Maizeitung 2016

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Mai zeitung infOrMatiOnen der SPd thÜringen fÜr arBeitnehMer_innen auSgabe 2016

zeit FÜr Mehr SoliDaritÄt Befristungen, Leiharbeit, niedrige Löhne, mehr Überstunden und Stress – es ist noch lange nicht alles gut am deutschen arbeitsmarkt. trotz niedriger arbeitslosenquote und Mindestlohn gibt es nach wie vor politischen handlungsbedarf.

diana Lehmann, Landesvorsitzende der afa in thüringen, erläutert in ihrem Beitrag, warum wir wieder mehr Sicherheit am arbeitsmarkt brauchen. denny Möller, Verdi-Landesvorsitzender, plädiert für mehr Mitbestimmung und demokratie.


www.afa-thueringen.de DeMokratie braucht haltung unD VorbilDer die frage, wie stark rassistische, fremden- und demokratiefeindliche tendenzen unsere gesellschaft prägen, bewegt uns seit vielen Jahren. Bereits seit 2000 erhebt der thüringen-Monitor mit einer repräsentativen Befragung rechtsextreme einstellungen der Bevölkerung. Mit einer deutlichen tendenz: Menschenverachtende und abwertende einstellungen nehmen zu. im Jahr 2015 konnte 24 Prozent der Befragten ein verfestigtes rechtes weltbild zugerechnet werden. das spiegelt sich auch an anderen Stellen wider: nie gab es in der 25-jährigen geschichte thüringens mehr demonstrationen von Menschenfeinden, nie gab es mehr Übergriffe auf Geflüchtete, nie waren rechtspopulistische Parteien im Parlament stärker. das ist eine herausforderung für uns alle. es braucht eine klare haltung von funktions- und Mandatsträger* innen: in den Parlamenten, auf den Straßen und am Stammtisch. es ist Verpflichtung für jede*n Demokrat*in gesicht zu zeigen und für die eigene Überzeugung zu kämpfen und deutlich zu machen, dass wir für eine klare politische haltung stehen: für eine soziale, solidarische und gerechte Politik und dafür, dass rassismus, ausgrenzung und fremdenfeindlichkeit in unserer gesellschaft keinen Platz haben. das Bündnis „Mitmenschlich in thüringen“ ist dafür beispielgebend. hier können Sie sich dem Bündnis anschließen: mitmenschlich-in-thueringen.de

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Mehr SoliDaritÄt!

von diana Lehmann, Landesvorsitzende der afa

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er erste Blick auf den deutschen arbeitsmarkt zeigt ein positives Bild. die arbeitslosenquote liegt bei weniger als sieben Prozent, wir haben eine steigende Nachfrage nach Fachkräften und die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten entwickelt sich positiv. gute entwicklungen aus Sicht der Beschäftigten, auch weil es den eigenen wert am arbeitsmarkt erhöht. auf den zweiten Blick zeigt sich, dass der aufbau von Beschäftigungsverhältnissen in den vergangen Jahren vor allem im prekären Bereich entstanden ist. Minijobs, Befristungen und teilzeit haben zugenommen, gleichzeitig erhöht sich das individuelle arbeitsvolumen. Beschäftigte arbeiten heute also wieder mehr als vor zehn Jahren. der gesellschaftliche wohlstand und die wirtschaftliche Stärke haben die Beschäftigten erwirtschaftet, die guten Bedingungen wurden aber auch zu ihren Lasten erkauft. es ist an der Zeit, wieder mehr in Sicherheit und in die regulierung von Beschäftigungsverhältnissen zu investieren. wir brauchen eine neue Ordnung auf dem arbeitsmarkt. die einführung des Mindestlohns ist ein erster wichtiger Schritt, von dem gerade die Beschäftigten in Ostdeutschland in besonderem Maße profitieren. Aber es braucht weit mehr: Wir brauchen eine wirksame regulierung atypischer Beschäftigung. die Begrenzung der entleihdauer von Beschäftigten in der Leiharbeit und die wiedereinführung des Synchronisationsverbotes ist dabei ein wichtiger Schritt. darüber hinaus muss die sachgrundlose Befristung abgeschafft werden. wenn inzwischen die Mehrheit der Berufseinsteiger*innen zunächst nur einen befristeten arbeitsvertrag erhält, zeigt das deutlich, dass handlungsbedarf besteht. in diesem Kontext braucht es aber auch Veränderungen in der grundsicherung. die abschaffung von Sanktionen und die Überprüfung der Zumutbarkeitskriterien für die aufnahme eines arbeitsplatzes sind dabei genauso notwendig wie eine Stärkung von förderangeboten für erwerbslose. Sich für gute arbeit einzusetzen ist für mich auch ausdruck von Solidarität. Solidarität mit denen, die sich tag für tag ganz konkret für die Verbesserung von arbeitsbedingungen von Beschäftigen einsetzen - die Betriebsrät*innen und gewerkschafter*innen. es ist Zeit für mehr Solidarität!

