Künstliche Intelligenz in Sicherheit und Verteidigung

Page 1

POSITION | SICHERHEITSPOLITIK | ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN

Künstliche Intelligenz in Sicherheit und Verteidigung Handlungsempfehlungen der deutschen Industrie


Position | Sicherheitspolitik | Zukunftstechnologien Künstliche Intelligenz in Sicherheit und Verteidigung

Vorwort Künstliche Intelligenz (KI) durchdringt alle Bereiche unserer Gesellschaft. Sie wird unsere Wirtschaft und unser Zusammenleben fundamental verändern. Für die Bereiche Sicherheit und Verteidigung kann die Bedeutung von KI nicht hoch genug eingeschätzt werden. Es entstehen neue Chancen für innovative Sicherheitsanwendungen. Gleichzeitig wächst die Bedrohung durch KI-gesteuerte Angriffe und es gibt gewichtige ethische Vorbehalte. KI wird künftig gravierende Auswirkungen auf die Sicherheit von Unternehmen haben und alle militärischen Systeme erfassen. Bei Anwendungen der Streitkräfte geht es immer unmittelbar und mittelbar um das Leben von Menschen. Für westliche Armeen, die besonders vom technologischen Vorsprung abhängen, wird KI von besonderer Bedeutung sein und zum entscheidenden Faktor in der militärischen Auseinandersetzung werden. Diesen besonderen Aspekten muss die Bundesregierung Rechnung tragen und KI als militärische Schlüssel­technologie einstufen. Deutschland darf im Sicherheitsbereich nicht den Anschluss an KI-Innovationen verpassen. Dabei geht es nicht um die medial oft zitierten „Killerroboter“, sondern vielmehr um die praktische Unterstützung des Menschen. Bei der Abwehr von Cyberangriffen, der Erstellung von Lagebildern und Handlungsoptionen und in der Militärlogistik kann KI einen wichtigen Beitrag leisten. Es bedarf bei diesem sensiblen Thema einer differenzierten Betrachtungsweise, um auch in Zukunft Sicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig die eigenen Werte und Maßstäbe aufrechtzuerhalten. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) setzt sich klar für ein Verbot letaler vollautonomer Waffensysteme (LAWS) ein. Auf Basis eines solchen Verbots sollte darüber hinaus ein internationaler Vertrag zur Anwendung von KI in militärischen Konflikten geschlossen werden. Es ist dringend nötig, den zukünftigen Einsatz von sicherheitsrelevanten KI-Anwendungen verbindlich zu regeln

.

Claus Günther

Dr. Stefan Mair

CEO Diehl Defence Holding GmbH Vorsitzender des Ausschusses für Sicherheit Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.

Mitglied der Hauptgeschäftsführung Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.


Position | Sicherheitspolitik | Zukunftstechnologien Künstliche Intelligenz in Sicherheit und Verteidigung

Hintergrund Was ist Künstliche Intelligenz? Gegenwärtig existiert keine allgemeingültige KI-Definition. Die meisten Erklärungsansätze verstehen darunter die Fähigkeit eines Computersystems, Aufgaben zu erledigen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern (z.B. Wahrnehmung, Interaktion, Entscheidungsfindung).1 Wie selbstständig ein System handelt, ist dabei variabel. Grundsätzlich gilt, dass nichtautonome bzw. teilautonome Systeme von Menschen bedient werden, d.h. diese greifen entweder direkt über eine Fernsteuerung ein (human in the loop) oder überwachen die Systeme während des Einsatzes (human on the loop). Im Gegensatz dazu können vollautonome Systeme Tätigkeiten gänzlich selbstständig ausführen, ohne auf die direkte Steuerung oder Kontrolle durch den Anwender angewiesen zu sein (human out of the loop).2 Die aktuelle Debatte über die Anwendung von KI hat nicht zum Ziel, den Menschen in seiner Gänze zu kopieren oder gar zu ersetzen (starke KI), sondern in Einzelbereichen durch unterschiedliche Grade der Automatisierung Unterstützung zu leisten (schwache KI).3 Bereits heute können KI-Systeme Aufgaben wahrnehmen, welche die Kapazitäten menschlichen Denkens überschreiten. Dies trifft insbesondere auf die Informations- bzw. Datenverarbeitung zu. Entscheidende Grundvoraussetzungen, um diese Unterstützung leisten zu können, sind eine entsprechende Computerrechenleistung, die Fähigkeit maschinellen Lernens sowie der Umgang mit Unsicherheiten und Wahrscheinlichkeiten. Grenzen in der Konzeption und Anwendung von KI zeigen sich heute insbesondere in komplexen Situationen, die einer Entscheidung auf Basis sozialer und emotionaler Intelligenz bedürfen. KI ist dabei aber kein bloßer Teilaspekt technischer Entwicklung, sondern eine Erfindung, ähnlich die der Elektrizität oder der Dampfmaschine, die alle anderen Bereiche grundlegend transformieren wird.4

1

Cummings, Mary L: Artificial Intelligence and the Future of Warfare, S. 2.

