Hommage 12

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Zwölfte Ausgabe (Juni 2010) — € 2,00


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Editorial Nein, ernsthaft? Nachdem Hommage #9 schon komplett einer TV-Serie von Joss Whedon gewidmet war? Ja, ernsthaft, denn das Problem am Begeistern ist nämlich folgendes: Solange, wie die Leute, die uns aus der Fassung bringen, nicht aufhören, großartige Sachen zu machen, solange können und werden wir nicht aufhören, darüber zu schreiben. Ganz einfach. Whedon hat es diesmal geschafft eine vertrackte, wunderschöne, herzzerreißende Geschichte zu erzählen, die gleichzeitig wirklich alles zutiefst in Frage stellt, was solche Geschichten sind und auch bisher bei ihm so waren. Dollhouse nennt sich das Wunderstück an Serie, dessen zwei Staffeln uns die letzten zwei Jahre zum Staunen gebracht haben. Hier ist das Heft dazu, wo wir Beiträge von hier und dort und sogar aus Übersee anbieten. Wie bei der Buffy-Nummer gibt es am Anfang einen ausführlichen und spoilerfreien Text für Neulinge, bevor die Fan-Tiraden so richtig losgehen. Wir wünschen gute Unterhaltung, auch wenn sie (hoffentlich) ungefähr so messy, merkwürdig und dunkel sein wird, wie jene, die wir verspürten, als wir die Show sahen. An dieser Stelle sollten wir vielleicht auch noch erwähnen, dass diese Schnapsidee mit einem monatlichen Club im fluc vollkommen bekloppst und, yeah, frickin‘ erfolgreich war. Wer schon mal da war, wird wissen, was wir meinen, wer nicht, sollte unbedingt mal vorbeischauen, (meistens) am ersten Mittwoch im Monat im fluc (genaue Daten, Themen und Flashbacks gibt’s auf hommage. at/club). Und wer da war, weiß auch, dass der club d’hommage nie und nimmer von drei Leuten gemacht wird, denn dazu ist er viel zu aufwändig und lebendig; und von daher also hier an dieser Stelle, ein ganz großes Dankeschön seitens des Heftes an jene Leute, die uns monatlich ertragen, tragen und mit uns beim Tanzen, Lauschen und Bestaunen hervorragen: Anna, Anne, Carla, David, Erin, Gerhard, Heimo und Janis. Life without you would be meaningless and bleak.

..Editorial  —  3..


Inhalt The Dollhouse is real: Prolog Eine Hommage an Dollhouse Von Gerhard Hütter und Marko Markovic 6 The House. The Chair. The Body. Eine Hommage ans Sitzenbleiben Von Cornelia Schadler 14 For a little while… An homage to Sierra Von Luka Anic 18 O Mother, Where Art Thou? Eine Hommage an die Puppenspielerin Adelle DeWitt Von Christian Krisper 22 Hilfeschreie der Frauen ohne Makel Eine Hommage an Lady Gagas »Just Dance« in 1x01 »Ghost« Von Katja Krüger 27

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Paper Dollhouse Eine Hommage an Echo Von Janis Lena Meißner 30 Talk about identity issues An homage to Alpha By Pointy 34 Why you didn’t like Dollhouse By Wally Holland 39 The Dollhouse is real: Epitaph Noch eine Hommage an Dollhouse Von Gerhard Hütter und Marko Markovic 48 Favorites Ausgewählt von Luka Anic, Thomas Heymann, Wally Holland, Gerhard Hütter, Christian Krisper, Katja Krüger, Marko Markovic, Janis Lena Meißner, Pointy und Cornelia Schadler. Text von Marko. 56

..Inhalt  —  5..


The Dollhouse is real: Prolog Eine Hommage an Dollhouse Von Gerhard Hütter und Marko Markovic

Eine junge Dame sitzt in einem Stuhl, einem Zahnarztstuhl mit einem Haufen Computern rundherum, und blickt traurig, glücklich, erlöst und verdammt zugleich auf. Sie fühlt sich wie eine alte, reiche Pferdebesitzerin, die den Mord an sich selbst gerade aufklären konnte, und sieht doch wie Anfang 30 aus. Sie hält die Hand einer anderen reichen Dame und fragt: »Will I see my whole life flash before my eyes?« Und die Antwort: »Every single moment.« Lichter gehen an, lassen den Körper erzittern, und die junge Dame erwacht als junge Frau, als Kind, befreit von der Persönlichkeit, den Erinnerungen, dem Leben, welches sie Sekun-

den zuvor noch inne hatte. Ein knuffiger Nerd im Hintergrund geht sein Skript mit ihr durch. Sie fragt: »Did I fall asleep?« – »For a little while.« – »Shall I go now?« – »If you like.« Natürlich will sie und spaziert aus dem Raum in das wunderschöne, unterirdische Dollhouse. Eine illegale und streng geheime Einrichtung eines megalomanischen Pharmakonzerns, in der die junge Dame unter dem Namen Echo ihr Dasein fristet. Die andere Frau, die ihre Hand gerade hielt, ist Adelle, die Chefin des Hauses, eine verdammt toughe bitch mit unwiderstehlichen Führungsqualitäten, die das The Dollhouse is real: Prolog  —  6


The Dollhouse is real: Prolog  —  7


Dollhouse als zutiefst einsame, zynische, aber fürsorgliche Matriarchin leitet. Der Nerd im Hintergrund ist Topher, ein amoralischer, verspielter Programmierer, technischer Leiter des Dollhouse L.A. und stetiger Innovator auf dem Feld der neurologischen Programmierung. Echo selbst ist – wie so viele andere in diesem Haus – eine Doll, ein Active. Ein Mensch, der fünf Jahres seines Lebens an das Dollhouse abgab, in der Hoffnung, einer traumatischen Vergangenheit entfliehen zu können. Das Dollhouse behält sich das Recht vor, die Körper der Actives ständig mit neuen Erinnerungen, Persönlichkeiten und Fähigkeiten auszustatten und an die Reichen und Privilegierten von L.A. zu vermieten. Eine abenteuerlustige Partnerin für ein romantisches Wochenende? Eine KidnappingExpertin? Ein kampferprobter Soldat mit Martial-Arts-Skills? Wie auch immer das Begehren der Klienten geartet ist, das Dollhouse verfügt über die Ressourcen, jedem Bedürfnis nachzukommen und die passenden Lösungen für jegliche Notlage bereitzustel-

len. Nicht mit Darstellern und der Macht von Illussion und Ablenkung, nein, mit Menschen, die bis in die tiefsten Fasern ihres Daseins (und ihres Körpers) davon überzeugt sind, jene Person mit ihren ganz speziellen Eigenschaften und Fähigkeiten zu sein, zu der sie programmiert wurden. Nach dem Auftrag werden alle Erinnerungen wieder gelöscht, die Dolls wandern durch das ungemein luxuriöse Dollhouse – ein riesiger energieautarker Spa-Komplex, Realität gewordene Green-Technology-Utopie, acht Stockwerke unter der Erde – und erfreuen sich an Broccoli, malen Bilder, schneiden Bonsaibäume, schwimmen im Pool und haben keine Konsequenzen ihrer Handlungen zu fürchten. Sie existieren nicht, denn das Dollhouse ist mächtig genug, keine Spuren zu hinterlassen. Naja, außer dieses eine Mal, als eine Doll – Alpha – einen composite event erfährt, auf all seine vermeintlich gelöschten imprints zugleich zugreift, sich den Weg in die Freiheit durch Sicherheitspersonal und andere Dolls schneidet und seither für trouble sorgt. The Dollhouse is real: Prolog  —  8


Dem Dollhouse auf der Spur ist einzig und allein Paul Ballard, ein geschiedener FBI-Agent, der eine Obsession für die urban legend von den programmierten Zombies entwickelt und sein eigenes Programm verfolgt: Er sucht Echo bzw. Caroline, die Person, die Echo war, bevor sie ins Dollhouse kam. Echo befindet sich wie alle Actives in der Obhut eines Handlers (Boyd), dem sie via neurolinguistischer Programmierung instinktiv vertraut, der ihre Aufträge überwacht und etwaige Schäden am größten Kapital des Dollhouse verhindern soll. Echo ist schließlich No. 1. Eine in jeder Hinsicht gezeichnete Ärztin (Claire) kümmert sich um Actives wie Echo, Victor und Sierra (die alle Designationen aus dem NATO Alphabet erhalten). Und Dominic, der Head of Security, sorgt sich um das Haus, denn Echo, stellen wir bald fest, ist anders als die anderen Dolls: Sie kann Bugs ihrer Imprints selbst reparieren und ihre »Software« in Eigeninitiative zur Realisierung eines zum Scheitern verurteilten Auftrags optimieren. Sie glitcht ein wenig, verliert sich in den

verwischten Spuren all ihrer unterschiedlichen Erinnerungen, und nicht jeder Wipe, jede Gedächtnislöschung, formatiert ihr Gehirn. So weit, so weird. Dollhouse ist eine über zwei Staffeln und 26 Folgen laufende Fernsehserie (2009-2010) über ein HighTech-Bordell, das die Begriffe Ausbeutung und Missbrauch ebenso neu schreibt wie jenen des handlungs(un)fähigen Individuums und seiner Emanzipation. Die Akteure werden uns als traumatisierte Opfer einer totalitären Struktur, als obsessive Retterfiguren, als moralisch zerrissene Komplizen, als amoralische Spieler, als selbsthassende Vaterfiguren vorgestellt. Gibt es im Dollhouse gute und böse Menschen? Später. Vorerst macht uns die Serie mit durchwegs fragwürdigen Arschlöchern bekannt und enthält uns Sympathieträger vor. Es ist düster und dunkel, und aufgrund der prekären Prämisse nur in seltenen Fällen lustig, was dem Erschaffer Joss Whedon (via Buffy The Vampire Slayer und Firefly sonst als ungekrönter König der TV-Unterhaltung geThe Dollhouse is real: Prolog  —  9


handelt) gerne auch vorgeworfen wurde. Alles hier ist... real. »I think with this show, I want to say to the people who have, you know, felt a connection with me, that maybe you want to back away and avoid eye contact, that maybe there’s something horribly wrong with me, and this is my very poetical way of expressing that. I think of it as a work that actually frightens me at times in a way that my shows seldom got to. At the same time I have that sort of jolly love of everything that’s going on and have to be reminded that what I’m doing is reprehensible. So it’s a mature work in the sense that I grew up and went insane. « -- Joss Whedon Dollhouse ergründet die Grenzen der Moral in einem Universum, das unbemerkt einen unumkehrbaren Wandel durchlaufen hat: Wenn eine derart grundlegende Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse vonstattengeht (was implizit natürlich als Radikalisierung des derzeitigen Status Quo eh schon kodiert ist), wie eben durch die Entwicklung dieses Stuhls, einer Techno-

