reiff.life SS21 - Sehnsucht

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2017


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Sehnsucht nach...

Vorwort

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Lagebericht

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Laut Gedacht Weitergedacht

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Sofatalk

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Politische Architektur

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Fenstermotiv

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Zoom Fenster

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Städte der Sehnsucht

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Vom Wandel der Innenstädte

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Flanieren, Wandeln, Bummeln, Streifen

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ReiffLabor

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Ausgekramt

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Gesehen & Gelesen

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Gute Aussichten

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Impressum

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SEHN· SUCHT

nach dem Leben am Reiff hat uns motiviert wieder eine studentische Zeitschrift als Sprachrohr für den freien Austausch an der Architekturfakultät ins Leben zu rufen. Fortan soll die reiff.life einmal pro Semester erscheinen. Viel Spaß mit der ersten Ausgabe wünscht euer Team von reiff.life

Wrapped Hauptgebäude: Ein wenig Christo und Jean ne-Claude Verhüllung zum 150-jährigen Jubiläum der RWTH und Todesjahr Christos. Was kommt nach Verhül lung und digitaler Fragmentierung?

Collage von Marlon Brownsword

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Sehnsucht nach reiff.life von Marlon Brownsword

SEHNSUCHT. In der Etymologie, der Mythologie und der Pathologie erhält die Sehnsucht eine Vielzahl von Bedeutungen, oftmals verbunden mit romantischen und idealistischen Motiven. Es ist ein nostalgisches Sehen und Sehnen in die Zukunft, aber eben auch ein schmerzhaftes Verlangen nach einem unerreichbaren, abwesenden, utopischen Ideal. Aus einer kollektiven Sehnsucht entsprungen, wird mit dieser Ausgabe die Studierendenzeitung der Architekturfakultät wieder ins Leben gerufen. In diesen außergewöhnlichen Zeiten wollen wir dieses Bedürfnis – diese Sehnsucht – selbst ergründen und ein Medium schaffen, um trotz der Distanz gemeinsam im Austausch zu bleiben. Das Reiff-Life, so wie wir es kennen, existiert nunmehr primär in unseren Erinnerungen. Denn seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie sind wir aufgefordert, uns voneinander fernzuhalten und unsere bisherigen Lebensrhythmen und Rituale anzupassen. Das Reiff war für uns ein wichtiger Bestandteil dieser. Wann also bräuchten wir mehr ein Sprachrohr unserer Studierendenschaft als jetzt? Wir wollen Platz bieten, um unsere Sehnsüchte zu besprechen, Erinnerungen zu teilen und gespannt in die Zukunft zu blicken. Denn schon immer ist der Berufung der

Architekt:innen die Sehnsucht inhärent. Architektonisches Denken verbindet ein sehnsüchtiges Antizipieren von anderen noch imaginären Zuständen. So wenden wir uns gedanklich in dieser Ausgabe der veränderten Stadt, Kommunikation und natürlich dem Reiff und der Lehre zu. Und wir fragen: Wird nach der Krise die etablierte Lehre wieder hergestellt als sei nichts geschehen? Verändert das räumliche „Vakuum“ der digitalen Lehre uns Studierende und unsere Gedanken und Gespräche über Architektur? Wird die Architektur dank der Pandemie weniger als zeitloses und autonomes Werkzeug und stattdessen verstärkt als Teil des sozialen und politischen Raumes verstanden werden? Eröffnet die Unterbrechung des Gewohnten ein Potential für Intervention? Womöglich ist der Zeitpunkt der Wiederaufnahme der reiff.life kein Zufall. Wir hoffen, mit dieser ersten Ausgabe auch aus der Ferne die Verbundenheit des Reiffs aufrechterhalten zu können und zu einem kritischen Nachdenken über Architektur und Studium anzuregen. Zumindest aber eine Lektüre zu stellen, welche neben den Onlinekonferenzen einen analogen Input bietet und das noch weitestgehend eremitische Dasein erheitert. Wir wünschen einen sehnsüchtigen Lesegenuss...

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Lagebericht aus dem Reiff von Leonie Bunte

Ereignis der letzten Monate

Drei große Löcher in der Fassade des Reiffs - so hoch, dass Dieter Radau einen Falken damit beauftragt hat, um das Reiff zu kreisen, und den Specht davon abzuhalten das Gebäude weiter zu beschädigen.

dieter radau | hausmeister reiff

Wie sieht eigentlich eine Lüftungsanlage von Innen aus?

Michael Staak vermisst die Studierenden, bereitet die Metallwerkstatt für kommende Workshops vor und hat Zeit die alte Lüftungsanlage zu reparieren.

michael staack | metallwerkstatt

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Stille

...auf der Straße, in den Fluren...fühlt sich an wie auf einem Schiff, auf dem fast alle von Bord gegangen sind. Der harte Kern hält weiter die Stellung. Marlies Müller liebt die Räumlichkeiten des Reiffs, die Kreativität, die Vertrautheit, die interessanten und lehrreichen Gespräche über Entwürfe und die Begegnungen mit Studierenden. Für sie ist das Reiff eine Lebensschule.

marlies müller | sekretariat wohnbau

Im Steinhof

...wird aufgeräumt. Über Jahre angesammelte Skulpturen werden verschenkt, Schwerlastregale aufgebaut und alles vorbereitet für den Sommer, in dem Mirko Tschauner den Hof hoffentlich wieder für Studierende öffnen kann.

In der Buchbinderei

Kurt Schnürpel bindet und repariert seit 30 Jahren die Bücher am Reiff. Früher hat er noch den Tabak von Professor:innen aus den Büchern geschüttelt und den Studierenden beim Streiken und Feiern zugeschaut. Heute ist es ziemlich ruhig geworden. Sehnsucht nach: ausgelassenem Feiern, Essen, Trinken, Beisammensein! kurt schnürpel | buchbinderei

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Laut Gedacht von Marlene Maier

Sich eine andere Zukunft vorzustellen ist dem architektonischen Entwurfsprozess inhärent. Selbst, wenn Architekt:innen vermeintlich unter primär funktionalen und ästhetischen Aspekten entwerfen, bringt die Umsetzung des Entwurfs immer eine bestimmte Idealvorstellung mit zum Ausdruck - und sei es nur die Umsetzung der Wünsche eines/einer Bauherr:in. Über alle dem steht immer auch der Kanon dessen, was in der aktuellen Architekturlehre derzeit als sinnvoll erachtet wird und damit immer auch das Schaffen einer jeden Generation mitprägt. Architekt:innen haben aber auch schon immer utopische Vorstellungen und Sehnsüchte zu Papier gebracht, die frei von Sachzwängen waren, um Visionen für eine bessere oder alternative Realität zum Ausdruck zu bringen und so Kritik an aktuellen Verhältnissen zu üben. Das geht von ganz konkreten Architekturen bis hin zu vom eigenen Menschenbild und politischer Ideologie getriebenen Leitbildern für ganze Städte und Regionen, denen auch immer der Wille innewohnt, ein bestimmtes Verhalten zu unterstützen, oft vielleicht auch den Menschen zu einem besseren Menschen machen.

Derzeit sehen sich angehende und praktizierende Architekt:innen mit einer Reihe von Krisen konfrontiert, die in hohem Maße am Status quo rütteln. Neben sozialen Ungleichheiten und der zunehmenden Vereinzelung der westlichen Welt müssen wir uns im Angesicht der Klimakrise und dem globalen Ausnahmezustand, der durch Covid-19 ausgelöst wurde, ständig fragen, was für eine Zukunft wir (um)bauen wollen und sehnen uns vielfach nach einer besseren Architektur, in Umsetzung und Resultat. Nicht selten ersticken unsere Sehnsüchte und Träumereien auch förmlich unter einem Berg von Arbeit, die dadurch umso mehr mit Bedeutung aufgeladen ist. Deshalb sammeln wir in dieser Ausgabe in der Rubrik Laut Gedacht unsere ganz eigenen, persönlichen Impulse zu den Sehnsüchten, die uns umtreiben. Denn auch wenn wir alle wissen, dass es zu all diesen Themen Expert:innen mit fundiertem Fachwissen gibt, wollen wir Gedanken formulieren, die mal heraus in die Welt müssen.

mit Laurin Toussaint, Ramona Schaefer, Marlon Brownsword, Sophia Mühl, Leonie Bunte, Marie Dewey, Marlene Maier

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S E H

„However expressi ve, symb the thin ols can gs they never be stand fo The Door r.“ - Al s of Perc dous Huxl eption ey,

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· S U C H T

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Weitergedacht: die Sehnsucht nach einer nachhaltigeren Architektur von Johannes Zerfaß

Kann Sehnsucht ein Antrieb sein für Studierende der Architektur? Lernen, entwerfen und zeichnen wir um das Bekannte zu wiederholen oder sehnen wir uns nicht danach eine gerechte Welt für uns und folgende Generationen mitzugestalten? Die Sehnsucht nach einer nachhaltigeren Architektur kann und sollte ein Antrieb in unserem Studium sein. Sie führte 2019 zur Gründung des gemeinnützigen Vereins Architects for Future e.V. durch Absolvent:innen der Universität Wuppertal. Inzwischen engagieren sich zahlreiche Student:innen, Berufsteinsteiger:innen, Architekt:innen, Handwerker:innen und viele mehr in Ortsgruppen in Deutschland, Österreich und der Schweiz für einen Wandel der Baubranche. In Solidarität mit Fridays for Future versuchen sie durch Öffentlichkeitsarbeit, Petitionen, ein breites Netzwerk sowie Wissensangebote eine Baubranche zu entwickeln, die eine lebenswertere Zukunft aktiv mitbefördert. Denn da das Bauen und Betreiben von Gebäuden den größten Anteil am Klimawandel hat, ist zur Einhaltung der Ziele des Pariser Klimaabkommens und der Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 1,5% eine klimagerechte, ökoloAbb.: Marie Dewey, 2021

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gische und sozial nachhaltige Bauwende unabdingbar. Die Forderungen von Architects for Future basieren auf wenigen zentralen Statements: Abrisse müssen kritisch hinterfragt werden, da für die Energiebilanz des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes eine Sanierung oftmals besser ist als ein Neubau. Und wenn es doch zu solchen kommt, nutzen wir sie als urbane Minen, da die Relevanz an Sekundärmaterialien steigt! Gesunde und klimapositive Materialien sollten verstärkt eingesetzt und die Ziele des Bauens zugunsten einer offenen Gesellschaft neu hinterfragt werden. Kreislaufgerecht zu konstruieren kann ein Bewusstsein für die anhaltende Wertigkeit von Bauwerken aus rezyklierbaren Materialien verbreiten und zugleich das qualitätsverschlechternde Downcycling vermeiden. Und wir sollten einen biodiversen Lebensraum schaffen, indem wir den Flächenverbrauch optimieren und bestrebt sind Artenvielfalt und gesunden Lebensraum zu fördern.

klimagerechte Bauen oftmals teurer und langwieriger ist. Doch lernen wir auch, dass ein wirklich nachhaltiges Bauen bedeuten muss, gewisse Aufträge abzulehnen? Mit ihrem Aufruf zu einer Petition konnten Architects for Future im Winter 2020 erfolgreich die kollektive Sehnsucht vieler Unterstützer:innen nach einer Bauwende als Forderungen in den Bundestag tragen, wo sie Anfang März 2021 verteidigt wurde. Die Sehnsucht des Vereins kann und sollte unser aller Sehnsucht sein. Wir können nachhaltige Architekturvisionen in unseren Entwurfsprojekten thematisieren, wir können mehr Nachhaltigkeit in der Lehre einfordern, können die Juniorprofessur für Rezykliergerechtes Bauen am Reiff unterstützen und einen Lehrstuhl für Holzbau fordern. Und auch wir können uns in der Aachener Ortsgruppe von Architects for Future für eine Bauwende einsetzen. Unsere Sehnsucht basiert auf der Annahme unserer Verantwortung!

