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Was macht denn eigentlich ein Ehrenrat?

Porträt Stephan Asanger

Stephan Asanger trifft Entscheidungen und behält den Überblick – auch wenn die Hütte brennt. Das Letztere ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn der 47 Jahre alte Qualitätsprüfer eines Brandschutzunternehmens in der Region ist Gruppenführer in der Freiwilligen Feuerwehr Staufen. Dort ist Stephan unter anderem mitverantwortlich für den Bereich Absturzsicherung und einfaches Retten aus Höhen und Tiefen. Diese Themen brachten ihn zur Freiburger Sektion des DAV. Er wollte über den Tellerrand schauen und zusätzlich das Klettern und Fallen aus der Höhe im Kletterzentrum der Sektion lernen und üben. Stephan trat im September 2021 in den DAV ein und schon bald folgte der Topropekurs. Als Neumitglied war Stephan gespannt auf die erste Mitgliederversammlung, die Anfang 2022 aus bekannten Gründen digital stattfand. Verschiedene Posten waren in der Sektion neu zu besetzen. Als es darum ging, Kandidaten für den Ehrenrat zu finden, stellte Stephan neugierig im Chat die Frage, was denn die Aufgaben eines Ehrenrats seien. So erinnert er sich, allerdings wurde die unschuldige Frage als Interesse an einer Kandidatur gedeutet und bevor Stephan sich versah, war er auf sechs Jahre zum Ehrenratsmitglied der Sektion gewählt. So geschieht es manchmal in Vereinen wie unserem, wo die Begeisterung groß ist, aber die Zahl der ehrenamtlichen Helfer selten ausreicht: Wer bei drei nicht auf den Bäumen ist…

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Stephan trägt seine überraschende Bestellung zum Ehrenrat mit Humor und Gelassenheit: „So kann ich zumindest herausfinden, was die Antwort auf meine Frage ist.“ Der Ehrenrat hat neben Stephan vier weitere Mitglieder und ist eine Art Schiedsgericht bei vereinsinternen Streitigkeiten. Er berät den Vorstand mit Lösungsvorschlägen nach gründlicher Untersuchung des Sachverhalts und kann, falls notwendig, Vereinsmitglieder ausschließen.

Es ist eine wichtige Funktion in der Sektion, aber auch eine, deren Arbeit, wenn alles gut läuft, nicht benötigt wird. So erklärt sich vielleicht, warum Stephan seit der besagten Wahl noch keine weiteren Informationen zu seinem neuen Amt erhalten hat. „Das ist eigentlich schade; es wäre interessant, sich mit den

Stephan Asanger

Einsatz bei der freiwilligen Feuerwehr

anderen Ehrenräten und dem Vorstand über generelle Prinzipien auszutauschen, damit ich, wenn es einen Fall gibt, wirklich helfen kann“, sagt Stephan. „Aber vielleicht ist eine gewisse Ahnungslosigkeit auch von Vorteil, um möglichst neutral an Streitfälle herangehen zu können“, überlegt er weiter. Stephan hofft, spätestens bei der nächsten Mitgliederversammlung im Herbst, andere Ehrenratsmitglieder persönlich zu treffen.

Im DAV hat Stephan bisher hauptsächlich das Kletterzentrum kennengelernt. Die Freundlichkeit und Kompetenz der Trainer, ihre Hilfsbereitschaft und Offenheit haben ihn beeindruckt. Im September 2022 machte er dort einen Vorstiegkurs. In Zukunft kann er sich gut vorstellen, neben dem Klettern in der Halle auch am Fels zu klettern. Die Frage ist nur, wann, denn neben seinem Beruf und dem Einsatz bei der freiwilligen Feuerwehr gibt es noch viele andere Aktivitäten, die Stephan begeistern. Er fotografiert und wendet sich in letzter Zeit besonders der Makrofotografie zu. Stephan hält sich mit Funktionstraining und Touren mit seinem Gravelbike fit. Während des Lockdowns hat sich Stephan mit dem Vanlife-Virus angesteckt. Er bestückte seinen Dacia Dokker mit einem Dachzelt und baute ihn zum gemütlichen Zuhause für unterwegs aus. Dann gibt es noch das Motorradfahren, obwohl Stephan das vielleicht jetzt oder in naher Zukunft aufgeben wird. „Ich habe viele tolle Touren in Europa, sogar bis nach Griechenland, mit meiner BMW-Enduro unternommen, aber jetzt gefällt mir das Fahren aus eigener Kraft mit meinem Gravelbike besser.“

Als 2021 die Flutkatastrophe das Ahrtal traf, half Stephan als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Staufen bei Hilfsgütertransporten und fuhr viermal in das betroffene Gebiet. „Es ist furchtbar, wenn man das Ausmaß der Zerstörung vor Ort sieht“, sagt Stephan. „Man hat es im Fernsehen gesehen, aber es ist noch mal ganz anders, wenn man es mit eigenen Augen sieht und die Verzweiflung der Menschen erlebt. Eigentlich waren wir nur für den Transport dort, aber dann setzten wir uns hin, hörten den Erzählungen der Betroffenen zu und waren erschüttert.“ Stephan packt an, wo es nötig ist. Es war ein Glücksfall für die Sektion, dass er sich neugierig auf die Wahl zum Ehrenrat eingelassen hat, und es war die Chance, ein engagiertes Mitglied zu gewinnen.

Heike Schwende Fotos von Stephan Asanger

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