
1 minute read
DIE PACKEN’S AN
Sie arbeiten mit Knüpfel, Pinzette, Stimmschlüssel oder Kehrbesen, und was sie eint, ist die Leidenschaft für ihren Beruf. Vier Handwerkerinnen aus der REGIO – eine Steinmetzin, eine Feinwerkmechanikerin, eine Klavierbauerin und eine Schornsteinfegerin – geben Einblicke in ihren Arbeitsalltag – und der ist alles andere als eintönig.
Mit Feingefühl und Kraft
Advertisement
In der Werkstatt der am Fuße des Schlossbergs gelegenen Münsterbauhütte ist weder Klopfen noch Schleifen oder Feilen zu hören. Nur die kräftige Absauganlage über Pia Schartels Arbeitsplatz rauscht in erträglicher Lautstärke. Über jedem Tisch sind solche Rohre angebracht; sie nehmen die bei der Steinbearbeitung abfallenden größeren und kleineren Partikel direkt bei ihrer Entstehung auf, erläutert die Auszubildende im ersten Lehrjahr. Und sie sorgen auch dafür, dass der feine Staub nicht in die Atemwege der insgesamt 14 hier mit Knüpfel und Eisen hantierenden Menschen gelangt.
Wegen einer internen Fortbildung sind die Kollegen nicht da, die angehende Steinmetzin arbeitet allein an ihrem Übungsstück aus blassrotem Sandstein, formt ihn mit verschiedenen Profilen sorgfältig zu einem kleinen Kunstwerk, das an ein Kapitell erinnert. An die große Brille, die sie dabei zum Schutz ihrer Augen vor Steinsplittern tragen muss, hat sich die 21-Jährige längst gewöhnt. An das ständige Rauschen auch. Denn bereits vor Beginn ihrer Ausbildung im Herbst 2022 hat sie intensiv in den traditionsreichen, seit mehr als 800 Jahren bestehenden Betrieb hineingeschnuppert: Nach ihrem Abitur am Furtwanger Gymnasium für Gestaltungsund Medientechnik hat sie ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) bei der Münsterbauhütte Freiburg absolviert – und schon „eine Menge gelernt“.

In der Werkstatt der Freiburger Münsterbauhütte bearbeitet Pia Schartel (u.) einen Sandsteinblock. Dass dabei Steinstaub und -splitter fliegen, stört nicht: Sie werden sofort abgesaugt.
Pia Schartel, die in Gütenbach im Schwarzwald aufwuchs, war schon immer gerne kreativ tätig, hat sich „bereits in der Schule für Kunstgeschichte, Architektur und kunsthistorische Restaurierungen interessiert“. Früh hat sie auch ihre künstlerische Begabung erkannt und umgesetzt – als „naturbezogener Mensch“ am liebsten mit Naturmaterialien. Zunächst gab es zwar „die Überlegung, Holzbildhauerin zu werden“. Doch nun ist sie „sehr glücklich“, dass sie sich für den Beruf der Steinmetzin entschieden hat. Und dass sie an diesem „super Arbeitsplatz“ eine Lehrstelle bekommen hat: Stein, insbesondere der Sandstein, sagt sie, sei „ein wunderbares Material“, zu dessen Bearbeitung außer Talent auch ein guter Blick fürs Detail sowie Kraft und zugleich Fingerspitzengefühl nötig sei.

Stein sei außerdem „jahrhundertelang haltbar und zeugt späteren Generationen von der Arbeit früherer
Menschen“. Dass dies so ist, wurde ihr während ihrer FSJ-Zeit bewusst, als sie „manchmal mit aufs Gerüst durfte“ und am Bau die mittelalterlichen Steinmetzzeichen entdeckt hat. Sie findet es „sehr spannend“, der Geschichte und dem Wirken der früheren Steinmetze nachzugehen, zu deren Nachfolgerinnen sie nun gehört. Und sie ist „richtig stolz“, dass das nächste Stück, das sie anfertigen darf, ein echtes Restaurierungselement ist, das in einen der Strebepfeiler am derzeit restaurierten Chor des Freiburger Münsters eingefügt wird. ewei