Selbstverständlich kann man sich nun fragen, ob eine Umsetzung dieser Sehnsucht realistisch ist oder doch nur als gutgemeinte Träumerei verpufft. Wir lernen, dass das Sehnsucht nach mehr?: Architects for Future, www.architects4future.de

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Sofatalk - Wie beeinflusst die Krise das Architekturstudium? mit Müge, 2. Bachelorsemester Architektur am Reiff

Was verbindest du mit dem Reiff ? Mit dem Reiff verbinde ich das alte Museum und einen Ort wo Architekturstudenten aufeinander treffen. Kann das Studierendenleben im digitalen Raum stattfinden? Für einen kürzeren Zeitraum schon, aber nicht auf Dauer, da vor allem Architektur ein sehr praktisches Studium ist und die Kommunikation durch soziale Netzwerke nicht ausreicht. Können neue Chancen der digitalen Lehre die Sehnsüchte nach dem Vergangenen wettmachen? Das kann ich pauschal nicht sagen, da wir als Erstis nichts anderes als die digitalen Lehre kennen. Inwiefern leidet die Qualität der Lehre seit Anbeginn der Pandemie? Eine persönlicher Austausch findet nicht statt, beispielsweise bauen wir die Modelle alleine zu Hause und können nicht den einen oder anderen Trick voneinander lernen. Über Zoom sehen wir halt nur die fertigen Modelle und nicht den Prozess dahinter.

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Der Auftritt der Lehrstühle und Initiativen der Fakultät in den sozialen Netzwerken wächst seit der Krise rasant. Fühlst du dich dadurch besser informiert oder repräsentiert? Wir werden sehr gut informiert und ich merke, dass die Betreuer/Professoren sich bemühen, uns ein normales Unierlebnis zu ermöglichen, aber trotzdem spürt man, dass das kein Unileben ist wie ich es von Freunden aus höheren Semestern gehört hab. Unterstützt die Fakultät ihre Studierenden in dieser Zeit ausreichend? Was könnte sie anders machen? (finanzielle Unterstützung von Arbeitsräumen etc., Subventionierung von technischen Geräten usw.) Kommt drauf an. Natürlich unterstützt die Fakultät uns so gut wie es geht (z.b Styrocutter Ausleihe), aber durch die Pandemie sind sehr viele nicht nach Aachen gezogen -einschließlich ich selbst-, dadurch hat man begrenzte Möglichkeiten. Das merkt man zum Beispiel bei BIG, wo man draußen zeichnen muss und man nur eine Karte (Karte von bestimmten Gebäuden, Ausblicken) von Aachen hat. Eine Karte von Metropolen wie Köln, Düsseldorf etc. wäre noch cool.

Was hast du in Bezug auf die Online-Lehre an positiven Erfahrungen gewonnen? Man konnte keinen Zug verpassen und dementsprechend keine Vorlesung. Man kann alles in Ruhe nachholen, wenn man etwas verpasst oder man ein Thema nicht verstanden hat. Wenn eines Tages die Pandemie auch am Reiff überstanden sein wird, was bleibt? Die Zoom Meetings mit Freunden, die man ab und zu gemacht hat, wenn man zuhause Aufgaben erledigen musste. Ich denke, in der Zukunft wird das bleiben, aber dann sind es wahrscheinlich kleinere Aufgaben, die man nicht im Baumhaus machen muss. Hat die Krise einen Wunsch nach einer anderen Architektur geweckt? Ja, im Bereich Städtebau. Wir brauchen viel mehr Möglichkeiten um im Freien uns zu versammeln und dort zu arbeiten, unabhängig von der Wetterlage oder auch der Wunsch nach mehr Platz und Abstand zu anderen Menschen in Räumen. Welche Sehnsüchte hast du? Eigentlich ganz simple Sachen, wie einmal in einem Vorlesungssaal dem Prof zuhören oder zusammen im Baumhaus mit Kommilitonen Projekte entwickeln.

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Sofatalk - Wie beeinflusst die Krise das Architekturstudium? mit Alisa, 4. Mastersemester Architektur am Reiff

Was verbindest du mit dem Reiff ? Austausch, Inspiration, Foyer mit Ausstellungen, Zeichensäle, Gespräche auf den Fluren, Modelle bauen, Präsentieren, in den Bibliotheken recherchieren und lesen. Kann das Studierendenleben im digitalen Raum stattfinden? Es fehlt der spontane Austausch sowie die Ausstellungen. Digitale Ausstellungen können die Arbeiten nicht so wiedergeben, wie sie es bei uns sonst auf den Stellwänden getan haben. Sich einfach zu Kolloquien dazuzustellen, sich inspirieren lassen, diskutieren ohne Zoom-Meeting, das fällt weg. Und leider auch der Umtrunk am Ende des Semesters vor’m Reiff. Können neue Chancen der digitalen Lehre die Sehnsüchte nach dem Vergangenen wettmachen? Nein, nicht wirklich. Die Sehnsüchte nach der analogen Lehre bleiben bestehen, lediglich ortsunabhängig arbeiten zu können finde ich vorteilhaft. Da unser Studium aber so viel vom Austausch, der Diskussion und dem Material lebt, finde ich es schwierig, dies alles im digitalen Raum stattfinden zu lassen. Inwiefern leidet die Qualität der Lehre seit Anbeginn der Pandemie?

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Am meisten bedauere ich für die Studierenden im ersten Semester, dass sie kaum Chancen haben, sich persönlich kennenzulernen, nebeneinander zu arbeiten und den Arbeitsrhythmus des Kommilitonen zu erfahren. Sie zeichnen viel weniger mit der Hand und stattdessen direkt im CAD-Programm, wo sie teilweise auch entwerfen – das ist schade. Auch bei mir merke ich, dass für Betreuungen viel Zeit damit verbracht wird, eine Präsentation zu erstellen anstatt auf der Skizzenrolle weiter zu entwerfen. Der Auftritt der Lehrstühle und Initiativen der Fakultät in den sozialen Netzwerken wächst seit der Krise rasant. Fühlst du dich dadurch besser informiert oder repräsentiert? Das ist mir persönlich nur vereinzelt aufgefallen… Unterstützt die Fakultät ihre Studierenden in dieser Zeit ausreichend? Was könnte sie anders machen? (finanzielle Unterstützung von Arbeitsräumen etc., Subventionierung von technischen Geräten usw.) Ich denke, dass bisher alle Lehrstühle sehr gut mit der Online-Lehre zurechtkommen und in der Form gut ihre Inhalte wiedergeben und lehren. Was hast du in Bezug auf die Online-Lehre an positiven Erfahrungen gewonnen?

Toll ist, dass teilweise Veranstaltungen aufgenommen werden und diese öfters abgespielt werden können. Man ist unabhängiger von der Zeit der Veranstaltung als auch vom Ort. Wenn eines Tages die Pandemie auch am Reiff überstanden sein wird, was bleibt? Das Foyer als Ausstellungsort und Treffpunkt wird bleiben, vielleicht wird es endlich ein Café geben, nach all den Sehnsüchten in der Pandemie. Vielleicht wird es wöchentliche Treffen geben, an denen Bier getrunken, getanzt und erzählt wird. Ich denke der zur aktuellene Zeit verschlossene Ort wird bei der Wiedereröffnung zelebriert und sehr geschätzt, sodass der Ausstellungsraum erst einmal nicht so schnell leer sein wird. Hat die Krise einen Wunsch nach einer anderen Architektur geweckt? Ich hoffe eher, dass die bisherige Architektur nach der Krise weiterhin genutzt werden kann. Welche andere Architektur kann mehr Infektionen verhindern, als, wenn möglich, von zu Hause zu arbeiten? Welche Sehnsüchte hast du? Unbeschwert Freunde und Familie zu treffen, reisen, neue Orte entdecken, an neuen Orten zu leben, im Café sitzen und Menschen beobachten, tanzen, nicht über Quarantäne und Tests nachdenken.

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Sofatalk - Wie beeinflusst die Krise das Architekturstudium? mit Michael, Architekt M.Sc. RWTH Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrgebiet Bauplanung und Baurealisierung, RWTH Aachen

Was verbindest du mit dem Reiff ? Ich habe sowohl im Bachelor also auch im Master am Reiff studiert. Vor allem unsere sehr inspirierenden Entwurfslehrstühle haben mich sehr geprägt. Kann das Studierendenleben im digitalen Raum stattfinden? Nein, kein Leben kann (ausschließlich) digital stattfinden. Somit ist das Studierendenleben als auch unser Austausch über Architektur seit dem vergangenen Jahr höchst eingeschränkt. Können neue Chancen der digitalen Lehre die Sehnsüchte nach dem Vergangenen wettmachen? Als einen wesentlichen Punkt in der Architekturlehre sehe ich die Parallelität verschiedener Zeitstränge: Wir beziehen uns auf vergangene Meister(-werke) und wollen gleichzeitig die Zukunft verändern. Im Idealfall nutzen wir das Jetzt um beides im gleichzeitigen Vor- und Rückgriff miteinander zu verknüpfen, bislang sehe ich das in der digitalen Lehre nur in Ansätzen. Inwiefern leidet die Qualität der Studierendenleistungen seit Anbeginn der Pandemie? Eine wichtige Komponente der Architekturlehre ist natürlich die Auseinandersetzung mit Raum. Gerade am Anfang des Studium geht man hier

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erste Schritte, man wagt eine Annäherung. Durch Videokonferenzen bzw. -Betreuungen wurde unser Leben und somit auch die Lehre jedoch sehr zweidimensional – wir sehen uns gegenseitig als bewegte Bilder und tauschen uns über Fotos von Architekturmodellen aus. Die Vermittlung der dritten Dimension erweist sich (noch?) als schwierig. Die Studierenden müssen somit noch viel stärker in Eigeninitiative zur Skizzenrolle greifen.

