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Historie der Schützengilde Barlo (F.-J. Lensing

Abrechnungsbuch sowie die original Schützenkette der Schützengilde Barlo von 1571

Ein erster schriftlicher Nachweis ist für 1571 in einem alten in Schweinsleder gebundenen Abrechnungsbuch der „Schütterie“ Barlo belegt und bezieht sich auf eine silberne Schützenkette, in deren Mitte ein Schild mit dem Abbild des heiligen Georg in vergoldeter Form dargestellt wird. Darunter befindet sich ein anhängender „flitzbogen“ (Armbrust) mit dem adeligen Wappen des Herrn Otten von Welvelde zu Diepenbrock und seiner „Hochwürdigen und Wollgebohren Frau Maria von Welvelde“. Sie war vorher Äbtissin des frei adeligen Stifts zu Wesel. Zudem war sie die Tochter von Ottens ältestem Bruder Geert von Welvelde, also seine Nichte. Die Schützenkette ist 1951 von Dr. Pieper (wissenschaftlicher Sachbearbeiter des Landesmuseums Münster) untersucht worden. Er bemerkte, dass die höchstens 1,5 cm große Figur des St. Georg eine interessante künstlerische Arbeit sei, die weit über dem Durchschnitt liege. Das Schützenschild der Georgius-Schützenbruderschaft Bocholt ist auch mit der Figur des heiligen Georg ausgestattet, silbern vergoldet und durch zwei Kettchen befestigt. Das Schützenkleinod des Hl. Georg wird dem Bocholter Künstler Israhel von Meckenem zugeschrieben. Vermutlich ist das silberne Schild wie auch die Kette jüngeren Datums; auffallend ist, dass das silberne Schild die gleiche Arbeit wie das der Barloer Schützengilde darstellt. Es könnte vom gleichen Künstler hergestellt worden sein. Anmerkung aus 1822: „Die männliche Gesellschaft (der Schützengilde Barlo) besitzen übrigens auch eine Kette mit Schildern von Silber, die der Königin bei den Schützenfeyerlichkeiten umgehangen werden, und von Bernhard von Galen herrühren sollen“. Er war von 1650 bis 1687 Fürstbischof von Münster. Das genaue Stiftungsdatum ist nicht bekannt, es muß aber weit früher gewesen sein. Denn in dem vorgenannten Buch wird in der Anleitung vermerkt: „Zur künftiger nachrichtung sey hiemit zu wissen, welches gestalt von unendlichen jahren hero sichere Schütterey im Kerspel Bocholt und Baurschaft Baerlo gestiftet und ufgerichttet“. Für Bocholt ist das älteste Schützenfest urkundlich 1407 durch ein schriftliches Dokument belegt wie vermerkt wird: die für die Armbrustschützen erforderlichen Pfeile wurden 1407 und 1408 hauptsächlich aus Borken bezogen. Seit dem Entstehen mittelalterlicher Städte gehörte es zu den Pflichten der Bürger, zur Verteidigung beizutragen. Auch in Bocholt wurden seit dem 13. Jahrhundert aus den Bürgern der Stadtviertel (Kluchten) Schützengilden gebildet, die bestimmte Mauerstücke verteidigen mussten. In Friedenszeiten übten die Schützen fleißig das Schießen mit der Armbrust, später mit Gewehren. Natürlich wurden auch gemeinsame Feste gefeiert, so genannte „gelage“. Dabei wurde auf einen „papegeve“ geschossen, einen hölzernen Vogel, der wahrscheinlich bunt wie ein Papagei geschmückt war. Schützenschild der GeorgiusSchützenbruderschaft

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Eine alte Ansicht, die das Vogelschießen symbolisiere

Sie ist in einem Poesiealbum aus dem 16. Jahrhundert überliefert. Der Inhalt besteht größtenteils aus Gedichte, Wortspiele und Sprüchen, die die „höfische Liebe“ als Thema haben. Die älteste Eintragung ist von 1551 und war ursprünglich im Besitz eines Sohnes von Seino von Welvelde und Anna von Diepenbrock, die letzte Erbin von Schloss Diepenbrock. Dort haben sich auch Gäste eingetragen.

