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THE TIRELESS MR. MOSER

his 60th birthday.

Drei Jahrzehnte war Michael Moser Chef Concierge des Hotel Imperial Wien, bevor er 2014 in Pension ging. Heute ist er der Archivar des Hauses und sichtet für spätere Generationen jene Dinge, die er in zahlreichen Schmuckkartons über die Jahre hinweg gesammelt hat.

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Michael Moser was Chef Concierge of the Hotel Imperial Vienna for three decades before retiring in 2014. Today, he is the hotel’s Archivist and, for future generations, sifts through the things he has collected in numerous jewelry boxes over the years.

Service der Porzellanmanufaktur

Augarten aus 1885. Jedes Stück ist handgefertigt.

Service from the Augarten porcelain manufactory from 1885, each piece is handmade.

Eigentlich hätte es Michael Moser gereizt, die Musikerlaufbahn einzuschlagen; bis heute ist er regelmäßiger Gast in der Oper und besucht Konzerte. Als er nach seiner Ausbildung an der Hotelfachschule Kleßheim nach Wien kam, sang er 1980 unter Leonard Bernstein im Jeunesse-Chor. Schließlich begann er Kunstgeschichte zu studieren und arbeitete nebenbei als Nachtportier im Parkhotel Schönbrunn. Nach dem Tod seines Vaters musste er jedoch zurück nach Wolfsberg, um mit seiner Mutter das elterliche Hotel zu führen. Der gebürtige Kärntner sah sich aber nicht als Unternehmer und ging für drei Saisonen nach Italien, England und Frankreich, ehe er 1983 im Hotel Imperial als Concierge seinen Dienst antrat und dort seinen Traumjob fand.

Sie waren 31 Jahre im Hotel Imperial. Wollten Sie nie woanders hin?

Nein, das wäre undenkbar für mich gewesen! Ich habe 13 Direktionen erlebt und mich immer sehr wohlgefühlt.

Haben Sie auch Mitarbeiter:innen ausgebildet?

Während meiner beruflichen Laufbahn waren es sicher um die 100 Lehrlinge, an deren Ausbildung ich beteiligt war, dazu noch viele Praktikant:innen aus österreichischen und internationalen Hotelfachschulen und Management-Trainees aus aller Welt. Das Imperial war und ist eine Talenteschmiede.

Warum kommen die Gäste ins Imperial?

Die Gäste wählen uns aufgrund der einzigartigen Architektur, der ganz besonderen Atmosphäre und unseres zuvorkommenden Service, aber unter anderem auch wegen des erstklassigen kulturellen Angebots, das Wien offeriert.

Michael Moser set out to pursue a career as a musician; to this day he is a regular guest at the opera and attends numerous concerts. When he came to Vienna after completing his education at the Hotel Management School in Kleßheim, he sang in the Jeunesse Choir under Leonard Bernstein in 1980. Eventually he began to study art history and worked part-time as a night porter at the Parkhotel Schönbrunn. After his father’s death, however, he had to return to Wolfsberg to run the family hotel with his mother. Born in Carinthia, he did not see himself as an entrepreneur, however, and went to Italy, England and France for three seasons before he started working as a Concierge at the Hotel Imperial in 1983, where he found his dream job.

You were at the Hotel Imperial for 31 years. Did you never want to work elsewhere?

No, that would have been unthinkable for me!

I have worked with 13 different Hotel Directors and General Managers and have always felt very comfortable.

Have you also trained employees?

During my professional career, I must have been involved in the training of around 100 apprentices, as well as many interns from Austrian and international hotel management schools, along with management trainees from all over the world. The Imperial was and is a talent factory.

Why do guests come to the Imperial?

Guests choose us because of the unique architecture, the very special atmosphere and our courteous service, but also because of the firstclass cultural program that Vienna has to offer.

As a Concierge, you fulfilled many wishes. Could you give us a few examples?