2

Franke, Ulrike Esther: Automatisierte und autonome Systeme in der Militär- und Waffentechnik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament 35-36/2016.

3

Dickow, Marcel und Jacob, Daniel: Das globale Ringen um die Zukunft der künstlichen Intelligenz, S.2.

4

Näbig, Roger: Vortrag zu (letalen) autonomen Waffensystemen beim CISG an der Universität Bonn, in: https://konflikteundsicherheit. wordpress.com/2018/10/19/vortrag-am-11-10-2018-zu-letalen-autonomen-waffensystemen-beim-cisg-an-der-uni-bonn/.

Anwendungsfelder von Künstlicher Intelligenz im Sicherheitsbereich Bereits heute ist KI ein elementarer Bestandteil der inneren und äußeren Sicherheit. Mit steigender Rechenleistung von Computern haben sich auch die Möglichkeiten ihrer Anwendung signifikant erweitert. Die Bundeswehr nutzt teilautonome Defensivsysteme, die über eine eingeschränkte Autonomie verfügen. Diese verbessern aufgrund ihrer kurzen Reaktionszeit den Schutz der Soldatinnen und Soldaten. Ein Beispiel hierfür sind Raketenabwehrsysteme der deutschen Marine, die heranfliegende Seezielflugkörper im Nahbereich selbstständig erkennen und bekämpfen. Auch landgestützte Flugabwehrsysteme verfügen über einen hohen Automatisierungsgrad.5 Mit dem deutsch-französischen Vorhaben eines Future Combat Air Systems (FCAS) halten darüber hinaus Drohnenschwärme erstmalig Einzug in die Konzeption eines militärischen Großprojektes. Diese sollen in Zukunft von einem bemannten Kampfflugzeug geführt werden können, um selbstständig Ziele zu beobachten oder den menschlichen Piloten zu schützen. Zum sogenannten „Manned-Unmanned Teaming (MUT) hat Airbus bereits im Sommer 2018 an der deutschen Ostseeküste erfolgreich Demonstrationen durchgeführt. 6 Die Nutzung von KI ist auch im Zusammenhang mit der Erstellung komplexer Lagebilder, einer effizienten Logistik oder Trainings der Soldatinnen und Soldaten denkbar. Besondere Relevanz kann KI darüber hinaus bei sogenannten Triple D-Missionen7 haben. Die Bundeswehr hat längst erkannt, dass die Kampfkraft moderner Armeen schon jetzt nicht mehr allein durch die Masse der zur Verfügung stehenden Soldatinnen und Soldaten bestimmt wird, sondern vielmehr durch die Menge und Qualität der einsetzbaren Waffensysteme. Durch die schrumpfende Zahl der Soldaten als sogenannte „Systembediener“ müssen Waffensysteme 5

Reisner, Markus: Robotic Wars. Legitimatorische Grundlagen und Grenzen des Einsatzes von Military Unmanned Systems in modernen Konfliktszenarien, S.295.

6

Airbus: Airbus demonstrates manned-unmanned teaming for future air combat systems, in: https://www.airbus.com/newsroom/stories/ Airbus-demonstrates-MUT.html.

7

Als Triple D-Missionen (Dull, Dirty, Dangerous) werden militärische Aufgaben bezeichnet, deren Einsatz für Streitkräfte besonders herausfordernd ist. Beispiele umfassen monotone oder banale Tätigkeiten (Dull), gesundheitsgefährdende Aktivitäten (Dirty) und lebensgefährliche Missionen (Dangerous).


