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M. Wogrolly-Domej Kreativität und Höhe am Beispiel des Kulturprojektes Dachstein:Cult und der Glücksmeldestelle auf Klein Matterhorn

Monika Wogrolly-Domej

Kreativität und Höhe am Beispiel des Kulturprojektes Dachstein:Cult und der Glücksmeldestelle auf Klein Matterhorn

Creativity and Altitude, Example of the Dachstein Cultural Project Dachstein:Cult and the Happiness Registry on the Klein Matterhorn

SUMMARY

From the scientific point of view, a connection between creativity and altitude would at first seem to be a matter of speculation. A cultural project on the Dachstein glacier and an idea for a project on the Klein Matterhorn, however, allow the assumption of a connection between a longer stay at moderate altitude and an increase in creativity, imagination and productivity from the philosophical and psychotherapeutic points of view. The cultural project “DACHSTEIN:CULT – Europe’s highest-lying artists’ quarantine ward” has been in operation since 2004 at the upper terminal of the Dachstein aerial tramway. The participating artists have described their subjective experience as follows: Their sleep was restless and shallow the first few nights but in the course of their ten to sixteen days stay at 2700 m asl, their feeling of wellbeing and their artistic inspiration increased. Without exception, the artists noted better concentration and artistic productivity. Those who worked in the visual arts produced more pictures in less time than they would have at their accustomed altitude; writers could concentrate better and produced texts faster. Initial adaptive problems such as restless sleep, cough, dry mouth and fatigue were replaced by an increasing sense of security and alertness, more drive and optimism. All in all, hypoxia may brighten the artist’s mood, whereby the effect of positive group dynamics and the special situation of the Alpine setting should also be taken into account. The – as of yet – unrealized project for the world’s highest located happiness registry on the Klein Matterhorn in Zermatt should serve to round out thoughts as to the relationship between creativity and altitude. Keywords: Creativity, moderate altitude, hypoxia, artists’quarantine ward

ZUSAMMENFASSUNG

Dass es einen Zusammenhang zwischen Kreativität und Höhe gibt, erscheint zunächst vor naturwissenschaftlichem Hintergrund rein spekulativ. Ein Kulturprojekt am Dachsteingletscher und eine Projektidee auf Klein Matterhorn lassen jedoch die Annahme eines Zusammenhanges zwischen einem längeren Höhenaufenthalt in mittlerer Höhenlage und einer Zunahme an Kreativität, Einfallsreichtum und Schaffenskraft aus philosophischer und psychotherapeutischer Sicht zu. Am Beispiel des seit 2004 in der Bergstation der Dachstein-Seilbahn stattfindenden Kulturprojektes „DACHSTEIN:CULT – Europas höchste Künstlerquarantäne“ wurde folgender subjektiver Effekt von den teilnehmenden Künstlern beschrieben: Während der Schlaf in den ersten Nächten als unruhig und seicht bezeichnet wurde, kam es während des zehn- bis sechzehntägigen Aufenthaltes auf 2.700 Höhenmetern subjektiv zu einem Anstieg des Wohlbefindens und der künstlerischen Inspiration. Ausnahmslos alle Künstler bemerkten eine erhöhte Konzentration und Schaffenskraft. Bei Bildenden Künstlern entstanden in kürzerer Zeit mehr Bilder als in Talebene, bei Schriftstellern stiegen die Konzentration und Schnelligkeit beim Verfassen von Texten. Anfängliche Anpassungsschwierigkeiten wie unruhiger Schlaf, Hüsteln, Mundtrockenheit und Müdigkeit wurden durch ein zunehmendes Gefühl der Geborgenheit, Wachheit, einen gesteigerten Antrieb und Optimismus abgelöst. Insgesamt mag sich die „Hypoxie-Stimmung“ aufhellend auf die Befindlichkeit der Künstler auswirken, wobei der Anteil einer positiven Gruppendynamik und der exklusiven Situation in alpiner Landschaft hier mitzudenken sind. Das noch nicht realisierte Projektkonzept zur weltweit höchsten Glücksmeldestelle auf Klein Matterhorn in Zermatt soll die Überlegungen zu einem Zusammenhang zwischen Kreativität und Höhe abrunden. Schlüsselwörter: Kreativität, mittlere Höhenlage, Hypoxie, Künstlerquarantäne, Glücksmeldestelle