Wer oDer WaS iSt Die „aFa“? gute arbeit und soziale gerechtigkeit sind die Leitmotive der „arbeitsgemeinschaft für arbeitnehmerfragen in der SPd“ (afa). Mitmachen und mitentscheiden können alle SPd-Mitglieder, die auch Mitglied in einer gewerkschaft sind. aber auch ohne Parteimitgliedschaft ist eine Mitarbeit von Kolleginnen und Kollegen nicht nur möglich, sondern herzlich willkommen. in thüringen gibt diana Lehmann der afa als Vorsitzende ein gesicht. unterstützt wird sie von vier weiteren Landesvorstandsmitgliedern und mehreren Kreisverbänden. wer mitarbeiten möchte, informiert sich am besten auf der internetseite der afa: www.afa-thueringen.de


www.afa-thueringen.de

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StiMMen FÜr gute arbeit Personalvertreter*innen und ihre Schwerpunkte

ulrike hoFFMann

Personalratsvorsitzende der ernstabbe-hochschule in Jena

„wie sind die arbeitsbedingungen an unserer hochschule? die arbeit ist spannend und wichtig und die finanzierung, aus Steuermitteln, ist immer zu knapp. wir brennen für unsere arbeit. Lange und überlange arbeitszeiten sind immer wieder notwendig. die arbeit ist ein wichtiger inhalt unseres Lebens, trotz Befristung und teilzeit. die forschung, die ausbildung vieler junger Menschen und die arbeitsbedingungen der Beschäf tigten werden aus dem gleichen Budget finanziert. uns, den Mitarbeiter*innen, bleibt nur ein weg: wir müssen gute arbeitsbedingungen erkämpfen. das recht auf einen feierabend gehört dazu.“

„Ziel ist es, den einsatz von Leiharbeitnehmer/innen grundsätzlich zum ausgleich von arbeitsspitzen und zur Vermeidung von Mehrarbeit der arbeitnehmer/innen der unternehmen und zur abdeckung von urlaubszeiten und Krankenquoten vorzunehmen.

JenS eckharDt

unternehmenseinheitlicher Betriebsrat Swe Stadtwirtschaft gmbh

Bei erhöhten Personalbedarf, insbesondere bei längerfristigen Bedarfen, hat vor dem einsatz von Leiharbeitnehmern die Prüfung von Maßnahmen der innerbetrieblichen Personalsteuerung Vorrang, dazu gehören zum Beispiel Versetzungen oder befristete einstellungen. es darf nicht sein, dass der einsatz von Praktikanten und Leiharbeitern zur Verdrängung von Stammpersonal führt.“

zukunFtSForuM „zukunFt Der arbeit“ Dienstag, 10. Mai, Erfurt, Landtag (Hermann-Brill-Saal) Zum thema „gute ausbildung“ diskutieren u.a. daniel herold, Verdi-Landesjugendsekretär, Kay Senius, regionalgeschäftsführer der Bundesagentur für arbeit und diana Lehmann, Landesvorsitzende der afa thüringen. anmeldung und infos auf http://termine.spd-thueringen.de

Wir brauchen Mehr Sozialen zuSaMMenhalt die Kundgebungen zum „tag der arbeit“ stehen in diesem Jahr unter dem Motto „Zeit für mehr Solidarität“. wie notwendig diese aufforderung ist, zeigen nicht zuletzt die aktuellen entwicklungen rund um die flüchtlingskrise in europa. Solidarität, humanität und Menschlichkeit bleiben gerade angesichts der verstörenden Bilder aus provisorischen flüchtlingscamps und Bürgerkriegsschauplätzen das gebot der Stunde. aber auch aus anderer hinsicht braucht es mehr Solidarität in unserer gesellschaft, um den sozialen Zusammenhalt nicht zu gefährden: das ausmaß an Kinderarmut ist nach wie vor bedrückend hoch, die altersarmut nimmt zu, die Zahl an Langzeitarbeitslosen verharrt auf einem hohen niveau. auch wenn es der SPd durch die einführung des gesetzlichen Mindestlohns gelungen ist, die niedriglohnspirale am arbeitsmarkt endlich zu durchbrechen, bleibt der handlungsdruck erhalten. deutliche Lohnzuwächse bei den unteren einkommen und ein spürbarer rückgang der Zahl an hartz-iV-Bedarfsgemeinschaften belegen die positive wirkung des Mindestlohns in Ostdeutschland. dennoch gilt es cdu und cSu weiter unter druck zu setzen, damit dem Missbrauch von Leiharbeit und werkverträgen endlich ein riegel vorgeschoben wird . wir dürfen niemanden abschreiben oder an den rand der gesellschaft drängen. die Sicherung der gesellschaftlichen teilhabe für alle bleibt für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten weiterhin politischer auftrag und ansporn zugleich. dabei wissen wir die Kolleginnen und Kollegen der afa und der gewerkschaften an unserer Seite. das werden wir gemeinsam mit ihnen nicht nur bei den diesjährigen Maikundgebungen deutlich machen. Andreas Bausewein SPd-Landesvorsitzender