logie, die das Synthetisieren, Reprogrammieren, Löschen und Optimieren menschlicher Persönlichkeiten ermöglicht, welche Implikationen hat diese Revolution auf unseren Begriff vom Subjekt, die Ethik und unser grundlegendes Verständnis von Menschlichkeit an sich? Dollhouse kann das natürlich nicht beantworten jenseits davon, sein Universum gegen Ende hin doch in Gut und Böse The Dollhouse is real: Prolog  —  10


zu teilen (mit den üblichem whedonesquen Twists), aber die Kernfrage bleibt in ihren mehr oder weniger eindeutigen Referenzen an das Hier und Jetzt alltäglicher Produktionsbedingungen, Ausbeutungsund Machtverhältnisse, bis zum Schluss offen. Gerade weil uns das Dollhouse als radikalisierender Zerrspiegel eine dystopische Vision technologisch induzierten sozialen Wandels

vor Augen führt, reiht Joss Whedon eine ethische Problemstellung an die andere und macht uns immer wieder zu voyeuristischen Komplizen einer ausbeuterischen Anordnung, die uns ebenso vorführt, »what we need«, wie das Dollhouse seine Actives zur Realisierung der Fantasien seiner Klienten benutzt. Sogar das kathartische Schwert des Heroischen, das unsere imaginierten Welten für The Dollhouse is real: Prolog  —  11


gewöhnlich in Gut vs. Böse teilt, bleibt auf den selbstausbeuterischen Leistungsduktus »I try to be my best« reduziert bloße systemimmanente Funktion. Soll heißen: Selbst wenn Echo gewinnt, dann geschieht das im Sinne ihrer Unterdrücker. Als eine Serie über Serien ist Dollhouse auch eine Serie über Konventionen und Klischees, was die ersten paar Folgen, die generische Hollywood-Plots durchdeklinieren (seien es Kindesentführungen, Psychopathen oder religiöse Fanatiker), so schwierig macht, weil sie uns generische Tropen präsentieren, die »nur« mit dem Twist versehen sind, uns die Genese dieser besagten Klischeenarrative durch die Setzung der Dystopie Dollhouse selbst als Klammer anzubieten, in der auch nicht viel mehr gemacht wird als Charakter-Groundwork zu legen. Dieser subtile und von vielen als unbefriedigend empfundene Twist ist natürlich tricky, weil er uns mit Erwartungshaltungen konfrontiert, ohne sich die Frage zu stellen, ob wir überhaupt noch an derartigen plot-of-the-week-stories interessiert sind. Trotzdem

legen diese Folgen Grundformeln der Serie offen und entschlüsselen ihre Variablen: Active=Actor, Client=Viewer und amoral ingenious sociopath in a sweater vest=Author/God. Wo bleibt der Humor? Bereitet Dollhouse die Sorte Spaß, wie sie uns Buffy und Firefly geboten haben? Nein. Der Witz erfüllt in Dollhouse eine andere Funktion: Das Bannen des Schreckens, das sowohl die Scoobys als auch die Crew der Serenity in Gegenwart fürchterlichster Bedrohungen so unterhaltsam praktizierten, scheint hier völlig unangebracht: Im Dollhouse können unsere Helden nicht einmal über ihre Misere lachen. Einzig Sarkasmus und Selbstironie bleiben übrig, und die stehen im Dienste der Verdrängung, und nicht, um den Schrecken ins Dasein zu integrieren und auf Augenhöhe zu halten, wie es Buffy und Cpt. Reynolds noch taten. Der Horror kommt von Innen, wurzelt im eigenen Handeln, ruft innere Dämonen und Geister der Vergangenheit herbei, ohne externe Bedrohungen und Monster zu beschwören. (Buffy entwickelte diese Humorauffassung natürThe Dollhouse is real: Prolog  —  12


lich später auch, was nur einer der Gründe ist, warum Whedon Dollhouse immer mit Buffy Staffel 6 verglichen hat.) Vielleicht ist die Serie aber auch einfach deswegen weniger humorvoll, weil Eliza Dushku als Echo und vor allem die anderen Dolls in ihrer Ohnmacht vieles sind, aber keineswegs lustig. Wenn es denn schon nicht sein lustigstes Werk ist, ist Dollhouse mit Sicherheit Whedons ambitioniertestes, erschafft er doch in 26 Folgen inklusive fünf Piloten ein narratives Universum, das sich nicht nur vor keinem seiner bisherigen Meisterwerke verstecken muss, sondern in diesem begrenzten Rahmen auch vertracktere Fragen, härtere Punchlines und gravierendere Aussagen zu treffen vermag als je zuvor. Dollhouse »kann« auch Sachen, die keine andere Serie kann, wenn z.B. allein durch die Prämisse der Show Genrehopping nicht nur von Folge zu Folge passiert (was Whedon bei Buffy eh schon zur Genüge durchexerziert hat), sondern auch innerhalb einer Folge mittels mehrerer Engagements (was bei Buffy im Endeffekt nur

bei »Restless« funktionierte) erfolgt. Dann entstehen so wunderbare Meisterstücke wie 1x09 »A Spy in The House of Love« oder 2x10 »The Attic«. Die Versuchsanordnung Dollhouse gebärt sich vor allem in Staffel 1 als brutale Meditation ohne unmittelbare Identifikation. Als »Du«-Anrede, die gleichzeitig in Frage stellt, was dieses »Du« eigentlich heißen soll. Es ist eine unholy mess, eine schwierige Bekanntschaft, ein Enigma. Etwas, das nicht als eskapistische Unterhaltung funktioniert, denn – so eine der spannenderen Fan-Theorien über die sensationell niedrigen Zuschauerzahlen: Dollhouse ist nicht deswegen problematisch, weil wir uns mit den Charakteren, den Actives und den Pimps so gar nicht identifizieren können. Es ist so bitter und elend, weil uns diese Geschichten nur allzu schmerzhaft an die unfreiwilligen Transformationen unseres eigenen Lebens erinnern. Das macht die Sache so episch, so kompliziert und so spannend. Deswegen sind wir dankbar für Dollhouse, wie für kaum eine andere Show der vergangenen Jahre. The Dollhouse is real: Prolog  —  13


The House. The Chair. The Body. Eine Hommage ans Sitzenbleiben Von Cornelia Schadler

Wo versteckt man geheime Technologien in Film und Fernsehen am besten? Am besten in einem Bunker in der Wüste. Wo versteckt man geheime Technologien in einer großen Stadt? Am besten unter der Stadt, unter einem unscheinbaren Hochhaus. In der Stadt wird das spartanische aber technisierte Erdloch im Nirgendwo auch zum komfortablen Zuhause unter der Erde. Das Geheimnisvolle, Gefährliche oder Böse, das der Bunker immer beherbergt, ist nun nicht nur irgendwo im nirgendwo, sondern wörtlich unter uns. Das Bunkerhaus. Die Wände des Bunkers oder des unterirdischen Hauses, die für alles undurchlässig sind, schützen das

Innen vor dem Außen und das Außen vor dem Innen. Das, was da unten beschützt oder eingesperrt wird, muss unkontrollierbar gefährlich oder unglaublich grausam oder unfassbar geheim oder wahnsinnig fortschrittlich oder alles zusammen sein. Das Bunkerhaus (das Dollhouse) ist der Lebensort einer speziellen Neurotechnologie und ihrer Produkte, der Dolls. Zusätzlich leben dort noch Personen, die entweder für die Dolls oder für die Technik selbst zuständig sind. Sie alle sind Teil der kleinen biosozialen Superwaffe, die im Laufe der Serie im Bunker hergestellt wird. Und ja, es ist böse, grausam, technologisch super fortschrittlich, und alles darf auf keinen Fall in die falschen Hände und in die The House. The Chair. The Body.  —  14


falschen Gehirne kommen. Tut es natürlich doch, sonst hat das Fernsehen keine Geschichte. Der Zahnarztstuhl. Das Zentrum der Technikwelt im Bunkerhaus ist der Stuhl. In ihm fließen alle Drähte, alles

Können, alles Wissen und Sein zusammen. Dieser kann einem Körper jegliches Wissen um das Selbst nehmen und auch einen Körper mit einem Selbst befüllen. Es ist, als wäre der Körper simpel die Form, die mit Inhalt aufgefüllt wird. Und dieser Inhalt The House. The Chair. The Body.  —  15


übernimmt wiederum das Steuer über die Form, bis der Stuhl den Inhalt wieder an sich nimmt. Der Stuhl schafft aus einer einfachen Formel (Form+Inhalt=Mensch) den neuen Menschen, und ebenso leicht wiedererschafft er die Doll (Form-Inhalt=Doll). Die Schwere seines Beitrages macht ihn materiell dementsprechend massiv. Seine invasiven Eigenschaften, die Ausweglosigkeit jener, dem Stuhl ausgesetzten Körper und seine Morphologie erinnern an einen Zahnarztstuhl. Zu ihm müssen alle zurückkehren, immer wieder, um ihre Füllungen zu bekommen (und um diese wieder zu entfernen), zumindest vorerst. Die Behandlung im Stuhl nimmt in den Ausdrücken der Dolls allerdings eher die Form des regelmäßigen Besuchs in der Wellness-Oase an (»I enjoy my treatments«). Sie wachen danach wie nach einem entspannenden Schlaf auf, unwissend, dass ihr Körper die letzten Stunden oder Tage von einem »Geist« besetzt war. Platten. Die Inhalte sind wiederum, bevor sie in die Körper gelangen, gespeichert auf ebenfalls massiv, schwer und altmodisch wirkenden Festplatten. Symbolisch weisen sie zumindest darauf hin,

dass auf ihnen die komplexen neuen Identitäten gespeichert sind (sehr fortgeschrittene Technologie könnte ja vielleicht auch mit kleinen Chips oder Sticks auskommen). Die kiloschweren Platten werden im Stuhl, hinter dem Kopfstück platziert. Der näheste Platz am Gehirn, dem Zentrum des Ladevorgangs. Dort soll der Inhalt der Platte hin. Bildlich etwas vernachlässigt werden die somatischen Daten, die scheinbar durch die Handflächen zugeführt werden. Die Person wird schließlich nicht nur geistig, sondern begrenzt auch materiell-chemisch, in Form von Kurzsichtigkeit oder chronischer Krankheit, mit erschaffen. Superkörper. Für die StandardDoll in der Geschichte wird der Dualismus von Form und Inhalt nicht überschritten. Da gibt es dann nur Alpha und Echo, deren Form den Inhalt irgendwann nicht mehr zurück gibt, sondern sammelt. 48 Seelen wohnen, ach! in meiner Brust! Verwaltet werden diese Seelen (die sich auch brav nicht vermischen, sondern abgeschlossene Einzelinhalte bleiben) durch den Metakörper Echo oder Alpha. Sie werden zum Superbody, als mobiler Speicher von unbegrenzten Inhalten. The House. The Chair. The Body.  —  16