EINLEITUNG

Ist Kreativität mit naturwissenschaftlichen Erkenntnismethoden evaluierbar? Die Antwort ist gewiss nein. Kreativität ist mit objektiven Kriterien weder nachweisbar noch messbar. Neben den etablierten naturwissenschaftlichen existieren geisteswissenschaftliche Erkenntnismethoden, welche im Zeitalter der Biotechnologie zunehmend kontroversiell diskutiert wurden, aber sich gerade im letzten Jahrzehnt wieder steigernder Beliebtheit erfreuen. Auch und gerade unter Verfechtern einer „Evidence Based Medicine“ konnte die Autorin im Zuge eines dreijährigen Forschungsprojektes des Fonds zur Förderung wissenschaftlicher Forschung (FWF) zum Arzt-Patienten-Verhältnis (1) eine zunehmende Sehnsucht nach philosophischen Fragestellungen feststellen, wenngleich dies sehr gern von vielen Ärzten zugleich selbstkritisch als „unwissenschaftlich“, „irra-

tional“ und „affektgeladen“ bezeichnet und als „menschliche Schwäche“ eher negativ konnotiert wurde. Auf die Sehnsucht der Medizin nach der Philosophie, eine Wiederannäherung empirisch-analytischer und philosophischer Grundhaltungen und den Methodenstreit zwischen Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften kann im Folgenden nicht näher eingegangen werden. Die Autorin beschränkt sich in ihren Überlegungen auf eine phänomenologische Skizze von zwei Kulturprojekten im alpinen Raum und ist dabei auf eine möglichst wertneutrale Darstellung bedacht. Die Ausgangsthese lautet, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Aufenthalt von Kulturschaffenden (im Folgenden: „Künstler“ genannt) in alpiner Umgebung und dem subjektiv berichteten Empfindungsqualitäten wie „gesteigertes Wohlbefinden“, „mehr Energie“, „einen kreativen Dopingeffekt“ gibt. Ein für „alpine Kreativität“ international modellhaftes Kulturprojekt begann 2004 am Dachstein.

DACHSTEIN:CULT – EUROPAS HÖCHSTER KULTURSTÜTZPUNKT

Unter dem Titel „Dachstein:Cult - Europas höchster Kulturstützpunkt“ öffneten im Oktober 2004 die weltweit höchsten Gastateliers für Künstler ihre Pforten. Die Grazer Kulturinitiative ART:NETWORK hatte unter der Leitung der Verfasserin den PlanaiHochwurzen-Bahnen als Seilbahnbetreibern ein Konzept für ein periodisches Projekt vorgelegt, welches bis zum heutigen Tag läuft. Die Idee dahinter war, den Einfluss der Höhe auf die psychophysische Befindlichkeit der teilnehmenden Künstler zu nützen. In Form einer so genannten „Künstlerquarantäne“ verbrachten Künstler aus aller Welt zwei Mal jährlich bei so genannten Frühjahrs- und Herbstateliers, ebenso wie aus der Region Ramsau am Dachstein und Schladming, bis zu sechzehn Tage auf einer Höhenlage von 2700 Metern in der Bergstation der Hunerkogelgondelbahn. Folgende Einflüsse der Höhe machten sich in den Erfahrungsberichten von insgesamt vierundzwanzig befragten Künstlern bemerkbar:

Lufttrockenheit Kälte Wind Licht (Helligkeit) Akustik (Stille) Hypoxie (v. a. im Schlaf) Farben (Schnee) Tourismus

Hinzu kamen Bedingungen, welche mit der Unterbringung im ehemaligen „Alten Restaurant“ einhergingen; so beschrieben die Künstler die ersten Nächte als „unter-

kühlend“, da sie die Temperaturregelung in den Innenräumen noch nicht beherrschten, oder wurde ein anhaltender Summton vermerkt, der auf Maschinen zurückzuführen war. Beide Probleme konnten jedes Mal in Zusammenarbeit mit Seilbahnbediensteten zur Zufriedenheit gelöst werden.

