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»ALLES IST SO FURCHTBAR ZERBRECHLICH«
IMMER WIEDER VERZEICHNEN FREIBURGS INSTITUTIONEN ANGRIFFE AUF KRITISCHE INFRASTRUKTUR
Freiburg wird zusehends digitaler. Damit steigt auch das Risiko für Cyber-Angriffe. Ins Visier von Kriminellen und Hackern gelangen oft auch empfindliche Teile der sogenannten Kritischen Infrastruktur wie Versorger, Verwaltung oder Krankenhäuser. Die Folgen können fatal sein, warnen Experten. Wie gut ist die Stadt vor Attacken aus dem Netz geschützt?
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Flüssiger Verkehr, schnelle Baugenehmigungen, kurze Wartezeiten im Amt. Einlösen wollte ein 33-jähriger Martin Horn diese Wahlversprechen im OB-Wahlkampf mittels modernster Technik und dem 2019 ins Leben gerufenen Amt für Digitales und Informationstechnik. Ausgestattet wurde das „DIGIT“ bis zum Jahr 2025 mit rund 40 Millionen Euro. Durchdringen soll das Netzwerk laut Strategiepapier nahezu jeden Bereich der Stadt: Bildung, Kultur, Wissenschaft, Stadtverwaltung, Arbeit, Wirtschaft, Tourismus und schließlich Netze, Energie sowie Verkehr. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagte der Stellvertretende DIGIT-Leiter Michael Schulz nach dem dritten Freiburger Digitaltag im Juni. Die Geschwindigkeit kommt nicht ohne Risiko. Als Teil der Kritischen Infrastruktur (KRITIS) werden Kommunen in Deutschland immer wieder Opfer von Hackerangriffen: Im Oktober verschlüsselte eine Gruppe die Verwaltung von Ludwigshafen. Telefone der Behörden funktionierten nicht. Rathaus-Rechner wurden verriegelt. Die Täter forderten Lösegeld in unbekannter Höhe. Selbst ein halbes Jahr später funktioniert der technische Betrieb in der 170.000-Einwohner-Stadt am Rhein noch nicht reibungslos. Allein dieses Jahr traf es außerdem das hessische Rodgau, Raststatt in Baden-Württemberg oder Bad Langensalza in Thüringen. Potsdam nahm seine Verwaltungsserver nach Hinweisen auf einen bevorstehenden Cyberangriff im Dezember lieber selbst vom Netz. Es dürften nicht die letzten Angriffe sein: Das Bundeskriminalamt verzeichnet für das Jahr 2021 einen Höchstwert für Cyber-Straftaten: 146.000 Delikte. Darunter Datenklau, Erpressung und Spionage. Der Branchenverband Bitcom schätzt den Schaden auf 223,5 Milliarden Euro – und damit doppelt so hoch wie im Jahr 2019. „Cyber-Angriffe insbesondere durch Ransomware stellen eine erhebliche und angestiegene Gefahr, auch für Kommunen und für die Betreiber von Kritischen Infrastrukturen, dar“, sagt Matthias Gärtner, Sprecher vom Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik (BSI). Angesichts dieser Lage möchte der für Freiburg verantwortliche DIGIT-Leiter Schulz nicht aus dem Nähkästchen plaudern. „Die Bedrohungslage wird eindeutig immer schwieriger. Sicherheitstechnisch betreiben wir daher sehr hohen Aufwand“, kommentiert er. So leiste sich die Stadtverwaltung etwa für Mails, Daten und Software zwei redundante Rechenzentren, die im Falle eines Ausfalls jeweils auch allein die gesamte Last tragen könnten. „Die sind zugangsgeschützt und werden permanent überwacht“. Wo diese Platinen mit Freiburgs Meldedaten, Knöllchen oder Bauanträgen stehen, möchte der 51-Jährige nicht verraten. Grundsätzlich gelte: „Mit wenig Aufwand von außen kann großer Schaden angerichtet werden.“ gangsdaten erbeuten oder auf manipulierte Webseiten leiten können. Die kriegen wir permanent“, sagt Schulz angesichts von 4000 Mitarbeitern in der Freiburger Stadtverwaltung. Und dann gebe es noch die zielgerichteten Angriffe. „Die sind wesentlich schwieriger“, betont er. Auch weil oft nicht klar ist, wie lange sich mögliche Viren oder Trojaner auf Servern der Stadtverwaltung eingenistet haben könnten: „Es kann sein, dass Backups gemacht werden und die Schadsoftware mitarchiviert wird.“
Wie oft Freiburg schon Ziel einer Cyber-Attacke wurde? „Ich will nicht sagen, dass wir noch nie angegriffen wurden“, sagt Schulz. Mehr ist von ihm nicht zu erfahren. Polizeisprecher Thomas Spisla liegen keine belastbaren Zahlen zu Angriffen auf Freiburgs digitale Infrastruktur vor. Er geht von einer hohen Dunkelziffer aus, da erfolglose Angriffe oftmals nicht gemeldet werden.