Eindringlinge. Alpha, der unfallartig zum Superbody wird, während Echo eine genetische Prädisposition mitbringt, ist zu Beginn das Böse Außen, vor dem die Dolls im Haus beschützt werden müssen. Die Wall hält dem nicht immer Stand. Es gibt auch noch einen »guten« FBI-Agenten der den »ursprünglichen Geist« (Caroline), der Echos Körper mal besaß, sucht und auf diesem Weg ins Dollhouse eindringt. Er darf dann auch die Festplatte, auf der Caroline zwischengespeichert ist, in einer heroischen Szene auffangen und vor Alpha retten. Carolines früherer Körper ist aber nun Superkörper und somit nicht mehr alleiniges Haus für Caroline, sondern Container für eine beliebig viele Anzahl von Geistern. Zuletzt gibt es noch eine »böse« Company (der das Haus gehört), die Eingriff in das Innenleben (Körper und Technik) nehmen möchte. Ausdringlinge. Die Zentriertheit und Schwere, durch Festplatten, massive Stühle und dicke Bunkerwände, wird im Laufe der Serie ersetzt durch mehrere mobile und somit dezentrierte Objekte. Der Stuhl bekommt Konkurrenz von mehreren »Fernbedienungen«. Zuerst eine Remote, die den

Inhalt aus Dolls entfernt oder diese in den Zustand der Bewußtlosigkeit überführt. Dann eine Waffe, die jeden Körper »da draußen« ent- und befüllen kann. Dieses kleine leichte Ding kann an der Oberfläche massig Schaden anrichten und macht die Welt den Trägern untertan. Irgendwann sind die Walls auch nicht mehr dick genug, um das Außen vor dem Innen und, am Ende, das Innen vor dem Außen zu schützen. Apokalypse folgt. Auf der einen Seite die Befüller und Befüllten (»those who answered the phone«), auf der anderen Seite die Superbodies und Virgins (die von der Technik unberührten, »those who didn’t answer the phone«). Alles wieder gut. Letztendlich wird eine Waffe gebaut, die den »ursprünglichen« Zustand, vor jeder Be- und Entfüllung, wieder herstellt. Bis auf ein paar Ausnahmen darf am Ende die Menschheit wieder zu Unschuldigkeit und Jungfräulichkeit zurückkehren: Die Inhalte sind nun wieder Teil einzelner Formen und werden in diesen durchgängig entwickelt. Der Stuhl hat seine lokale Hoheit über das Befüllen und Entfüllen wieder erlangt. Nur die Welt ist etwas zerstört. The House. The Chair. The Body.  —  17


For a little while… An homage to Sierra Von Luka Anic

Dollhouse! Dollhouse! Doll-freaking-house! Joss Whedon’s highly anticipated show did not end up being as anticipated as I had thought. I suppose it’s easy to convince yourself that people are excited about something if you only follow the websites that are positively biased towards the show. But whether Dollhouse was a ratings success or not, it certainly was something to behold. It did what good TV should do: it provided you with an exciting plotline, plenty of eye candy, and most importantly, it made the audience question what is right and what is not. I would personally watch anything Joss Whedon had to offer, even if it was a loose adaptation of

his grocery list. After two years of waiting for Dollhouse, I was all ready to root for Echo in her quest to find her personality and bring down the Dollhouse. At this point we are already introduced to the interesting fact that we are rooting for the destruction of the central agent of the show. Without the Dollhouse, what would Dollhouse be about? Yet it’s not easy to say that Dollhouse is brimming with people full of good intentions. »Nothing is what it appears to be« says Adelle Dewitt in the show’s opening scene. Every character has something to hide. Is Adelle really the cold-hearted bitch that she seems to be? What exactly did Caroline do that put her in the Dollhouse? What about the other Actives? Joss Whedon has For a little while…  —  18


always written about intricate characters, but Buffy the Vampire Slayer was never a mystery show. It was drama, comedy, action, and horror, but there was little anticipation about what would happen next Tuesday. The viewers connected to the characters and watched them grow.

While Buffy the Vampire Slayer offered plenty of flawed characters, for the most part it was easy to call them the good guys, the white hats, the Scooby gang. In Dollhouse, all of the characters have issues. Even Caroline, who is in a way the show’s central figure, is hard to like at times. In fact, she does For a little while…  —  19


not get redeeming qualities until very late in the show. So how do we start liking them? Firefly introduced characters that were on the wrong side of the law, but the audience had no trouble at all identifying with their situation. The big corporations and governments were the Big Bads, similarly to the Dollhouse, except we did not get to explore the Alliance from the inside. Dollhouse puts us right inside the belly of the beast. We see the enemy. Hell, we are the enemy.

words came out as clear answers in my mind: Sierra and Priya.

Several times while reading blogs about the show I’ve seen it compared to Sons of Anarchy, another favorite show of mine. While I adore both shows, I see Sons of Anarchy in an entirely different light from Dollhouse. I love the show, but I absolutely hate the protagonists! All of them! I simply cannot root for a gang of bikers that sells guns, hurts lots of people, and runs a porn business.

Sierra’s exotic looks immediately endear the audience to her character. Whether you care for the poor girl or not, it is undeniable that she is stunningly beautiful and easily steals the attention away from anyone else she shares the screen with. Might I add, with Eliza Dushku, Amy Acker, Tahmoh Penikett, Enver Gjokaj, Olivia Williams (and I could go on) present on screen, this is no small feat.

Yet I find myself caring for all the members of the Dollhouse, even though it is essentially a very nicely done and expensive whorehouse. Joss Whedon, how do you do it? After watching the show a few times and honestly giving it some serious thought, two

Echo and Caroline may be the focal point(s) the show revolves around, but Sierra gets the title of the tragic heroine. Trapped inside the Dollhouse, she is forced to face her real captor on her own. Even in her Doll state, she feels the need to confront him, but once

Sierra is the Doll that exemplifies how dark a tool the Dollhouse can be. She is literally driven to insanity by the man she refuses to adore and locked up in a place where she becomes the rich man’s plaything. Granted, Adelle and Topher are not aware of what has transgressed, otherwise they would have (hopefully) acted differently.

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she regains her personality back, she unleashes her wrath upon Nolan. The only help she receives from Topher is her real self. (Seriously, buddy? No ninja skills?) In a very gratifying scene, Priya kills the man who ruined her life, and we all cheer. But how would we react if this were not a mere scene on television? Murder is not forgiven lightly, even when in self-defense. Besides the painful memories, Priya is allowed to temporarily forget her difficult experiences, while Topher gets the bulk of the guilt for having allowed the situation to happen in the first place. Priya once again becomes Sierra, where she can continue her developing love affair with Victor. The blissful ignorance does not last long, as we see Priya reawaken once again, this time in order to help bring Anthony back to the safety of the Dollhouse (as funny as that may sound). Out of the strong feelings she has for him, she agrees to embark on the dangerous mission and saves his life. But their happiness is cut short, and the two soon part ways, as the apocalypse ravages across the planet.

So, the end is near, and I could ramble on and on. The one thing that I have consistently noticed, especially while planning on what to write about in this article, is that the more I think about Dollhouse, the more confused I get! I find myself incapable of expressing what I wish to say. I start discovering new opinions and even question my own moral stance! Do I side with the bad guys because I’m bad myself or because this medium provides me with a creative exhaust? Or are the bad guys the good guys? One day when we will all live in a perfect world where the genius of Joss Whedon will be universally recognized and shows like Dollhouse will have a fighting chance of telling their story the way their creator originally intended. But even with just the two half seasons that we had the pleasure of watching... Joss Whedon, you’ve done it again. You created a masterpiece. Not everyone will like it, and you will not find it on many Top Lists. But you know what? I kind of like it that way. I hope to keep the intimate feel of the Whedonverse. For a little while…  —  21


O Mother, Where Art Thou? Eine Hommage an die Puppenspielerin Adelle DeWitt Von Christian Krisper

What is the Dollhouse? Als wir anfangs in jenes Haus einzogen, das versprach Träume in unerdenklicher Weise wahr werden zu lassen, wussten wir nicht viel davon. Das Unwissen über den Verlauf seiner Wege, dessen Lage und Hauptzweck, sowie deren BewohnerInnen schürte gleichermaßen Abscheu wie Faszination. Wer oder gar was sich hinter der Architektur versteckt, bleibt vorerst rätselhaft. Nur eine Person scheint über den ersichtlichen Dingen zu stehen.

Adelle DeWitt ist die Herrin des Hauses. Wer ist Adelle DeWitt? Gleich in der ersten Folge belehrt ein Vater seine Tochter – und gleichermaßen uns – mit den weisen Worten »knowledge is a gift«. Es sind die Antworten auf Fragen und die Fragen, die sich daraus stellen lassen, die wir suchen. Wer über die Machtstrukturen bescheid weiß, steht für gewöhnlich über ihnen. Adelle DeWitt ist die Frau an der Spitze des Dollhouse und scheint als einzige Person mehr O Mother, Where Art Thou?  —  22


zu wissen, als sie preiszugeben bereit ist. Und das was sie weiß, lässt sie überzeugt davon sein, einer richtigen Sache zu die-

nen, mit Rücksicht auf Verluste. Sie ist die höchste Autorität in ihrem Haus und bestreitet ihre Machtposition in alle Richtungen O Mother, Where Art Thou?  —  23


mit Bravour. Die restlichen uns ersichtlichen Akteure bekleiden lediglich exekutive Teilgebiete und beschränken sich auf ihre spezialisierten Tätigkeiten. Adelle DeWitt aber ist Dreh- und Angelpunkt sowie Umschlagplatz ihres Dollhouse und der dahinter stehenden Korporation, die Schnittstelle zwischen Technowissenschaft und (der unsichtbaren) Sozioökonomie des Projekts, als auch den Handlern und ihren Actives selbst, die einzige die ihre Fühler überall drin hat, wie es sonst üblicher Weise nur eine Mutter vermag. Ist Adelle DeWitt die »Mutter« aller Dolls? Und mit welchem Teufel hat sie einen Pakt geschlossen, um mit so einer Brut gesegnet zu sein? Die melodiöse Signation erinnert nicht zufällig an das Wiegenlied-Thema von »Rosemary’s Baby«. Auf ähnliche Weise wie Rosemary wird auch Adelle zum Oberhaupt einer Brutstätte die unweigerlich ins Böse umschlagen muss, auch wenn die Ausmaße anfänglich nicht erahnt werden können. Schauplatz sind die eigenen vier Wände. Erst wenn der unumgängliche Punkt überschritten wird – das Böse aus dem Inneren ins Außen hervortritt – muss die Mutter ihr Baby in

