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Aktuelles Probezeit

Für vier Musikerinnen und Musiker ging eine aufregende Phase zu Ende: Paula Ernesaks, László Gál, Andraž Golob und Matic Kuder haben ihre Probezeit bestanden. Herzlichen Glückwunsch! Phil stellt Ihnen die neuen Mitglieder der Berliner Philharmoniker vor.

Paula Ernesaks Horn

»Mein erster Gedanke war, dass die nächsten 40 Jahre meines Lebens nun vorgezeichnet sind und dass ich sie mit einem Traumjob verbringen werde«, antwortet Paula Ernesaks auf die Frage, was ihr bei der Nachricht über die bestandene Probezeit durch den Kopf ging. Die aus einer estnischen Familie stammende Musikerin schaffte im März 2022 den Sprung in die Horngruppe der Berliner Philharmoniker. Anfänglich spielte Paula Ernesaks Klavier, aber über eine Freundin, die mit Begeisterung Horn im Orchester spielte, kam sie auf die Idee, auch Horn zu lernen, weil ihr das Instrument wegen seines Aussehens und Klangs sehr gefiel. Mit 14 Jahren begann sie ihr Studium am Espoo Music Institute und wechselte 2012 an die Sibelius-Akademie, wo sie Schülerin von Jukka Harju wurde und ihr Studium 2021 mit dem Bachelor abschloss.

Als Mitglied in verschiedenen Jugendorchestern entdeckte Paula Ernesaks dann, wie beglückend es ist, in einem Orchester zu spielen und entschied, dies zu ihrem Beruf zu machen. Orchestererfahrung sammelte sie im Verbier Festival Orchestra, im Mahler Chamber Orchestra sowie der Norddeutschen Philharmonie Rostock. In der Saison 2017/18 spielte die Hornistin, die durch das Ausbildungsprogramm der Finnischen Nationaloper und des Finnischen Radiosymphonieorchesters gefördert wurde, im Kuopio Symphony Orchestra. Von Finnland kam sie als Stipendiatin an die Karajan-Akademie und von dort über das Probespiel direkt ins Orchester. Als größte Herausforderung während der Probezeit empfand sie es, nicht daran zu denken, dass sie noch in der Probezeit ist. »Sobald ich mich an die Arbeitsroutine gewöhnt hatte, wurde es leichter. Schließlich wollte ich die Zeit mit dem Orchester auskosten –egal, ob es zwei oder 40 Jahre sind!« In den vergangenen Monaten habe sie – so die Musikerin – viel gelernt. Die Arbeit im

Orchester empfinde sie nicht nur als eine Quelle des Glücks, sondern als eine Möglichkeit, sich immer weiterzuentwickeln. »Ich hoffe jedenfalls, dass ich so lange lernen werde, bis ich eine der Ältesten im Orchester bin.« 

László Gál wusste bereits als Schuljunge, dass er Orchestermusiker werden will. »Gemeinsam zu musizieren macht mich glücklich«, meint der Ungar, der das Metier durch seinen Vater und Großvater, beide Solohornisten in Budapester Orchestern, von klein auf kennengelernt hat. Zudem verliebte er sich in den vielseitigen Klang des Horns, der sich so gut sowohl mit den Holz- als auch den Blechbläsern mischen kann. Nur logisch, dass er dieses Instrument auch lernen wollte. Schon während der Schulzeit gewann er bei nationalen Wettbewerben 1. Preise. 2015 kam László Gál nach Berlin, um an der Universität der Künste bei ChristianFriedrich Dallmann zu studieren. Anschließend besuchte er die Orchesterakademie der Staatskapelle Berlin und sammelte in der Staatskapelle am dritten Horn erste Orchestererfahrung, ehe er im Mai 2022 die Stelle bei den Berliner Philharmonikern erhielt, einem Orchester, dem er sich schon lange verbunden fühlt. »Ich bin mit den Aufnahmen der Berliner Philharmoniker aufgewachsen und hätte nie gedacht, dass ich einmal hier spielen darf. Ein Traum ist wahr geworden!«

Eine herausfordernde Zeit begann. Um gut vorbereitet in die erste Probe gehen zu können und sich sicher zu fühlen, übte er nicht nur seine Stimme, sondern erarbeitete sich jede Woche sämtliche Werke mit der Partitur. Nach der bestandenen Probezeit freut er sich nun, dass diese stressige Situation vorbei und er ein offizielles Mitglied der Berliner Philharmoniker geworden ist. »Aber es gilt, auf dem höchsten Niveau weiterzumachen.« Im vergangenen Jahr habe er – so der Musiker – sehr viel gelernt, vor allem genau auf die anderen zu hören und selbst auf die kleinsten Details zu achten. »Dank der Zusammenarbeit mit berühmten Dirigenten und außergewöhnlichen Kolleginnen und Kollegen ist mein musikalisches Verständnis viel bunter geworden.« 

