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Herbstgold 2021 - Programmbuch

Q&A HERBSTGOLD – FESTIVAL 2021 SARAH McELRAVY

Sie sind sowohl als Violinistin als auch als Bratscherin äußerst erfolgreich. Bevorzugen Sie ein Instrument?

Sarah McElravy: Die Geige war meine erste Liebe. Als ich fünf Jahre alt war, erinnere ich mich, dass mir Tränen in die Augen stiegen, als mein Lehrer in meiner allerersten Stunde den Bogen über die Saiten zog. Ich absolvierte zunächst mein Studium in Kanada und den USA als Geigerin und war dann sechs Jahre Erste Geigerin des Linden String Quartet. Ich habe mich auch schon immer für die Bratsche interessiert, hatte aber nie wirklich daran gedacht, sie zu lernen. Erst als ich nach Europa zog, hatte ich die Gelegenheit und die Zeit, mich intensiv mit dem Instrument zu beschäftigen. Als ich anfing, ernsthaft an der Spieltechnik und dem Repertoire zu arbeiten, begann meine Liebesaffäre mit der Bratsche! Meine unmittelbare Verbindung zu dem Instrument hat mich wirklich überrascht und ich bin der festen Überzeugung, dass jeder Geiger beide Instrumente spielen sollte. Ich spiele jetzt über 75 Prozent der Zeit auf der Bratsche und sie hat definitiv eine dominierende Rolle in meinem Musikleben eingenommen. Also um die Frage zu beantworten: Ich denke, ich würde die Bratsche wählen!

Was hat Sie am meisten inspiriert, Musikerin zu werden?

Sarah McElravy: Die Musik! Das Leben einer Musikerin kann ziemlich herausfordernd sein. Wir müssen unserer Arbeit äußerst kritisch gegenüberstehen, viele Stunden damit verbringen, alles, was wir präsentieren, zu analysieren, zu üben und neu zu analysieren. Wir müssen außerdem akzeptieren, dass wir den Großteil unseres Lebens unterwegs verbringen werden. Dennoch haben wir als Musiker das Privileg, die großartigste Musik aufzuführen, die je geschrieben wurde! Ich könnte mir einen Tag ohne Musik nicht vorstellen. Die Anforderungen an einen Musiker fördern täglich Wachstum und Entwicklung, da immer neue Herausforderungen und Hindernisse zu überwinden sind. Dafür bin ich sehr dankbar.

Wenn Sie sich für einen anderen Beruf entscheiden müssten, welchen würden Sie wählen und warum?

Sarah McElravy: Ich bin sehr leidenschaftlich, wenn es um Essen und Design geht! Ich liebe es, in jeder Stadt, die ich besuche, die lokale Küche zu entdecken und recherchiere immer gründlich, um sicherzustellen, dass ich die authentischsten und besten Restaurants finde. Je mehr ich reise, desto mehr wird mir bewusst, dass es so viele unglaubliche kulinarische Traditionen und Geheimnisse zu entdecken gibt. Ich habe auch eine große Leidenschaft für Design und liebe es, Architekten und Designer zu entdecken, die das Talent und das Wissen haben, sinnvolle Lebens- und Lifestyle-Räume zu schaffen. Die großen Architekten verbinden in ihren Arbeiten oft künstlerische Bezüge zu Literatur, Musik und Theater. Dieser Schnittpunkt der Künste interessiert mich sehr.

Joseph Haydn wird die Aussage zugeschrieben: „Meine Sprache versteht man durch die ganze Welt.“ Würden Sie als gebürtige Kanadierin, die in Wien lebt und die ganze Welt bereist, zustimmen?

Sarah McElravy: Musik ist definitiv eine universelle Sprache. Es ist ein wunderbares Gefühl, auf der Bühne zu sitzen und durch Körpersprache, Atmung, Rhythmus und Blickkontakt Ideen und Emotionen sowohl mit den Musikern auf der Bühne als auch mit dem Publikum zu erforschen und zu kommunizieren. Vielleicht hat Haydn die Universalität der Musik am besten verstanden und das hat ihn dazu inspiriert, die kommunikativste Kunstform zu erfinden – das Streichquartett!

Welchen Rat würden Sie angehenden Musikern geben?

Sarah McElravy: Arbeite hart, genieße das Leben und sei neugierig! Es gibt sehr wenig, was wir als Musiker kontrollieren können, daher ist mein aufrichtigster Rat, so aufgeschlossen und flexibel wie möglich zu sein.