Schutz nehmen, auch wenn dieses bereits zum Monster geworden ist. Es ist ein stetiger Kampf zwischen den professionellen Leistungen und den moralischen Abgründen, die sich bei personellem Fehlverhalten auftun können. Denn es sind immer Einzelpersonen, die das System zu Fall bringen, nicht etwa die Wissenschaft oder das System an sich. Alles könnte prinzipiell so glatt laufen. Moralische Grundbedenken sind nichts weiter als naive Einwände der Unwissenden. Wie freiwillig kann sich ein Mensch zur Doll versklaven? Sie werden zu Ratten im Käfig. »Well that is how science works.« Ist das Dollhouse nichts weiter als ein Hightech-Bordell? Aber es geht um weit mehr als die bloße Befriedigung sexueller Bedürfnisse. »And we are the experts at giving people what they need, aren‘t we?« Noch bevor sie wissen, was es ist, das sie brauchen. Darin bestehen letzten Endes die wahren Errungenschaften der Wissenschaften, oder etwa nicht? »There are three flowers in a vase. The third flower is green.« Es ist insbesondere dieser eine Aspekt der PuppenprogrammieO Mother, Where Art Thou?  —  24


rung, den ich hier gesondert behandeln möchte, nämlich jener der Sleeper-Agents, wie im Falle von Mellie/November. Mit einer Beachtung der genregeschichtlichen Gegebenheiten lässt sich dabei die Rolle der Mutter als Herrscherin im Hintergrund besonders gut ins Auge fassen. John Frankenheimers »The Manchurian Candidate«, aber auch das maßlos unterschätzte Remake von Jonathan Demme, scheint als zentraler Anhaltspunkt für diese Storyline hervorzutreten. Die Rollen von Angela Lansbury oder Meryl Streep in jenen Filmen könnten als augenscheinliche Vorbilder einer Adelle DeWitt dienlich gemacht werden. (Olivia Williams spielt in »The Ghost Writer«, dem letzten Film von Roman Polanski wiederum, lustigerweise eine ähnliche Figur.) Es sind jene Mütter, die die Fäden in der Welt zusammenhalten und im richtigen Augenblick zu ziehen scheinen. Politische Akteure, die von derartigen Dolls bekleidet und nach Belieben gesteuert werden können, haben einen Showwert nach außen hin und – was noch viel wesentlicher ist – spielen eine konkrete Rolle für die Mission im Hintergrund. Ähnlich verhält es sich auch mit Senator Daniel Perrin in der zweiten Staffel von Dollhouse.

Aber es ist insbesondere die unscheinbare Mellie, die Teil der Verschwörung ist und deren Hauptaufgabe in der Verschleierung eben dieser selbst besteht. Es ist diese Überhöhung, die den Punkt ausmacht, an dem Paranoia aus den Fugen zu geraten droht und eine Unterscheidung zwischen Wirklichkeit und Betrug nicht länger zugelassen wird. Wer dahinter steckt, handelt besonders berechnend, aber in dem Glauben dem großen Ganzen zu dienen – wie eine Mutter, die nur das Beste für ihre Schäfchen will. Es ist Adelle DeWitt, die an jenem auslösenden Hebel sitzt, und aus dem girl next door via Knopfdruck eine Killermaschine machen kann, wann immer es nötig erscheint. Es ist ihre beruhigende Stimme, die jene auslösenden Worte spricht als wären sie ein Kinderreim. Und es sind jene Handlungen, die sie aus dem Hintergrund setzt, ohne dass für Außenstehende deren Ausmaße ersichtlich werden können. Aber sie weiß stets, was sie tut, ist sich ihrer Macht bewusst, scheut nicht sie auszuspielen. Ständig der Gefahr ausgesetzt, sich bei allen Seiten unbeliebt zu machen, nimmt sie diese in Kauf, und O Mother, Where Art Thou?  —  25


verzichtet größtenteils auf ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse. Und sie vollbringt all dies mit einer Souveränität, die es uns nicht bewusst erscheinen lässt, was tatsächlich auf ihren Schultern lastet. Olivia Williams verkörpert diese Frau in perfektionistischer Manier, oszillierend zwischen einem Spiel um das Begehren und der blanken Obsession mit Macht. »Sarcastic? Unfeeling? British?« Auf ähnliche Weise sind ihr bereits damals Bill Murray und Jason Schwartzman in »Rushmore« verfallen; ein Vergleich der auf den ersten Blick

vielleicht weit gedehnt erscheint, aber gerade deshalb eine umso schönere Parallele ausmacht. Knowledge is power und Power ist Sex, oder zumindest das dazugehörige Spiel mit dem Verlangen und dessen gezielte Instrumentalisierung für einen Zweck, der unersichtlich bleibt, und in jedem Fall dazu verdammt ist, aus der Bahn zu geraten. Wenn es dann so weit ist, schlägt sich eine Mutter gänzlich auf die Seite ihrer Kinder. Und am Ende wird sie sie aus dem Haus hinaus ins Licht führen. Did I fall asleep?

O Mother, Where Art Thou?  —  26


Hilfeschreie der Frauen ohne Makel Eine Hommage an Lady Gagas »Just Dance« in 1x01 »Ghost« Von Katja Krüger

What’s going on on the floor? Caroline tanzt mit ihrem Traumprinzen, nachdem sie das Motorradrennen verloren hat. Noch wissen die Zuschauer gar nicht, dass das Mädchen in dem wirklich unglaublich kurzen Kleidchen gar nicht mehr Caroline ist, sondern schon eine gehirnamputierte leere Hülse ohne Namen, die der Prinz (who’s also a moron) mit sehr viel Geld für ein ganzes Wochenende gemietet hat. Das erklärt auch den überaus

schnellen change of mind, was die Wiederholung des Rennens zugunsten des Tanzens angeht. Eben noch enttäuscht aufgrund der Niederlage im Rennsport, schon sind die Klamotten gewechselt, ein Glas Champagner geleert und die Hüften geschwungen. Nach dem Motto »no alarms and no surprises« kann man sich im Dollhouse maßgeschneiderte, programmierte Persönlichkeiten ausleihen. Dass Caroline aka Echo Hilfeschreie der Fr auen ohne Mak el  —  27


der Verkaufsschlager der Kette in Los Angeles ist, liegt nicht nur an ihrem makellosen Körper, in den die Persönlichkeit reingestopft wird. Eine gewisse Fähigkeit macht sie zu einem Wesen, das out of the box denken kann. Beim beschriebenen Geburtstagsengagement ist dies noch nicht offensichtlich, weil es sich um eine sehr simple Mission handelt, die genauso gut von einem tatsächlichen Menschen gespielt werden könnte. Tanzen kann jeder. Und da liegt doch auch der Knackpunkt: Ist unser Märchenprinz nicht einfach faul, dass er die Suche nach einem solchen unglaublichen Mädchen zugunsten einer Marionette aufgibt (oder zumindest pausiert)? Es ergibt Sinn, dass der erste Song der ganzen Serie von Lady Gaga gesungen (und gerüchteweise auch geschrieben) wurde. Wenn man nach einer zeitgenössischen Kunstfigur sucht, kommt man an diesem Namen einfach nicht vorbei. Und was sagt Lady Gaga selbst über den Song? Er wurde hungover in 10 Minuten geschrieben und versucht das happy Gefühl auf der Tanzfläche einzufangen. Weit gefehlt, Frau Gaga, aber den Medien kann man selbstverständlich alles verkau-

fen. Es geht um die Flucht vor der Realität, das Verstecken in der Menge und natürlich um die heilende Wirkung des Alkohol. Wer kommt heutzutage noch mit der Wirklichkeit zurecht? Besonders nicht die armen Seelen, die sich Adelle DeWitt für 5 Jahre verpflichten. »Everybody just wants to slip out of their lives« bemerkt Dominic einmal korrekt. Für alle diejenigen, denen es nicht angeboten wird ins Dollhouse einzuziehen, ist das Partywochenende die einzige Möglichkeit, dem echten Leben für wenige Stunden zu entkommen. Das hat nur eben auch einen Preis, abgesehen vom finanziellen Desaster einer durchlebten Clubnacht. Man weiß nicht, wo man ist, mit wem man gerade geredet hat, was man gesagt hat, wo die Freunde sind und warum man sein T-Shirt verkehrt herum trägt. So etwas passiert einfach. War man der Entscheidungsträger dieser Handlungen oder hat sich jemand bereit erklärt, die Verantwortung zu übernehmen? Ohne Konsequenzen für denjenigen, versteht sich. »Control your poison, babe!« versucht Gaga zu retten, was nicht mehr zu retten ist. Sehr halbherHilfeschreie der Fr auen ohne Mak el  —  28


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zig denkt man an den nächsten Morgen, doch der Gedanke verschwindet so schnell wie der Wunsch ans eigene Bett. Die einzige Lösung in diesem und vielen anderen Momenten lautet: »Just dance«, es ist alles egal und sowieso alles sinnlos. Schwing dein Kapital auf der Tanzfläche, sei der Traum des Typen, der dir zusieht. Dein Selbstwertgefühl hast du am Eingang oder spätestens an der Theke abgegeben. Respekt vor den anderen hast du auch keinen mehr, deswegen ist das nur fair. Kurz gesagt: Man verliert gerne mal den Verstand. Allzu lange mit klarem Kopf durch die Welt zu segeln zehrt eben an den Kräften. Mit einer kurzen Entspannung lockt eine Party, locken die Freunde, lockt der Alkohol – und man sagt gerne zu, auch wenn der Absturz dann doch anstrengender ist als das wahre Leben, aber eben nicht Teil dessen. Weil wir nicht wir selbst sind. Manchmal sind wir besser und manchmal eher schlechter als unser Alltags-Ich, und unsere Seele können wir, wie uns Dollhouse innerhalb von 26 Folgen erfolgreich bewiesen hat, weder verkaufen noch verleugnen. Und natürlich ist das Dollhouse kein superschickes Hurenhaus,

es treibt Fantasien auf die Spitze beziehungsweise kehrt die ganze Prostitutionsidee in ihr Gegenteil. Die Klienten wollen nicht den einen oder anderen Körper. Sie wollen die eine oder andere Person, die Seele, die Fähigkeiten, die Charaktereigenschaften ihrer Wahl. Da liegen die eigentlichen Wünsche und Träume der Menschen begraben: In den Köpfen der anderen, nicht in ihrem Schoß und auch nicht in ihren Augen. Lady Gaga singt »I love this record baby, but I can’t see straight anymore« – schon längst ist sie blind oder zumindest kurzsichtig, doch sie liebt diesen Song und tanzt, weil sie zu anderen Tätigkeiten längst nicht mehr fähig ist. Ebenso tanzt Carolines Körper auf einer Geburtstagsparty des Typen, den sie gerade erst kennengelernt hat, und zu dem sie eine tiefe Zuneigung verspürt, die sie sich selbst nicht ganz erklären kann. Beide haben ihren Verstand verloren, und beide haben irgendwo auf ihrem schicksalshaften Weg durchs Leben die Entscheidung getroffen, das nicht verhindern zu wollen. Ich jedenfalls habe aufgehört darüber nachzudenken, warum Lady Gaga nie lächelt. Hilfeschreie der Fr auen ohne Mak el  —  33


