bei dieser Aufgabe weiß man erst am Ende, ob er steht oder nicht“, erklärt Hochreiter. Wenn die Künstliche Intelligenz nur einen Stein falsch legt, stürzt er ein. „Das ist ähnlich wie wir Menschen etwas lernen: Wir setzen viele Aktionen um und sehen erst am Ende, ob wir erfolgreich sind.“ Der Lernprozess ist schwieriger, ermöglicht aber komplexe Simulationen.

Die Forschung an dieser Methode soll im IARAI vorangetrieben werden. Dabei helfen große Datenmengen. HERE stellt umfangreiche Geodaten zur Verfügung. „Ich möchte so auch Modelle entwickeln, die den Klimaschutz unterstützen“, sagt Hochreiter. Zum Beispiel wären Simulationen der Stadt Wien möglich, in denen das Verkehrsaufkommen nachgebildet wird. In der simulierten Stadt könnte man verschiedene Maßnahmen und deren Auswirkungen, etwa bei veränderten Ampelschaltungen, testen. So wäre messbar, ob durch die Veränderungen weniger mit dem Auto gefahren wird. „Mit einer guten Simulation kann man viele Prozesse klüger und effizienter machen.“ Beim Maschinellen Lernen ist es wohl wie beim Klimaschutz: Es gibt noch viel zu tun.

Menschen wie Sepp Hochreiter und Sabine Theresia Köszegi wollen dafür sorgen, dass Österreichs KI-Forschung dabei nicht ins Hintertreffen gerät.

Praktisch ist auch theoretisch am besten.

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18 FALTER 48/19 T H EM A 5/ 19 : B I LD UNG : STA RT- U P - C E N TE R

D

er Begriff „Start-up“ bezeichnet ein Unternehmen mit einer innovativen Geschäftsidee, das Produkte verkauft, die es am Markt noch nicht gibt. Bis vor nicht allzu langer Zeit war der Begriff auch mit unternehmerischem Hasard assoziiert. Doch diese Zeiten sind vorbei. Auch in Österreich sind Start-ups fixe Faktoren der Wirtschaft. Einige wie die FitnessApp Runtastic oder die FlohmarktPlattform Shpock sind für dreistellige Millionenbeträge verkauft worden.

Im Vorjahr erwirtschaftete fast jedes zehnte Start-up einen Umsatz von mehr als einer Million Euro, wie das Wirtschaftsmagazin trend berichtet.

Derzeit erregt das Wiener Start-up Viewpointsystem, das Konzerne wie Coca-Cola, Heineken oder den Maschinenhersteller Plasser & Theurer zu seinen Kunden zählen kann, weltweites Aufsehen. Ursprünglich aus einem Spin-off der BOKU, einer Unternehmensgründung mit direkter oder indirekter Beteiligung der Universität hervorgegangen, produziert es Brillen, durch die mittels Augenbewegungen Daten abgerufen werden können.

7.500 Euro und mehr kostet das Teil, das in einigen Jahren das Smartphone ablösen soll und in der Seestadt

Dem Start-up-­Hype der letzten Jahre trägt auch der universitäre Bereich zunehmend Rechnung. An e­ inigen FH sind Start-upCenter entstanden TEXT: BRUNO JASCHKE

Aspern produziert wird. Nicht zuletzt dank einer EU-Innovationsförderung von 2,3 Millionen Euro nahmen Firmenchef Nils Berger und seine fünfzig Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vom Plan, nach Silicon Valley zu übersiedeln, Abstand und investierten in den vergangenen drei Jahren rund zehn Millionen in den Wiener Standort.

Dem Start-up-Hype der letzten Jahre Rechnung tragend, haben mittlerweile viele Start-up-Center eröffnet, die Interessenten für die Anforderungen und Risiken einer Unternehmensgründung fit machen. Diese Welle hat auch den Hochschulbereich breitflächig erfasst: Entrepreneurship wird mittlerweile an vielen Universitäten gelehrt und durch universitäre Netzwerke forciert.

