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Ausgabe 21 | Oktober 2016

Bremens freies Unimagazin

Beleuchtet: PCB Fund im GW1

Bremer Gesichter: Corinna Gerhards 10 Tipps fĂźr Vorlesungen

Bloggerprojekte im Rampenlicht


INHALT KURZMELDUNGEN BELEUCHTET

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PCB im GW1: Verunsicherungen über Schadstoffe in Uni-Raumluft

CAMPUSLEBEN 10 Tipps für Vorlesungen Bremen - Kiew - Nikolajew - Odessa Model European Union Studentische Initiativen an der Universität Bremen How to: Student Praktikum mit Erasmus - So geht‘s!

BREMEN

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Bremer Gesichter: Corinna Gerhards Ein wildes Pikachu erscheint... und keinen interessiert‘s Musik und Licht am Hollersee

FEUILLETON

Theater in Wien: Rette sich, wer kann! Gewalt, Islam und die Grundwerte menschlicher Freiheit Vier empfehlenswerte Blogger-Projekte Im Interview: Ira Atari 3 Tipps für unterhaltsame Stunden

IMPRESSUM

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EDITORIAL

Liebe Kommilitoninnen, liebe Kommilitonen! Die Tage werden kürzer, das Laub an den Bäumen bunter und der Campus lebt wieder auf: Herzlich Willkommen (zurück) an der Uni Bremen! Wir haben euch in dieser Ausgabe eine bunte Mischung an Themen zusammengestellt, sodass StudienanfängerInnen und alte Uni-Hasen gemeinsam bei einer heißen Tasse Tee schmökern können. Neben zehn Tipps, wie ihr eine Vorlesung sinnvoll nutzen könnt, haben wir allen Neulingen eine kleine Starthilfe in Form eines „How-to: Student“ zusammengestellt. Für diejenigen, die sich an der Uni schon besser auskennen, stellen wir eine Reihe von Initiativen am Campus vor und verraten, wie auch ihr euch engagieren könnt. Aber wo ist denn die Hochschulpolitik im Magazin geblieben? Wer in den letzten Wochen auf unsere Website geschaut hat, weiß bereits, dass wir in Zukunft das weite Feld der Hochschulpolitik

und andere spannende Themen im neuen Ressort Beleuchtet unter die Lupe nehmen möchten. Ein besonders spannendes Thema am Bremer Campus ist aktuell die PCB-Belastung im GW1. Wir haben die Hintergründe für euch genauer beleuchtet. Die Bremerin Corinna Gerhards ist kein unbeschriebenes Blatt an unserer Uni. In einem lebhaften Portrait stellen wir euch die Drehbuchautorin und ihre vielfältige Arbeit näher vor. Im Feuilleton kommen wir vom Drehbuch zu Filmen, Theater und Videospielen. Außerdem haben wir vier empfehlenswerte Blogger-Projekte ins Rampenlicht gerückt und lassen die Band Ira Atari in einem Interview über Teamwork und kritische Songtexte zu Wort kommen. Wir wünschen euch viel Spaß beim digitalen Blättern und freuen uns auf ein lebendiges Semester, voll mit spannenden Seminaren und Begegnungen!

Pia Zarsteck

Annette Bögelsack

Bei Fragen, Anregungen oder Kritik erreicht Ihr uns unter: - scheinwerfer@uni-bremen.de - www.facebook.com/scheinwerfer.bremens

Weitere Artikel und aktuelle Themen findet Ihr auch hier: www.scheinwerfer.uni-bremen.de

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Kurzmeldungen CAMPUS PREIS für Nachhaltigkeit

Landesweites Semesterticket voraussichtlich ab WiSe 2017/18

Noch bis zum 31. Oktober können Doktor- und Masterarbeiten für den „CAMPUS PREIS: Forschen für nachhaltige Zukunft“ vorgeschlagen werden. Die Arbeiten müssen sich mit der nachhaltigen Nutzung von Ressourcen und dem Schutz der Umwelt, des Klimas und der Meere beschäftigen und nachhaltige Forschung voranbringen. „Ausschlaggebend für die Preisvergabe ist ein Forschungsansatz ‚auf Augenhöhe aller am Vorhaben Beteiligten sowie die Einbeziehung von lokalen Partnern, Unternehmen oder der Zivilgesellschaft“, konkretisieren die Preisstifter. Die eingereichten Arbeiten müssen innerhalb der vergangenen zwei Jahre erstellt worden sein. Ins Leben gerufen wurde der Preis von der Kellner & Stoll-Stiftung für Klima und Umwelt, dem Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie und der Universität Bremen. Er soll jährlich vergeben werden und ist mit 2.000 Euro dotiert. Das Preisgeld wird unter anderem von den Bremer Unternehmen REETEC und ADLER Solar gesponsert. Ausführliche Informationen sowie die Voraussetzungen für die Teilnahme finden sich auf www.campuspreis.de.

Derzeit verhandeln die ASten und Studierendenvertretungen in Niedersachsen und Bremen sowie die VekehrsLandesAstenKonferenz (VLAK) mit den Eisenbahnunternehmen über ein landesweites Semesterticket. Voraussichtlich ab dem WiSe 2018/19 würden die Studierenden aller Hochschulen in Niedersachsen und Bremen dann mit dem gleichen Ticket unterwegs sein, das in den Regionalzügen in ganz Niedersachen und teilweise noch weiter hinaus bis u.a. nach Lübeck, Magdeburg, Kassel, Paderborn und Münster gültig sein soll. Ein Vorteil des landesweiten Semestertickets ist die Berechenbarkeit der Preisentwicklung. Der notorische Anstieg des Semesterbeitrags an der Uni Bremen wird momentan hauptsächlich durch Preiserhöhungen beim Semesterticket verursacht. Als Nachteil könnte gewertet werden, dass der Preis dann zunächst um 20 bis 35 Euro gegenüber dem jetzigen Ticketpreis von knapp 167 Euro zum WiSe 2016/17 ansteigen wird. Bislang fielen die Abstimmungsergebnisse durchweg positiv zu Gunsten des landesweiten Tickets aus: Am wenigsten Zuspruch kam aus Göttingen, wo immerhin 68,5% der der Teilnehmenden für das Ticket stimmten. Den Rekord hält die Hochschule für Bildende Künste in Brauchschweig mit 97% Ja-Stimmen. Weitere Infos gibt es auf www.dein-semesterticket.de.

AG Refugees Welcome arbeitet unermüdlich weiter © Refugees Welcome

Seit über einem Jahr engagieren sich die Studierenden der Initiative AG Refugees Welcome für Geflüchtete und stellen damit ein umfangreiches Angebot von Deutschkursen, Computerkursen und Sportaktivitäten bis hin zu einem Kulturprogramm mit Kunstatelier und Chor auf die Beine. Im Dezember letzen Jahres wurde die Studierendeninitiative sogar von der Universität und dem Verein der „unifreunde“ für zivilgesellschaftliches Engagement ausgezeichnet. Der Preis war mit 1.000 Euro dotiert. Wer mitmachen und die AG unterstützen möchte, meldet sich am besten vorab über die Facebook-Seite @RefugeesWelcomeUniBremen oder beim regelmäßig stattfindenden Plenum montags um 12 Uhr auf der AStA-Etage. Da es bei dem Termin kurzfristige Änderungen geben kann, schaut am besten vorher auf Facebook nach Neuigkeiten. Am 11. und 12. November veranstaltet die AG in Kooperation mit dem Bunker außerdem ein Festival: Am Freitag geht es in den Bunker, am Samstag findet das Programm im Souterrain neben dem Theatersaal unter der Mensa an der Uni Bremen statt. 4


Kurzmeldungen Brexit

Durchblick im GW2-Labyrinth

Bereits einige Wochen vor dem Referendum zum EU-Austritt Großbritanniens am 23. Juni hatten sich die deutsche Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und eine Delegation des britischen Pendants Universities UK (UUK) in Berlin getroffen. UUK-Präsidentin Prof. Dame Julia Goodfellow betonte, dass die Zusammenarbeit aufrecht erhalten werden müsse, nicht nur weil Studierende und Wissenschaftler*innen durch den Austausch Fähigkeiten und Kenntnisse ausbauen, sondern so auch ein besseres Verständnis für Menschen und Kulturen aufbauen könnten. Nach dem Votum befand HRK-Präsident Prof. Dr. Horst Hippler, dass die Konsequenzen des EU-Austritts sowohl die britischen Universitäten als auch den gesamten europäischen Hochschulund Forschungsraum schwer treffen würden. Weiterhin versicherte er jedoch: „Wir werden alles tun, um die Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen in Großbritannien, Deutschland und der gesamten EU möglichst unvermindert fortzusetzen.“ Durch Abkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich solle in absehbarer Zeit wieder eine Basis für Kooperation geschaffen und die nötige Förderung gesichert werden. Als erste Maßnahme veröffentlichten die Rektorenkonferenzen von 24 europäischen Ländern einschließlich Großbritanniens ein Papier, in dem sie die Wichtigkeit der EU als Grundlage einer europäischen Wissensgesellschaft aufzeigen.

Pünktlich zum Semesterstart bekommt das GW2 ein neues Wegeleitsystem, damit sich künftig niemand mehr verlaufen muss. Dazu wurden die Übersichtstafeln im Eingangsbereich und auf den Ebenen im Treppenhaus sowie die Wegweiser überall im Gebäude erneuert. Initiiert wurde dies von der Verwaltung des FB10.

© Alexandra Kind

Eure Meinung ist gefragt!

Ende September wurden überall im GW2 wie hier im Eingangsbereich die Übersichtstafeln erneuert und warten auf ihre Beschriftung.

Was denkt ihr als Studierende über die Entscheidung Großbritanniens zum EU-Austritt? Mailt uns eure Sorgen und Kommentare an beleuchtet.scheinwerfer@uni-bremen.de

Die alte Beschilderung hat bei Generationen von Studierenden für Verwirrung gesorgt. Deshalb freuen sich besonders die Studierendenvertretungen des FB10: „Unser Job besteht im Semester zu 50% daraus, Studierenden den Weg zu irgendwelchen Büros von Dozierenden oder zu den Postfächern zu zeigen“, sagt Annemieke vom StugA English-Speaking Cultures scherzhaft, denn das GW2 ist berühmt berüchtigt für seine labyrinthartige Aufteilung. Räume sind nicht dort, wo sie sein sollten, und obendrein führten die Wegweiser bislang häufig in die falsche Richtung. Hoffentlich kann die neue Beschilderung den Weg durch das Labyrinth bahnen. 5


BELEUCHTET

PCB im GW1: Verunsicherung über Schadstoffe in Uni-Raumluft Letztes Jahr wurde die Luft im GW1 auf Spuren von Schadstoffen der Gruppe PCB gemessen. Dabei kam heraus, dass die Blöcke A, B und C stärker belastet sind, als sie es sein sollten. Auch das NW1 sowie vereinzelte Büros in anderen Gebäuden des Campus sind betroffen. Grund zur Panik gibt es aber nicht. Ein Überblick zur PCB-Thematik an der Uni Bremen

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o einiges, was in den 1970ern Jahren noch auf dem Bau verwendet werden durfte, ist mittlerweile völkerrechtlich verboten. Beispielsweise PCB oder Polychlorierte Biphenyle, eine der zwölf Schadstoffgruppen des „Dreckigen Dutzend“, dessen Herstellung und Verwendung seit 2004 mit dem Inkrafttreten des Stockholmer Übereinkommens über persistente organische Schadstoffe (auch POP-Konvention; Persistent Organic Pollutants) verboten ist. Was bisher geschah: Pilotsanierungen im GW1 Bevor die Unileitung mit den geplanten Umbauarbeiten am GW1 beginnen konnte, mussten im Frühjahr 2015 zunächst Materialproben entnommen und untersucht werden. Denn das Gebäude stammt aus den 1970ern und bereits seit den 90ern bestand bei Gebäuden dieser Bauart der Verdacht, dass bei der Errichtung Schadstoffe benutzt wurden. Die Tests ergaben, dass die Fugendichtmassen an den Säulen des GW1 sogenannte PCB enthalten. Da die Schadstoffe nicht in den Wänden verbleiben sondern in die Luft abgegeben werden, führte man punktuell Messungen durch. Herauskam, dass die Konzentration von PCB in der Raumluft des GW1 höher ist, als es der gültige Richtwert von 300 Nanogramm (ng) pro Kubikmeter erlaubt. Erste Sanierungsmaßnahmen zeigten, dass die Schadstoffe jedoch nicht nur aus den Wänden kommen, sondern sich teilweise auch in Bodenbelägen und an Wänden festgesetzt hatten und von dort aus in die Luft gelangen. In Pilotsanierungen einzelner Räume wurden verschiedene Verfahren getestet, bei denen die Fugendichtmassen (die elastische Masse zwischen zwei Bauteilen) aus den Wänden entfernt, die Fugenflanken (die Oberflächen der Bauteile, an denen die Fugendichtmasse haftet) mit PCB-Sperranstrich beschichtet und die Fugen neu gefüllt wurden, um die PCB-Belastung auf ein tolerierbares Niveau zu senken. Außerdem mussten teilweise der Bodenbelag erneuert und die Wände mit PCB-Sperranstrich beschichtet werden. Als temporäre Maßnahme zur Senkung der PCB-Konzentration bis zum Beginn der Sanierungsarbeiten im Frühjahr 2017 hat sich das Abkleben der Fugenmassen in betroffenen Räumen bewährt. Was sind PCB? Allgemeine Infos sind schnell ergoogelt, das Umweltbundesministerium klärt verlässlich auf. Doch will man genauere Daten dazu, wie sich PCB in der Atemluft auf den Menschen

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auswirkt, wird die Informationslage entweder dünn oder nicht vertrauenswürdig. Wir haben Material des Umweltbundesamtes, des Bremer Gesundheitsamtes und des Bundesinstituts für Risikobewertung gesichtet und erklären allgemein Wissenswertes über die Schadstoffe und was ihr im Falle der Belastung des GW1 wissen solltet. Die Abkürzung PCB beschreibt die Substanzgruppe der Polychlorierten Biphenyle, bei denen es sich um Moleküle aus zwei Phenylgruppen – bestehend aus Kohlenstoff- und Wasserstoffatomen – handelt, an die sich bis zu zehn Chloratome setzen können. Insgesamt gibt es 209 Formen oder Kongenere von PCB, die durch verschiedene Anzahlen von Chloratomen und deren Stellungen unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. Allgemein sind die mit weniger Chloratomen bestückten PCB weniger schädlich als die höherchlorierten. PCB sind nur schwer entflammbar, haben eine geringe elektrische Leifähigkeit und sind widerstandsfähig, weshalb sie in den 1960er und 70er Jahren vorwiegend im Bau als Weichmacher in Fugendichtmassen und als Flammschutzmittel in Anstrichen oder Beschichtungen beigemischt wurden. Laut eines Berichts der AG Innenraumluft Bremen von 2006 wurden PCB bis 1975 auf Baustellen in großen Mengen und ohne Dokumentation den Fugendichtmassen beigemischt um deren Elastizität zu erhöhen. Bereits 1978 erfolgten allerdings stufenweise Einschränkungen des Gebrauchs von PCB in allen Anwendungsbereichen. In den 1990er Jahren wurden alle PCB-Quellen, die mit relativ geringem Aufwand beseitigt werden konnten (z.B. Transformator-Öle und PCB-haltige Leuchtstoffkondensatoren), aus den Gebäuden der Universität entfernt. Seit 2004 sind die Verwendung und die Produktion von PCB durch die POP-Konvention verboten. Aufgrund ihrer Langlebigkeit reichern sich hochchlorierte PCB jedoch in der Nahrungskette an: Über das Abwasser oder andere Wege gelangen PCB auf Wiesen aoder ins Meer, wo sie von Weidetieren und Fischen aufgenommen werden. Daher stammen etwa 90% der PCB, die der Mensch aufnimmt, aus Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch und Molkereiprodukten. Die restlichen 10% der PCB, die in menschlichen Fettproben gefunden wurden, sind niedrigchlorierte PCB, wie sie in der Luft, z.B. im GW1, vermehrt vorkommen können.


