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Stammzellforscherin mit Leib und Seele

Wenn Prof. Fiona Doetsch über ihre Arbeit mit Stammzellen erzählt, springt die Begeisterung sofort wie ein Funke über. «Mein Gebiet vereint verschiedene Disziplinen wie Neurobiologie und Entwicklungsbiologie», sagt sie. «Genau an solchen Schnittstellen passiert meiner Meinung nach die aufregendste Forschung.»

Text: Yvonne Vahlensieck

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Der Wissensdurst wurde der gebürtigen Kanadierin in die Wiege gelegt – ihr Vater ist Ingenieur, ihre Mutter unterrichtet Altertumswissenschaften. Diese beiden Welten vereinte sie an der McGill-Universität in Montreal, wo sie sowohl Biochemie als auch Philosophie und Geschichte der Wissenschaft studierte. «Dadurch habe ich gelernt, auch über das grosse Bild nachzudenken.»

Die Leidenschaft für Stammzellen packte sie vor über 20 Jahren während ihrer Doktorarbeit an der Rockefeller University in New York – und hat sie bis heute nicht mehr losgelassen. Damals charakterisierte sie eine Gruppe von neuronalen Stammzellen, die bei Mäusen in einer Nische in der seitlichen Hirnkammer angesiedelt sind. Diese Zellen − deren Existenz lange angezweifelt wurde – haben die erstaunliche Fähigkeit, lebenslang neue Hirnzellen hervorzubringen. Fiona Doetsch sieht darin einen Schlüssel zur Plastizität unseres Gehirns, das sich ständig an neue Gegebenheiten anpassen muss. Zugleich eröffnen sich dadurch auch Perspektiven für die Therapie von Hirnerkrankungen.

Deshalb blieb Fiona Doetsch an diesem Thema dran: zunächst als Junior Fellow der Harvard University Society, dann ab 2003 als Professorin an der New Yorker Columbia University. Nach und nach ergründete sie, wie die Stammzellen in ihrer Nische durch ein komplexes Zusammenspiel von Faktoren kontrolliert werden, beispielsweise durch Signale von anderen Hirnarealen und Neurotransmittern wie Endorphinen. Im Jahr 2014 trat sie dann ihre Professur für Molekulare Stammzellbiologie am Biozentrum an. Wie war der Wechsel von einer Riesenmetropole in das eher beschauliche Basel? Im Rückblick genau richtig: «Ich liebe New York, aber Basel ist ein grossartiger Ort zum Leben.» Sie schwärmt vom kleinen, aber feinen Kulturangebot und idyllischen Spaziergängen am Rheinufer. Dank der Schulaktivitäten ihres Sohns fand die Familie zudem schnell Anschluss.

Auch beruflich hat sich der Umzug gelohnt: Im Jahr 2018 erhielt Fiona Doetsch einen ERC Grant von fast 3 Millionen Franken, zwei Jahre später wurde sie zum Mitglied der European Molecular Biology Organization (EMBO) gewählt. Am Biozentrum widmet sie sich der Frage, wie verschiedene physiologische Zustände wie Hunger oder Anstrengung selektiv die Bildung von bestimmten Neuronen und Stützzellen auslösen. Und im Moment brennt ihre Gruppe darauf, aufzudecken, welche Rolle die Stammzellen und ihre Nachkommenschaft bei Schwangerschaft und Mutterschaft spielen.

Es ist offensichtlich, dass Fiona Doetsch die Forschung an «ihrer» Stammzellnische immer noch so aufregend findet wie am ersten Tag: «Erst kürzlich haben wir mehrere ganz neue Typen von Stützzellen entdeckt, von denen wir noch keine Ahnung haben, was sie tun. Da warten noch viele fantastische Überraschungen!»

«Ich liebe New York, aber Basel ist ein grossartiger Ort zum Leben.»

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