HSR Magazin 1-2019

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HSR Magazin 1 / 2019

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AUSGABE 1 / 2019

RESSOURCENSICHERHEIT Was Menschen tun, beeinflusst die Umwelt. An der HSR beschäftigen sich Forschung und Studiengänge mit aktuellen technischen Lösungen, um die Umwelt zu schützen. AUTO MIT DIGITALISIERUNGS-AUGEN Die HSR verfügt über ein Auto, dass die digitale Welt sieht und misst. Das mobile Labor analysiert und kartiert mit seinen Sensoren Funkwellen aller Art. NUTZLOSES KUNSTSTOFF-RECYCLING? Halb Europa diskutiert über die Reduktion von Kunststoff-Verpackungen. Ein HSR Professor hält dagegen: Plastik nützt mehr, als es schadet.

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INHALT

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14

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16 18

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FOKUS

THEMEN

AKTUELLES

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Den Bergsturz von Bondo in die Landschaft integrieren

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Innovationen für den nächsten Medaillenregen

32 Preise und Auszeichnungen,

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Warum Wohngebäude oft mehr Energie verheizen als geplant

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Wirtschaftsingenieure der HSR setzen die Digitalisierung um

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12

Flexibles Panorama für flexible Hallen

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34 Digitalisierungs-Konferenz

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Prokrastination: «Heute ist nicht mehr so klar, was wichtig ist»

Das HSR Auto, das die Digitalisierung sieht

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Nationaler Zukunftstag, Klimagarten 2085

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HSR analysiert Sickerwasserqualität unterhalb von Kunstrasenplätzen

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Pensionierung, Neue Professuren, HSR Agenda

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Die stärkste Kunststoff-Erdwärmesonde der Welt

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HSR Galerie Textilaltro, Impressum

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«Kunststoff-Verpackungen haben einen ökologischen Nutzen»

Robolympics 2018 Preise und Auszeichnungen, World Robot Summit

38 Sprungbrett


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DIE DIGITALISIERUNG SEHEN UND KARTIEREN

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Das neue Wireless Research Vehicle der HSR kann die Digitalisierung sehen, seine Messergebnisse beispielsweise in Form von Abdeckungskarten für mobile Datenverbindungen ausgeben und so Grundlagen für Infrastruktur-Entscheidungen liefern. Grafik: Tobias Leuenberger, leuen.com

LIEBE MAGAZINLESERINNEN LIEBE MAGAZINLESER Heute schreibe ich Ihnen von einem aquamarinblauen Meeresufer, von dem man in der Nacht Tausende Sterne mit blossen Auge beobachten kann, aber am Strand nicht mehr spazieren kann, weil er weggespült worden ist. In der Nacht fluoresziert hier das Plankton und man sieht die Milchstrasse, die sich allerdings beim näheren Hinsehen als eine Sternenanhäufung leicht verdeckt durch zarte Wolkenschleier entpuppt. Quasi laktosefrei. Wie ich hierhergekommen bin, werde ich nicht kommentieren. Nein, eine Bahnverbindung führt hierher nicht. Dafür pflanze ich zuhause fleissig Bäume und Sträucher und hoffe, dass sie unsere Nachkommen 2085 noch wachsen sehen. Denn die Wissenschaftler berechneten, dass die Klimaerwärmung in 66 Jahren 3 Grad ausmachen wird, wenn wir uns an die Versprechen zur CO2Reduktion ab heute halten. Tun wir das nicht, wird es im Schnitt 6.5 Grad wärmer, und die lieb gewonnenen Blutbuchen in unseren Parks und Gärten verschwinden. Ja, auch mich hat der Gretaeffekt erfasst.

Schliesslich begegne ich jeden Tag Dozierenden, die in Themen forschen, welche sich unter einem grossen «U» wie Umwelt zusammenfassen lassen. Ressourcenschonung und klimaneutraler Ressourcenumgang ist an der HSR seit Jahrzehnten Programm. Auch unsere Studierenden engagieren sich quasi nebenamtlich: Ende März führten sie an der Hochschule in Zusammenarbeit mit der Stadt Rapperswil-Jona und unter Mitwirkung unserer Professorinnen und Professoren die zweite Nachhaltigkeitswoche durch. An über 40 verschiedenen Veranstaltungen erhielten die Besucherinnen und Besucher Einsichten in wissenschaftliche Experimente, Forschungsprojekte oder einfache Tipps, wie sie selber ihre Gewohnheiten ändern und zu weniger CO2-Ausstoss beitragen können. Wenn ich Ihnen aus den Ferien schreibe, bin ich schon Teil der Arbeit 4.0? Bürolos, Hunderte Kilometer entfernt, mit Laptop und digitalem Datenzugang und doch mit Ihnen verbunden. Oder habe ich prokrastiniert,

das Editorial aufgeschoben, obwohl mir diese Aufgabe besonders am Herzen liegt? Gerne lade ich Sie zum Interview über dieses Thema mit Rita Raemy von der Universität Fribourg sowie zur Lektüre neuster Umsetzungen aus unserer Forschung, damit die Blutbuchen nicht sterben müssen. Viel Spass beim Lesen!

Eva Tschudi Chefredaktorin


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Konventionen brechen, statt weiter so. Das ist für mich Industrie 4.0.

Andreas Schumacher Softwareentwickler mit Weitsicht: Lokalisiert in der Produktion selbst kleinste Objekte mit einem innovativen Kennzeichnungssystem.

Wie mutig sind Sie? Visionäre Softwareentwickler (w/m) gesucht. Wir suchen Softwareentwickler (w/m) mit mutigen Ideen. Als Hochtechnologieunternehmen und Anbieter von Lösungen in den Bereichen Werkzeugmaschinen und Lasertechnik definieren wir die Grenzen des Machbaren immer wieder neu. www.trumpf.com/s/software-developers

Trusting in brave ideas.


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Forschung für die Umwelt

«Die Erkenntnisse aus der angewandten Forschung und Entwicklung fliessen in den Unterricht ein und halten nicht nur die Themen aktuell, sondern tragen dazu bei, das Bewusstsein unserer Studierenden im Umgang mit natürlichen Ressourcen zu schärfen.» Ressourcensicherheit – das Fokusthema dieser Magazinausgabe – könnte aktueller nicht sein. Von Bangkok bis Zürich streiken zig­ tausende junge Menschen jeden Freitag für einen besseren Klimaschutz. Vor kurzem ­ schloss sich auch die Wissenschaft dieser ­Initiative an. Als praxisorientierte Hochschule initiiert und begleitet die HSR seit Jahren Forschungs­ projekte, die auf innovative Weise die umweltfreundliche und klimaneutrale Nutzung von Energiequellen und nachwachsenden Rohstoffen voranbringen. Im Rahmen der Energiestrategie 2050 intensiviert die HSR jene Forschungsfelder, die einen direkten Einfluss auf die Zukunft unserer Umwelt haben. In dieser Magazinausgabe präsentieren wir eine Auswahl an aktuellen Ergebnissen.

Einer der drei Pfeiler der Energiestrategie 2050 ist es, die Ener­ gieeffizienz beispielsweise von Gebäuden zu steigern. So untersuchte das SPF Institut für Solartechnik zusammen mit Wirtschaftspartnern im Auftrag des Bundesamts für Energie das Nutzerverhalten in Gebäuden, um bessere Heizsysteme zu entwickeln. Das IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung konzipierte zusammen mit einem Traglufthallen-Spe­ zialisten neuartige, integrierte Fenster, die den Energieverbrauch der Hallen senken. Ein thematisch ganz anders gelagertes Projekt des UMTEC Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik ging der Frage auf den Grund, welche Auswirkungen Kunstrasenplätze auf die Umwelt haben.