Before the Internet era, we were in close contact with colleagues in many metropolises such as London and Paris, and especially often with a porter in Milan. We bought state opera tickets for him and he in turn bought us tickets to La Scala. At the same time, he was also the secretary of the Inter Milan football club. So he was able to get tickets for us for the Europa

Als Concierge erfüllten Sie viele Wünsche. Können Sie Beispiele nennen?

Vor dem Internetzeitalter hatten wir regen Kontakt zu den Kolleg:innen in zahlreichen Metropolen wie London und Paris, und ganz besonders oft zu einem Portier in Mailand. Für ihn haben wir StaatsopernKarten gekauft und er wiederum für uns Tickets für die Scala. Gleichzeitig war er auch Sekretär des Fußballvereins Inter Mailand. So konnte er für uns Karten für das Europa-Cup-Finale mit Inter Mailand in Wien besorgen, welches ein Gast unbedingt sehen wollte, wofür es jedoch kein Kontingent mehr gab. Solche gegenseitigen Hilfeleistungen gab es immer wieder, und obwohl ich 20 Jahre hindurch mit ihm telefoniert hatte, habe ich ihn nie persönlich getroffen.

Sind die Gäste heute besser informiert?

Ja natürlich – viele Gäste recherchieren im Internet, bevor sie nach Wien reisen. Ein guter Concierge weiß jedoch immer noch ein wenig mehr und hat die richtigen Telefonnummern parat. So hatten wir eines Tages einen Gast, der sehr gerne die bereits ausverkaufte Matisse-Ausstellung in New York besuchen wollte. Da wir glücklicherweise die Nummer des Portiers im The St. Regis New York notiert hatten, konnte dieser Gästewunsch doch noch erfüllt werden. Derartige Serviceleistungen steigern die Gästebindung natürlich ungemein und wir wissen, dass diese Verbundenheit Gäste dazu animiert, das Haus weiterzuempfehlen.

Gibt es Gäste, zu denen Sie eine besondere Beziehung haben?

Ich selbst interessiere mich sehr für Kultur und hatte das Glück, alle Inszenierungen in der Staatsoper sehen zu dürfen. Hier habe ich Hobby mit Beruf verbunden, denn ich

Cup final with Inter Milan in Vienna, a sold-out match which a guest really wanted to see. Such mutual assistance occurred again and again, and although I had talked to him on the phone for 20 years, I never met him in person.

Are today’s guests generally better informed?

Yes, of course – many guests research the Internet before traveling to Vienna. But a good Concierge always knows a little more and has the right phone numbers at the ready. One day, for example, we had a guest who very much wanted to visit the Matisse exhibition in New York, which was already sold out. Fortunately, we had noted down the number of the Concierge at The St. Regis New York, so this guest’s wish could still be fulfilled. Such services increase guest loyalty immensely, and we know that this loyalty encourages guests to recommend the hotel to others.

Are there any guests with whom you have a special relationship?

I am very interested in culture and have been lucky enough to see all the productions at the Vienna State Opera, so I have combined my hobby with my profession. I like to be informed when guests call me and ask if they should go to see a performance. In addition, I have always enjoyed chatting with guests after evenings at the opera and asking them about their impressions. For example, we had a guest, a personal friend of Richard Strauss, who had been to the opera 5,000 times in his life and to “Der Rosenkavalier” 500 times. I accepted his opinion without question.

What kinds of arrangements need to be made for special guests?

When Queen Elizabeth II. visited, the furniture in our Royal Suite was exchanged to avoid the possibility that a subsequent guest might say that he slept in the same bed as the Queen of England. The Queen was put up in a bed used liebe es, die Oper zu besuchen. Gleichzeitig bin ich gerne informiert, wenn Gäste mich anrufen und fragen, ob sie sich eine Aufführung ansehen sollten. Zudem habe ich es immer genossen, mit den Gästen nach den Opernabenden über ihre Eindrücke zu sprechen. So hatten wir einen Gast, einen persönlichen Freund von Richard Strauss, der in seinem Leben 5000 Mal in der Oper und 500 Mal im „Rosenkavalier“ war. Seine Meinung habe ich kritiklos akzeptiert.