BELEUCHTET

© Alexandra Kind

Gesundheitliche Folgen: keine eindeutigen Infos Bei der Herstellung von PCB entstehen bis zu 140 der möglichen Formen, weshalb industriell genutzte Stoffe immer PCB-Gemische beinhalten. Da es zu aufwändig wäre, eine Luftprobe nach allen 209 Kongeneren zu untersuchen, wird die Luft auf gewisse, niedrigchlorierte Indikator-PCB überprüft. Eindeutige Informationen zur Wirkung dieser niedrigchlorierten PCB, die vom Menschen vor allem über die Luft aufgenommen werden, gibt es nicht. Eine Quelle weist darauf hin, dass die Zerfallsprodukte niedrigchlorierter PCB schädlicher sind als die der höherchlorierten. Andere konstatieren, dass die Menge an PCB, die über die Luft aufgenommen werden, sowie deren Wirkung auf den menschlichen Organismus, zu vernachlässigen seien. Allgemein haben Tierversuche mit extrem hohen Belastungen von PCB gezeigt, dass die Schadstoffe Krebs erzeugen oder unterstützen, das Immun- sowie das Nervensystem schädigen, sich negativ bei der Fortpflanzung auswirken und den Hormonhaushalt beeinflussen. Die Menge an PCB, die Menschen täglich über ihre Nahrung und die Luft (auch im Falle des zu hoch belasteten GW1) aufnehmen, kommt an diese Konzentrationen jedoch nicht heran. Letztendlich gilt für PCB nichtsdestotrotz ein Minimierungsgebot: Jede weitere Belastung, die zu derjenigen durch Lebensmittel tierischer Herkunft kommt, ist zu vermeiden oder zu begrenzen. Der in Deutschland geltende TDI-Wert (Tolerable Daily Intake; tolerierbare tägliche Aufnahmemenge) liegt laut Bremer Gesundheitsamt bei einem Mikrogramm (µg) pro kg Körpergewicht – das entspricht einem Millionstel eines Gramms. Daraus ergibt sich rechnerisch eine Raumluftkonzentration von 300 ng PCB pro Kubikmeter Innenraum-

luft, welcher der Mensch lebenslang ausgesetzt sein kann, ohne dass Auswirkungen auf die Gesundheit spürbar wären. Dort, wo im GW Belastungen über dem Richtwert gefunden wurden, lagen diese größtenteils zwischen 400 und 700 ng/ m³, teilweise überstiegen sie aber auch 2000 ng/m³. In Anlehnung an die PCB-Sanierungsrichtlinie Nordrhein-Westfalens lautet die Vorgabe, bei einer Belastung zwischen 300 und 3.000 ng PCB/m³ mittelfristig innerhalb von einem bis zwei Jahren tätig zu werden. Mutterschutz: die Frauenbeauftragten machen Infos transparent Etwas ernster als die Belastung von Erwachsenen sollte man den Einfluss von PCB auf ungeborene und Kleinkinder nehmen. In extremen Fällen, in denen Mütter während der Schwangerschaft viel PCB-belasteten Fisch gegessen haben, berichteten Studien von Kindern mit Entwicklungs- und Koordinationsstörungen sowie einem verminderten IQ. Auch nach der Geburt sind Kinder durch die Muttermilch erhöhten Konzentrationen der Schadstoffe ausgesetzt. Denn sowohl bei Tieren als auch bei Menschen werden PCB lange in menschlichem Fettgewebe gespeichert. Über die fettreiche Muttermilch werden PCB an die Säuglinge weitergegeben. Dennoch empfiehlt die WHO das Stillen, da die Vorteile trotz allem überwiegen. Da die Höhe der PCB-Aufnahme von Kindern also von der PCB-Belastung der Mutter abhängig ist, sollten schwangere und stillende Frauen keiner zusätzlichen PCB-Belastung ausgesetzt werden. Auf der Versammlung der dezentralen Frauenbeauftragten im März wurde daher aus dem im GW1 ansässigen FB6 berichtet, dass schwangere Mitarbeiterinnen 7


BELEUCHTET Allgemeine Infos zu PCB gibt es über das Umweltbundesamt: www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/dioxine Weitere Infos zu den Sachständen der Sanierungen in den betroffenen Gebäuden und Räumen sind auf der Seite des Dezernat 4 einzusehen: www.uni-bremen.de/dezernat4/pcb-info.html Ansprechperson für Studierende der Uni Bremen ist Matthias Ross vom Gesundheitsamt Bremen (0421/ 361 15557)

ihre Büros nicht nutzen und schwangere Jurastudentinnen den Lehrveranstaltungen fernbleiben sollten. Im FB10 wurde diese Nachricht mit Besorgnis aufgenommen, denn die Veranstaltungen des .zahlenmäßig größten Fachbereichs der Uni müssen Vregelmäßig auf das GW1 ausweichen. Dozierende beklagten, dass sie bei der Vergabe der Räume durch das Veranstaltungsbüro in den letzten drei Semestern keine Hinweise auf die PCB-Belastung erhalten hätten und somit selbst nicht informiert waren und die Informationen auch nicht an schwangere Studentinnen des FB10 hätten weitergeben können. Verunsicherung: Mangel in der Kommunikationspolitik Die zentrale Frauenbeauftragte der Uni Bremen, Sylvia Hils, wurde umgehend aktiv und forderte, dass Informationen über die PCB-Belastung bei der Raumvergabe an die Lehrenden weitergegeben werden. Auf Veranlassung der Frauenbeauftragten des FB10 bat das Dekanat die Unileitung um Auskunft. Die Sprecherin des Frauenbeauftragtenkollektivs des FB10, Irmgard Maassen, berichtet, dass sie besorgte Äußerungen von Kollegen und Kolleginnen, darunter auch einer schwangeren Mitarbeiterin, erhalten habe. Auch die Studierendenvertretungen des FB10 wurden mehrfach auf das Thema angesprochen und um Informationen gebeten. Gut zwei Wochen nach Veranstaltungsbeginn im SoSe 2016 erhielten die Studierenden der Sprach- und Literaturwissenschaften dann über ihren Studiendekan eine E-Mail des Kanzlers Dr. Mehrtens mit einem Bericht über die Maßnahmen, die für schwangere Mitarbeiterinnen des FB6 ergriffen wurden. In einer separaten Mail hatte der Studiendekan zudem bereits empfohlen, was auch schon den Studierenden des FB6 geraten wurde: Den Lehrveranstaltungen fernzubleiben, an videobasierten Lehrveranstaltungen teilzunehmen oder sich eine andere Veranstaltung zu suchen. Auf einer Informationsveranstaltung zur geplanten Sanierung des GW1 im September legten Dr. Mehrtens und Malte Hesse vom Personalrat zudem zu Protokoll, dass die Informationen im Frühjahr 2015 direkt nach Bekanntwerden der PCB-Belastung an den Akademischen Senat und die Personalversammlung weitergegeben wurden. Der Kanzler betonte, dass er sich auf die Kommunkationsstrukturen der Universität verlassen können müsse und sei davon ausgegangen, dass die verantwortlichen Personen die Nachricht weitergeben. Bei den Studierenden des FB10 kam bis zum vergangenen Semester jedoch nichts an. Die Äußerung des Kanzlers, dass 8

auch die Studierenden eine gewisse Pflicht hätten sich zu informieren, kann nur bedingt gelten. Denn die entsprechenden Gefilde der Website der Uni Bremen wie die PCB-Infoseite des Dezernat 4 sind für Studierende bei der Bewältigung ihres Studiums nicht relevant. Die Studierenden hätten also explizit nach Informationen zu einem Sachverhalt suchen müssen, von dem sie nicht wussten, dass er besteht. Vielleicht ist hier allgemein eine Überarbeitung der Kommunikationsstruktur an der Uni Bremen nötig. Denn die Verunsicherung, die herrschte und sich bis zur Verbreitung der Nachrichten durch den Fachbereich zog und noch immer zieht, hätte umgangen werden können, wenn von vornherein Informationen flächendeckend an Studierende und Angestellte weitergegeben worden wären. Auch der bis zum vergangenen Semester offenbar ahnungslose Fachbereichsrat des FB10 plädiert für „eine laiengerechte Kommunikationspolitik“ und hält fest, dass „Studierenden und Mitarbeiter/ innen [...] eine persönliche und angemessene Einschätzung der Gefährdungslage in der Übergangszeit der Renovierungsmaßnahmen möglich sein [muss]“. Ausblick: Sanierungen bis 2022 Auf der Informationsveranstaltung im September stellt die Hochschulleitung in Aussicht, dass die Sanierungsarbeiten im GW1 im Frühjahr 2017 beginnen und sich über etwa 5 ½ Jahre hinziehen würden. Dabei würden Teile des Gebäudes abgesperrt und das GW1 abschnittsweise saniert werden. Im ebenfalls betroffenen NW1 sollen die Arbeiten laut Unileitung zeitgleich zum GW1 vonstattengehen. Bis zum Sanierungsbeginn würden in den betroffenen Räumen die Fugen abgeklebt, wodurch die PCB-Belastung erwiesenermaßen auf unter 300 ng/m³ gesenkt wird. Mittlerweile wurden am GW1 zudem Hinweisschilder angebracht, welche die Studierenden per QR-Code an die PCB-Infoseite der Uni weiterleiten. Ob die Informationen wie von der zentralen Frauenbeauftragten gefordert auch bei der Raumvergabe an Dozierende und dann an Studierende weitergeben werden, wird das neue Semester zeigen. Alexandra Kind Was denkt ihr zu dem Thema? Mailt uns eure Meinungen an beleuchtet.scheinwerfer@uni-bremen.de!


CAMPUSLEBEN

10 Tipps, mit denen ihr Vorlesungen garantiert sinnvoll nutzt Links von mir: Eine Kommilitonin, die gegen den Schlaf ankämpft. Rechts von mir: Ein Kommilitone, der diesen Kampf schon lange verloren hat und selig schlummert. In der Reihe vor mir derselbe Anblick. Bilder, die wahrscheinlich jeder von uns kennt, vor allem, wenn man in einer Vorlesung sitzt, in der Anwesenheitspflicht herrscht. Im folgenden Artikel geb ich euch Anregungen, um diese Zeit möglichst sinnvoll zu nutzen.

Tipp Nummer 1: Habt immer was zu essen dabei. Am besten eine ausgewogene Mischung zwischen herzhaft und süß. Meine Favoriten: Selbstgemachter Nudelsalat oder Wraps, kleingeschnittenes Obst und Gemüse, Schokolade, Nüsse, Süßigkeiten und noch mehr Süßigkeiten (Zucker ist schließlich ziemlich wichtig, damit das Gehirn richtig arbeiten kann!). Ihr macht es genau richtig, wenn eure Unitasche bis obenhin mit allerlei Leckereien gefüllt ist und ihr deshalb leider die Bücher fürs nächste Seminar Zuhause lassen musstet. Wenn ihr ein Buffet über die komplette Tischreihe aufbaut, sammelt ihr euch wertvolle Pluspunkte bei den KommilitonInnen. Scheut nicht davor, auch den DozentInnen was vom reichhaltigen Mahl anzubieten, falls ihr ganz vorne sitzt. Vor allem zu Süßigkeiten sagen die wenigsten Nein, ich spreche hier aus Erfahrung. Tipp Nummer 2: : Mensaangebot checken. Guckt online, was es in den nächsten Tagen Leckeres in der Mensa zu Essen gibt. Dies am besten täglich und auch für die Tage, an denen ihr überhaupt nicht essen geht. Man muss schließlich immer auf dem neusten Stand bleiben! Tipp Nummer 3: Stricken und Häkeln. Werdet Trendsetter und setzt euch mit Strick- oder Häkelnadeln und flauschiger Wolle in die Vorlesung. Es macht keinen Lärm, nimmt nicht viel Platz weg und man kann trotzdem dem Dozenten zuhören, falls man es denn will. Im Internet gibt es zahlreiche Anleitungen für unglaublich coole Sachen, die überhaupt nicht an kratzige Wollpullover erinnern. Mein Vorschlag: Kümmert euch jetzt schon um diverse Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke und versorgt euer komplettes Umfeld mit selbstgestrickten Socken oder gehäkelten Topflappen. Tipp Nummer 4: Serienspaß. Nehmt euer Handy oder euren Laptop und guckt darauf die neusten Folgen eurer Lieblingsserie. Wenn ihr eure Kopfhörer vergessen habt, ist das nicht weiter schlimm, denn dann können auch eure KommilitonInnen mit euch gucken, falls sie gerade nichts Besseres zu tun haben. Aber setzt euch in dem Fall besser nach hinten, nicht, dass der Dozent auf die Idee kommt, sich zu euch zu gesellen. Der muss schließlich seinen Job erledigen. Tipp Nummer 5: Game of Thrones. Laut meiner Schwester darf man Game of Thrones nicht mit den anderen Serien auf eine Stufe stellen, deshalb hier eine extra Erwähnung: Guckt Game of Thrones und schließt Wetten darüber ab, welche

Figur als nächstes stirbt. Achtung: Weist eure KommilitonInnen vorsichtshalber auf das allgemein herrschende Spoiler-Verbot hin! Tipp Nummer 6: Veranstaltungen nacharbeiten. Jeder von uns kennt dieses Paradox: Man muss in Vorlesungen andere Vorlesungen nacharbeiten, weil man diese entweder verpasst oder aber mit wichtigeren Dingen verbracht hat, wie zum Beispiel Serien gucken. Das führt dazu, dass man zu einem späteren Zeitpunkt die Veranstaltung nachholen muss, in der man gerade sitzt. Ein ewiger Teufelskreis! Tipp Nummer 7: Pläne machen. Macht Pläne für den Feierabend und fürs Wochenende. Dann habt ihr etwas, auf das ihr euch freuen könnt. Im Bürgerpark Ruderboot fahren, Bars abchecken, Hauspartys crashen oder ganz kultiviert ins Theater gehen… Es gibt so viel, was man als StudentIn machen kann – Probiert doch mal wieder was Neues aus! Tipp Nummer 8: Liebesbriefe schreiben. Nehmt euch Zeit für Sachen, die im Alltag oft untergehen. Kauft euch das kitschigste Papier, das ihr finden könnt und schreibt einfach drauf los: Egal ob an den Freund, die beste Freundin, die Lieblingsverkäuferin aus dem Stammsupermarkt oder eure Katze, der Empfänger freut sich auf jeden Fall. Alternativ gehen auch Ich-find-dich-ganz-okay-Briefe, falls man eher der Typ ist, der nur ungern Gefühle zeigt. Tipp Nummer 9: To-Do Listen schreiben. Macht was Sinnvolles und schreibt Listen, denn Listen sind super! Einkaufslisten, Wunschzettel, To-Do-Listen, Not-to-do-Listen, Bucket lists… Es gibt so viele Listen, die darauf warten, von euch geschrieben zu werden! Tipp Nummer 10: Zuhören und Lernen. Tut mir echt leid für diesen uncoolen Tipp, ich finde ihn jedoch extrem wichtig und durchaus nennenswert. Packt euer Handy in die Tasche und was zum Schreiben auf den Tisch. Vielleicht ist das Thema doch nicht so langweilig wie ihr dachtet. Ihr seid bloß immer zu abgelenkt, um richtig zu zuhören. Vielleicht lernt ihr in der Vorlesung sogar etwas richtig Spannendes, womit ihr später eure Freunde beeindrucken könnt. Vielleicht ist es aber doch so langweilig wie befürchtet, dann könnt ihr immerhin in den nächsten Vorlesungen diese Liste mit gutem Gewissen abarbeiten. Elina Fläschner 9


CAMPUSLEBEN

Bremen – Kiew – Nikolajew – Odessa. Bremer Studierende auf den Spuren des Zweiten Weltkrieges unterwegs in der Ukraine Welche Rolle spielt der Zweite Weltkrieg in der historischen Erinnerung der Ukraine sowie Bremens? Dieser Frage spürten Bremer Studierende des Instituts für Geschichts-wissenschaften im Sommersemester 2016 im Rahmen eines Seminars und später einer Exkursion „an den Rand“ – u krajina – nach.

