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Bewusster reisen

Abenteuer Deutschland / Foto: Maximilian Semsch

Im Herbst sollen die Mundologia-Vorträge wieder stattfinden

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Tobias Hauser, 51, veranstaltet seit 2004 jährlich Anfang Februar das Reportagen-Festival Mundologia. Mittlerweile zusammen mit David Hettich und nun in der achtzehnten Saison. Vor zwölf Jahren wechselte das Festival wegen der steigenden Besucherzahl vom Bürgerhaus am Seepark ins Konzerthaus Freiburg. Im Herbst und Winter finden zusätz- lich einzelne Veranstaltungen der Mundologia-Reihe statt.

Mundologia-Reportagen stillen vor allem Sehnsucht und sehen sich weniger als Reise-Ratgeber, nicht wahr?

Richtig, uns geht es um Weltkenntnis, genau das heißt Mundologia. Wir zeigen Reportagen von oft unbekannten Gebieten, Kulturen, aber auch Probleme der Welt. Bestimmt bekommen Zuschauer auch Reisetipps, aber darum geht es uns nicht. Wir wollen Spannendes berichten und guten Journalismus bieten. Die Leute sollen auch inspiriert werden, bewusster zu reisen.

Die Reiseeinschränkungen werden die kommenden Besucherzahlen vielleicht weniger stark betreffen?

Vermutlich nicht. Die Zeitspanne, in der man so gut wie gar nicht reisen konnte, war ja zudem verhältnismäßig kurz. Die Hauptauswirkung der Pandemie für uns war natürlich der Umstand, dass wir gar keine Reportagen veranstalten konnten.

Geht der Trend zu kleinen Veranstaltungen?

Die Stadtverwaltung wollte uns vor der Pandemie von den Wachstumsmöglichkeiten bei einem Wechsel in die Messe überzeugen. Nochmals größer zu werden, hat uns nicht gereizt. Das Konzerthaus passt also, wir finden, es ist dort tatsächlich überschaubar, familiär, es gibt die notwendige menschliche Wärme. Kleinere Veranstaltungen wären eher notwendiges Übel, sind aber nicht unser Ziel.

Und falls das nicht klappen sollte?

Wir haben überlegt, was online möglich ist, was uns reizen würde, Talk-Runden vielleicht zu bestimmten Themen, aber das macht uns nicht glücklich. Für Veranstaltungen draußen ist das Wetterrisiko zu groß, auch im Sommer. Unsere Reportagen passen auch besser in die Wintermonate.

Die Vorträge werden außerdem regionaler und folgen dem Heimat-Trend?

Wir wollten im Frühjahr „Mit dem E-Bike durch Deutschland“ zeigen, das sind gleich zwei Trends. Wir hatten zuvor „Wildnis vor der Haustüre“, das lief sehr gut. Naturthemen aus der Region und Reisen durch Deutschland und unsere Nachbarstaaten kommen gut an, gerade jetzt, wo viele lieber in der Nähe ihren Urlaub verbringen. Aber das Angebot an guten Reportagen in diesem Bereich ist sehr überschaubar. Bevor wir schlechte Vorträge zeigen, folgen wir dem Trend lieber nicht.

Wie positioniert sich Mundologia innerhalb der Klimadebatte?

Wir müssen unseren Fußabdruck natürlich klein halten und neue Wege des Reisens entdecken, mit dem Rad, mit der Bahn oder große Wanderungen. Durch nachhaltig gestaltete Fernreisen wird die Natur in vielen Ländern immerhin geschützt. Dazu müssen die Menschen und nicht nur Hotelketten vor Ort am Tourismus verdienen können. Momentan wird offenbar aufgrund fehlender Touristen verstärkt Wald gerodet und gewildert, Hotels werden geplündert, Nationalparkangestellte erhalten kein Gehalt. Wir würden aber dazu raten, lieber eine längere Flugreise zu machen, als fünf kleine. Mittlerweile gibt es auch einige Öko-Reiseportale für nachhaltige und faire Reisen.

Wird die Pandemie das Reiseverhalten verändern?

Das Thema hatten wir intern oft. Wir glauben, es wird einen Boom geben, aber eher weniger für solche Reisen in kleineren Gruppen, wie wir sie propagieren.

Wie überstand die Mundologia-GbR die vergangenen eineinhalb Jahre?

Wir sind ein kleines, erfolgreiches Unternehmen und konnten unser Büro aufgeben, Mitarbeiter waren in Kurzarbeit. Unsere Rücklagen verkrafteten den vollkommenen Einkommenseinbruch. Wir haben glücklicherweise Kooperationspartner, die meinten: „Uns traf die Krise nicht, deswegen wollen wir gerade jetzt Partner bleiben.“ Nicht mehr arbeiten zu dürfen, ist aber nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine psychologische Herausforderung. Wir lieben, was wir tun. Manche Referenten mussten dagegen in ihre früheren Berufe zurück. Sie hatten aufgrund der Reisebeschränkungen auch kaum Möglichkeiten, neue Reportagen zu erstellen.

Abenteuer Deutschland / Foto: Maximilian Semsch

Konntet ihr Dinge angehen, die sonst eher Ideen blieben?

Wir haben nun ein Freunde-Programm. Sie unterstützen uns mit einem kleinen Beitrag und haben dann die Chance, noch näher am Geschehen dran zu sein, die Arbeit hinter den Kulissen zu erleben und uns, das Team und unsere Referenten persönlich zu treffen. Schön wäre es, wenn sich eine richtige Gemeinschaft bildet, die das Interesse an Reisen und Fotografie verbindet. Ich habe außerdem privat meine Diabestände durchgeschaut und ganz viel weggeworfen. Wir haben ansonsten viel geplant und Veranstaltungen vorbereitet, es war dann frustrierend, als nichts davon stattfinden konnte. Aber das traf ja alle in der Branche.

Ansonsten steckt Mundologia wieder in den Startlöchern?

Wir konnten unser Programm großteils um ein Jahr verlegen. Dann werden Dr. Bertrand Piccard, Reinhold Messner, Stefan Forster, Markus Lanz, Michael Martin, Hans Kammerlander dabei sein und etwa 40 weitere Referentinnen und Referenten.

Interview: Nils Theurer

Abenteuer Deutschland / Foto: Maximilian Semsch Tobias Hauser

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