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Aktivitäten der IWTMAA
Großmeister Leung Ting m London,1976
Ein Techniker erhält seine Urkunde, 1977
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Eine Klasse im jugoslawischen
Ein Vertreter einer suddeutschen Stadt überreicht offiziell sein Geschenk 1977


Langstock-Kampf (Chi-Kwan) vorgeführt durch Tarn Hung Fun 1977 im Hongkong Country Club Das "Hauptquartier m Neuseeland Der Leiter Tarn Hung Fun und seine ersten drei Schuler, 1976
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Unterrichts-System
Vor der Zeit des verstorbenen Großmeisters Yip Man wurden die Techniken des Wing Tsun Kung Fu geheim gehalten. Damals war die Reihenfolge und Art der zu lernenden Techniken beliebig, der Schüler sollte zur richtigen Zeit die entsprechende Technik v erwenden. Deshalb legten die Lehrer damals keinen Wert auf systematischen Unterricht. Es gab nicht einmal eine bestimmte Reihenfolge bei den drei Formen des Systems, und kein Schüler wurde genau so unterrichtet wie der nächste. So gab es auch beim Chi -Sau-Training keine Vorschriften, in welcher Reihenfolge die Techni ken unterrichtet werden sollten. Die Lehrer unterrichte ten so, wie es ihnen gerade richtig erschien, oder so, wie es die Schüler ertragen konnten. Eine Technik wurde dann eingeführt, wenn sie sich als notwendig erwies. Heutzutage ist Wing Tsun Kuen ein weitverbreiteter Stil. Die große Zahl seiner Anhänger macht es unmöglich, daß ein Lehrer nur ein paar auserwählte Schüler unter richtet. Bei einer großen Schülerzahl ist systematischer und programmierter Unterricht unumgänglich. Es kann nicht sein, daß ein Schüler eine Technik lernt, die sein Klassenkamerad nie gesehen hat. Um dem Schüler einer größeren Klasse einen lückenlosen Fortschritt zu ermöglichen, mußten genaue Unterrichtsprogramme geschaffen werden. Bei der Beschreibung der Unterrichtsmethoden gehen wir so vor: Wir erklären den Unterricht in der Klasse und geben eine genaue Liste des kompletten Unterrichts Systems, gehen auf die Techniken ein, auf die drei For men, die Holzpuppe, die Doppe lmesser. B e s o n d e r e Aufmerksamkeit wollen wir aber in diesem Band der Siu Nim Tau (1. Form) und ihrer Anwendung sowie der Chum Kiu (2. Form) und ihrer Anwendung w i d m e n . A m S c h l u ß erklären wir die sogenannten Ergä nzungsü b u n g e n . D a s sind Übungen zur Fußar beit, Arbeit am Wandsack, Konditionstraining, einarmiges Chi-Sau usw.
Das verbesserte Unterrichts-System
Wing Tsun Kung Fu ist durch Ng Mui, die buddhistische Nonne, entstanden. Sie mußte erleben, wie das Shao l i nKloster niedergebrannt wurde und wie Verräte r der M a n c h u-Regierung halfen, ihre Anhänger und andere rechtschaffene Leute, die die Ching -Dynastie stürzen wollten, um der Ming -Dynastie wieder zur Macht zu ver helfen, zu vernichten. Ng Mui zog sich zum Tai Leung Shan (Tai Leung-Berg) zwischen Szechwan und Y u n n a n zurück. Sie widmete sich noch mehr der Kampfkunst mit dem Ziel, ein neues Kampfsystem zu entwickeln, das dem alten Shaolin-Stil überlegen war. Auf diese Weise wollte sie sich dann an den Verrätern a m S h a o l i n-Kloster rächen. Schließlich erarbeite te sie eine Zahl von Kampfprinzipien, wie man mit Intelligenz brutale Kraft schnell und wirkungsvoll besiegen kann. Diese Kampftechnik sollte ursprünglich gegen die Ver räter am Shaolin eingesetzt werden, deshalb zielten die Techniken speziell darauf ab, die Bewegungen des damaligen Shaolin, die starr, kraftvoll und umständlich waren, zu kontern. Im Gegensatz dazu war dieses neu geschaffene Kung Fu einfach und anpassungsfähig. Im Shaolin-Kung-Fu dauert es viele Jahre, bis man nur die G r u n d t e c h n i k b e h er r s c hte. In diesem neuen Kampfsys tem hat man sich nur auf die nötigen Techniken kon zentriert und alles Überflüssige und Unnötige über Bord geworfen, so daß es viel schneller erlernbar ist. Das Shaolin betont hartes Training einer mechanischen Bewegung nach d er anderen, aber das neue System verläßt die alten Pfade, löst sich von dieser Tradition und fordert, daß man die Bewegungen nicht mecha nisch, sondern »nach Gefühl«, das heißt, wenn sie nötig sind, einsetzen soll. Ein Anwender dieser neuen Methode kämpft nicht nach festgelegtem Schema, son dern wendet die Techniken so an, wie sie sich gerade ergeben. So kann man mit Recht behaupten, daß dieses neue, von Ng Mui entwickelte Kampf -System in jeder Hinsicht das genaue Gegenteil des traditionellen S h a o l i n-Kung-Fu ist. Da Ng Mui mit diesem neuen System das traditionelle Shaolin-K u n g-Fu besiegen wollte, machte sie es nicht öffentlich bekannt, sondern hielt es geheim. Als sie jedoch erleben mußte, wie ein zartes Mädchen von e i n e m brutalen Kung-Fu-Meister bedrängt w urde, konnte die gutherzige Nonne nicht anders, sie nahm das Mädchen als Schülerin an und gab die Techniken an sie weiter. Das Mädchen, Yim Wing Tsun, machte das neue System dann erst bekannter, so daß es nach ihr »Wing Tsun« genannt wurde. Zwar wurde Wing Tsun dann von Generation zu Gene ration weitergegeben, aber ohne die Absicht, es öffent lich zu verbreiten. Dadurch umgab Wing Tsun immer n o c h der Schleier des Geheimnisvollen. Dies war noch so, als Yip Man das System erbte. Dieser Beschreibung des Urspru ngs des Wing Tsun müssen wir nicht unbedingt völligen Glauben 1 schen ken, fest steht jedoch, daß die Theorien, die Form und die Methoden dieses neuen Systems sich völlig von d e n e n des Shaolin-Stiles unterscheiden. Und es ist ohne Zweifel wahr, daß Wing Tsun Kuen von Erbe zu Erbe bis zu Yip Man im Geheimen weitergegeben wurde. Wie dem auch sein mag, der Wahlspruch, der heutzu tage für unser Wing Tsun Kuen gilt, heißt für mich: Wir wollen Wing Tsun verbreiten, auch wenn Ng Mui dies nicht gewünscht hat!« I c h bin der Meinung, daß Wing Tsun ein so gutes Kung Fu-System ist, daß es schade wäre, es für sich zu behalten. Das Wing-Tsun-Systöm verlangt, die Techniken so zu lernen und anzuwenden, wie es die Umstände erfor dern. Deshalb legten die früheren Lehrer überhau pt k e i n e n Wert auf einheitliche Unterrichtsprogramme. In der Tat nahm damals ein Lehrer sowieso nur zwei oder drei Schüler an, zu denen er gute persönliche Bezie-