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ir, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des forschungsorientierten Seminars „Der Zweite Weltkrieg in der regionalen Erinnerung – Bremen und Nikolajew“ unter der Leitung von Dr. Ulrike Huhn und Dr. Julia Timpe, arbeiteten im vergangenen Sommersemester intensiv an eignen Forschungsprojekten, die sich thematisch am Zweiten Weltkrieg sowie an den Erinnerungen der Menschen in der Ukraine und Bremens orientierten. Anschließend brachen wir vom 30. Mai bis zum 06. Juni in die Ukraine auf und trafen in Nikolajew mit Studierenden und Wissenschaftlern der dortigen Universität zu einem Workshop und Austausch über laufende Forschungen zusammen. Vorausgegangen waren dieser bereichernden Zusammenkunft drei Tage in Kiew, einer Stadt, die näher an Bremen liegt als Madrid und Hauptstadt eines Landes ist, dass es zumeist nur mit besorgniserregenden Schlagzeilen in deutsche Medien und das Bewusstsein der Mehrheitsgesellschaft schafft, ein Land gezeichnet von einem hybriden Krieg. Wir begaben uns hier auf den Spuren des Zweiten Weltkrieges an Orte wie das „Nationale Museum der Geschichte der Ukraine im Zweiten Weltkrieg“, das noch bis Juli 2015 „Museum des Großen Vaterländischen Krieges“ hieß und im Zuge von Dekommunisierungsgesetzen umbenannt wurde. Diese 2015 verabschiedeten Gesetze verbieten die Verbreitung kommunistischer Symbole und gingen einher mit der Entfernung kommunistischer Denkmäler und der Umbenennung von Plätze und Straßen mit kommunistischen Namen. Gleichzeitig wurden die zahlreichen Archivdokumente aus der Zeit vor der ukrainischen Unabhängigkeit im Jahr 1991 zugänglich gemacht. Ebenso besuchten wir die Erschießungsstätte Babyn Jar und legten Blumen vor einer Menora nieder, die auf private Initiative hin errichtet wurde, um den schätzungsweise 40.000 Kiever Juden, die 1941 dort von Angehörigen der SS, deren Sicherheitsdienst und der Wehrmacht ermordet wurden, zu gedenken. In der heute verfüllten Schlucht liegen unter einer parkähnlichen Grünanlage noch immer – der Kiewer Bevölkerung weitestgehend unbekannt – die sterblichen Überreste der Opfer dieses oftmals vergessenen Holocausts. Ein bemerkenswerter Aspekt der Reise war das Zusammentreffen mit Zeitzeugen. In Kiew trafen wir auf Anastasija Gulei, die 1943 zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt und nach einem Fluchtversuch in den Konzentrationslagern Auschwitz-Birkenau, Buchenwald und Bergen-Belsen inter10

niert wurde. Trotz ihres hohen Alters von über 90 Jahren war sie im Stande, uns auf eindrückliche Weise an ihrer ganz persönlichen Lebens- und Leidensgeschichte teilhaben lassen. Begegnungen in Nikolajew Nach einer Nachtzugfahrt kamen wir Nikolajew im Süden des Landes an, wo wir vom Rektor der dortigen nach dem ukrainischen Humanisten Vasyl Olexandrovych Sukhomlynsky benannten Universität empfangen, begrüßt und zu einem Stadtspaziergang eingeladen wurden. Hierbei trafen wir erstmals auch auf ukrainische Studierende: Zum einen Germanistikstudierende, die sowohl die Begrüßungsrede als auch die zahlreichen Erläuterungen während der Stadtführung für uns übersetzten; zum anderen diejenigen Studierenden, die auf ukrainischer Seite im Rahmen des Workshops sprechen sollten. Während wir zu Fuß die circa 500.000 Einwohner beherbergende Stadt erkundeten, die sich vom Schwarzen Meer aus 25 Kilometer flussaufwärts am Südlichen Bug befindet, stellte sich bei uns ein erstes Gefühl für die Struktur der Planstadt ein, die nach wie vor von Schiffbau und Werften geprägt ist und wegen dieses Industrieschwerpunktes zu Zeiten der Sowjetunion für Ausländer nicht zugänglich war. In besonderer Erinnerung geblieben sind mir hier vor allem die kleinen gelben Stadtbusse, die nicht an einen festen Busfahrplan gebunden verkehren sondern vielmehr per Handzeichen angehalten werden, wenn sie denn gerade verkehren, wie mir ein ukrainischer Kommilitone erklärte. Diese ersten Zusammenkünfte, der resultierende Smalltalk, aber auch ausführlichere Gespräche gestalteten sich für beide Seiten sehr erkenntnisreich. So waren die ukrainischen Studierenden beispielsweise sehr überrascht, dass man in Deutschland nicht bestandene Prüfungen bis zu dreimal wiederholen darf, während wir darüber verwundert waren, wie leicht und verbreitet es in der Ukraine ist, bestandene Prüfungen oder gar Hochschulabschlüsse zu kaufen. Ebenso erstaunt waren wir, als wir erfuhren, wie flexibel die ukrainischen Studentinnen und Studenten ihre Prüfungen ansetzen und ablegen können, sodass einige von ihnen schon Wochen vor dem regulären Ende der Vorlesungszeit in die Semesterferien starten konnten. Höhepunkt unseres Aufenthaltes in Nikolajew war ein internationaler Workshop zum Thema „Captivity and Forced Labor During World War II: Historical Research and Memory“, an dem Dozenten und Studierende der Nikolajewer Universität sowie die TeilnehmerInnen unseres Seminars mitwirk-


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© Anna-Sophie Koschany

Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops, sowie Mykola Prjadko (Mitte, links) und Viktor Semenenko (Mitte, rechts) ten. In mehrere Cluster aufgeteilt, wurden in verschiedenen Rede- und Filmbeiträgen eigene Forschungen zu Themen wie Zwangsarbeit am Bremer Bunker Valentin und in Bremen und Umgebung, Entschädigung von Zwangsarbeit und die Erinnerungen ehemaliger Zwangsarbeiter vorgestellt und anschließend kurz diskutiert. Besonders war auch hier die Anwesenheit von zwei Zeitzeugen, Mykola Prjadko und Viktor Semenenko, die einerseits von den Erinnerungen ihrer Eltern an deren Zeit als Zwangsarbeiter im „Dritten Reich“ berichten konnten und andererseits von ihren persönlichen Erfahrungen als Kinder nach der Rückkehr in die Ukrainische SSR, von der Trennung von ihren Eltern und der Unterbringung in verschiedenen Kinderheimen. Mykola Prjadko führte uns in Nikoljew auch zu einem ehemaligen Stammlager, an dessen Existenz heute lediglich ein unscheinbarer Gedenkstein erinnert, der zumal noch in einiger Entfernung zum tatsächlichen Ort des Lagers aufgestellt ist. Zum Ausklang an das Schwarze Meer Gemeinsam mit einigen Studierenden aus Nikolajew brachen wir zum Abschluss unserer Reise auf nach Odessa. Nachdem wir unterwegs einen kurzen Stopp einlegten, um – wirklich empfehlenswert – ukrainischen Wein zu kaufen, erreichten wir die Millionenstadt am Schwarzen Meer und den zugleich wichtigsten ukrainischen Hafen gegen Mittag. Zunächst begaben wir uns in das Odessiner Holocaust Museum, das sich vollständig aus privaten Spenden finanzieren muss und ein wenig versteckt und unscheinbar in einem Innenhof gelegen

ist. Dort begrüßten uns der Direktor des Museums, Pavel Kozlenko, und mit Roman Švarcman, Roza Chasina und Vassilij Vološin weitere Zeitzeugen. Roman Švarcman führte uns anschließend durch die Ausstellung, die sich vor allem mit dem Holocaust in der historischen Region Transnistrien, zu der auch Odessa gehörte, auseinandersetzt. Anschließend tauschten wir uns mit Roza Chasina und Vassilij Vološin aus, der von der israelischen Holocaustgedenkstätte Yad Vashem zum Gerechten unter den Völkern ernannt wurde, um sodann mit verschiedensten, teils ergreifenden aber auch vielen ungetrübten Eindrücken den Rest des Tages individuell ausklingen zu lassen. Positiv wird uns allen wohl die Gastfreundschaft und Freundlichkeit in Erinnerung bleiben, mit der man uns überall begegnete, und der Enthusiasmus, mit dem die Ukrainer uns ihr Land näherbrachten – dafür: Спасибі! Danke! Torben Fedderwitz Ausführliche Berichte zur Exkursion aber auch zum vorhergegangenen Seminar sowie Details zu den Zusammentreffen mit den Zeitzeugen lassen sich unter https://bremkraine.hypotheses.org/ nachlesen, ein Tagungsbericht zum Workshop in Nikolaev lässt sich unter http://julia-drozd.wix.com/teacher#!internationalscientiic-practicalseminar/dym5m in ukrainischer und englischer Sprache finden. 11


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Model European Union: Ein Erasmus-Semester in einer Woche Über 200 junge Leute aus 43 Nationen kommen jedes Jahr im Europäischen Parlament in Straßburg zusammen – und probieren eine Woche lang selbst aus, was es heißt, Europapolitik zu machen.

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s sind die ersten warmen Tage im Norden Frankreichs. Immer wieder bricht die Sonne durch die Wolkendecke. Kirschbäume stehen in voller Blüte. Der Glaskomplex in der Ferne strahlt förmlich im Sonnenlicht – futuristisch, beeindruckend. Das Luise-Weiss-Gebäude, Hauptsitz des Europäischen Parlamentes in Straßburg. Gerade sind die 751 Abgeordneten zur Sitzung in Brüssel – und dennoch wird im Plenarsaal hitzig diskutiert. Model European Union (MEU) ist zu Gast. Mehr als 200 junge Leute aus Europa und darüber hinaus reisen jeden April für eine Woche nach Straßburg. In ihrem Gepäck: Krawatte, Hemd, Bluse – und Gesetzestexte. In authentischer Kulisse lernen sie den Gesetzgebungsprozess der EU einmal selbst kennen – in der Rolle von Parlamentariern und Ministern, Lobbyisten und Journalisten. Der besondere Clou: Auch die Dolmetscherboxen werden besetzt. Ob Griechisch, Deutsch oder Spanisch – vor allem das Simultandolmetschen während Plenarsitzungen oder Pressekonferenzen sorgen für eine besonders realistische Simulation.

Gleichzeitig ist die Konferenz für angehende Dolmetscherinnen und Dolmetscher eine Möglichkeit, ihren zukünftigen Berufsalltag näher kennenzulernen. „Für Dolmetscherstudenten ist es sehr schwierig, in echten Konferenzen üben zu können“, erzählt Lisa Schmit. Die Belgierin steht kurz vor ihrem Abschluss an der Universität Lüttich. „Ich weiß, dass keine wahrhaftigen Entscheidungen getroffen wurden, aber trotzdem gab es echte Debatten. Wir durften die ganze Zeit dolmetschen, wobei man uns auch zuhörte – was so gut wie nie passiert, wenn man Student ist.“ Rund 20 Dolmetscher besetzen die Kabinen während der Model European Union Konferenz in diesem Jahr. Wenn Deutsch oder Englisch im Plenarsaal gesprochen wird, muss Lisa dolmetschen – ins Französische, ihre Muttersprache. Aber auch die restliche Zeit verfolgt die 24-Jährige das Geschehen aufmerksam, um die wichtigen Inhalte mitzubekommen und ihre Einsätze nicht zu verpassen. „Es ist interessant zu sehen, wie solche Sitzungen aussehen und auch die Räume betreten zu dürfen, um sich ein besseres Bild von der EU zu machen “, resümiert Lisa. „Aber es ist schade, dass im Parlament nicht alle gesprochen haben und das einige sich nicht richtig vorbereitet hatten – aber so ist es bestimmt auch im echten Parlament.“ Von Frankreich bis nach Ägypten 2007 von Studierenden aus Osnabrück zum ersten Mal organisiert, ist die Konferenz im April dieses Jahres die mittlerweile zehnte Ausgabe. Hinter dem Ganzen steht die „Bringing Europeans Together Association“, kurz BETA, als Trägerverein. Gegründet und geführt von jungen Europäern, um die Konferenz im Europäischen Parlament und auch in anderen Städten zu vernetzen und zu koordinieren. Denn MEU Straßburg ist nicht die einzige Simulation ihrer Art geblieben – von Tallinn über Warschau und Granada bis nach Kairo gibt es mittlerweile Ableger. Zwei Themen werden auf der Konferenz besprochen, jeweils Parallel im Parlament und Rat; 2016 sind es Migration und erneuerbare Energien. Mit den entsprechenden Gesetzestex-

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Ein paar Zahlen zu MEU Straßburg - seit 2007 6026 Bewerbungen wurden eingereicht 1598 Teilnehmer willkommen geheißen 418 Mal gab es Unterstützung von Abgeordneten, Kommissaren und Ministern 10.000 Euro und mehr wurden zur Förderung von Jugendlichen ausgegeben


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in „Europastudien“, kümmert er sich nun erstmal Vollzeit um den Ausbau des Vereins in Europa. Zivilgesellschaft fördern Wichtig ist ihm zu betonen, dass BETA ein überparteilicher Verein sei. „Das offizielle Ziel des Vereins ist es nicht, eine bestimmte politische Position zu vertreten oder zu verteidigen“, so der 27-Jährige. „Es geht nicht darum zu sagen, die Linie der Kommission ist die Beste und wir sind kommissionstreu. Stattdessen wollen wir, dass die Leute sich durch praktische Erfahrungen mit der Politik der Europäische Union auseinandersetzen – und akzeptieren, dass auf dieser Ebene, auf der Europäischen, auch Politik gemacht wird.“ Wichtigstes Schlagwort: Europäische Zivilgesellschaft. „Als Faktor ist eine Zivilgesellschaft unglaublich wichtig, wenn es darum geht, die Politik im eigenen Land zu beeinflussen“, erklärt Max. „Aber die europäische Ebene wird immer wichtiger und deswegen brauchen wir diese Art Korrektiv, das Engagement seitens der Bürger, auch auf länderübergreifender und parteiübergreifender Ebene.“ Spaß kommt nicht zu kurz

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ten der Europäischen Union und verschiedenen Handbüchern zum Ablauf der Konferenz, bereiten sich die Teilnehmer vor Beginn der Simulation in Straßburg schon Zuhause vor: Abgeordnete und Minister schreiben ihre Positionspapiere, Journalisten die ersten Artikel und Dolmetscher lernen die passenden Vokabeln. „Anders als bei den MUNs (Model United Nations, Anm. der Redaktion), hat man nicht nur zehn Leute in einem Zimmer, die sich dann in einer geschlossenen Blase auf einen Text einigen und dann nach Hause gehen und sich feiern. Stattdessen muss man tatsächlich mit einbeziehen, dass der Rat auch noch etwas zu sagen hat, wenn das Parlament etwas entscheidet und umgekehrt“, sagt Max Frey, Präsident von BETA. „Denn sonst wäre das nicht realistisch und man würde nicht lernen, wie das Zusammenspiel der Institutionen wirklich funktioniert.“ 2013 hat Frey als Parlamentarier an Model European Union Konferenz in Straßburg teilgenommen – und ist dann im Organisationsteam hängen geblieben. Mit einem Bachelor in „Internationale Beziehungen“ und einem Master

Wenn es draußen langsam dämmert, geht ein weiterer Konferenztag im Luise-Weiss-Gebäude zu Ende – und die Freizeit kann beginnen. Aus 43 Nationen stammen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, da erinnern gemeinsame Abende bei Flammkuchen und elsässischen Wein, Stadtführungen und Partys schnell an ein großes Erasmustreffen. Dass nach Pressekonferenzen, Meetings und Diskussionsrunde die Nächte voll ausgekostet werden, dafür sorgen die Organisatoren. Da kann der Schlaf auch schon mal auf der Strecke bleiben. Dafür ist die Erfahrung einmalig – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn wer einmal an Model European Union teilgenommen hat, darf (leider) nur noch als Organisator wiederkommen. Lisa Urlbauer Das Model European Union in Straßburg findet im April 2017 statt. Die Bewerbungsphase beginnt im Dezember. Weitere Infos und Impressionen gibt es unter www. meu-strasbourg.org und https://www.facebook.com/ meustrasbourg/. Wann es wo weitere MEUs gibt, steht im Model EU Simulationen Kalender unter http://www. beta-europe.org/calendar/

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Studentische Initiativen an der Universität Bremen Du bist zum Semesterstart auf der Suche, dich neben dem Studium zu engagieren? Im Folgenden findest du eine Übersicht über das studentische Engagement an der Universität Bremen.

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em das Lernen für Prüfungen und das Besuchen von Vorlesungen noch nicht genug ist und wer auch mal etwas Neues ausprobieren möchte, für den bietet sich die Mitgliedschaft in einer der vielen studentischen Initiativen der Universität Bremen an. Diese ermöglichen einem nicht nur die Chance neue Themenbereiche kennenzulernen, Soft-Skills zu erwerben (die sonst im Studium ja schon mal gerne vernachlässigt werden) und sich auf sein späteres Berufsleben vorzubereiten, sondern auch viele andere engagierte Studierende aus allen Fachbereichen kennenzulernen. Dabei ist die Mitarbeit in Initiativen natürlich nicht ganz ohne zusätzlichen Zeitaufwand möglich, aber die Erfahrungen, die man dabei macht, sind es oft mehr als wert. Das können die meisten bestätigen, die sich schon mal in ihrem Sportverein, einer NGO oder ihrem liebsten Uni-Magazin engagiert haben . Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten studentischen Ehrenamtes gegeben und an einigen Beispielen gezeigt werden, wie vielfältig die Welt der Initiativen ist . Bitte beachtet, dass sich dieser Artikel nur mit studentischen Initiativen beschäftigt und somit Möglichkeiten der Mitarbeit, die durch die verfasste Studierendenschaft (wie z.B. AStA-Referate, StugA, Listen und verschiedene Arbeitskreise) entstehen, nicht berücksichtigt. Am Anfang ein paar grundlegende Infos über studentische Initiativen. Wie sind studentische Initiativen strukturiert? Das kommt sehr stark auf die jeweilige Initiative an! Manche sind nur auf lokaler Ebene aktiv, manche national und manche sind sogar auf der ganzen Welt vertreten. Auf lokaler Ebene sind es oft eingetragene Vereine und in fast allen gibt es einen demokratisch gewählten Vorstand bzw. eine Koordination. Ihre Größe unterscheidet sich ebenfalls von eher kleinen Gruppen mit 10 Mitgliedern bis zu Gruppen mit 80-100 Mitgliedern und mehreren internen einzelnen Arbeitsgruppen. Wie wird man Mitglied in einer studentischen Initiative? Auch das kommt auf die jeweilige Initiative an. Bei einigen kann man neben der aktiven Mitgliedschaft auch eine passive wählen, die einem dann gewisse Vorteile bringt, bei anderen muss man erst einen Assessment-Center-Test bestehen, um Mitglied werden zu können und bei wieder anderen gibt es 14

in dem Sinne gar keine Mitglieder, sondern nur Personen, die mitarbeiten. Ganz egal, wie unterschiedlich die Initiativen aber aufgebaut sind, alle freuen sich immer über neue Personen, die sich engagieren wollen und fast immer haben sie eine Facebook- und Webseite, über die man sie kontaktieren kann und zum Beispiel den Termin für den nächsten Infoabend oder das nächste offene Treffen erfragen kann. Wo finde ich weitere Informationen? Neben den Facebook- und Website der einzelnen Initiativen, lassen sich Informationen über die einzelnen Initiativen auch auf der Facebook Seite des InitiativenKompass finden. Hinter dieser steht die ein Zusammenschluss mehrerer studentischer Initiativen an der Uni Bremen und Oldenburg, die sich vor ca. einem Jahr zusammengeschlossen haben. Er ist mittlerweile vom Verband Deutscher Studierendeninitiativen e.V. (ein Zusammenschluss der größten deutschen Studierendeninitiativen auf Bundesebene) anerkannt und die beteiligten Initiativen treffen sich in regelmäßigen Abständen, um sich auszutauschen und einmal im Jahr den InitiativenKompass durchzuführen. Auf dieser im Sommersemester stattfindenden Veranstaltung stellen sich die studentischen Initiativen den Studierenden vor. Außerdem werden wir in den nächsten Wochen den Artikel in unserem Blog mit weiteren Informationen über studentische Initiativen an der Uni Bremen erweitern. Im Folgenden wird die Arbeit einiger Initiativen genauer beschrieben, um ihre Vielseitigkeit zu zeigen. Es ist allerdings stark zu empfehlen, sich die Liste am Ende des Artikels anzusehen und sich über alle Initiativen ein Bild zu machen – denn nur so kann man die Initiative finden, die am besten zu einem passt. ELSA (European Law Students‘ Association) ist mit 40.000 Mitgliedern in ganz Europa die größte Jurastudierenden-Initiative weltweit. Mit insgesamt 300 Fakultätsgruppen bieten sie auch in Bremen ihren Mitgliedern verschiedene Veranstaltungen, wie Besuche bei Kanzleien und Gerichten, Moot Courts, die Möglichkeit der Teilnahme an ELSA-Delegations z.B. bei der UN und vieles mehr an, sowie die Möglichkeit der aktiven Mitarbeit im Verein.