Die Erreichbarkeit einzelner Personen und Sprechstunden könnte jedoch verbessert werden.

Der Auftritt der Lehrstühle und Initiativen der Fakultät in den sozialen Netzwerken wächst seit der Krise rasant. Hast du den Eindruck dadurch deine Inhalte besser vermitteln zu können? Es besteht die Chance, Studierende niederschwelliger und schneller zu erreichen. Ich glaube jedoch, dass sich architektonische Inhalte nicht vollständig auf Beiträge in den sozialen Medien runterbrechen lassen. Architektur muss mehr als Bild und Text sein.

Wenn eines Tages die Pandemie auch am Reiff überstanden sein wird, was bleibt? Die stark verbesserte digitale Infrastruktur und die Option eines direkteren und schnelleren Austauschs z.B. per Videocall bei gezielten Fragen werden sich weiterhin als nützlich erweisen.

Unterstützt die Fakultät ihre Studierenden in dieser Zeit ausreichend? Was könnte sie anders machen? Grundsätzlich hat die Fakultät schnell reagiert und beispielsweise den Zugang zu Tools wie Zoom, Moodle oder Miro erleichtert bzw. ermöglicht. Auch der Start ins WiSe 2020/21 wurde in meinen Augen im Rahmen der Möglichkeiten sehr gut vorbereitet.

Was hast du durch die Online-Lehre an positiven Erfahrungen gewonnen? Durch die erwähnten Tools kann die Organisationsarbeit erleichtert werden. Das ortsungebundene Arbeiten kann in bestimmten Phasen ein Gewinn, aber eben keine Dauerlösung sein.

Hat die Krise bei dir den Wunsch nach einer anderen Architektur geweckt? Räume für die Arbeit sind in der Architektur schon seit einigen Jahren im Umbruch. Durch die Pandemie sind Wohnen und Arbeiten für viele noch näher aneinander gerückt. Hier sollten spannende neue Konzepte erforscht und erarbeitet werden. Welche Sehnsüchte hast du? Ich freue mich auf die Rückkehr zurück ins Dreidimensionale und somit auch auf die Möglichkeit etwas fernere Orte aufsuchen zu können.

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Politik in der Architektur, Lehre und dem Reiff Im Gespräch mit Dr. Frederike Lausch Teil 1. von Marlene Maier und Marlon Brownsword

Dr. Frederike Lausch Derzeit tätig an der TU Darmstadt. Im WS 20/21 beteiligt an der Vorlesungsreihe „Das Politische in der Architektur“, des Architekturtheorielehrstuhls der RWTH.

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Dieses Zitat diente als Ausgangspunkt für die Überlegungen und Fragen. Es meint nicht, dass die Beteiligten eine der beschrieben Positionen annehmen.

„‚Architektur versus Soziologismus‘: Diese Leseart ist freilich irreführend. Sie macht aus Architekten politisch bewusstlose Technokraten oder Ästheten. Umgekehrt geht sie davon aus, dass gesellschaftspolitisches Engagement in der Architektur gleichbedeutend mit Verachtung für ästhetische Fragen sei. Als falsche Dichotomie verdeckt sie, dass das scheinbar politische Desinteresse der Vertreter einer autonomen Architektur selbst ein politisches Statement ist, genauso wie sie verhindert, dass genauer nachgefragt wird, warum die angeblichen „Soziologen“ in der Architekturlehre einer Entwurfslehre so ablehnend gegenüber stehen.“ 1 reiff.life: Hallo Frederike Lausch. Im vergangenen Semester wagte der Architekturtheorielehrstuhl mit der Vorlesungsreihe und den Montagabendgesprächen über „Das Politische in der Architektur“ eine Öffnung für politisch-aufklärende Architekturlehre, als - so unsere Wahrnehmung - Ergänzung zu der sonstigen Produktion von Projekten, deren politische Dimension häufig unausgesprochen oder kaum berührt bleibt. Ist der Zeitpunkt der Vorlesungsreihe zufällig entstanden oder wurde derzeit ein gewisses Potenzial gesehen, welches Ihr ergreifen wolltet?

1 Schnell, Angelika. „Von Jörn Janssen zu Aldo Rossi. Eine hochschulpolitische Affäre an der ETH Zürich.“ ARCH+, Ausgabe 215, Frühjahr 2014. S.16.

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Es gab eine Schnittmenge von unseren Interessen und das war das Politische. Nichtsdestotrotz war es auch unser Anliegen, dass die kulturellen und historischen Grundlagenfächer dafür da sind, gesellschaftliche Themen anzusprechen und auch verschiedene Perspektiven darauf zu geben, sodass es zu einer Diskussion kommt. Wir waren damals zu dritt: Duy Mac kommt von der politischen Theorie und arbeitet zu Architektur und Demokratie; Axel Sowa hatte gerade das Buch über das Politische von Chantal Mouffe gelesen und ich war gerade fertig mit dem Faschismus und Architektur Projekt und im Grunde haben alle meine Projekte etwas mit dem Politischen zu tun. Ich finde schon, dass das Politische gerade generell ein vieldiskutiertes Thema ist und dass wir einen Architekturdiskurs haben, in dem über gesellschaftspolitische Prozesse nachgedacht wird. Wir sind ja nicht mehr in einer Zeit, in der wir nur über Form und Ästhetik diskutieren. Ihr könnt mir da auch widersprechen, vielleicht ist es auch nur die Blase, in der ich unterwegs bin. Ich interessiere mich für diese Themen und lese dann natürlich nur das und denke mir dann „Hey, der ganze Architekturdiskurs geht ja nur darum!“, aber vermutlich gibt es parallel dazu ganz andere Diskurse, in denen Politik überhaupt keine Rolle spielt. Ich habe aber schon das Gefühl, dass das Thema gerade von Relevanz ist und das zeigt sich ja auch darin, dass sich drei PerFrederike Lausch:

sonen treffen, bei denen das Politische die Schnittmenge ist. Ja, wir hatten auch das Gefühl, dass durch die Corona-Krise eine verstärkte Auseinandersetzung mit Politik in vielen Bereichen zu bemerken ist. Gerade auch mit der politischen Dimension der Architektur. Deswegen dachten wir, dass ein Zusammenhang damit bestehen könnte, dass gerade jetzt eine Vorlesungsreihe zu dem Thema an der Fakultät entstanden ist. Du warst und bist an technischen Universitäten tätig. Glaubst Du, dass es da einen Unterschied gibt zu Hochschulen, bei denen die „Humanwissenschafen“ im Vordergrund stehen? Was war Dein Erlebnis mit der Architekturfakultät der RWTH im Zusammenhang mit Deinen Forschungsinteressen? Marlon Brownsword:

Lausch: Was mich an der RWTH interessiert hat, ist, dass es Lehrstühle für Architekturgeschichte, Architekturtheorie, Kunstgeschichte und Denkmalpflege gibt. Das sind unfassbar viele Lehrstühle, die sich mit historischen und kulturgeschichtlichen Themen beschäftigen. Ich habe an der Bauhaus-Universität studiert, die ja keine technische Hochschule ist, und wir hatten in dem Feld quantitativ weniger Angebot. Ich weiß gar nicht, ob es überhaupt so ist, dass die technischen Universitäten den Fokus verstärkt auf die Technik legen, wobei man sich dann auch Frederike

Sehnsucht nach mehr?: Mouffe, Chantal. On the Political (Thinking in Action). 2015.

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immer fragen muss, was man unter Technik eigentlich versteht. Ich habe mich in meiner Dissertation mit Gilles Deleuze beschäftigt und wenn man mit Deleuze und Michel Foucault auf Technik schaut, dann kann man das von sozialen Themen gar nicht trennen. reiff.life: Glaubst Du, dass nach der Pandemie die etablierte Lehre wieder hergestellt wird, als sei nichts geschehen? Oder kann das räumliche „Vakuum“ der digitalen Lehre die Disziplin des „Raumdenkens“ – der Architektur – verändern? Siehst Du hier Potenzial für Intervention? Geht von der durch Corona ausgelösten Krise, in der sich die Universitäten weltweit und auch hier am Reiff befinden, ein Potential für Intervention in der Architekturlehre aus? Lausch: Was ich gut finde ist, dass die Personen geografisch sitzen können, wo sie wollen. Das ist auch für die Lehre wichtig: Ich kann Leute einladen, die in Brasilien sitzen und etwas über die dortige Bautätigkeit erzählen, und ich muss mir keine Gedanken darüber machen, wie sie hier herkommen. Gleichzeitig bedeutet das oft auch, dass die Person dafür kein Geld bekommt. Das ist unbezahlte Arbeitszeit, zwar nicht für alle, denn wer einen 100% Vertrag hat, für den ist es vertretbar. Was ich negativ an der digitalen Lehre finde – und das spielt jetzt super viel mit dem Frederike

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Politischen zusammen – sind die Kommunikationsströme. Man hat in der digitalen Lehre, und auch wenn man sich digital in Forschungsgruppen trifft, nur die dominante Kommunikation. Im besten Fall redet die lehrende Person mit den Personen, die sich trauen etwas zu sagen, aber es gibt keine parallele Kommunikation. Das kann über den Chat funktionieren, aber wenn Ihr beide jetzt hier im Chat miteinander redet, dann kriege ich das nicht mit. Aber wenn wir in einem Raum sind und Ihr jetzt kurz miteinander redet, kriege ich ein Gefühl für „Stimmen die Personen mir zu? Finden sie das total langweilig?“ man erhält viel mehr Feedback. Bei Forschungsgruppen ist das extrem kritisch, weil man verschiedene Ebenen hat: die professorale Ebene, Post-Docs, Doktorand:innen und vielleicht wissenschaftliche Hilfskräfte. Bei solchen Treffen redet in der Regel hauptsächlich die professorale Ebene. Gleichzeitig würde man aber mit seinem Nachbarn reden: „Hm? Ist das wirklich so?“, und dann würde die Person vielleicht sagen: „Ja, aber es gibt auch Leute die sagen, dass es so und so ist“. Und dann fängt ja erst ein kritisches Bewusstsein an. Dann weiß ich, es gibt nicht nur die gerade dominante Ansicht, sondern auch kritische Stimmen. Ich weiß nicht wie es Euch geht. Ihr habt ja sonst auch in einem Seminarraum viel mehr miteinander interagiert, oder? Marlene Maier:

Ja, auf jeden Fall. Ich


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habe es gerade bei einem Seminar extrem gemerkt. Dort sind wir auch nicht so wahnsinnig viele Leute und es ist schon ein Seminar, in dem man eigentlich diskutieren müsste. Und da merkt man das total. Also dass keine „Wissensabprüfung“ untereinander stattfindet. Man hat danach das Gefühl, es entsteht keine richtige Diskussion, weil die Leute eher angehalten sind, nichts zu sagen. Da besteht ein großer Unterschied zwischen dem, der das Seminar leitet und denen die teilnehmen, sodass man das Gefühl hat, man lässt sich so berieseln. Man merkt aber, dass das für alle Beteiligten total frustrierend ist. Und ich sitze dann manchmal so da und denke mir „Ich würde jetzt gerne irgendwie was beitragen“, aber dadurch, dass die wechselseitige Kommunikation so wenig stattfindet, hat man halt auch nicht so viele Anstöße, sich zu äußern. Wenn man Kritik an etwas äußern möchte, muss man schon ein gewisses „Standing“ haben, um sofort seine Kritik kund zu geben. Und wenn wir in hierarchischen Räumen sind, was ja zwischen Lehrenden und Lernenden schon so ist, dann braucht es eine Weile, bis man die Kritik auch wirklich äußert. Aber wenn es viele sind, die kurz miteinander interagieren können und wissen: „Okay, die und die Personen denken genauso wie ich“, dann bin ich viel eher bereit Kritik zu äußern oder zu sagen: „Das verstehe ich nicht“ Frederike

Lausch:

und dann kommt man peu à peu zu politischen Prozessen. Ich möchte ja kein Seminar machen, wo ich mein „tolles Wissen“ weitergebe. Das ist natürlich auch wichtig, aber ich will mit Personen diskutieren. Dann weiß ich auch erst, ob das überhaupt Sinn macht, was ich erzähle oder nicht. Deshalb glaube ich schon, dass wir wieder zur physischen Lehre in einem Raum zurückkehren werden. Ich denke, was sich ändern wird, und das ist dann wieder eine Aufgabe für angehende Architekt:innen, ist, dass man viel mehr darüber nachdenken muss, wie hybride Seminarformen funktionieren können. Also, dass es nicht nur einen Projektor gibt, mit dem eine Person an die Wand geworfen wird, sondern es ist eine Aufgabe für kommende Generationen von Entwerfenden, sich zu überlegen, wie ein Raum funktionieren kann, in dem es möglich ist, sowohl analog als auch digital sinnvoll miteinander zu kommunizieren. Ich glaube nicht, dass das Digitale das Analoge komplett ersetzen wird, aber es muss einen hybriden Ansatz geben, und das ist auch eine gestalterische Aufgabe. Ich würde gern Eure Einschätzung zum politischen Austausch wissen – Ihr seid ja alle politisch, denn selbst wenn jemand sagt, dass er unpolitisch ist, ist er politisch und will, das alles so bleibt wie es ist, was auch eine politische Meinung ist. Man ändert und stärkt seine politische Meinung oft nur, wenn man mit anderen Meinungen

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konfrontiert wird und ich erinnere mich an eine Situation an der Uni in Frankfurt, da war ich in einem Gebäude und habe eine Kollegin abgeholt, und dann lagen da so Flyer von der Identitären Bewegung. Ich habe mir den angeschaut und konnte mich dadurch erst kritisch damit auseinandersetzen. Und wenn ich jetzt nur Zuhause bin und mich digital nur so dazu schalte, dann komme ich nie auf solche Fundstücke, seien sie positiv oder negativ. Logischerweise bin ich kein Freund der Identitären Bewegung. Mein Eindruck ist, das so ein Zusammenstoß mit anderen Meinungen gar nicht mehr stattfindet. Außer Ihr sagt jetzt, Ihr benutzt so viel Twitter und Instagram und Ihr bekommt diese Fundstücke über soziale Medien.

sprechen, aber ich habe jetzt viel mehr Interesse daran, irgendwie auch politisch Verantwortung zu übernehmen, wenn es denn wieder möglich ist, das in offenen Gruppen zu tun. Es ist so ein Bedürfnis, das sich dadurch so bei mir eingestellt hat. Man ist jetzt so isoliert und dadurch steigt das Bedürfnis, gemeinschaftlich etwas zu machen. Dafür ist das Magazin vielleicht ein gutes Beispiel.

Ich habe das Gefühl, dass da in den sozialen Medien schon genug Austauschmöglichkeit herrscht. Also man redet ja immer von Filterblasen etc., aber sobald ich mir eine Kommentarspalte angucke, kriege ich, glaube ich, schon deutlich mehr mit, als wenn ich in der Uni bin, wo ich wirklich davon ausgehe, in einer Blase zu sein oder dass sich zumindest die Leute, die einer Meinung sind, sehr schnell finden, um es mal anders zu formulieren. Also das habe ich nicht wirklich als Gefahr empfunden im politischen Prozess. Ich habe eigentlich eher das Gefühl, dass unsere Generation sich stärker politisiert durch Corona. Also ich kann jetzt nur für mich

Frederike Lausch: Ich finde es auch un-

Marlene

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Maier:

reiff.life: Dass es keinen Pflichtkurs für ökologisches Bauen gibt, finden wir nicht mehr nur schade, sondern unverantwortlich. Glauben Sie selbiges könnte auch über Aufklärung über das Politische und Ideologische in der Architektur gesagt werden?

begreiflich, dass während wir uns in einer Klimakrise befinden, ökologisches Bauen nicht an jeder Universität gelehrt wird. Gleichzeitig werden neue technische Lehrstühle wie Robotik eingerichtet, die meiner Ansicht nach nur in der Kopplung mit ökologischem Bauen vertretbar sind. Das ökologische Bauen ist bereits ein hochpolitisches Thema. Ich weiß gar nicht, ob es einen Lehrstuhl für das Politische oder das Ideologische in der Architektur bräuchte. Ich würde es generell nicht als ein „Extrafach“ sehen wollen. Idealerweise würden alle Lehrstühle diese Aspekte in ihren jeweiligen Themen mitdenken. Ich wüsste


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nicht, wie man ökologisches Bauen lernen kann, ohne über politische Aushandlungsprozesse zu reden. Ökologisches Bauen hat sehr viel damit zu tun, dass eine andere Person, die das Gebäude finanziert, davon überzeugt werden muss, dass sie vielleicht Materialien wählt, die schwieriger zu beschaffen sind, die vielleicht nicht so lange halten oder die konstenintensiver sind. Und damit sind wir bei Aushandlungsprozessen. Zwei Personen stehen sich gegenüber und haben andere Interessen. Die eine Partei hat ökonomische Interessen, was vollkommen legitim ist, und ökologisch aufgeklärte Architekt:innen haben das Interesse, dass es ein emissionsfreies Gebäude wird. Und dann müssen beide die überzeugenden Argumente finden. Vielleicht ist es also eher so, dass man an der Uni diese Aushandlungsprozesse lernen muss, wie man sie führt. Deswegen: eine Lehre über ökologisches Bauen, die nur darauf abzielt,

zu fragen, welche Materialien ökologisch gut sind oder wie man ökologisch baut, ist nicht alles. Das ist selbstverständlich auch wichtig. Aber wenn man nicht darüber redet, wie man Leute davon überzeugt, dann wird man dieses Wissen nur schwer in der Praxis umsetzen können. ... Das weitere Gespräch, unter anderem über: das Politische in der (digitalen) Architekturlehre, den Zusammenhang mit dem ökologischem Bauen und über faschistische Architektur, findet Ihr hier: https://issuu.com/reifflife

Faschismus und Architektur. Max Bächers Auseinandersetzung mit Albert Speer.

Gilles Deleuze und die Anyone Corporation: Übersetzungsprozesse zwischen Philosophie und Architektur.

Frederike Lausch

Frederike Lausch

276 Seiten

276 Seiten

2021 M Books 978-3-944425-15-3 (ISBN)

2021 Transcript Verlag 978-3-839453-26-1 (ISBN)

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Der Blick aus dem Fenster ... von Marie Dewey und Sophia Mühl

„Viertausendmal derselbe Blick Durchs Fenster in mein Weltenstück (...) Leicht aus dem Schornstein auf dem Dach Schwebt unser Rauch den Wolken nach (...) So ist es ungefähr bei Tag Und jeder neue Glockenschlag Bringt tausendmal denselben Blick Durchs Fenster in mein Weltenstück …“

Goethe am Fenster der römischen Wohnung am Corso, Johann Heinrich Wilhelm Tischbein 1787

Thomas Bernhard, Mein Weltenstück., Münchner Merkur, 1952

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... Ist das noch romantisch?

Wenn wir aus dem Fenster blicken, was sehen wir eigentlich? Zurzeit hauptsächlich: Unsere Nachbar:innen beim Kochen, gelangweilt im Homeoffice sitzend oder wie wir, aus dem Fenster starrend. Das sind nicht gerade die Aussichten, nach denen wir uns momentan sehnen. Manche träumen von dem Blick über die Dächer von Paris, andere vielleicht tatsächlich vom Kohleausstieg. Das Sehnsuchts-Motiv schlechthin erscheint heute aktueller denn je. Jede Zeit hat ihre Sehnsucht. Und während wir noch dabei sind herauszufinden, was das für uns genau bedeutet, scheinen die Aussichten die wir vor uns haben täglich zu schrumpfen. Unser reales Fenster zur Welt ist ganz schön klein geworden, aber womöglich schauen wir dadurch auch gezielter auf die Dinge. So richtig romantisch erscheint es uns jedoch nicht. Aber wer weiß schon, wie romantisch es sich zu Zeiten Goethes wirklich anfühlte...