In Wien haben sich sechs Universitäten, BOKU, WU, MedUni, TU, Akademie der Bildenden Künste und Veterinärmedizinische Universität im Entrepreneurship Center Network (CEN) zusammengeschlossen. Es informiert über lokale Start-ups, Investoren, Inkubatoren, Co-Working Spaces und stellt Online-Tools für Businesspläne, Geschäftskonzepte, Steuer- und SVBerechnungen zur Verfügung.

Start-up-Center im engeren Sinn bieten einige Fachhochschulen an.

Auch in den Bundesländern. So hat seit 2016 die FH Salzburg ein Startup-Center. Es ist Teil der „Initiative Startup Salzburg“, die laut Eigendarstellung „angetreten (ist), um Salzburg zur gründerfreundlichsten Region Österreichs zu machen“. Die Netzwerkorganisation vereint die Kompetenzen von vier Salzburger Institutionen und hat eigene Start-upServicepoints aufgebaut: Land, ITG – Innovationsservice für Salzburg, Wirtschaftskammer sowie Fachhochschule und Universität.

Die Betreuung und Schulung der Entrepreneure in spe erfolgt am FH Salzburg Start-up Center wie an den meisten Start-up-Centern auch in zwei Phasen. Die erste ist die sogenannte (Pre-)Seed-Phase: Hier werden Ideen diskutiert, Geschäftsmodelle entwickelt, evaluiert und reflektiert. Kriterien sind in diesem ersten Schritt noch keine zu erfüllen und es gibt auch noch keine finanziellen Mittel.

Das ­FHStart-up Center zeigt sich vorrangig offen für alle innovativen, wissensintensiven Gründungsideen. „Dieser Phase messen wir sehr große Bedeutung zu, weil eine sorgfältige durchdachte Vorbereitung ungemein wichtig ist“, betont Natasa ­Deutinger,

FOTOS: VIEWPOINTSYSTEM/CHRISTIAN MARICIC (4), FRIESE (1)

Kaderschmieden für Innovatoren

STA RT- U P - C E N TE R : B IL D U N G : TH E MA 5/19 FALTER 48/19 19

„Österreich ist im Bereich Start-up sehr gut mit öffentlichen Förderungen aufgestellt“ NATASA DEUTINGER, FHSTARTUP-CENTER SALZBURG

Wird in der Seestadt in Wien entwickelt und soll das Smartphone ablösen: Viewpointsystem von Nils Berger

die Leiterin des FHStart-up Centers, die vordem dreieinhalb Jahre als Projektmanagerin im Inkubator der Europäischen Weltraumorganisation ESA tätig gewesen war und Start-ups mit Bezug zur Raumfahrttechnologie betreut hatte.

Wie lange die Seed-Phase dauert, hänge von Fall zu Fall ab. „Manche sind schon in drei Monaten bereit, den Schritt in die Umsetzung zu gehen, bei anderen kann es aufgrund des Reifegrads der Idee und den technischen Anforderungen auch zwei Jahre dauern.“ In der zweiten Phase, der Pre-Startund Start-Phase, geht es an das Umsetzen. Die Begleitung in dieser Periode dauert bis zu achtzehn Monate. Sie beginnt mit der erfolgreichen Beurteilung eines Proposals, in dem Bewerber ihr Geschäftsmodell und den Fahrplan skizzieren. Die vielversprechendsten Projekte werden zu FH-Start-up-Fellows, individuell gecoacht und mit Arbeitsplatzinfrastruktur versorgt. „Die wenigsten kommen wegen der Büroräumlichkeiten. Es sind die Expertise und das Umfeld, die für sie wichtig sind“, betont Deutinger. In den drei Jahren, die das FHStart-up Center nun besteht, haben es am Campus

Urstein von 127 „Ideeninhabern“ vierzehn zum Fellowship geschafft. Auch wenn sie bereits auf eigenen Beinen stehen, bleibt die Verbindung der Fellows mit dem Center aufrecht. „Die Fellows helfen einander auch untereinander“, erzählt Deutinger. „Das hat fast Ökosystem-Charakter.“ 2018 hat das Start up-Center der Fachhochschule Wiener Neustadt den Betrieb aufgenommen. Vor Kurzem ist es in den neuen Campus übersiedelt. Unternehmen wie das accent Gründerservice, die WKÖ Niederösterreich, A1, die Innovationsberatung WhatAVenture, der Innovationshub weXelerate oder das austria wirtschaftsservice (aws) zählen zu ihren Netzwerkpartnern.