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„Wir brauchen Eine neue Debatte um die Soziale Sicherung“ Interview mit Denny Möller, Verdi-Bezirksvorsitzender Thüringen

Ja, darüber müssen wir reden. Die gute wirtschaftliche Situation in Thüringen haben die Beschäftigten erarbeitet, indem sie z.B. in den letzten Jahren auf gerechtfertigte Lohnerhöhungen verzichtet haben, viele Überstunden machen und insgesamt große Zurückhaltung bei der Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen gezeigt haben. Der DGB-Index Gute Arbeit belegt immer wieder, dass die Arbeitsbedingungen in Thüringen schlechter sind als im Bundesdurchschnitt, unsere Beschäftigten machen mehr Überstunden und haben die geringsten Löhne. Wir sind mit unserem Kampf für Gute Arbeit noch lange nicht am Ende. Denny Möller

Generell gilt: Egal, wie arbeitnehmerfreundlich Politik ist, es ist immer eine Machtfrage zwischen Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen. Gute Arbeit muss erkämpft werden. Dafür braucht es gut organisierte Beschäftigte in den Betrieben und als Mitglieder in den Gewerkschaften.

Darum SPD!

Welche Rolle spielt Mitbestimmung für sie?

Der Mindestlohn wirkt! Fast ein Drittel der Beschäftigten in Thüringen hat von der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns profitiert. Er kommt damit denen zu Gute, die in den vergangen 25 Jahren wesentlich dazu beigetragen haben, die Gesellschaft und die Wirtschaft aufzubauen. Der Mindestlohn trägt damit außerdem zur Entlastung der Sozialkassen bei und schafft damit Möglichkeiten für neue Investitionen im Bereich der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik.

Demokratie endet nicht am Werkstor, vielmehr sind Betriebe ebenso Orte der Demokratie. Bei der Ausgestaltung der betrieblichen Abläufe müssen die Beschäftigten mitreden. Betriebliche Mitbestimmung braucht starke Gewerkschaften als Partner, um mit den Arbeitgebern auf Augenhöhe zu kommen. Darüber hinaus ist Mitbestimmung im Betrieb ein Garant für wirtschaftlichen Erfolg. Wir wissen, dass zufriedene Beschäftigte nicht nur lieber, sondern auch besser arbeiten. Vor dem Hintergrund der kleinteiligen Thüringer Wirtschaft ist es nach wie vor eine besondere Herausforderung, Mitbestimmung im Betrieb durch Betriebs- und Personalräte sicherzustellen. Wie wird über die AfD innerhalb der Gewerkschaften debattiert? Zunächst einmal sind wir alle Kolleginnen und Kollegen. Im Betrieb und unseren Dienststellen unterscheiden wir nicht nach Ethnie oder Geschlecht. Eine Politik, die auf gesellschaftliche Spaltung setzt, kann nicht die Politik der Gewerkschaften sein. Diese Haltung erwarten wir auch von der Politik. Sie muss Orientierung bieten. Wir brauchen eine Politik der Vorbilder, die nicht die Einen gegen die Anderen ausspielt. Wo sehen sie zukünftige Herausforderungen für die Gewerkschaften?

Integration in den Arbeitsmarkt

Erstens: Wir müssen uns noch intensiver um junge Beschäftigte bemühen und sie für ein Engagement in den betrieblichen Mitbestimmungsgremien und den Gewerkschaften begeistern.

Die SPD hat das Landesarbeitsmarktprogramm eingeführt und sich für dessen Weiterentwicklung eingesetzt. Fast 20.000 Menschen konnten damit in den vergangenen fünf Jahren erreicht werden. 20.000 neue Chancen für Teilhabe am Arbeitsmarkt und dafür, den Lebensunterhalt selbst bestreiten zu können.

Zweitens: Wir brauchen eine Strategie für die Arbeitswelt 4.0. Flexibilisierung und Digitalisierung sind zunächst Rationalisierungsprozesse und haben Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen und Mitbestimmungsmöglichkeiten. Wir müssen diese Prozesse so gestalten, dass auch die Beschäftigten davon profitieren. Drittens: Es braucht eine neue Debatte um die soziale Sicherung. Als Gewerkschafter wünsche ich mir ein modernes System sozialer Sicherung, welches beispielsweise dafür sorgt, dass Menschen im Alter von ihrer geleisteten Arbeit auch gut leben können und in dem Erwerbslose nicht unter Druck gesetzt werden , sondern Unterstützung und Förderung erfahren.

Impressum Herausgeberin: Afa in der SPD Thüringen, Juri-Gagarin-Ring 158, 99084 Erfurt · Verantwortlich: Diana Lehmann · Telefon: +49 361 228440 · Internet: www.afa-thueringen.de

Die Arbeitslosenquote sinkt, der Fachkräftebedarf steigt und mit dem Mindestlohn wurde die Lohnsituation verbessert. Brauchen wir eigentlich noch eine Debatte zu „Guter Arbeit“?


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