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Une belle histoire

Was wäre Frankreich ohne die Liebe? Das Frankreich Magazin porträtiert die berühmtesten Liebespaare der Geschichte. In dieser Ausgabe: Napoleon Bonaparte und Joséphine de Beauharnais.

STÜRMISCH UND AUFRICHTIG Napoleon Bonapar�e & Joséphine Wie der kleine General sein Leben lang bei seiner extravaganten Kaiserin blieb.

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TEXT CHANTAL VAN WEES FOTOS IMAGESELECT

Die Liebe zwischen Napoleon Bonaparte und Joséphine de Beauharnais inspirierte zahlreiche Schriftsteller und Filmemacher. Es war eine Liebe voller Leidenschaft und gleichzeitig Zärtlichkeit, die das ganze Leben des französischen Staatsmannes andauern sollte. Der Überlieferung nach ist Joséphine eine hübsche, temperamentvolle Frau mit dunklem Haar und warmherzigem Auftreten, die viele Freunde hat. Sie wird auf Martinique als Tochter einer französischen Siedlerfamilie geboren, die dem niederen Adel angehört. Als junges Mädchen träumt sie davon, nach Paris zu gehen. Dieser Traum geht in Erfüllung, als sie im Alter von 16 Jahren den drei Jahre älteren Alexandre de Beauharnais ehelicht. Doch im Vergleich zu dem freien Leben auf ihrer tropischen Insel, wo sie die Tiere und Blumen um sich herum sehr genossen hat, kommt ihr Paris wie eine farblose Zwangsjacke vor. Auch die Ehe ist enttäuschend: Er findet sie dumm, weil ungebildet, sie findet ihn langweilig und gemein, weil er Affären mit anderen Frauen hat und sie ignoriert. Sie haben zwei Kinder, Eugène und Hortense, leben aber weitgehend getrennt. Die Ehe endet, als Alexandre während der Französischen Revolution unter der Guillotine landet. Als 1795 ein Gesetz erlassen wird, das den Bürgern den Besitz von Waffen in ihren Häusern verbietet, erinnert sich Joséphine daran, dass sie immer noch Alexandres Schwert herumliegen hat. Sohn Eugène, damals 14 Jahre alt, weigert sich hartnäckig, dieses Andenken an seinen Vater abzugeben. Könnte man da nicht eine Ausnahme machen? Der aufstrebende General Napoleon Bonaparte, damals 26 Jahre alt, ist der Einzige, der darüber entscheiden darf. Er ist gerührt von Eugènes Wunsch, streicht mit der Hand über sein Herz und überlässt ihm das Schwert. Als sich Joséphine einige Tage später im Hauptquartier persönlich bei ihm bedankt, verliebt sich Napoleon auf der Stelle. Und wie er auch sonst alles in seinem Leben angeht, lässt er nichts unversucht, um sie zu umwerben. Er liebt sie sofort, „mit der erhabenen ›

Ganz Frankreich ist überrascht, als Napoleon sich für diese ältere Frau mit zwei Kindern entscheidet

Linke Seite: 1804 ruft sich Napoleon zum Kaiser aus - Detail aus einem Gemälde von der Krönung in der Notre-Dame in Paris. Diese Seite: Porträt von Kaiser Napoleon I von (dem Atelier von) François Gérard (ca. 1805-1815); Porträt von Joséphine de Beauharnais.

Das Schloss Malmaison, liegt einige Kilometer westlich von Paris. Hier wohnten Napoleon und Joséphine. und romantischen Intensität eines sozialen Aufsteigers für eine Frau, von der er glaubt, dass sie seiner eigenen Klasse überlegen ist“, schreibt William Bolitho über Napoleon in seinem Bestseller Zwölf gegen das Schicksal.