Im Labor wurde analysiert, welche Stoffe durch Regenwasser ausgewaschen werden und in den Boden oder in nahe Gewässer gelangen. Die Erkenntnisse aus der angewandten Forschung und Entwicklung fliessen in den Unterricht ein und halten nicht nur die Themen aktuell, sondern tragen dazu bei, das Bewusstsein unserer Studierenden im Umgang mit natürlichen Ressourcen zu schärfen. So ging ein Bachelorabsolvent in seiner Abschlussarbeit neue Wege und schlug ein D ­ eponiekonzept vor, das weitgehend landwirtschaftliche Nutzflächen und Kulturlandschaftselemente erhält. Das Konzept ist deshalb zukunftsweisend, weil es Deponieplanungen an der Kulturlandschaft ausrichtet und sie weitestgehend erhält. Anlass für diese Arbeit war der Bergsturz in Bondo, der neben der menschlichen Katastrophe auch enorme Geröllmassen verursachte, die versorgt werden müssen.

Unsere Studierenden engagierten sich zusammen mit den Dozierenden und der Stadt Rapperswil-Jona für die Durchführung der zweiten Nachhaltigkeitswoche an der HSR, die ein vielseitiges Programm bot. Ende März informierten sich Besucherinnen und Besucher an rund 40 Anlässen zum Thema «Energie», wie sie einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen selbst steuern können. Zum Schluss möchte ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, einladen, den Klimagarten 2085 auf unserem Campus zu besuchen. Erleben Sie bis Ende Mai 2019 Klimaszenarien und die Auswirkungen des Klimawandels auf Pflanzen, Landschaften und Städte. Das Experiment lädt uns alle zum Mitdenken und Mitmachen ein. — Prof. Dr. Margit Mönnecke HSR Rektorin


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Den Bergsturz von Bondo in die Landschaft integrieren Manche Bachelor-Arbeiten wirken auch nach dem Abschluss noch nach. So auch die Arbeit des Landschaftsarchitektur-Absolventen Kevin Steinke. Das Amt für Natur und Umwelt des Kantons Graubünden und die Gemeinde Bregaglia interessieren sich für sein Konzept, wie die enormen Schuttmassen des Bergsturzes von Bondo in einer landschaftsverträglichen Deponie versorgt werden könnten. Das gefüllte Auffang­becken in Bondo im Juli 2018.


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9 Der Konzeptplan für den Standort «Palü» nimmt bei der Versorgung des Schutts Rücksicht auf die Landschaft.

Eine mögliche Einbettung des Deponiekörpers in die Talflanke südlich von Bondo, mit Blick Richtung Chiavenna.

Der Bergsturz im August 2017 am Piz Cengalo mit dem anschliessenden Murgang ins Tal war ein Jahrhundertereignis. Die Verwüstung der Talschaft um Bondo im Bergell (GR), die Tragödie der vermissten Bergsteiger und die fliessenden Geröllmassen gingen durch die Medien. Das Gröbste ist wohl ausgestanden, doch es warten weitere Hunderttausende Kubikmeter loser Felsmassen oben im Talkessel. Früher oder später wird erwartet, dass sie sich lösen. Das Dorf ist auf den nächsten Murgang vorbereitet, das Auffangbecken ist geleert und die schlimmsten Schäden sind behoben. Problem gelöst, Natur geschont Um das Auffangbecken rasch zu leeren, wurden rund 10 000 Kubikmeter Schutt pro Tag in eine nahegelegene Deponie transportiert, die von den Behörden unter Notrecht angelegt wurde. In seiner Bachelorarbeit widmete sich der HSR Student Kevin Steinke der Frage, wie die ­deponierten und die noch erwarteten Geschiebemassen in der Talschaft fachgerecht versorgt werden können. Aus der Sicht von Landschaftsarchitektur-Professor ­Thomas Oesch hat Steinke in seinem Konzept mit einer vertieften Geoinformations-Analyse und geschickter CAD-Geländemodellierung ideale Grundlagen geschaffen, wie vorhandene Naturwerte und Nutzungen ge-

schont, bestehende Risiken umgangen und eine landschaftsgerechte Eingliederung der Deponie ermöglicht werden. «Durch diese Bachelorarbeit entstanden neue Lehr­inhalte für die Module der Landschaftsgestaltung und Forschungsansätze für das Institut für Landschaft und Freiraum der HSR», sagt Oesch. Auf diesem Weg können künftige Studierende und auch die angewandte Forschung der HSR langfristig von Steinkes Arbeit profitieren. Vielschichtige Analyse und Konzeption Oesch schätzt vor allem, dass das von Steinke empfohlene Vorgehen den Verlust der landwirtschaftlichen Nutzfläche gering hält und gleichzeitig traditionelle Kulturlandschaftselemente wie die Kastanienselven erhält. «Würde das Konzept umgesetzt, wäre es ein Vorbild­ projekt, wie eine Grossdeponie in die Kulturlandschaft eingebettet und wie das Vorhaben mit den neuen Lebensräumen allgemein verständlich visualisiert werden kann», lobt Oesch. Die GIS-basierte Rasteranalyse auf der Basis eines angepassten Kriterienkatalogs wurde im Rahmen der Deponieplanung des Kantons St. Gallen entwickelt. Vier potentielle Standorte wurden auf ihre Eignung hin bewertet. Für den am besten geeigneten Standort «Palü» (siehe Grafik) wurde ein vertieftes Variantenstudium zur Gestaltung und Rekultivierung mit Skizzen und Höhenmodell durchgeführt. Die bestmögliche Erschliessung, Etappierung und Eingliederung mit der Bepflanzung wurde von Kevin Steinke evaluiert. Der Deponiekörper fasst rund eine Million Kubikmeter. Die gewählte Etappierung des Projekts ermöglicht einen vorübergehenden Zwischenabschluss der Deponie für den Fall, dass weitere Murgänge vorübergehend ausbleiben. (OES) — Projektverantwortliche: Kevin Steinke, BA, «Granitum ante Portas»; steinke@bbzbern.la Prof. Thomas Oesch, Professor für Landschaftsgestaltung; thomas.oesch@hsr.ch


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Warum Wohngebäude oft mehr Energie verheizen als geplant Moderner Gebäudetechnik zum Trotz: Viele Immobilien brauchen in der Realität mehr Energie für die Heizung als geplant. Eine gemeinsame Studie von HSR, 3-Plan Haustechnik AG und econcept zeigt jetzt, warum. Vor allem im Herbst und im Frühling wird mehr Heizwärme benötigt als angenommen.

Auf die Investition in eine gute Gebäudehülle folgt oft die Ernüchterung. Das Gebäude verbraucht im Alltag mehr Energie, als die Berechnungen im Vorfeld versprochen haben. In Fachkreisen wird dieses Phänomen «Performance Gap» genannt. In einer gemeinsamen Studie haben die HSR, die 3-Plan Haustechnik AG und econcept breit untersucht, welchen Einfluss der Mensch als Bewohner und weitere Faktoren darauf haben. Warm muss es sein Besonders auffällig in den Ergebnissen ist, dass die Berechnungs-Normen laut SIA 380/1 (Energienachweis) von vorbildlichen Menschen ausgehen, die energiesparend leben. Sprich: 20 Grad Celsius Raumtemperatur, Lüften genau so viel wie nötig und im Winter möglichst viel ­Sonneneinstrahlung durch die Fenster. In der Realität sieht das jedoch anders aus: Im Durchschnitt übersteigt der ge-

Ursache

Wirkung

Ambient-Gap

Energie Performance-Gap

User/Usage-Gap

Comfort Performance-Gap

(Aussenlufttemperatur, Solarstrahlung, Wind, Umgebung)

Norm-Gap

(Berechnungsgrundlagen, Annahmen, Vereinfachungen, Standardnutzung)

Technical-Gap

(Heiztechnik, Lüftungstechnik, Gebäudehülle, Betriebsführung, Umsetzung/Bauausführung, Messfehler)

Performance-Gap (im eigentlichen Sinne)

(Literatur)

(Benutzerverhalten, Gebäudenutzung, Anwesenheit, Komfortansprüche, Rebound-Effekte)

(Heizwärmeverbrauch, Warmwasserverbrauch, Endenergieverbrauch)

