Issueswawo 20161214

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16 Mittwoch, 14. Dezember 2016

WANN & WO

Zur Person

Interview

Name: Thomas Rammerstorfer Ausbildung/Beruf: Buchhändler, Fachsozialbetreuer, freier Journalist Herkunft, Wohnort: Wels, Oberösterreich Publikationen: U.a. „Grauer Wolf im Schafspelz – Rechtsextremismus in der Einwanderungsgesellschaft“

„Extremismus ist auf dem Vormarsch“ W&W unterhielt sich mit Thomas Rammerstorfer vor seinem morgigen Vortrag im Spielboden Dornbirn und verlost 2x2 Tickets. WANN & WO: Wie würden Sie Extremismus definieren? Thomas Rammerstorfer: Der Begriff ist nicht unproblematisch, weil er auch als Kampfbegriff gegen alle, nicht den Vorstellungen der „politischen Mitte“ entsprechenden, Meinungen benutzt wird. In den aktuellen Debatten würde ich als extremistisch jene Einstellungen zusammenfassen, die Demokratie und Menschenrechte ablehnen oder einschränken wollen. WANN & WO: Was sind typische bzw. aktuelle Ausprägungen des Extremismus? Mit welcher Art ist Österreich konfrontiert? „Auch in Vorarlberg gibt es problematische Gruppen, wie etwa die kleine, aber sehr militante Neonazi-Szene.“ Thomas Rammerstorfer: Wir haben ein Problem mit Rechtsextremismus in unterschiedlichsten Ausprägungen: Deutschnational, esoterisch, national-religiös, jugendkulturell inspiriert, mal militant, mal parteiförmig. Natürlich auch den politischen Islam, quasi sowohl als Haupt-Feindbild wie auch als enger ideologischer Verwandter der heimischen Rechtsextremen. Dazu kommen in der Einwanderungsgesellschaft natürlich auch importierte Phänomene wie die türkischen „Grauen Wölfe“ oder kroatische Faschisten.

viel Demokraten wachgerüttelt wurden. Wir müssen einsehen: Wenn wir keine Politik machen, dann überlassen wir den Extremen das Feld. WANN & WO: Welche Gefahren sehen Sie speziell für Vorarlberg?

WANN & WO: Haben Wahlen wie die von Donald Trump oder die Abstimmung für den Brexit Auswirkungen auf Extremismus?

Thomas Rammerstorfer: Vorarlberg hat eine große Vielfalt an Jugendkulturen, was an sich positiv ist. Natürlich gibt es aber problematische Gruppen, etwa die kleine, aber sehr militante Neonazi-Szene. Auch die Eskalation des Konfliktes zwischen Türken und Kurden findet hier ihre Entsprechung und gewisse Entwicklungen im RockerMilieu und bei den Salafisten geben Anlass zur Sorge. Weiters gibt es eine rührige „obskurante“ Szene, also Verschwörungsgläubige, die teils antisemitische Ideen verbreiten und natürlich „Freeman“, die so nebenbei erwähnt auch erst im Oktober einen eigenen „Staat Vorarlberg“ ausgerufen haben.

Thomas Rammerstorfer: Der Jubel bei den antieuropäischen Rechten war bei beiden Entscheidungen groß. Ich glaube aber, dass dadurch

WANN & WO: Wie bewerten Sie den Sieg Alexander Van der Bellens gegenüber den extremistischen Tendenzen?

„Wenn wir keine Politik machen, überlassen wir den Extremen das Feld.“ Thomas Rammerstorfer

Thomas Rammerstorfer: Van der Bellen ist mit einer ganz klaren Botschaft von Besonnenheit und sozialem Zusammenhalt für die Bundespräsidentschaftswahl angetreten und dafür hat sich die Mehrheit letztendlich auch entschieden. Das hat uns Folgendes gezeigt: Wenn die Demokraten – egal ob konservativ, links oder liberal – zusammenhalten, gewinnen sie. Das heißt jetzt aber im Umkehrschluss selbstverständlich nicht, dass alle HoferWähler gleich Extremisten sind! Aber wir müssen sie mal fragen: Was mögt ihr an Österreich? Die Demokratie, den Sozialstaat, die Rechtsstaatlichkeit, die Menschen-, Frauen- und Minderheitenrechte, die intakte Umwelt, die Kultur. Da werden uns auch sehr viele „Rechte“ zustimmen. Und dann sollen sie sich doch mal überlegen, wer diese Dinge erreicht hat und vor allem, wer sie beschützt.

„‚Freeman‘ haben im Oktober einen eigenen ‚Staat Vorarlberg‘ ausgerufen.“ Thomas Rammerstorfer

Symbolfoto: dpa

WANN & WO: Was wären adäquate Präventionsmittel, um dem Extremismus vorzubeugen? Thomas Rammerstorfer: Meiner Meinung nach wäre hier die beste Möglichkeit eine Bildungs- und Sozialpolitik. Diese lässt sich zwar nicht so unterhaltsam verkaufen wie das Schreien nach mehr Überwachung, Verboten und Ausweisungen. Es hilft aber ganz bestimmt längerfristig und ist wahrscheinlich auch günstiger, so ganz nebenbei erwähnt. CŠ

INFOS Neue Spielräume – Die extremistische Herausforderung Vortrag und Diskussion: Thomas Rammerstorfer WO: Spielboden Dornbirn WANN: Morgen, 19.30 Uhr Moderation: Thomas Schmidinger Verlosung: W&W verlost 2x2 Eintritte für den morgigen Vortrag. Einfach eine E-Mail mit „Extremismus“ an joachim. mangard@wannundwo.at schicken.


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