Später kam die Handschrift durch Heirat nach Vollenhoof in Overijssel, wo es den Charakter eines Album Amicorum als Erinnerungsbuch an geselliges Zusammensein erinnert. 1591 war die letzte Eintragung. In dem Album sind 14 bunt eingefärbte Zeichnungen enthalten, wovon das erste das Allianzwappen von Welvelde (mit dem Wolskopf) und Diepenbrock (mit den zwei gekreuzten Schwertern) darstellt, welches sich heute noch am Torhaus von 1532 an der Zugbrücke auf Diepenbrock befindet.

Abb. links: Ein Verehrer schießt mit einer Armbrust auf einen Vogel und seine Angebetete fängt in einer Schürze sinnbildlich das Herzblut auf. „Das Herzblut“: Das Herz wird seit jeher als Sitz der menschlichen Liebe, Zuneigung und Güte angesehen. Es werden damit Feuer, Leidenschaft und Passion assoziiert. Herz und Blut gemeinsam drücken demnach eine besondere Zuneigung oder Engagement aus. Seit dem Mittelalter tauchen vermehrt romantische Darstellungen damit auf, wie in unseren Beispielen.

Folgende Notizen auf der Ansicht oben „ Yonkmanne wylt myeder gedencken myns hartzenbloet wyl yck u nu weder schencken“ an der Seite der Frau: „Myns hertzenbloet ontfang ick ynn mynenn schoedtt“ und dahinter: „Och dat doet my wee dat dat hart wert geschaeten en twee“ unter der Abbildung aus dem Lateinischen übersetzt: Eitelkeit der Eitelkeit, alles ist Eitelkeit. Alle Dinge vergehen, um Gott zu lieben.

Rechts, folgende Notiz auf der Ansicht: Links von dem Postament „Mennych hartze moth wal verlangen das yn der perssen lycht gevangen“. Darunter: „Och wehe hartze du lydes nu smarze het mach koemen dye tyt dat gy u drueck unde lyeden moegen worden quyet“ Rechts vom Postament „Mennych hartze let sych beslueten wer dat wys dat bleve daer wal bueten“ darunter „Och woe seer dat sye duecht dye syn hartze eyn ander befelet und syn synnen dair henne kyert daer men syender nycht en begert“ zwischen den Pfeilen „duldych hartze und lydt alle druck heft synnen tyt“ unter dem Postament im Rahmen „Lyeden is dye oerde myn

wye wyl mach myn geselle syn ych nyet“ darunter noch „Altyt gemoet eer vor‘t Frys froelich from, das ys myn ryckdem“

Das Album wurde 1980 von der Universitätsbibliothek Leiden ersteigert.