Performance-Gap

Consumption-Gap

Planung versus Rea­ lität: Bei unerwartet hohen Energiekosten entfällt nur ein Bruchteil auf die Gebäudetechnik. Ein Grossteil hängt von Umweltfaktoren, Bewohnerinnen und Bewohnern sowie den Berechnungsgrundlagen bei der ­Planung ab.

messene Heizwärmebedarf die normbasierten Annahmen um ganze 44 Prozent. Vier von insgesamt 65 in der Studie untersuchten Mehrfamilienhäusern benötigten sogar mehr als doppelt so viel Heizwärme wie berechnet. Als Hauptgrund für die starken Abweichungen identifizierten die Forschenden die Raumtemperatur. Sprich: Bewohnerinnen und Bewohner stellen eine höhere SollTemperatur ein, als die Norm annimmt. Mehr als 50 Prozent der untersuchten Wohnungen strebten 24 Grad an. Im Schnitt stellten die Bewohnenden 23 Grad WunschTemperatur ein. Zusätzlich konnten die Forschenden mittels Simulationen aufzeigen, dass in der Übergangszeit im Frühling und im Herbst die Fenster trotz vorhandener Komfort­ lüftung mit hoher Wahrscheinlichkeit zeitweise gekippt offen stehen. Dadurch ergibt sich in der Übergangszeit ein grosser Unterschied zur Norm. Dies zeigt, dass nicht

(thermischer Komfort, Luftqualität, Feuchtigkeit, Kaltluftabfall/Zugluft, Akustik)

Ecological Performance-Gap

(Primärenergie, Treibhausgasemissionen, Graue Energie, Wasserverbrauch)

Economical Performance-Gap (Unterhaltkosten, Energiekosten)


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11 etwa Baumängel der Grund für den Performance Gap sind. Die Norm als Berechnungsgrundlage geht schlicht von einem nicht realitätsnahen Verhalten der Bewohnerinnen und Bewohner aus.

Wärmeverluste in Gebäuden lassen sich sichtbar machen, die Ursachen dafür erfordern jedoch eine genaue Beobachtung von Gebäuden sowie ihren Bewohnerinnen und Bewohnern.

Suche nach weiteren Erklärungen Mit diesen Erkenntnissen können die Forschenden der HSR einen Mehrbedarf von rund 30 bis 60 Prozent erklären. Denn jedes Grad zusätzliche Raumtemperatur steigert den Heizwärmebedarf um 10 bis 12 Prozent. Die Investition in wärmeeffiziente Gebäude lohnt sich aber trotzdem: Ein Minergie-P-Haus ist, basierend auf den absolut gemessenen Zahlen, immer noch deutlich besser als ein Gebäude, das nur die minimalen gesetzlichen Vorschriften einhält. Die Untersuchung der Energienachweise der Gebäude hat aufgedeckt, dass in einigen Fällen seitens der Planenden tendenziös optimistische Annahmen getroffen worden sind. Dadurch schneidet ein Gebäude in der Realität automatisch schlechter ab als vorher berechnet. Dass das Nutzerverhalten einen entscheidenden Einfluss hat, ist ähnlich wie beim Autofahren: Der Benzin­verbrauch eines Autos wird auch über Normtests durchgeführt, die dem realen Fahrverhalten nur bedingt ­entsprechen. Dies führt dazu, dass sowohl Auto- wie auch Hausbesitzer enttäuscht sind, wenn in

der Realität mehr verbraucht wird, als vom Hersteller angegeben. Dass bei den Berechnungen getrickst wurde und der Kunde ein Produkt erhält, welches nicht dem entspricht, was gemessen oder versprochen wurde, scheint jedoch bei Immobilien eher die Ausnahme zu sein. Vertiefte Untersuchung geplant Obwohl die Nutzer von Gebäuden ihren Teil zur Energieeffizienz beitragen können, weisen die Autoren der ­Studie darauf hin, dass nicht der Bewohner an sich ein Problem ist, sondern die Normen, die nicht das reale Verhalten widerspiegeln, oder die Haustechnik, die vom Kunden nicht verstanden wird. Deshalb wird das Institut für Solartechnik SPF der HSR zusammen mit der econcept AG diesem Thema genauer nachgehen und in einem weiteren, vom Bundesamt für Energie (BFE) geförderten, Projekt das Benutzerverhalten in Abhängigkeit des Aussenklimas genauer untersuchen. Nur wenn die Nutzer besser verstanden werden, können auch bessere Heizsysteme und bessere Gebäude gebaut werden. (MEW) — Projektverantwortliche: Igor Mojic, Projektleiter SPF, igor.mojic@hsr.ch Dr. Michel Haller, Forschungsleiter SPF, michel.haller@hsr.ch


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Flexibles Panorama für flexible Hallen Wenn Tennisplätze oder Schwimmbäder im Winter genutzt werden sollen, sind sogenannte Traglufthallen oft die erste Wahl. Beheizung und Beleuchtung sind jedoch eine Herausforderung. Das hat die Firma HP Gasser nun zusammen mit der HSR gelöst: Durch eine flexible Panorama-Konstruktion hilft die Sonne direkt im Inneren.


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«Besonders stolz macht uns, dass wir trotz der grossen PanoramaÖffnungen der Leichtbauweise treu bleiben und damit die Vorteile von Traglufthallen erhalten können.»

Der Tennisclub Wohlen Niedermatten kann seit dem Herbst 2018 auch im Winter auf dem Aussenplatz trainieren. Möglich macht das eine neue Traglufthalle – eine Kunststoff-Halle, die nur vom leicht höheren Luftdruck im Inneren getragen wird. Die leichte Konstruktion kommt ohne starre Stützen aus und lässt sich schnell auf- und abbauen. Damit eignet sich die Halle ideal, um die kalten Monate zu überbrücken und im Frühling wieder abgebaut zu werden.

Mehr Licht von Aussen Obwohl es bereits seit mehr als 20 Jahren Traglufthallen gibt, war der freie Blick nach aussen in solchen Traglufthallen bisher Thomas Reber, Projektleiter HP Gasser AG eine grosse, technische Herausforderung. Zumeist blieb es deshalb bei kleinen integrierten «Bullaugen», die wenig Tageslicht einliessen. Zudem wurden Konstruktion sowie Auf- und Abbau durch starre, separat montierte Fensterbereiche komplizierter. In Zusammenarbeit mit dem IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung der HSR hat die Firma HP Gasser nun aber ein Konzept entwickelt, das Traglufthallen mit gossen Panoramaöffnungen als Kunststoff-Kissen (ETFE) ohne Abstriche erlaubt. Das bietet nicht nur offensichtliche, sonnige Vorteile für das Publikum und die Spielerinnen und Spieler. Als Lichtdurchflutet: Die ­Nebeneffekte werden auch die Beleuchtung und die Panorama-Öffnungen ­Be­heizung einfacher. Besonders das Heizen benötigt mit in der Traglufthalle dem neuen Hallen-Konzept weniger Energie, weil die ­lassen viel Licht von aussen ins Innere und Sonne verglichen mit fensterlosen Traglufthallen mehr ermöglichen so auch Wärme ins Innere der Halle abgeben kann – die Energieim Winter Tennis bei effizienz steigt dadurch insgesamt. Tageslicht.

