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DER „NEUE“ WEIHNACHTSMARKT

BRIXEN: Der Weihnachtsmarkt feiert sein dreißigjähriges Jubiläum – mit einem südtirolweit einzigartigen frischen Konzept und in einem pandemiebedingt unsicheren Winter, der die Besucherzahlen erwartungsgemäß sinken ließ. Eine Momentaufnahme.

Die kleinen Holzstände vor der imposanten Kulisse des Doms: Der Weihnachtsmarkt hat gewiss nichts von seinem Flair eingebüßt. An den Eingängen zeigen erwartungsvolle Menschen ihren Green-Pass. Ruhig und geordnet geht es hier zu. Gleich am Eingang sprechen wir mit Domenico Fragale, der unsere Green-Pässe kontrolliert. Wir fragen ihn nach seinem Eindruck, denn schließlich tut er auch anderswo Dienst, in Algund zum Beispiel. Lobend äußert er sich über die Gäste, die sich an die derzeit geltende 3G-Regel halten, ihren Green-Pass zeigen und kooperativ und verständnisvoll auf die Sicherheitsmaßnahmen reagieren. Zwar erlebt er auch „schwarze Schafe“, doch die Gesundheit der Menschen geht vor. Sie sollen sich hier sicher fühlen. Ein Holzzaun grenzt den Markt klar von seiner Umgebung ab und verschwindet optisch dennoch hinter den Ständen. Eingesperrt fühlen wir uns nicht. Die Organisatoren haben die Abgrenzung ansprechend und unaufgeregt gelöst.

Ein Weihnachtsmarkt mit Tradition

p WEIHNACHTS-

STIMMUNG:

regional, authentisch und nachhaltig

stände lockten Gäste wie Einheimische auf den Domplatz. Seither hat die Zahl an Weihnachtsmärkten in Südtirol zugenommen. Die angebotenen Produkte, die Stände, das Programm: Vieles hat sich von Stadt zu Stadt wiederholt und wurde austauschbar. Hatte sich der Weihnachtsmarkt etwa überlebt?

Im vergangenen Frühling stellte die Brixen Tourismus Genossenschaft ein neues und mutiges Konzept für die Brixner Traditionsveranstaltung vor: Nunmehr werden auf dem Weihnachtsmarkt ausschließlich Produkte angeboten, die in Südtirol hergestellt oder veredelt wurden. Das soll die heimische Wirtschaft stärken, Transportwege verkürzen und ein wichtiges Signal in Sachen Nachhaltigkeit sein. Dem Konsumtrubel vor Weihnachten setzt Brixen damit auch mit seiner regionalen Produktpalette eine gewisse Entschleunigung entgegen.

Mit dem neuen Konzept in die Zukunft

Mitten in einer Pandemie, die Planungen oft über den Haufen wirft, mit einem neuen Konzept zu starten, ist gewiss nicht einfach. Wir schauen und hören uns auf dem Weihnachtsmarkt um: Welche Produkte sind heuer hier zu finden? Was sagen die Besucherinnen und Besucher?

Und wie erleben die Standbetreiber das neue Konzept?

Unsere Augen schweifen über den Markt. Luftiger ist es. Die Zahl der Stände ist etwas zurückgegangen. Wir stoßen auf Obst, Marmeladen und Aufstriche, Säfte, Destillate und Liköre, Käse und Brot, Speck und Kaminwurzen, Backwaren, Schokolade und Zuckerwerk. Viele der angebotenen Lebensmittel stammen direkt vom Bauernhof. Neben diesen Lebensmitteln überzeugen uns lokale Produkte hoher Qualität, wie Holzschnitzereien und Gedrechseltes, Objekte aus Glas. Wer Bekleidung sucht, findet auf dem Weihnachtsmarkt etwa Sarner, Wollsocken, Mützen, Schals und Hausschuhe. Die vielfältigen Filzwaren, Kerzen, Dekoartikel, Blumen oder Tonartikel zeigen, dass sie sich sowohl als Weihnachtsgeschenk als auch als kleines Souvenir eignen. Billigimporte aus dem Ausland sind von der Verkaufsfläche verschwunden. Ja, mit seiner hochwertigen Produktpalette spricht der Weihnachtsmarkt Einheimische wie Gäste gleichermaßen an.