Das FHWN Start Up-Center fördert vor allem Innovationen der eigenen Studierenden, Alumni und Mitarbeiter. „Natürlich, wenn jemand aus der Region, der nicht an der FH studiert, mit einer interessanten Idee kommt, schicken wir ihn auch nicht weg“, sagt Thomas Wally, Leiter des FHWN Start-up-Centers.

Das Aufnahmeprocedere geht den üblichen Weg über Begutachtung und Diskussion eines Konzepts in der Pre-Seed-Phase bis zur Gründung.

Nils Berger, CEO und Eigentümer Viewpointsystem

Natasa Deutinger, ­FHStartupCenter Salzburg

­ rühzeitig wird Wert auf das Feedback F vom Markt gelegt. Zündet der Funke nach drei Jahren noch immer nicht, wird die Kooperation beendet. „Es kann aber auch sein, dass wir ein Unternehmen zu einem unserer Partner schicken, wenn wir meinen, dass es dort besser aufgehoben ist“, erklärt Wally.

Die besten Teams kommen in das Accelerator-Programm, in dem sie von Mentoren, Investoren, Unternehmen, Service- und Vertriebspartnern bei der Entwicklung ihrer Geschäftsmodelle unterstützt werden. In wöchentlichen Working-Sessions und regelmäßigen Workshops werden die Teams auf den finalen Pitch vor einer Jury von ausgewählten Experten und Expertinnen und Investoren beim Demo-Day im Juni vorbereitet.

Die Unternehmen bleiben auch hier noch nach ihrem Markteintritt in der Obhut des Start up-Centers, dessen Hilfe sie in etlichen Bereichen immer noch gut brauchen können. „Vertrieb ist immer ein Thema“, erklärt Wally. „Unternehmen können Unterstützung bei der Erweiterung des Kundennetzwerks, beim Marketing und bei neuen Medien brauchen.“ An der FH Campus Wien, Österreichs größer Fachhochschule, können Interessenten nach erfolgreich absolviertem Hearing ein Jahr lang kostenlos die sich insgesamt auf 500 Quadratmeter erstreckenden Räumlichkeiten des Start-up Corners nützen. Diese bieten mit Robotern, Drehbänken, Fräsmaschinen, Schweißgeräten, 3DDruckern und einer Lasersinteranlage für Kunststoffe technologieorientierten Start-ups umfangreiche Möglichkeiten. Über die sieben Departments soll der interdisziplinäre Austausch gefördert werden. Partner des Start-up Corners sind der High-Tech-Inkubator der Stadt Wien, INiTS, der den Aufbau von Start-ups mit umfangreichen Sachleistungen wie Büro- und Infrastruktur, Netzwerken und Coaching unterstützt, das Immobilienverwaltungs- und Assetmanagementunternehmen IVAM sowie die wirtschaftsagentur wien, ein Fonds der Stadt Wien.

Es mangelt also nicht an Möglichkeiten und Plätzen für Start-ups. Welcher Schwierigkeiten sollten sie sich bewusst sein, auf welche potenziellen Fallen sollten sie achten, wenn sie ihre Visionen in Unternehmensform organisieren? „Das Über- oder Unterschätzen der eigenen Idee“, sagt Natasa Deutinger von der FH Salzburg. „Auch das Unterschätzen von Notwendigkeiten, etwa indem man spät draufkommt, dass man weitere Teammitglieder, etwa Entwickler braucht.

Rechtzeitig auf die Liquidität schauen. Österreich ist an sich sehr gut mit öffentlichen Förderungen aufgestellt.