Innovationssprung in vier Monaten Für die Realisierung der hellen Traglufthalle für den ­Tennisclub in Wohlen haben HP Gasser und die HSR mit Unterstützung eines Innovationschecks der Schweize­ rischen Agentur für Innovationsförderung Innosuisse einen regelrechten Entwicklungs-Sprint hingelegt. Im ­ Frühling 2018 fanden erste Gespräche zwischen HP Gasser und dem IWK statt. Im Juli 2018 fiel der Startschuss für das Projekt und bereits im Oktober konnte die neue Halle erstmals aufgebaut werden. Auf Basis eines neuartigen Konzepts des IWK und entsprechender Pläne war HP Gasser in der Lage, die neue Halle zu konstruieren und rechtzeitig zur Winter-­ Trainingszeit in Wohlen aufzustellen. «Besonders stolz macht uns, dass wir trotz der grossen Panorama-Öffnungen der Leichtbauweise treu bleiben und damit die Vorteile von Traglufthallen erhalten können – sogar bestehende Traglufthallen können nachgerüstet werden», sagt Thomas Reber. Der Zusatzaufwand für den Durchblick nach aussen ­beschränkt sich abgesehen von den ETFE-Kissen auf ­einige zusätzliche Drahtseile zur Ankerung. «Statt der bisher jeweils separat montierten Fenster-Blöcke ist der nachgiebige Panoramabereich nun direkt in die Halle ­integriert», erklärt Prof. Dr. Gion Andrea Barandun, der das Projekt aufseiten der HSR ­geleitet hat. (MEW) — Kontakt zu den Projektverantwortlichen: Prof. Dr. Gion Andrea Barandun, Leiter Fachbereich Faserverbundtechnik/Leichtbau am IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung, gionandrea.barandun@hsr.ch Thomas Reber, Projektleiter und technischer Berater bei der HP Gasser AG, thomas.reber@hpgasser.ch


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Das HSR Auto, das die Digitalisierung sieht Für Mobilfunkanbieter ist es das Verkaufsargument Nummer eins: die Netz­ abdeckung. Schnelle Datenübertragung und flächendeckender Empfang sind aber nicht nur für Smartphones wichtig, sondern auch für autonome Autos, Laptops, IoT-Geräte oder den Digitalfunk von Blaulichtorganisationen. Die HSR hat nun ein mobiles Messlabor, das kabellose Daten in der Luft sehen, messen und kartieren kann.

Nur der Schriftzug «Wireless Research Vehicle» deutet an, dass der Elektro-Kleinwagen im Fuhrpark der HSR mehr auf dem Dachgepäckträger hat als eine simple Transportbox. Im Inneren des Behälters messen Sensoren den Atem der Digitalisierung: Daten, Funkverbindungen, Satellitenkommunikation. Ein Hochleistungs-Computer mit einem mobilen Labor-Arbeitsplatz im Heck wertet die Daten aus und liefert in Echtzeit die Mess-­ Ergebnisse. Die gepufferte Stromversorgung bietet ausreichend Energie für die Messsysteme – auch wenn das Fahrzeug steht. Zuverlässige Funkverbindung im IoT-Zeitalter In einem Projekt mit dem ICOM Institut für Kommunikationssysteme der HSR arbeitet derzeit unter anderem das

Schweizer Unternehmen Swissphone Wireless AG mit dem mobilen Funkmess-Labor der HSR. Swissphone ist auf den Betrieb von Infrastrukturen für die digitale ­Alarmierung von Rettungsorganisationen spezialisiert. Um den sicheren Betrieb solcher Anlagen zu gewähr­ leisten, ist Swissphone deshalb an hieb- und stichfesten Daten über die Leistungsfähigkeit von Basisstationen, Sendeantennen oder Empfangsgeräten wie Pagern interessiert. Die Messfahrten sollen zeigen, wie sich heutige IoTFunktechnologien (LPWAN) gegenüber der bestehenden Lösung verhalten. Ziel ist es, die Erkenntnisse und Synergien der unterschiedlichen Systeme optimal für ein noch besseres ­Alarmierungssystem nutzen zu können. Das «Wireless Research Vehicle» (WRV) der HSR dient


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«Das Fahrzeug lässt sich so flexibel ausrüsten, dass es sämtliche ­Funksysteme und Netze im Feld ausmessen kann. Mit diesen Daten können wir für unsere Auftraggeber präzise Daten für eine Optimierung bestehender oder in Entwicklung befindlicher Systeme liefern sowie bei komplexen Störungen der U ­ rsache auf den Grund gehen.»

dabei als mobiles Auge, welches mit etlichen Antennen bestückt den unsichtbaren Funkverkehr sichtbar macht und auch mit den Basisstationen kommuniziert. Dabei kann es flexibel eingesetzt werden. So können beispielsweise Abdeckungskarten erstellt werden, um mögliche Funklöcher zu sehen. Oder das WRV fährt innerhalb der theoretischen Reichweite einer Antenne als ­ simulierter DatenHeinz Mathis, Leiter ICOM Sender/-Empfänger und prüft, inwiefern es beispielsweise in topografisch anspruchsvollen Gebieten oder in der Nähe von Industrieanlagen zu Störungen kommt. «Das Fahrzeug lässt sich so flexibel ausrüsten, dass es sämtliche Funksysteme und Netze im Feld ausmessen kann. Mit diesen Daten können wir für unsere Auftraggeber präzise Analysen für eine Optimierung bestehender oder in Entwicklung befindlicher Systeme liefern sowie bei komplexen Störungen der Ursache auf den Grund ­gehen», erklärt Heinz Mathis, Leiter des ICOM an der HSR. Mit ­solchen Daten lassen sich beispielsweise, trotz der h ­ erausfordernden Topographie in der Schweiz,

Mit der leistungsfähigen Messtechnik im Inneren des HSR FunkmesslaborAutos lassen sich unter anderem genaue Abdeckungskarten über Funkund Datenmessungen ­erstellen.

ressourceneffiziente und landschaftsschonende Funksysteme planen. Mess-Technik flexibel installierbar Die Bedeutung von präzisen Daten über Funk- und Datenverbindungen wird künftig noch zunehmen. ­ Schon heute sind viele Autos permanent über Satellit oder Mobilfunknetz online. Mit zunehmender Integration von IoT-Lösungen im Zuge der Digitalisierung werden Infrastrukturen wie Kraftwerke, Fabriken, Krankenhäuser, Verkehrsknotenpunkte oder ganze Städte zunehmend digital vernetzt sein. Damit das WRV unter diesen Voraussetzungen möglichst breite Tests zu Funk- und Datenverbindungen ­absolvieren und zuverlässige Diagnosen stellen kann, hat das ICOM sein WRV technisch flexibel aufgebaut. Je nach Projekt­ bedarf können zusätzliche Messgeräte, Sensoren oder Prototypen von Kundengeräten eingebaut werden. Ausserdem bietet ein Blanko-Dachaufbau die Möglichkeit, verschiedenste Sensorik- und Antennen-Konfigurationen aufzunehmen. (MEW) — Kontakt zum Projektverantwortlichen: Prof. Dr. Heinz Mathis, Leiter ICOM Institut für Kommunikationssysteme, heinz.mathis@hsr.ch


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HSR analysiert Sicker­ wasserqualität unterhalb von Kunstrasenplätzen Moderne Kunstrasenplätze sind Alleskönner und entsprechend beliebt. Bei Wind und Wetter bieten sie einen optimalen Untergrund für verschiedene Sportarten. Was jedoch unter dem Kunstrasen passiert, wenn es regnet, ist noch wenig untersucht. Die HSR geht dieser Frage auf den Grund.

