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ON THE ROAD AGAIN

Welcher Ort passt wohl besser zum Thema Sound und Reisen, als die Straße selbst? Wir alle kennen die langen Fahrten auf den Autobahnen und Fernstraßen, die uns nicht nur von A nach B führen, sondern letztlich irgendwo eine Hauptrolle in jedem Road Trip einnehmen. Welche Geschichten so eine Straße wohl erzählen kann? Schade, dass Straßen nicht sprechen können –dafür können manche von ihnen singen.

Was anfänglich absurd klingt, ist tatsächlich nicht nur möglich, sondern mittlerweile fast ein Trend und gehört zum 1 x 1 des Straßenbaus offensichtlich mittlerweile dazu. Die „musikalischen“ oder auch „singenden“ Straßen sind meist Abschnitte, die auf Grund der Beschaffenheit der Fahrbahn beim Befahren verschiedenartige Vibrationen erzeugen, die im Fahrzeuginneren als Töne wahrgenommen werden. Zur Erzeugung der Vibration gibt es verschiedene Möglichkeiten: entweder werden kleine Erhebungen auf der Straße angebracht oder es werden Rillen in den Straßenbelag geritzt oder gedrückt. Der wechselnde Abstand der Erhebungen oder Rillen bewirkt unterschiedliche Tonhöhen. Die vorgesehene Melodie klingt meist bei einer bestimmten Fahrgeschwindigkeit am Angenehmsten. Entsprechend ist ein angenehmer Nebeneffekt auch, dass sich die meisten Fahrzeuge in der vorgesehenen Geschwindigkeit bewegen. Tempolimit? Klingt gut!

Die erste singende Straße wurde übrigens von Steen Krarup Jensen und Jakob FreudMagnus – zwei dänischen Künstlern – 1995 in Gylling angelegt. Und einen Namen haben die beiden Herren der Straße auch gegeben. Das Asphaltophon.

Seither erklingt der Asphalt vielerorts in bunten Melodien. In Japan beispielsweise gibt es mittlerweile über 30 sogenannte „Melody Roads“. Und das sogar in Stereo! Dieser Effekt wird dadurch erzielt, dass die Soundmarker der Straße mittig geteilt sind und die linken bzw. rechten Reifen des Fahrzeugs die entsprechenden Vibrationen bekommen, die sich dann im Fahrzeuginneren zu einem gesamten Soundbild zusammen setzen. Abgefahren.

Wer „Mary had a little lamb” in der Straßenversion hören möchte, muss sich auf die Straßen Südkoreas begeben. Die Ouvertüre aus Rossinis Oper Wilhelm Tell gibt’s in den Vereinigten Staaten. Allerdings hat’s hier wohl in der Kommunikation zwischen Musikern und Ingenieuren gehapert. Der Titel ist wohl nur schwerlich zu erkennen.

Ganz andere Herausforderungen gab’s in den Niederlanden. Hier wollte man mit der friesischen Hymne „De âlde Friezen“ die Straße zum Klingen bringen und damit die Geschwindigkeit der Fahrzeuge drosseln. Theoretisch und praktisch alles perfekt. Kleiner Haken? Man hat die Anwohner nicht berücksichtigt. Und hier stößt der Titel auf wenig Zustimmung – vor allem, wenn man die Nummer bei jedem einzelnen Fahrzeug hört, dass die Straße befährt. Resultat? „De âlde Friezen“ gab’s für gut eine Woche auf der Straße zu hören. Dann wurde neu asphaltiert.

Wohin also auch die Reise führen mag – ist man im Auto unterwegs lohnt sich hier oder da vielleicht sogar ein Abstecher auf die singenden Straßen dieser Welt. Hörenswert ist es auf alle Fälle!

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