SARAH McELRAVY

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Q&A HERBSTGOLD – FESTIVAL 2021 JANOSKA ENSEMBLE

Stichwort „Metamorphosen“: Wie sieht Eure Geschichte als Ensemble aus?

Roman Janoska: In unserem „Janoska-Style“ und generell in unserem Leben spielt es eine sehr große Rolle, dass wir alle aus derselben großen musikalischen Familie kommen, die spezifische Musiktraditionen schon über sieben Generationen hinweg weitergibt und bewahrt. Wir hatten das Glück, diese zu erlernen und zusätzlich auch noch bei den besten Professoren zu studieren. Doch die Weisheiten der Familie kann man auch auf der besten Hochschule nicht erlernen. Wir wussten alle schon von klein auf, dass wir die Familientradition, Musik zu machen, weiterführen wollen. Nachdem jeder von uns zunächst seinen eigenen Ausbildungsweg gegangen ist und in unterschiedlichen Projekten involviert war, führte uns das Schicksal jedoch schließlich wieder zusammen und wir gründeten das Janoska Ensemble.

Was ist das Besondere an Eurem Stil?

Ondrej Janoska: Unser „Janoska-Style“ ist unsere heutige Perspektive auf die klassische Musik. Diesen Stil haben wir selbst kreiert und ein ganz wichtiger Aspekt ist die Improvisation. Große Komponisten von früher wie beispielsweise Johann Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart oder auch Joseph Haydn waren Meister der Improvisation. Diesen „verlorenen Schatz“ der klassischen Musik wollen wir als Ensemble zurückbringen. Dabei ist die Klassik die Basis, zu der noch unterschiedliche Elemente aus dem Jazz, der Balkanmusik, aber auch aus der lateinamerikanischen oder traditionellen ungarischen Musik kommen. Dabei interpretieren wir aber nicht nur klassische Werke neu, sondern komponieren viele Werke auch selbst.

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Was verbindet Euch mit dem Schloss Esterházy und dem Burgenland?

František Janoska: Mit dem Namen Esterházy verbindet uns eine sehr lange Geschichte: Schon unsere Vorfahren haben vor ungefähr 150 Jahren im Schloss Esterházy in Galanta als Hausmusiker musiziert. Wir sind sehr glücklich, dass wir diese Tradition fortführen und hier im Schloss Esterházy in Eisenstadt als „Artists in Residence“ tätig sein können. 2017 haben wir sogar eine Esterhazy Rhapsodie im Auftrag der Esterhazy Stiftungen komponiert. Gemeinsam mit der Haydn Philharmonie haben wir sie im Haydnsaal uraufgeführt und sie wurde vom Publikum sehr gut angenommen. Ich glaube, jedem, der diese Esterhazy Rhapsodie hört, ist auch klar, was uns das Burgenland bedeutet: musikalische und kulturelle Vielfalt.

Welche Pläne habt Ihr dieses Jahr für die Weltmusik- und Jazz-Konzerte im Rahmen von HERBSTGOLD?

Julius Darvas: Für uns ist es wirklich eine große Ehre, dass uns Julian Rachlin damit beauftragt hat, dieses Jahr erstmalig als Kuratoren im Rahmen des HERBSTGOLD – Festivals tätig zu sein. Wir haben zwei ganz tolle Abende geplant: Bei der HERBSTGOLD Jazznite werden wir zum einen selber spielen und zum anderen haben wir einen weltbekannten Star eingeladen, nämlich Tony Lakatos am Saxophon, der bereits mit allen Jazzgrößen der Welt zusammen musiziert hat. Eigentlich wird es eine „Overnight“, das bedeutet, dass nach dem Konzert eine Jam-Session stattfinden wird, bei der junge Musikerinnen und Musiker aus der Umgebung ihr Instrument mitnehmen und nach dem Konzert mit uns gemeinsam zwanglos musizieren können. Der zweite Abend ist ein Balkan-Roma-Abend und hier ist es uns gelungen, den virtuosen Cymbalisten Giani Lincan zu engagieren. Die zweite große Attraktion ist die Balkan-Kultband Besh o droM, die verschiedene Stile miteinander vermischt wie beispielsweise jüdische Musik, Roma-Musik, Musik aus dem Balkan. Das werden also zwei ganz besondere Konzertabende.

JANOSKA ENSEMBLE

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