in Zukunft mit Hilfe der KI noch autonomer werden, um die zu bewältigenden Aufgaben mit immer weniger Soldatinnen und Soldaten erfüllen zu können.8 Für die zivile Sicherheit spielt KI ebenfalls eine bedeutende Rolle. Ein Beispiel hierfür ist die intelligente Videoüberwachung, die u. a. bereits in Mannheim Anwendung findet. Mit ihr ist die automatische Erkennung eines verlassenen Gepäckstücks möglich. Die darauf selbstständig erfolgende Alarmierung der Sicherheitsbehörden sorgt für kürzere Reaktionszeiten in potenziellen Bedrohungsszenarien. Darüber hinaus kann KI auch bei der Prognostizierung zukünftiger möglicher Tatorte unterstützend wirken, etwa bei Haus- und Wohnungseinbrüchen. Wiederkehrende Verhaltensmuster eines Täters können hiermit identifiziert und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden. Auch für deutsche Unternehmen sind die Elemente ziviler Sicherheit von höchster Relevanz. Spionage, Sabotage und Datendiebstahl verursachen pro Jahr Schäden in mittlerer zweistelliger Milliardenhöhe9. KI bietet eine große Bandbreite potenzieller Anwendungen für den Wirtschaftsschutz. Beispielhaft seien hier intelligente Firewalls zum Schutz der IT-Infrastruktur, die Nutzung teilautonomer bzw. autonom-kreisender Drohnen zum Werkschutz sowie Anwendungen zum Risikomanagement genannt.

Ethische Fragen ­hinsichtlich der Nutzung von Künstlicher ­Intelligenz im Sicherheitsbereich Je weiter die Digitalisierung und Automatisierung voranschreiten, desto größer wird die Distanz eines Akteurs zu den Auswirkungen seines Handelns. Für einen Datendiebstahl muss nicht mehr zwingend physisch in ein Gebäude eingedrungen werden, um einen Safe zu knacken. Auch im Fall einer bewaffneten Auseinandersetzung können Soldaten, weiter vom Ort des Geschehens entfernt sein, als je zuvor.10

8

Näbig, Roger: Wie kämpft die Bundeswehr in 10 Jahren?, in: https:// konflikteundsicherheit.wordpress.com/2017/12/06/wie-kaempft-diebundeswehr-in-10-jahren/.

9

BITKOM: Wirtschaftsschutz in der deutschen Industrie, in: https://www. bitkom.org/Presse/ Presseinformation/Attacken-auf-deutsche-Industrie-verursachten-43-Milliarden-Euro-Schaden.html.

10

Dickow, Marcel: Robotik - ein Game-Changer für Militär und Sicherheitspolitik?, S. 7.

Automatisierungsprozesse im Sicherheitsbereich werfen zwangsläufig Fragen nach Verantwortlichkeit und der Vereinbarkeit mit völkerrechtlichen Grundsätzen auf.11 Dies gilt nicht nur, aber besonders für die Anwendung letaler Mittel durch ein teil- oder gar vollautonomes System. Die Grundprinzipien der Unterscheidung zwischen Kombattanten und Nicht-Kombattanten, der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel und der Vorsicht bzw. Vorsorge im Gefecht müssen beachtet werden.12 Auch wenn die Technik noch nicht so ausgereift ist, um in der Praxis angewandt zu werden, muss die Frage der ethischen Vertretbarkeit schon heute thematisiert werden, um die weiteren Entwicklungen entsprechend begleiten und steuern zu können.13 Viele Organisationen, darunter die Association For The Advancement Of Artificial Intelligence (AAAI), befassen sich bereits mit der Erarbeitung entsprechender Grundsätze.14 Auch der Plan der Europäischen Kommission, Leitlinien zur Ethik in der KI auszuarbeiten, ist ein wichtiger Schritt, um das Potenzial von KI in verantwortlicher Art und Weise zu nutzen.15

Veränderungen für die staatliche Sicherheit durch Künstliche Intelligenz Kernaufgabe eines jeden Staates ist die Gewährleistung von Sicherheit für die eigenen Bürgerinnen und Bürger. Die Bundesregierung ist deshalb in der Pflicht, sich KI aus sicherheitspolitischer Sicht zu widmen. Eine Vielzahl von Staaten hat das enorme Potenzial der KIAnwendung erkannt und entsprechende Programme zur militärischen Entwicklung aufgelegt. In der französischen KI-Strategie stellt Verteidigung eine Priorität öffentlicher KI-Investitionen dar.16 In den USA hat die 11

Reisner, Markus: Robotic Wars. Legitimatorische Grundlagen und Grenzen des Einsatzes von Military Unmanned Systems in modernen Konfliktszenarien, S. 233.

12

Näbig, Roger: Vortrag zu (letalen) autonomen Waffensystemen beim CISG an der Universität Bonn, in: https://konflikteundsicherheit.wordpress. com/2018/10/19/vortrag-am-11-10-2018-zu-letalen-autonomen-waffensystemen-beim-cisg-an-der-uni-bonn/.

