Man muss ja nicht grün sein, um Abgeordneter zu sein. Peter Pilz
Fotos: Parlamentsdirektion/Thomas Topf
Peter Pilz mischt den Wahlkampf auf. Seine Stimmen würden vor allem die SPÖ und die Grünen schwächen. Pilz mischt den Wahlkampf auf Im Nationalratswahlkampf wartet derzeit alles auf die endgültige Festlegung von Peter Pilz, ob er antreten wird oder nicht. Sein Wahlziel hat Pilz mit der Verhinderung einer schwarzblauen Kurz-Strache-Regierung bereits formuliert. Derzeit sammelt das grüne Urgestein seine Kohorten und seine Sponsoren. Gemeinsam mit den beiden grünen Abgeordneten Bruno Roßmann und Wolfgang Zinggl dürfte Pilz die drei für eine Kandidatur erforderlichen Abgeordnetenunterschriften jedenfalls bereits in der Tasche haben. Pilz plant eine stramm linke Partei, die sich in der Migrationsfrage deutlich von den Grünen abhebt. Diesbezüglich trennt ihn wesentlich weniger von ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz als von seinen ehemaligen Mitstreitern, denn wie der Außenminister tritt auch Pilz für das Schließen der Mittelmeerroute durch Auffanglager in Afrika ein, in denen die geretteten Bootsflüchtlinge versorgt werden. Obwohl Bundeskanzler Christian 16 /// FAZIT AUGUST 2017
Kern diese Idee von Kurz noch kürzlich als »Vollholler« bezeichnet hat, lenkt auch er mittlerweile ein. Kern kämpft nach wie vor mit seiner gespaltenen Partei um die endgültige Linie in der Migrationspolitik. Während der SPÖ-Arbeitnehmerflügel lieber heute als morgen mit der FPÖ koalieren würde, wollen das die Bobos in der Wiener SPÖ unbedingt verhindern. Sollte Pilz kandidieren, stellt sich das Problem jedoch vielleicht gar nicht. Die jüngste GFK-Umfrage für den Kurier hat sowohl die Kandidatur von Peter Pilz als auch das Antreten von Irmgard Griss bei den NEOS berücksichtigt und stützt sich auf 1.000 Interviews. Demnach käme die Kurz-ÖVP auf 32 Prozent, die SPÖ auf 25, die FPÖ auf 22 die Grünen auf 7,5, Peter Pilz auf 6,5 und die NEOS auf 5 Prozent. Sollte der nächste Nationalrat tatsächlich aus sechs Fraktionen bestehen, schaut es nicht gut für eine rotblaue Mehrheit aus. Mit seinem Antreten könnte Peter Pilz daher genau das erreichen, was er eigentlich verhindern will. Einen Nationalrat, bei dem sich nur eine schwarzrote und eine schwarzblaue Zweierkoalition ausgehen.
Geplatzte Arbeitszeitflexibilisierung: Industrie sieht Leitl in der Verantwortung Das Scheitern der Gespräche zur Arbeitszeitflexibilisierung führt zu heftiger Kritik der Industriellenvereinigung an ÖGB und WKO. Vereinbart waren ja gemeinsame Gespräche über die Einführung eines Mindestlohns von 1.500 Euro und einer Arbeitszeitflexibilisierung mit einer Maximalarbeitszeit von 12 Stunden täglich. Die rotschwarze Bundesregierung hatte diese beiden Bereiche bei ihrem »Neustart« im Jänner an die Sozialpartner ausgelagert. Nach dem Zusammenbruch der Regierung hat ÖGB-Präsident Erich Foglar nun offensichtlich besser gepokert als WKO-Präsident Christoph Leitl. Herausgekommen ist nämlich ein Mindestlohn von 1.500 Euro, der bis 2020 flächendeckend eingeführt werden soll, aber keine Einigung zur Arbeitszeitflexibilisierung. Die starre österreichische Arbeitszeitregelung stellt aus Sicht des WIFO längst eines der größten Hemmnisse am heimischen Wirtschafts-
standort dar. Der steirische IV-Präsident Georg Knill zweifelte nach Bekanntwerden des Ergebnisses sogar offen die Zukunftsfähigkeit der Sozialpartner an. Wie und was da verhandelt worden ist, sei ein Ausdruck der Hilflosigkeit, so Knill. Der Vizeobmann des Fachverbands der Metallindustrie in der Wirtschaftskammer, der Kärntner Unternehmer Timo Springer, forderte Leitl sogar zum Rücktritt auf. Die WKO vertrete keine Unternehmerinteressen mehr, sondern Leitl stehe nur noch für eigene Interessen ein, kritisierte Springer in einem Mail an Leitl und einige der wichtigsten Industriellen des Landes. Leitl habe keinen einzigen Punkt durchsetzen können, der dem Wirtschaftsstandort zugute komme. Er solle daher über einen grundlegenden Wandel nachdenken und (mit seinem Rücktritt) der WKO die Chance auf einen Neubeginn geben. Leitl habe den vorab mit den Unternehmen vereinbarten Verhandlungskorridor nicht halten können und im Alleingang eine Einigung verkündet, bei der sich die Wirtschaftskammer in keinem einzigen Punkt wiederfände. Der WKO-Präsident rechtfertigte sich gegenüber Springer damit, dass dem Nationalrat angeblich ein Antrag über einen Mindestlohn von 1.750 Euro vorläge, und der zur Abstimmung gelangt wäre, wenn er den 1.500 Euro zugestimmt hätte. Springer solle sich daher direkt bei ÖGB-Präsident Foglar beschweren. Spannendes Ringen um die Leitl-Nachfolge Leitls Amtszeit als Präsident der Wirtschaftskammer endet mit der WK-Wahl 2020, bei der er nicht mehr antreten wird. Als vereinbart gilt, dass er Anfang nächsten Jahres seinen Wunschkandidaten für die Nachfolge bekanntgeben wird. Leitl soll eine Frau für die Nachfolge präferieren. Angeblich steht der Rücktritt der WK-Vizepräsidentin Ulrike Rabmer-Koller als Chefin des Hauptverbandes der Sozialversicherungen mit der Nachfolge im Zusammenhang. Auch die Tiroler Touristikerin Martha Schulz soll wie die oberösterreichische WK-Präsidentin Doris Hummer gute Karten haben.