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Zoom Fenster: Die neuen Kommunikationsbühnen des Reiff‘s

Eine virtuelle Neuinterpretation des Fensters. von Marlon Brownsword

Das Reiff ist unweigerlich wieder primär zum Museum geworden. Anstelle von Ausstellungstücken konserviert es einen Zustand der Räumlichkeiten der Architekturlehre von vor über einem Jahr. Museum und Mausoleum verbindet nicht bloß die phonetische Assoziation. Denn das Leben am Reiff wurde provisorisch (bis auf das Treiben weniger Veteranen; siehe Lagebericht) in den virtuellen Raum exportiert. Der Arbeitsraum und der Vorlesungssaal sind nun vielerorts und gleichzeitig irgendwie nirgendwo. Überall in Deutschland und darüber hinaus, sind vereinzelnd Fragmente des Reiffs vorzufinden. Verbunden sind sie über den virtuellen Gesprächsraum. Doch die ursprünglich in Präsenz im Hörsaal stattfindenden Vorlesungsreihen erinnern, jetzt in Zoom, an eine Serie theatraler Sequenzen. Bildschirme sind aktuell unser Fenster zur Außenwelt und Haustüren eine kaum genutzte Verbindung. Schon lange wurde das architektonische Element des Fensters als Symbol der Sehnsucht identifiziert. Doch jetzt, in Zoom, erfährt es eine virtuelle Neuinterpretation. Ironischerweise kann das neu hinzugewonnene, moderne Fenster wieder als Motiv der Sehnsucht gedeutet werden; wenn auch weniger im romantischen Sinne

als beim Traditionellen. Ein Blick über den Bildrahmen hinaus Wagen die Student:innen, während ein Monolog über die Lautsprecher erklingt, einen Blick über den Bildrahmen hinaus, finden sie sich in einer einseitigen, nahezu voyeuristischen Beobachtungssituation eines Privatraums wieder. Die Variation der Gesprächsbühnen ist groß. Um der Rolle willen, die die eigene Person im anderen Bewusstsein spielt, inszenieren wir unser neues Fenster. Das Äußert sich auf verschiedene Weisen: Von chaotischen Schlafzimmern bis hin zu vermeintlich Intellekt bekräftigenden Bücherwänden. Mal sind sie real mal virtuell. Mal sind sie bewusst gewählt, mal aus dem Zufall entstanden. Manche Menschen nutzen den virtuellen Hintergrund um ihre gesellschaftliche Stellung und Selbstwahrnehmung zu „hintermauern“. Andere hingegen verschleiern ihren Ort virtuell um der Neugierde der Mitmenschen und dessen Blicken zu entgehen. Wieder andere bleiben „schwarze Kacheln“ in den Konferenzen und beschränken sich Selbst auf die auditive Dimension. Es gibt keine einheitliche Lösung für den Umgang mit der Umstülpung der privaten Innenräume zu neuen Schauplätzen öffentlicher Aktivitäten. Gewiss ist aber, dass durch das Wegfallen des unmit-

Sehnsucht nach mehr?: Goffman, Erving. Wir alle spielen Theater: Die Selbstdarstellung im Alltag. 1959.

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telbaren, physischen Dialogs, in Kombination mit dem stetigen Vorhalten des Selbstbilds, Reflexion (des Selbstverständnisses) stattfindet. So kommt es in den Kadrierungen der häuslichen Räumlichkeiten, anstelle von Präsentationen im Foyer, zu Laienaufführungen vor digitalen Stillleben. Die digitale Gesprächskultur Sicherlich können wir uns glücklich schätzen, dass die verdichteten Kommunikationsnetze überhaupt Sinneseindrücke in Echtzeit bereiten; und das sogar (beinahe) ortsunabhängig. Gleichzeitig ist aber festzustellen, dass die Gesprächskultur wesentlich beeinträchtigt ist. Oftmals sind Lehrveranstaltungen im digitalen Raum einseitige Wissenswiedergaben, denen es an Interaktion mangelt. Es wird hier gar nicht erst bemerkt, dass es über die dominante Unterhaltung hinaus auch noch kritische Stimmen gibt. Denn vor symmetrischen Kacheln erfahren wir asymmetrische Kommunikation. Maximal redet die lehrende Person mit ein paar wenigen, die sich trauen etwas zu sagen. Parallele Kommunikation findet nicht statt. Ob Zustimmung oder Verwirrung unter den Zuhörenden herrscht, ist kaum nachvollziehbar und ein klärender Dialog unter Partizipierenden häufig ausgeschlossen. So trennen sich die teilweise seitenlangen, schwarzen „Zoomkacheln mit Namen“

und die „Talking-Heads“ häufig ohne gegenseitige Resonanz, oder gar Dialog zu erfahren. Die nun auch visuell ersichtliche Gesprächshierarchie lässt sich nur schwerlich aufbrechen. Und obwohl sie sich flach darstellt, ist der Austausch mit den digitalen Nachbarn beschränkt. Lernen von den Zoom-kacheln An der Existenz einer sinnlich gefühlten Qualität, die über den Aspekt der Informationsvermittlung hinausreicht, kann nun kaum mehr gezweifelt werden. Die seelischen Qualitäten, auf die es im zwischenmenschlichen Tausch der Aufmerksamkeit so sehr ankommt, waren nun lange genug beschnitten. Es zeigt sich, dass technologische Optimierung nicht jedes menschliche Bedürfnis befriedigen kann und dass wir biologisch verletzliche Wesen sind. Diese Erfahrung kann uns beim Entwerfen und Gestalten gemeinsamer Erlebnis- und Lehrräume in Zukunft auch in Präsenz helfen. Dann wenn unsere flachen Kommiliton:innen wieder an Dimension hinzugewonnen haben. Doch bis dahin hoffe ich die Leser:innen mit den beiliegenden, downloadbaren Zoom-Fenstern nicht ganz so abrupt und spurlos in die (digitale) Leere zu werfen, wie beim Verlassen einer virtuellen Zusammenkunft.

Sehnsucht nach mehr?: Franck, Georg. Ökonomie der Aufmerksamkeit. Ein Entwurf. 1998.

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-Ja, das möchste: Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse, vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße; mit schöner Aussicht, ländlich-mondän, vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn – aber abends zum Kino hast dus nicht weit. Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit: […] Kurt Tucholsky, 1927 I love New York. Paris mon l’amour. Ich hab noch einen Koffer in Berlin, du bist so wunderbar. Ich will Altes in Frankfurt neu erfahren. Gedanken, 2021

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Städte der Sehnsucht - ein Gedankenspaziergang von Johannes Zerfaß

Der städtische Raum ist nicht nur durch bauliche Maßnahmen erschaffen. Er ist vielleicht medial durch Bilder auf dem Papier entwickelt und dann real aus Stein erbaut worden. Nach einem Modell des Soziologen Henry Lefebvre ist er darüber hinaus aber auch durch die Herstellung praktischer, gedanklicher und symbolischer Beziehungen zwischen den Objekten und Artefakten geschaffen. Die Stadt ist ein vielschichtiges Gewebe, das durch die Rezeption der Einwohner:innen und Betrachtenden belebt wird und als Kulisse und Projektionsfläche für mentale Bilder, Vorstellungen, Identifikation und Symbolik funktioniert. Als 1971 eine Kulturagentur zusammen mit der Stadtverwaltung das berühmte T-Shirt mit dem roten Herzen und dem Schriftzug „I love New York“ entwarf, war dies der Hilferuf einer Stadt, die in Verkehr, Schmutz, Spekulation und Kriminalität unterzugehen drohte. Doch aus dem Hilferuf entstand ein neues Erleben der Sehnsucht nach New York als der Stadt aller Möglichkeiten. Und trotz einer starken Gentrifizierung hält sich das Bild bis heute. Paris wiederum ist die Stadt der Liebe, das Berliner Nachtleben ist offen für alle, in Leipzig können wir noch von einer Haus-

besetzerromantik träumen und in Frankfurt seit Neuestem vom einfachen Leben in mittelalterlichem Ambiente. Mit der Corona-Krise werden die Wünsche nach einem Leben auf dem Land lauter und die Idealbilder des städtischen Lebens beginnen mancherorts zu verblassen. Ist die Stadt doch nur eine Kulisse? Wieviel bleibt von den Orten unserer Sehnsüchte, wenn Menschen sie nicht mehr beleben? Begeben wir uns auf einen Gedankenspaziergang. Wir idealisieren Städte, indem wir sie auf die Bilder unserer Sehnsüchte reduzieren. Die Projektionen erscheinen unterschiedlich und sind wandelbar. Sicherlich können wir in Paris trotz geschlossener Souvenirläden und weniger Stadtführungen die Romantik der Stadt wahrnehmen, da wir sie direkt assoziieren mit der äußeren, unveränderten Gestalt des Eiffelturms oder des Montmatre. Währenddessen ist seit Anbeginn der Covid-19-Pandemie die Berliner Clubszene eingeschlafen und der Mythos um durchtanzte Nächte in engen und schlecht belüfteten Technokellern kann unsere Sehnsüchte nicht mehr stillen. Die Millionenmetropole New York stand in den ersten Monaten der Krise still. Die

Sehnsucht nach mehr?: Lefebvre, Henri (1991): The Production of Space. Oxford, UK, Cambridge USA: Blackwell.

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leuchtenden Reklametafeln wirkten wie ein verlassener Freizeitpark in einem schlechten Horrorfilm. Und sicherlich könnten wir den letztlich vieldiskutierten Rekonstruktionsboom, wie er zuletzt an Beispiel der neuen Frankfurter Altstadt zu sehen war, auch als eine kollektive Sehnsucht nach einem vergangenen, oder nie dagewesenen, idealisierten Stadtbild kritisch betrachten. Vielleicht entblößt sich nun beim Flanieren entlang geschlossener Läden die rekonstruierte Altstadt als eine Kulissenarchitektur. Vielleicht erscheint sie uns nur noch museal und unnahbar, wenn sie nicht mehr als Einkaufzone oder zum Kaffeetrinken erlebbar ist. Führen wir unseren Gedankenspaziergang durch die verlassenen Sehnsuchtsstädte fort. Wo könnten wir neue Potenziale wahrnehmen, wo durch einen Perspektivwechsel einen Ort neu beleben? Die ZEIT schrieb kürzlich über das Aufatmen der Stadt New York. Ein Großteil der Einwohner ist inzwischen fortgegangen. Neue, weniger wohlhabende oder spekulierende Menschen sind zugezogen. Es heißt, das Leben dort sei härter, aber ehrlicher und vielversprechender geworden. Die Stadt kann wieder reale Chancen aufzeigen und kann die Maskerade des lediglich sehnsuchtsvollen Bildes derselben abnehmen.