CAMPUSLEBEN Noch mehr Informationen über studentischen Initiativen an der Universität Bremen findest du auf der Facebook-Seite des InitiativenKompass.

Andere Initiativen an der Universität Bremen:

Bremergy ist das Formula Student Team Bremen. In den Klassen Electric und zukünftig auch Driverless treten sie seit 2013 für den Hochschulstandort Bremen international gegen andere Hochschulen an – zum Beispiel in Hockenheim, Silverstone, Barcelona oder Spielberg. Mit einem Team aus gut 70 Studierenden konzipieren, projektieren, konstruieren, finanzieren, fertigen und montieren sie im Rahmen ihrer Saisons einen elektrisch angetriebenen Formel-Rennwagen.

btS - Biotechnologische Studenteninitiative e. V. VWI/ESTIEM Hochschulgruppe Uni Bremen MARKET TEAM e.V. Oldenburg (hat seinen Sitz in Oldenburg, richtet sich aber trotzdem auch an Bremer Studierende) bonding Bremen IAESTE Bremen

Active ist die studentische Unternehmensberatung in Bremen und verbindet die Theorie mit der Praxis. Gemeinsam im Team kann man als Mitglied auf Projekten bei Bremer Unternehmen sein Wissen anwenden und gleichzeitig mithelfen, die Initiative intern weiterzuentwickeln. Sie suchen Studierende aus verschiedenen Fachbereichen, denn die Vielfalt macht sie aus. AIESEC wurde bereits nach dem 2. Weltkrieg gegründet und ist heute die weltweit größte Studierendenorganisation, die für kulturellen Austausch und den Leadership-Gedanken steht. Mit ihnen kannst du Praktika im Ausland absolvieren, sowie ehrenamtliches Mitglied in ihrem Lokalkomitee werden und dadurch praktische Erfahrungen sammeln. Außerdem setzt sich AIESEC zusammen mit der UN für die Global Sustainable Development Goals (Ziele nachhaltiger Entwicklung) ein.

AG Refugees Welcome an der Uni Bremen

Hanse Debating Union

Hanseatischer Börsenclub Universität Bremen

Erasmus Initiative Universität Bremen

Go Ahead! Bremen

ScheinWerfer ist das freie Unimagazin an der Universität. In verschiedenen Ressorts wird dabei erarbeitet, was du gerade in den Händen hältst oder am Bildschirm liest. Dabei wird vom kreativen Schreibenden bis zu Grafik- und Designinteressierten all jene gesucht, die Spaß am Journalismus haben und vielleicht noch ein paar praktische Dinge wie Layouten lernen möchten. Der Scheinwerfer bietet außerdem in regelmäßigen Abständen Seminare zum Thema Journalismus an, durch die man die Möglichkeit erhält, Mitglied in der Redaktion zu werden.

Amnesty International Uni Bremen

EULe Eric Heide (Copyright der Logos liegt bei den jeweiligen Initiativen)

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How to: Student So, jetzt hast du es geschafft. Mit dem Studentenausweis in der Hand und dem erfolgreichen Bewältigen der ersten offiziellen Aufgabe, nämlich dem qualvollen Zusammensetzen des Semestertickets, fühlst du dich wie ein richtiger Student. Abiturienten? Ich bin Student! Aber wie geht das eigentlich? Hier ein paar Tipps wie du das Leben an der Uni angehen kannst. Vorbereitung ist der Schlüssel!

Immer auf dem neusten Stand

Um richtig durchstarten zu können, musst du erst mal wissen, was Sache ist. Nachdem du in Verzweiflung deinen Stundenplan erstellt hast, ist es wichtig zu wissen, wo die Kurse stattfinden und was du dafür brauchst. Auf der Uni-Website lassen sich Raumpläne der einzelnen Gebäude leicht nachgucken, sodass du einen ersten Überblick erhältst, bevor du überhaupt auf dem Gelände der Uni bist. Wo die Räume sind, solltest du auf jeden Fall wissen, bevor du zu einer bestimmten Zeit dort sein musst. Wenn du dich trotzdem mal verirren solltest, kannst du immer jemanden auf den Korridoren fragen. Die meisten Leute, die dort rumlaufen, sind sehr hilfsbereit.

Ebenfalls sehr wichtig zur Vorbereitung ist ein System, mit dem du deine Kursunterlagen organisierst. Ob es ein Ordner oder viele Mappen sind, ist egal. Hierbei ist es nur wichtig, dass du gut damit zurechtkommst, aber bitte lass es keinen Block mit tausenden losen Blättern werden. Ein Planer für „Hausaufgaben“ ist ebenfalls wichtig. Ein allgemeiner Monatsplaner in irgendeiner Form ist ebenfalls sehr nützlich, da sich Abgabetermine schneller an einen heranschleichen als gedacht. Zur Organisation zählt auch das Checken der Emailadresse, die du von der Uni erhalten hast. Nicht nur den Nachrichtenordner auf Stud.IP solltest du täglich überprüfen, sondern auch deine ZfN-Adresse. Verschiedene Dozenten bevorzugen unterschiedliche Kommunikationswege. Das ist ein nützlicher Tipp, den ich mir zu meiner Anfangszeit gewünscht hätte, da ich das auf die harte Tour lernen musste. „Dozent 1“ benachrichtigt Studenten nur über Stud.IP wenn eine Sitzung ausfällt, „Dozent 2“ schreibt wichtige Infos nur in eine Rundmail, die einen über die ZfN-Adresse erreicht. Um alle wichtigen Infos zu erhalten und nicht 30 Minuten vor einem leeren Raum zu stehen, rate ich dir, deine beiden Mailadressen täglich aufzurufen. Für alle, die schon mitten im Semesterstress steckten, habe ich ebenfalls einen Tipp, der das Lernen für die Klausuren erleichtert: Nachbereitung. Nachbereitung einer Unterrichtsstunde ist fast gleichzusetzen mit der Vorbereitung auf eine Stunde. Ob es das Schönschreiben unlesbarer Notizen oder simples Herunterladen und Durchgehen der Präsentation ist: Das erneute Ansehen des Stoffs kann Wunder bewirken. Besprochene Kapitel noch einmal durchzulesen ist eine gute Methode dir direkt Konzepte, die du nicht verstanden hast, zu notieren und in der nächsten Sitzung erneut erklären zu lassen. So häufen sich die Fragen nicht bis zum letzten Termin vor der Klausur auf und du kannst aktiv am Unterricht teilnehmen. Es ist zwar erst Semesteranfang, allerdings ist es auch genau das: Das Semester hat angefangen und jetzt heißt es abliefern. Du kannst hier niemanden mehr als Streber bezeichnen, denn alle studieren ja freiwillig.

Ein anderer wichtiger Bestandteil der Vorbereitung sind Bücher und benötigte Materialien. Auf Stud.IP schreiben die meisten Dozenten in die Beschreibung der Veranstaltungen, was an Büchern für den Kurs benötigt wird. Schau dir an, was dort steht und frag in den ersten Stunden welche Materialien wichtig sind. Wenn mehrere Bücher aufgelistet sind, brauchst du oft - wenn überhaupt - nur eines davon. Ein offensichtlicher Tipp ist es, Bücher gebraucht zu kaufen! Studenten aus höheren Semestern versuchen oft ihre gebrauchten Bücher loszuwerden. Nutze diese Chance, etwas Geld zu sparen. Wenn da nichts zu finden ist, gibt es die meisten Bücher in dem universitären Buchladen oder auf Amazon. Wichtige Adressen elearning.uni-bremen.de Hier meldest du dich für Seminare und Vorlesungen an, verwaltest deinen Stundenplan und kannst Dokumente einsehen, die deine Dozenten hochladen. webmail.uni-bremen.de Hier kannst du dich in deinen universitären Mailaccount einloggen um immer auf dem Laufenden zu bleiben. asta.uni-bremen.de/service/bafog-und-sozialberatung/ Dein Ansprechpartner bei Problemen mit Finanzen, Miete, BaföG und co. stw-bremen.de/de/psychologische-beratung Bei Problemen psychischer Art kannst du dich hier beraten lassen.

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Stundenplan und Regelstudienzeit Generell solltest du deinen Stundenplan nicht schon im ersten Semester überfüllen. Lass dir wenigstens ein Semester zum Einleben. Du kannst natürlich Kurse vorziehen, mach dies aber in einem Maße, wo du noch genügend Zeit zum Lernen und vor allem Abschalten hast. Um acht Uhr mor-


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© Regina Ringshausen

gens schon in der Uni zu sein, weil du zur Schulzeit ja immer um die Uhrzeit angefangen hast, ist ein Gedanke, der in der Praxis sehr schwer umzusetzten ist. Zweimal die Woche kann man das gerne machen, aber nutze die Chance deinen eigenen Plan machen zu können. Vor allem chronische Langschläfer haben durch diese Möglichkeit das große Los gezogen. Die Regelstudienzeit solltest du nicht als Maßstab für dein Studium sehen. Studier wie es dir am besten passt. Bei vielen Fachkombinationen im Bachelor ist es gar nicht möglich das Studium in Regelstudienzeit abzuschließen, da man oft mehrere Praktika oder sogar Auslandssemester braucht. Such dir einen ‚Studybuddy‘. Jemand, der die gleichen Kurse besuchst wie du, kann als ‚Buddy‘ hilfreich sein. Gemeinsam lässt es sich manchmal besser lernen und verstehen. Du darfst aber nicht vergessen, dass du für dich studierst und eine eigenständige Person bist. Du solltest dich von deinen Mitstudenten nicht unter Druck setzen lassen, allerdings auch nicht umgekehrt durch sie das Studium vernachlässigen. Eine gute Balance zwischen eigenständigem Arbeiten und Teamwork ist wichtig. Klausuren und Lernen Finde deine Lernmethode. Ob du durch Karteikarten oder fünfzehnfaches Abschreiben deiner Notizen am besten lernst, ist dir überlassen. Es sollte dir jedoch bewusst sein, dass lernen oft ein individueller Prozess ist. Ein wichtiger Aspekt ist auch ein guter Lernort. Wenn es bei dir zuhause laut ist und du ohnehin zu nichts kommst wenn die Fernbedienung genau neben dir liegt, ist es oft hilfreich in die Uni zu fahren um dort produktiv zu sein. Gönn dir aber auch mal eine Auszeit.

Als Student sagt dir niemand, dass du jetzt lernen musst. Das liegt jetzt ganz bei dir. Denk aber daran, dass du dein Bestes geben solltest. Du bezahlst ja für dein Studium, da sollte auch etwas Brauchbares herauskommen. In zehn Jahren solltest du nicht bereuen, es nicht besser gemacht zu haben. Denk aber immer noch daran, was du als Mensch brauchst. Du bist zwar Student und das Studium sollte deine Priorität sein, vor allem in den ersten Semestern. Vergiss aber nicht, dass du ein Mensch und keine Maschine bist. Nimm dir auch Zeit für dich. Abschalten ist wichtig um danach wieder voll da zu sein. ‚Studentlife‘ Mach dem klischeehaften ‚Studentlife‘ alle Ehre! Abliefern bei Tag, Party bei Nacht. Gönn dir diese Zeit und gib dein Bestes. Erlaube dir einen Tag mal frei zu nehmen, aber belasse es dann auch bei einem Tag und lass es nicht zu einer Woche/Monat/ Semester werden. Da wir ja schon beim Thema sind, ermutige ich dich etwas zu finden, dass nur dir gehört. Mach etwas nur für dich. Finde etwas, wobei du komplett abschalten kannst und erfreue dich an den kleinen Dingen des Lebens. Sei es ein gutes Buch schon dreizehnmal gelesen zu haben und trotzdem danach zu greifen oder deinen Instagram-Feed neu zu gestalten. Schreib Gedichte, die schrecklich sind, auf die du aber trotzdem stolz bist, weil du etwas geschaffen hast. Mach irgendetwas, das dich in schweren Momenten hochzieht. Zum Abschluss lässt sich nicht mehr viel sagen außer ‚Herzlich Willkommen und mach das Beste aus deinem Studium!‘ Ich hoffe einige dieser ‚Tipps‘ helfen dir weiter. Regina Ringshausen 17


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Praktikum mit Erasmus – So geht’s! Wen das Fernweh packt und wer zudem gewillt ist, die ersten Gehversuche ins Arbeitsleben zu wagen, der kann dank Erasmus gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Erasmus bietet Studierenden nicht nur die Möglichkeit eines Auslandssemesters, sondern auch von Auslandspraktika. Der ScheinWerfer zeigt, wie genau das funktioniert. Warum Auslandspraktikum? Zunächst gilt es zu klären, warum man überhaupt ein Praktikum im Ausland wagen sollte. Schließlich lässt sich ein Praktikum in der Regel auch in der Heimat, in der gewohnten Umgebung durchführen, wo man Orientierungs- und Bezugspunkte hat und man seine tägliche Routine nicht gänzlich aufgeben muss. Hinein in eine neue Kultur Der offensichtlichste Vorzug eines Auslandsaufenthalts ist die Möglichkeit deinen eigenen Horizont zu erweitern. Dies klingt wie eine Phrase, doch es steckt viel mehr dahinter als es zunächst scheint. Begibst du dich als Praktikant in ein neues Land, wirst du automatisch mit den kulturellen Eigen- und Gepflogenheiten konfrontiert und du lernst eine neue Mentalität kennen. Durch direkten Kontakt mit den Einheimischen gelingt dies am besten. Das Knüpfen von Freundschaften schult deine interkulturelle Kompetenz, du beginnst die Kultur zu verstehen und sensibilisierst dich für sie. Durch ein Praktikum im Ausland lernst du nicht nur die dortige Kultur, sondern auch die Arbeitswelt kennen. Sprache lernen leicht gemacht Die Begegnung mit einer anderen Kultur beinhaltet selbstverständlich auch die Begegnung mit einer anderen Sprache. Im Ausland musst du deinen Alltag mit der Nutzung der englischen oder der dortigen Amtssprache bewältigen, daran führt kein Weg vorbei. Selbst wenn es an grammatischen Feinheiten mangelt: Die praktische Nutzung und auch passive Aufnahme von Gesprochenem, verbessert deine Kenntnisse und deine Kompetenz dich zu verständigen. Durch die Anwendung von Sprache im Alltag fällt es vielen Leuten leichter, sich bestimmte Begriffe zu merken, weil sie sie mit Situationen und Bildern verknüpfen können – was ein klarer Vorteil gegenüber dem Pauken von Vokabeln mit Lehrbuch und Vokalbelheft darstellt. Insbesondere fachspezifische Begriffe wirst du dir schnell einprägen, was sich in Zukunft noch als sehr hilfreich für dich erweisen könnte. Ein Plus für die Karriere Das stichhaltigste Argument pro Ausland ist die Verbesserung der eigenen Jobperspektive. Auslandserfahrung ist für viele Arbeitgeber ein wichtiges Kriterium und ein Pluspunkt gegenüber Bewerber, die eine solche Erfahrung nicht vorzuweisen haben. 18

Bestenfalls besitzt du mit deinen Erfahrungen und erworbenen Kenntnissen auch realistische Chancen im internationalen Arbeitsmarkt, insbesondere natürlich in dem Land, in dem du zuvor ein Praktikum absolviert hast. Du hast es einfacher internationale Kontakte zu knüpfen und dir vielleicht ein Netzwerk zu schaffen, dass dir Perspektiven für deine Karriere verschafft.

