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Galerie Smend – Ort der textilen Kunst und des Kulturaustauschs / Interview mit Rudolf Smend

Interview von Sabine Müller mit Rudolf Smend

Galerie Smend – Ort der textilen Kunst und des Kulturaustauschs

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Seit beinahe fünf Jahrzehnten haben Batik und textile Kunst eine feste Adresse in der Kölner Südstadt: die Galerie Smend in der Mainzer Straße 31. Neben Ausstellungen ausgewählter Textilien und Werken internationaler Künstlerinnen und Künstler finden in den Räumlichkeiten der Galerie auch regelmäßig Batikkurse sowie Beratungen in Sachen textiler Kunst statt. Eine Reihe von Publikationen aus dem eigenen Haus sowie Diskussionsveranstaltungen bieten darüber hinaus Einblicke in die Kunst der Batiken und in eine umfangreiche Sammlung.

Herr Smend, 1972 reisten Sie damals mit einer Freundin auf dem Landweg von Köln aus durch Vorderasien, Afghanistan, Indien und Malaysia. Ihr Ziel war Australien, Sie wollten dorthin auswandern. Ihr Weg endete allerdings in Indonesien, wo Sie auf die Kunst der Batik stießen.

Das war im Februar 1973 in Yogyakarta auf Java. Die zentraljavanische Stadt galt als Zentrum der Batik-Kunst Indonesiens. Wir machten uns auf zum Taman Sari, dem Wasserschloss des Sultans, in dessen Umgebung sich eine ganze Reihe von relativ neuen Batik-Studios befand. Mit Gianto, einem der jungen Batik-Künstler, freundeten wir uns an. In seinen surrealistischen Bildern erkannten wir einen souveränen Umgang mit Wachs und Farbe, mit Linie und Fläche. Eine Woche lang führte er uns in die Technik des Batikens ein und brachte uns bei, das Canting, das Wachskännchen, einzusetzen, und am Ende kauften wir ihm einige Bilder ab. Unsere weitere Reise führte uns nach Bali, wo wir anderen Mitreisenden, die unsere Bilder sahen und Interesse an dieser Kunst zeigten, einen Besuch in Giantos Studio empfahlen.

Von einem interessanten Reiseerlebnis ist es aber gemeinhin noch weit bis zu einer zukunftsträchtigen Perspektive...

Auf Bali verwarfen wir den Plan von der Auswanderung nach Australien und fassten stattdessen den Entschluss, eine Galerie in Köln zu eröffnen. Wir kehrten zurück nach Yogyakarta und schlugen Gianto und seinen Künstlerkollegen vor, ihre Batiken zu erwerben und diese in unserer Galerie in Köln zu verkaufen. Bei unserem begrenzten Bargeld mussten wir sorgsam auswählen. So informierten wir uns im staatlichen BatikResearch-Institute über die Tradition der Batik, besuchten wichtige Batik-Manufakturen und lernten Meister wie Amri Yahya, Ardiyanto oder Bambang Oetoro kennen. Am Ende besaßen wir rund fünfzig Batik-Bilder unterschiedlicher Größe, traditionelle und moderne, eine bunte Mischung von Motiven vom Ramayana-Epos bis hin zu Hahnenkämpfen. Zurück in Köln hatten wir das Glück, dass mein früherer Vermieter das Haus in der Mainzer Straße sanieren lassen musste und er uns während der Bauphase die Räume zum Nulltarif überließ. Am 20. Juni 1973 eröffneten wir dann tatsächlich die BatikGalerie in der Kölner Südstadt.

Es wurden bereits bei der Eröffnung einige der ausgestellten Stücke verkauft, die Presse berichtete lebhaft und positiv. So ganz ohne fundierte Geschäftsidee und bestehendem Netzwerk in Deutschland – wie erklären Sie sich den Erfolg Ihrer Galerie?

Die Idee, eine Batik-Galerie zu eröffnen, fiel in eine Zeit, in der es eine starke Sehnsucht nach Fernöstlichem gab. Man erinnert sich nur an den Hype um Indien in dieser Zeit. Seit Anfang der 1970er Jahre gab es einen Flohmarkt in der Kölner Altstadt, weitere im Rheinland folgten. Hier konnte ich meine Produkte präsentieren und verkaufen. Überzeugt von der Qualität und dem Interesse meiner Bilder bewarb ich mich erfolgreich im gleichen Jahr um die Teilnahme am Internationalen Kunstmarkt in Düsseldorf. Im Folgejahr nahm ich erneut teil und es folgten weitere Messepräsenzen wie etwa auf der ART Basel. Ich erhielt Kontakt zur PRAbteilung der Dresdner Bank, die befand, dass exotische Batiken die richtigen Ausstellungsstücke in ihren Bankfilialen waren. Während einer zweiten Reise nach Indonesien erwarb ich weitere Batik-Bilder. Ich knüpfte mehr und mehr Bekanntschaften zu Fachleuten, Künstlern und Interessierten und baute ein Netzwerk aus. Zudem lernte ich, Ausstellungen zu gestalten und Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.

Ihre Bande mit indonesischen Künstlern und Kennern der Batik-Kunst hat sich seither gestärkt und weit verzweigt. Bald schon ging es Ihnen um weit mehr als Batiken zu erwerben und sie zu verkaufen. Sie entdeckten Ihr Interesse an historischen Batiken und am Sammeln.