Abb.: eigene Aufnahme, 2019 Sehnsucht nach mehr?: Kaschuba, Wolfgang (2017): Die Stadt, ein großes Selfie? Urbanität zwischen Bühne und Beute. URL: www.bpb.de/apuz/260060/urbanitaet-zwischen-buehne-und-beute?p=0

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In Paris wiederum, wo die Assoziationen der Stadt stark verbunden sind mit symbolträchtigen Bauwerken die durch die Pandemie nicht an Wirkkraft verlieren, sondern gegebenenfalls nun dominanter hervortreten, können unsere Sehnsüchte vielleicht weiterleben. Wenn die Kulisse unberührt bleibt, kann sie als Konstante auch Kraft für Perspektivwechsel bieten? In Berlin werden die Technoclubs noch eine Weile geschlossen bleiben und auch nach der Pandemie werden wir wahrscheinlich den schweißgetränkten Körperkontakt auf Tanzflächen nicht mehr allzu sehr begrüßen. Wofür stehen dann die rauen Wände des Berghain noch? Wird es gelingen solchen Orten eine neue Identität als weitere Ausstellungsorte, Theater oder Arbeitsräumen zuzuschreiben oder stirbt mit der Sehnsucht der Raum?

Bedeutungen verändern, Handlungsveränderungen anregen und Transformationen erzeugen. Denn wenn die Stadt zugleich Ausgangspunkt und Ergebnis unserer Wertschätzung und Sehnsüchte ist, können wir durch Wahrnehmung Raum erschaffen. Macht einen Gedankenspaziergang. Vielleicht leben Städte nur durch unsere Sehnsucht.

Es gibt eine neue Notwendigkeit der Entwicklung von Nachnutzungskonzepten für leerstehende Ladenflächen, Ideen für resistente Innenstädte und Architekturen, die auch in der Abwesenheit von Menschen für diese funktionieren. Entwickeln wir also beim gedanklichen Flanieren durch unsere Sehnsuchtsorte neue Perspektiven. Planer:innen können Raum produzieren, umdeuten und neu beleben durch die Verknüpfung unterschiedlicher Blickwinkel. Sie können in einem kulturellen Prozess Sehnsucht nach mehr?: Buchter, Heike (2021): New York wird ärmer, härter und bunter. URL: www.zeit. de/wirtschaft/2021-04/usa-new-york-reiche-stadtviertel-veraenderung Prof. Förster, Agnes (2020): Produktion von Raum. Vorlesungsreihe Stadt und Lanschaftsplanung WiSe 2020, RWTH Aachen

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Vom Wandel in der Innenstadt: Die meffi.s kommen! von Ramona Schaefer

Leerstand im Einzelhandel. Die vielen leeren Schaufenster in der Aachener Innenstadt sind schon längst kein seltener Anblick mehr. Durch die aktuelle Pandemiesituation beschleunigt sich die schwindende Nachfrage nach Einzelhandel in vielen Städten und lässt die Frage nach einer zukünftigen Umnutzung unserer Innenstädte immer lauter werden. Stadt - als ein wichtiger Ort von Zugänglichkeit für alle Bevölkerungsgruppen, als ein gemeinschaftliches Territorium und Schnittstelle - die es zu beleben, verändern und aufzuwerten gilt. Wie wollen wir Stadt neu formen? In der Mefferdatisstraße, einem zentralen Ort im Altstadtkern Aachens, zwischen

einem leerstehenden Kaufhaus und der Antoniusstraße, soll die sozial-ökologische Transformation unserer Stadt nicht nur diskutiert, sondern auch gestaltet und erlebt werden. Die meffi.s, ein Zusammenschluss vieler Aachener Initiativen, Pionier:innen und Stadtmacher:innen wollen hier Freiraum für Begegnung, gesellschaftliches Engagement, kreative Entfaltung schaffen. Umgesetzt wird das Projekt auf einer Fläche von vier Leerständen mit insgesamt 400qm Nutzfläche. Geplant ist ein Coworking-Bereich, einem Makerspace mit Atelier und Werkstätten sowie ein Café/Bar und eine Kleinkunstbühne. Die Idee der Stadtmacher:innen steht für

Wandel in der Altstadt: der Abriss des benachbarten Parkhaus am Büchel steht unmittelbar bevor. Nach dem Abriss soll das Büchel-Grundstück zwischengenutzt werden - unter anderem von den meffi.s.

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Schaut doch mal beim nächsten Stadtspaziergang in der Mefferdatisstraße 14-18 vorbei oder Dienstags ab 20 Uhr beim offenen Abend online.

all diejenigen, die Stadt nicht primär auf einem ökonomischen Interesse, sondern auch mit der Generierung eines gesellschaftlichen Mehrwerts entwickeln wollen. Für das Transformationszentrum in der Mefferdatisstraße soll daher ein solidarischen Finanzierungs- und Beteiligungsmodel entwickelt werden. Unter anderem sind hierbei die Stadt Aachen und die Städtische Entwicklungsgesellschaft Aachen (SEGA) beteiligte Akteure. Vorbilder zur Umsetzung solcher Nachbarschaftsinitiativen sind Projekte wie das der „Urbane NachSehnsucht nach mehr?:

barschaft Samtweberei“ in Krefeld. In den letzten Jahren wurden dadurch bereits erfolgreich soziale und kulturelle Impulse für das Zusammenleben im umliegenden Viertel nahe der Krefelder Innenstadt gegeben. Die seit Mai begonnenen Umbauarbeiten in der Mefferdatisstraße sollen bis Oktober abgeschlossen sein. Es bleibt zu hoffen, dass trotz Pandemie, das vielfältigen Miteinander in der Aachener Innenstadt bald neu gelebt werden kann.

www.meffis.org, www.samtweberviertel.de

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flanieren, wandeln, bummeln, streifen: Über das Spazierengehen von Laurin Toussaint

Wenn Spazieren vor der Pandemie noch nicht Breitensport war, dann ist es das mittlerweile ohne Frage. Dabei ist das Spazierengehen als Massenphänomen noch gar nicht so alt. Lange war es nur der Adel, der im Gehen mehr sah als eine lästige Art der Fortbewegung und das auch nur in eigenen Gärten und Parks. Allenfalls von einigen griechischen Philosophen der Antike wird noch berichtet, dass sie hauptsächlich im Gehen ihre Gedanken formuliert haben. Erst im 19. Jahrhundert setzte sich das Spazierengehen mit dem Bau von Boulevards und Promenaden endgültig in allen Schichten durch. Die Bewegung zu Fuß konnte auch deshalb zum Zeitvertreib werden, weil moderne Fortbewegungsmittel wie die Eisenbahn und später Auto und Flugzeug zur Gewohnheit wurden. Genau diese Entwicklung kritisierte der Schweizer Soziologe Lucius Burckhardt seit den 70er Jahren. Er begründete die sogenannte Promenadologie oder auch Spaziergangswissenschaften, die das Spazierengehen nicht als Untersuchungsgegenstand, sondern als Werkzeug zur Wahrnehmung der Umgebung auffassen. Burckhardt formulierte die These, dass dem Menschen mit dem Verlust der langsamen Fortbewegung auch die langsame

Wahrnehmung und damit der Sinn für den städtischen und landschaftlichen Kontext abhandengekommen war. Das Reisen mit U-Bahn oder Flugzeug vergleicht er mit einem Fallschirmsprung in eine Gasse, bei dem man ohne Orientierung in eine Stadt eintaucht., um sich dann kontextlos in ihr zu bewegen. Man kennt das aus dem Urlaub oder nach einem Umzug: Eine Stadt hat man sich gefühlt erst dann wirklich zu eigen gemacht, wenn man sich ihren Kontext erlaufen hat; einzelne Straßen, Plätze und feste Routen im Kopf verknüpfen kann. Doch selbst in der eigenen Heimat fährt man heutzutage oft erst mit dem Auto an einen anderen Ort, um dann dort zu spazieren, statt sich bewusst mit der näheren Umgebung auseinanderzusetzen Aber die Spaziergangswissenschaften sind mehr als spielerische Urbanismuskritik. Laut Burckhardt wird eine Landschaft nämlich gerade dann als unschön angesehen, wenn medial vermittelte Idealbilder und Erwartungen nicht erfüllt werden. Es geht ihm also darum, diese Bilder infrage zu stellen und ihnen die Wirklichkeit entgegenzusetzen um letztlich durch einen Wahrnehmungswandel zur Verschönerung von Stadt und Landschafts beizutragen.

Sehnsucht nach mehr?: Lucius Burckhardt: Warum ist Landschaft schön? Die Spaziergangswissenschaft. Martin Schmitz Verlag, Berlin 2006

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In einem seiner Aufsätze beschwört Lucius Burckhardt das Bild des „Idealspaziergangs“ vor der Erfindung der Eisenbahn: Ein Städter tritt aus dem Stadttor und durchquert die umliegende Landschaft. Die ästhetische Betrachtung dieser wird ihm dadurch ermöglicht, dass er, im Gegensatz zur Landbevölkerung, kein kommerzielles Interesse an ihr besitzt. Im letzten April war über Wochen alles außer den Supermärkten dicht. Das von Burckhardt beschriebene Interesse gab es beim Anblick von Ladenzeilen nicht. Konnten wir also für einen kurzen Moment unsere Stadt wie eine fremde Landschaft betrachten? Ein wenig fremdartig und fehlplatziert fühlte man sich ja, wenn man in diesen Wochen, in denen alles stillstand, draußen unterwegs war. Wie ein Tourist in der eigenen Heimat. Auf der beiliegenden Karte haben wir unsere persönlichen Lieblingsrouten aufgezeichnet. Unser Aufruf: Beim nächsten Spaziergang eine neue Strecke wählen, die Kopfhörer zuhause lassen und einfach mal die Augen offen halten, denn Spazierengehen schafft Schönheit!

„So wenig als möglich sitzen; keinem Gedanken Glauben schenken, der nicht im Freien geboren ist und bei freier Bewegung, in dem nicht auch die Muskeln ein Fest feiern.“ – Friedrich Nietzsche

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Was wird denn da geforscht? Lagebericht aus dem ReiffLabor

Additive Strukturen in Keramik 3D-Clay-Printing (Künstlerische Gestaltung: Christina Klug) In der Auseinandersetzung mit dem Werkstoff Ton ermöglicht das AM neue Gestaltungsoptionen. Ziel ist es, die Potenziale der parametrischen Programmierung in ihrem kreativen Gestaltungsspielraum weiter auszuschöpfen.