Praktikum mittels Erasmus Das wohl bekannteste Förderprogramm zur Vermittlung und Organisation von Auslandsaufenthalten während des Studiums nennt sich Erasmus. Bekannt ist das Erasmus-Programm vor allem durch das Angebot von Aufenthalten an ausländischen Universitäten, doch darüber hinaus bietet Erasmus den Studierenden auch die Möglichkeit eines Auslandspraktikums. Praktikum in über 30 Ländern Eines vorweg: An dem Erasmusprogramm beteiligen sich alle EU-Mitgliedsstaaten, die EFTA-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein und darüber hinaus auch die Türkei. Die Schweiz ist seit 2014 nicht mehr im Erasmusprogramm integriert, da die dortige Regierung ein fälliges Personenfreizügigkeitsprotokoll nicht unterzeichnete. Für all jene, die an einem Praktikum außerhalb Europas interessiert ist, empfiehlt sich das PROMOS-Programm. Bei PROMOS handelt es sich um eine Organisation, die Praktika in Nicht-Erasmusstaaten fördert. Flexible Rahmenbedingungen Theoretisch kannst du mittels Erasmus während deiner Laufbahn als Student oder Studentin zwölf Monate, also ein ganzes Jahr, als Auslandspraktikant absolvieren. Diese müssen selbstverständlich nicht an einem Stück abgehalten werden, sondern können in mehrere Praktika unterteilt sein. Die Mindestlänge eines Praktikums beträgt zwei Monate (bzw. 60 Tage). Demnach könntest du also während deines Studienzyklus maximal an sechs verschiedenen Praktika teilnehmen - deiner Reiselust und Neugierde sind also kaum Grenzen gesetzt! Was die Gestaltung und die Form des Praktikums anbelangt, besticht Erasmus durch Flexibilität. So kann ein Praktikum sowohl bezahlt, als auch unbezahlt sein. Es kann in den verschiedensten Unternehmen, in Verbänden, Stiftungen und Parteien stattfinden. Vorausgesetzt wird, dass das Praktikum inhaltlich zu deinem Studienfach passt – schließlich soll es


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eine praktische Ergänzung zu deinem, zumeist eher theoretisch geprägten Studium darstellen. Finanzielle Förderung Ein wichtiger Faktor, der viele Studierende anfangs abschreckt oder zumindest ins Grübeln bringt, ist die Finanzierung. Erasmus greift dir hierbei tatkräftig unter die Arme: Das Programm bietet Stipendien an, die sich nach den Lebenshaltungskosten deines Ziellandes richten. Die Beträge werden regelmäßig angepasst und zum nächsten Wintersemester wieder leicht erhöht. Zieht es dich also beispielsweise in das teure Schweden, so wird dir ein Förderbeitrag von 360 € pro Monat zuteil. Entscheidest du dich dagegen z.B. für den wirtschaftlich schwächer entwickelten Balkanstaat Bulgarien, beläuft sich die Förderung auf monatlich „nur“ 258 €. Eigene Organisation Da Erasmus in erster Linie ein Förderprogramm ist, obliegt die Suche und Organisation deiner Praktikumstelle dir selber. Es gibt Vermittlungsagenturen, die über Datenbanken verfügen, mittels derer du nach einer passenden Praktikumsstelle suchen kannst. Diese Agenturen sind allerdings nicht immer ganz billig. Selbstverständlich kannst du auch gezielt auf den Karriereseiten von bestimmten Unternehmen nach ausgeschriebenen Stellen im Ausland suchen und dich für jene bewerben. Für die meisten Fachbereiche gibt es außerdem internationale Studentenorganisationen, die ebenfalls Praktikumsplätze vermitteln.

lange Planung im Vorfeld nicht notwendig ist, da der Antrag bis spätestens einen Monat vor Beginn des Praktikums eingereicht werden kann. Fehlende Unterlagen können auch im Nachhinein noch gesendet werden. Macht euch also kein Stress! Die letzten Formalitäten Mit der Bestätigung deiner Bewerbung sendet dir das International Office auch die vertraglichen Dokumente in zweifacher Ausführung, einmal für dich selbst und einmal für das International Office, zu. Letzteres schickst du unterschrieben und mit der Angabe deiner Kontodaten wieder zurück. Hast du dies erledigt, so bekommst du noch weitere, für den Auslandsaufenthalt benötigte, Dokumente, darunter Zertifikate und den sogenannten Europass, der zur europaweiten Darstellung deiner Qualifikationen und Kompetenzen benötigt wird. Erasmus legt stets Wert auf die Meinung der Teilnehmer und wird dir daher per PDF-Dokument eine sogenannte „EU-survey“ zuschicken, die du allerdings erst nach Abschluss des Praktikums ausgefüllt zurücksenden musst. Danach heißt es Koffer packen und rein in den Flieger! Florian Fabozzi

Was du für die Bewerbung benötigt Hast du dich nach reiflicher Überlegung dafür entschieden das Abenteuer Auslandspraktikum in die Tat umzusetzen, und obendrein deinen Praktikumsplatz schon sicher, beginnt traditionell der bürokratische Akt: Das Einreichen deiner Bewerbung an das International Office. Die Bewerbung umfasst ein online verfügbares Bewerbungsformular, in dem hauptsächlich deine Personalien abgefragt werden, eine Immatrikulationsbescheinigung, dein Lebenslauf, deine Unfall- und Haftpflichtversicherung sowie ein Motivationsschreiben. Zudem benötigst du natürlich die offizielle Zusage und Bestätigung deiner Praktikumsstelle in Form eines Formulars, das von den dort verantwortlichen Personen auszufüllen ist. Zu guter Letzt darf auch die ECTS-Bescheinigung nicht fehlen, andernfalls würde dir das Praktikum hinterher schließlich nicht angerechnet werden. Bezüglich der Bewerbung gilt es festzuhalten, dass eine ewig

Das International Office befindet sich im Verwaltungsgebäude (Bibliothekstr. 1) im Erdgeschoss. Zuständig für die Beratung zum Thema Auslandspraktika (nicht nur Erasmus) ist Mathias Brücken, der im Raum 0570 anzutreffen ist. Sprechzeiten sind am Montag und Freitag, jeweils von 9:00 Uhr bis 12:00 Uhr. Telefon: 0421/21860374 Mail: auslandspraktika@uni-bremen.de Weitere Informationen zum Erasmus-Förderprogramm: http://www.uni-bremen.de/?id=11086 19


BREMEN

In Schreibgewittern mit Corinna Gerhards Das Bremer Viertel. Eine gemütliche, kleine Küche in einem typischen Bremer Altbau. Hier war ich für den ScheinWerfer zu Besuch bei Corinna Gerhards. Den Lebenslauf lesend könnte man mit einem alten Menschen rechnen, der viele Jahre hatte, im Leben einiges auszuprobieren und zu erleben. Corinna Gerhards hat dies in sehr viel kürzerer Zeit geschafft. „Ich bezeichne mich als Autorin, weil ich vom Schreiben und Lesen leben kann.“

„Deadlines diktieren oft den Tag.“

Corinna ist mir nicht unbekannt. In meinem Bachelorstudium lernte ich die energiegeladene, große Frau mit den schwarzen Haaren durch ihr General-Studies-Seminar mit dem Titel „Kreatives Schreiben: In Schreibgewittern“ kennen. Der Kontakt besteht bis heute. In Schreibgewittern, das trifft den Nagel auf den Kopf.

„Die eigene Organisation ist schwierig. Die krasse Struktur vom Tag fehlt bei mir, aber es funktioniert für mich einfach nicht. Stattdessen diktieren Deadlines oft den Tag. Und die eigene Stimmung, die mir sagt, worauf ich gerade Lust habe“, verrät Corinna mir. Eine Situation, mit der sich viele Studierende identifi© Corinna Gerhards zieren dürften, denn auch hier gilt es, sich selbst bestmöglich im Homeoffice zu strukturieren. „Ich muss mich auch sehr nach Jonas richten.“ Ihr 15-jähriger Sohn schaut während des Interviews immer mal in der Küche vorbei. Ganz wie seine Mutter ist auch er kreativ und sammelt bereits erste Erfahrungen im Filmgeschäft. Eines der gemeinsamen Kurzfilmprojekte entstand von der Idee bis zur Vollendung in 99 Stunden: „Sunscream“, ein No-Budget-Projekt, geschaffen von vier Personen. „Ich habe mit einem Freund ‚Nosferatu‘ gesehen und wir mussten dazu einfach einen Kurzfilm machen“, lacht Corinna in Erinnerung an den witzigen 3-Minuten-Film über Vampire, die heutzutage schnell von Vereinsamung und Depression betroffen seien, aber eigentlich nur ein ganz normales Leben führen wollen. Noch gibt es keinen fertiggestellten Spielfilm aus der Feder der 39-Jährigen. „Langfilmprojekte dauern halt so lange, von Idee über Entwicklung bis zum fertigen Film kann es zwischen vier und sieben Jahren dauern“, erklärt Corinna. Kurzfilme bringen viel schneller Ergebnisse, weswegen sie diese immer wieder und wieder gerne mache. Auch wenn es ein No-Budget-Projekt wie ‚Sunscream‘ ist. Obwohl, No-Budget stimme nicht ganz: „Wir haben ein billiges Vampir-Gebiss gekauft.“

Ein herzliches Lachen auf meine Frage nach ihrem Lebenslauf: „Wie viel Zeit hast du denn?“ Ich werde neugierig und bitte um die Kurzfassung, die mich beeindruckt: Tischlerin, Maschinistin, freischaffende Künstlerin durch Europa reisend, Deutschlehrerin in einer amischen Schule in Michigan/USA, Projekt- und Teamleiterin in der Marktforschung, Selbstständige im Einzelhandel, Studentin der Germanistik, Kulturwissenschaften und Philosophie, Lehrbeauftragte und Dozentin der Uni Bremen, Redakteurin, freischaffende Autorin und Drehbuchautorin, außerdem Mutter. „Ich kann nur so schreiben, wie ich jetzt schreibe, eben weil ich so viel gemacht und gesehen habe“, erzählt sie mir und ich glaube es sofort. 2011 veröffentlicht sie ihr Kinderbuch „Mondläufer“ und bekommt das Autorenstipendium Bremen: „Hier habe ich das erste Mal gemerkt, dass ich auch ein Buch schreiben kann.“ Gleichzeitig kommt sie von der Idee „Journalismus“ ab. Auf Dauer ist die Arbeit für Corinna doch zu eintönig, die Texte sollen zu sehr fremdbestimmt geschrieben werden, als dass sie es Vollzeit machen möchte. Die Zahlen der Autorinnen und Autoren, die durch Veröffentlichungen leben können, ist jedoch verschwindend gering. „Dann bekam ich von Ute [Siewerts, Anm.d.Red.] den Tipp, beim Drehbuchseminar mitzumachen, was ich erst ganz furchtbar fand. Es war so anders, als alles, was ich bisher gewohnt war zu schreiben“, erinnert Corinna sich. Die Bremer Universitätslektorin mag bei Corinna mit ihrem Vorschlag nicht sofort auf Begeisterung gestoßen sein, soll aber Recht behalten. Es folgen weitere Seminare in Berlin und es macht nicht nur immer mehr Spaß, sondern es lässt sich auch Geld damit verdienen. Ihre kritische Art kann sie als Manuskriptkritikerin ausleben und erzählt von einer kurzen Zeit der Hemmung: „Bekommen das die Autoren eigentlich auch zu lesen? – Nein. – Oh, gut, dann kann ich ja so weiterschreiben.“ Sie lacht und dreht sich noch eine Zigarette. 20

„Ein Vollzeitkreativer-Tag liegt eigentlich bei etwa 4,5 Stunden.“ Stattdessen kommt Corinna oft auf 15 Stunden-Tage. „Der Alltag ist Arbeit, Wochenenden habe ich nicht. Manchmal habe ich dennoch das Gefühl, ich arbeite gar nicht richtig.“ Deswegen beginne sie den Tag auch lieber mit den Händen,


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© Corinna Gerhards

Ein Still vom Kurzfilm „Hold it (AT)“ bevor dann der Kopf dran sei. Nur mit dem Haushalt prokrastiniere sie leider nicht – und sieht sich lachend in der Küche um. Ich mag die künstlerisch anmutende Küche auch mit den drei Spinnweben an der hohen Decke. Aus den Serien und Filmen, die sie während handwerklicher Tätigkeiten schaut, nimmt sie viele neue Impulse mit: „Es geht einfach darum, neue Welten aufzumachen. Nicht darum, Szenen zu übernehmen.“ Und was braucht es noch, um all der geforderten Kreativität nachkommen zu können? „Viele Weinabende mit Freunden!“, grinst Corinna und wird wieder ernster. „Ganz wichtig ist das Herumspinnen mit Freunden. Zum Dranreiben. Man braucht einen ‚Sparing-Partner‘, der mitmacht und dich weiterbringt.“ „Beim U-Bahnfahren in Berlin findet man die besten Charaktere.“ Einmal sei sie dafür extra Runden gefahren, auf dem Schoß immer das obligatorische Notizbuch liegend. Ich will schon mit der nächsten Frage weitermachen, als Corinna noch was einfällt: „Ach ja! Und Yahoo News! Wenn du mal einen Krimi schreiben willst, schau auf die Yahoo News.“ Ein Blick auf besagte Internetseite zeigt: Dieser Tipp ist erschreckend gut! Nun habe ich also erste Ideen – und nun? Was müssen angehende AutorInnen oder DrehbuchautorInnen denn eigentlich mitbringen? Die Antwort folgt unmittelbar auf meine Frage: „Man muss gucken können. Man muss die Geschichten sehen können. Das Gespür für Wörter kann man lernen, die Menschen auf der Straße, die kleinen Szenen, die muss man sehen können. Man muss rausgehen und die Geschichten einfach sehen können.“ Und genau so habe es bei ihr begonnen. „Ich

habe angefangen zu schreiben, weil ich nicht malen kann. Ich habe die Geschichten gesehen, aber ich konnte nur das Abbild malen. Beim Schreiben bekomme ich diese zweite Ebene, das was eigentlich hinter dem liegt, was man offensichtlich sieht, hin. Da wurde mir klar, dass das meine Kunst ist.“ Ich merke Corinna an, dass sie sich darüber schon häufiger Gedanken gemacht hat. Das Thema ist ihrs! Ihre Motivation? „Ein bisschen auch, um die Welt zu verändern und wenn es nur ein kleines bisschen ist. Der Gedanke daran, etwas in Menschen bewegen zu können. Und wenn es nur ein Kind ist, was meine Geschichte liebt. Dann habe ich es schon geschafft.“ Und im Film sei das natürlich noch intensiver. „Ich habe neben Heike Makatsch gepinkelt.“ Apropos Film. Wenn man regelmäßig auf großen Filmfestivals herumläuft, gibt es doch sicherlich schöne Anekdoten, oder? „Puh!“, ist die spontane erste Reaktion von Corinna. Sie lehnt sich auf dem niedrigen, gepolsterten Stuhl zurück und überlegt. „Ich renne regelmäßig Tom Schilling um. Er ist aber auch soooo klein und einfach auf jeder Party.“ Ihr entschuldigender Blick bringt mich erneut zum Lachen. Aber alles in allem sei es irgendwann einfach sehr normal, all diesen kleineren und größeren Prominenten zu begegnen. Und nicht weniger spannend seien die vielen Begegnungen mit Autorinnen und Autoren: „Irgendwann mach ich noch mal ‘ne Reihe ‚Auf ein Bier mit…‘, weil ich schon mit so vielen Autoren einen trinken war.“ Bei einer Lesung von Kai Meyer im März 2014 zu seinem Buch „Phantasmen“ wäre ich beinahe noch mitgegangen. Es scheint eine lustige, lange Nacht geworden zu sein. Ärgerlich für mich! 21


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„Nicht alle finden alles gut.“