Erklärung zu der Statutenaufstellung über Bierabgaben von 1631/1652

In einem nachfolgenden Aufstellungsbericht (nach dem 30-jährigen Krieg) vom 11. Juli 1652 erfahren wir genaueres, was in der neuen Statutenaufstellung aus dem Jahre 1631 verhandelt wurde. Bei dieser Verhandlung waren auch höherstehende vereidigte Personen geladen, die den Vertrag besiegelten. Es wurde festgelegt, dass die Schulzen und größeren Bauernhöfe als Eigentümer eine entsprechende und teils unterschiedliche Menge, je nach Größe des Hofes, an Bier geben mussten. Dabei wurde auch festgelegt, dass die Anteile – je nachdem ob geschossen wird oder nicht – unterschiedlich war. Das heißt, wenn nicht geschossen wurde, brauchten sie weniger geben. Das sieht so aus, wenn ein Krieg im Anmarsch war, dass dann die Munition für den Ernstfall gebraucht wurde. Es wird 1821 noch bemerkt, dass dieses Vogelschießen nicht immer jedes Jahr, sondern oft nur alle 7–8 Jahre erfolgte. Dazu zählte auch die Größe des Hofes, welches durch das Angraben aus den Markengründen belegt wurde. Zu dieser Zeit war der größte Teil der Flächen noch Heide und Moore, die zum Teil schon als Venn entwässert waren und ausgetorft wurden. Noch bis in den 1910er Jahren wurden in Barlo Heideflächen kultiviert. So wurde jeweils auch die angegrabene Fläche, teils aus den gemeinen Markengründen (Almende) mit berücksichtigt, und waren so Markenberechtigte der Barloer Mark. Sie unterstanden dem Markenrichteramt, welches von alters her mit dem jeweiligen Eigentümer des Hauses Diepenbrock verbunden war. Und die Berechtigung zum Austreiben des Viehs auf der gemeinen Heide ist mit der „Ausdrift“ belegt und gehörte auch dazu. Wie im Fall vom Hof Nienhaus berichtet wird: „für die Aus- und Eindrift oder den Weidegängen seines Viehes längs Klein Gesingshof in den Gemeinheitsgründen“ (identisch mit dem heutigen Hof Welling-Harmsen).

Die Sache mit dem „Angraben“

Damit ist die unberührte Heidefläche gemeint, die man durch Angraben kultivierte und zur Ackerfläche als Zugewinn nutzbar machte. In der Liegenschaftsverzeichnis nennen sich die gewonnenen Flächen meist Kamp oder Esch. In der niederdeutschen Sprache wurden diese Fläche auch mit „jungfräulichem“ Boden bezeichnet. Dort kommt auch wohl der frühere Begriff „jemanden angraben bzw. anbaggern“ her, der heute anstelle für flirten benötigt wurde.

In dem hier aufgestellten Statutenbericht über Bierabgaben vom 11 Juli 1652 wird folgendes berichtet:

Vor Ihr hochEdl[er] vnd feester h[er] Joan von Welfelt, Holtzrichter # # m[eines] h[ern] Rudolff von Munster alß Volmechtiger der gemeine in Barloe [Einschub Ende] unnd Weßell Brunß, Schulte Weningh, Gerrit Peppinck

Anno 1652 den 11. Julii, alß den 7. dito in der bawerschafft Barloe der vogell gepreüchlicher weise geschoßen worden, hatt man wegen des biers nachfolgende persohnen wegen ihrer schuldigkeit darzu angesprochen, unnd sein schuldig laut eigener bekandtnus, unnd haben bezahlt, wie folgt.

Evert schuldigh wan geschoßen wirt, eine tonne biers, unnd alle iahr, ob schon nicht geschoßen wirt, ein virtheill biers vnnd 2 lb [=Pfund] wachß, laut seiner selbst bekantnus.

Meyert so heüt bezahlt hatt, wan geschoßen wirt eine tonne bier, unnd ein viertheill wegen seins angrabens uff die gemeine.

Rauwerding wegen der marcken gerechticheit eine halbe tonne biers wan geschoßen wirt.

Voßkamp iahrlichs ob schon nicht geschoßen wirt eine halbe tonne biers.

Luke Wichers auß seiner steden wan gerschoßen wirt eine halbe tonne biers.

Item Nyenhauß alle iahr ob schon nicht geschoßen wirt drie viertell tonne biers wegen der außdriften.

Eppingh wan geschoßen wirt eine halbe tonne biers wegen ‘t angraffen van seinen hoff.

Eßing wan geschoßen wirt eine halbe tonne biers wegen ‘t Holtkamp.