WOHNEN UND VERPFLEGUNG

Neben einer Gruppe von mindestens zwei und maximal neun Künstlern bewohnte stets ein wechselnder Maschinist der Planai-Hochwurzen-Bahnen die Bergstation. Für Hygienemaßnahmen wurden in der Talstation in einem dort gelegenen Hotel Zimmer gemietet, so dass der Höhenaufenthalt immer wieder unterbrochen wurde, um sich frisch zu machen und zu duschen. Man kann sagen, dass die Künstler sich schnell mit den Gegebenheiten ihrer abgelegenen Wohngemeinschaft anfreundeten und mit einer nach dem 3. Tag schon routinierten Haltung in der Seilbahn von der Talstation (1.700 m) zur Bergstation (2.700 m) fuhren, als wären sie in einer Großstadt mit der U-Bahn zur Arbeit unterwegs. Für die Verpflegung kamen die Künstler durch in den umliegenden Supermärkten gemachte Lebensmitteleinkäufe selbst auf bzw. gab es eine Gruppeneinladung in regionale Gaststätten zum Einstand und/oder zur Verabschiedung einer Künstlergruppe durch die Projektleitung. Manche Künstler nutzten die Infrastruktur des „Alten Restaurants“ und bereiteten sich in der Restaurantküche Mahlzeiten zu, andere zogen es vor, sich kalt zu verpflegen oder verzehrten im eine Etage tiefer gelegenen Gipfelrestaurant einfache Gerichte.

INFRASTRUKTUR

Nahezu die gesamte Infrastruktur der Bergstation war den Künstlern während ihres Aufenthaltes in „Europas höchst gelegener Kreativquarantäne“ zugänglich, inklusive Seilbahn und Schilifte. Auch die Pistengeräte konnten optional in die Feldforschung einbezogen und von den Künstlern als Transportmittel genutzt werden. Zusätzlich dienten der im Laufe der Projektdauer errichtete Dachstein-Skywalk und Eispalast als künstlerische Inspirationsquellen. So etablierte es sich zur Gewohnheit, nach der Ankunft einer neuen Künstlergruppe diese sich sternförmig auf dem Skywalk anordnen zu lassen, einem ausgesetzten Fußboden aus Glas (Foto 1), der den Blick in die Tiefe auf einen Klettersteig öffnet, wobei es Personen mit Höhenschwindel und Höhenangst merklich schwerer fiel, sich auf dem Glasfenster zu platzieren. Dieses Skywalk-Foto zu machen, wurde im Zuge der periodischen Gastateliers zum unverzichtbaren Ritus und erschien in zahlreichen nationalen und internationalen Printmedien zur Vorankündigung der „Tage der offenen Tür“.

Foto 1: Künstler am Skywalk

Foto: Art:Network

TAGE DER OFFENEN TÜR

Unter dem Motto „Kunst hautnah erlebbar machen“ veranstalteten die Projektbetreiber gegen Ende jedes Frühjahrs- und Herbstateliers so genannte „Tage der offenen Tür“. Dazu wurde eine umfassende Pressearbeit geleistet, welche sich in einem jeweils äußerst erfolgreichen Medienecho niederschlug. Als Beispiele dafür seien angeführt: Der Besuch von Deutsche Welle Welt TV während des Aufenthaltes des österreichischen Literaten und Nestroy- sowie Bachmann-Preisträgers Franzobel im Jahr 2005, woraus ein global gesendeter Fernsehbeitrag über DACHSTEIN:CULT und das „Leben der Künstler in Eis und Schnee“ hervorging. Das Alpen-Donau-Adria-Magazin mit Günther Ziesel stattete dem ersten Gastatelier (Frühjahrsatelier 2005) einen Besuch ab und wurde im Raum Österreich-Slowenien-Kroatien und Italien ausgestrahlt. Der ORF, Landesstudio Steiermark, die Kleine Zeitung und die Kronenzeitung, Kurier und Salzburger Nachrichten sowie die regionale Ennstaler Woche berichteten schon traditionell über die jeweilige Zusammensetzung einer neuen Künstlergruppe. Das Leitbild, Kunst für alle Zielgruppen zu erschließen und zugänglich zu machen, erfüllte sich aus Sicht der Projektbetreiber spätestens mit dem Besuch zweier Gondelwarte im Kunsthaus Graz bei „DACHSTEIN:CULT GOES GRAZ 2008“. Raimund Brandner, einer der beiden Angestellten der Planai-Hochwurzen-Bahnen, war vom Text des Literaten Franzobel über eine Seilbahnfahrt mit einem pferdefüßigen Berufskollegen („Gondoliere vom