© Corinna Gerhards

Normaler Arbeitswahnsinn bei Corinna zu Hause Vermutlich hat auch die eine oder andere Begegnung dieser Art für Inspiration von Figuren gesorgt. Gibt es aktuell eine Lieblingsfigur? Auch hier muss Corinna erst überlegen: „Ich arbeite an so vielen Projekten gleichzeitig, dass ich manchmal sogar die Figuren durcheinander bringe. Die leben alle in deinem Kopf!“ Besonders gerne habe sie aber nach wie vor die Figur „Dschäck Ohnebohne“ aus ihrer Fortsetzungsgeschichte in der „Kinderzeit“. (Einen Link dazu findet ihr in der Infobox. Unbedingt mal reinschauen!) „Leidenschaft, Spaß, man muss es wirklich wollen!“ Ein eigenes Buch zu schreiben ist der Traum vieler Menschen. Der Gedanke, einen besseren als den letzten, enttäuschenden Film zu schreiben, kommt so ziemlich nach jedem schlechten Kinobesuch auf. Wie oft mokiere ich mich selbst über grausige Dialoge! Und trotzdem: Warum schreibt man dann doch wieder kein Buch? Ich frage nach Tipps, die ich auch bekomme: „Einfach machen. Nicht irgendwann mal, sondern machen. Den Zensor ausstellen, einfach mal was runterschreiben und Verbesserungen erst danach angehen. Zuerst muss man die Illusion der Perfektion von Anfang an loswerden.“ Eine Variante, seine Hemmungen abzustellen und den Gedankenstrom zuzulassen, ist der „NaNoWriMo – der National Novel Writing Month“, also in einem Monat, genauer im November, ein Buch zu schreiben. Bei durchschnittlich 1.667 Wörtern am Tag kann man es sich nicht leisten, über jeden Satz lange nachzudenken. Und genau das ist auch der Sinn dieses kreativen Schreibprojekts: Einfach losschreiben. 22

Um die Motivation nicht zu verlieren, gibt Corinna noch einen Tipp: „Man sollte sich nicht zu sehr von anderen Menschen herunterreden lassen. Nicht alle finden alles gut. Es muss dir gefallen.“ Und niemals das Notizbuch vergessen! An diesen Tipp erinnere ich mich selbst noch aus ihrem Seminar vor zwei Jahren. Genauso wie die kleinen, wenige Minuten umfassenden Schreibübungen zu einem bestimmten Begriff. Hierbei gilt es, den Kopf aus-, den Stift einzuschalten. Es geht darum, sich in Schreibgewitter fallen zu lassen. Die Worte, von denen man nicht einmal weiß, dass sie in einem stecken, herauszulassen. Ob quantitativ oder doch qualitativ ausgerichtet: Corinna Gerhards lebt in Schreibgewittern. Auf dem Bremer Filmfestival am 24. und 25. September konnten Zuschauer den siebenminütigen Film „Hold it (AT)“ von Corinna in der Kategorie „Kurz & Gut, Teil 1 – Kurzfilme bis 15 Minuten“ erleben. Bei der deutsch-ukrainischen Produktion übernahm sie zusätzlich zum Drehbuch neben Leon Pietsch die Regie. Außerdem kann man ihre Arbeit bald bei „Siebenstein“, einer TV-Kinderserie vom ZDF, wiederfinden. Corinna bekam den Zuschlag für einen Animationsfilm in einer Folge. Sicherlich inspiriert und berührt sie damit noch die eine oder andere Kinderseele: „Denn du weißt nie, wo die Geschichte noch hinkommt.“ Pia Zarsteck Mehr über Corinna Website: corinnagerhards.wordpress.com Twitter: twitter.com/PollySees Kinderzeit Fortsetzungsgeschichte „Dschäck ohne Bohne“: http://www.kinderzeit-bremen.de/medien/fortsetzungsgeschichte No-Budget Kurzfilm auf YouTube „Sunscream“: https:// www.youtube.com/watch?v=72qOI6hGffk Mehr zum kreativen Schreiben NaNoWriMo: www.nanowrimo.org


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Ein wildes Pikachu erscheint… und keinen interessiert‘s Am 11. September fand die zweite Bremer Pokémon GoTour am Osterdeich statt - und manch einen wird diese Nachricht nun sicherlich freuen: Der Hype um die Pokémon, die sich seit ein paar Monaten wie eine Plage überall in der Stadt tummeln, scheint vorbei.

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in paar verlorene Gestalten lungerten an einem Sonntagmittag am Osterdeich unterhalb des Café Ambiente. Die Handys stets gezückt und die Powerbank parat warteten sie. Doch worauf? Wer hätte bei diesem Menschenauflauf vermuten können, dass an diesem besagten Sonntag die zweite Pokémon Go Tour in Bremen stattfand? Lediglich die eingefleischten Fans hatten es zu dieser Tour geschafft, die zuvor zweimal wegen schlechten Wetters verschoben worden war. Vergebens warteten sie auf die 400 weiteren Mitstreiter, die sich bei Facebook angekündigt hatten. Nicht einmal der Veranstalter selbst trat in Erscheinung. Dabei war vor Kurzem fast ganz Bremen vom Pokémonfieber befallen. Zwei Monate zuvor stolperte man regelrecht in jedem Winkel der Stadt über die eifrigen Pokémonjäger. Nachdem das Spiel bereits in Amerika, Australien und Neuseeland großen Anklang gefunden hatte, brach die Euphorie Mitte Juli auch in Deutschland aus, als Pokémon Go hierzulande erschien. Verfechter des Spiels heben hervor, dass durch die Pokémonjagd viele Jugendliche endlich weg vom PC und raus in die Natur kommen würden. Es wird behauptet, die Poké-Stops seien lehrreich und man entdecke Orte noch einmal ganz von Neuem. Eine Studie der TU Braunschweig zufolge, fördere das Spiel die Mobilität und das Sozialverhalten der Spieler – was sicherlich zutrifft, wenn man gemeinsames Herumsitzen und auf sein eigenes Smartphone schauen als „mobil“ und „sozial“ bezeichnen möchte. Wie dem auch sei, das Spiel trieb bei der ersten Pokémon Go Tour immerhin 700 Menschen an den Osterdeich. In einem Interview für buten un binnen freute sich der Veranstalter Sebastian Clören damals über den großen Erfolg der Veranstaltung. Damit hatte er nicht gerechnet – und wer hätte damit auch rechnen können. An einem Tag im Juli trotzten hunderte Menschen dem Regen und versuchten auf nassen Displays verzweifelt ein weiteres Hornliu (zu Deutsch: ein Wurm) einzufangen. Doch mittlerweile scheinen merklich weniger Leute auf der Suche nach Pikachu und Co. zu sein und diesen Eindruck gewann man auch bei der zweiten Bremer Pokémon Go Tour. Vielleicht haben die Bremer langsam genug von den Rattfratz, den Taubsis und den Raupys, die in der Stadt haufenweise zu finden sind. Abgesehen von der geringen Teilnehmeranzahl bei der zweiten Tour, sollte man nicht unerwähnt lassen, dass der Veranstalter Clören offensichtlich sein eigenes Event verpasst hat. Weder war er selbst anwesend noch gab es die versprochene Verpflegung und die Unterstände. Darüber hinaus

wurde im Voraus keinerlei Werbung für die zweite Tour gemacht und man darf sich fragen, wofür das Sponsoring durch McDonalds und Allianz genutzt wurde. Für die Fans ist es schade, dass die Tour ein Reinfall war. Aber immerhin blieb Bremen dadurch vielleicht auch so manches Chaos erspart. Erst vor Kurzem musste nämlich in Düsseldorf die Girardet Brücke auf der Königsallee gesperrt werden, weil sich dort Pokémon Go Fans zu Hunderten niedergelassen hatten. An Bremen ist die Welle der Begeisterung für das Spiel wohl schon vorübergegangen. Wer trotzdem noch Lust auf ein Pokémon-Abenteuer hat, für den gibt es immerhin noch die Möglichkeit, mit dem Bus nach Paris zu touren, um dort Jagd auf die französischen Pokémon zu machen. In diesem Sinne: Au revoir, Pikachu! Laura Acksteiner

© Laura Acksteiner

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Musik und Licht am Hollersee Das Wetter ist mehr als nur gnädig an diesem lauen Sommerabend im August. Die Menschen strömen an der ÖVB-Arena vorbei in Richtung Park Hotel. Auf diesen Abend freuen sich viele Bremer: Es ist Zeit für Musik und Licht am Hollersee.

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as Freiluftkonzert findet nun schon seit 25 Jahren statt. Kostenlos. Ein Dankeschön des Bürgerparkvereins an alle Unterstützer, die die Instandhaltung und kostenlosen Angebote des Bürgerparks ermöglichen. Mittlerweile ist die Veranstaltung so bekannt, dass jedes Jahr zwischen 17.000 und 25.000 Besucher gezählt werden. Eigentlich ist der Hollersee kein See im üblichen Sinne. Eher ein großer, künstlicher Teich am südlichen Ende des Bürgerparks. Rings um das Wasser ist zwar Platz für eine Menge Leute, aber wer erst kurz vor acht kommt, kann Probleme haben, noch einen (guten) Platz zu finden. Die Plätze vor der Bühne sind ohnehin schon lange vergeben, ebenso wie jene direkt am Ufer. Das Publikum ist so gemischt wie sonst kaum bei einem Konzert klassischer Musik. Es sind viele Leute da, die normalerweise – Vorsicht Vorurteile! – so ein Konzert wohl kaum besuchen würden. Alle sitzen und stehen kunterbunt durcheinander. Bloß im abgesperrten Bereich vor dem Hotel geht es geordneter zu. Dort steht Stuhlreihe hinter Stuhlreihe mit Blick auf die Bühne am anderen Ende des Sees. Wer dort sitzt, ist entweder Gast des Hauses oder hat etwas dafür bezahlt.

Mit dem Beginn des Konzerts um acht entzünden die Besucher ihre Fackeln, die zu Gunsten von Bürgerpark und Orchester verkauft werden. Der See wird zum Lichtermeer. Das Jugendsinfonieorchester Bremen-Mitte beginnt mit einem Ausschnitt aus „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss, der vielen auch aus dem Film „2001: Odyssee im Weltraum“ bekannt sein dürfte. Ob man nun währenddessen ein Picknick macht, sich unterhält oder einfach stumm der Musik lauscht, es macht Freude dem Orchester zuzuhören, denn seine Mitglieder – alle zwischen 15 und 20 Jahren alt – spielen auf wirklich hohem Niveau. Es folgen weitere bekannte und weniger bekannte Stücke. Darunter nicht nur Werke der alten Meister sondern auch Filmmusik und Opern- oder Musicallieder, gesungen vom Solisten Christoph Heinrich. Unter anderem auch „Stars“ aus dem im Jahr 2012 verfilmten Musical „Les Misérables“. Worauf jedoch alle gespannt warten: die „Feuerwerksmusik“ von Georg Friedrich Händel. Mit dem ersten Takt beginnt die Plattform in der Mitte des Sees zu brennen – im übertragenen Sinn. Feuerräder, glitzernde Fontänen und bunte Lichter. Da sind nicht nur die Kinder begeistert. Als einige kleine Feuer-

© Alexander Bögelsack

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werkskörper aufs Wasser geschossen werden und dort erst zu leuchten beginnen und sich dann auch noch drehen, ruft ein Mann hinter mir: „So was hab‘ ich ja noch nie gesehen!“ Das Feuerwerk ist fast vorbei, als die Plattform tatsächlich anfängt zu brennen. Die Feuerwehrleute müssen jedoch abwarten, bis die letzte Rakete aufgebraucht ist, bevor sie es löschen können. Das Konzert nähert sich seinem Ende. Auch wenn nach dem Feuerwerk schon die ersten gegangen sind, ist die Stimmung immer noch wundervoll. Ein fröhlicher Walzer lädt zum Schunkeln ein, jemand ruft „Und jetzt alle!“ und hinter mir beginnen ein paar Mädchen zu tanzen. Nicht grazil, nicht einmal einen Walzer, aber mit Freude. Und dann ist es Zeit für das letzte Stück. Das Publikum ist herzlich eingeladen mitzusingen. Wie jedes Jahr wird darum gebeten, die Stimmung zu genießen und das Lied einfach ausklingen zu lassen, nicht zu klatschen. So viele Menschen „Der Mond ist aufgegangen“ singen zu hören, in der lauen Nachtluft während der See noch im Schein der letzten Fackeln schimmert, ist einmalig. Es macht mir eine wohlige Gänsehaut. Als ich in den Himmel schaue, blinzeln zwischen den wenigen Wolken tatsächlich ein paar helle Sterne hervor, trotz des Lichts der Stadt. Ich glaube sogar, eine Sternschnuppe gesehen zu haben. Aber ich verrate nicht, was ich mir gewünscht habe. Ronja Storck

© Merlin Smekal

Musik und Licht am Hollersee © Annette Bögelsack

Findet jedes Jahr im Spätsommer statt (Ende August/Anfang September) Eintritt: kostenlos (freiwillige Spenden möglich, u.a. durch Kauf einer Fackel) Ort: Hollersee (am Park Hotel im Bürgerpark) Nächste Haltestellen: Hauptbahnhof; Blumenthalstraße, Messe-Zentrum Musikgenre: Klassik, Oper, Musical, Filmmusik Orchester: Jugendsinfonieorchester Bremen-Mitte (http://www.jso-bremen.de/) Veranstalter: Bürgerparkverein (http://www.buergerpark. de/index.php)

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3 Tipps für unterhaltsame Stunden Für Teamplayer: Tom Clancy’s Rainbow Six: Siege Nach den vielen erfolgreichen Teilen der Computerspielreihe „Tom Clancy’s Rainbow Six“ kam im Dezember 2015 das aktuelle Spiel heraus, im Titel um den Zusatz „Siege“ (deutsch: Belagerung) erweitert und im Begriff, noch erfolgreicher zu werden. Die Ego-Shooter-Reihe basiert auf dem Roman „Rainbow Six“ (im Deutschen: „Operation Rainbow“) vom US-amerikanischen Schriftsteller Tom Clancy aus dem Jahre 1998. Clancy ist besonders durch seinen 1984 erschienenen Debütroman „Jagd auf Roter Oktober“ bekannt geworden. „Rainbow Six: Siege“ ist ein First-Person Taktik-Shooter, in dem Spieler in die Rollen von Antiterroreinheiten schlüpfen. Vornehmlich in Gebäuden spielend, geht es darum, Geiseln zu befreien oder Bomben zu entschärfen. Im Gegensatz zu einem normalen Shooter ist in einem Taktik-Shooter ebendies wichtig: Taktik und Strategie. Höchstes Risiko, strategisches Vorgehen, explosive Action und vor allem viel Absprache im Team bieten spannungsgeladene Abende. Neben dem Herzstück des Shooters, dem Multiplayer, bietet „Siege“ elf Missionen im Singleplayer. Diese sind allerdings kein typischer Singleplayer-Modus, sondern dienen der Übung. Hier lernt man Charaktere und Karten, sowie Grundzüge und Funktionen des Spiels kennen. Einmal 26

durchgespielt, kehrt man nicht zurück. Daneben gibt es einen netten Koop, in dem man mit bis zu vier weiteren Freunden gegen KI-Gegner antritt. Die grandiose Grafik, das atemberaubende Gameplay und die dynamischen Schauplätze erhöhen den Spielspaß, der sich jedoch verringern kann, wenn man nur alleine spielt. Weit mehr Spaß macht es, im Koop gemeinsam mit Freunden auf Terroristenjagd zu gehen oder im Multiplayer zu spielen. Um erfolgreich zu sein, benötigt man taktisch kluge Vorgehensweisen, gute Teamarbeit und vor allem ständige Absprachen und höchste Konzentration. Die Abwechslung zwischen den vorsichtigen Phasen und der blitzartigen Action generieren ein sehr hohes Maß an Spannung. Auch wenn sich der eine oder andere einen Singleplayer-Modus wünschen mag, macht „Tom Clancy’s Rainbow Six: Siege“ doch erst im Team so richtig Spaß. Aber aufgepasst: Es gibt keinen Respawn!

Pia Zarsteck Tom Clancy’s Raionbow Six – Siege, Entwickler: Ubisoft Red Storm, Ubisoft Montreal, Publisher: Ubisoft, VÖ 2015


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Sing Street – Sympathische Unterhaltung aus Irland

Hush - Überlebenskampf unter speziellen Bedingungen

In „Sing Street“ verbinden sich irischer Lokalkolorit, 80erJahre-Flair und angenehme Beats zu einem charmanten Coming of Age-Film. Die miserable wirtschaftliche Lage des Landes bekommt auch die Familie des jungen Conor (Ferdia Walsh-Peelo) zu spüren. Um die Ehe der Eltern ist es ohnehin nicht besonders gut bestellt und der Wechsel von der Privatan eine öffentliche katholische Schule macht das Leben nicht einfacher. Doch ob Schläger oder autoritäre Schulleiter – Conor lässt sich nicht unterkriegen und überzeugt die schöne aber unnahbare Raphina (Lucy Boynten), Hauptdarstellerin seines neuen Bandvideos zu werden. Einziges Problem: Eine Band gibt es noch nicht. Doch die richtigen Leute sind schnell gefunden und so beginnt die abenteuerliche Suche nach musikalischem Erfolg, Freundschaft, Liebe und dem eigenen Lebensentwurf. Die Geschichte ist nicht neu und das unnötig kitschige Ende hinterlässt das Gefühl, zu viele Klischees bedient zu haben. Dennoch macht „Sing Street“ Spaß und bietet mit seinem engagierten Cast eine Geschichte mit überraschendem Tiefgang. Zwar bleiben die Nebencharaktere eher blass, doch ist es umso amüsanter, Aiden „Littlefinger“ Gillen als harmlosen, problembeladenen Familienvater zu sehen. Was dem Soundtrack an Pepp fehlt, machen die bandeigenen Songs, von den Jungdarstellern glaubwürdig gespielt, mehr als wett. Besonderes Highlight ist die Performance des bereits im Trailer verwendeten „Drive it like you stole it“, das die Stimmung des Films auf den Punkt bringt: Sei du selbst, egal, was kommt und habe den Mut, auch die größten Tragödien zu etwas Gutem umzuwandeln.