Momentan ist eine gute Phase mit Geld am Markt, aber man muss sich rechtzeitig und vor allem strategisch darum kümmern.“

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Zusätzlich zu öffentlich finanzierten Studienplätzen finanziert Strabag SE fünf Studienplätze im Master Bauingenieurwesen an der FH Campus Wien

Spender aus der Privatwirtschaft gesucht

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ie österreichische Industrie beklagt einen dramatischen Mangel an Fachkräften. Gleichzeitig musste die FH Technikum Wien im Herbst 2018 eintausend qualifizierte Bewerber und Bewerberinnen wegen fehlender öffentlicher Mittel abweisen.

Und auch 2019 gab es keine neuen öffentlich finanzierten Studienplätze, dafür über 1.500 Bewerber. Zumindest acht von ihnen konnte geholfen werden, denn die FH Technikum finanzierte zusätzliche Plätze durch webbasiertes Crowdfunding.

Passenderweise spendeten vor allem Unternehmen, die besonders am Fachkräftemangel leiden: Siemens, Schrack-SEconet, Kapsch-Group, Iteratec, Signon Österreich, Axians ICT Austria, Kloeckner Metals, Sawczynski & Partner, Gebauer & Griller, ­Electro-Terminal, Liebherr, ZKW, Team Communication ­Technology.

TEXT: BRUNO JASCHKE

Wilhelm Behensky, FH Campus Wien

Gabriele Költringer, FH Technikum Wien

Auch der Fachverband der Elektround Elektronikindustrie ließ sich nicht lumpen. Zuwendungen kamen aber auch von Einzelpersonen, vor allem, wie es FH-Technikum-Geschäftsführerin Gabriele Költringer beabsichtigt hatte, von Alumni der Hochschule, die den Wert eines guten Studienplatzes und die damit verbundenen Möglichkeiten zu schätzen wissen.

Europaweit sei diese Strategie, mehr Studienplätze zu ermöglichen, einzigartig, behauptet die FH, die mit dem Projekt nicht nur Geld generieren, sondern auch öffentliches Bewusstsein für die Diskrepanz von Angebot und Nachfrage an technischen Fachkräften wecken will. Tatsächlich stellt sich hier die Situation etwas absurd dar: Jahrelang war beklagt worden, dass es schwierig sei, junge Menschen für technische Berufe zu begeistern. Nun, da endlich genügend Interessenten da sind, wird ihnen kein

Platz geboten. Die FH Technikum Wien wird weiterhin Studienplätze durch Crowdfunding und Spenden finanzieren, bestätigt Pressesprecher Jürgen Leidinger. Allerdings in etwas modifizierter Form. Genaueres wird man im Frühjahr präsentieren.

Probleme in ethischer Hinsicht sieht Leidinger mit dem Modell Crowdfunding nicht. „Wir sprechen hier von zwei Prozent gegen 98 Prozent öffentlicher Mittel. Sicher, wenn sich die Relation zur Mitte hin verschieben würde, müsste man das Modell ethisch hinterfragen.“ Nachsatz: „Natürlich wäre es uns lieber, wenn wir zu hundert Prozent öffentlich finanziert würden.“ Die Finanzierung von Hochschulleistungen durch private Mittel ist natürlich nicht unumstritten. „Bei Crowdfunding ist in der Regel eine Gegenleistung erforderlich, also zum

FOTOS: FH CAMPUS/SCHEDL (2), FELIX BÜCHELE (1)

Immer mehr Hochschulen sehen sich gezwungen, Teile ihres Betriebs aus Zuwendungen von privater Seite zu generieren. Die FH Technikum setzt auf Crowdfunding