[6 Zeilen Randvermerk links betreffend Eppingh und Eßing abgeschnitten]

Darauff erschienen Ihr hochEdl[er] unnd feester herr Rudolff von Munster alß Volmechtiger der gantzen gemeine in Barloe, vnnd hatt geprotestirt wegen herauffgehende kösten vnnd zu gezeugen gestelt daß obg[emelte] beyde personen iede vorhaubts wan geschoßen wirt eine halbe tonne biers schuldig sein, Goßen ten Bencke seines

wie er sagte 80 iahr, Herman Nysingh, alt 62 iahr ungefehr, Henrich Elckingh seins alters ungefehr 65 iahr, vnnd haben praevia avisatione iurii iuramentoque insuper corporaliter praestito bekant wie folgt.

Goßen ten Bencke wehre vor 30 iahren Gildediener gewesen von der Schuterey in Barloe und hette derselben viele iahren uffgewartet und hetten Eßing vnd Eppinck bey offenen schuttereyen zu bezahlen angelobt wegen ihrs angra[bens] uff der gemeine ieder derhaubts so offt ge[schoßen] würde eine halbe tonne biers.

Gefragt wan die angrabung geschehen, sagte Epping hette ungefehr in anno [16]25 oder [16]26 angegra[ben,] Eßinghs angrabungh aber wehre vor undenckli[chen] iahren geschehen.

Herman Nysingh. Er hette die bohme vor die Eppings newe angriffte gemachet, konte sonsten davon nichts sagen, hette aber wegen Eßingh offt von seinen sahl[igen] vatter, [Am Rand] der uber die 100 iahr alt gewesen, gehöret, daß Eßingh unter die schutterey eine halbe tonne biers geben müste.

Henrich Eilckingh. Er offtmahlen gehöret hette, daß obg[emelte] persohnen, ieder eine halbe tonne biers wan der vogell geschoßen würde, geben müßen.

Ferner uff anhalten ihr hochEdl[en] h[ern] Rudolff von Münster alß Volmechtiger der gemeine [am Rand:] Herman Brunß bey sein[em] äidt außgesagt, daß der sahl. Schulte Wening[h,] uff deßen hoff die schutterey versamblet und zehret, folgende verzeichnus [am Rand:] ad perpetuam rei memoriam deren so zu der schutterey behueff das bier geben müsen, hett mündtlich dictirt, damit sich ein ieder darnach zu richten, und bey den damahligen weh[renden] kreigs Zeiten die sache nicht in abgangh komme.

Standort nach alter Regel

war zwischen das Weideken und Wehnings Heidebaum, wo der Vogel abgeschossen wurde. Danach sollten auf dem Hofe des Schulten Weningh sämtliche Schützen „bin dessen Behausung einkehren und nach alter gewohnheit ihr jährliches furtheil (Vorteil) und gerechtigkeit… verzehren“. Wir hören, dass die Barloer Schützen „gefreizecht“ hätten, also kostenlos Bier bekamen. Wie kamen nun die dazu benötigten Mengen an Bier und das Geld rein? Immer wieder erscheinen in den Abrechnungen die Namen von sieben Bauern und Schulzen, die zum „Vordel“ (Vorteil) der Schütterei die „Inkompste“ (Einkünfte) durch Stiftung einer bestimmten Menge Bier gewährleisten müssen, so z.B. „Schulte Reirdincks eine Tunne Biers“. Aber auch die Teilnehmer mussten einen in seiner Höhe nach dem jeweiligen Ausgaben zwischen 1 Daler bis 30 Stuver schwankenden Beitrag zahlen, das sog. Schattgeld, oder Schüttgeld – wie es später heißt. Die Männer hatten mehr zu bezahlen als die „Knechts und Jonges“. Auch die Könige hatten Geld zu bezahlen. Natürlich mussten auswärtige Gäste Eintritt bezahlen: „Dye uytheimsen, dye Haer gelaegh betalt hebt, brengt uyt 5 D 1 st“. 1823 wird berichtet, „dass für die ganze Zeit, wo auf den Vogel geschossen wird, jedem Junggesellen 12 Stüber zur Bestreitung des Gelages entrichtet werden“. Es durfte kein Überschuß erzielt werden. Wie aus den Schlußabrechnungen zu entnehmen ist, „Is mer Ausgaben als entfangen“. Man half sich dann dadurch, dass man die Umlage für die einzelnen erhöhte, allerdings nur bei den Männern. Wie es heißt: „Watter nu te quaden ist, dat beytalen die mans“.