Talk about identity issues An homage to Alpha By Pointy

Did Dollhouse have to name its top serial killer after one of the showrunners? No, but making Karl William Kraft (Alpha, played with demonic delight by Alan Tudyk) sound like a relative of a Mutant Enemy writer was »on theme«. Dollhouse, like a fairy tale, is about rebirth – about the death of an old self and birth of a new one. Little Red Riding Hood is the model. She endures a symbolic death (devoured by the Big Bad Wolf) and a symbolic rebirth (delivered by the Hunter who cuts her out of the beast belly in a symbolic Caesarean). She completes her own transformation from passive victim to active hero by finishing off the wolf. She conquers sin

and death – fittingly, in a manner comparable to crucifixion. The Roman execution method used the victim’s survival instinct against him, and so does Little Red. In crucifixion, the chief torture mechanism wasn’t the flesh-piercing nail, it was whatever secured the victim’s feet to the vertical post (rope, sometimes). Without it, he would suffocate instantly. But with something bracing his feet, he could save himself, temporarily, by mustering the energy to push his body up. (That’s why, when the executioners got impatient, they broke the victim’s legs.) The death struggle was made especially agonizing by the life struggle. Talk about identit y issues  —  34


The little girl in the fairy tale improvises her own method to torture Big Bad to death. She pins him to the ground by

loading his (gashed) stomach with rocks. He then rips himself apart trying to get away from her. Nice bedtime tale. Talk about identit y issues  —  35


Rebirth, from Golgotha to Grandmother’s house, is always a matter of life and death and life after death. »This is what we need«, Alpha says in 1x12 »Omega«: »A blood ritual. Gotta have one of those. The Aztecs knew it. So did the ancient Greeks. Then along comes the Christian God, who’s all ›Say, I know, what if I incarnate as my own son and have myself sacrificed to myself‹ and ruins it for everyone. Talk about identity issues. Phfffft.« The part about the Christian God didn’t make it on air. It comes from the complete script that writer Tim Minear put on line and it foreshadows Alpha’s arc for the rest of the series. The serial killer will learn about self-sacrifice over his dead bodies, many of them alternate versions of him. Let’s talk about identity issues. Identity issues are how fairy tales work. According to Bruno Bettelheim, we identify with each major character in the fairy tale. We all start out as Little Red – a child given a grown-up responsibility and not quite able to meet it. The Big Bad is any aspects of ourselves that lead us astray, telling us it’s

all right to shirk responsibility. And the Hunter is the aspect of ourselves that overcomes our problems. There are many reassuring truths in the tale. You can grow as a person. You are capable of sacrificing yourself for yourself and others. You can transform yourself from victim to hero. The fairy tale also tells a reassuring falsehood, necessary for children, dangerous for adults. Children, according to Bettelheim, just can’t accept that there are aspects of themselves that are unacceptable. Their identities aren’t strong enough yet to admit the darkness within. Fairy tales give them something to do with whatever it is about themselves they hate – project it onto a scapegoat, evil incarnated for ritual slaughter. It’s not a wolf that makes children go play when they’re supposed to be doing something else, it’s just childhood. But the fairy tale lets them deny that aspect of themselves, blame it all on the Big Bad Other, and symbolically destroy it, purging themselves, through the story-time ritual, of all that is not innocent or heroic. Understood properly, the fairy tale is a perfect metaphor for the internal struggles that characterize Talk about identit y issues  —  36


all personal growth. Understood improperly, it’s a blueprint for a serial killer. Which brings us back to our favorite fictional serial killer.

want to take part in his ascension ritual – to kill her old self (poor Wendy, imprinted with Caroline) and to become one of the »gods«.

Alpha’s an awesome character because he lays bare the psychology of scapegoating. »Who was the first individual Alpha went for« Ballard asks, »the moment he had a choice? « – »Himself. « Topher says. Alpha grabbed the wedge with Karl William Kraft’s memories off Topher’s Self Shelf. »He took his original self... and he smashed the hell out of it. « Alpha thought he was killing the worst aspect of himself, the »self-hating human« who abandoned him to the predators, »the wolves«. But Alpha is not Karl Kraft’s apocalypse; he is the apotheosis of the worst in his old self. The serial killer that Kraft had tried, ineptly, to become emerges fully formed in the monstrously adept Alpha, who can do anything except stop killing. His need for a scapegoat to sacrifice will end only in death or love. »From the moment man first clawed his way out of primordial ooze and kicked off his fins, he’s understood that the gods require blood. « You can always count on a murderer, someone once said, for a fancy prose style. Alpha’s genuinely surprised that Echo doesn’t

»You wanted me to kill myself? « – »No! I wanted you to kill her. « – »Her is me. You made that very clear. « – »No, her is the old you. Try and keep up. « (He should have assigned Bettelheim, but he would have found it uncomfortable reading himself.) Alpha and Echo are equals, but opposites. He loathes others as he loathes himself, and she does the other thing. In 2x08 »A Love Supreme« Alpha plows through a slew of mirror-victims, all people who wanted Echo’s love badly. His last victim is the one to whom she gave it freely. Paul, Alpha knows, truly loves Echo. Once Alpha imprints himself with Paul, his serial killing days are numbered. The turning point is when Paul, speaking in and through Alpha, asks Echo to kill him (for her sake, certainly, and probably for everyone else’s). Alpha finds out, to his initial shock, the meaning of the words he used moments earlier: »You were meant for a love supreme. « It’s bigger than him, bigger than his life. He staggers Talk about identit y issues  —  37


out of the Dollhouse a broken man, one about to be remade. By the time we encounter him in 2x13 »Epitaph Two: Return« Alpha is mocking his old, scapegoating ways. »Where’s Big Bad Ballard? « he asks. Before, he had all but killed Ballard; now he grieves at his death. Mostly he grieves for Echo. For her, he engineers Ballard’s resurrection, after a fashion, as a living memory. Alpha has become a lot like Echo, doing what he can to ease someone else’s pain.

And he has one more resurrection in him. By going above ground for the worldwide wipe, he restores to life the person he killed (in Paul’s words) »the moment he had a choice«. He won’t be the same man. »He’s evolved« Echo says. »He will again. « Dollhouse ends on a bleak note for Echo. As her »mini-me« observes, she doesn’t get to start over. But Echo has faith. She believes that in the world to come, Alpha will be reborn, innocent.

Talk about identit y issues  —  38


Why you didn’t like Dollhouse By Wally Holland

Prologue, Preemption When Dollhouse premiered, critics and fans alike complained loudly about every aspect of the show: Dushku’s acting, Kranz’s mannerisms, the sex-schlock aesthetics of the opening scene, the relative infrequency of Whedonesque one-liners compared to Buffy/Firefly/Dr. Horrible, the »exploitation« of female sexuality, the cheesiness of each episode’s main plot (Echo’s weekly assignments), the unpalatable creepiness of the show’s central power fantasies, the lack of interaction between the ostensible male and female leads, etc. Almost no one watched, the audience shrank over time, and... well,

you know the rest. At the time it seemed to me that the show’s »critics« (complicated word) were missing its point: Dollhouse is a problematic entertainment partly because one of its key concerns is the problematicity of entertainment – of fantasy... I wrote Part One of this essay – a rant, really – after watching the universally (and justifiably) derided Season One episode »Stage Fright«. Its argument, 80% of which I still stand behind, is this: (1) Dollhouse was built, quite on purpose, to frustrate some of the basic desires of American TV audiences; (2) viewers should grant that Why you didn’ t lik e Dollhouse  —  39


Whedon knew what he was doing and hadn’t simply forgotten how to write slam-bang hourlong dramas; (3) it’s necessary to engage the show’s ice-cold treatment of audience fantasy on its own terms; (4) your initial response to any entertainment will not be considered or rational; (5) that’s OK. Not only OK, but OK. I’ve made a couple of little changes, mainly to soften or clarify overheated bits, but most of the text is the same babble as before. Now. The rest of Season One happened, then Season Two and a too-early cancellation. I felt... well, I’ll tell you in a minute. The second part of this essay is new. While Dollhouse was on TV I thought about it a lot; I haven’t thought about it at all since then, and haven’t seen any of Season Two since it aired in January. Make of that what you will. Part One: 3/1/09 There are lots of reasons you might put forth for not liking the one or two episodes you saw of Joss Whedon’s new Dollhouse. But let me suggest that most of

your negative reaction actually has nothing to do with the »technical« concerns you think you have, or the »structural problems« you think you’ve noticed, or the »limited range« of the lead actress, or the writers’ »tin ear« for dialogue... these are largely self-justifications, I think. I know this is a graceless tack to take, but I’m dead serious about the following criticism-of-critics, who (after all) tend not to know much if anything about how to structure TV stories, how to act for television, how to reproduce the rhythms of dialogue in a unique poetic language, or what the economics of high-tech prostitution might look like (though they love talking/yelling about such things). I realize, too, that this probably sounds like fannish defensiveness (»You don’t like a Joss show? There must be something wrong with you! «). It ain’t. Or it mostly ain’t. You weren’t satisfied with the first few episodes of Dollhouse. Well, let me suggest the main reason why: There’s nothing satisfying about it, by design. Why you didn’ t lik e Dollhouse  —  4 0


In other words, I’m guessing that you don’t like it because you don’t know what to like. (I am quite possibly objectively holier than all y’all thou.) Every vector of possible satisfaction for the viewer has been poisoned, from the outset, by the show’s premise. That doesn’t mean the premise is bad – the premise is extraordinarily fertile – it just means that you (we) don’t get to do your (our)

normal routine of using borrowed jargon to rationalize your visceral satisfaction. Not the clunky mannerisms of academic criticism, nor the easy cynicism of what passes for »media criticism«, nor the pop-schlub pidgin of newspaper/magazine critics and their Internet kidz. The sci-fi premise of the show is: What if a group of pimps – who happen to be neuroscientists – could erase the memories of whores who happen to be wellWhy you didn’ t lik e Dollhouse  —  41


paid, extraordinary well-takencare-of volunteers, and could use this power to effect amoral change in various economic strata? What would it take to suspend judgment toward such an operation, toward the whores, the pimps, the clients, the team of scientists and programmer-types who make it all possible? What sort of person would avail him- or herself of such an organization’s services? What kind of cop would become obsessed with shutting it down? The complexity of the political allegory – depicting the quite literal return of individual and collective memory and desire heretofore repressed for economic reasons, the power of spontaneous organization to overcome institutional stricture, etc. – should be enough to overcome one’s suspicions that Dollhouse is made in ignorance, with exploitation in mind, etc. And the writerly pedigree should cause one to think twice before assuming that the show’s plots have been glibly chosen, its lines tossed off. But I don’t actually have to defend the show on those grounds; if it’s well made and well wrought, it’ll stand on its own.

