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Frühjahrsgedanken –der Frühling entstand
from Neu Nota Bene 08
by Mateo Sudar
wusste, stahl er Persephone kurzerhand von der Erde und nahm sie mit in sein Reich, die Unterwelt. Dort wollte er sie solange behalten bis sie einwilligte, seine Frau zu werden. Doch Persephone ließ sich nicht so leicht einschüchtern. Ihr einziges Problem war nur, sie durfte in der Unterwelt nichts essen. Tat sie es doch, war sie für immer dazu verdammt, dort zu bleiben. Die Monate zogen sich dahin und irgendwann stahl sich Persephone in einem scheinbar unbeobachteten Moment vier Granatapfelkerne. Dies besiegelte ihr Schicksal. Als Demeter entdeckte, dass ihre Tochter verschwunden war, fiel sie in tiefe Traurigkeit und zog sich zurück in eine Höhle, während die ganze Welt im tiefsten Winter versank.
Hermann Hesse: Im Nebel
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Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein, kein Baum sieht den anderen, jeder ist allein.
Voll von Freuden war mir die Welt, als noch mein Leben Licht war, nun, da der Nebel fällt, ist keiner mehr sichtbar. Wahrlich, keiner ist weise, der nicht das Dunkle kennt, das unentrinnbar und leise von allen ihn trennt.
Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsam sein. Kein Mensch kennt den anderen, jeder ist allein.
Doch Hades, bis über beide Ohren verliebt in seinen unfreiwilligen Gast, schaffte es, ihr Herz zu gewinnen und ihr die Freude zurückzugeben. Doch Persephone vermisste trotz allem die Welt im Tageslicht und ihre Mutter. Hades, der es nicht ertrug, seine junge Braut so unglücklich zu sehen (der Fakt, das Zeus ihm wegen des ewigen Winters und der Unfruchtbarkeit auf der Welt im Nacken saß, spielte auch etwas mit hinein), schloss daraufhin mit Demeter einen Kompromiss: Acht Monate des Jahres lebt Persephone nun mit ihrer Mutter auf der Erde, und vier Monate lebt sie bei ihrem Mann Hades in der Unterwelt.
Und so entstanden die Jahreszeiten: Winter – Persephone ist in der Unterwelt, Frühling – Persephone kehrt zurück, Sommer – ihre Mutter ist sehr glücklich, Herbst – der Abschiedsschmerz beginnt. Kurz zusammengefasst: Kaum setzt sich die Göttin der Fruchtbarkeit, erst aus Traurigkeit und dann aus reinem Trotz, über das Verschwinden ihrer Tochter mal ein paar Monate in eine Höhle ab, schon beugt sich der große Gott der Unterwelt ihren Wünschen.
Diese Geschichte fasziniert mich. Die Liebe einer Mutter zu ihrer Tochter ist so stark, dass sie alles überwindet – und nebenbei noch die Jahreszeiten erschafft. Ist es diese Wiedersehensfreude von Demeter, die uns jeden Frühling aufs Neue mitreißt? Oder ist es das Erstrahlen der Natur in neuer Fruchtbarkeit, die uns motiviert? Egal woran man glaubt, der Einfluss des Frühlings auf alle Lebewesen ist nicht zu verleugnen.
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