Verlegung des Schützenplatzes

Wegen Streitigkeiten zwischen der Schützengilde und Schulte Wehnings wegen der Behausung, man hatte sich seitens der Gilde auf ein altes Recht berufen wie 1679 beschrieben wird: „3 kanebers (Kannen Bier) met Schulte Wenningh vertert, om Einigkeit te maken wegen de Schütt. Toi dat platz facit 16 stuver“. 1684 gab es erneuert Ärger, denn es muss dem Schulten wegen des im letzten Jahr am „Heideboekweiten“ (Buchweizen) angerichteten Schaden 1 Daler 3 Stüver Ersatz geleistet werden. 1737 kommt es wiederum zu einer Klage von seitens Schulte Wenning und erklärt vor dem Erbholtz und Markenrichter Herr zum Diepenbrock „wesgestalten die Barlosche Schütte-

rey Jährlichs undt alls Jahr auf seinem Schultenhoff oder Eigener Wohnbehausung Zehrten und Gefreizecht hätten, Er aber befürchtet dass vielleicht wegen der Vulheit deren Luiten (Trunkenheit der Leute), durch Tabak Rauchen und sonstiges Gefährliches umbgehen (Tun) durch uhnverhoffentlichen Feuersbrunst beschadigt undt verletzt werden dörfte.“ Er bietet deshalb Bussmanns Haus an, was in der Heide beim Ziegelofen gelegen, dort könne „für jetzt und für immer“ gefeiert werden. Auf seine Kosten sollte vor Bussmanns Heiden eine Vogelstange errichtet werden, wo der Vogel allzeit abgeschossen werden sollte. Mit diesem Vorschlag erklären sich die Gildemeister einverstanden. Der Hof ist identisch mit dem heutigen Hof Seggewiss.

Hier ein aktueller Plan auf der Basiskarte der „Barloer Mark“ von 1831:

➊ ➌

➊ = „Nach alter Regel zwischen Weideker und WehningsHeidenbaum“ (imText vermerkt) ➋ = nach 1737 „vor Bussmanns Heiden“ (imText vermerkt) ➌ = aktueller Standort

Bis zum Jahre 1926 wurde dort Schützenfest gefeiert. Danach wurde sich wegen der wachsenden Bevölkerungszahl nach einem größeren Lokal umgesehen.

Verlagerung auf Wehning Buer gewöhnlich als Renting Buer bekannt.

In den sechziger Jahren des vorigen Jahrunderts muss der Schützenplatz auf Wehning-Buer verlagert worden sein. Aber auch da erklärte Wehninck, dass die Barloer Schützen in der bisherigen Weise ihr Fest auf seinem Pachthof feiern könnten, wenn es ihnen in dem neuen Saale des Wirtes Wissing nicht gefallen sollte.

Hof Wehninck (heute Renting-Buer, kleines Foto)