Eine Umsetzung in der Architektur? Studierende als Sience Assistants erforschen die technischen Eigenschaften und Möglichkeiten von extrudierter, plastischer Tonmasse.

Living Colour (Künstlerische Gestaltung: Sina Hensel)

Wieviel gestalterisches Potential steckt in Algen und anderen natürlichen Farbstoffen?

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Ausgehend von dem Vorgang des traditionellen Färbens, geht es um die nachhaltige Produktion von Material und seiner Anwendung. Ziel ist es, über neue Quellen für die Herstellung von Farbe und deren Implikationen zu reflektieren. Da das Material aktiv ist, stellt sich die Frage nach seiner Haltbarkeit, da dessen praktische Anwendung die Akzeptanz einer Transformation sowie die Abgabe von Kontrolle voraussetzt.


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Mimik und Gestik (Künstlerische Gestaltung: Hannah Groninger)

Gestik und Mimik als elementare Kommunikationsmittel um Selbstbewusstsein und persönliche Entwicklung des Complete Agent (handelnden Wesen) zu stärken.

In diesem Ansatz werden Körpertechniken für soziotechnische Systeme, aber auch als Input für Zeichen- und Formprozesse ausgelotet. Gezielt sollen Emotionalität und körperliche Ausdrucksmittel mit Hilfe der Aufzeichnung von Gesten, Blicken und Mimik für zeichnerische Prozesse und formgebende additive Verfahren eingesetzt werden.

Architektur und Gesundheit (Baukonstruktion: Nicole Bode-May, Carsten Eiden) Der Lehrstuhl Baukonstruktion plant in Kooperation mit Professoren des Universitätsklinikum Aachen eine Forschungsreihe zum Thema Architektur und Gesundheit. Untersucht werden dabei die Wechselwirkung zwischen architektonischem Raum und dem Wohlbefinden seiner Nutzer*innen. Neben Krankenhäusern sind auch die baulich-räumlichen Parameter in Pflegeheimen, sowie in ambulant betreuten Wohngemeinschaften zu erfassen, um ein großes Spektrum der gesundheitlichen Versorgung abbilden zu können.

Geplant ist ein Austausch mit Promovierenden der Medizin und Architekten aus Aachen sowie fakultätsoffene Fachvorträge über Krankenhausbau, als Teil des interdisziplinären Lehrprogramms.

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HYDE Schnittstelle Materialerfahrung und digitaler Abstraktion (Künstlerische Gestaltung) Potenziale und Auswirkungen der Digitalisierung auf den kreativen, planenden Umgang mit architektonischen Themen werden aktiv und reflexiv erforscht und gelehrt. Fallstudien zu Keramik, Living Colors und Körpertechniken werden durchgeführt und innovative, digitale Formprozesse in unterschiedlichen Bild-, Entwurfs-, und Materialkontexten initiiert und reflektiert

Das über 3 Jahre laufende Projekt HYDE am Lehrstuhl für Künstlerische Gestaltung verknüpft Forschung mit Lehre.

Flexible Fertigung von Feinblechpaneelen zur Erzeugung komplexer Freiformstrukturen (Tragkonstruktionen: Thorsten Pofahl, Alex Seiter)

Das Baumhaus mit seinen Belichtungsgittern war der ideale Aufstellungsort für den mehrgeschossigen Versuchsaufbau.

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Gemeinsame Forschung mit dem Institut für Bildsame Formgebung an der Herstellung und Konstruktion von freigeformten Blechpaneelen. Aus diesen individuellen Bauteilen lassen sich einerseits eindrucksvolle Schalentragwerke mit einem sehr geringen Eigengewicht und andererseits weitspannende, freigeformte Fassaden realisieren. Die statische Auslegung solcher dünnen Freiformstrukturen ist äußert komplex und bedarf der Anwendung von sensiblen Finite-Element-Simulationen. Zur Validierung der Simulationsparameter wurden physische Tests an kleinen Schalentragwerken mit bis zu 600 kg belastet. Mit Hilfe der Ergebnisse kann die Realisierung einer punktgelagerten Schale mit 8 Metern Spannweite nun beginnen.


sehnsucht. Research by Design am Fallbeispiel Aachen-Nord: „Neucodierung“ der urbanen Produktion als Mehrwert für die Stadt und deren Bewohner?

Architektonische Bestandteile Urbaner Produktionsstätten (Baukonstruktion: Nicole Bode-May, Carolin Möllers) In vielen europäischen Städten lässt sich ein Umdenken in der Stadtentwicklung wahrnehmen, das nach einer langen Phase des Rückzugs und der Auslagerung von (störenden) Betrieben aus den innerstädtischen Bereichen wieder die Integration von Produzierenden erlaubt. Im Rahmen der Forschungsreihe am Lehrstuhl Baukonstruktion geht es um die Entwicklung von zeitgemäßen konzeptionellen und typologischen Ansätzen für urbane Produktionsstätten, die vielfältige Mehrwerte erzielen.

Architekten lassen Bäume wachsen (Tragkonstruktionen: Kevin Moreno Gata) Die Herausforderungen des Klimawandels ermutigen Forschungsbereiche, neue nachhaltige Lösungen im industriellen Maßstab anzuwenden, wie zum Beispiel den Holzbau. Die Grenzen der Materialeigenschaften und technischen Möglichkeiten von Holz können durch Beeinflussung und Manipulation des Wachstumsprozesses erweitert werden. Der Lehrstuhl für Tragkonstruktionen hat eine intensive Studie zur Baumart Paulownia Artemis, in dessen ersten Wachstumsphase durchgeführt, um die Einflüsse zu ermitteln, die sich auf die Geometrie und Widerstandsfähigkeit in ihrem Wachstum auswirken.

Verschiedene Pflanzenarten lassen sich dank ihrer hohen Wachstumsgeschwindigkeiten in kurzer Zeit untersuchen.

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EMMy Materialbibliothek (Rezykliergerechtes Bauen: Prof. Linda Hildebrand) EMMy – Ecological Material Mini Library ist ein Projekt der Forschergruppe Ressourcengerechtes Bauen. EMMy versucht zwischen wissenschaftlicher Bewertung einerseits und handhabbaren Kategorien andererseits zu vermitteln. Auf Grundlage der Herkunft und Rückführbarkeit der Baumaterialien werden die Materialien in Gruppen unterteilt.

In der Bibliothek finden sich Lehmprodukte, Metalle, Minderalische Materialien, nachwachsende Rohstoffe und Synthetische Produkte. Schau mal vorbei auf: www.emmy.rb.rwth-aachen.de

Die Secmol school im Himalaya (Ladakh), eine im Winter sehr kalte Region, zeigt einen innovativen Umgang mit Lehm als Isolator und Speichermasse.

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EAMC - Experimental Architecture and Material Culture (Architekturtheorie: Prof. Axel Sowa) EAMC, ist eine Bestandsaufnahme-Plattform für Erd- und Steinarchitektur in Indien und Europa. Ihr Ziel ist die Bündelung des Wissens über Bautechniken, Handwerk und Materialherstellung. Die Datenbank ist Teil einer dreijährigen Kooperation mit dem IIT Roorkee. Das Projekt startete im WS 2019/20 mit einer Bestandsaufnahme von Studierenden aus Indien und Deutschland zu Lehm und Lehmbau. Ihre Ergebnisse auf dem EAMC-Portal geben einen Einblick in die traditionelle und zeitgenössische Verwendung von Lehm als Baumaterial.


sehnsucht. Pilzmyzel als Baustoff der Zukunft? Die Herstellung von Baukomponenten aus Pilzmyzel ist nahezu energieneutral sowie ein biologisch abbaubares Baumaterial.

Baumaterialien auf Mycel-Basis (Tragkonstruktionen: Dana Saez, Denis Grizmann) Laut einem Bericht der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen ist die Bauindustrie verantwortlich für: 30% der globalen CO²-Emissionen, 40% des Energieverbrauchs in Eu-ropa und 30% des Ressourcenverbrauchs weltweit. Zudem werden 80-90 % dieser Ressourcen in den tragenden Strukturen von Gebäuden verbraucht. Wir als Architekt:innen und Ingenieur:innen können diese Auswirkungen redu-

zieren, wenn wir unser Know-how in intelligente Konstruktionen einbringen. Das interdisziplinäres Team am Lehrstuhl für Tragwerke und Konstruktives Entwerfen forscht an Mycelium-basierten Baumaterialien, da diese ein großes Potenzial haben, erdölbasierte traditionelle Baumaterialien zu ersetzen. Mycelium-Verbundwerkstoffe sind neuartige, kostengünstige und umweltverträgliche Materialien, von denen man sich eine Anwendung in der Bauindustrie erhofft. Im Rahmen des laufenden Projekts My-coMatrix wenden wir die Biofabrikation von natürlichem Pilzwachstum an, um lignozellulosehaltige Nebenprodukte der Industrie in nachhaltige Alternativen zu traditionellen Baumaterialien umzuwandeln. In der Forschung wurde sich auf die Eigenschaften der Anpassungsfähigkeit konzentriert. Pilz-Matrix-Materialien können in verschiedene Formen gebracht werden; dies stellt eine hervorragende Möglichkeit dar, architektonische Projekte durch Bottom-up-Designprozesse zu verbessern. Mit anderen Worten, es erlaubt, die Form durch das Material zu denken.

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Derivé, Umherschweifen im Rheinischen Revier (Institut für Städtebau und europäische Urbanistik: Marie Enders) Schon die Situationisten haben versucht sich das Paris der 60er Jahre mittels der Methodik „derive“ (deutsch: umherschweifen) neu zu erschließen und damit einen anderen Blickwinkel auf die Stadt zu erhalten. Diese Methodik fand im Forschungsfeld Anwendung um großmaßtäblich die kleinkörnige Identität im Rheinischen Revier an konkreten identitätsstiftenden dritten Orten exemplarisch, mittels Interviews und teilnehmender Beobachtung zu kartieren.

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Die Ergebnisse sind auf der aktuellen Biennale in Venedig, die unter dem Titel *How will we live together?* stattfindet, ausgestellt. Der Austellungsbeitrag versteht sich als Atlas acht identifizierter immaterieller Kulturformen im Rheinischen Revier


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Während des Semesters wurde ein Prototyp für einen selbstragenden Lehmbogen entwickelt.

