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Dr. Judson Cornwall

ANBETUNG IM LEBEN DAVIDS

Verlag C.M. Fliß Lütt Kollau 17, 2000 Hamburg 61

Titel der Originalausgabe: David worshiped a living God Umschlag: Wepler & Burfeind Satz: Convertex, Aachen Druck: Printed in Germany 1. Auflage 1991 © 1989 by Dr. Judson Comwall © der deutschsprachigen Ausgabe 1989 by Verlag C.M. Lütt Kollau 17, 2000 Hamburg 61 ISBN 3-922349-69-2

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INHALT

Vorwort

.......................................................... 4

1.David betete einen lebendigen Gott an

.................. 8

2.David kannte den Gott, den er anbetete .................. 25 3.David betete den Namen Gottes an ....................... 40 4. David betete Gott an als seinen Versorger Jahwe-jireh ..................................................... 51 5.David betete Gott an als seinen Heiler Jahwe-rapha ..................................................... 61 6.David betete Gott an als sein Panier Jahwe-nissi ..................................................... 73 7. David betete einen heiligen Gott an Jahwe-m' kaddesh .............................................. 84 8.David betete Gott an als seinen Frieden Jahwe-shalom ................................................... 94 9.David betete Gott an als seinen Hirten Jahwe-rohi ........................................................ 106 10.David betete Gott an als seine Gerechtigkeit Jahwe-tsidkenu ................................................ 117 11.David betete einen allgegenwärtigen Gott an Jahwe-schammah .............................................. 128

12. Davids Jahwe ist Marias Jesus

................................ 137

13. Davids Gott ist unser Gott ......................................... 149

Vorwort Kürzlich saß ich mit einem Prediger zusammen, der landesweit Aufmerksamkeit wegen seines Dienstes erregt hat. Er steckte voller Fragen, die zum großen Teil darauf hinausliefen, daß sein Glaube ernsthaft ins Wanken geraten war. Ich hatte ihn viele Jahre vorher kennengelernt, als er mit einem Glauben, der Begeisterung, Freude und Überzeugung ausstrahlte, gepredigt hatte. In den letzten Jahren war er aufgrund seines Dienstes ständig mit den Sünden der Gesellschaft und ihren tragischen Folgen in Berührung gewesen. In seinem Bemühen, die Gemeinde Jesu dazu zu bewegen, diesem gesellschaftlichen Unrecht mit allen Kräften zu Leibe zu rücken, hatte er seinen Blick von Christus, der ihn zum Dienst berufen hat, abgewandt und seine Aufmerksamkeit voll auf die gewaltige Not unserer Zeit gerichtet.

Wie weh tat es mir, ihn zugeben zu hören, daß er seine Freude und jeglichen Mut verloren habe, Zweifel an seinem Glauben hege und nicht einmal mehr singen könne. Als ich mit ihm über Jesus sprach, fragte er: »Welcher Jesus?« Jeder, so sagte er, macht sich seine eigenen Vorstellungen von Christus, so wie es seinen individuellen Bedürfnissen entspricht. Bei all den vielen gegensätzlichen Meinungen, mit denen er sich konfrontiert sah, konnte er nicht umhin, sich zu fragen, wer Gott denn nun wirklich sei. Durch seine Beschäftigung mit den verschiedenen Zweigen der Religion hatte er den Kontakt mit Christus, dem geoffenbarten Gottessohn, verloren. Ich bezweifle stark, daß dieser Mann mit seinen inneren Konflikten allein steht. Was ihn von anderen unterscheidet, ist wahrscheinlich nur die Tatsache, daß er bereit ist, über seine Not zu sprechen..

Alle organisierte Religion hat die verwünschte Tendenz, die Menschen derart mit Nebensächlichkeiten beschäftigt zu halten, daß sie Jesus, die Mitte des Evangeliums, aus den Augen verlieren. Dienst ist notwendig, doch wenn wir so stark in den Dienst für Gott eingespannt sind, daß wir keine Zeit mehr für die persönliche Begegnung mit Ihm haben, ist wahrhaftig »der Tod im Topf«. Begeisterung im Dienst darf niemals die Begeisterung 4

an der Gegenwart Gottes ersetzen. Wenn das Tun an die Stelle des Seins tritt, besteht höchste Gefahr für unseren Glauben.

Leider existiert unter Christen immer noch das Maria/MarthaSyndrom. Manche fühlen sich als Arbeiter für Gott berufen, andere als Anbeter. Lesen wir jedoch einmal, was Jesus bei Seiner Versuchung dem Teufel sagte, dann merken wir, wie unsinnig diese Ansicht ist. Seine Worte waren: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen« (Matthäus 4,10). Indem Er diesen Vers aus dem Alten Testament zitierte, enthüllte Jesus die göttliche Priorität: zuerst Anbetung, dann Dienst. Damit verurteilte Er ganz offiziell die Aufteilung der bekennenden Christenheit in Marias und Marthas. Anbetung und Dienst heißt die Devise, nicht Anbetung oder Dienst. Jeder von uns muß ein Anbeter sein, und aus der Anbetung heraus darf dann der Dienst fließen.

Christentum und Dienst haben von jeher zusammengepaßt wie Hand und Handschuh, aber es ist viel leichter, den Leuten die Mechanismen der Aktivität beizubringen, als sie in eine lebendige Beziehung zum Herrn Jesus Christus hineinzuführen.

Für viele dieser aktiven Christen ist der Herr, dem sie dienen, unendlich fern und beinahe unwirklich. Natürlich haben sie viel über Ihn gelesen und vielleicht sogar hin und wieder ein Zeugnis von Menschen gehört, die behaupteten, Ihm irgendwo begegnet zu sein. Aber ihnen selbst ist die Realität Gottes unbekannt. Kein Wunder, daß ihr Dienst bald mehr Last als Lust ist, denn die Hingabe wird fadenscheinig, wenn die Erschöpfung einsetzt. Sie brauchen stets neue Motivation bei jedem neuen Einsatz für diesen unbekannten Gott, sonst hört der Dienst eines Tages ganz auf.