Besondere Statuten und Regeln der Barloer Schützengilde

Die Art, wie die Barloer ihr Schützenfest feiern, unterscheidet sich in vielen von der herkömmlichen Weise, wie die Schützenvereine in der Umgebung dieses Fest begehen. Die Barloer können sich dabei auf alte Tradition berufen. Bis 1964 wurde in Barlo an zwei aufeinanderfolgenden Tagen ein Vogel abgeschossen, es gab also zwei Könige. Es gab keine festen Mitglieder, die einen bestimmten Beitrag zu zahlen haben. Jeder, der seit einem Jahr in Barlo wohnte, durfte mitschießen, um die Königswürde zu erlangen. Kein Präsident, kein Oberst oder Hauptmann regieren den Verein, sondern nur die dreijährlich wechselnden Gildemeister aus den verschiedenen „Hoeken“ (Teilen) Barloes. Ihre Beschlüsse sind maßgeblich. Nur das Königspaar und die Gildemeister werden mit Sträußen geschmückt, die sie an einem Zivilhut und am Spazierstock tragen. Kein Hofstaat begleitet das Königspaar. Seltsame Schützenfestsitten, wird man sagen! Und doch können sich die Barloer auf uralte „regulen“ (Regeln) berufen, nach denen sie ihr Schützenfest getreu der Tradition feiern!

Zu einem richtigen Schützenfest gehörte natürlich auch Musik.

Erstmals wurde 1686 auch schon ein Spielmannszug erwähnt wie aus den Rechnungsbuch zu entnehmen ist, für ein Betrag „vor Velten tambur und trumme.“ 1707 wird „mett die Schelluide (Musikanten) verackordirt (vereinbart) 3 D 15 st.“ Für „den trummel schlagen“ gibt es 1D. „Die Spielle leute“ erhalten 1744 3 D. Bekanntmachungen werden (z. B. 1756) „ein Jedwer Bekennt gemacht mit dem tambur und piper ausgeruffen“;

Aus den nachfolgenden Rechnungen ergibt sich, dass die Instrumente Eigentum des Vereins sind. Im gleichen Jahr erhält der „pieper“ (Pfeifer) 15 st. und wird „dem tambur die tromme aufgemacht“ (erneuert) für 1 D 6 st; dieser erhält, vielleicht weil er die schwere Trommel tragen muß, 1 Daler. 10 Jahre später (1766) bekommt die Trommel ein neues „trommelfell“ für 25 st. In einer Notiz aus dem Jahre 1778: „die trumme so Jakop Nerickes hat und die vloete pipe, gehört die Barlohsche schuterey zu, hat Jakopus mit sein eigen hant unterzeichnet“.

Die Barloer feierten seit Alters her mit der niederländischen Gemeinde Woold gemeinsam das Schützenfest bis zu dem Vorfall der Schlägerei.

1720 gab es eine große Schlägerei auf dem Schützenplatz.

Ausschlaggebend war wohl, dass unter anderem der Schulte Mierdinck aus Woold seine Abgabe an Bier schon mehrere Jahre nicht nachgekommen ist, trotz mehrerer Anmahnungen, die letzte von 1694.

Wegen diesen Rückständen musste das „Jahregeld“ der Barloer Schützen erhöht werden. Dadurch kam es 1720 zu einer großen Schlägerei „groote rusie op de Baerlse Schütterie“ wie es heißt: „dass dem Schulte Miert der Königshut abgenommen und jämmerlich gestossen und geschlagen und seinen Schnaphahn (Gewehr) kaput gemacht, auch Schulte selbst so niedergeschlagen worden ist, das er auf den Tod gelegen hat“.

Dieser Vorfall wurde seitens der Wooldsen in Bredevoort vor Gericht gebracht. Und man hoffte, dass der dortige Richter ihnen wohl recht verschaffen würde, wo hingegen der Richter von Bocholt die Klage wohl herunterspielen wollte und es für gut befunden habe, die Gesetze nicht zur Anwendung zu bringen.

Darauf haben sich die Wooldsen direkt an der Barloschen Schützengilde gewandt, um eine Entschädigung für alle Unkosten zu verlangen und „Niemand aus Woold dürfte mehr auf das Barloer Schützenfest kommen bevoren deze Saecke afgedaen is“. Die Barloer sind aber nicht darauf eingegangen. Und man hört in der Folgezeit in den Abrechnungen oder Einladungen nichts mehr.

Damit war die Verbindung mit dem gemeinsamen Schützenfest abgebrochen worden, in den Jahren danach ist von einem gemeinsamen Fest nichts mehr bekannt.