Kluger Schachzug

Der berühmteste französische General, der auf dem besten Weg ist, sich zum Kaiser zu machen, ist von relativ einfacher Herkunft: korsisch, von niederem, verarmtem Adel. Daher ergreift er die Gelegenheit beim Schopf, in der französischen Armee zu kämpfen und dort Karriere zu machen. In ihm brennt das Feuer, seinem „Stern“, wie er es formuliert, zu folgen und ewigen Ruhm zu erlangen. Es ist ein kluger Schachzug, sich die beliebte Dame der Gesellschaft auszusuchen, deren Charme die Herzen mit demselben Elan erobert, mit dem er Schlachten gewinnt. Die dunkle Schönheit berührt ihn wirklich bis in die Seele; er tauft sie bald in Joséphine um, denn das klingt für ihn viel romantischer als ihr Rufname Rose. Joséphine gefällt seine Aufmerksamkeit sehr, aber sie ist nicht verliebt. Vielleicht, weil sie mit 32 Jahren kein Neuling mehr ist. Ganz Frankreich ist überrascht, als Napoleon sich für diese ältere Frau mit zwei Kindern entscheidet. Er kümmert sich nicht darum, schreibt ihr eine Kiste voller Liebesbriefe, aus denen die Flammen nur so schlagen, und macht weniger als ein Jahr nach ihrer ersten Begegnung einen Heiratsantrag. Viele seiner Liebesbriefe sind erhalten geblieben und scheinen eher der Feder eines aufgeregten Jugendlichen zu entstammen, als der eines Generals. Ein Beispiel: „Deine Tränen rauben mir den Verstand und setzen mein Blut in Brand. Glaube mir: Ich bin unfähig, auch nur einen einzigen Gedanken zu haben, der sich nicht um dich dreht, oder einen Wunsch, den ich nicht mit dir teilen könnte.“ Oder dieses: „Du wirst an meiner Seite sein, in meinen Armen, auf meiner Brust, an meinem Mund? Komm her, komm her... Einen Kuss auf dein Herz, und einen viel tiefer!“ Und das ist nur der erste Satz eines langen, leidenschaftlichen Briefes. Joséphine vertraut einer Freundin an: „Ich befinde mich in einem lauwarmen Zustand, den ich hasse“.

Aus Liebe oder aus Faulheit

Dennoch heiraten sie 1796. Er aus Liebe, sie aus Faulheit. Napoleon strebt eine große Karriere an und an seiner Seite kann sie glänzen. Und: eine Menge Geld ausgeben. Außerdem sichert es die Zukunft ihrer Kinder.

Wenige Tage nach der Trauung bricht er zu einem Feldzug nach Italien auf, in dem naiven Glauben, er lasse eine liebevolle Braut zurück. Es stellt sich bald heraus, dass dies nicht der Fall ist.

Schaden und Scheidung

Er schreibt ihr fast täglich, sie antwortet selten und hat Liebhaber. Ihre desinteressierte Antwort auf seine Bitten, ihn nach Italien zu begleiten, schockiert Pariser Kreise. Sein Herzschmerz ist groß, seine Siege auf dem Schlachtfeld schmälern den Schmerz nicht. Als sie endlich in Mailand ankommt und er zum Palast eilt, trifft er sie nicht an. Joséphine ist zu einer Party gegangen. Ein untröstlicher Napoleon schreibt ihr: „Ich komme in Mailand an, ich eile zu deiner Wohnung, ich habe alles verlassen, um dich zu sehen, um dich zu umarmen... du warst nicht da: Du feierst; du verlässt mich, als ich ankomme, du kümmerst dich nicht mehr um deinen lieben Napoleon. Eine Laune ließ dich ihn lieben, Unbeständigkeit macht dich gleichgültig. An Gefahren gewöhnt, kenne ich das Heilmittel für die Sorgen und Übel des Lebens. Das Unglück, das ich erlebe, ist unermesslich. (...) Ich bin bis zum 9. hier. Es soll dich nicht kümmern, Spaß zu haben ist dein Glück. Die ganze Welt deines Amüsement, während dein Mann allein und sehr unglücklich ist.“ Napoleon fühlt sich ungeliebt und betrogen. In den darauffolgenden Jahren liegt die Scheidung in der Luft. Joséphine erkennt allmählich den Schaden, den sie ihrer jungen Ehe zufügt, und bekommt Angst, ihn zu verlieren. Immerhin hat er sie inzwischen nicht nur zur Kaiserin gekrönt, Napoleon hat sich auch als guter Partner gezeigt. Schließlich lernt sie ihn doch noch lieben. „Der Kaiser war einer der besten Ehemänner, die ich je gekannt habe“, sagt Mademoiselle Avrillion, die erste Zofe der Kaiserin. „Wenn es ihr nicht gut ging, schob er seine kaiserlichen Angelegenheiten so lange wie möglich auf, um an ihrer Seite zu bleiben. Er empfand eine zärtliche Freundschaft für sie.“ Louis Constant, erster Diener des Kaisers: › Einer der leidenschaftlichen Briefe von Napoleon an Joséphine; Napoleon überquert die Alpen, Gemälde des Franzosen JacquesLouis David.

