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KUNST OHNE GÄSTE

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DER AUFSTEIGER

DER AUFSTEIGER

Kunst ohne Publikum.

Kultur in der Zwangspause.

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HUK Coburg Open-Air-Sommer

„Wir haben uns auf den besten, emotionalsten, intensivsten und vielfältigsten Open-Air Sommer überhaupt gefreut. Dann kam Corona …nichtsdestotrotz freuen wir uns auf 2021 …“

Wolfgang Heyder | Veranstaltungsservice Bamberg

Schloßplatzfest Coburg

„Ich vermisse meinen Beruf, der auch Berufung ist. Ich vermisse meine Arbeit, die Bühne, das Publikum, die Kolleginnen und Kollegen, diesen magischen Moment im Rampenlicht … und auch das Schloßplatzfest vermisse ich, diese zauberhaften Abende, mit den vielen tollen Kolleginnen und Kollegen das Coburger Publikum zu unterhalten. Ich freue mich zusammen mit allen, die dieses Fest gestalten, schon heute auf 2021!“

Marcus Geuß alias Marcelini mit Melanie Unger | Ballettschule Karen Spreitzer-Breyer und Agnes Mirska-Bihler | Bürglaß-Tanzstudio

Waldbühne Heldritt

„Ungewohnte Stille auf der Waldbühne in Heldritt! Aber hinter den Kulissen wird schon voller Vorfreude für die Saison im kommenden Jahr geplant und gearbeitet. Dann heißt es wieder „Vorhang auf!“ für beste Unterhaltung!“

Friedhelm Wölfert, Wolfh ard Bär, Nicole Knottek-Brehm und Florian Hornung Heimatverein Heldritt e.V.

Outside Rodeo

„Bin mal gespannt, wann die Saison bei uns fortgesetzt werden kann – machen ja auch noch andere Sachen neben dem Rodeo. Wird sicher noch bissi dauern, aber wenn’s wieder geht und Sinn macht wird wieder mit vollem Herzbluteinsatz losgelegt!“ – Andi, Vereinsmitglied

Auf dem Bild zu sehen: Ali Thomann | Monsters of Rodeo e. V. Mike Russek | Monsters of Rodeo e. V. / Toxic Toast „Momentan sind wir in der glücklichen Lage als Monsters of Rodeo kein Vereinsheim bespielen zu müssen. Andere haben es da ungemein schwerer.“ – Benni, Vereinsmitglied

Sonderbar

„Mir fehlt die Stimmung, die Bewegung, der Spaß und eben dieser prickelnde Moment des Abends. Hoff entlich geht‘s bald wieder los. Die ungewisse Stille ist nicht schön …“

Oliver Müller | Sonderbar

Samba-Festival Coburg

„Einen ICE wie die Organisation des Samba-Festivals in voller Fahrt zu stoppen ist sehr hart und tut richtig weh! Da sind viele Tränen geflossen. Die Künstlerische Leitung ist zurzeit sehr kreativ und plant so einiges für die Zukunft. Auf jeden Fall freuen wir uns schon wieder riesig darauf, im kommenden Jahr Künstler und Gäste im Juli in Coburg begrüßen zu dürfen – aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben! Danke an alle Freunde des Samba – obrigado a todos!“

Rolf „Bujus“ Beyersdorf

Klassik Open-Air

„Klassische Musik, Picknick, Lebenslust und ein lauer Abend! Lasst uns doch gemeinsam auf 2021 freuen. Jetzt wissen wir umso mehr, was wir an unserem Klassik-Open-Air haben.“

Horst Graf | Leiter des Eigenbetriebes COBURG MARKETING

Leise am Markt

„Hier kam Musik aus aller Welt, bis Corona sie stillgelegt hat. Wir alle vermissen die verschiedenen Farben des Jazz, unser tolles Publikum und hoff en, dass wir bald wieder loslegen dürfen ...“

NATUR

Wie leben wir mit ihr?

Diese Frage leitet sich aus der gebräuchlichsten Erklärung von Natur ab: „Natur ist das, was nicht vom Menschen geschaff en wurde.“ Bäume, Steine, Tiere, Luft, Wasser, Erde und alles, was so kreucht und fl eucht.

Hier der Mensch, da die Natur.

Natur war für den Menschen die längste Zeit seiner Geschichte Mysterium, allmächtiger Gott. Sie nährte den Menschen und zerstörte ihn zugleich.

Hier der Mensch, da die Natur.

Heute erschaff t der Mensch Natur und zerstört sie zugleich. Wissenschaft hat Natur vom göttlichen Thron gestoßen und Platz für den Menschen gemacht.

Hier der Mensch, da die Natur.

Dabei weiß die Natur alle großen Weltreligionen auf ihrer Seite: Die Bewahrung der Schöpfung ist zentrales Motiv von Christen- und auch Judentum, auch wenn der alttestamentarische Auftrag, sich die Erde zu unterwerfen, gerne auch anders interpretiert wird. Der Islam spricht vom Gleichgewicht, das der Mensch nicht stören und Unheil anrichten solle. Im Hinduismus ist der Mensch ohnehin Teil der Welt, alles ist ein ewiger Kreislauf. Und auch Buddhisten trennen nicht zwischen dem Menschen und seiner Umwelt, in der er lebt.

Die menschliche Vernunft ist ohnehin auf Seiten der Natur. Und das schöne Leben auch: Keine Kultur ist möglich ohne Natur.

Hier die Natur. Und der Mensch gehört dazu.

Natürlich.

SCHNELLER HÖHER WEITER

Aber wohin?