Ein solcher blinder Einsatz für einen Gott, zu dessen Definition man auf andere angewiesen ist, war charakteristisch für die Zeit, in der David lebte. König Saul leistete sein Mindestmaß an Dienst ab, und auch das oft nur mit Widerwillen und Ungehorsam verbunden. Obwohl Gott alles daransetzte, das Herz dieses ersten Königs von Israel zu erreichen, war und blieb Saul viel zu egoistisch, um ein Verlangen zu haben, Ihn wirklich kennen-

zulernen. Als Gott ihn dann absetzte, erwählte Er an seiner Statt einen Mann, der Ihn kannte. David hatte nie ein Interesse an

Ritualen um ihrer selbst willen gehabt. Alles, was er tat, geschah 5

als Reaktion auf den lebendigen Gott. David kannte seinen Gott, und er liebte den Gott, den er kannte, aus tiefstem Herzen.

Deshalb konnte der Herr über ihn sagen: »Ich habe David gefunden, den Sohn Jesses, einen Mann nach meinem Herzen« (Apostelgeschichte 13,22). Obwohl David alles andere als vollkommen war, liebte er seinen Gott von ganzem Herzen und diente Ihm treu, denn er kannte Ihn ganz persönlich.

David ignorierte den »historischen Christus«, wie manche Ihn heute nennen, keineswegs, aber seine Begeisterung galt dem lebendigen Gott, den er kennengelernt hatte. Gott war für David eine lebendige Realität, und dementsprechend lebendig fiel auch seine Reaktion diesem Gott gegenüber aus. Obwohl er die Unterschiede, die zwischen ihm und Gott existierten, nie aus den Augen verlor, ergriff er Seine Gnade doch mit beiden Händen und redete mit Gott, wie ein Mann mit seinem Freund redet.

Michal, seine Frau, kritisierte ihn heftig wegen seiner für sie zu vertraulichen Reaktionen, aber Gott hatte daran Seine Freude.

Lange genug war der HERR, Gott, wie ein strenger, ferner Despot behandelt worden. Er genoß es, endlich jemand auf einem irdischen Königsthron zu haben, der die göttliche Gegenwart als etwas Reales, Freundliches und Begehrenswertes akzeptierte. Seit den Tagen Adams hatte Gott sich nach solch einer engen Gemeinschaft mit dem Menschen gesehnt, sie aber nur ganz selten gefunden. In David besaß Er nun endlich einen Mann, der wirklich glaubte, daß Gott lebendig war, sich um die kleinen, alltäglichen Dinge kümmerte und Seine Auserwählten von Herzen liebhatte.

Diese persönliche Beziehung, die David zu Gott besaß, darf jeder Gläubige haben. Ohne diese Beziehung ist der Gottesdienst nicht viel mehr als eine religiöse Pflichtübung, eine leere Zeremonie. Doch aus dieser persönlichen Beziehung heraus fließt Gott eine Liebe entgegen, durch die Anbetung und Dienst erst lebendig und fruchtbar werden. Die Gemeinde Jesu erlebt in unseren Tagen ganz neu, was Anbetung heißt. Möge sie sich auch ganz neu der Tatsache bewußt werden, daß unser Gott lebendig, gegenwärtig und zutiefst an Seinem Volk interessiert ist. Die Wiederherstellung der Beziehung zu Ihm ist der erste Schritt zur Anbetung. Sonst wird diese genauso kalt und abge6

stumpft sein wie der Gottesdienst der Pharisäer und Sadduzäer zur Zeit Jesu.

David betete einen lebendigen Gott an, und das dürfen und sollen wir auch. Wenn wir in den nachstehenden Kapiteln den Fußtapfen Davids folgen und gleich ihm das Wesen des lebendigen Gottes zu entdecken suchen, wird uns das gewiß inspirieren, »ihn zu sehen, wie er ist« (1. Johannes 3,2).

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Kapitel 1

David betete einen lebendigen Gott an Schwer beladen mit einem riesigen Bündel voller Korn und Käse, die der Vater seinen sieben Söhnen ins Heerlager senden wollte, hatte der für sein Alter etwas zu klein geratene Junge mit den roten Haaren und der sehr hellen Haut endlich den Gipfel des Berges erklommen und schaute nun in das unter ihm liegende Tal hinab. Auf den ersten Blick konnte man meinen, die ganze Gegend sei von einem Buschfeuer heimgesucht worden. Überall waren große schwarze Flecken zu sehen.

Der geübte Schafhirte hatte jedoch gelernt, sich nie auf seinen ersten Eindruck zu verlassen. Er ließ das Bündel zu Boden gleiten und setzte sich, um die Lage zu überschauen. Es dauerte gar nicht lange, bis er in den schwarzen Flecken und ringsherum Bewegung wahrnahm und menschliche Stimmen an sein Ohr drangen. Das war keine abgebrannte Steppe dort unten.

Was er sah, waren die schwarzen Ziegenfell-Zelte von zwei großen Heeren, die sich gegenüberlagen, nur getrennt durch ein enges Tal zwischen zwei Hügeln. Endlich! Er hatte das Schlachtfeld gefunden! Aufgeregt schnallte er sein Bündel wieder fest und machte sich auf den beschwerlichen Weg bergab, ins Heerlager Israels unter Führung von König Saul.

Als er etwas näher an das Tal herangekommen war, bemerkte er einen beträchtlichen Unterschied zwischen den beiden Heerlagern. Das diesseits des Tales gelegene machte einen sehr stillen, düsteren Eindruck, während die Soldaten jenseits des Tales sehr laut und ausgelassen zu sein schienen. War es möglich, daß der Kampf bereits entschieden war und Israel verloren hatte? Doch noch bevor David seine Brüder ausfindig machen und sie fragen konnte, wußte er, warum es im Lager Israels so still war.