13

Geiss, Robin: Die völkerrechtliche Dimension autonomer Waffensysteme, S. 5f.

14

Schroeder, Ted W: Lethal Autonomous Weapon Systems in Future Conflicts, S. 22.

15

Europäische Kommission: Künstliche Intelligenz: Die Europäische Kommission beginnt Arbeit um Ethikstandards und modernste Technik zusammen zu bringen, in: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-181381_de.htm.

16

Defense-aerospace.com: Florence Parly Presents Artificial Intelligence Plan, A Major Innovation Axis of the Ministry of the Armed Forces, in: http://www.defense-aerospace.com/articles-view/release/3/191644/ france-launches-man_machine-interface-program.html.


Position | Sicherheitspolitik | Zukunftstechnologien Künstliche Intelligenz in Sicherheit und Verteidigung

Defence Advanced Research Projects Agency (DARPA) im September 2018 im Zuge ihrer „AI Next“-Kampagne eine Investition von umgerechnet rund 1,73 Milliarden Euro angekündigt.17 Im Gegensatz dazu bestehen in Deutschland bis heute keine entsprechend finanziell ausgestatteten Programme im Verteidigungsbereich.

Chancen für nahezu alle Geschäftsbereiche. Produktionsprozesse können verbessert, Aufgaben schneller und präziser erfüllt werden.20 Auch im Bereich der ITSicherheit kommt der Entwicklung von KI eine bedeutende Rolle zu. Zum besseren Schutz ihrer Netzwerke setzen viele Unternehmen inzwischen auf den Einsatz von KI. Im Rahmen der Prävention, Erkennung und Ebenso wie die militärische Sicherheit, muss die BunAbwehr von Cyber-Angriffen können sicherheitsreledesregierung die zivile Sicherheit in den Blick nehmen vante Maßnahmen effizienter gestaltet und Sicherheitsund den Sicherheitsbehörden ermöglichen, sowohl auf programme optimiert werden. Bei Cyberangriffen sind Bedrohungen mit einer KI-Komponente zu reagieren als Unternehmen durch den Einsatz von KI in der Lage, auch KI selbst nutzen zu können. Die Aufstellung der eine schnelle Übersicht über die Datenlage zu erhalAgentur für Innovation in der Cybersicherheit ist ein ersten und den Zustand der eigenen Systeme zu prüfen. ter Schritt in die richtige Richtung. Sie soll mit RisikoDie Cyber Grand Challenge 2016 der DARPA hat beikapital Sprunginnovationen fördern. spielsweise gezeigt, dass es bereits Dies ist umso relevanter, da – anders möglich ist, Schwachstellen automaals bei den meisten sicherheitsrelevantisch zu erkennen und hierdurch Systen Innovationen während des Kalten teme sicherer zu machen.21 DementKrieges – heute nicht der Staat zentsprechend ist der Einsatz von KI für raler Innovationstreiber ist, sondern den Wirtschaftsschutz der Zukunft die Privatwirtschaft. So betrugen in der befragten unerlässlich. Die von IBM Security Nordamerika die privaten KI-Investi- IT-Entscheidungsträger erhobenen IT-Security-Trends für das tionen 2016 mit 15 bis 23 Milliarden Jahr 2018 zeigen, dass auch Cybersehen in KI die beste US-Dollar das Zehnfache staatlicher kriminelle längst die Vorzüge von KI Investitionen.19 Der Dual-Use-Cha- Lösung für ihre entdeckt haben und diese immer häu18 rakter von KI, also die gleichzeitige Cybersicherheitsprobleme figer für ihre Angriffe oder die AnaEignung von Technologien für zivile lyse von Schwachstellen verwenden.22 sowie militärische Zwecke, macht es zwingend notwenDurch KI optimierte und automatisierte Angriffe auf dig, einen engen Austausch zwischen ziviler und milidie IT-Infrastruktur stellen dabei ebenso eine Bedrotärischer Forschung zu pflegen. Dadurch kann von den hung dar, wie die vielseitigen Formen des Social EngiEntwicklungen aus dem jeweils anderen Bereich gelernt neerings. Dabei handelt es sich um die Manipulation und profitiert werden. von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, oftmals durch Vortäuschung einer anderen Identität, um an vertrauAuswirkungen auf liche Informationen zu gelangen. Gegen solche, durch KI unterstützte Angriffe bedarf es auch „intelligenter“ die Unternehmenssicherheit Verteidigungsmechanismen. Neben der unverzichtbaUnternehmen müssen sich laufend mit aktuellen und ren Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeiterinzukünftigen Risiken und Gefahren auseinandersetzen, nen und Mitarbeiter müssen Unternehmen auf komum ihre Sicherheit gewährleisten zu können. Durch plexe Angriffe mit ebenso komplexen Strukturen zum die Entwicklungen im Bereich der KI ergeben sich Schutz der eigenen Daten reagieren. Unternehmenssiauch für Unternehmen zahlreiche Veränderungen. Die cherheit gewinnt angesichts dieser Entwicklung immer erheblichen Fortschritte bieten Unternehmen enorme stärker an Bedeutung.