Das Interesse für lokale Produkte ist da

Menschen fragen oft, woher die Produkte kommen. Sie wollen etwas von der Gegend, in der sie Urlaub machen, mit nach Hause nehmen, und sind offen für die Erzeugnisse der heimischen Landwirtschaft.“

Während Marmeladen sich wohl immer zum Verschenken eignen, dürften andere Produkte manchen Gästen neu sei. Ein Südtiroler Sarner als Bekleidungsstück in Rom oder Mailand? Hausschuhe aus Filz oder Loden? Warum nicht? Philipp Rossi schmunzelt: „Einheimische kennen das ‚Spinnradl‘ schon. Sie schätzen die Qualität unserer Produkte.“ Am Wochenende und an den Feiertagen hat er ganz gut zu tun. „Doch es gibt natürlich auch Menschen, denen die Preise für Südtiroler Produkte zu hoch sind“, räumt er ein.

„Es fehlen einfach die Besucher, Einheimische und vor allem die Touristen“ _

Paul Braido, seit 30 Jahren Standbetreiber

Wir unterhalten uns mit Gästen aus Italien. Sie zeigen sich begeistert von Brixen und seinem Weihnachtsmarkt. Dank der Kontrollen am Eingang fühlen sie sich hier sicher. Mit einem nicht überhörbaren Stolz erwähnen sie, dass sie selbst bereits dreifach geimpft seien und so die Freuden der Vorweihnachtszeit unbeschwert genießen. Und auch mit vielen Produkten sind sie bereits vertraut, da sie regelmäßig nach Südtirol kommen. Ob sie hier Weihnachtsgeschenke kaufen, wollen wir von anderen Gästen wissen. Ja, gerade die Kerzen und Holzschnitzereien haben es ihnen angetan, sie schätzen die Beratung vor Ort, nehmen sich ausgiebig Zeit für ihren Einkauf und wollen ihre Lieben an den Feiertagen mit „prodotti tipici“ überraschen.

Deutlich weniger Besucher

Dennoch: Die positiven Reaktionen derjenigen, die den Weihnachtsmarkt besuchen, dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass heuer insgesamt weniger los ist. Das ist nicht nur unser Eindruck. Richard Oberhuber sagt ganz offen: „Wenn ich den Umsatz hier in Brixen mit jenem der letzten Jahre in Sterzing vergleiche, liege ich ungefähr bei der Hälfe.“ Er weiß aber auch, dass heuer vieles anders ist, dass sich das Jahr 2021 nicht mit 2019 vergleichen lässt: „Die Gäste erzählen oft von ihrer Angst vor einer Ansteckung, von Freunden, die sich heuer nicht trauen, in den Winterurlaub zu fahren.“

Ähnliches weiß auch Paul Braido vom Wally Standl zu erzählen: „Man spürt die Ungewissheit auch bei den Gästen. Die Menschen haben weniger Lust, Geld auszugeben, weil sie unsicheren Zeiten entgegengehen. Die Stimmung ist nicht so locker wie sie einmal war.“ Doch auch er unterstreicht, wie froh er darüber ist, dass er überhaupt arbeiten und Gäste bewirten darf.

„Es ist zach.“

Werner Zanotti, Geschäftsführer der Brixen Tourismus Genossenschaft, zieht eine erste Zwischenbilanz. Er weiß um die Schwierigkeiten. „Da kann man nichts beschönigen“, sagt er, „vor allem an den Werktagen, wenn die Einheimischen wenig Zeit haben, merkt man ganz deutlich, dass sich auf dem Weihnachtsmarkt sichtbar weniger Menschen treffen als in anderen Jahren.“ In ganz Südtirol ist die Zahl der Besucherinnen und Besucher drastisch

gesunken. Konkrete Zahlen liegen ihm noch nicht vor, er spricht vorsichtig von einer Schätzung: Im Vergleich zu 2019 hätte die Beherbergung rund 50 Prozent an Einbußen zu verzeichnen, und der Tagestourismus, vor allem die Reisegruppen, sei um rund 70 Prozent zurückgegangen.

Das sind Zahlen, die nachdenklich stimmen. „Natürlich sucht man immer nach Gründen“, sagt er, „denn die Buchungslage war anfangs gar nicht so schlecht.“ Doch die Unsicherheit in Südtirol mit den roten Gemeinden und den lauten Stimmen der Impfgegner hätten vor allem die italienischen Gäste verunsichert. Schließlich haben nationale und internationale Medien zur Genüge darüber berichtet. Hinzu kamen der Lockdown in Österreich und die starken Einschränkungen – „ein Beinahe-Lockdown“ – in Süddeutschland. Es verwundert nicht, dass vielen die Reiselust abhandengekommen ist. t Paul Braido schätzt sich glücklich, wieder Gäste bewirten zu dürfen

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Doch Werner Zanotti bringt auch auf den Punkt, was wohl viele fühlen und denken: „Wir sind in einer Pandemiesituation, und wir sind glücklich darüber, dass wir offen halten können und arbeiten dürfen. Das ist derzeit nicht selbstverständlich. Dafür waren auf politischer Seite mutige Entscheidungen notwendig.“ Aus der Sicht der Organisatoren verschlingen die Sicherheitsmaßnahmen viel Geld. „Doch wir haben gezeigt, dass man auch in Pandemiezeiten den Weihnachtsmarkt sicher machen kann.“