Vom Tal herauf dröhnte das Echo einer gewaltigen, wie Donner rollenden Stimme. Ein schwerbewaffneter, an die drei Meter großer Riese war aus seinem Zelt getreten und forderte 8

nun Sauls Heer heraus, ihm einen Soldaten zum Zweikampf zu schicken. Dieser Kampf, der so lange dauern würde, bis einer von beiden gefallen war, sollte anstelle einer Auseinandersetzung zwischen ihren Armeen stattfinden, und dann sollte alles dem Sieger gehören. Auch die größten Belohnungen, die König Saul seinen Soldaten versprach, konnten keinen von ihnen dazu bewegen, sich dieser gewaltigen Herausforderung zu stellen.

Der junge David, zutiefst in seinem Herzen aufgewühlt, eilte durch das von Angst und Schrecken erfüllte Lager, um seine Brüder zu finden. »Wer ist denn dieser unbeschnittene Philister da, der die Schlachtreihen des lebendigen Gottes verhöhnt?« (1.

Samuel 17,26), fragte er, indem er sein schweres Bündel zu Boden gleiten ließ.

Eigentlich hatte Goliath ja das Heer von König Saul verhöhnt, aber der junge Schafhirte sah die Sache anders. Als er kurz darauf zum König geführt wurde, erklärte er diesem, wie er an den langen Sommerabenden draußen auf dem Feld gelegen und zum Himmel hinaufgeschaut hatte, während seine Schafe schliefen. Dabei war der Wunsch, die Schöpfung zu begreifen, immer stärker in ihm geworden, bis er schließlich glauben konnte, daß ein lebendiger Gott hinter allem Geschaffenen stand. Als dann einmal ein Löwe und ein andermal ein Bär gekommen waren, um seine Schafe zu stehlen, hatte er durch diesen lebendigen Gott die nötige Kraft erhalten und den Mut aufgebracht, die beiden Raubtiere anzugreifen und zu töten. In Davids Augen war Goliath keine größere Herausforderung als der Löwe, und der lebendige Gott war weitaus stärker daran interessiert, Sein Heer zu beschützen als eine kleine Schafherde.

Wagemut wirkt gewöhnlich ansteckend; das merkte auch Saul. Als er mit der absoluten Überzeugung und persönlichen Erkenntnis eines lebendigen Gottes konfrontiert wurde, löste das in ihm einen ganz neuen Glauben aus. Zwar hörte er geduldig zu, als seine Militärberater ihn auf die Gefahr hinwiesen, die darin lag, einen ungeübten Zivilisten anstelle von ganz Israel in diesem Gladiatoren-Zweikampf antreten zu lassen, aber dennoch folgte Saul der Stimme seines Herzens und legte die Zukunft seines gesamten Volkes in die Hände dieses tapferen Jungen.

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Nur mit einer Schleuder und der Gegenwart eines lebendigen Gottes bewaffnet, trat David, der von seinen Brüdern wegen seiner Kleinheit Verachtete, Goliath, dem bei den Philistern wegen seiner Größe Beliebten, entgegen. Ein paar harte Worte, ein Streitruf, ein fliegender Stein — und Goliath sank, tödlich getroffen, zu Boden. Sein Tod bedeutete für das eben erst flügge gewordene Volk Israel einen kolossalen Sieg. Als der Sieger mit dem Haupt des bezwungenen Herausforderers vor Saul trat, fragte dieser: »Wessen Sohn bist du, junger Mann?« (1. Samuel 17,58).

Ja, wer war dieser junge Mann? Derselbe, von dem die Frauen später sangen: »Saul hat seine Tausende erschlagen und David seine Zehntausende« (1. Samuel 18,7). Dieser jüngste Sohn Isais, den seine älteren Brüder so gering einschätzten, daß sie ihn bei der Schafherde wohnen ließen, wurde von Samuel zum König, zum Nachfolger Sauls, gesalbt. Von seiner Familie verachtet, wurde David zu dem Mann, dem ganz Israel zujubelte.

Trotzdem bewirkte weder der Sieg über Goliath noch die Salbung aus dem Ölhorn Samuels eine sofortige Thronbesteigung. Gottes Berufungen werden erst zur festen Bestallung, wenn der Berufene durch die Schule Gottes gegangen ist und seine Lehrzeit beendet hat. Von Gott zum Führer bestimmt, wurde David später von Saul erwählt, bei Hofe zu dienen. Er wurde weiter zubereitet, als er vor Sauls Zorn fliehen und viele Jahre in der Wüste zubringen mußte. Während dieser Zeit sammelte er ein Häufchen Banditen um sich, die späteren »Helden Davids«.

Ob wir David als Krieger, Staatsmann, Politiker, König oder Gottesanbeter betrachten, auf keinem Gebiet gab es einen seinesgleichen. Bis auf diesen Tag ist er der Held sowohl der Juden als auch der Christen. Das Lied, das die israelitischen Frauen damals sangen, könnte in jeder beliebigen Generation gesungen und lediglich Sauls Name durch irgendeinen anderen Namen — Gott ausgenommen — ersetzt werden, und es hätte immer noch die gleiche Gültigkeit: »Saul hat seine Tausende erschlagen und David seine Zehntausende.« David war immer besser als die anderen.

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Als Paulus sagte: »Denn David freilich. . . (diente) seinem Geschlecht nach dem Willen Gottes« (Apostelgeschichte 13,36), hatte keiner der in der Synagoge anwesenden Juden ihm widersprochen. Und wie er seinem Geschlecht gedient hat! Als Eroberer nahm er weite Gebiete ein, die seinem Volk zur Heimstätte wurden, als Staatsmann vereinigte er die stolzen Stämme Israels und Judas zu einem gut funktionierenden Ganzen, einer blühenden Nation. Er war Dichter, Musiker und Künstler in einem und eiferte genau wie sein Volk darum, den Herzensschrei des Menschen nach Gott laut werden zu lassen. David diente in der Tat seiner Generation, aber genauso auch den Generationen, die folgen sollten, denn das Territorium, das er eroberte, wurde für die Juden zur Heimat bis auf den heutigen Tag, und die Nation, die er gründete, hat zusammengehalten, obwohl sie jahrhundertelang unter alle Völker der Welt zerstreut war.