Die Liebesbriefe scheinen eher der Feder eines aufgeregten Jugendlichen zu entstammen, als der eines Generals

Napoleon teilt Joséphine das Scheidungsdatum mit, 1809. „Wie rührend war dieser kaiserliche Haushalt! Voller Aufmerksamkeit und Respekt für Joséphine küsste der Kaiser sie gerne auf den Hals, auf das Gesicht, liebkoste sie und nannte sie »mein großes Tier«. Und sie las am Abend ihrem kaiserlichen Gemahl gerne vor!“ Ihr Versäumnis, ihm einen Erben zu schenken, wird zu einem großen Problem. Auch wenn ihn das nicht daran hindert, ihren Kindern ein guter Stiefvater zu sein. Während Napoleon Europa mühelos seinen Willen aufzwingt, hat er in seinem eigenen Haus kaum Mitsprache. Sogar bei Joséphines Hund Fortuné hat er nichts zu sagen: Zu seinem Freund Antoine-Vincent Arnault sagt er über das kleine Tier: „Siehst du diesen Herrn hier, er ist mein Rivale. Er war im Bett von Madame, als ich sie heiratete. Ich wollte ihn rauswerfen, aber es war zwecklos, man sagte mir, ich solle mich entscheiden, entweder woanders zu schlafen oder das Bett mit ihm zu teilen.“ Joséphine gibt gerne viel Geld aus und macht Schulden. Napoleon ist ein Mann der Ordnung und der Regelmäßigkeit und gewinnt große Schlachten durch sein Genie, aber es gelingt ihm nicht, Joséphine dazu zu bringen, ihr Budget einzuhalten. Sie betrügt ihn zu Beginn ihrer Beziehung mit einer Nonchalance, die man am besten als herzlos bezeichnen kann. Auch der Kaiser wird ihr nach einer Weile untreu, sorgt aber dafür, dass seine Frau nichts von seinen Ausflügen erfährt. Diese Haltung unterscheidet sich von derjenigen der europäischen Könige dieser Zeit, die sowohl offizielle Ehefrauen als auch Mätressen haben. Für Napoleon ist es jedoch wichtig, dass seine Familie und sein Gefolge glücklich und unbesorgt sind. Joséphine sorgt sich sehr wohl, als Napoleon während eines Aufenthalts in Polen mit Frau Walewska anbändelt, die ihm 1810 seinen ersten Sohn schenkt. Ein Kaiser, so sehr er es auch bedauern mag, braucht nun einmal Erben. Es markiert das Ende ihrer Ehe.

„Ging es ihr nicht gut, schob er seine kaiserlichen

Angelegenheiten so lange wie möglich auf, um an ihrer Seite zu bleiben“

König von Rom

Auch lange nach ihrer Trennung ist die Beziehung von Napoleon und Joséphine von Zärtlichkeit und echter Freundschaft geprägt. Er besucht sie häufig. Sie behält ihren Titel als Kaiserin und er sorgt dafür, dass es ihr an nichts fehlt. Sie kümmert sich weiter um ihn, gibt ihm geschäftliche Ratschläge und hilft ihm, Marie-Louise von Österreich als seine zweite Ehepartnerin zu wählen. Sie gratuliert ihrem Ex-Mann aufrichtig zur Geburt von Napoleon II. Zeit seines Lebens und besonders auf St. Helena, wo er einige Jahre nach ihrem Tod sterben wird, denkt der Kaiser gern an seine Joséphine zurück. Denn trotz ihrer großen charakterlichen Unterschiede ist Joséphine die große Liebe Napoleon Bonapartes, und sie verbindet eine zugegebenermaßen stürmische, aber doch auch aufrichtige Liebe.