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Beispiel in Form stiller Beteiligungen am Gewinn im Unternehmenssektor. Spenden würden, da es keine Gegenleistung gibt, eine Kultur des Gebens erfordern, die wir so in Österreich nicht haben. Eher gibt es sie in den Bereichen Sport und Kunst als im Bereich der Bildung“, sagt Harald Badinger, Vorstand des Instituts für Internationale Wirtschaft an der WU. „Crowdfunding und auch Spenden sind keine denkbare Option für die WU, wenn es darum geht, den Lehrbetrieb zu optimieren. Denn die Lehre ist eine hoheitliche Aufgabe und daher staatlich zu finanzieren. Ergänzende Finanzierungen sollten über einen langen Zeitraum stabil sein, dafür sind die Varianten Crowdfunding und Spenden zu volatil.“ In bestimmten Bereichen sind indes auch bei der WU private Gelder im Einsatz: „Spenden fließen unter anderem in die Forschungsförderung, in die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses oder in Stiftungsprofessuren.“ Vorstellbar sind sie für Badinger außerdem auch, „wenn es darum geht, neue Räume für die Universität zu erschließen, für Stiftungsprofessuren und natürlich auch für Forschungsprojekte oder Lehr- und Forschungspreise“.

Wie sich herausstellt, kommt kaum eine Hochschule ganz ohne private Mittel aus. Vor allem bei Fachhoch-

schulen zeigt sich Bedarf an privaten Unterstützungen. Die Geschäftsführung der FH Wiener Neustadt formuliert, was vielfach der Politik als Versagen zugeschrieben wird, recht diplomatisch als frommen Wunsch: „Die Fachhochschule Wiener Neustadt hat vollstes Vertrauen in den Ausbau des FH-Sektors durch die Bundesregierung und das Land Niederösterreich, aber wir stehen allen Formen alternativer Finanzierungsoptionen offen gegenüber.“ Wilhelm Behensky, Vorsitzender der Geschäftsleitung der FH Campus Wien, bekennt sich dagegen recht klar zu verstärkten Partnerschaften mit Unternehmen: „Zusätzlich zu den öffentlich finanzierten Studienplätzen finanziert etwa Strabag SE fünf Studienplätze im Masterstudium Bauingenieurwesen-Baumanagement, darüber hinaus erhalten sieben Studierende von Strabag SE ein Stipendium. Die Bosch-Gruppe Österreich finanziert zwei zusätzliche Studienplätze im Department Technik. Weitere Unternehmen haben uns signalisiert, dass sie Studienplätze finanzieren möchten, da sind wir gerade in Gesprächen. Wir überlegen weitere Aktivitäten, um mehr der dringend benötigten Studienplätze finanzieren zu können. Crowdfunding wäre auch ein Weg dazu.“ Auch die FH Joanneum in Graz stellt Studienplätze auf

„Spenden fließen in Forschungsförderung, die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses oder in Stiftungsprofessuren“ HARALD BADINGER, WU WIEN

das ­ökonomische Fundament einer Kooperation mit Unternehmen. Den Masterlehrgang „System Test Engineering“, den die Fachhochschule im Herbst dieses Jahres gestartet hat, finanzieren neun Unternehmen: Der Mikroelektronik-­Cluster Silicon Alps sowie die acht Industrieunternehmen Advantest Corporation, AKKA Technologies, ams AG, AT&S, AVL List, Infineon Technologies, Magna Interna­ tional und NXP Semiconductors übernehmen zur Gänze die Lehrgangskosten in der Höhe von rund 25.000 Euro pro Person. Sechzehn Studienplätze sind damit gesichert. Auch hier deckt sich karitatives Handeln mit logistischem Bedarf: In zahlreichen Industriezweigen, etwa der Halbleiterindustrie und Automobilbranche, ist aufgrund des technologischen Fortschritts der Bedarf nach Systemtestingenieuren drastisch gestiegen.

Seit 2015 unterhält die FH Joanneum auch ein Spendenkonto für Geflüchtete. Aber nicht nur diesen, sondern der gesamten Hochschule soll das noch immer laufende Projekt zugute kommen. Diese Spenden ermöglichen der Fachhochschule die Veranstaltung von Deutschkursen, Ausbildungsprogrammen, Integrations- und Diversitätsmaßnahmen.

Crowdfunding ist jedoch an der FH Joanneum auf absehbare Zukunft kein Thema.