Besonders auf dem Gebiet der Anbetung hat David sowohl seiner als auch unserer heutigen Generation hervorragende Dienste geleistet. Er hatte große Freude an den Anbetungszeiten.

Nicht nur, daß er persönlich daran teilnahm, er hat uns auch gezeigt, wie man seine Liebe und Begeisterung für Gott durch Lobpreis, Psalmen, Lieder und Reigen öffentlich zum Ausdruck bringen kann. Um sein Volk noch mehr zur Anbetung Gottes zu inspirieren, ließ David die Bundeslade wieder nach Jerusalem bringen. Dieses einstige Symbol der Gegenwart Gottes unter Seinem Volk war lange Zeit außer Gebrauch gewesen, seit die Philister es in den Tagen Elis erbeutet hatten. Weder der Prophet Samuel noch der König Saul hatten während ihrer Regierungszeit versucht, die Lade zurückzuholen, aber David glaubte, daß ihr Platz in der Hauptstadt sei, daß die göttliche Gegenwart mitten unter Seinem Volk wohnen müsse.

David ließ ein Zelt für die Bundeslade errichten, so wie Gottes erste Wohnung unter Seinem auserwählten Volk das kunstvoll ausgestattete Zelt gewesen war, das als Stiftshütte bekannt geworden ist. Das Ersatzzelt Davids trug die Bezeichnung Hütte Davids und wurde zum Mittelpunkt der Anbetung Israels. Dennoch sehnte sich David danach, einen permanenten Tempel für die Gegenwart Gottes zu bauen. Obwohl Gott das nicht zuließ, weil so viel Blut an seinen Händen klebte, versprach Er David doch, daß sein Sohn Salomo einmal den Tempel 11

bauen würde. In Seiner Gnade gab Er ihm bereits den Entwurf für den Tempel und half ihm, die für den Bau notwendigen Geldmittel und Materialien anzuhäufen. Er benannte sogar schon die Handwerker und Künstler, die das Gebäude errichten sollten. Vor seinem Tod ernannte David Salomo zum Mitregenten, um sicherzustellen, daß der Machtwechsel in Frieden und Ruhe vonstatten gehen würde. Er befahl seinem Sohn auch, den Bau des neuen Gotteshauses mit aller Macht voranzutreiben.

Auch wer sich nur gelegentlich mit dem Leben Davids befaßt, muß zu dem Schluß kommen, daß David ein echter Anbeter war. Alles, was er tat, geschah in dem Bewußtsein, daß Gott da war. Alle Ehre und Anerkennung für das, was David geleistet hatte, ging direkt an Jahwe. Mit größter Freude leistete er den Priestern und Leviten Gesellschaft, wenn es darum ging, seiner großen Liebe zu Gott öffentlich Ausdruck zu verleihen.

Sein Gottesdienst wirkte ansteckend. Wer hätte es übers Herz gebracht, den König so freimütig anbeten zu sehen und sich nicht mit in die feierlichen Handlungen einbeziehen zu lassen?

Vieles ist bereits über die Einzigartigkeit von Davids Gottesverehrung gesagt und geschrieben worden. Das Wesentliche dabei ist nicht der andersartige Stil, in dem David seiner Liebe zu Gott Ausdruck verlieh; es ist vielmehr die Tatsache, daß David ganz bewußt einen lebendigen Gott verehrte. Er schrieb: »Der HERR lebt! Gepriesen sei mein Fels und erhoben der Gott meines Heils« (Psalm 18,47)! Dieses Bewußtsein war es, das Davids Anbetung für seine Generation und auch die vielen folgenden Generationen so einmalig gemacht hat. Seine Reaktionen in Wort, Lied und Verhalten galten einer Person, die für ihn genauso lebendig und real war wie Joab, sein Feldhauptmann.

Obwohl David das Gesetz Gottes liebte, beschränkte sich seine Anbetung keineswegs darauf, nur dieses Gesetz zu zitieren. Die Psalmen zeigen uns, daß David aus der Tiefe seines Herzens zu Gott schrie und mit Ihm sowohl über natürliche als auch geistliche Dinge ganz offen redete. Er scheute sich nicht, positive wie auch negative Gefühle in seinen Anbetungszeiten vor Gott auszusprechen. David wußte, daß Gott lebendig war und sich um ihn kümmerte.

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Dieses Konzept eines lebendigen Gottes war natürlich nicht Davids Erfindung. Schon die Patriarchen hatten um die Existenz Gottes gewußt und versucht, diese Tatsache an andere weiterzugeben. Aber im Lauf jahrelanger religiöser Rituale und Zeremonien war diese Wahrheit den meisten verlorengegangen. Samuel hatte sie zwar entdeckt, aber er war für seine Generation ein ungewöhnlicher Mann. Wenn wir also David auch nicht die Entdeckung dieser Wahrheit zuschreiben können, dann doch zumindest ihre Wiederentdeckung. Außerdem läßt sich nicht leugnen, daß er große Freude daran hatte.

Die Vorstellung, daß Jahwe ein lebendiger Gott war, wurde zur treibenden Kraft in Davids Leben. Sie war es, die ihm den Mut verlieh, gegen den Riesen Goliath zu kämpfen. Sie war das Motiv seiner Tapferkeit im Streit, denn er schrieb: »Gepriesen sei der HERR, mein Fels, der meine Hände unterweist zum Kampf, meine Finger zum Krieg. . . meine Burg und meine Zuflucht, mein Erretter, mein Schild und der, bei dem ich mich berge, der mir Völker unterwirft« (Psalm 144,1-2). Der König glaubte allen Ernstes, daß die Kriege, die er ausfocht, die Kriege Gottes waren. Der lebendige Gott würde ihm die Kraft zum Streit verleihen und ihn im Kampf bewahren. David mußte viel Opposition hinnehmen, sowohl von Feinden draußen als auch von Freunden drinnen, trotzdem schrieb er: »An dem Tag, da ich rief, antwortetest du mir. Du mehrtest in meiner Seele die Kraft« (Psalm 138,3). David sah in Gott immer die ausgleichende Größe bei jeder Situation des Lebens. Mit Gott zur Seite betrachtete er sich als unüberwindlich. Kein Wunder, daß David in allen Dingen schließlich den Sieg errang — sogar wenn es um grobe Fehler und abscheuliche Sünden ging.

