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Unter der Sonne Siziliens
Im südlichen Sizilien steht eine der GRÖSSTEN UND FORTSCHRITTLICHSTEN BIORAFFINERIEN EUROPAS
Gebrauchte Speiseöle, tierische Fette und Reststoffe der Lebensmittelproduktion werden in Gela zu flüssigen Brenn- Und Kraftstoffen veredelt.
Gela hat Geschichte. Noch heute kann man hier die Überreste griechischer Tempel und der ehemaligen Akropolis besichtigen. Im Frühmittelalter wurde die sizilianische Stadt von einer zwölf Kilometer langen Stadtmauer und mehreren Wachtürmen eingefasst, die zum Teil bis heute erhalten sind.
In der Neuzeit wuchs die Bevölkerung auf 70.000 Menschen. Viele fanden am Hafen und in der großen Erdölraffinerie Arbeit. Bis diese im Jahr 2015 schloss.
Raffinerie wird „bio“
Gela hat Zukunft. Vier Jahre währte die Übergangsphase von der fossilen zur erneuerbaren Ära flüssiger Brenn- und Kraftstoffe. Bereits ab April 2016 wurde am Umbau der bestehenden Anlage gearbeitet. Mehr als drei Millionen Arbeitsstunden flossen in das Projekt. 2019 öffnete das ENI-Gelände in der Küstenstadt am Mittelmeer erneuert die Tore. lproduktion werden in Gela zu flüssigen Brenn- und Kraftstoffen veredelt.Über 1.000 Menschen sind in der Raffinerie beschäftigt.
Von außen besehen ist sie von einer herkömmlichen Raffinerie kaum zu unterscheiden. Der Rohstoff, der verarbeitet wird, ist jedoch nicht Rohöl, das in Pipelines herantransportiert wird. Stattdessen werden Abfälle in großen Mengen angeliefert. „Wir können praktisch jede Art von Biomasse in flüssige Brenn- und Kraftstoffe verwandeln“, versichert ENI-CEO Claudio Descalzi. Die Bioraffinerie von Gela produziert HVO-Produkte (HVO = Hydrotreated Vegetable Oil) mit Hilfe des patentierten Ecofining-Verfahrens. Die Technologie wird auch in einer zweiten Raffinerie in Porto Marghera nahe Venedig angewandt, der weltweit ersten Raffinerie, die in eine Bioraffinerie umgewandelt wurde.
Ein zweites Leben für Abfall Als Ausgangsstoffe dienen zu 85 Prozent Abfälle, darunter gebrauchtes Speiseöl, tierische Fette und Reststoffe der Lebensmittelproduktion. Hergestellt werden daraus klimafreundliche Brenn- und Kraftstoffe, vor allem HVO, aber auch BioNaphtha für die Weiterverarbeitung durch die chemische Industrie.
Nachhaltig wird die Produktion unter anderem durch den Einsatz erneuerbarer Energie aus einer Freiflächen-Photovoltaikanlage mit einer Leistung von fünf Megawatt. Die Range wird beständig ausgeweitet, so forschen die ENI-Spezialisten bereits an neuen Verfahren zur Kunststoffproduktion mit Hilfe erneuerbarer Rohstoffe.

Noch heuer soll darüber hinaus die Produktion von Biojet in Gela und Venedig anlaufen. Dabei handelt es sich um sogenannten SAF-Kraftstoff (SAF = Sustainable Aviation Fuel), der zu 100 Prozent aus biogenen Bestandteilen besteht und zu bis zu 50 Prozent mit konventionellem Kerosin gemischt werden kann.
Ob Luftfahrt oder Schiffsverkehr
In Summe sollen in den beiden Projekten bis zu 150.000 Tonnen Biojet jährlich aus erneuerbaren Reststoffen hergestellt werden. Der potenzielle künftige Bedarf des italienischen Marktes ließe sich damit vollständig decken. Schon heute ist ein 20%iger SAF-Anteil im „Bio-Kerosin“ von ENI enthalten. Eine sehr hohe Quote, wenn man bedenkt, dass die ReFuelEU-Initiative der Europäischen Union lediglich einen Mindestanteil von 2 Prozent SAF bis 2025 vorsieht.
Was von außen wie eine hochmoderne Ölraffinerie aussieht, ist tatsächlich eine Bioraffinerie.

Erst im Vorjahr wurde zudem ein Vertrag mit dem Bohr- und Bauschiff-Spezialisten Saipem abgeschlossen, der eine Flotte von 45 Schiffen im Mittelmeer im Einsatz hat. Durch Schiffstreibstoffe aus erneuerbaren Quellen soll diese in Zukunft dekarbonisiert werden. Ziel von Saipem ist die Verringerung der CO2-Emissionen um 550.000 Tonnen im Jahr.
Für die Ölheizung geeignet
Dass sich HVO von ENI problemlos für Ölheizungen eignet, wurde in Österreich bereits ausgiebig getestet. Im Rahmen eines EWO-Pilotprojekts, das in den Jahren 2018 bis 2022 in heimischen Haushalten lief, kam unter anderem das erneuerbar produzierte ENI-Produkt zum Einsatz (mehr darüber ab Seite 18).
Für den italienischen Mineralölkonzern ist das nachhaltige Vorzeigeprodukt unter anderem ein Weg, den CO2-Fußabdruck des eigenen Unternehmens zu verringern. „Wir arbeiten sowohl an unseren Industrieprozessen wie auch an den Produkten, um bis 2050 klimaneutral zu werden. Biofuels sind dabei eine wichtige Säule unserer Strategie“, so Vorstandsvorsitzender Giuseppe Zafarana.
„WIR KÖNNEN PRAKTISCH JEDE ART VON BIOMASSE IN FLÜSSIGE BRENN- UND KRAFTSTOFFE VERWANDELN.“
Claudio Descalzi, ENI


Europas. Gebrauchte Speiseöle, tierische Fette und Reststoffe der Lebensmittelproduktion werden in Gela zu flüssigen Brenn- und Kraftstoffen veredelt.
Europas. Gebrauchte Speiseöle, tierische Fette und Reststoffe der Lebensmittelproduktion werden in Gela zu flüssigen Brenn- und Kraftstoffen veredelt.