Dachstein, der dasteht wie eine Stewardess“) so angetan, dass er zu dem Schluss kam, sich nun auch kompetent für Kunst zu fühlen und erkannt zu haben, dass Kunst Grenzen überschreiten dürfe und müsse. Was ihn zu dieser Meinung gebracht habe, begründete Brandner so, dass er die Künstler Tag für Tag während des Gastateliers beobachtet und festgestellt habe, dass es „keine Aliens“, sondern normal lebende und arbeitende Menschen seien. Das Klischee vom weltfremden und faul in den Tag hinein lebenden Künstler konnte somit durch die Koexistenz von Künstlern und Seilbahnbediensteten wenigstens innerhalb des Projektes DACHSTEIN:CULT widerlegt werden. An den Tagen der offenen Tür war es Medienvertretern und Besuchern des Dachsteingletschers möglich, den Künstlern bei der Arbeit über die Schulter zu schauen und so besser zu ermessen, wie Kunstwerke zustande kommen. Es wurden keine fertigen Endprodukte vorgestellt, sondern künstlerische „work in progress“. Ein Kunstwerk jedes teilnehmenden Künstlers wurde jeweils für eine Dauerausstellung im Kontext der „Kunst im öffentlichen Raum“ am Wartebereich der Talfahrt der Hunerkogelgondelbahn hinterlassen. Dort befindet sich etwa das überlebensgroße Portrait besagten Gondelwartes Raimund Brandner, Acryl auf Leinen, des Künstlers Herbert Soltys. Dieses Bild wurde auch in der Stiftung Starke in Berlin-Grunewald ausgestellt, zum Thema „Kunst als Transportmittel und Intermedium zwischen geografischen Punkten“. An den „Tagen der offenen Türen“ wurden so genannter „Gletscherbellini“ von DACHSTEIN:CULTProjektpaten Arrigo Cipriani der berühmten Harry’s Bar in Venedig und Brötchen des Gipfelrestaurants kredenzt, um zu zeigen, dass auch Kulinarik ein unverzichtbarer Kulturbaustein ist.

KULTUR UND WIRTSCHAFT

Die Grazer Kulturinitiative ART:NETWORK hatte es sich bei ihrer Gründung 2005 zum Ziel gesetzt, die Partnerschaft zwischen Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft zu fördern und mit medien- und öffentlichkeitswirksamen hochwertigen Kulturprojekten Berührungsängste von weniger Kunst fokussierten Wirtschaftstreibenden und Kunstskeptikern abzubauen. Die oftmals befürchtete Instrumentalisierung der Kunst durch die Wirtschaft im Sinne einer funktionalisierten „Auftragskunst“ sollte sich mit „Europas höchsten Gastateliers für Künstler“ nicht bewahrheiten. Im Gegenteil, wurde von den Projektbetreibern größter Wert auf die Freiheit der Kunst innerhalb ethischer Grenzen gelegt. Auch der Projektpartner Planai-Hochwurzen-GesmbH stimmte der prinzipiellen Freiheit der Kunst zu; so konnten auch brisante Themen wie die ausgesetzte Gefahrensituationen bei einem Brandfall in der Bergstation und die wachsende Touristifizierung und Vertechnisierung der Bergstation sowie die drohende Umwandlung des natürlichen Gletschers in ein allen zugängliches „Glacier Wonderland“, eine Disney World der Alpen kritisch in künstlerischen Arbeiten reflektiert werden.