David betete einen lebendigen Gott an, im Gegensatz zur Götzenverehrung Davids Vorstellung von einem lebendigen Gott ist um so bemerkenswerter, wenn man bedenkt, daß die ihn umgebenden Völker absolute Götzenanbeter waren. Sogar sein eigenes Volk konnte sich nicht völlig vom Götzendienst freisprechen. Während andere ein Götterbild aus gegossenem Metall verehrten, betete David einen Gott an, dessen Bild er im Herzen trug. Es war kein in Stein gehauenes Bildnis, das seiner Vorstellung von Gott die 13

Form verlieh. David hatte das Gesetz Gottes, von Gottes Finger persönlich in Stein gegraben!

Es ging ihm viel weniger um das Bild Gottes als um Seine Person. In einem der Wallfahrtslieder, die zum großen Teil ihm zugeschrieben werden, sehen wir, wie David über die Götzen dachte: »Die Götzen der Nationen sind aus Silber und Gold, ein Werk von Menschenhänden. Einen Mund haben sie, reden aber nicht. Augen haben sie, sehen aber nicht. Ohren haben sie, hören aber nicht. Auch ist kein Atem in ihrem Mund. Ihnen gleich sind die, die sie machen, ein jeder, der auf sie vertraut.« Im Gegensatz dazu ruft er anschließend aus: »Haus Israel, preist den HERRN! Haus Aaron, preist den HERRN! Haus Levi, preist den HERRN! Die ihr den HERRN fürchtet, preist den HERRN! Gepriesen sei der HERR von Zion aus, der in Jerusalem wohnt! Halleluja!« (Psalm 135,15-21).

David betrat die Bühne der Weltgeschichte zu einem Zeitpunkt, als die Vielgötterei, der Polytheismus, allgemein anerkannt war. Die Israel umgebenden Völker dienten einer Vielzahl von Göttern, und sie besaßen eine empirische Struktur kleinerer und größerer Gottheiten. Doch seit dem Tag, an dem Jahwe dem Abraham erschienen war, und durch die ganze Geschichte des Handelns Gottes mit Israel hindurch, hatte Er sich stets als alleiniger Gott zu erkennen gegeben. Sein Volk sollte keinem anderen Gott als nur Ihm allein dienen. An dieses Gebot hielt David sich strikt; er war vollkommen monotheistisch in seinem Glauben und Leben. Jahwe war für ihn nicht nur EIN Gott, Er war DER wahre und lebendige Gott. Es gab keinen anderen außer Ihm. Aus diesem Grunde fürchtete David sich auch nicht vor den Götzen der Völker ringsumher. Er betrachtete sie als pure Erfindungen menschlicher Phantasie. Nach seiner Überzeugung hatten sie absolut keine Kraft, ihn zu hindern, das zu tun, was der lebendige Gott ihm zu tun befohlen hatte.

Rückschauend erscheint uns Davids Einstellung zwar logisch, aber wir müssen bedenken, daß die Mehrheit seiner Zeitgenossen keineswegs seinen Standpunkt teilte. Jahwe wurde oft als ein abwesender Hausherr betrachtet, dem man Miete zu zahlen hatte, oder als ein hartes, strenges Wesen, das beständig durch Opfer und Dienstleistungen versöhnt und besänftigt werden mußte. David dagegen behauptete, daß Jahwe ein liebender 14

Gott sei, der mitten unter Seinem Volk wohne und zutiefst an ihrem Wohlergehen interessiert sei. Wenn David Opfer brachte, dann weniger, um Gott zu versöhnen, als um Ihn zu preisen. Er sah sich nicht in erster Linie als Arbeiter für Gott, sondern als Anbeter. Sein Leben gliederte sich nicht einmal in »heilig« und »profan« auf. Er und sein Gott lebten auf jedem Gebiet des Lebens zusammen. Für einen Götzendiener wäre das ein unmöglicher Gedanke gewesen, aber er deckte sich genau mit der Offenbarung Gottes, die David empfangen hatte.

David betete einen lebendigen Gott an, im Gegensatz zu bloßen Ritualen Jeder, der gegen Rituale im Gottesdienst argumentiert, muß gegen Gott selbst argumentieren, denn Er setzte ein außerordentlich kunstvolles und kompliziertes System von Ritualen fest, als Er Mose die Pläne für die Stiftshütte gab und ihm Anweisungen erteilte, wie die Priester und das Volk Ihm dienen sollten. Da gab es spezielle Gewänder für besondere Anlässe und sehr genaue Vorschriften, wie die verschiedenen Opferhandlungen abzulaufen hatten. Es gab Fasttage und Festtage, freiwillige Feiertage und obligatorische Zusammenkünfte. So kompliziert und weitreichend war dieses System gottesdienstlicher Rituale, daß die Priester aus dem Stamm Levi sich mindestens fünf Jahre lang auf den Dienst vorbereiten mußten, ehe sie zum Priesteramt geweiht wurden.

Rituale mögen für vielerlei Zwecke gut sein. Solange sie den Menschen eine Hilfe im Gottesdienst sind, ist das nur zu begrüßen, aber es besteht immer die Gefahr, daß sie, anstatt ein Kanal für die Anbetung zu sein, zum Ersatz für Anbetung werden.

Bereits im Jahre 1524 sagte Thomas Bilney, ein Fellow der Trinity Hall, in dessen Herzen die Reformation an der Universität Cambridge geboren wurde, zu Hugh Latimer, einem Priester in Cambridge, der später Bischof von Worcester und Hofprediger des Königs wurde: »Hilfsmittel im Gottesdienst sind zu Hindernissen geworden, die uns davon abhalten, zu Gott durchzudringen. Zeremonien, die uns helfen sollten, unsere Liebe zu Christus sichtbar zu machen, sind zu >Gnadenmitteln< geworden, durch die wir Seine Liebe und Vergebung erlangen, ja, sogar unser Heil verdienen wollen. Sein wunderbares Ange15

sicht ist durch den falschen Gebrauch zeremonieller Hilfsmittel verdeckt worden.« (LATIMER, Apostle to the English, von Sarah H. Stuart, S. 25; Zondervan Publishing House, Grand Rapids/MI., c. 1986.)