Wiedervereinigung mit den Wooldsen

Im Jahre 1971 hat man sich wieder vereinigt und die Wooldsen wieder eingeladen. 1996 - zum 425-jährigen Jubiläum der Schützengilde Barlo - wurde auch wieder der Vorstand der „Vereniging Juliana“ aus dem benachbarten Woold/NL eingeladen, die seitdem an jedem Schützenfest der Gilde teilnehmen. Ebenso fährt der Vorstand der Barloer Schützengilde jedes Jahr am ersten Septemberwochenende zum „School en Volksfeest“ in die niederländische Nachbargemeinde. Seit 2003 marschiert auch das Königspaar aus Woold beim sonntäglichen Festumzug in Barlo mit.

Der einzigste von den größeren Höfen, die eine Bierabgabe an der Schützengilde Barlo leisten musste, und nicht von den Eigentümern, in dieser Zeit, selbst bewohnt wurde, war das Gut Nienhaus (heute Franz und Wolfgang Wittag) Dort kam es von 1813 bis 1824 mit den Besitzern des Gutes Nienhaus den Küster Schrewer aus Bocholt und den Oberförster Wilhelm Finke zu Krechting wegen rückständiger Zahlung für das Vogelschießen, die sie verweigerten, beim Stadtgericht Bocholt zu einer Klage. Danach soll dem Besitzer des Gutes nach einer Statuten-Aufstellung des Jahres 1631 eine ¾ Tonne Bier mit 3 Daler 22 ½ Stüber Klevisch bezahlt werden. (für die Tonne 5 Rheinische Taler gewöhnlich) Das Dunkel über den Ursprung der Abgaben beim Vogelschießen Die Klage wurde aber abgewiesen mit der einleitenden Antwort: „Das Dunkel war über dem Ursprung und die Statur das, was von dem Unterhabenen des Gutes Nienhaus in Barlo, beij Gelegenheit des daselbst stattgehabten Vogelschießens, oftmals gezaltene Pastendum von ¾ Fass Bier…“, weil in den Abgaben auch die Benutzung der Markengründe und Weggerechtigkeit beinhaltet war und diese nicht mehr von einer Schützengesellschaft verwaltet werden dürfte, sondern von der neuen Napoleonischen Grundsteuerabgabe, die durch die fürstliche Salmsche Regierung verwaltet würde. Dieser Vorfall wurde auch im Abrechnungsbuch der Barloer Schützengilde 1826 eingetragen. Auch wurde von einem Lehrer Wennfelder mündlich geäußert, „dass er der Meinung seye dass Nienhaus seit Einführung der Besteuerung der Marken nicht mehr verbunden seye obige Priestertum zu leisten, da mir diese Besteuerung durchaus grundlos vorkommet.“ Mit Priestertum war die Abgabe am Kapitel oder Stift Vreden gemeint. Der Hof Nienhaus – früher auch Lüttel- oder Klein-Hüning vom Gut Groß-Hüning herkommend – gehörte früher zum Stift Vreden.

Der erste Schuss

Das Haus Diepenbrock mit seinen Bewohnern von Welfeld und später von Graes wird oft mit der Schützengilde in Verbindung gebracht. Die Entstehung der Schützengilde in der Bauernschaft Barlo („Schütteri in der Borscho Barle“) hat sicherlich mit der Verteidigung des Schlosses Diepenbrock zu tun. „Und wenn der Vogel auf der Stange ist, so hat nach alter Gewohnheit der Herr vom Hause Diepenbrock den ersten Schuss, dann der Bürgermeister, dann der alte König“, so heißt es in einer Abschrit von 1930, die von einem leider nicht mehr vorhandenen Original angefertigt wurde. Nachdem Barlo 1823 eigene Pfarre geworden war, durfte der Herr Pastor den 2.Schuss abgeben.

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