Besteck für 28 Personen der Wiener Silbermanufaktur Klinkosch um 1890 mit Gravur Johann Frohner. Es wird nur zu besonderen Anlässen verwendet, zuletzt beim Besuch des japanischen Kaiserpaars.

Cutlery for 28 persons by the Viennese silver manufacturer Klinkosch from around 1890 with an engraving by Johann Frohner. It is only used on special occasions, like during the visit of the Japanese imperial couple.

Welche Vorkehrungen müssen für besondere Gäste getroffen werden?

Als Königin Elisabeth II. zu Besuch war, wurden die Möbel unserer Fürstensuite ausgetauscht, um zu vermeiden, dass ein nachfolgender Gast vielleicht erzählen könnte, er habe im selben Bett wie die englische Königin geschlafen. Die Queen nächtigte in einem Bett von Joseph II., welches wir aus dem ehemaligen Hofmobiliendepot, dem heutigen Möbelmuseum Wien, ausgeliehen hatten. Bei Staatsbesuch-Gästen bekommen wir vorab immer eine detaillierte Anforderungsliste, was es zu organisieren und auf welche Details es ganz besonders zu achten gilt. So durften der Queen natürlich während ihres Besuches keine Spaghetti oder Heidelbeeren serviert werden, die etwaige Essensspuren hinterlassen hätten können. Der japanische Kaiser hat sich konkret Wiener Schnitzel und Kaiserschmarren gewünscht. Auch für die Stars, die von Künstleragenturen bei uns eingebucht werden, bekommen wir einige Tage vorher genaue Listen, welche Speisen und Getränke es geben muss.

Hilft der Concierge in allen Lebenslagen?

Im Prinzip ist jede Hilfe möglich, so sie nicht gegen die guten Sitten verstößt. Für einen Klaviervirtuosen, der im Musikverein auftrat, haben wir beispielsweise ein portables Klavier für seine Suite organisiert, weil er während seines Aufenthaltes gerne auch Jazz spielen wollte. Vladimir Horowitz hingegen hat sich sein eigenes Klavier einfliegen lassen und am Zimmer geübt. Bei einem Kammerorchester kam das Gepäck nicht rechtzeitig an, folglich haben die Musiker in den Fracks unserer Butler gespielt. Bei einer Aufführung des „Deutschen Requiems“ mit André Previn wiederum gab es zu wenig Tenöre. So verkleidete sich unsere Kollegin aus dem Controlling – eine hochgewachsene Dame mit Kurzhaarfrisur, die im Musikvereinschor by Joseph II, which we were able to borrow from the former Imperial Furniture Collection, now the Vienna Furniture Museum. With state visitors we always get a detailed list of requirements in advance. For example, the Queen was, of course, not allowed to be served spaghetti or blueberries during her visit, which might have left traces. The Japanese Emperor specifically requested Wiener Schnitzel and Kaiserschmarren. For the stars who are booked in with us by artists’ agencies, we usually receive precise lists a few days in advance of which food and drinks shall be served.

Maestro Zubin Mehta überließ nach seinem Dirigat des Neujahrskonzerts 2007 dem Hotel Imperial seinen Dirigentenstab.

After conducting the New Year’s Concert 2007, Maestro Zubin Mehta gave his baton to the Hotel Imperial.

Does the Concierge assist in all situations?