DACHSTEIN:CULT GOES EUROPE

Unter der Bezeichnung „DACHSTEIN:CULT GOES EUROPE“ können von der Tourismusabteilung des Landes Steiermark geförderte Subprojekte des Dachprojektes DACHSTEIN:CULT zusammengefasst werden. Beginnend mit „DACHSTEIN:CULT GOES BERLIN“ im Januar 2007 startete eine Serie von Tochterprojekten innerhalb Europas. Inhaltlich handelte es sich um einen Transfer künstlerischer Ergebnisse der DACHSTEIN:CULT-Gastateliers in die Galerie der Stiftung Starke in Berlin-Grunewald und in das Kulturforum der Österreichischen Botschaft in Berlin. Deutsche Medien berichteten, der Besuch und das öffentliche Interesse lagen weit über den Erwartungen von Betreibern und Künstlern. Im Jahr 2008 gastierten bei DACHSTEIN:CULT GOES WARSAW Künstler, welche bei verschiedenen Gastateliers mitgewirkt hatten, im Österreichischen Kulturforum von Warschau. Bei DACHSTEIN:CULT GOES VENEZIA wurde ein Film gedreht, in dem der Literat Franzobel seinen am Dachstein verfassten Text über den Absturz einer Gondel in einer venezianischen Gondel, mit gestreiftem Ruderleibchen gekleidet wie ein Gondoliere, liest. Analogien und Parallelen zwischen dem Dachstein-Gastatelier auf fast 3000 Höhenmetern und der Lagunenstadt auf 0 Metern Seehöhe werden im Film offenbar. Der DACHSTEIN:CULT GOES VENEZIA-Film wurde bei DACHSTEIN:CULT GOES GRAZ (ein seit 2005 jährlich in der Hauptstadt der Steiermark an unterschiedlichen Orten wie Galerien, dem Casino Graz und dem Grazer Kunsthaus stattfindendes Kulturereignis) im „Friendly Alien“, dem Grazer Kunsthaus, gezeigt. Das Motto des Films war „Hier wie dort“, zumal es hier wie dort, am Dachstein und in Venedig – mit Schibrillen (Dachstein) bzw. Augenmasken (Venedig) maskierte Touristen gab, hier wie dort Vögel, Dohlen (Dachstein) und Tauben (Venedig), und hier wie dort waren die Menschen auf der Suche nach Attraktionen für Fotoaufnahmen. Beide Orte wurden touristisch vermarktet. Durch den literarischen Text des Schriftstellers Franzobel konnten der Dachstein und Venedig über „Kunst als Transportmittel“ in Verbindung gesetzt werden. Dieser Effekt kann als ein Hauptauftrag der Kunst betrachtet werden, Grenzen überschreitend und Kulturen verbindend zu wirken. 2009 sollte die verbindende Wirkung der am Dachstein entstandenen Kunst bei „DACHSTEIN:CULT GOES NEW YORK“ ihren Höhepunkt erreichen.

FINANZIERUNG

Finanziert wurde das Projekt DACHSTEIN:CULT durch die mit einem 5-jährigen Businessplan begründete Kooperationspartnerschaft mit den Planai-Hochwurzen-Bahnen sowie ferner durch Förderungen aus der öffentlichen Hand, welche der Trägerverein ART:NETWORK durch periodische Projektanträge an das Land Steiermark, die Kultur- und Tourismusabteilung, sowie an die Stadt Graz erwirkte. Durch das einma-

lig herausgegebene Printmedium DACHSTEIN:CULT wurde erkannt, dass über eine Zeitung auch Sponsoren aus der Wirtschaft gewonnen werden konnten. Somit wurde die Auflage des mit 10.000 Exemplaren begonnenen Mediums erhöht und erscheint seit September 2007 das österreichisch-italienische Magazin LIVING CULTURE mit 50.000 Exemplaren Auflage im 2-Monatsrhythmus, jeweils mit Beiträgen über die DACHSTEIN:CULT-Gastateliers und DACHSTEIN:CULT GOES EUROPE-Aktivitäten. Die erste Ausgabe brachte eine Titelstory und ein Exklusivinterview mit dem Extrembergsteiger Reinhold Messner. Dieser sagte im Interview den nachhaltigen Satz: „Ich fühle mich der Kunst viel näher als dem Sport.“