66%

17

DARPA: DARPA Announces $2 Billion Campaign to Develop Next Wave of AI Technologies, in: https://www.darpa.mil/news-events/2018-09-07.

18

https://www.eset.com/de/about/presse/pressemitteilungen/ pressemitteilungen/riskanter-hype-um-ki-it-entscheider-setzen-cybersicherheit-aufs-spiel/.

19

Horowitz, Michael C: The Algorithms of August, in: https://foreignpolicy. com/2018/09/12/will-the-united-states-lose-the-artificial-intelligencearms-race/.

20

BDA: Künstliche Intelligenz: Deutschland zum Vorreiter der Arbeitswelt von morgen machen, S. 4.

21

Noel, Jean-Christophe: Intelligence Artificielle: vers une nouvelle révolution militaire?, S. 44.

22

Battaglia, Maria: The Four Biggest Security Trends in 2018, in: https:// securityintelligence.com/the-four-biggest-security-trends-in-2018/.


Handlungsempfehlungen 1

Vollautonome Waffensysteme ächten

Die letzte Entscheidung über den Einsatz einer Waffe gegen Menschen darf nicht einer Maschine überlassen werden. Der BDI fordert die Bundesregierung deshalb auf, sich für eine verbindliche Ächtung dieser Systeme einzusetzen. Dies sollte in enger Abstimmung mit unseren europäischen Partnern, insbesondere Frankreich, erfolgen. Die bisher von der Bundesregierung geforderte politische Absichtserklärung reicht nicht aus, um den Einsatz vollautonomer Waffensysteme in Zukunft zu verhindern.

2

Internationales Abkommen zur KI-Nutzung im Sicherheitsbereich erarbeiten

Auf der Basis einer Ächtung des Einsatzes vollautonomer Waffen sollte ein internationales Vertragswerk geschaffen werden, das den Umgang mit KI in militärischen Konflikten regelt. Dies schafft Vertrauen und Berechenbarkeit. Dabei sollten klare Standards und Normen etabliert werden, in welcher Form KI in bewaffneten Auseinandersetzung eingesetzt werden darf. Auch die Frage nach der Verantwortlichkeit für die Handlungen KI-gestützter Systeme muss adressiert werden.

3

Künstliche Intelligenz als ­nationale Schlüsseltechnologie einstufen

Die Bundesregierung hat sich im Jahr 2015 zum Erhalt nationaler Schlüsseltechnologien bekannt. Diese leiten sich aus dem militärischen Bedarf der Bundeswehr, den außen-, sicherheits- und europapolitischen Interessen, den Bündnisverpflichtungen sowie der Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland ab. KI erfüllt diese Kriterien bereits heute und wird dies in Zukunft noch deutlich stärker tun. Um eine ständige Verfügbarkeit relevanter KI zu gewährleisten, bedarf es einer expliziten Einstufung sicherheitsrelevanter KI als nationale Schlüsseltechnologie. Sie leistet einen entscheidenden Beitrag zur strategischen Unabhängigkeit Deutschlands in einer multipolaren Welt. Die damit verbundene Priorisierung von Forschungsund Entwicklungsvorhaben, die Möglichkeit des besonderen Schutzes von industriellem Know-how sowie die vereinfachte Auftragsvergabe durch das Bundesministerium der Verteidigung sind nur einige der positiven Effekte, die eine entsprechende Einstufung auf die Entwicklung sicherheitsrelevanter Algorithmen haben würde.