Seit fast 20 Jahren gibt es mit Gummi verfüllte Kunst­ rasenplätze. Ihre Eigenschaften für Sportlerinnen und Sportler sind so gut, dass heute in der Schweiz mehr als 15 Prozent aller Fussballplätze mit Kunstrasen ausgelegt sind – Tendenz steigend. Innerhalb der Europäischen Union wird erwartet, dass die Zahl der Kunstrasenplätze bis 2020 auf rund 100 000 anwächst. Mikroplastik im Abwasser? Im Gegensatz zum sportlichen Nutzen sind die Umweltauswirkungen von Kunstrasenplätzen noch wenig untersucht. Die FIFA hat zwar beispielsweise ein Qualitätsprogramm, das hohe Anforderungen an Herstellung, Einbau und Unterhalt von Kunstrasenplätzen stellt. Was jedoch bei der Nutzung der Plätze unter normalen Wit-

Start des Experiments

terungsbedingungen mit den Materialien passiert, ist noch kaum wissenschaftlich untersucht worden. Schätzungen gehen davon aus, dass weltweit jährlich bis zu 160 000 Tonnen Kunstrasenfasern und Füllmaterial als Mikroplastik in die Umwelt gelangen. Im Labor untersucht Kunstrasen und die darin für eine bessere Dämpfung ­verwendeten Füllmaterialien enthalten eine breite Stoffvielfalt. In den Granulaten kommen etwa Schwermetalle, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), UV-Filter und Vulkanisationsbeschleuniger zum Einsatz. Besonders diskutiert werden PAK im Zusammenhang mit den Gummigranulaten aus Altreifen, in Fachkreisen als «ELT-Granulat» (End-of-Life-Tyres) be-

Abfluss nach 2 Minuten


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17 zeichnet. Das Bundesamt für Sport geht davon aus, dass bei Regenwetter einige Stoffe ausgewaschen und im Boden verlagert werden können. Unter Umständen gelangt auch das Mikroplastik so in die Umwelt oder in nahe Gewässer. Wie stark die Boden- und Gewässer­ belastung konkret unter einem Kunstrasen aussieht, hat deshalb das UMTEC Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik der HSR untersucht. Im Labor haben die Forscher analysiert, welche Stoffe durch das Regenwasser ausgewaschen und anschliessend in den Boden gespült werden. Neben Auswaschtests mit den einzelnen Materialien kamen auch sogenannte Lysimeter zur Betrachtung des Systemverhaltens zum Einsatz. Schicht für Schicht nachgebaut In den Elutionstests wurden die Kunststoffe, bestehend aus Granulat, Kunstrasenbelag und Dämpfungsplatte, darauf untersucht, ob und welche Stoffe herausgelöst werden. Für die Laborversuche hat das UMTEC Team ­Lysimeter mit realen Aufbauten von Kunstrasenplätzen befüllt. Die Schichtfolgen umfassten Kunstrasen mit Granulat, Dämpfungsplatte, Dränasphalt und ein typisches ungebundenes Kies-Sand-Gemisch, um einen üblichen Systemaufbau zu simulieren. Anschliessend ­ wurde der Laboraufbau automatisiert beregnet, um den Wasserfluss und die Stoffverlagerung zu bilanzieren und zu bewerten.

Im automatisierten ­Labor-Lysimeter wurde untersucht, welche Stoffe der Regen aus dem Kunstrasen ausspült und in den Boden mitnimmt – zur Visualisierung der Fliesswege ist das Wasser mit ­Lebensmittelfarbe ­eingefärbt.

ständig zurückgehalten. Der Vulkanisationsbeschleuniger Benzothiazol dagegen trat auch in einem halben Meter Tiefe noch mit Konzentrationen von 300 bis 700 Mikrogramm pro Liter im Sickerwasser auf. Die kumuliert ausgetragene Menge über die Testdauer umfasste rund 100 Milligramm Benzothiazol pro Quadratmeter. Das vom Ökotoxzentrum Eawag-EPFL vorgeschlagene Qualitätskriterium für Oberflächengewässer von 250 Mikrogramm pro Liter wird somit überschritten. Einige Kantone legen bereits heute fest, dass das Abflusswasser von Kunstrasenplätzen behandelt werden muss, bevor es in die Umwelt entlassen wird. In weiteren Versuchen will das UMTEC klären, welchen Einfluss verschiedene Kunstrasen-Konzepte auf die Abflussqualität haben und welche geeignet sind, um die Umwelt vor ­unerwünschten Stoffeinträgen zu schützen. (MEW) — Kontakt zum Projektverantwortlichen: Prof. Dr. Michael Burkhardt, Institutsleiter UMTEC Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik, michael.burkhardt@hsr.ch

Zink und Benzothiazol ausgewaschen Die Eluatversuche ergaben, dass Zink und Benzothiazol aus dem Granulat ausgewaschen werden. Je länger das Granulat feucht ist, desto mehr von der Stoffmenge ­gelangt ins Wasser. Danach wurde im Labor-Lysimeter untersucht, wie mobil die beiden Stoffe unter dem Kunstrasen sind. Dafür wurde intensiver Regen simuliert und das Sickerwasser bis zu einer Tiefe von einem halben ­Meter verfolgt. Zink bleibt hängen Nach den Versuchen war klar: Zink wurde zwar vom ­Regen ausgewaschen, wird jedoch im Untergrund voll-

Abfluss nach 12 Minuten

Gummi-Granulat in einem Kunstrasen


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Mit einer hybriden Bauweise und einem speziell entwickelten Schweiss­ verfahren hält die stärkste Kunststoff-Erdsonde der Welt auch dem Druck in bis zu 500 Meter Tiefe stand.

Die stärkste KunststoffErdwärmesonde der Welt Erdwärmesonden aus Kunststoff wurden bisher nur bis zu einer Tiefe von etwa 300 Metern verbaut. Die HSR hat nun zusammen mit dem Industriepartner Jansen AG ein deutlich robusteres System entwickelt, das die geothermische Energie auch in 500 Metern Tiefe mit Kunststoff-Erdwärmesonden nutzbar machen kann.

Geothermische Energiegewinnung, die durch erdgekoppelte Wärmepumpen erfolgt, etabliert sich zunehmend in Mitteleuropa als Gebäudeheizung, Warmwasser­ bereitung oder Kühlsystem. Im Vergleich zu konventionellen Heizungen/Kühlungen punkten sie mit geringen Betriebskosten, ermöglichen einen leisen und emissionsfreien Betrieb und benötigen keine fossilen Energie­ träger. In dem von der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung unterstützten Projekt war es Ziel der Jansen AG, zusammen mit der HSR ein neues KunststoffErdwärme-System zu entwickeln, das bis zu 500 Meter tief in den Boden eingebracht werden kann. In 300 Metern Tiefe ist das Erdreich rund 20 Grad Celsius warm, in 400 Metern bereits 24 Grad und in 500 Metern zwischen 25 bis 30 Grad. Die höheren Temperaturen in grösseren Tiefen bedeuten ein grösseres Energiereservoir und verbessern die Effizienz der Wärmepumpe. Gleichzeitig

steigen jedoch auch die Anforderungen, die an Material und Maschine gestellt werden. Material muss hohem Druck standhalten Der üblicherweise verwendete Standard-Kunststoff für Erdwärmesonden kann dem hohen Druck in 500 Metern Tiefe jedoch nur standhalten, wenn das Material dicker wird, was aber Nachteile beim Wirkungsgrad bedeutet. Deshalb suchten die Anbieter von Erdwärmesonden lange fieberhaft nach Alternativen. Nach knapp fünf Jahren Forschungs- und Entwicklungsarbeit mit dem IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung kann die Jansen AG heute ein neues, hybrides Kunststoff-Rohrsystem anbieten, das auch in 500 Metern Tiefe funktioniert.


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19 Neuartiges Rohrsystem Nach der Prüfung verschiedener Konzepte haben die Jansen AG und die HSR das Ziel durch gezielte MaterialKombinationen und spezifische Multimaterialverbindungstechniken erreicht: ein Geothermierohr zu entwickeln, das energieeffizienter, leichter und robuster als bisherige Lösungen ist und ohne alterungsbedingte Einbussen eine Lebenserwartung von rund 100 Jahren aufweist.