Bei einem meiner Besuche in Yogyakarta lernte ich bei Ardiyanto, einem chinesischen Händler, bei dem ich häufig Batiken kaufte, einen Händler aus Semarang kennen. Er hatte alte und außergewöhnlich schöne Batiken zum Kauf angeboten, die sich stark von jenen Batiken unterschieden, die man normalerweise auf Märkten vorfindet. Wir verabredeten uns und er gab mir anschauliche Informationen über die indoeuropäische Batik-Tradition in Pekalongan, die „Batik-Stadt“ in der Nähe Semarangs an der Nordküste Zentraljava. Von ihm kaufte ich zwei Batiken, die mich mit ihren Signaturen auf die Spuren der BatikWerkstätten Elisabeth van Zuylen und Lien Metzelaar in Pekalongan führten. Der Grundstein für meine historische Batik-Sammlung war gelegt.

Neben thematisch spezialisierten Ausstellungen und Kursen in den Räumlichkeiten der Galerie vermitteln seit 1977 eigene Publikationen anschaulische Einblicke in die Traditionen des Batikens, der Seidenmalerei sowie der Kultur Javas bzw. Indonesiens. Enge Kontakte zu Museen und Fachleuten auch über das Rheinland hinaus ergänzen das Netzwerk. Kunstwerke aus Ihrer Sammlung fanden ihren Weg in andere Institution der Kunst und des kulturellen Austauschs.

1985 fand im Rautenstrauch-Joest-Museum für Völkerkunde am Ubierring das Internationale Symposium zum Thema „Indonesian Textiles“ statt. Experten von Rang und Namen nahmen daran teil. Als die Inhaberin des Auktionshauses Klefisch, Trudel Klefisch, nach geeigneten Räumen für eine Auktion suchte, bot ich unsere Räumlichkeiten in der Mainzer

Sarong, wahrscheinlich in einer arabischen Werkstatt in Pekalongan / Zenraljava, gefertigt, frühes 20. Jh., © Galerie Smend

Eröffnung der Ausstellung „Batik von Fürstenhöfen und Sultanspalästen“ am 20. Juni 2000 im Rautenstrauch-Joest-Museum am Ubierring, Köln. Zu Gast: Sri Sultan Hamengku Buwono X von Yoyakarta und GKR Hema; im Hintergrund: Kemben aus Baumwolle mit applizierter Seide, ca. 1920, © Galerie Smend

Straße an. So fand eine der ersten Auktionen indonesischer Textilien in Deutschland in unserer Galerie statt und internationale Experten waren bei uns zu Gast. 2000 hatten wir die Gelegenheit, im Museum einige Stücke unserer Sammlung auszustellen und die Publikation „Batiken von Fürstenhöfen und Sultanspalästen aus Java und Sumatra“ zu veröffentlichen. Der Kontakt zum Textilmuseum Krefeld kam über die Zusammenarbeit mit der Dresdner Bank zustande, die Batik-Bilder aus meinem Bestand ausstellte. 1979 richtete die Filiale in Krefeld eine internationale Batik-Ausstellung aus. Die damalige Direktorin des Krefelder Textilmuseums Dr. Brigitte Menzel hielt eine Einführung in die Geschichte der Batik. Dabei erfuhr ich von der Batik-Ausstellung im Jahre 1906 im Kaiser Wilhelm Museum. Einhundert Jahre später richteten wir dort die Ausstellung „Selected Masterpieces“ aus, zu der wir begleitend den Katalog „batik – 75 selected masterpieces – Sammlung Rudolf G. Smend“ veröffentlichten. Als 2005 der Grundstein für das neue Rautenstrauch-Joest-Museum gelegt wurde, machte der Sammler und HobbyEthnologe Dr. Borwin Lüth aus Hannover dem Museum eine Schenkung. Die Kuratorin Brigitte Khan Majilis sollte sich einige Batiken aus meiner Sammlung aussuchen, die zur Einweihung des Museums an prominenter Stelle ausgestellt wurden.

Textile Kunst ist enorm vielfältig, allein in Indonesien existiert eine Vielzahl von Techniken des Webens und der Färbung sowie der Motive. Sie blieben bei den Textilien aus Java.

Mit dem späteren Direktor des Deutschen Textilmuseums Krefeld am neuen Standort in Krefeld-Linn, Dr. Carl-Wolfgang Schümann, reiste ich 1980 drei Wochen lang durch Java und Bali. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich Vieles von ihm im Hinblick auf kulturgeschichtliche, architektonische und kunsthandwerkliche Zusammenhänge und Besonderheiten der textilen Kunst. Er vermochte es auch, meinen Blick auf andere Textilien zu lenken. Während dieser Reise erwarben wir eine stattliche Sammlung indonesischer Textilien für das Museum. Meine Sammeltätigkeit erweiterte ich im Zuge der Beschäftigung mit anderen Textilkünsten allerdings nicht. Ich blieb und bleibe bei Batiken aus Java. Die Batiken sind niemals langweilig und somit wird es das Sammeln auch nicht. Die Sammlung ist breit angelegt, auch wenn die Qualität der Textilien im Vordergrund steht, habe ich mich nicht etwa auf bestimmte Motive spezialisiert. So zeigt die Sammlung einen guten Überblick, wie reich die motivische Vielfalt ist.

Die Galerie Smend ist Begegnungsstätte und Ort des Kulturaustauschs. Seit vielen Jahren treffen sich Mitglieder der DIG für Versammlungen in ihren Räumen und in Kooperation finden Ausstellungen, Lesungen und Tanzveranstaltungen statt.

www.smend.de

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