„Home-Invasion“-Filme sind wieder auf dem Vormarsch. Ein Film dieses Genres wurde in diesem April mit „Hush“ bei Netflix veröffentlicht. Kann er sich mit den bekannteren Vertretern seiner Sorte messen? „Hush“ handelt von der jungen Autorin Maddie (Kate Siegel), die isoliert in einem Haus am Waldrand lebt und eines Nachts von einem Serienmörder (John Gallagher Jr.) heimgesucht wird. Soweit nichts Neues. Der Clou an der ganzen Sache: Maddie ist taub. Der Schutz des Hauses und des eigenen Lebens gestaltet sich damit komplizierter als ohnehin schon. Schnell entwickelt sich ein Katz-und-Maus-Spiel, bei dem Maddie ihren Defiziten zum Trotz alle Register ziehen muss, um ihr eigenes Leben zu retten. Durch das Handicap des Opfers erhält „Hush“ ein ganz neues Element. Regisseur Mike Flannigan nutzt dieses originelle Motiv clever, ohne es überzustrapazieren. Nach einer komplexen Story sucht man bei „Hush“ vergeblich, dafür punktet der Film mit seiner spannungsgeladenen Atmosphäre, die durch das typische Setting, einer geschickten Kameraführung und vielen quälend stillen Sequenzen erzeugt wird. Zudem ist Maddie ein sehr erfrischender Charakter, da sie anders als viele Opfer nicht nur affektiv, sondern auch strategisch agiert. Darstellerin Kate Siegel überzeugt dabei auf ganzer Linie. Blass dagegen bleibt John Gallagher Jr., dem man die Rolle als brutalen Serienmörder nicht wirklich abnimmt. Genrefans werden sich an „Hush“ durchaus erfreuen und für einen spannenden Filmabend taugt er zweifellos. Auf einer Stufe mit dem genreverwandten Kassenschlager „Don’t Breathe“ befindet er sich indes nicht.

Annette Bögelsack

Florian Fabozzi

Sing Street, Regie: John Carney, Drehbuch: John Carney, Irland/ Großbritannien/USA 2016, StudioCanal, Erscheinungsdatum: 06.10.2016, Darsteller u.a.: Ferdia Walsh-Peelo, Lucy Boynton, Jack Reynor

Hush, Regie: Mike Flannigan, Drehbuch: Mike Flannigan, Kate Siegel, USA 2016, Netflix, Erscheinungsdatum: 08.04.2016, Darsteller u. a.: Kate Siegel, John Gallagher 27


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Gewalt, Islam und die Grundwerte menschlicher Freiheit

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eit seinem Erscheinen im November 2015 hat der Interviewband „Gewalt und Islam“ für Aufsehen gesorgt. Der syrisch-libanesische Lyriker Ali Ahmad Said Esber und die französische Psychoanalytikerin Houria Abdelouahed haben den Titel ihrer Veröffentlichung bewusst nicht als Frage formuliert: Sie gehen hart mit dem Islam ins Gericht. Gleichermaßen beleuchten sie religiöse, kulturelle, sprachliche, psychologische, politische sowie wirtschaftliche Aspekte und bieten ihren Lesern fruchtbaren Boden für eigene Gedanken. Islamistisch motivierte Gewalt, nationalistische Politik, Scharia-Polizei und Debatten um ein Burka-Verbot – der Islam bietet in der westlichen Welt viel Diskussionsbedarf. Kann die Religion verantwortlich gemacht werden? Für Esber, der unter dem Pseudonym Adonis Lyrik und Essays veröffentlicht, ist klar, dass der muslimische Glaube und seine Auslegung das Problem sind. Der Islam ist für ihn lediglich ein Mittel zur Machtausübung, das sich seine Anhänger gefügig mache und seine Gegner vernichten möchte. Ein Moslem könne außerhalb der Religion keine eigene Identität aufbauen, als Teil der islamischen Gemeinschaft – der Umma – sei er nur etwas wert, wenn er die religiösen Gebote befolge. Die Psychoanalytikerin Houria Abdelouahed hält den Islam in erster Linie für triebgesteuert. Wie die anderen monotheistischen Religionen fuße der muslimische Glaube auf der männlichen Dominanz. Die Triebe der männlichen Moslems müssten befriedigt werden, Frauen würden nicht als vollwertige Menschen gesehen. Als Objekte zur Triebauslebung und -befriedigung interessierten ihre Bedürfnisse nicht. Während die anderen monotheistischen Religionen diese Dominanz des Triebhaften überwunden hätten, verharre der Islam noch immer in ihnen. Auch Abdelouahed interpretiert die plastischen Drohungen des Korans gegen Andersgläubige als Angriff auf die Psyche des Individuums. Aus Angst würde jegliche Form von Individualität abgeschafft.

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Keine leichte Kost Als Frau, die das große Glück hatte, in Deutschland geboren worden zu sein, muss ich der Kritik am Islam und seinem Frauenbild zustimmen. Wenn Frauen in manchen Golfstaaten nicht wählen dürfen oder eine vergewaltigte Frau sagen muss, die Ehre ihres Mannes – nicht ihr Körper oder ihre Psyche – sei geschändet worden, sind das unhaltbare Zustände. Dennoch kommt mir die Verteufelung einer ganzen Religion falsch vor. Werden muslimische Männer so sehr von ihrem Glauben geprägt, dass sie gar nicht anders können, als zu frauenfeindlichen „Wüstlingen“ zu werden, die sich und ihre Glaubensbrüder für die besseren Menschen halten? Und was bedeutet eine derartige Dominanz der Religion für die Frauen und ihr Selbstbild? Finden sie es am Ende richtig, so behandelt zu werden? Adonis kommt zu dem Schluss: „Der erste Feind der Frau ist nicht der Mann, sondern die Religion.“ Für ihn ist klar, dass der Islam eine Zäsur brauche, einen Bruch mit alten Traditionen, Denkmustern und Gesetzgebungen. Mit Nachdruck kritisiert er den Unwillen der arabischen Welt, mit der Übermacht der Religion zu brechen. Der Islam habe sich in eine Sackgasse manövriert, die keinerlei gesellschaft© Sujet Verlag liche, kulturelle oder politische Entwicklung mehr zulasse. Derzeit würde er sich schlicht selbst zerstören. Den Untergang sieht Adonis nicht notgedrungen negativ: Die arabische Gesellschaft habe nichts geschafft, was sie zu einer großen Kultur machen würde und ihr Verschwinden wäre kein Verlust für die Welt. Sprache und Macht Interessant ist der Bogen, der hier zu Sprache geschlagen wird. Sprache sei eine „Eruption“ mit universeller Wirkung, die vom Islam jedoch beschnitten worden sei und heute als Werkzeug der religiösen Machtausübung fungiere. Der Islam sehe sich als Vollendung der menschlichen Entwicklung, die ein für alle Mal die gesamte Wahrheit über die Dinge spreche. Eigentlich, so Adonis, könne der Mensch jedoch niemals den


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„Die Freiheit ist menschlich und der Mensch ist verantwortlich für die Freiheit jedes Menschen.“

Kern einer Sache erkennen. Nur, wer sich von den Zwängen des Islam befreie, könne eigenständige, individuelle Gedanken entwickeln. Auf ihre Kernthesen kommen die beiden Gesprächspartner immer wieder zu sprechen. Ihre Aussagen unterfüttern sie mit Zitaten aus dem Koran, arabischer Lyrik und Literatur, sowie mit Freud, Nietzsche, Lacan oder Bourdieu. Indem sie auf verschiedene Denkrichtungen Bezug nehmen, erleichtern sie nicht nur den Lesern die Orientierung, sie verdeutlichen auch ein tiefes Verständnis für die Thematik. Doch obwohl die Thesen zu keinem Zeitpunkt unüberlegt sind, so wirken sie in ihrer grundsätzlichen Ablehnung der islamischen Religion doch überheblich. Während des Lesens sträubt sich etwas in der weltoffenen, toleranten Person, die wir gerne sein wollen. Die Mehrheit der muslimischen Weltbevölkerung führt doch ein gewaltfreies Leben. Woher stammt also diese elementare Ablehnung? Und woher stamm unsere Kritik an dieser? Unsere Grundwerte von Toleranz und individueller Freiheit sorgen dafür, dass wir jedem Menschen den eigenen Glauben und die Lebensführung freistellen. Wieso sollte gerade unsere Gesellschaftsordnung mit ihren moralischen Normen die richtige sein? Andererseits dient gerade der Islam häufig als Vorwand, um individuelle Freiheiten einzuschränken. Sicherlich glauben viele muslimische Frauen an die gesellschaftlichen Regeln ihrer Geburtsländer und betrachten es nicht als Unterdrückung, gesetzlich zum Tragen eines Kopftuches gezwungen zu werden. Jedoch: Wie soll ein Mensch Unterdrückung erkennen, wenn er von Geburt an unter dieser lebt und sie als normal empfindet? Haben Adonis und Abdelouahed Recht, wenn sie Moslems als Opfer ihrer Religion bezeichnen? Ist die Abschaffung des Islam die einzig sinnvolle Antwort? Ist es die Pflicht des Westens, bei der Umsetzung von Werten wie Freiheit und Gleichheit zu helfen? Keine Annäherung möglich? Adonis ist sich sicher: Mit heutigen Muslimen sei kein Dialog möglich. Auch der arabische Frühling sei eine Revolution ohne Ziel, die die wichtigen Fragen nicht stelle: Fragen nach der Freiheit der Frau und der Gleichberechtigung der Geschlechter, nach einer laizistischen, das heißt säkularisierten Gesellschaft, die religiöse Toleranz ebenso beinhaltet wie die Möglichkeit des Atheismus. In der Individualität nicht als Ablehnung der geltenden Religion verstanden und dementsprechend bestraft wird. Ohne eine Öffnung für solche Werte sei die islamische Welt dem Untergang geweiht. Wer philo-

sophisch nicht mithalten könne, habe wirtschaftlich, wissenschaftlich und kulturell keine Chance. Doch auch der Westen trage hierzu seinen Teil bei: Indem der arabische Raum zwar als wichtiger Handelspartner geschätzt, jedoch keinerlei Versuche unternommen würden, Werte wie Aufklärung, Säkularisierung oder Gleichberechtigung zu vermitteln, nutze man die islamische Welt bis heute aus. Wer mit Saudi Arabien Geschäfte mache, trage Schuld für die miserable Lage im Jemen. Wer mit dem Assad-Regime zusammenarbeite, sei für die hunderttausenden Bürgerkriegsopfer verantwortlich. Durch das Verfolgen eigener Interessen demontiere der Westen die arabische Welt – politisch, wirtschaftlich und kulturell. Nutzen wir unsere vermeintliche moralische Überlegenheit nur aus? Leicht lässt sich dieses Spannungsfeld nicht auflösen, erst recht nicht zur Zufriedenheit aller. Wohl jeder Mensch – ob Moslem oder nicht – dürfte von der Richtigkeit des eigenen Handelns überzeugt sein. Können wir erwarten, dass Menschen mit anderen kulturellen Hintergründen sich an unsere gesellschaftlichen Gepflogenheiten anpassen? Und was heißt „anpassen“ überhaupt? Am Ende behaupten die Autoren nicht, allgemeingültige Antworten liefern zu können. Ihre Lösungsansätze sind – ebenso wie ihre Kritik – stark subjektiv geprägt, allerdings wird diese Subjektivität zum Gesprächsgegenstand. Die Hoffnung möchte Houira Abdelouahed keinesfalls aufgeben - sie sieht Bestrebungen in der jungen Generation, mehr Gleichberechtigung, Meinungsfreiheit und Individualität zu fordern. Basis für eigene Überlegungen Einblicke in derart intime, sensible und verallgemeinerbare Einsichten sind es, die den Gesprächsband „Gewalt und Islam“ interessant und gehaltvoll machen. Teilweise ist der Text zu dicht geschrieben, an anderer Stelle wirken die Aussagen repetitiv. Unklar bleibt, weshalb die Dialogform gewählt wurde. Vielleicht ist jedoch auch das eine Aussage, die die Kernthesen unterstützen soll: Hier begegnen sich Mann und Frau nicht nur auf Augenhöhe – die Frau ist es, die den logisch-analysierenden Blick der Psychoanalyse in die Debatte bringt. In jedem Fall lässt sich das Gespräch zügig lesen und regt zu eigenen Reflexionen an. Mehr noch als die Handreichung von klaren Antworten, dürfte diese Individualität auch das Ziel der Autoren sein. Annette Bögelsack 29


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Rette sich, wer kann! Wenn das Publikum die Bühne stürmt

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ndem Federico García Lorca das Publikum durch die Figur des Theaterdirektors auf die Bühne bitten lässt, gibt er ihm einen expliziten Raum, in welchem es diskutiert werden kann. Das Publikum ist eine Größe – gewissermaßen eine Entität – die sich nur schwer fassen lässt. Ein Genre denkt laut darüber nach: das Metatheater. Gestatten, das Publikum Was soll man sich unter dieser Entität vorstellen? Was bedeutet es, von einem Publikum zu sprechen? Der erste Gedanke, der sich beim Publikum aufdrängt, geht in Richtung einer Aufführung. Der Zuschauerraum ist dunkel, man hört es beizeiten husten, jemand schnäuzt sich geräuschvoll. Vorn, hell erleuchtet, die Bühne: Dort geschieht die Action, in Form eines Balletts, einer Theatervorführung, eines Konzertes. Auch ein Kinosaal kommt in den Sinn. Doch man spricht nicht nur von einem Seh- und Hör-Publikum, sondern auch von einem ‚Lesepublikum‘. Dieses Wort kommt gerade bei Buchrezensionen häufig vor. Es geht also um einen Akt der Wahrnehmung, der nicht passiv sein muss. Man denkt darüber nach, was man sieht, man

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beobachtet und kategorisiert. Der Moment der Rezeption bleibt also nicht aus – im Gegensatz zu diesem modernen Verständnis von Publikum ging man bis zur Zeit der Aufklärung davon aus, dass man eine Theateraufführung als Publikum nur passiv erlebt. Also in etwa wie ein Augenzeuge. Dem Publikum werden die Eigenschaften eines Subjektes zugeschrieben, das die Fähigkeiten besitzt, dass es „sich selbst aufkläre“, so Immanuel Kant (Kant 1912, S. 36). Auf einer abstrakten Ebene betrachtet nimmt das Publikum wahr, was es vor sich sieht, und verarbeitet dies. Das Publikum bezeichnet, nach der Erklärung des Reallexikons der deutschen Literaturwissenschaft, „Adressaten und Rezipienten von Kommunikationsakten aller Art, i. e. S. von Kunst, Musik, Literatur, insbesondere auch von Theater.“ (Kleinschmidt 2013, S. 194) Alles meta, oder was? Die Gattung der Metaliteratur (nach Hurscherl 2014, S. 28) bezeichnet, vereinfacht gesagt, Literatur jedweder Form, in der sich eine Störung der Illusion vollzieht und den Rezipienten vor Augen führt, dass sie ein fiktionales Werk vor sich haben. Zu dieser Gattung, die im Übrigen in der Forschung


FEUILLETON „Herr Direktor?“ – „Was.“ – „Das Publikum.“ – „Es soll hereinkommen.“ (Federico García Lorca, „Das Publikum“, S. 7) noch stark diskutiert wird, zählt auch das Metatheater. Es gibt verschiedene Konzeptionen zu diesem Metatheater und verschiedene Begriffe für dasselbe, wie ein kurzer Blick auf Wikipedia zeigt: Metadrama, Metatheater, Spiel im Spiel, Theater im Theater, Theâtre dans le theâtre, teatro nel teatro sind nur einige Beispiele davon. Die unterschiedlichen Ansätze, die in den Artikeln in den verschiedenen Sprachen vorgestellt werden, zeugen davon, dass es sich hierbei um einen Begriff mit wenig fixierten Bestimmungen handelt. Wie Metaliteratur thematisiert Metatheater – genauso wie im übrigen auch Metafilm – in der einen oder anderen Form die Gemachtheit eines Theaterstückes. Häufig thematisiert es darin etwa Berufe des Theaters, persifliert Konventionen wie im Typentheater und reflektiert seine eigene Gemachtheit mit Illusionsbrüchen. Theater im Theater im Theater im Theater… So tritt in Ludwig Tiecks „Der gestiefelte Kater“ der Autor des Stückes auf die Bühne, um zum Publikum zu sprechen, das laut kommentiert und wertet: Dieses Publikum sitzt dabei zwischen dem eigentlichen Publikum im Zuschauerraum und der Theateraufführung, die auf einer zweiten Ebene erfolgt. Es entsteht ein sogenanntes „Theater im Theater“, ein Theater auf einer zweiten Ebene innerhalb des Theaterstückes. Die Länge dieses Theaters im Theater kann variieren. Es kann sehr kurz sein, eine Art Intermezzo darstellen wie in Shakespeares „Hamlet“ oder „Midsummernight’s Dream“, oder den Rahmen des gesamten Theaterstückes ausfüllen wie in Luigi Pirandellos „Sei Personaggi in Cerca d’Autore“ (Sechs Personen suchen einen Autor).