… so begrüßt Professor Dr. Fritz Reheis die Besucher seiner Homepage. Und er lädt ein: „Nehmen Sie sich Zeit für die Internetseiten von Fritz Reheis“. Reheis geht es um Entschleunigung und Nachhaltigkeit. Zahlreiche Bücher hat er zu diesen Themen publiziert. Der COBURGER hat sich mit dem promovierten Soziologen und habilitierten Erziehungswissen schaftler unterhalten.

COBURGER: Herr Professor Reheis, verhindert unsere jetzige Wirtschaftsordnung nachhaltiges Leben?

Professor Reheis: Ja, sehr. Wir haben fast ausschließlich eine Durchflusswirtschaft: schnell produzieren, schnell konsumieren, schnell wegwerfen. Nachhaltig wäre eine Kreislaufwirtschaft, die sich damit begnügt, von den Früchten der Natur zu leben, statt von der Substanz.

COBURGER: Was muss sich ändern, um nachhaltig zu leben?

Professor Reheis: Jedenfalls helfen Moralappelle kaum etwas, so lange die Menschen kaum Alternativen haben, die zudem bezahlbar sind. Solche Alternativen ergeben sich nicht aus dem freien Markt (wo er überhaupt existiert), denn Märkte sind nicht nur sozial, sondern auch ökologisch blind. Um nachhaltigkeitsorientiert zu leben, brauchen wir Preise, die die ökologische Wahrheit sagen. Was knapp ist, muss also teuer sein, aber sozial verträglich finanziert werden. Und wir brauchen eine Infrastruktur, die dafür sorgt, dass wir mit dem, was dauerhaft zur Verfügung steht, gut leben können. Die Energieversorgung muss zum Beispiel zu 100 Prozent autark sein, also Wind, Wasser, Bioenergie, Photovoltaik und Sonnenwärme.

COBURGER: Wie nah sind Ihre Vorstellungen an der Realität? Oder sind die aufgestellten Thesen eher Utopie?

Professor Reheis: Bisher sind meine Vorstellungen ziemlich weit von der Realität entfernt, siehe dazu meine erste Antwort. Es gibt also noch viel zu tun. Um die Richtung zur Nachhaltigkeit hin zu ändern, bräuchten wir allerdings einen Kompass. Den nenne ich Vision. Utopie heißt ja nur, dass es noch keinen Ort gibt, wo die Vision real geworden ist.

COBURGER: Sie plädieren für einen neuen Umgang mit der Zeit, für mehr Entschleunigung. Sehen Sie in der aktuellen Corona-Krise eine Chance? Was können wir aus der Krise lernen? Werden wir Ihrer Meinung nach etwas daraus lernen?

Professor Reheis: Die Corona-Krise ist in der Tat eine Zwangsbremsung, obwohl sie für nicht wenige Menschen doppelten Stress mit sich brachte. Ob wir daraus lernen, weiß ich noch nicht. Jedenfalls wird einiges deutlicher erkennbar, wie durch ein Kontrastmittel (Wolfgang Schmidbauer). Nicht zuletzt, wer in unserer Gesellschaft eigentlich systemrelevant ist – und wer nicht.

COBURGER: Sie schreiben, Resonanz sei der Schlüssel zu einem neuen Verständnis? Wie ist das gemeint?

Professor Reheis: Da müsste ich etwas ausholen. Das bisher geltende Fortschritts-Mantra lautet ja „Schneller, höher, weiter“. Wir sind uns aber mittlerweile immer unsicherer geworden, „wohin“ es dabei gehen soll. In vielen Bereichen ist „Entschleunigung“ angesagt, aber nicht überall. Energie- und Verkehrswende, Beseitigung der Armut, Abrüstung – das alles muss schneller vorangehen. Weder Schnelligkeit noch Langsamkeit sind Werte an sich. Wir müssen also nach angemessenen Geschwindigkeiten suchen. Und die finden wir, wenn wir uns genauer mit den Eigenzeiten der Natur, der Kultur und Gesellschaft und des einzelnen Menschen, mit seinem Körper, seiner Psyche und seinem Geist, befassen. Mit diesen Eigenzeiten müssen wir uns synchronisieren – und wenn uns dies gelingt, ereignet sich Resonanz. Von Resonanz ist der Mensch durch und durch abhängig, davon also, dass etwas zurückkommt, wenn er aktiv geworden ist. Dass die Natur ihn ernährt, wenn er sie pfleglich behandelt, dass Mitmenschen ihn verstehen und anerkennen, und dass er mit sich selbst im Reinen ist.

COBURGER: Sie sind inspiriert von Karl Marx und dem Alten Testament. Auf den ersten Blick klingt das wie ein Widerspruch…

Professor Reheis: Das ist kein Widerspruch: Marx hat den Kapitalismus in seinen Grundlagen treffend analysiert, indem er zeigt, was geschieht, wenn wir zulassen, dass das Geld die Welt regiert. Das Alte Testament – wie übrigens viele andere Dokumente der großen Religionen der Welt – warnt davor, das Geld als Götzen anzubeten. Dazwischen sind zwar mehr als 2000 Jahre, aber den Homo sapiens gibt schon mindestens hundertmal so lange. Er hätte heute mehr denn je allen Grund, sich endlich zu besinnen, ob er wirklich so weise ist.

COBURGER: Eine letzte Frage, leben Sie entschleunigt? Wie sieht das aus?

Professor Reheis: Ich meine schon, meine engsten Mitmenschen zweifeln eher daran. Aber das kann nicht der Maßstab dafür sein, ob meine Sicht der Dinge richtig ist oder nicht.

Die Fragen stellte Gabi Arnold

Mehr Informationen unter: www.fritz-reheis.de

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