Andraž Golob Bassklarinette

Matic Kuder

Klarinette

Der Morgen, an dem Matic Kuder auf das Ergebnis der Abstimmung wartete, zählt zu den aufregendsten Momenten seines Lebens. »Nach den spannenden und herausfordernden Wochen in Baden-Baden und der Aufführung von Schostakowitschs Sechster Symphonie in der Abstimmungswoche war die Nachricht über das bestandene Probejahr eine große Erleichterung. Ich bin glücklich und stolz«, meint der Klarinettist, der seit Dezember 2021 in der Holzbläsergruppe der Berliner Philharmoniker spielt.

Klarinette zu lernen, war für den gebürtigen Slowenen naheliegend, weil in der Familie ein Cousin und ein Onkel das Instrument spielten. Von Letzterem erhielt er auch seinen ersten Klarinettenunterricht. Später studierte Matic Kuder in Ljubljana am Konservatorium für Musik und Ballett bei Dusan Sodja und an der Akademie für Musik, außerdem an der Kunstuniversität Graz bei Gerald Pachinger sowie an der Nürnberger Hochschule für Musik bei

Thomas Holzmann. Erste Orchestererfahrung sammelte er als Mitglied des Gustav Mahler Jugendorchesters. Die positiven Erlebnisse in diesem Klangkörper trugen maßgeblich dazu bei, dass Matic Kuder sich für den Beruf des Orchestermusikers entschied. Der Preisträger mehrerer internationaler Wettbewerbe begann seine Laufbahn 2017 als Soloklarinettist bei den Nürnberger Symphonikern, ehe er vier Jahre später zu den Berliner Philharmonikern wechselte. Während der Probezeit galt es, sich möglichst gut ins Orchester zu integrieren – und trotzdem den eigenen, persönlichen Stil zu wahren. Dass dies gut gelang, verdanke er – so der Musiker – auch der Unterstützung seiner Kolleginnen und Kollegen. »Die waren eine sehr große Hilfe! Ihre wertvollen Tipps und ihr konstruktives Feedback haben mich immer ein Stück weitergebracht.« Durch das gemeinsame Musizieren mit den anderen Orchestermitgliedern hätte er sich persönlich und musikalisch enorm weiterentwickelt. Was er als größte Herausforderung empfand?

»Das Orchester verlangt von uns eine unglaubliche Leistung – in jeder Probe und jedem Konzert müssen wir aufs Höchste konzentriert und immer in Form sein.«

Nur langsam sickerte die Nachricht über die bestandene Probezeit in Andraž Golobs Bewusstsein. »Erst als mir im Laufe des Tages auf einmal alle gratulierten und mich umarmten, realisierte ich, dass ich nun ein Teil dieser wunderbaren Familie geworden bin«, erzählt der Bassklarinettist, der seit Oktober 2021 in der Holzbläsergruppe der Berliner Philharmoniker spielt. Den Weg dorthin beschritt der Slowene von der Musikschule seiner Heimatstadt Celje über ein Musikstudium in Graz bei Gerald Pachinger und Bertram Egger und eine Ausbildung an der Orchesterakademie der Wiener Philharmoniker. Schon während des Studiums entdeckte der mehrfache Preisträger internationaler Wettbewerbe die Freude am gemeinsamen Musizieren und entschied, die Laufbahn eines Orchestermusikers einzuschlagen. Erste Orchestererfahrung sammelte er durch Aushilfstätigkeiten beim Philharmonischen Orchester Graz, bei den Nürnberger Symphonikern und an der Wiener Staatsoper sowie als Mitglied des Gustav Mahler Jugendorchesters.

Die Probezeit bei den Berliner Philharmonikern war für Andraž Golob eine wichtige Phase, um seine Rolle im Orchester zu finden und sich nicht zu sehr mit den eigenen Zweifeln zu beschäftigen. »Auch als ich noch nicht sicher sein konnte, dass ich hier bleiben werde, habe ich jeden Moment genießen können und deswegen unvergessliche Konzerte erlebt!« Gleichzeitig empfand er die vergangenen eineinhalb Jahre als sehr motivierend – dank der inspirierenden Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen, von denen er viel gelernt hat. Ihre Musizierlust und Risikofreude hätten ihn – so der Klarinettist – angesteckt und künstlerisch wachsen lassen. »Das gilt auch für unseren Chefdirigenten Kirill Petrenko: ein frischer Impuls von seiner Seite und auf einmal wird für mich alles neu und interessant. Diese Erfahrungen begleiten mich im Alltag und machen mich zu einem besseren Musiker!«