Wie stark die gottesdienstlichen Rituale in den Tagen Davids in Israel vertreten waren, ist schwer zu sagen. Die Stiftshütte bestand bereits nicht mehr. Nur die Bundeslade hatte den Verfall überlebt, spielte aber während der Lebens- und Dienstzeit von Samuel und Saul praktisch überhaupt keine Rolle. Zwar wurden die Opferhandlungen grundsätzlich beibehalten. Samuel, und gelegentlich sogar Saul, brachten Jahwe Opfer dar, obwohl das aaronitische Priestertum, von Gott eingesetzt, mit dem Tod Elis und seiner Söhne praktisch verschwunden war. Samuel fungierte gleichzeitig als Prophet und Priester und verfügte über beinahe königliche Vollmachten, bis das Volk Saul zum König wählte.

Doch auch als Stiftshütte und Priesterschaft nicht mehr da waren, wurde die Abhängigkeit des Volkes von Ritualen keineswegs kleiner. Es blieben ihm immer noch die bekannten Rituale, die durch Mose weitergegeben worden waren, insbesondere die Blutsopfer. Diese wurden auch weiterhin an allen möglichen Orten dargebracht, wobei der jeweilige Familienvater als Priester seines Hauses fungierte.

Ohne eine Priesterschaft, einen besonderen Ort der Anbetung und ohne das Reden Gottes — außer wenn einmal ein Prophet im Lande war, der im Namen Gottes auftrat — fehlte dem Gottesdienst in jener Zeit die persönliche Beziehung zu Gott. Die Betonung lag auf der Anbetungshandlung (dem Opfer), anstatt auf der Person, die angebetet werden sollte. David hatte eine persönliche Beziehung zu dem wahren, lebendigen Gott bekommen, und diese Beziehung spiegelte sich in seiner Anbetung wider. Auf den Bergen Bethlehems hatte er gelernt, Gott ohne Rituale zu verehren. Als er dann König wurde, versuchte er, auch seine Untertanen in eine Gottesverehrung hineinzubringen, die einem lebendigen Gegenüber galt und der Liebe des Herzens zu Gott Ausdruck verlieh.

Weil er selbst sich so gut im Gesang Gott gegenüber öffnen konnte, führte David Musik und Gesang in den Gottesdienstablauf ein. Er schrieb über die Hälfte der Psalmen, die im »Liederbuch« der Bibel aufgezeichnet sind. Viele von ihnen sind ganz 16

gezielt für den öffentlichen Gebrauch im Gottesdienst bestimmt.

Er erfand verschiedene Musikinstrumente und ließ sie zum Gebrauch durch die Leviten herstellen. Er setzte das levitische Priestertum wieder ein und stellte einige hundert für den musikalischen Dienst ab, aus denen er Chöre und Orchester bildete.

Diese wurden in 24 Einheiten unterteilt, so daß Instrumentalund Vokalmusik rund um die Uhr vor der wieder nach Jerusalem zurückgebrachten Bundeslade erklingen konnte.

Während David die Opferrituale uneingeschränkt übernahm, ergänzte er gleichzeitig den Gottesdienstablauf um Lieder und Reigen. Er ließ die Gemeinschaftsfeste zu Ehren des Herrn wiedererstehen und versammelte das Volk mindestens dreimal jährlich nach Jerusalem, um Gott zu feiern. Da die Beteiligung am Gottesdienst immer mit der Vorstellung übereinstimmt, die ein Mensch von Gott hat, wurde auch in Davids Fall die Gottesverehrung ganz stark von seinem Verständnis eines lebendigen Gottes geprägt. Gleichzeitig veränderte er auch die Art und Weise, wie das Volk Jahwe huldigte. Er versah ihre Rituale mit Realität, indem er die Menschen lehrte, daß Anbetung eine bewußte, aus Liebe geborene Reaktion einem lebendigen Gott gegenüber darstellt.

David betete einen lebendigen Gott an, im Gegensatz zu einem historischen Gott Es gibt nichts, was die Realität der Gottesverehrung schneller zerstören kann, als wenn man sie in eine rein historische Vorstellung von Gott zwängt. Während der Gott von gestern durchaus das Vorbild dessen sein kann, was wir uns heute unter Gott vorstellen, ist Er doch viel mehr als nur der Gott unserer Väter oder aber der zu erwartenden Kinder und Kindeskinder. »Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit« (Hebräer 13,8). Gott ist der Gott von HEUTE, nicht nur von damals. Für David war das ein klarer Fall. In seinen Psalmen ist nur sehr selten von dem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs die Rede, vielmehr heißt es ständig: »MEIN Gott.« Davids Vorstellung von Gott kommt klar in dem Vers zum Ausdruck: »Gott ist uns Zuflucht und Stärke, als Beistand in Nöten reichlich zu finden« (Psalm 46,1). David brauchte nie den Gott Moses um Hilfe 17

anzurufen; er wandte sich an den Gott Davids. »Der HERR der Heerscharen ist mit uns«, war seine Überzeugung.

Dieses Bewußtsein eines Gottes, der JETZT lebt, beeinflußte Davids Gebete ganz entscheidend. Er kommunizierte mit Gott als mit einer gegenwärtigen Person, und er rechnete damit, von Ihm Antwort zu bekommen. Seine Bitten richtete er an einen regierenden Monarchen und war sich sicher, daß Er eingreifen würde. Zwar mag es sein, daß David Gott gewisse Charaktereigenschaften zuschrieb, die völlig menschlich sind, aber daraus läßt sich gerade ersehen, daß er sich mit Gott im Einklang fühlte.