Here’s what I figure: It is not made to be liked. Nor to satisfy. (I’m satisfied with my reading of the show, you know. And with myself.) Dollhouse asks the same questions of its characters as it does of its viewers; the unusual thing about the series is its total ambivalence toward the answers. One difference between Dollhouse and other (let’s say...) antifoundational stories it that Whedon’s questions are well-posed, i.e. it’s clear what questions we’re being asked, and the questions are complex and meaningful and pragmatic (unlike, let’s say, »Is there an outside-the-text? « or somesuch). The security guard (Boyd) is sympathetic but his role is MaleProtector-of-Helpless-Female Who Nonetheless Can Not Help. He hates himself, doesn’t know why he puts up with this shit. You can latch on his decency – but his job is indecent and he knows it. He’s the primary father in the show, and variably effective in that role. He does evil. The Madam is of course a Madam, a cold bitch by the looks of it, and whatever second thoughts she has about what she does, Why you didn’ t lik e Dollhouse  —  42


she runs whores and lets ‘em die if necessary. Yet she’s the primary mother figure in the show – and quite possibly effective in that role. She does evil. The lead character, Echo, is barely a human being, doesn’t even know to defend herself when endangered. And each week she’s put in the position of victim, and finds her way out of that role, and gets to enjoy none of her victories. They’re meaningless – they’re not even hers. She works for the Bad Corporation like the rest of them. The FBI agent is bugnuts, and wants to help kidnapped girls, and is a fuckup, and has no sympathy for anyone, and he’s being lied to, and is a sap, and doesn’t know how to work with people. The Russian (Lubov) is a lie. The Asian (Sierra) is a lie. The obnoxious nerd is an obnoxious nerd, and hyper-competent, and sadly compensating, and clearly crazy, and a mindraping pimp who happens to be the sole Artist Figure in the story – that’s where his god complex comes from. He does evil, and knows it, and doesn’t stop. The characters with self-knowledge do evil, and the ones without it are pawns. The deck is stacked.

How could you possibly enjoy this story? There’s no blinking arrow saying »This Is Right«. Order is provisional, law is ad hoc, love is electrically-induced, pity is corporate, memory is false, the good guys are nuts, the bad guys mean well, and everything the lead character knows about her personality the viewer also knows (i.e. very little). She’s going through the same thing we are, but she’s arguably handling it better than we are. To the extent our moral outlook on the characters differs from hers, it’s because we are judgmental and unfair and self-centered. That’s the hazard, right there: we are selfcentered, and can’t pin that on anyone else in the storyworld. Naaaaaaasty. Atop which: the obvious Male Romantic Lead and the obvious Female Romantic Lead are separated by the inconvenient fact that the goddamn FBI guy hasn’t shared a single scene with anyone from the Dollhouse (except the »Russian«). How can such a sexy show be utterly devoid of romance? Why would Why you didn’ t lik e Dollhouse  —  43


Joss Whedon do this to us who LOVE HIM SO MUCH. Why. (I think I’m very smart and insightful.) I don’t particularly enjoy the familiar melodramatic inner structures of the episodes, in part because I’m conditioned to cringe at explicit genre cues (ahem grad school), in part because the very falseness and generically pat quality of the stories is a lie, that’s half the point

of the show, and like any little boy I don’t know how to be lied to. But I’ve loved every framing story, every flashback, every tangent, every glimpse into the Dollhouse itself. When Eliza Dushku looks like a woman acting-butnot-acting a part, I’m reminded that Echo is precisely that. I trust Joss Whedon; the man has changed American culture for the better, and writes like a demon, and is burning this one at both ends. He knows what he’s doing. Why you didn’ t lik e Dollhouse  —  44


I think you don’t like the show because you also know what he’s doing, and you don’t like it. Your rationalizations are your own. Give the goddamn thing a chance. Meet yourself. (And oh by the way, in case you didn’t notice: Dollhouse isn’t Buffy. Your expectations, embarrassingly, are your own too.) Part Two: 4/26/10 Aah. You win some, you lose some. It was half the show it could’ve and should’ve been, in the end. Season Two leaned more heavily on convention than Season One, building to a climax that can only be called... satisfying. Well, I was more satisfied than happy; with each big event on the show some part of the story seemed to end, a web of possibilities collapsed to a line, and the moral lines got clearer, and the show seemed to transform from a poisonous moral inquiry into Dollhouse: A Reductive Synopsis of the Promising American TV Show. In the end there were even heroes and villains, for god’s sake!

By the time »Epitaph Two« aired, Dollhouse was a very literal superhero ensemble show: the World’s Smartest Man, Topher Brink; Jenny Sparks as played by Adelle DeWitt; Eliza Dushku in the role of Keanu Reeves in the role of Neo in the role of Gnostic Jesus; Victor the technosoldier; Willow-Alpha the redeemed psychotic genius magic-user. »The Hollow Men« even had a bit of a »Primeval« join-forces-toovercome-the-baddies vibe. And »Epitaph Two« felt a lot like the Buffy finale, »Chosen«, with its »former enemies united by a common anti-apocalyptic purpose« story; but unlike »Chosen«, the Dollhouse closer left its storyworld simpler rather than more complex. Now, don’t get me wrong. Season Two’s final moments were absolutely beautiful. (Raise your hand if you wept as Echo and Ballard literalized Douglas Hofstadter’s »consciousness duplicated in another body« love story from I Am a Strange Loop!) And the second season’s metaphorical/thematic material was unquestionably rich, though perhaps less metaphysically risky than in Season One. Check out that double-bladed George W. Bush parody; the Why you didn’ t lik e Dollhouse  —  45


hoary-but-nervewracking stateservice fable »Stop-Loss«; and the astonishingly fertile metaphor of a multisensory entertainmentmedia complex (»The Attic«) which wrings maximal New Economy productivity out of corporate subjects by providing for their every physical/material need but keeping them in perpetual terror. Dollhouse got sharper as it went (the unbearable clunkiness of the dialogue in »The Hollow Men« notwithstanding) and the writers found solid structural ground... but shouldn’t solid ground be juuuuust a little bit of anathema to an (ahem) antifoundationalist show like this one? In year one Whedon went to a lot of trouble to undercut viewer moves toward comfort and satisfaction. Even the rah-rah moments at season’s end (the bit about Echo’s every personality planning to kick Alpha’s ass?) hid little tricks and turns; the idea of »superpowers make you something not quite human« isn’t exactly new, as Whedon of all people knows, but Dollhouse’s metaphoric overload nicely darkened even Echo’s triumph over Alpha. Then Season Two kicked off with a potent new digital-culture

metaphor (Echo’s now negotiating dozens of identities, increasingly able to choose which ones fit her various contexts, possibly at the expense of ever being »Caroline« again), and it seemed Joss planned to make things even harder on the audience. Thrilling! We ended up getting a whole lot of What We Wanted in Dollhouse’s second season. But that’s the one thing Joss refused to give us in Season One. Fans dug it, as you’d expect. But Joss Whedon can do a conceptually-freighted but largely conventional action/ adventure hero-team narrative in his sleep. Dollhouse’s first season, whatever its weaknesses and whatever their sources, was an intriguing attempt at a kind of TV storytelling that (correct me if I’m wrong?) no one else on network TV is even attempting. The early episodes had onedimensional plot structures but truly unsettling implications; cheering for the »good guys« felt bad and it was hard to know where we stood in relation to the onscreen goings-on. Season Two was a freight train, but there was Why you didn’ t lik e Dollhouse  —  46


something awfully comforting about knowing we’d stay on the tracks. The Dollhouse is, among other things, a whorehouse in which »informed consent« is a sick joke (not for nothing was Dollhouse’s fan discourse studded with the word rape), yet it was also the most peaceful and reassuring location and institution on the show. Whedon et al. kept us focused on that unbelievably seedy and uncomfortable setup throughout Season One, but Season Two arrayed fans and onscreen subjects along simpler lines: heroes who wanted to Do Good and villains who plotted Evil Mind Control. Yeah there were complications (the magnificent Fran Kranz!), but as the narrative pace picked up and the thorny cod-neurology and inky metaphysics started to get left behind, what remained was good and bad arrayed against each other.

strate. At his best, he’s one of the best hourlong dramatists ever to write for TV; this point is beyond disputation. But with Dollhouse’s first season (and Dr. Horrible, and even issue #5 of the Buffy Season 8 comic, come to think of it) something happened to the Jossverse: the darkness that’s always been part of his worldview shadowed even the bright genre lines to which his fans have long been accustomed. It was messy, and occasionally catastrophically lame, but the best moments of Dollhouse Season One (e.g. »Man on the Street«) were just blinding. Season Two was thrilling, complex, creepy, bitter, cynical, optimistic... it was a Joss show. By almost every standard it was »better TV« than Season One.

Joss Whedon has always been a moralist; that’s cool with me. (They’re fine morals.) His writing has gotten more serious with time, more morally complex, more ambivalent, and far darker – and his early TV stuff wasn’t exactly hugs’n’puppies, as »The Pack« and »Lie to Me« handily demon-

Which is to say, maybe, that even simple pleasures are complicated, and nothing’s more complicated than getting exactly what you want – which is a lesson I learned on TV, this one show that a couple dozen people watched, let me tell you all about it, you’ll just die.

(Therefore) I liked it better than Season One, and that makes me a little sad.