Aufforderung wie bei García Lorca, manchmal aufgrund der Situation tritt das Publikum auf der Bühne in Aktion und zeugt davon, dass es weitaus weniger furchteinflößend sein kann als zunächst angenommen. Schließlich wird es auch – oft nicht zuletzt vom Theater – in seine Schranken verwiesen. Erika Unterpertinger Zum Weiterlesen: Richard Binsley Sheridan (2008): The School for Scandals and other plays. Oxford: Oxford University Press. Miriam Hurscherl (2014): Boulevard im Spiegel. Metatheater bei Curt Goetz, Sacha Guitry und Noel Coward. Diss. Univ. Fribourg (CH) Erich Kleinschmidt (2010): Publikum. In: Weimar/Fricke/ Müller/Grubmüller (Hg.) (2010): Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung. Berlin/Boston: De Gruyter Federico García Lorca (1974): Das Publikum. Komödie ohne Titel. Stücke aus dem Nachlass. Frankfurt am Main: Suhrkamp Luigi Pirandello (2014): Sei personaggi in cerca d‘autore. Mailand: Feltrinelli William Shakespeare (2016): Hamlet. Revised Edition. London: Bloomsbury William Shakespeare (1979): A Midsummernight’s Dream. London: Bloomsbury Ludwig Tieck (2009): Der gestiefelte Kater. Ein Kindermärchen in drei Akten mit Zwischenspielen, einem Prologe und Epiloge. Köln: Anaconda

Der Sturm auf die Bühne Dieses Theater im Theater birgt nicht nur die Möglichkeiten, das Medium Theater auf verschiedene Art zu reflektieren und in neue Zusammenhänge zu setzen, sondern auch einen neuen Platz für das Publikum. Das Publikum teilt sich nun nämlich in zwei Teile: Es gibt das Publikum im Zuschauerraum – die Rezipienten des Stückes – und jenes auf der Bühne, welches ersterem einen Spiegel vorhält. Die Entität des Publikums, der große Richter im Dunkel des Zuschauerraums, die unfassbare Entität, wird ins Scheinwerferlicht getaucht. Dabei kommen ungeahnte Seiten zum Vorschein. Richard Binsley Sheridan etwa führt in „The Critic“ vor, wie ein renommierter bürgerlicher Kritiker eigentlich nur dummschwatzt. Dabei legt er ihm Reflexionen zum Theater in den Mund wie „A play is not to show occurences that happen every day, but things so strange, that though they never did, they might happen.” (Sheridan 2008) Manchmal auf

Erika Unterpertinger, 23, schaltet und waltet in Wien, wo sie die Finger nicht von der Komparatistik lassen kann – deshalb hat sie an das Bachelor- auch gleich das Masterstudium angeschlossen. Daneben arbeitet sie als Schreibassistentin an der Universität Wien und widmet ihr Leben ganz dem Wort. Man findet sie auch beim Bücherstadt Kurier, dem Online-Literaturmagazin.

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„Wir haben selbst keine Ahnung, was als nächstes kommt“ Interview mit Ira Atari über Teamwork, kritische Songtexte und Vorbilder.

ScheinWerfer: Zunächst einmal zum Einstieg für unsere Leser: Wer ist „Ira Atari“? Wer steckt dahinter und was genau macht ihr? Ira & Bernhard: Wir sind Ira (Vocals) und Bernhard (Producer/Drums). 2013 haben wir das Soloprojekt Ira Atari zu einem Duo gemacht. ScheinWerfer: Ira, wie kam es zu dem Namen „Ira Atari“? Ira Göbel ist dein bürgerlicher Name, aber wie ist das Atari entstanden? Ira: Eigentlich wollte ich mich einfach nur Ira nennen. Der Name war allerdings leider schon besetzt von einer polnischen Rockband und von irischen Terroristen. Deshalb musste ich in den sauren Apfel beißen und nach einem „Nachnamen“ suchen. In der Kleinstadt, in der ich gewohnt habe, gab es mal zwei Jungs, die mit ihrem Atari-Computer musiziert haben. Das fand ich faszinierend. Als ich mir 2003 meinen ersten Computer kaufte, hat mich die Herangehensweise an diese alten Zeiten in den 80ern erinnert und so entschied ich mich für diesen „Nachnamen“. ScheinWerfer: Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen euch? Gibt es bei der Produktion der Musik eine Art „Arbeitsteilung“. Und inwieweit inspiriert ihr euch gegenseitig?

Bernhard: Klassische Arbeitsteilung gibt es eigentlich nicht. Entweder schreibt Ira einen Song und schickt ihn mir und ich bastle dann die Mucke dazu, oder ich schreib einen Instrumentalsong und gebe ihn dann Ira so, dass sie ihn weiterverarbeiten kann. In beiden Fällen wird dann im weiteren Verlauf alles zurückgeschickt und das geht so lange hin und her bis es fertig ist, insofern inspirieren wir uns auch gegenseitig. Das ist sehr schön, denn oft, wenn man mit einem Konstrukt mal beginnt und überhaupt keine Ahnung hat, wohin es gehen soll, bringt dann der andere so viele Ideen ein, dass es sich schlussendlich zu etwas gemeinsamen Eigenen entwickelt. ScheinWerfer: Zu eurem neuen Album „Moment“: Ira, ich habe auch deine älteren Alben und Projekte gehört und mir ist aufgefallen, dass „Moment“ im Vergleich zu den älteren Werken etwas ruhiger, sanfter, etwas weniger schrill daherkommt. Gibt es bestimmte Gründe für den Stilwechsel und plant ihr künftig, eurem Stil treu zu bleiben oder auch mal zu experimentieren? Ira: Natürlich werden wir weiter an Songs herumbasteln und das ein oder andere Experiment wagen. Man darf gespannt sein. Bernhard: Also einen wirklich festen Stil haben wir gar nicht, wir versuchen eigentlich schon immer viel auszuprobieren und uns an nichts Bestimmtes zu halten. Meiner Meinung nach entsteht der charakteristische Stil vor allem durch Iras Stimme, die sehr markant ist. Pläne, irgendetwas treu zu bleiben, gibt’s demnach nicht, wir haben selbst gar keine Ahnung, was als nächstes kommt, und genau das ist das Spannende an unserem gemeinsamen Schaffen. Lasst euch überraschen! ScheinWerfer: In eurer Single „Monday“ kritisiert ihr den Alltagstrott und den gesellschaftlichen Zwang, immer „Leistung“ bringen zu müssen und nur am Wochenende Spaß haben zu dürfen. Wie wichtig ist es euch, mit euren Songs ein Statement zu vermitteln und in wie weit glaubt ihr, ist Musik ein gutes Mittel um bestehende Verhältnisse zu kritisieren?

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Bernhard: Wenn man von etwas angepisst ist und das Bedürfnis hat, dieser Wut freien Lauf zu lassen, ist darüber einen Song zu schreiben ein gutes Mittel, seine Meinung kundzutun. Wichtig dabei ist nur authentisch zu sein. Nur über etwas zu lästern oder politisch zu sein, weil es gut ankommt, finde ich meist sehr plump und einfach, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.


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Ira: Da wir selbst auch von solchen gesellschaftlichen Zwängen betroffen sind, schreiben wir natürlich auch darüber. Ich finde es wichtig zu reflektieren und bestehende Strukturen und Routinen in Frage zu stellen. Dafür nutze ich gerne die Musik und meine Texte.

Zeit tatsächlich fast hauptsächlich auf irgendetwas mit Musik. Aber irgendwie ist es ja auch schön, genau das machen zu können, was man so sehr liebt.

ScheinWerfer: Gibt es für euch einen speziellen Lieblingssong auf dem Album?

ScheinWerfer: Ihr seid im November wieder viel unterwegs auf Konzerten, unter anderem auch bei uns im beschaulichen Bremen. Was erwartet den Zuschauern bei einer Liveshow von Ira Atari und warum sollte man es sich auf keinen Fall entgehen lassen?

Bernhard: Mein Lieblingssong ist definitiv „Memories“, er verkörpert für mich eine sehr schöne Tiefe und Stimmung. Er ist zwar weit entfernt von einem Popsong, aber irgendwie macht es gerade das aus. Gewisse Stimmungen kann man oft im klassischen Strophe-Refrain-Schema nicht erreichen, daher bin ich sehr stolz, weil er dennoch gut funktioniert. ScheinWerfer: Wer sind eure musikalischen Vorbilder? Bernhard: Vorbilder gibt es so viele, die kann ich gar nicht alle aufzählen, will ich auch gar nicht, weil sonst ärgere ich mich im Nachhinein darüber, wen ich alles vergessen habe. Ira: Oh, das ist wirklich schwierig. Also, es geht los mit Bach, Beethoven, Chopin und Tchaikovsky, dann kommen irgendwann Sarah Vaughan, Björk, Moloko und The Knife. ScheinWerfer: Wie verbringt ihr eure Freizeit, wenn ihr mal nicht im Studio oder auf Tour seid? Bernhard: Da ich nebenbei auch Sounddesigner bin, Technotracks produziere und wir beide ja auch hauptberuflich Musiker und Musiklehrer sind, beschränkt sich unsere

Ira: Ja, Liebe, Musik & Leben.

Bernhard: Uns live zu sehen, sollte man auf gar keinen Fall verpassen. Wir versuchen so viel wie möglich, teils auch akustische Instrumente, live umzusetzen. Wir bekommen für diese Novembertour Unterstützung von einem tollen Drummer. Ich werde die Synthesizer übernehmen. Das wird sehr spannend! ScheinWerfer: Vielen Dank für das Interview! Dieses Interview wurde geführt von Florian Fabozzi.

Eine Rezension zum Album „Moment“ findet ihr in Kürze auf unserer Website: www.scheinwerfer.uni-bremen.de

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4 empfehlenswerte Blogger-Projekte Was geht ab in der Blogosphäre?! 4 Blogger-Projekte im Rampenlicht.

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Keine Lust auf Spiegel-Bestseller und die immer gleichen Bücher, die in jeder Buchhandlung ausliegen? Hier ein Tipp für alle, die auf der Suche nach Büchern abseits des Mainstreams sind: „We read Indie“ ist ein Projekt mehrerer Blogger, die sich das Ziel gesetzt haben, Bücher unabhängiger Verlage vorzustellen. „Independent-Verlage sind vielfältig, wichtig, inspirierend und sie brauchen Unterstützung, um auf dem großen, unübersichtlichen Büchermarkt wahrgenommen zu werden.“ Das war der Grund für den Start dieses Blogs. Auf diesem finden sich unter anderem Rezensionen, Interviews und Portraits, die darauf warten, von euch entdeckt zu werden: www.readindie.wordpress.com

In regelmäßigen Abständen wollen wir euch zukünftig über weitere BloggerProjekte auf unserem Blog informieren. Schaut einfach immer mal wieder vorbei! www.scheinwerfer.uni-bremen.de

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Zur Förderung eines toleranten Miteinanders wurde von Nico Lumma, Stevan Paul, Karla Paul und Paul Huizing die Initiative „Blogger für Flüchtlinge“ ins Leben gerufen. Zu den Mitwirkenden gehören Blogger unterschiedlicher Branchen: Foodblogger, Elternblogger und Beautyblogger sind genauso vertreten wie Technik-, Polit- und Buchblogger. „Wir sind ganz normale Menschen. Menschen denen nicht egal ist, wie mit anderen Menschen umgegangen wird. Menschen, die helfen wollen“, heißt es auf der offiziellen Website www.blogger-fuer-fluechtlinge.de. Das Ziel? „Wir wollen Augen öffnen. Niemand soll mehr wegschauen. Wir versuchen gemeinsam die Flüchtlingshilfe zu unterstützen.“ Du willst mitmachen? So kannst du helfen: mit Geld- und Sachspenden, Hilfe vor Ort oder durch Verbreitung der Botschaft dieser Initiative. Wenn du also selbst bloggst, kannst du anderen davon erzählen. Wie du als Blogger aktiv werden kannst, erfährst du hier: www.blogger-fuer-fluechtlinge.de/blogger-machen-mit/als-blog-aktiv-werden/


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Wer sich öfter in der Medienbranche bewegt, wird die Debatte um „Blogs vs. Feuilleton“ zu Genüge kennen. Natürlich könnte man an dieser Stelle Pro- und Kontraargumente liefern. Aber wem nützt das? Folgen wir lieber Sarah Reuls Beispiel und beschäftigen uns mit #ThePowerofBlogs! „Ich bin keine Gegnerin von Kritik, auch die kann anstacheln und uns zu besserer Leistung anspornen“, schreibt die Buchhändlerin auf www.pinkfisch.net/thepowerofblogs. „ Aber ich bin ein echter Fan von gemeinsamer Power und einem gesunden Selbstbewusstsein. Vom Verbreiten guter Nachrichten und von Erfolgen. Das sind die Momente, die motivieren, die uns Menschen und ihre Talente entdecken lassen und die uns tragen, wenn wir Unterstützung brauchen. Die andere zu Vorbildern werden lassen und die kreative Kräfte freisetzen.“ Unter dem Hashtag #ThePowerofBlogs können über die sozialen Netzwerke all die guten Dinge geäußert werden, die Blogs ausmachen. Stärken, Ziele, Wünsche, Blogempfehlungen, Lob! Nach dem Aufruf ist noch am selben Tag eine beeindruckende Welle von Bloggerbegeisterung entstanden, die ansteckend ist.

Der Deutsche Buchpreis ist einer der wichtigsten Preise, die in Deutschland vergeben werden. Kein Wunder also, dass er Aufmerksamkeit auf sich zieht. Neben den sechs „Buchpreis Bloggern“, die den Preis mit literaturkritischen Beiträgen begleiten, gibt es dieses Jahr auch erstmals einen „Buchpreisblog“. Gründerin Mara Giese über das Projekt: „Buchpreise faszinieren die literarische Welt seit jeher! Bereits im Jahr 2013 habe ich – Mara Giese – deshalb im Rahmen des Deutschen Buchpreis eine Zusammenarbeit zwischen Literaturblogs und dem Börsenverein, initiiert. Was mir bis jetzt jedoch fehlte, war ein Ort, an dem all dies gebündelt und leicht zugänglich erscheint. Ein Ort, an dem Blogger Buchpreise begleiten, nominierte Bücher vorstellen und Autoren interviewen können. Um dies zu ändern, habe ich mich in diesem Jahr dazu entschieden, alleine etwas auf die Beine zu stellen und den Buchpreisblog ins Leben zu rufen.“ Wer sich also für den Buchpreis interessiert oder einfach mal stöbern möchte, dem sei www.buchpreisblog.de empfohlen.

Ihr habt selbst einen Blog, gestaltet Blogger-Projekte mit oder möchtet uns welche empfehlen? Dann schreibt uns an: feuilleton.scheinwerfer@uni-bremen.de. Wir bringen eure Projekte ins Rampenlicht.

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Redaktion: ScheinWerfer - Bremens freies Unimagazin c/o Allgemeiner Studierendenausschuss der Universität Bremen Bibliothekstraße 3/StH D-28359 Bremen scheinwerfer@uni-bremen.de Chefredaktion: Pia Zarsteck (V.i.S.d.P.), Annette Bögelsack (V.i.S.d.P.) Ressortleitung: Alexandra Kind (Beleuchtet), Florian Fabozzi (Campusleben) Melanie Otte (Bremen), Alexandra Schilref (Feuilleton) Layout: Eric Heide (Ressortleitung), Pia Zarsteck, Alexandra Schilref Mitwirkende Redakteure: Laura Acksteiner, Torben Fedderwitz, Regina Ringshausen, Ronja Storck, Erika Unterpertinger, Lisa Urlbauer Öffentlichkeitsarbeit Elina Fläschner (Ressortleitung) Zusätzliche Illustration: Pia Zarsteck (S. 8) Titelbild: Designed by Freepik Bild Impressum: Naddya/Shutterstock.com Für den Inhalt der einzelnen Artikel sind die AutorInnen verantwortlich. Die in Artikeln oder Kommentaren zum Ausdruck kommende Meinung spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider. Alle Angaben ohne Gewähr. Es bleibt den AutorInnen freigestellt, welche geschlechtsbezogenen Formulierungen sie verwenden. Diesbezüglich sind Unterschiede möglich. Herausgeberin dieser Zeitung ist die Studierendenschaft der Universität Bremen. Der ScheinWerfer finanziert sich durch die allgemeinen Studierendenbeiträge.


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