KÜNSTLER UND HÖHE

Die Künstlergruppen setzten sich jeweils heterogen zusammen. Das Alter der teilnehmenden Künstler betrug zwischen 23 und 72 Jahren (jüngste Teilnehmerin und ältester Teilnehmer). Herkunftsländer waren Österreich, Deutschland, Albanien und Frankreich, wobei auf Wunsch der Planai-Hochwurzen-Bahnen immer auch regionale Künstler teilnahmen. Es gab eine öffentliche Ausschreibung etwa auf der Website des Kulturamtes in Graz, ebenso wie selbstständige Bewerbungen an und Einladungen durch ART:NETWORK. Von Literatur, Bildender Kunst, Konzeptkunst, Kunstperformance bis zu Komposition, Medienkunst und kreativer Feldforschung waren alle zeitgemäßen Sparten vertreten. Den Projektbetreibern war auch der Dialog innerhalb der Künstler und das Interesse für die Aktivitäten der anderen Teilnehmer essentiell. Auch hier wirkte die exponierte Höhenlage auf den Gruppenprozess unterstützend. Bis auf ein Gastatelier, an dem die Minimalanzahl von zwei männlichen Teilnehmern verzeichnet wurde, kam es stets zu einem positiven Gruppenprozess, der zu über die Atelierdauer hinausreichenden Freundschaften führte. Die Höhe wurde von allen Künstlern als „Horizont- und Bewusstseinserweiternd“ geschildert. Eine Künstlerin beschrieb die Stille, wenn die letzte Seilbahn zu Tale gefahren ist, als eine Stille, „die man hören kann“. Die besonderen Sinneseindrücke des Gletschers schlugen sich in der subjektiven Stimmung und in der Arbeitsweise nieder. Weniger die inhaltliche Ausbildung der Arbeiten veränderte sich, es wurde eher ein veränderter Schaffensprozess mit Worten wie „intensiver, schneller, impulsiver, ausdrucksvoller“ beschrieben.

ALPINE KREATIVITÄT

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass schwerlich zu entscheiden ist, ob der Zusammenhang zwischen gesteigerter Kreativität und dem Höhenaufenthalt von Künstlern ein willkürlicher ist. Letztlich kann sich die Autorin nur auf geschilderte Phänomene der Selbstwahrnehmung von Künstlern und ihre Fremdwahrnehmung der Künstler zu

Beginn, in der Mitte und am Ende von Gastateliers in mittlerer Höhenlage berufen. Die einhellige Schilderung aller teilnehmender Künstler, dass sie weniger Schlaf benötigt hätten und ausgeruht und voller Schaffensdrang trotz Schlafreduktion gewesen seien, legt den Verdacht nahe, dass gerade Künstler zu einer besonders sensiblen Auffassung der Höhe und den damit verbundenen Bedingungen neigen. Ein Projekt, das sich den therapeutischen Effekt der Höhe zueigen macht, ist noch in Planung und wurde vom Peak-Architekten Heinz Julen den Zermatt-Bergbahnen innerhalb seines architektonischen Projektes für Klein Matterhorn vorgelegt.

GLÜCKSMELDESTELLE AUF KLEIN MATTERHORN: ONE NIGHT STAY IN THE SPACE OF HAPPINESS

Ein weiteres in Planung befindliches Projekt, das sich mit gewünschten Auswirkungen der Höhe auf den menschlichen Organismus befasst, ist das 2006 begonnene Projekt der „weltweit höchsten Glücksmeldestelle“. Im Rahmen dieses Projektkonzeptes, das u. a. den Zermatt Bergbahnen und Zermatt Tourismus vorgelegt wurde, soll durch den gezielten Höhenaufenthalt von Personen die bewusstseinsverändernde Wirkung der Höhe von Klein Matterhorn (fast 4.000 Metern) therapeutisch genutzt werden. Da das Projekt im Begutachtungsstadium ist, besteht darüber gegenwärtig Verschwiegenheitspflicht, ehe die Möglichkeiten zur Realisierung bekannt werden. Die Autorin ist zusammenfassend der Überzeugung, dass Höhenaufenthalte zur gezielten Burnoutprophylaxe und für psychotherapeutische Settings künftig vermehrt zu erschließen sein werden. Glücksgefühle durch Hypoxie sind Gegenstand einer Untersuchung zusammen mit dem Neuropsychologen Robb Waanders.

DANKSAGUNGEN

Land Steiermark Kultur und Tourismus Unternehmen Planai-Hochwurzen Stadt Graz Kultur Heinz Julen, Zermatt ÖGAHM

LITERATURVERZEICHNIS

(1) Wogrolly-Domej M. Abbilder Gottes. Demente, Komatöse, Hirntote. Verlag Styria-Pichler, Wien 2004

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