— Kontakt zum Projektverantwortlichen: Prof. Daniel Schwendemann, Fachbereichsleiter Compoundierung/Extrusion IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung, daniel.schwendemann@hsr.ch

Energie aus dem Boden in urbanen Gebieten Das Rohrsystem wird in hybrider Bauweise hergestellt. Die ­Hybridbauteile besitzen Eigenschaften, die ein einzelner Werkstoff nicht bieten kann. Um die metallische Komponente sowohl vor Beschädigungen beim Einbau wie auch vor dem Kontakt zum Wärmeträgermedium zu schützen, wurde sie in die Mittelschicht des Mehrschichtaufbaus gelegt. Die Materialien in der Aussenund der Innenschicht sind dieselben thermoplastischen ­Materialien, die auch bei den herkömmlichen Erdwärme­ sonden Verwendung finden. Für die Verbundhaftung zwischen den metallischen und thermoplastischen Materialien werden Zwischenschichten benötigt, weshalb das neue System aus 5-schichtigen Rohren besteht. Jede Schicht erfüllt dabei einen spezifischen Zweck, der dem Gesamtsystem eine bisher nicht mögliche Stabilität und Effizienz verleiht. So lässt sich etwa auch in Gebieten mit begrenztem Platzan­ gebot im Boden der Energiebedarf decken – etwa in ­urbanen Gebieten. Das neue System hat auch die Fachwelt überzeugt. Ein aus dem Forschungsprojekt hervorgegangenes Produkt der Jansen AG hat Anfang 2019 den European Geothermal Innovation Award gewonnen. (SDL/MEW)

Herkömmliche Erdwärmesonden

20°C

~ 300 m

24°C ~ 400 m

JANSEN hipress ~ 500 m

25–30°C


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«Kunststoff-Ver­ packungen haben einen ökologischen Nutzen» Plastikverpackungen, Plastiksäcke, Plastikbecher, Plastik-Besteck. Die Kritik ­daran steigt, ebenso wie die Bestrebungen, Kunststoff-Sammlungen und ­Kunststoff-Recycling zu fördern. Eine HSR Studie hat untersucht, welchen Umwelt-Nutzen Plastik-Recycling bringt. Im Interview spricht HSR Abfallexperte Prof. Dr. Rainer Bunge über die überraschenden Ergebnisse.

Rainer Bunge, Institutspartner UMTEC Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik

Plastik-Recycling ist nur bei der reinen PET-Sammlung sinnvoll. Diese Kernaussage einer Studie, an der Sie beteiligt waren, hat für viel Aufsehen gesorgt. Was macht man im Alltag mit dieser In­ formation? Einfach alles Nicht-PET-Plastik in den Abfall werfen? Unsere Studie hat ergeben, dass die Kunststoffsammlungen – bezogen auf den marginalen ökologischen Nutzen – sehr teuer sind. Damit legt unsere Studie nahe, dass keine Grundlage dafür besteht, politischen Druck auf unsere ­Behörden auszuüben, um das Kunststoffrecycling durch gesetzliche Massnahmen zu fördern. Ob wir die Kunststoffsammlungen vor diesem Hintergrund als «sinnvoll» einschätzen oder nicht, ist ein psychologischer oder politischer Entscheid. Wer sammeln will, soll das ruhig tun. Es bringt zwar wenig, aber es schadet wenigstens nicht. Die Studie argumentiert gegen ein allgemeines Kunststoff-Recycling wegen der hohen Kosten bei einem geringen ökologischen Nutzen. Wie berechnet man diesen Nutzen und wann ist dieser «gering»? Der Nutzen von Umweltmassnahmen wird durch so genannte «Ökobilanzen» erfasst. So werden zum Beispiel klimarelevante Emissionen durch «CO2-Äquivalente» ausgedrückt. Wir bevorzugen die Methode der «ökologischen Knappheit», bei der der ökologische Schaden durch umweltrelevante Tätigkeiten mit Umweltbelastungspunkten UBP quantifiziert wird. Wenn wir nun den ökologischen Vorteil des Kunststoffrecyclings in «vermiedenen Umweltbelastungspunkten» durch die zusätzlichen Kosten teilen, erhalten wir einen Kosten/ Nutzen-Indikator, den SEBI.

Was sagt der Wert konkret aus? Dieser zeigt auf, wie viel Umweltbelastung pro ausgegebenem Franken durch das Kunststoffrecycling vermieden werden konnte. Wenn man dies auch für andere Umweltmassnahmen macht, etwa das Aludosen- oder Elektronikschrottrecycling, ergibt sich, dass die Kosten/ Nutzen-Effizienz des Kunststoffrecyclings sehr schlecht ist. Im Vergleich zu den anderen Recyclingmassnahmen geradezu ein Luxusgut. Also verkaufen Kunststoff-Recyclingsysteme ein falsches Bild vom Nutzen für die Umwelt? Es gibt leider ein breites Spektrum von Kunststoffsammlungen. Einige Sammler achten sehr gut darauf, dass möglichst nur rezyklierbares Material in ihren Sammelbehältern landet, also «Klasse statt Masse». Das machen zum Beispiel Coop und Migros. Das ist zwar teuer, bringt aber wenigstens einen (kleinen) ökologischen Nutzen. Es gibt aber auch Kunststoffsammler, die auf «Masse statt Klasse» setzen. Das ist billiger, aber dadurch kann die Sammelqualität so schlecht werden, dass das Material nicht mehr in Europa verwertbar ist. Wo landet dieses Material am Ende? Ein Teil davon wird nach Fernost verschifft, wo doch noch brauchbare Plastikteile heraussortiert werden. Die nicht mehr verwertbaren Sortierreste landen dann aber zum Teil im Meer oder werden in offenen Deponien abgefackelt. Eine ökologische Katastrophe, die durch das Kunststoffrecycling nicht etwa vermieden wird, sondern verursacht wird. Wir gehen davon aus, dass von den in der Schweiz gesammelten Kunststoffen im Durchschnitt nur etwas mehr als die Hälfte hochwertig rezykliert wird. Ein weiterer Teil wird in minderwertiger Form rezykliert, beispielsweise als Europalette. Hierdurch wird Holz, ein


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21 nachwachsender Rohstoff, substi­tuiert, was ökologisch nicht wirklich schlau ist. Der Rest gelangt in diverse ausländische Verbrennungsanlagen oder wird nach Fernost exportiert. Und dennoch: Ist die aktuelle Alternative, Kunststoff in der Kehrichtverbrennungsanlage zu verbrennen, nicht eine Rohstoffverschwendung? Einmal verbrannt, löst sich das Plastik und damit der zugrunde liegende Rohstoff Öl ja unwiederbringlich in Rauch auf. Eben nicht. Was die wenigsten wissen – unsere Kehrichtverbrennungsanlagen sind längst Kehrichtverwertungsanlagen. Sie produzieren aus dem verbrannten Kunststoff Strom und Fernwärme. So «Einige Kunststoffsammler versparen wir Öl und Gas ein. Das ist ökologisch fast so gut wie das schiffen Kunststoffe nach Fernost, Kunststoffrecycling und sehr viel wo ein Teil der dort entstehenden billiger. Anstatt also Öl zu verSortierreste im Meer landet oder brennen und Kunststoffe zu rein offenen Deponien abgefackelt cyceln, sollte man das Öl doppelt wird. Eine ökologische Katastrophe, nutzen. Zunächst sollte man aus dem Öl Kunststoffe herstellen, die durch das Kunststoffrecycling diese stofflich nutzen und sie annicht etwa vermieden, sondern schliessend via Kehrichtverbrenverursacht wird.» nung als Energielieferanten verwerten. Rainer Bunge, Institutspartner UMTEC

Wie stehen Sie zum Thema «Vermeidung von Kunststoffverpackungen»? Ich sehe überhaupt keinen Grund für uns, Kunststoff­ abfälle zu vermeiden oder auch nur zu vermindern. Kunststoffe haben, insbesondere wenn als Verpackungen eingesetzt, einen ökologischen Nutzen. Kunststoffverpackte Produkte haben ein geringes Transportgewicht, ermöglichen eine längere Haltbarkeit von Lebensmitteln – darüber hinaus wird der Inhalt vor Beschädigung geschützt. Durch eine Abschaffung von Kunststoffverpackungen würden die verpackten Produkte zum Teil zerstört und somit die Foodwaste-Problematik massiv verschärft. Das «dreckige Ende» der Kunststoffverpackungen ist zwar grundsätzlich deren Entsorgung. Nicht aber in der Schweiz, denn hier werden die Kunststoffverpackungen in der Kehrichtverbrennung unter Strom- und Wärmegewinnung verwertet. Die Vermeidung von ­ Kunststoffverpackungen ist zwar politisch im Moment ein ganz «heisses Thema». Sie zielt aber darauf ab ein Problem zu lösen, welches in der Schweiz gar nicht existiert. (MEW) — Kontakt zum Interviewpartner: Prof. Rainer Bunge, Institutspartner UMTEC Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik, rainer.bunge@hsr.ch


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Innovationen für den nächsten Medaillenregen Massgefertigte Snowboards und Ski für internationale Spitzenathletinnen und -athleten. Damit ist der hochspezialisierte Handwerksbetrieb Oxess aus Bubikon bekannt geworden. Innovationsmüde wird Oxess-Chef Marcel Brunner nicht – erst kürzlich hat er mit einer HSR Maschine einen ganzen Arbeitsschritt auto­matisiert. Und er plant bereits weitere Innovationen zusammen mit der HSR.

