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Eisbaden: Gesund und glücklich durch den (Corona-) Winter


Vor allem Hände und Füße werden beim Eisbaden schnell kalt. Deshalb halten Eisbader*innen oft ihre Hände aus dem Wasser. Und sehen dabei aus, als würden sie beten.
TEXT Ines Šašić FOTOS Daniel Herzog
Es ist Winter in Deutschland. Jetzt freuen sich die meisten Menschen auf einen heißen Tee. Oder ein warmes Bad. Bei Minusgraden und Schnee in den Fluss springen? Da denken viele: Niemals! Es gibt aber auch Personen, die das jeden Winter machen. Und sogar Spaß daran haben. Dieses Hobby nennt sich Eisbaden oder Winterbaden. Diesen Winter sind besonders viele Menschen beim Eisbaden zu sehen. Zum Beispiel in München in der Isar. Das hat vielleicht etwas mit dem aktuellen Lockdown zu tun. Aber wieso macht man so etwas Verrücktes überhaupt? Das haben wir den Eisbader Daniel Herzog in einem Interview gefragt:
Wie bist du zum Eisbaden gekommen?
Ein guter Freund hat vor 4 Jahren eine Challenge angefangen: Wer kann länger kalt duschen? Erst fand ich das verrückt. Dann habe ich auch mitgemacht. Irgendwann wurde kalt duschen langweilig. Dann kam die Idee mit dem Eisbaden auf. Auch diese Idee fand ich zuerst verrückt. Aber das Gefühl danach ist wirklich unglaublich. Man ist dann einfach glücklich. Und dieses Gefühl ist die Überwindung wert. Eisbaden soll auch gut für das Immunsystem sein.
Wie konntest Du dich am Anfang zum Eisbaden überwinden?
Wir haben mit 5 Leuten angefangen und eine WhatsApp-Gruppe gegründet. Mit dem ironischen Gruppennamen „Munich Hot Springs“ (übersetzt: Münchens heiße Quellen). In einer Gruppe ist es einfacher als alleine. Dann haben wir gesagt, wir treffen uns jeden Freitag um 5:45 Uhr. Denn um diese Uhrzeit hat niemand eine Ausrede. Wie zum Beispiel, dass man arbeiten muss. Deshalb jeden Freitag morgens um 5:45 Uhr am Eisbach. Mittlerweile sind über 200 Leute in der WhatsApp-Gruppe. Und auch bei Facebook haben wir 200 Follower. In den Gruppen können sich Hobby-Eisbader*innen austauschen. Und zum gemeinsamen Eisbaden verabreden.
Warum gehst du jetzt seit 4 Jahren regelmäßig Eisbaden? Und wie oft machst du das?
Ich gehe 2-3 Mal die Woche Eisbaden. Ein Grund ist, die eigenen Grenzen auszutesten. Denn Eisbaden ist jedes Mal eine Überwindung. Und es ist schön, die eigenen Grenzen zu überwinden. Ein anderer Grund sind die Glücksgefühle danach. Der Körper setzt beim Eintauchen ins kalte Wasser Endorphine frei. Durch diese Endorphine bekommt man eine höhere Durchblutung und ein Hochgefühl. Deshalb soll Eisbaden auch gut für das Immunsystem sein.
Natürlich haben wir uns irgendwann auch mehr über das Thema informiert. Dabei sind wir auf Wim Hof gestoßen. Wim Hof ist niederländischer Extremsportler und Kälteexperte. Er hat eine spezielle Atemtechnik entwickelt. Die sogenannte Wim Hof Methode. Mit dieser Technik kann man die Körpertemperatur erhöhen. Und damit noch länger im Wasser bleiben. Wim Hof hält auch den Weltrekord für das längste Eisbad. Er konnte fast 2 Stunden lang im Eiswasser stehen. Einmal hatte Wim Hof ein Seminar in München. Und ist mit unserer Gruppe „Munich Hot Springs“ in den Eisbach gegangen. Das war schon cool. Und für viele von uns ein kleiner Fan-Moment.
Kann Eisbaden auch gefährlich werden?
Eisbaden kann sehr gefährlich werden. Ganz besonders für Menschen mit Herz-Kreislauf-Problem. Oder für ältere Menschen und Kinder. Deshalb sollte sich jede*r davor von der Ärztin oder vom Arzt untersuchen lassen.
Was muss man beim Eisbaden beachten?
Wer Eisbaden möchte, kann am besten mit kaltem Duschen anfangen. Und beim Duschen die Atmung trainieren. Zum Start im Fluss oder See sollte das Wasser maximal hüfthoch sein. Am besten beginnt man schon im Spätsommer/Herbst mit dem Eisbaden und nicht erst im Winter. Man muss den Körper langsam an die kalten Temperaturen gewöhnen. Auch sollte man nicht alleine Eisbaden. Nicht nur wegen der Motivation, sondern auch falls etwas passiert. Dann können Begleitpersonen helfen. Auch Körperfett schadet nicht. Denn wer sehr dünn ist, friert auch sehr schnell.
Das Wichtigste ist: Eisbaden ist kein Wettbewerb. Es geht um das gute Gefühl danach. Deshalb ist es egal, ob man 1 oder 8 Minuten schafft. Ich sage immer: Wer es einmal versucht, wird es immer wieder machen.
Für mehr Eindrücke zum Thema Eisbaden könnt ihr „Munich Hot Springs“ auf Instagram unter @munichhotsprings oder auf Facebook unter „Munich Hot Springs“ folgen.
DER EISBACH
Der Eisbach ist der stärkste Bach im Englischen Garten in München. Das Schwimmen ist verboten. Man darf sich aber im Eisbach abkühlen. Der Eisbach ist berühmt für seine kalte Temperatur. Auch im Sommer wird das Wasser nicht wärmer als 15 °C.
der Minusgrad, -e: Temperaturen unter null Grad, unter dem Gefrierpunkt
die Challenge, -s: Herausforderung; Wettbewerb, bei dem Spaß im Vordergrund steht
aufkommen: entstehen
die Ausrede, -n: nicht zutreffender Grund, der als Entschuldigung gebraucht wird
die Überwindung, -en: etwas bewältigen; erledigen, obwohl es einem schwer fällt
ironisch: wenn jemand mit Absicht das Gegenteil von dem sagt, was er*sie meint. Die Leser- oder Hörer*innen verstehen aber, dass das Gegenteil des Gesagten gemeint ist.
das Endorphin, -e: körpereigene Hormone, die der Körper zur Schmerzlinderung produziert. Wegen ihrer Wirkung auch Glückshormone genannt.
das Hochgefühl, -e: stolzes und freudiges Gefühl über den eignen Erfolg
hüfthoch: die Höhe vom Boden bis zur Hüfte