In principle, assistance is offered as long as it does not offend common decency. For example, for a piano virtuoso who performed at the Musikverein, we organized a portable piano for his suite because he also liked to play jazz during his stay. Vladimir Horowitz, on the other hand, had his own piano flown in and practiced in his room. In the case of a chamber orchestra, their luggage did not arrive on time, so the musicians played in tailcoats borrowed from our butlers. At a performance of the “German Requiem” with André Previn, on the other hand, there were sang – kurzerhand als Mann und sprang ein. Maestro Carlos Kleiber war als Gast zurückhaltend, unkompliziert, geradezu bescheiden. Umso mehr hat es mich daher gefreut, dass er mir aus Japan eine Ansichtskarte seines Hotels geschickt hat, eines modernen, riesigen, vielstöckigen Gebäudes, mit der ironischen Anmerkung: "Fast so schön wie das Imperial!“ too few tenors. So our colleague from Controlling – a taller lady with short hair who was a regular with the Musikverein choir – simply put on a man’s suit and stood in. As a guest, Maestro Carlos Kleiber was reserved, uncomplicated, downright modest. I was therefore all the more pleased that he sent me a picture postcard from Japan of his hotel, a modern, huge, multi-story building, with the ironic note: “Almost as beautiful as the Imperial!”

Sie haben auch viele Autor:innen kennengelernt. An wen erinnern Sie sich besonders?

An Johannes Mario Simmel, er war langjähriger Stammgast. Eines Tages ruft er mich an: „Herr Moser, bitte fahren Sie auf die Peter-Jordan-Straße und schauen Sie, welche Bäume dort wachsen. Wenn ich schreibe, dort stehen Kastanienbäume, rufen mich 50 Freunde aus Wien an und sagen: „Du Depp, dort wachsen keine Kastanienbäume.“ In einem seiner Bücher komme ich als Leo Lehner vor.

Offenbar hatten Sie den idealen Beruf. Gab es nichts, was Ihnen weniger gefiel?

Nicht wirklich – der Tag des Opernballs war allerdings jedes Mal eine Herausforderung. Da galt es, die Transfers für 90 Gäste innerhalb einer Stunde per 40 Limousinen zur Staatsoper zu koordinieren.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Ich wünsche mir Gesundheit. Und dass es mir gelingt, die Schätze, die das Hotel Imperial noch birgt, zu sichten und für künftige Generationen zugänglich zu machen. Denn es ist mir ein großes persönliches Anliegen, dass das Wissen über die Geschichte und die Geschichten des Hauses präsent bleibt und auch in den nächsten 150 Jahren weiter überliefert wird.

Danke für das Gespräch!

Links: Historische Speisekarten auf Seide gedruckt aus den Jahren 1971 und 1964.

Left: Historical menu cards printed on silk from 1971 and 1964.

You also met many authors. Whom do you remember in particular?

Johannes Mario Simmel, a regular guest for many years, was certainly memorable. One day he calls me: “Herr Moser, please go to Peter-Jordan-Straße and see what trees are growing there. If I write that chestnut trees are there, 50 Viennese friends will call me and say:

‘You fool, those are not chestnust trees.’” He wrote me in as Leo Lehner in one of his books.

Obviously you had the ideal job. Was there nothing unappealing?

Not really – but the day of the Opera Ball was always rather challenging: it was necessary to coordinate transfers by 40 limousines for 90 guests to the State Opera within one hour.

Do you have any wishes for the future?

First of all, continued good health. And that I succeed in sifting through the treasures that the Hotel Imperial still holds, finding ways to make them accessible to future generations. It is a great personal concern of mine that the knowledge about the history and the stories of the hotel remain present and continue to be passed on for the next 150 years.

Thank you for the interview!

Rechts oben: Speisekarte mit dem Galadinner 1967, signiert von Farah Diba und dem letzten Schah von Persien.

Top right: Menu card showing the 1967 gala dinner, signed by Farah Diba and the last Shah of Persia.

VORBILD FÜR HOLLYWOOD

Filmregisseur Wes Anderson ließ sich für Monsieur Gustave (Ralph Fiennes) in „Grand Budapest Hotel“ von Chef Concierge Michael Moser inspirieren. Larry Pine spielt M. Mosher.

MODEL FOR HOLLYWOOD

Film director Wes Anderson was inspired by Chef Concierge Michael Moser for Monsieur Gustave (Ralph Fiennes) in “The Grand Budapest Hotel”. Larry Pine plays M. Mosher.

EIN TREUER MAESTRO