Forschungsfeld Lehmbau (Gebäudelehre und Grundlagen des Entwerfens: Bernadette Heiermann) Im Forschungsfeld zu Fertigteilen aus Leichtlehm wurden Potentiale des Materials mit Blick auf das „einfache Bauen“ sowie lokale Baumaterialien untersucht und vertieft betrachet. Leichtlehm, bestehend aus einer Mischung von Lehm und organischen Zuschlägen, ist ein einfaches Baumaterial mit faszinierenden bauphysikalischen Eigenschaften. Im Fachwerkbau hat er eine lange Tradition, in eine Schalung eingestampft kann man ihn zu (selbsttragenden) Wänden oder Decken verarbeiten. In der industriellen Fertigung wird er zu Lehmsteinen wie auch Wand- und Deckenplatten verarbeitet.

Umnutzung von Kirchen (Immobilienprojektentwicklung: Prof. Elisabeth Beusker) In der Reihe UMNUTZUNG wurden interessante Beispiele zu revitalisierten Immobilien veröffentlicht. Band 1 zur Umnutzung von Kirchen beinhaltet 21 Beispiele zu entweihten und umgebauten Sakralbauten aus Nordrhein-Westfalen, die zwischen 1865-1965 errichtet wurden. Die Vielfalt an neuen Nutzungskonzepten für Kulturgebäude, Kolumbarien, Sportbauten, Büround Verwaltungsgebäude, Wohngebäude und Kindergärten zeigt das Potential zur Umnutzung von Kirchen anschaulich auf.

„Die Publikation leistet einen wesentlichen Beitrag zum Umgang mit leerstehenden Sakralbauten.“ https://baukultur.nrw/projekte/umnutzungen-von-kirchen-in-nrw/

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Ausgegraben - Eine Reiff Magazin Chronik

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gReiffbar † 2002 - 2006

reiff live † 2007 - 2010

Sehnsucht nach mehr?: Hier findet ihr das „Ausgegraben“ - Archiv vergangener Magazine des Reiff‘s: https://rwth-aachen.sciebo.de/s/yvRQt1gk6ToAbFt

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reiff life † 2011 - 2015

KONGLOMERAT

WS 11/12

* reiff.life ab 2021

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* SEHNSUCHT SS 21

ZWANG SS 12

ATMOSPHÄRE

WS 12/13

UMBRUCH WS 13/14

KULTIVIERUNG SS 14

FLICKWERK WS 14/15

Die Sehnsucht nach einem schriftlichen studentische Sprachrohr wiederholt sich periodisch. Wir nehmen sie als nächstes „Großes Wort“. Mit der Hoff nung das sie dieses Mal beständig bleibt.

Sehnsucht nach mehr?: https://issuu.com/reifflife

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GESEHEN Filmempfehlungen

Sehnsucht nach der Sehnsucht?

Sehnen wir uns nicht Alle nach dem Gleichen?

Hingabe zu wunderschönen Bildern ...

Wer schaut zur Zeit nicht ständig aus dem Fenster?

Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão

Human

Die Verachtung

Das Fenster zum Hof

(A Vida Invisível De Eurídice Gusmão) Karim Aïnouz

(Human)

(Les Mépris)

(Rear Window)

Yann Arthus-Bertrand

Jean-Luc Godard

Alfred Hitchcock

Drama - 2019

Dokumentarfilm - 2015

Liebesdrama - 1963

Thriller - 1954

Rio de Janeiro, um 1950. Eine Geschichte schmerzhafter Sehnsüchte und schillernder Farben, in einer Welt, die keinen Platz hat für Frauen auf der Suche nach Freiheit und Selbstverwirklchung.

Welche Sehnsüchte eint die Menschheit? Interview-Sequenzen und Luftaufnahmen aus 60 Ländern suchen eine Antwort auf Liebe, Armut, Glück und mehr. (auf youtube.com)

Lust auf Sommer, Sonne und Meer? Eine französische Architekturführung durch die Villa Malaparte auf Capri, geführt von Brigitte Bardot und Michel Piccoli.

Eines Nachts wird aus der voyeuristischen Gewohnheit bitterer Ernst für Jeff, der sich sicher ist Zeuge eines Mordes zu sein. Ist Voyeurismus auch eine Art Sehnsucht?

Sehnsucht nach mehr?: Titel googeln oder zur Videothek, 2021

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Für alle Spaziergänger:innen unter uns (also derzeit für Alle)

Spaziergangswissenschaften

(Yadun mal‘a bi-n-nujum)

Lust auf saftige Pfirsiche?

Die Straße der Pfirsische

Haruki Murakami

Rafik Schami

Lucius Burckhardt

(The Cruise of the Rolling Junk ) F. Scott Fitzgerald

Kurzgeschichten - 2017

Roman - 1987

Wissensch. Text - 1980

Roman - 1920er

Du bist gerade auf der Straße an einer Person vorbeigegangen, die die Liebe deines Lebens sein könnte, für die du bestimmt bist - was tust du? In Murakamis Welt erzählst du eine Geschichte.

Rafik Schami erzählt autobiographisch die Geschichte eines Jungen in Damaskus. Seine Sehnsüchte, von poetisch und lustig bis ängstlich und erschreckend schreibt er in seinem Tagebuch nieder.

Seine Forschungen beschäftigten sich mit den Auswirkungen unserer Wahrnehmung und Mobilität auf das Planen und Bauen. Er taufte sein neues Fach Spaziergangswissenschaft.

Scott und Zelda Fitzgerald reisen mit dem Auto nach Alabama, weil Zelda eines Morgens aufwacht und Appetit auf die Pfirsiche hat, wie es sie nur in Ihrer Heimat gibt. „Pfirsiche! Rosa und gelb, saftig …“

Sehnsucht nach mehr?: Titel googeln oder in die Bibliothek, 2021

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reiff.life

GUTE AUSSICHTEN Juli bis August 2021

Juli

02

Hin und Weg

Was: Theater Aachen Wann: 21.00 Uhr Wo:Hangeweiher, Aachen

Juli

05

Werkbericht

Was: Martin Boesch aus Zürich Wann: 19:30 Uhr Wo: Zoom-ID 939 1055 0351 Code 843484

Juli

19

Lovely Creatures

James Baldwin

Sport im Park

Was: Sport kontaktlos und mit Frischluft Wann: 03.07.-14.08.21 Wo: www.sportimpark-aachen.de

Juli

10

Sandkasten

Was: Strandgefühle auf dem Katschhof Wann: bis 15.08.2021 08 - 18.00 Uhr Wo: Katschhof

Juli

19

01

August

Juli

03

„Was bleibt?“

Was: Ausstellung Wann: 03.07. - 14.08.21 Wo: Galerie Kulturwerk, Aachen

Juli

12

HansJörg Göritz

Was: Werkbericht Rwth Wann: 19.30 Uhr Wo: Online via Zoom Link

Juli

22

Adrian Hermes

Was: Ausstellung Wann: ab 19.06.21 Wo: Ludwig Forum Aachen

Was: Lesung+Gespräch (u.A. mit Igor Levit) Wann: 20 Uhr Wo: www.literaturhaus-muenchen.de

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03

Sweet Lies

Was: Ausstellung Wann: ab 19.06.21 Wo: Ludwig Forum Aachen

August

Juli

Was: Wohnzimmerkonzert Wann: ab 18.00 Uhr Wo: Café und Bar Zuhause

13

Hörspielwiese Köln

Was: Kunst und Musik Wann: bis 15. 08.21 Wo: Leo-Amann-Park, Köln

August Connected

29

Was: Ausstellung Wann: 29.08.-19.09.21 Wo: Galerie SK in den Güterhallen, Solingen

Juli

04

Homo urbanus

Was: Film-Hommage an öffentlichen Raum Wann: bis 11.10.21 Wo: Bordeaux oder bekalemoine.com

Juli

14

C2C Congress 2021

Was: Internationaler Kongress Wann: bis 4.11.2021 Wo: Online und diverse Orte

Juli

31

Hermetic Permeabilities

Was: Installationen im öffentlichen Raum Wann: bis 1.08.2021 Wo: Ludwig Forum für internationale Kunst

August

31

Terminal der Liebe

Was: Theatersoap Fernwehprogramm Wann: 20 Uhr Wo: Raststätte Aachen


sehnsucht.

September bis Oktober 2021

September

01

September

04

September

06

Die Kölner Kartause

Europamarkt Aachen

Architektur und Film

Was: Kunsthandwerk und Design Wann: bis 05.09.21 Wo: Markt, Aachen

Was: Ausstellung Wann: ab 06.09.2021 Wo: Filmmuseum Düsseldorf

September

September

September

Was: Vortrag Wann: 19.00-21.00 Uhr Wo: Melanchthon Akademie, Köln

12

Tag des offenen Denkmals Was: Geschichte, Architektur, Denkmäler Wann: den ganzen Tag Wo: Deutschlandweit vor Ort und digital

NEQ Talks 4/5

September

Oktober

25

16

Was: Nachhaltigkeitsund Energiemanagement im Quartier Wann: 18.00 Uhr Wo: Online via Zoom

01

18

Quadr Art

September

12

Bücherflohmarkt

Was: Stöbern, bummeln, lecker essen Wann: av 10.00 Uhr Wo: Alte Feuerwache Köln

September

18

Markt für gutes Leben

Was: Ausstellung Wann: bis 26.09.2021 Wo: BBK-Galerie, Aachen

Was: nachhaltiger Designmarkt Wann: bis 19.09.2021 Wo: Radstation Köln

Oktober

Oktober

01

08

Aachener Kunstroute

Fragmente vom Glück

24 räume pro sekunde

Beuys & Duchamp

Oktober

Oktober

Oktober

Oktober

Was: Werkschau/ offene Ateliers Wann: bis 26.09.2021 jew. 11.00 - 18.00 Uhr Wo: DEPOT, Aachen

09

Die Sprache der Stadt Was: Ausstellung- und Vortragsreihe Wann: 9.10.2021 Wo: Raststätte Aachen

Was: Ausstellung Wann: bis 31.10.2021 Wo: BBK-Galerie, Aachen

Morgen - Land

16

Was: Poetry Slam von Sulaiman Masomi Wann: 20 Uhr Wo: Musikbunker Aachen

Was: Film und Architekturmodelle Wann: bis 01.11.2021 Wo: Architekturgalerie Weissenhof, Stuttgart

NEQ Talks 5/5

28

Was: Nachhaltigkeitsund Energiemanagement im Quartier Wann: 18.00 Uhr Wo: Online via Zoom

Was: Ausstellung Wann: bis 16.01.2022 Wo: Kaiser Wilhelm Museum in Krefeld

31

Sonntagsführung

Was: Kostenlose Führung Wann: 15 Uhr Wo: Kunsthaus NRW Kornelimünster

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