Wenn David über irgendein Unrecht empört war, nahm er wie selbstverständlich an, daß Gott darüber genauso aufgebracht war. War David zornig, dann setzte er voraus, daß Gott ebenfalls zornig war, und wenn David den Eindruck hatte, in einer bestimmten Situation dies oder das tun zu müssen, dann glaubte er, daß Gott ihm dabei helfen würde. Auf irgendeine Weise war David in eine Partnerschaft mit Gott hineingekommen, die ihn ausrufen ließ: »Unser Gott kommt und schweigt nicht« (Psalm 50,3). Davids Gott war nie inaktiv, sondern stets ein handelnder Partner. Das Gebet bedeutete für David die Kommunikation mit einer liebenden, an ihm interessierten Person. Obwohl er in seinen Psalmen oft historische Dinge erwähnte, benutzte er doch mit Vorliebe die Gegenwartsform, wenn es um Gott ging. »Ein Geschlecht wird dem anderen rühmen deine Werke, deine Machttaten werden sie verkünden«, schrieb er. Einige Verse weiter heißt es: »Gnädig und barmherzig ist der HERR. . . der HERR ist gut gegen alle, sein Erbarmen ist über alle seine Werke« (Psalm 145,4.8-9). David konnte, ohne zu zögern, von historischen Vorstellungen Gottes zu gegenwärtigen Standpunkten übergehen. Er rühmte Gott zwar wegen der großen Machttaten, die Er in den vergangenen Generationen an Seinem Volk getan hatte, glaubte aber gleichzeitig unbeirrt an einen lebendigen, gegenwärtigen Gott, dessen Unwandelbarkeit Ihn für David genauso real machte wie einst für Mose oder Josua. »Nahe ist der HERR allen, die ihn anrufen« (Psalm 145,18), schien Davids Motto zu sein. Das machte seine Anbetung so lebendig und persönlich. Er kannte den Gott, den er verehrte. Er brauchte Gott nicht nur für Seine vergangenen Taten zu preisen, sondern war 18

selbst in Seine gegenwärtigen Taten unmittelbar einbezogen, und das war der Anlaß für die meisten seiner Loblieder.

Weil Davids Gott viel eher ein gegenwärtiger Begleiter als ein historischer Held war, konnte David zu seiner Generation sagen: »Der HERR der Heerscharen ist mit uns, eine Festung ist uns der Gott Jakobs« (Psalm 46,8). Er forderte seine Mitmenschen auf: »Befiehl dem HERRN deinen Weg und vertraue auf ihn, so wird er handeln. . . Sei still dem HERRN und harre auf ihn. . . Vom HERRN her werden eines Mannes Schritte gefestigt, und seinen Weg hat er gern. . . Die Hilfe der Gerechten kommt vom HERRN, der ihre Fluchtburg ist zur Zeit der Not; und der HERR wird ihnen beistehen und sie retten; er wird sie erretten von den Gottlosen und ihnen helfen, denn sie haben sich bei ihm geborgen« (Psalm 37,5.7.23.39-40).

David konnte sich nicht vorstellen, daß seine Beziehung zu Gott zeitlich begrenzt sein könnte. Jahwe war für die Gegenwart Davids so real, wie Er es je in der Zukunft sein würde. Deshalb glaubte er auch, daß seine Verbindung mit dem Allmächtigen nicht nur für jeden Augenblick der Zeit galt, sondern bis in die Ewigkeit hineinreichte. Obwohl David viele hundert Jahre vor der Zeit lebte, als Jesus den Ausspruch tat: »Weil ich lebe, werdet auch ihr leben« (Johannes 14,19), besaß er bereits die Hoffnung, daß der lebendige Gott, dem er diente, dieses Sein Leben in alle Ewigkeit mit ihm teilen würde. Er hatte nichts dagegen, daß die Schriftgelehrten seiner Tage sich mit dem Gott Abrahams und Moses auseinandersetzten; er selbst, David, befaßte sich viel lieber mit dem lebendigen Gott der Gegenwart. So sang er: »Du wirst mir kundtun den Weg des Lebens; Fülle von Freuden ist vor deinem Angesicht, Lieblichkeiten in deiner Rechten immerdar« (Psalm 16,11).

David betete einen lebendigen Gott an, im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen Dreimal rief Asaph, Davids Stellvertreter auf musikalischem Gebiet, aus: »Warum sollen die Nationen sagen: Wo ist ihr Gott?« (Psalm 42,4.11;79,10), und in Psalm 115,2 stellt ein ungenannter Psalmist die gleiche Frage. Offensichtlich waren sich David und seine Gefährten der beständigen Herausforde19

rung von seiten der heidnischen Götzenanbeter aus den umliegenden Völkern bewußt, die lautete: »Zeigt uns doch euren Gott!« Sie hatten großartige Tempel, um ihre Götter aus Stein und Metall unterzubringen, während David nur ein Zelt aufgestellt hatte, das die Bundeslade beherbergte. Die Heiden nahmen ihre Götzenbilder oft mit in den Kampf, aber David gestattete es nie, daß die Lade Gottes Jerusalem verließ.

Dies mag uns vielleicht nicht besonders wichtig erscheinen, aber wir müssen uns daran erinnern, welch eine bescheidene Minorität das Israel zur Zeit Davids bildete, verglichen mit den vielen Völkern, die sein winziges Territorium umgaben. David mußte beständig mit seinem kleinen Heer gegen eine weit größere Übermacht von Feinden zu Felde ziehen, und oft taten sich sogar mehrere Könige zusammen, um ihn zu besiegen. Wenn sie ihre Götter so offen zur Schau stellten und den Israeliten höhnische Sticheleien an den Kopf warfen mit der Aufforderung, doch ihren Gott einmal vorzuzeigen, dann mußte David eine Antwort für seine Männer parat haben. Er beschrieb diese Situation wie folgt: »Am Abend kehren sie wieder, heulen wie Hunde und umkreisen die Stadt. Siehe, sie lassen ihren Mund Böses reden, Schwerter sind auf ihren Lippen — denn sie denken: >Wer hört?< Du aber, HERR, wirst über sie lachen, spotten über alle Nationen. Meine Stärke, auf dich will ich achten; denn Gott ist meine Festung. Mein gnädiger Gott wird mir zuvorkommen; Gott wird mich herabsehen lassen auf meine Feinde« (Psalm 59,7-11).