Treffpunkt Weihnachtsmarkt

Die Freude darüber, offen zu haben und Menschen bewirten zu können, überwiegt auch bei Paul Braido. Er ist seit 30 Jahren mit dabei. Aber er spricht es ganz offen aus: „Es fehlen einfach die Besucher, Einheimische und vor allem die Touristen.“ Er erzählt uns von der schwierigen Vorbereitungszeit, die bis zum Schluss von der Unsicherheit geprägt war, ob der Markt überhaupt möglich sein wird. Und auch jetzt noch stehe die Sorge vor einer vorzeitigen Schließung im Raum. Wie andere Standbetreiber ihre Waren, musste auch er Lebensmittel im Voraus bestellen und Personal anheuern. Braido bedauert, dass manche Veranstaltungen wie zum Beispiel der Krampusumzug heuer nicht möglich sind. Auch den Eislaufplatz würden die Einheimischen vermissen: „Den Kindern macht das Schlittschuhlaufen mitten in der Stadt großen Spaß, und die Eltern holen ein wärmendes Getränk oder schauen sich auf dem Weihnachtsmarkt um.“ Es sei schade, dass heuer die Kosten für größere Investitionen, wie eben den Eislaufplatz, eingespart wurden. An den Wochenenden seien die gastronomischen Stände nach wie vor wichtige Treffpunkte, an Werktagen gehe die Zahl seiner Gäste hingegen stark zurück. Sein Resümee nach 30 Jahren: „Wir schauen zuversichtlich in die Zukunft. Wir glauben an den Weihnachtsmarkt!“ Und auch an das neue Konzept.

Wie sichtbar ist das neue Konzept?

Doch wie sichtbar ist das neue Konzept eigentlich? Nimmt man es wahr, wenn man nichts darüber weiß? Die verschiedenen Mülltonnen zur Mülltrennung fallen ins Auge. Sie sind nicht neu, es gab sie – wie den Verzicht auf Einwegplastik – auch schon vorher. In der Broschüre, die beim Infostand aufliegt, stellt die Brixen Tourismus Genossenschaft ihr Credo vor: „2021 hat sich der Brixner Weihnachtsmarkt zu 100 Prozent der Nachhaltigkeit und Regionalität verschrieben. Marktbesucher finden in Brixen ein Produktangebot vor, das vorwiegend in Südtirol gefertigt oder veredelt wurde.“ Die Gäste, mit denen wir sprechen, loben die Produktpalette, die Waren gefallen, doch dass dahinter ein neues, für Südtirol einmaliges Konzept steht, wissen sie nicht.

Was sie vermissen? Ein paar mehr Stände mit Gastronomiebetrieb wären wünschenswert, einige sprechen sich für zusätzliche Stände in der Altstadt aus. Und wie steht es mit billigen Allerweltswaren – ein bisschen kitschig, ein bisschen nostalgisch? Die vermisst auf unserem Streifzug tatsächlich niemand. Dennoch gibt es vereinzelt Stimmen, die über ein zu hohes Preisniveau klagen.

Werner Zanotti kennt die Rückmeldungen der Standbetreiber zum heurigen Umsatz. Er formuliert es so: Für die Gastronomie ist die derzeitige Situation „zufriedenstellend“, für die Standbetreiber im Food-Bereich „genügend“, und den anderen „fehlt die kritische Masse“, die für die Wirtschaftlichkeit notwendig wäre. „Wir alle hoffen auf eine bessere Buchungslage im Zeitraum von Weihnachten bis Dreikönig.“ Gerade die Stadthotellerie verzeichnet Stornierungen für die Weihnachtsfeiertage und Silvester. t Domenico Fragale ist für die Greenpass-Kontrollen zuständig

Dass in Deutschland derzeit weitere Einschränkungen bis hin zu einem Lockdown im Raum stehen, verstärkt die Unsicherheit vieler Gäste zusätzlich.

Aus Pandemiegründen zogen sich fünf Standbetreiber Anfang November zurück; 24 Stände sind auf dem Markt vertreten. Zanotti hofft, dass die Standbetreiber nicht nur heuer, sondern auch künftig dabeibleiben werden, „dass alle den langen Atem haben, an das neue Konzept zu glauben und sich nicht vom schwierigen Pandemiejahr aufhalten lassen.“ Zu wünschen wäre es den Standbetreibern und Organisatoren auf jeden Fall.

johanna.bampi@brixner.info

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