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The Dollhouse is real: Epitaph Noch eine Hommage an Dollhouse Von Gerhard Hütter und Marko Markovic

Dollhouse ist eine Geschichte über das Geschichtenerzählen und das schöpferische und zerstörerische Potential ihrer Autoren. Topher ist Joss Whedon selbst, der mit der Unschuld eines Kindes Spielgefährten für reiche, privilegierte Kunden (also auch: uns) entwirft, und nur langsam die Konsequenzen seiner Handlungen realisiert. Der Stuhl ist sein Medium, das gegen Ende von Staffel 1 selbst zu einem narrativen Instrument der Erzählung wird, indem er uns in Flashbacks einzelner Erinnerungen erzählt, wie es denn so weit kommen konnte. Der Stuhl

ist das Serielle, die technologisch-kulturelle Bedingung dieser Konstruktion von Narrativen, Charakteren und Begehren. In all ihrer Selbstreflexivität gehen bereits die frühen Folgen relativ geschickt an die Sache ran: Popsternchen als konstruierte factory girls und Pioniere der Selbstdisziplierung (1x03 »Stage Fright«); Echo selbst wird uns nur mit ständigem Verweis auf Kameras und mediale Positionierung präsentiert (der erste Shot der Show ist aus der Perspektive einer Überwachungskamera gedreht); und am Ende des Piloten sehen The Dollhouse is real: Epitaph  —  4 8


wir begierig – wie Alpha – Echo beim »doing everything« (nice pun) zu. Paul sieht fünf ganze Folgen lang nur Footage von Echo, nie Echo. Eine andere Ebene tut sich bereits im Piloten auf: Das Dollhouse ist ein verwunschenes Schloss und die Show ein Märchen, und solche werden auch des öfteren in Staffel 1 beliehen, um uns daran zu erinnern, dass Actives als Menschen eben auch Kinder sind. Märchen programmieren und steu-

ern ihren Subjektwerdungsprozess: Was ist gut, was ist böse? Wer sind die Helden, wer sind die Opfer? Märchen codieren die Narrative der Urdichotomien, und wir alle sind bereits programmiert, cultivated, liberalized – was ein viel spannenderer Punkt ist, als »Companys are bad.«, was die Show (und Whedon) natürlich auch jederzeit bringt. Geschickt verstrickt uns der erste Teil der Geschichte in einen Strudel moralischer Problemstellungen und The Dollhouse is real: Epitaph  —  49


verweigert die letztliche Auflösung in Gut/Böse-Dualismen bis weit in die zweite Staffel hinein.

people better« übt. (Dollhouse denkt in diesem Punkt Serenity weiter, nur eben als Prequel.)

Das Dollhouse als Ganzes repräsentiert Technologie an sich, im utopischen Moment der Einlösung ihrer teleologischen Ausrichtung auf die eigene Überwindung, als grüne Symbiose von Technik und Natur, die radikal zu Ende gedachte MenschMaschinen-Verschmelzung, die Technologisierung des Körpers, in der Neurowissenschaft und Softwareentwicklung fließend ineinander übergehen, corporate shit mit starker Militäranbindung, kapitalisiert mittels Porn. Hallo, Internet. Dass das Dollhouse als Verschwörungstheorie natürlich auch paranoide Ängste formuliert (Gehirnwäsche, Sleeper, versteckte Kommunisten und Infiltration sind seit jeher Tropen der US-amerikanischen Paranoia), ist insofern bemerkenswert, weil es diese Ideen zurückbindet an höchst realen sozialen Horror der Unterwerfung, des Missbrauchs und der Ausbeutung. Als pharmaindustrielles Phänomen ist das Dollhouse Experte in »giving people what they need«, indem es sich im – wie es Mal Reynolds sagen würde – »making

Es erlaubt den Klienten die Erfüllung abseitigster Wüsche, »something perfect« zu finden, erfahrbar zu machen, was ansonsten der Imagination vorbehalten bleibt. Den Actives wird mittels Drogen sogar erlaubt, ihre eigenen Begehren kurz auszuleben – nur um zu beweisen, dass die Illusion des Außen längst verloren und die suggerierte Freiheit nur systemerhaltende Funktion ist. Hallo, Adorno. Die Dialektik dieses Problems ist in 1x07 »Echoes« angelegt, wenn wir sehen, dass die Actives unter Drogeneinfluss anfangen zu glitchen, und zwar nicht nur Echo, die als Hauptfigur immer schon »special« und »chosen« ist, sondern eben auch die anderen Actives wie Victor und Sierra. Der Glitch als destabilisierende Anomalie birgt als Trigger des Bewusstwerdens zwar Fluchtlinien, ist aber immer schon als Bedingung des Systems angelegt. Die schöne Performativitätsandeutung in 1x08 »Needs« führt nur allzu anschaulich vor, dass die Fähigkeit zum Widerständischen in jedem Moment gegeben, wenn nicht sogar erlaubt und erwünscht ist. The Dollhouse is real: Epitaph  —  50


Wie der Glitch aber kodiert ist, variiert enorm. Bei Echo finden wir sowohl klassische McGuffins, wie auch (ebenso bei Alpha) seelenessentialistische Begründungen, woanders hält die Liebe als machtvoller emanzipatorischer Auslöser her. Der Glitch ist dabei sowohl transhumanistisches Modell (wenn z.B. mittels Transformation von Echo in Omega sowie Alphas composite event die Idee einer neuen Überrasse angedacht wird... Hallo, Buffy Season 8), das die Fähigkeit, fragmentierten Identitäten durch Multiplikation zu neuer Kohärenz und Handlungsfähigkeit zu verhelfen, im Positiven wie im Negativen weiterdenkt, als auch ein konservativ-republikanisches, wenn die ewige Whedon-Trope der individuellen Freiheit, der Emanzipation vom qua technologischer Überlegenheit durchgesetzten Gewaltmonopol durch das heroische Subjekt als desireable outcome postuliert wird. (Die Nietzsche vs. Spinoza-Debatte ist natürlich ähnlich spannend wie z.B. Sylar vs. Peter Petrelli.) Eine transhumanistische Cyborg-Story ist Dollhouse allein deswegen, weil es um eine effektive Verschmelzung und Undistinguierbarkeit von Technik und Mensch geht, eine konservative amerikanische Erzählung allein

deswegen, weil es eine Befreiungs-, Helden- und Lovestory ist. Echo ist auf dem Weg zur Entfaltung ihres vollen Potentials, »her best«, auch immer im Spannungsfeld ihrer Ur-Identität Caroline gefangen. Die CarolineEcho-Omega-Beziehung ruft etwa V for Vendetta in Erinnerung, wo ein revolutionäres Subjekt ebenfalls, gestählt durch Leid und im Schmerz, Stärke gewinnt: Die Handlungsfähigkeit, die Restidee des verschütteten bürgerlichen, politischen Subjekts, kommt erst im Zuge seiner heroischen Selbsterhebung aus dem Staub der unerträglichen Umstände zu seinem Recht und zu einem neuen Namen. Aber muss das so sein? Wie machen wir uns als Rezipienten schuldig, wenn wir Echo in ihrer Entwicklung zu Omega zusehen wollen, und wir genau wissen, was dazu notwendig ist: Dass sie noch weitere Persönlichkeitsfragmente und Erinnerungen in sich reingeladen bekommen muss, dass sie, sei es vergewaltigt, sei es prostituiert wird, und dass ihr das alles irgendwann ins Bewusstsein tritt. Ab der zweiten Folge (1x02 »The Target«) lautet Echos grundlegendes Programm »shoulder to the wheel«. Dagegenhalten kann man The Dollhouse is real: Epitaph  —  51


nur, dass Echo aus der klassischen geschundenen SuperheldenExistenz austritt, wenn sie bewusst für das Dollhouse arbeitet und eine Komplizenschaft eingeht, wenn sie ihre Befreiung als einen klassisch performativen Akt definiert, der nicht umhinkommt die strukturelle Unterdrückung zu zitieren, um ihre Wiederholung umzudeuten und ihren Herrensignifikanten »Echo« zu zerstören und fortan »Omega« zu buchstabieren. Dollhouse beschreibt dahingehend in bester Butler-Manier, dass man die Widerwärtigkeit der Welt nicht zensieren darf, da die widerständigen

Momente in eben der perlokutionären Möglichkeit liegen, dass Unterdrückung wie jede andere Handlung scheitern und resignifiziert werden kann und muss. Dollhouse wirft so die Frage auf, wie kohärente Subjekte überhaupt erst hergestellt werden können im leistungsorientierten Spezialisierungsdogma und der stets befohlenen Arbeit am Selbst sowie zur Erfüllung induzierter Begehren. Mit Alpha wird dabei ein Charakter eingeführt, der uns an die Schattenseite von Echos Genese erinnern soll. Die Kernfrage, die The Dollhouse is real: Epitaph  —  52


die Serie an der Stelle halbherzig beantwortet, ist, ob es einen essentialistischen menschlichen Kern, eine Seele gibt, die sich dem Zugriff der Programme der Identität entzieht. Wirkt die halbherzige Pauschalantwort in Staffel 1 noch recht antiquiert, tritt Echo später als »born leader« auf, die z.B. nicht nur in der Lage ist, Actives und Handler um sich herum zu führen, sondern auch die dutzenden Persönlichkeiten in ihrem Kopf. Die Essenz des Subjekts wird damit weniger als Seele beschrieben, sondern meint die Fähigkeit, die unterschiedlichen Rollen in check zu halten und neu zusammenzusetzen, selbst am Drücker zu sein, wenn der Schalter kippt. Sogar die essentialistische Antwort der Liebe wird dabei zum Quellcode des Lebens und so zur neurologischen Rippe, aus der Individuen geformt werden.

sen« (so sehr sie auch in Season 8 hinterfragt wird) findet sich nicht im Vokabular von Dollhouse.)

Dollhouse ist dabei eben auch mehr als alle anderen WhedonWerke Science-Fiction. Es gibt keine emanzipatorische Message, die dem Publikum die Hand reicht und Erlösung verspricht, es ist einfach nur eine düstere Erzählung über die Radikalisierung von Verhältnissen, die schon längst Realität sind. (Die Katharsis von Buffy 7x22 »Cho-

Die Ablegung des freien Willens, die beim Eintritt ins Dollhouse passiert, begleitet das Ablegen der Verantwortung für das eigene Handeln und aller Konsequenzen, gleich ab der allerersten Szene der Serie. Die Frage, wie es einer Gesellschaft passieren kann, dass ein solcher Handel als tatsächlicher Payoff gedeutet wird, ist die Ebene, auf der wir beginnen mit Actives

Geht es in Dollhouse explizit um rape culture oder Prostitution? Die Serie kodiert den Ort, an dem Begehren erzeugt und befriedigt werden, als den Ort der Unterdrückung (auch von Begehren) schlechthin. Das Outlet für die dark fantasies der Privilegierten ist der Albtraum ihrer Erfüllungsgehilfen: Ein High-Tech Puff, das sich legitimiert durch den Anspruch, »auch gutes« zu tun: »We’re pimps and killers, but in a philanthropic way«, um es mit Boyd zu sagen. Ein Bordell, das »more believebale hookers« bieten soll, und nicht davor zurückscheut, zur Befriedigung der Begehren der einen die völlige Unterwerfung der anderen zu erzwingen.