Fünf computergesteuerte Rollen verwandeln digitale Planungsdaten in exakt gebogene Skiund Snowboardkanten.

Ein paar Klicks am Computer und einige Metallrollen ­beginnen damit, eine Snowboard-Kante in Form zu biegen. Nach wenigen Sekunden hat die Maschine knapp 2 Meter Metall in Form gebogen. Einen prüfenden Blick und zwei präzise Zangen-Kniffe von OxessChef Marcel Brunner braucht es noch, dann sind die Kanten bereit, in die Sandwich-Konstruktion eines präzise auf die Anforderungen eines bestimmten Athleten optimierten Snowboards eingefügt zu werden. Die Liste namhafter Athletinnen und Athleten, die mit Oxess-Boards regelmässig Medaillen gewinnen, ist lang. Der Schweizer Olympia-Gold-Sieger Nevin Galmarini g ­ehört genauso dazu wie die Damen- und ­Herren-Nationalmannschaften in der Disziplin AlpinSnowboard der Volksrepublik China oder die Gold­

medaillen-Gewinnerin im Freestyle Skiing Hanna Huskova aus Weissrussland. Solche Kunden verlangen nach Präzision und Hochleistungs-Sportgeräten. «Bei uns ist jedes Brett ein Einzelstück, deshalb musste ich bisher auch jede einzelne Kante von Hand biegen», sagt Oxess-Chef Marcel Brunner. Mehr als 25 Jahre lang hat er das gemacht. Doch seit die neue Maschine bei Oxess diese Arbeit übernimmt, «sparen wir fast die Hälfte der Zeit für diesen Arbeitsschritt», sagt Brunner. Zeit, die er nur zu gern in andere Arbeiten oder die Leitung des wachsenden KMU-­ Betriebs investiert. Seit der Gründung produziert Oxess jedes Jahr mehr Boards, rund 1000 Stück waren es 2018.


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27 Hochschul-Nachbarschaft als Standort-Vorteil In der Oxess-Werkstatt mischen sich die Eindrücke – halb Manufaktur, halb High-Tech-KMU. Das neue Kanten-Biegesystem wurde von Bachelorabsolvent Marc Heeb in einer Studien­ arbeit vorbereitet und in einer Bachelorarbeit in Form eines funktionsfähigen Prototyps entwickelt. Nach einer abschliessenden Verbesserung durch das ILT Institut für Laborautomation und Mechatronik der HSR erfüllte das neue Gerät die Anfor«Ich überlege mir immer, wie ich noch derungen von Oxess. besser produzieren kann, und weil die Doch die neue Maschine ist nicht das einzige HSR-Know-how Zusammenarbeit mit der HSR so gut hier. Die Daten aus einem HSR klappt, habe ich praktisch keine anderen Teststand, der die BiegeeigenPartner mehr für Innovationen. » schaften von Snowboards und Ski exakt ausmisst, dienen Oxess Marcel Brunner, Inhaber Oxess etwa bei der stetigen Weiterentwicklung der Sportgeräte. Entwickelt wurde der Teststand von einer Masterstudentin mit Unterstützung des IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung der HSR. Diverse HSR Studienarbeiten zu den Struktur- und Schwingungsdämpfung bei Snowboards fliessen ebenfalls direkt in die Entwicklung ein. Wenn Brunner eine Maschine nicht auf dem Markt beziehen kann und einen spezifischen Prototypen braucht oder wenn er neue Werkstoffe testen oder seine Prozesse o ­ ptimieren will, ist die HSR seine erste Aus der Maschine Anlaufstelle. direkt ins Snowboard. Eine frisch gebogene Seit 2005 wurden in Studien-, Bachelor- und Master­ Kante wird in die Sandarbeiten sowie in der Zusammenarbeit mit den HSR wich-Struktur eines Forschungsinstituten aus Ideen Wettbewerbsvorteile Snowboards integriert. ADGFSADGADFG

für Oxess. Die enge Zusammenarbeit ist ein Parade­ beispiel für den vom Gesetzgeber gewünschten Wissenstransfer aus den Fachhochschulen in die Wirtschaft. «Ich überlege mir immer, wie ich noch besser produzieren kann, und weil die Zusammenarbeit mit der HSR so gut klappt, habe ich praktisch keine anderen Partner mehr für Innovationen», sagt Brunner, der die Nähe zu HSR als Standort-Vorteil sieht. Doch nicht nur Oxess profitiert von der Zusammenarbeit. Wenn Studierende Konzeptstudien oder Prototypen bauen und die HSR Forschungsinstitute die Prototypen anschliessend zur Betriebsreife weiterentwickeln, wächst auch das Know-how an der HSR, wovon wiederum die Studiengänge profitieren. Nächstes Projekt schon im Kopf Der Know-how-Kreislauf ist aktuell noch nicht am Ende. Brunner plant bereits das nächste Projekt mit der HSR. «Ein Prüfgerät für Schwingungen fehlt uns noch», ­skizziert Brunner seine Idee. Mit dem Gerät will er ausmessen, wie die verschiedenen Materialien in Ski und Snowboards sich genau auf das Dämpfungs- und Schwingungsverhalten auswirken. «Damit könnte ich basierend auf den Messdaten optimale Materialkombinationen suchen und so noch mehr Leistung aus den Brettern holen», sagt Brunner. Die Gespräche mit der HSR über das Folgeprojekt laufen derzeit. (MEW) — Kontakte zu den Projektverantwortlichen: Prof. Dr. Christian Bermes, Professor für Maschinentechnik|Innovation, christian.bermes@hsr.ch Sergio Miracco, Projektleiter ILT Institut für Laborautomation und Mechatronik, sergio.miracco@hsr.ch Marcel Brunner, Inhaber Oxess, info@oxess.ch Prof. Dr. Gion Andrea Barandun, Leiter Fachbereich Faserverbundtechnik/Leichtbau am IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung, gionandrea.barandun@hsr.ch


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Wirtschaftsingenieure der HSR setzen die Digitalisierung um Die steigende Nachfrage der Industrie nach spezialisierten Fachkräften für die Umsetzung der Digitalisierung nimmt zu. Gefragt sind inter­disziplinär denkende Ingenieurinnen und Ingenieure an der Schnittstelle zwischen Betriebswirtschaft, Maschinenbau und Informatik. Der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen (WING) an der HSR konzentriert sich genau darauf: Die Ausbildung von Fachkräften für angewandte Digitalisierung.

Jeder Betrieb muss die digitalen Optionen auf die eigenen Anforderungen abstimmen – Innovationen müssen sich gleichzeitig in bestehende Prozesse, Geschäfts­ modelle und die vorhandene Infrastruktur einfügen sowie die Effizienz im Unternehmen markant steigern. Teils sollen komplett neue Geschäftsmodelle oder digitale Produkte ermöglicht werden. Dabei sind der passende Technologie-Mix und die Integration digitaler Prozesse in bestehende und neue Geschäftsmodelle entscheidend. Ein einzelnes Produkt, hier ein Roboter, ist in ein vielschichtiges Netz von gegenseitigen A ­ bhängigkeiten und ­digitalen Systemen innerhalb eines Unternehmens sowie seiner ­Partner integriert. Jede Änderung muss deshalb gut ­geplant werden.

