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The Tire Cologne: Niederquerschnitt oder Ultra High?

Niederquerschnitt oder Ultra High?

Die Reifenmesse The Tire Cologne hat wieder live stattgefunden. Das Fazit der Veranstalter fällt positiv aus, die aktuelle Krisenlage lichtete die Hallen allerdings spürbar.

Von Gerald Weiss und Mag. Bernhard Katzinger

Natürlich sind die Krisen spürbar, aber die Belegung ist gut“, zog Ingo Riedeberger, der für die Reifenmesse The Tire Cologne verantwortliche Director bei Koelnmesse GmbH, am ersten Tag der Messe eine frühe Bilanz. Man fokussiere auf eine qualitätsvolle Messe, auf der wertvolle Gespräche im Vordergrund stünden. Beim ersten Rundgang durch die 3 nicht gerade dicht gepackten Hallen mischt sich der eine oder andere enttäuschte Ton in die überwiegend positive Stimmung. „Vor vier Jahren sah das noch deutlich dichter aus“, so ein Standbetreuer. Aber über allem schwebt ein gewisser Grundoptimismus, und die Begrüßungen fallen im Schnitt ein wenig herzlicher aus als gewohnt. Und um einen Icebreaker am Beginn

eines Standgesprächs ist auch niemand verlegen: „Gut, sich wieder persönlich zu treffen.“ Nach drei Tagen zieht der Veranstalter hoch positive Bilanz:

„Die Reifenbranche hat die Möglichkeit zum persönlichen Austausch in vollen Zügen genutzt.“

Stephan Helm, BRV

12.000 Fachbesucher aus 100 Ländern habe man gezählt. Oliver Frese, Geschäftsführer der Koelnmesse GmbH, will den Erfolg zum Anstoß nehmen, um die Messe 2024 auf ein ganz neues Niveau zu heben. Stephan Helm, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV) ergänzt: „Die Branche hat den persönlichen Austausch so dringend gebraucht und in vollen Zügen genutzt.“ Die Stimmung beschrieb Helm als „euphorisch“.

Nachhaltigkeit, ökologisch und ökonomisch

Das ausgegebene Leitthema der Nachhaltigkeit war omnipräsent, an den Ständen wurde es weniger ökologisch als wirtschaftlich betrachtet. Fragen des Nachschubs und galoppierende Energiekosten bedrängen die Branche akut mehr als jene des Klimawandels. „Wir sind global von der Lieferketten- und der Rohstoff-Problematik betroffen“, so Philipp Ostbomk, Vice President Sales B2B Europe North bei Michelin, „teilweise kommen die Rohstoffe per Luftfracht.“ Bei der Kostensteigerung in der Logistik sei noch keine Entspannung absehbar, die Rohstoffe

Über allen Ständen die positive Grundstimmung: Gut, sich wieder einmal persönlich zu sehen

würden sich nach signifikanter Erhöhung auf hohem Niveau entspannen. „Ein sehr großes Thema“ sei der Mangel an Computer-Chips für die Anbieter von Reifendruckkontrollsystemen und dazugehörigen Anlerngeräten, war zu hören – nichtsdestotrotz wittert man das große Geschäft im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge und auch beim Zweirad.

Neue Player, neue Technologien

Mit derzeit 9 Mitarbeitern in der europäischen Zentrale in Darmstadt will die chinesische Prinx Chengshan Tire Europe GmbH mit vier Marken sowohl im Pkw- als auch im Nfz-Bereich weiter Marktanteile erobern. Dazu soll mit „Prinx“ im Herbst eine Premium-Pkw-Marke Prinx starten. Zur E-Mobilität sah man unterschiedlichste Zugänge. Während Pirelli gar eine „neue Reifen-Welt“ im Entstehen sieht, meint man bei Continental, die Anforderungen seien im Wesentlichen die Gleichen: Die Tragfähigkeit müsse auch bei großen SUVs gegeben sein, PS-starke Fahrzeuge seien auch nicht auf den EV-Sektor beschränkt, so Deutschland-Pressesprecher Klaus Engelhart. Dennoch finden sich viele „Elektroreifen“ an den Ständen, unter anderem auch bei Hankook, wo der für EV entwickelte iON an einem Audi e-tron GT zu bestaunen war.

Die Vielfalt als Herausforderung

Die Komplexität durch die zunehmende Vielfalt beschäftigt Hersteller wie auch Händler: „Es gibt verschiedene Dimensionen der Komplexität“, erklärt Erik Vecchiet, Geschäftsführer Pirelli GmbH/Wien: „Da ist die Vervielfachung des Angebotes durch 3-Saison-Lösungen.“ Mit dem SUV-Trend entwickelt sich eine neue Palette, die Reifengrößen nehmen zu: „War 19 Zoll bislang eine Nische, wird es nun zu einem Segment. Die Modelle größer als 18 Zoll werden bald ein Drittel des Marktes ausmachen.“

Digitale Lösungen

Sowohl für die Planung wie auch für die Kundenbetreuung braucht es vermehrt digitale Lösungen: „Wir verzeichnen einen deutlichen Zugewinn bei Nutzern von Tiresoft 3“, berichtet etwa Bernhard Hoffmann, Retail Manager bei Goodyear Retail Systems GmbH (GRS), von der Nutzung des Warenwirtschaftssystems auf Basis von Microsoft Dynamics NAV: „Damit bieten wir einen hohen Nutzen und unterstützen Betriebe, die Zeit sparen und Effizienz steigern möchten.“

„Die Krisen sind spürbar, aber die Belegung ist gut.“ Ingo Riedeberger, Koelnmesse GmbH

Engpässe für Herbst absehbar

Dominique Perreau, Verkaufsleiter International und Leitung E-Commerce bei Interpneu HandelsgmbH, rechnet betreffend die aktuelle Marktsituation mit Engpässen, insbesondere auf den Winter hin. Allerdings seien auch die Endkunden mehr und mehr kompromissbereit. Die Lösung der kommenden Herausforderungen ist in der Kommunikation zwischen Hersteller und Handel zu finden: „In erster Linie geht es uns auf der Tire Cologne auch darum, wieder den echten Kontakt zu Geschäftspartnern und Kunden zu haben“, erklärte Engelhart.

Sämtliche Bilder von unserem Messebesuch auf The Tire Cologne können Sie auf www.autoundwirtschaft.at sehen! Einen ausführlichen Bericht über die vorgestellten Neuheiten veröffentlichen wir im nächsten REIFEN & Wirtschaft, das der Juli-Ausgabe von AUTO & Wirtschaft beigelegt sein wird.