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überhaupt zu sympathisieren: Wir können mit Echo fiebern, in der Hoffnung, dass sie Wille und Verantwortung zurückerobert und aus dem Scheißdeal aussteigt. Wir sehen den ent- und ermächtigenden Effekt vom Eintritt ins Dollhouse aber auch an anderen Charakteren, die explizit als Agenten des »Außen« kodiert sind, und nach und nach die Direktionalität dieses Systems freilegen: Du kannst nur rein, nicht raus. Du kannst nur zum Klienten, Mitarbeiter, Active werden. Los wirst du diese Marker nie. Ist Dollhouse kulturpessimistische Dystopie? Es zieht Analogien zur Wasserstoffbombe, der technischen Realisierbarkeit von unvorstellbarem Grauen, das Paradigmenwechsel (Apokalypse) einläutet, die kein Zurück kennen. Das Spiel hat sich gewandelt, und ja, es geht um alles. Aber muss die Bombe denn wirklich abgeworfen werden? Verkauft uns die Show ihren Schrecken mit den mildernden »guten« Engagements, die moralisch okay und sogar nützlich wirken können? Und warum jubeln wir ziemlich bald für Echo, für Omega, aber nicht unbedingt für das authentische Subjekt Caroline? Warum verbessert Technologie die Lebensverhältnisse nicht,

wurde sie nicht deshalb erdacht? Man kann natürlich Whedon auch, wenn man ihm Unrecht tun will, kontrarevolutionär lesen, und sagen, dass Dollhouse das liberale, wissenschaftlich unterfütterte Dogma »let’s make people better« als die faschistoide Fantasie schlechthin darstellt. Konservative hätten kein Problem mit dieser Lesart der Show, und es wäre auch nicht das erste Mal, dass Whedon zutiefst amerikanische und zutiefst konservative Ideen formuliert (Firefly und Serenity werden z.B. auch problemlos von konservativen Cowboy-Fans mit Zentralismusangst und Freedom-Fetisch umjubelt). Aber wie gesagt, im Zitieren selber liegt die transformatorische Macht der Performanz: Es gibt kein Außen, und wer über die Sachen reden möchte, die Dollhouse zu so einem vertrackten Meisterwerk machen, muss sich zwangsweise die Hände schmutzig machen. Seien es fundamentalistische Befreiungsideen, freier Wille, »found family«-Tropen oder amerikanische Gründungsmythen: Sie alle sind Teil der an Feminismus und Identitätspolitik seit jeher geschulten Welt, und sie alle werden in ihrem Wechselspiel miteinander betrachtet. Eine Verschränkung, die Whedon bisher noch nie so The Dollhouse is real: Epitaph  —  54


vielschichtig dargestellt hat. Verweisen die posthumanen Grundannahmen von Dollhouse auf ein Jenseits der Menschheit? Sind Actives Vampire? Sie ernähren sich von Erinnerungen und Leben anderer Leute, aber das Dämonische in ihnen ist die Technologie – the Magicks – die das erlaubt. Der Stuhl wird mehrmals in Staffel 1 als Tor zum Afterlife genutzt, der die Verbindung zum Jenseits herstellt und Seancen erlaubt. Dollhouse stellt relativ bald klar, dass damit auch das Ende der Menschheit eingeläutet wird, was narrativ wunderbar daher kommt, aber thematisch die zentrale Frage von Boyd umgeht, die lautet: Was für eine Moral können wir uns noch erlauben, wenn wir den Tod überwinden? Ohne Todesangst, wovor sollen wir uns noch zurückhalten? Es gibt nur noch »actions without consequences«, die uns Adelle vom ersten Dialog der Serie an als größtmögliche Freiheit – als Konsequenz totaler Unterwerfung – verkauft. Die folgenlose Affäre, die Freiheit zu tun, was du willst, ohne dich mit Konsequenzen und Erinnerungen belasten zu müssen, das alles sind zentrale Versprechen zügellosen Begehrens, die das Dollhouse seinen Kandidaten und Klienten einlöst.

Dollhouse ist SF, ja, aber Whedon hat immer schon phantastische Plots entfaltet, um höchst reale Minenfelder zu beschreiten. Was ist das Scharnier, das diese Verschränkung von Alltäglichem und Phantastischen immer wieder herstellt? Dollhouse spricht in Metaphern, man kann aber auch von einem blanken Verwörtlichungsprozess sprechen. Die phantastischen Tropen sind der Stoff, aus dem die wörtlich gemeinten plot devices gemacht sind: Die Schule ist tatsächlich die Hölle, genauso wie Menschen tatsächlich in einer post-ideologischen, kapitalistischen Welt ohne Außen leben, in der sich alle in spezialisierten Produktionszusammenhängen prostituieren, ausbeuten und ausbeuten lassen, und in wenig luzider Verfassung versuchen, ihr Bestes zu geben, um zu bekommen, was sie brauchen. Dass wir als Publikum mit Adelles Motto, »It’s not about giving people what they want, it’s about giving them what they need.«, das Whedon selbst äußerte, als er BtVS-Heldin Tara für uns opferte, mitgemeint sind in dieser apokalyptischen Wunschmaschine namens Dollhouse, hat uns vollends überzeugt: »The Dollhouse is real. « -- Echo The Dollhouse is real: Epitaph  —  55


Favorites Ausgewählt von Luka Anic, Thomas Heymann, Wally Holland, Gerhard Hütter, Christian Krisper, Katja Krüger, Marko Markovic, Janis Lena Meißner, Pointy und Cornelia Schadler. Text von Marko.

1. The Attic (2x10) In gewisser Weise ist es wirklich die Signatur der Show. »The Attic« löste ein Versprechen, mehr eine Drohung, ein, die seit Anbeginn der Serie über den Köpfen unserer Charaktere schwebte, und zeigte uns, wovor sie (und wir) wirklich alle Angst haben. Wie in Buffys »Restless« werden dabei Genres im Minutentakt durchdekliniert, ohne jemals der Frage auszuweichen, was genau unser aller Rolle in diesem multi-sensorischen, hyperrealistischen Horror-Kino für bad dolls ist. We just have to enjoy ourselves. Und nebenbei besuchen wir die »Epitaph One«-Welt, lernen Tonnen über Rossum und schauen John Cassaday (siehe Hommage #11) bei seinem Regiedebüt zu, das uns visuell wohl als die schönste Dollhouse-Folge ever in Erinnerung bleiben wird.

2. Epitaph One (1x13) Man kann über viele Folgen in Staffel 1 sagen, dass sie die Show auf »ein neues Level« gehoben haben, aber keine tat das wohl so sehr wie »Epitaph One«. Als (nie im US-Fernsehen ausgestrahlte) Coda zur ersten Staffel, als DVDBonusfeature war diese Folge nicht nur maßgeblich daran beteiligt, dass Fox eine zweite Staffel überhaupt wollte, nein, sie hat auch uns als Zuseher die Hand gereicht und gesagt: In case you didn’t notice... everything’s going to be alright. Zusätzlich noch Felicia Day, Jed & Maurissas »Remains« als Soundtrack, Backstory, Future Story, Apokalypse und Topher’s »I know what I know«, und plötzlich war Dollhouse eine Show, in der es um verdammt viel ging. ..Favorites  —  56..


3. Belonging (2x04) Das macht dann 3 von 3 für das Lebens- und Schreibselduo Jed Whedon und Maurissa Tancharoen. In »Belonging« wird die Düsterheit der zweiten Staffel erstmals felsenfest etabliert, und wir sehen mit Sierras Backstory nicht nur das volle Ausmaß des Ekels, den das Dollhouse als Institution darstellt, sondern auch wie fatal es sein kann, ihn zu überwinden. Außerdem fängt hier Tophers Reise an, die schönste Lovestory der ganzen Show setzt ihr erstes großes Statement und Jonathan »Riker« Frakes dreht diesen einen Shot, in dem Sierra vor ihrem Gemälde aufsteht, der uns noch jedes Mal den Atem gestockt hat.

4. Man on The Street (1x06) Joss selbst nimmt es erstmals in die Hand, einen Nicht-Piloten zu schreiben, und »Man on The Street«, als eine Zwischenstation dieser ersten Staffel, bombardierte uns mit Türen als Sinnbilder des vollzogenen game-changing. The Dollhouse is real. Außerdem treffen Paul und Echo erstmals aufeinander, während Adelle von Blumen in Vasen spricht. Patton Oswalt dabei zu haben schadet auch nie. Und die Interviews, die die Bandbreite an (auch Fan-)Reaktionen bezüglich der Idee eines Dollhouses aufzeigen, waren Joss‘ erster narrativer Meilenstein in dieser Show.

5. A Spy in The House of Love (1x09) Die erste Folge, die wirklich durch Genres durchhopst, als ob sie Puppenspielzeug wären, verbindet alles wunderbar zu einem Knoten, den Echo löst, indem sie Topher zurechtargumentiert, Dominic bei der Gurgel packt und Adelle die Rechnung für das schöne Wörtchen »Trust« präsentiert. Außerdem die Folge, in der Paul zum Klienten wird, und Verschwörungstheorien zu brodeln beginnen. Und während Ms. Lonelyhearts ihren Roger verliert, sagt Dom zu Echo: »One day you’ll be erasing them. And even after all this, they still won’t see it coming.« ..Favorites  —  57..


Impressum Hauptquartier: Aegidigasse 5/12 1060 Wien, Österreich Homepage: www.hommage.at Kilo: Katja Krüger Tango: Thomas Heymann Mike: Marko Markovic MitarbeiterInnen: Luka Anic / Wally Holland / Gerhard Hütter / Christian Krisper / Janis Lena Meißner / Pointy / Cornelia Schadler / Stefanie Schrank Bildnachweise: Cover: Stefanie Schrank / S.7, 10-11, 15, 18-19, 23, 35, 40-41, 44-45, 48-49, 52: © 20th Century Fox / S.29: © flickr.com/people/veik11 / (Innenseite) Backcover: Stefanie Schrank Abos gibts auf www.hommage.at

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