4

Forschung und Entwicklung sicherheitsrelevanter KI ­vorantreiben

Nur durch intensive Forschung wird Deutschland auch im digitalen Zeitalter wettbewerbsfähig bleiben. Dies gilt ebenfalls und besonders für die Erforschung sicherheitsrelevanter KI-Technologien. Es fehlen jedoch Lehrstühle,

Forschungscluster und Studiengänge mit dem Fokus auf sicherheitsrelevante KI. Der Bund muss hier steuernd ein­ greifen und an bundeseigenen Hochschulen wie den Uni­ versitäten der Bundeswehr Personal und Finanzmittel für die Erforschung von KI im Sicherheitskontext zur Verfü­gung stellen. Darüber hinaus ist der Wissenstransfer zwi­schen staatlichen und privaten Akteuren für eine effizi­ente Nutzung von Forschungsergebnissen entscheidend. Deshalb bedarf es der Anwendungsorientierung von For­schungsund Entwicklungsprojekten und einer Koordi­nation der Bemühungen in allen Bereichen. Eine enge Verzahnung mit den europäischen Initiativen in den Berei­chen Forschung und Technologie ist dabei wünschens­wert. Darüber hinaus bedarf es einer engen Abstimmung mit der neu gegründeten Agentur für Innovation in der Cybersicherheit sowie dem Cyber Innovation Hub der Bundeswehr. Die Cyber­agentur sollte einen klaren Fokus auf KI-Anwendungen legen. Durch die Abschaffung von Zivilklauseln könnte die Zusammenarbeit zwischen öffent­lichen Universitäten und Hochschulen mit der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie intensiviert und der Technolo­gietransfer zwischen beiden Domänen gefördert werden.

5

Regierungsinternen Austausch verstärken

Um das maximale Potenzial der unterschiedlichen Bemü­ hungen der Bundesregierung im Bereich der KI auszu­ schöpfen, bedarf es eines regelmäßigen Austausches der Entscheidungsträger auf Ebene der Staatssekretäre. Gerade im Hinblick auf die Sicherheitsaspekte ist ein enger Austausch zwischen dem Bundeskanzleramt, dem Bun­ desministerium der Verteidigung, dem Bundesministerium des Innern sowie dem Bundesministerium für Bildung und Forschung unabdingbar. Eine enge Einbindung der Nach­ richtendienste ist ebenfalls notwendig.

6

Rechtsrahmen und Standards etablieren

Frühzeitige Auseinandersetzung mit neuen Technolo­gien bietet die einzigartige Möglichkeit, deren Entwick­lung und Nutzung nachhaltig zu beeinflussen. Gerade in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung sind eine klare Rechtsetzung sowie die Etablierung von Standards für vertrauenswürdige KI essenziell für die gesellschaft­liche Anerkennung neuer Systeme. Als Vorreiter könnte Deutschland die Grundlage für die verantwortungsvolle Nutzung von KI in anderen Staaten schaffen. Vor dem Hin­tergrund der engen Zusammenarbeit mit Frankreich bei der Entwicklung militärischer Fähigkeiten (Future Com­bat Air System, Main Ground Combat System, EuroMALE) bietet sich ein gemeinsames Vorgehen, auch mit Blick auf die Etablierung gemeinsamer Standards an. Im Zuge der rechtlichen Ausgestaltung der Rahmen­ bedingungen wird entscheidend sein, notwendige regulatorischen Maßnah­men mit Augenmaß umzusetzen. Der Aufbau von Innova­tions- und Investitionshemmnissen für wegweisende tech­nologische Entwicklung ist dabei zu vermeiden.


Impressum Herausgeber Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Breite Straße 29 10178 Berlin T: +49 30 2028-0 www.bdi.eu Redaktion Matthias Wachter, Abteilungsleiter Abteilung Sicherheit und Rohstoffe T: +49 30 2028-1579 m.wachter@bdi.eu Thilo Kräußlich, Referent Sicherheit und Verteidigung Abteilung Sicherheit und Rohstoffe T: +49 30 2028-1710 t.kraeusslich@bdi.eu Katharina-Sophie Ruppert Konzeption Sarah Schwake, Referentin Abteilung Marketing, Online und Veranstaltungen Layout Michel Arencibia, Art Director www.man-design.net Druck Das Druckteam www.druckteam-berlin.de Verlag Industrie-Förderung GmbH, Berlin

Digitale Version

Bildnachweis Umschlag: © 194930059 | Kittiphat | Fotolia.com Stand Januar 2019 BDI-Publikation-Nr. 0083

Einfach den QR-Code mit dem Smartphone oder Tablet einscannen, um die digitale Version zu öffnen. www.bdi.eu/publikation/news/ Kuenstliche-Intelligenz-in-Sicherheitund-Verteidigung



Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.