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Prophet mit Burnout-Syndrom

W

ir alle fühlen uns hin und wieder ein wenig ausgelaugt. Für manche geht die Erschöpfung weit darüber hinaus. Tobias (Name von der Redaktion geändert) hat das erlebt. „Ich wollte immer für etwas brennen“, sagt er.

Dann ist er ausgebrannt.

Die Veränderung beginnt langsam.

Der lebenslustige Mensch – für jeden Spaß zu haben, stets ein Lächeln auf den Lippen, immer da, wenn man ihn braucht – verliert seinen Elan. Statt wie gewohnt schwungvoll in den Tag zu starten, quält er sich jeden Morgen aus dem Bett. „Ich konnte mich zu nichts mehr motivieren. Das war jeden Tag ein Kampf “, erzählt Tobias. Im Büro ist er dünnhäutig, reagiert gereizt und aggressiv. Zuhause verfolgt ihn die Arbeit weiter. Er verheddert sich in Gedanken, aus denen er keinen Ausweg findet. Privatund Sozialleben übersteigen bald seine Kräfte. „Nach der Arbeit noch Leute zu treffen, irgendetwas Schönes erleben, dafür war einfach keine Energie mehr da“, sagt er. Seine Lebensgefährtin überredet ihn schließlich, zum Arzt zu gehen. Die Diagnose: Burnout. „Burnout ist eine multifaktorielle Stressreaktion, die durch massive Erschöpfung auf der körperlichen, geistigen und seelischen Ebene gekennzeichnet ist“, erklärt Lisa Tomaschek-­ Habrina, Leiterin des Departments Burnoutprävention und Resilienztraining der European Systemic Business Academy (ESBA). Antriebslosigkeit, Gereiztheit, Kopfschmerzen, Atemnot, Schlafstörungen, Depressionen, Ängste – jeder reagiert anders. „Stressreaktionen manifestieren sich an Schwachstellen des Körpers und das ist bei jedem unterschiedlich.“ Tomaschek-­ Habrina spricht daher auch von „häufigen Symptom-­Clustern“ ­statt von charakteristischen Verläufen. Der

Burnout ist so alt wie die Menschheit – nur hieß es nie so. Mittlerweile beschreibt das Wort einen Komplex an Problemen, die zu körperlichem und seelischem Leid führen können TEXT: SOPHIE HANAK

Lisa TomaschekHabrina, European Systemic Business Academy

heute 42-jährige Tobias arbeitet seit achtzehn Jahren in unterschiedlichen Positionen im IT-Bereich eines großen österreichischen Konzerns. Lange Zeit hat seine Arbeit ihn erfüllt „Aber über die Jahre, durch den Wandel in der Firma und der Firmenkultur, habe ich mich irgendwann in einem System wiedergefunden, das mir emotional komplett widersprochen hat“, erzählt er. Mitarbeiter werden auf reine *Kostenfaktoren reduziert, für das Unternehmen zählt einzig der schnelle Profit. Die Anforderungen an Mitarbeitende sind einerseits hoch, andererseits wird es ihnen weder zugetraut noch ermöglicht, diese zu erfüllen. „Du wirst einfach allein gelassen“, beschreibt Tobias die Situation. „Es werden Sachen verlangt, dir aber die Mittel dazu nicht in die Hand gegeben. Du musst zum Beispiel Ergebnisse liefern, bekommst aber die nötigen Daten nicht.“ Eine kollegiale Gemeinschaft gibt es kaum mehr: „Wenn du deine Arbeit machen willst, bist du quasi gezwungen, gegen Kollegen zu kämpfen. Weil die auch ihre Aufträge haben und natürlich zuerst auf sich selbst schauen müssen.“ Tobias versucht trotzdem, seinen Werten treu zu bleiben. „Ich habe ernsthaft versucht, einen guten Job zu machen. Ich habe ernsthaft versucht, niemanden auszumanövrieren.“ Ein Kampf gegen Windmühlen. 2016 ist für ihn der Punkt erreicht, an dem er nicht mehr kann.