David zeigte den Leuten Gott nicht in Seiner Form, sondern in Seiner Funktion. Er hielt es nicht für nötig, Jahwe wie einen Götzen zur Schau zu stellen, und für ihn war es auch nicht richtig, die Bundeslade mit in den Kampf zu nehmen. Sein Gott war ein lebendiger Gott, und David hatte die Überzeugung, daß Seine göttliche Gegenwart sich durch Sein Handeln bewies. Er verließ sich total auf die Realität dieser göttlichen Gegenwart, denn er schrieb: »Wenn nicht der HERR für uns gewesen wäre, so soll Israel sagen — wenn nicht der HERR für uns gewesen wäre, als Menschen gegen uns aufstanden, dann hätten sie uns lebendig verschlungen, als ihr Zorn gegen uns entbrannte.. .

Gepriesen sei der HERR, der uns ihren Zähnen nicht zum Raub gab! Unsere Seele ist entronnen wie ein Vogel aus der Schlinge der Vogelsteller. Die Schlinge ist zerrissen, und wir sind entron20

nen. Unsere Hilfe steht im Namen des HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat« (Psalm 124,1-3.6-8).

Die Götzenanbeter konnten sich nicht vorstellen, ihre Götter irgendwo anders als in ihren Tempeln oder vor den Götzenbildern anzubeten. Sogar die meisten Hebräer zur Zeit Davids beschränkten sich mit ihrer Gottesverehrung auf die besonderen Feiertage, an denen sie die Dienste der Priester und Leviten in Anspruch nehmen konnten. Ganz anders David! Zwar konnte auch er sich von Herzen an den Festen des Herrn erfreuen, aber er war in der Lage, Gott überall und zu jeder Zeit anzubeten, weil er Ihn als lebendigen, allgegenwärtigen Gott kannte. So konnte er singen: ». . . wenn ich deiner gedenke auf meinem Lager, über dich nachdenke in den Nachtwachen. Denn du bist mir zur Hilfe geworden, und im Schatten deiner Flügel kann ich jubeln. Meine Seele hängt an dir, deine Rechte hält mich aufrecht« (Psalm 63,7-9). Weiter bekräftigte er: »Ich will den HERRN preisen allezeit, beständig soll sein Lob in meinem Munde sein« (Psalm 34,1). David überließ es den Propheten, sich auf ihre Musiker zu stützen, und den Priestern, sich auf Rituale zu verlassen. Er betete Gott an, wo er gerade war, im Haus, auf dem Thron, auf dem Schlachtfeld und ganz besonders in dem Zelt, das er für die Bundeslade errichtet hatte. Das ist der Vorteil, wenn man einem lebendigen Gott dient: Er ist immer gegenwärtig. Darauf wies David poetisch hin, als er sang: »Wohin sollte ich gehen vor deinem Geist, wohin fliehen vor deinem Angesicht? Stiege ich zum Himmel hinauf, so bist du da. Bettete ich mich in dem Scheol, siehe, du bist da. Erhöbe ich die Flügel der Morgenröte, ließe ich mich nieder am äußersten Ende des Meeres, auch dort würde deine Hand mich leiten und deine Rechte mich fassen. Und spräche ich: Nur Finsternis möge mich verbergen und Nacht sei das Licht um mich her: Auch Finsternis würde vor dir nicht verfinstern, und die Nacht würde leuchten wie der Tag, die Finsternis wäre wie das Licht« (Psalm 139,712). Was war das doch für eine wunderbare und ganz praktische Vorstellung, die dieser berühmte König von Gott besaß!

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Gottesoffenbarung. Vielleicht war er es, der schrieb: »Wie liebe ich dein Gesetz! Es ist mein Nachdenken den ganzen Tag.. . deine Zeugnisse sind mein Überlegen. Einsichtiger als Greise bin ich. Denn deine Vorschriften habe ich gehalten« (Psalm 119,97.99-100).

Daß David von Gottes Wundertaten gehört und daraus gelernt hatte, ist klar. Er schrieb: »Gott, mit unseren Ohren haben wir gehört, unsere Väter haben uns erzählt die Großtat, die du gewirkt hast in ihren Tagen, in den Tagen der Vorzeit. Du, du hast mit deiner Hand Nationen ausgetrieben, aber sie hast du eingepflanzt.. deine Rechte und dein Arm (hat ihnen geholfen) und das Licht deines Angesichts, weil du Wohlgefallen an ihnen hattest. Du selbst bist mein König, o Gott; gebiete die Rettungen Jakobs! Durch dich werden wir niederstoßen unsere Bedränger; durch deinen Namen werden wir zertreten, die gegen uns aufstehen« (Psalm 44,2-6). David sah Gottes Handschrift in der Geschichte, und er wagte zu glauben, daß der ewige HERR auch in der Gegenwart tun würde, was Er in der Vergangenheit getan hatte.

Und genauso gewiß, wie David anhand der göttlichen Aussagen und Demonstrationen von Gott lernte und Erfahrungen machte, so auch durch die Proklamation Seines Namens. Er sang: »Wie dein Name, Gott, so ist dein Ruhm bis an die Enden der Erde« (Psalm 48,11). Diese schrittweise Erkenntnis Gottes, die David durch die Namensverbindungen Jahwes (z. B. JahweJireh) erhielt, beeinflußte seine Gottesverehrung für den Rest seines Lebens. Möge die gleiche Erkenntnis auch unsere Anbetung beeinflussen für die Tage, die noch vor uns liegen, so wie Davids Erkenntnis seinen Sohn Salomo beeinflußte zu schreiben: »Der Name des HERRN ist ein fester Turm; zu ihm läuft der Gerechte und ist in Sicherheit« (Sprüche 18,10).

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