Brixner 383 - Dezember 2021

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Politik & Gesellschaft

„Jeden Tag neue Herausforderungen“ BRIXEN: 17 Jahre lang war JOSEF FISCHNALLER Gemeindesekretär in Brixen; nun geht der Valler in den verdienten Ruhestand. Im Gespräch mit dem „Brixner“ zieht er ein sehr positives Resümee zu seinen Erfahrungen, gewährt einen Einblick in seine alltäglichen Herausforderungen – und tadelt die derzeitige Opposition im Gemeinderat.

Fotos: Oskar Zingerle

t  Gemeindesekretär Josef Fischnaller: „In Brixen habe ich mich immer sehr wohlgefühlt“

Der Gemeindesekretär hat einen sehr vielfältigen Aufgabenbereich. Er ist die rechte Hand des Bürgermeisters und Rechtsberater, er ist bei allen Sitzungen des Stadtrats und Gemeinderats anwesend. Er verfasst alle Protokolle, kontrolliert im Vorfeld alle Beschlüsse nach ihrer Rechtmäßigkeit. Der Gemeindesekretär ist, was viele nicht wissen, auch der Notar der Gemeinde: Alle Verträge, bei denen die Gemeinde Vertragspartner ist, werden vom Gemeindesekretär notariell abgewickelt.

Herr Fischnaller, 17 Jahre ist eine lange Zeit, in der Sie in Brixen unter drei Bürgermeistern gearbeitet haben. Aber Ihre Laufbahn als Gemeindesekretär ist ja im Grunde viel länger ... JOSEF FISCHNALLER: Ja, ich bin jetzt über 42 Jahre Gemeindesekretär. Mein erster Arbeitgeber war die Gemeinde Ratschings; das war 1979. Bürgermeister Johann Klotz war damals ein Dorfpatriarch, eine sehr angesehene Persönlichkeit. Von ihm habe ich viel gelernt – vor allem, dass man sich nie aus der Ruhe bringen lassen darf. 1982 bin ich in die Gemeinde Kiens gewechselt; dort habe ich unter drei Bürgermeistern gearbeitet. Damals war übrigens Hermann Rubner einer der Referenten – eine äußerst korrekte Persönlichkeit mit Weitblick, Entscheidungsfreude, und er war immer extrem pünktlich. Er hat mir einmal erzählt, dass er eigentlich in Österreich zum Geometer ausgebildet werden sollte, was dann aber irgendwie nicht geklappt hat. Also wurde er Unternehmer – ein äußerst erfolgreicher, wie man heute an der Rubner-Gruppe sieht. Nach Kiens kam ich in meine Heimatgemeinde

Mühlbach. Ich bin aber froh, dass das nur ein kurzes Intermezzo in meiner Laufbahn war. Warum? Ein Gemeindesekretär sollte meiner Meinung nach nicht in der eigenen Heimatgemeinde arbeiten. In einer „fremden“ Gemeinde kann man unabhängiger agieren, denn als Sekretär muss man ja über den Dingen stehen. In der eigenen Heimatgemeinde kommt man rasch in einen Interessenskonflikt: Was ist, wenn man eine Entscheidung treffen muss, in die ein Verwandter oder ein guter Freund involviert ist? Auch wenn man die Entscheidungen vollkommen unabhängig trifft, hat man doch ein Glaubwürdigkeitsproblem. In Brixen war es perfekt, denn bis auf den damaligen Bürgermeister Klaus Seebacher habe ich überhaupt niemanden gekannt. Das habe ich als sehr angenehm empfunden. Es ist davon auszugehen, dass nicht jeder Leser weiß, welche Aufgaben ein Gemeindesekretär eigentlich hat.

Im Grunde ist die Bezeichnung „Gemeindesekretär“ also leicht irreführend – „Gemeindenotar“ wäre vielleicht passender? Das ist auch wieder zu eng gesehen, weil er ja viele klassische Management-Aufgaben erledigen muss: Neben mir gibt es in der Gemeinde Brixen sechs weitere Führungskräfte, und meine Aufgabe ist es, Kompetenzen zu verteilen, Aufgaben zuzuweisen und den Führungskräften messbare Ziele vorzugeben, damit der Laden läuft. Vor allem in den letzten 15 Jahren haben die Management-Aufgaben zugenommen. Eine meiner Aufgaben war es zum Beispiel auch, vor allem in der Führungsebene gute Mitarbeiter unter den Bewerbern auszusuchen. Dabei geht es um die Qualifikation, aber auch darum, ob der Mensch zum Betrieb passt und Mitarbeiter führen kann. Die Qualität der Mitarbeiter ist das Um und Auf einer gut verwalteten Gemeinde. Brixen steht in dieser Beziehung sehr gut da. Hat die Meinung des Gemeindesekretärs einen Einfluss auf die politischen Entscheidungen einer Stadtregierung? Nein. Die Ideen und Wünsche kommen meistens von der Bevölkerung, und die Politik trifft dann die Entscheidungen. Meine Aufgabe ist es dann, einen rechtlich korrekten Weg für die Realisierung zu finden. Dabei bin ich


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