Ein zu hohes Arbeitspensum allein führt nicht ins Burnout, betont Tomaschek-Habrina. Sie beschreibt sechs wesentliche Faktoren: Arbeitsbelastung, Möglichkeiten der Mitgestaltung, Anerkennung, Gemeinschaft, Fairness und im Unternehmen gelebte Werte. Eine negative Bewertung

Nach zwölf Monaten nimmt ­Tobias seine Arbeit in Teilzeit wieder auf.

Acht Wochen später folgt ein vierwöchiger Reha-Aufenthalt. Eine Zeit, die er als hart, aber enorm hilfreich beschreibt. Am wertvollsten war für ihn folgende Erkenntnis: „Man ist nicht allein damit. Es gibt viele andere, die ähnliche Probleme haben.“ Schätzungen zufolge leiden hierzulande bis zu zehn Prozent der Erwerbstätigen an einem Burnout-Syndrom. Konkrete Zahlen zu Betroffenen in Österreich gibt es nicht. Das liegt vor allem daran, erklärt Tomaschek-Habrina, dass Burnout gemäß dem internationalen Diagnoseklassifikationssystem der WHO (noch) nicht als Krankheit klassifiziert ist, sondern lediglich als Einflussfaktor (Diagnoseschlüssel Z73.0). Das macht eine einheitliche Diagnostizierung unmöglich, ändert aber nichts an der Ernsthaftigkeit dieses Leidens.

Tobias ist seit Anfang 2018 regulär zurück im Job. „Ich bin aus finanziellen Gründen noch bei der gleichen Firma. Aber mit Absprungplänen“, betont er. „Die Belastbarkeit von früher habe ich heute nicht mehr. Ich sage mir, das geht halt jetzt nicht, davon geht die Welt nicht unter. Aber glücklich macht es mich nicht zu wissen, dass ich anders war und anders konnte.“ Er wirkt ein wenig traurig am Ende seiner Geschichte, aber nicht ohne Hoffnung.

Der alte Lebensmut blitzt wieder auf, ein Stück weit zumindest. Sein Plan ist, sich selbstständig zu machen. „Ich hoffe, dass ich zumindest annähernd das schaffe, was ich früher einmal geschafft habe“, meint er, „Wenn ich nicht immer gegen die gleiche Wand renne, sondern mir einmal eine neue Wand anschaue.“

FOTOS: SHUTTERSTOCK, PHILIPP LIPIARSKI

Burnout ist gemäß dem internationalen Diagnoseklassifikationssystem der WHO nicht als Krankheit klassifiziert, sondern lediglich als Einflussfaktor (Diagnoseschlüssel Z73.0)

von mindestens drei dieser Aspekte bedeutet, dass eine Burnout-Gefährdung vorliegt. „Vor allem die ersten drei Punkte werden meistens negativ beantwortet“, weiß die Burnout-Spezialistin. „Daran hat sich in den letzten zwanzig Jahren nicht viel geändert.“ Als ein ausschließlich für unsere Zeit typisches Phänomen sieht ­Tomaschek-Habrina das Burnout allerdings nicht: „Den Begriff gibt es zwar erst seit den 1970er-Jahren, aber ähnliche Beschwerdebilder bestehen, seit es die Menschheit gibt.“ Bereits der biblische Prophet Elias beispielsweise zeigt charakteristische Burnout-Symptome. „Die ersten zwei Monate habe ich nur auf der Coach verbracht“, beschreibt Tobias die Zeit nach seinem Zusammenbruch. „Der ganze Körper ist schwer, du bist komplett antriebslos. Du liegst und wartest, dass die Zeit vergeht. Ich kann nicht einmal mehr sagen, ob mir damals viel durch den Kopf gegangen ist. Ich glaube, ich bin nur apathisch herumgelegen – und das war’s.“ Irgendwann wird es leichter. Antidepressiva und Psychotherapie helfen, seine Lebensgefährtin und sein Freundeskreis sind wichtige Stützen.

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