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Industrieprojekt über fünf Semester Wenn im Rahmen einer solchen Transformation die ­Bereiche Betriebswirtschaft, Maschinenbau und Informatik zusammenarbeiten müssen, stossen klassische Fachspezialisten an interdisziplinäre Grenzen. Die Digitalisierung hat den Bedarf an Fachkräften sichtbar gemacht, die als Schnittstelle fungieren und digitale Transformationsprozesse orchestrieren können. Der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen an der HSR hat sich die Ausbildung solcher Schnittstellen-Spezialisten und -Spezialistinnen auf die Fahne geschrieben. Die drei digital geprägten Studienschwerpunkte Smart Products and Data Science, Value Chain Network and Additive Manufacturing sowie Smart Factory and Robotics fördern eine Spezialisierung auf Zukunfts­ ­ themen und -technologien. Die erworbenen Kenntnisse wenden die Studierenden vom ersten bis zum fünften Semester in einem Industrieprojekt direkt ­praxisnah an. Im Zentrum steht dabei ein Roboter als «digitaler ­Dozent». Am Beispiel der fiktiven Firma «Sortic» und einem ­Ro­boter lernen WING-Studierende, digitale Lösungen in komplexen betrieblichen Systemen umzusetzen. Ein Roboter als Lehrer In der haptischen Welt ist der digitale Dozent ein unscheinbarer Roboter, der Lego-Teile in Boxen einsortiert. Die «didaktische Magie» passiert in der digitalen Welt hinter dem Roboter, in der verschiedene Systeme wie CAD, PLM, ERP und MES aus verschiedenen Stamm­und Bewegungsdaten eine Datenarchitektur bilden. Sie muss präzise wie ein Uhrwerk funktionieren, damit auch in der realen Welt alles rund läuft. Oft wird hier vom ­integrierten Datenfluss als Basis für die Industrie 4.0 ­gesprochen. Die imaginäre Firma hinter dem Roboter ist ein klassischer Anlagenbauer, der seine Kunden mit individuellen Roboter-Lösungen beliefert. Der Roboter spielt die Rolle des Kernprodukts des Unternehmens: ein modular aufgebautes, anpassbares Industrieroboter-System. Es kann


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Studierende und ­ Dozent Prof. Dr. Roman Hänggi diskutieren ­Lösungsansätze; der «Roboter-Dozent» steht dabei im Zentrum.

je nach individueller Konfigurationen weiche, harte, grosse, kleine, schwere, leichte, runde und eckige Teile verarbeiten. Greifen, sortieren, verschrauben, verschweissen, verkleben, schleifen, schneiden, lackieren – alles, was der Kunde braucht. Das ist ein aktuelles Problem vieler Industrieunternehmen. Wie kann ich mit modularen Systemen aus dem teuren Individual-Projektgeschäft herauskommen? Statt zig Roboter-Systeme mit hunderten verschiedenen Teilen brauchen Industrie-Unternehmen heute modulare Systeme, die möglichst alle Kunden-Anforderungen mit möglichst wenigen Modulen abdecken können. Anhand des Lego-Roboters lernen die Studierenden, wie sie ­ihren künftigen Arbeitgebern bei diesem Problem mit digitalen Werkzeugen und interdisziplinären Kompe­ ­ tenzen helfen können. Die angehenden Wirtschaftsingenieurinnen und -ingenieure lernen im Industrieprojekt, die digitalen ­ Technologien anhand konkreter Aufgabenstellungen anzuwenden – und werden gleichzeitig durch ihren inter­disziplinären Blick und ihre Kenntnis der Prozesse

und Zusammenhänge in die Lage versetzt, die digitale Transformation umzusetzen und die anschliessende permanente Weiterentwicklung sicherzustellen. Eine ­ Kompetenz, die in der Industrie heute und morgen immer wichtiger wird. (MEW) Weitere Information auf www.hsr.ch/wing — Kontakt zum Projektverantwortlichen Prof. Dr. Roman Hänggi, Professor für Wirtschaftsingenieurwesen, roman.haenggi@hsr.ch


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Prokrastination: «Heute ist nicht mehr so klar, was wichtig ist» Vor Abgabeterminen und Prüfungen haben viele Menschen das gleiche Problem: Aufschieben, im Fachjargon Prokrastination genannt. Man sollte dieses, man müsste jenes … jetzt aber wirklich … ! Und schon ist der Termin plötzlich sehr nah – und man hat eben nicht alles fertig. Wir haben eine Expertin gefragt, ­warum Menschen Dinge aufschieben – und was sich dagegen tun lässt. Frau Raemy, Sie arbeiten in der Psychologischen Studierendenberatung – warum schieben manche Studierende Aufgaben vor sich her? Viele Studierende sind mit den vielfältigen Ansprüchen beschäftigt, denen sie ihrer eigenen Einschätzung nach gerecht werden müssen. Viele dieser selbst auferlegten An­ sprüche werden «Wenn die Arbeit gut geworden sehr schnell als unverrückbare ist, die Prüfung geschafft, beGegebenheiten wahrgenommen stätigt dies tragischerweise die und mit starken Emotionen verBetroffenen in ihrer Tendenz, bis knüpft. Tragisch wirds, wenn diese eigenen Ansprüche den zum letzten Moment zu warten.» Blick auf die objektiven, oft weniRita Raemy, Psychologin Uni Fribourg ger hohen Ansprüche ihres Umfelds vernebeln. Ist Prokrastination, also das krankhafte Aufschieben von Aufgaben, wirklich ein Problem? Ja! Ein Problem, das zur Vergeudung von Lebenszeit, zu Rückzug und Isolation, zu Selbstzweifeln und Selbsthass, zu Schlafstörungen und anderen psychosomatischen Beschwerden, zu beruflichem Versagen und auch psychopathologischen Störungen führen kann. Was würden Sie jemandem sagen, der Prokrastination als Synonym für «faul sein» verwendet? Mich interessiert weniger der verwendete Begriff, sondern mehr, wie die Person und ihr Umfeld das Verhalten erleben und ob sie bisher gangbare Lösungen gefunden haben. Als Unterscheidung hilft mir Folgendes: Faulheit ist ein Charakterzug. Prokrastination hingegen ist ein Verhalten, ein gelerntes Verhalten. Woran machen Sie den Unterschied fest? Dass es sich um Prokrastination und nicht um Faulheit handelt, merkt man beim ernsthaften Zuhören daran, dass der Betroffene gerade jene Aufgaben nicht angeht, welche er sich selbst ausgewählt hat, welche ihn interessieren, wo das Ergebnis ihm persönlich wichtig ist. Oft klingt der Wunsch nach einer wirklich guten Leistung heraus und sehr oft auch eine langjährige Schwierigkeit in der Handlungsorganisation und ganz oft auch etwas, was als

Spielerei begonnen hat und dann aus dem Ruder gelaufen ist und sich verselbständigt hat: Spass am unter Druck arbeiten, ausreizen, wie wenig Zeit man für etwas braucht bzw. dass man was Erstaunliches in einer Nachtaktion zustande bringen kann, und auf einmal ist’s ein starkes Verhaltensmuster. Meistens im letzten Semester oder vor der Prüfungszeit wiederholt sich in den sozialen Medien unter Studierenden immer wieder das gleiche ­Ritual: endlose Memes und Sprüche, jetzt endlich zu lernen, Dinge jetzt anpacken … Was denken Sie sich, wenn Sie das sehen? Ich wünsche den Schreibenden, dass es klappt, und es klappt auch sehr häufig. Nur noch wenig Zeit zu haben, ist tatsächlich für viele hilfreich. Das Ereignis ist nahe genug, um real zu werden, man kann sich hineinstürzen ins Lernen und nicht mehr auftauchen, bis die Prüfungen vorbei sind. Intensives Handeln bis zum definitiven Ende ist leichter, als über längere Zeit immer wieder anfangen und aufhören und anfangen und aufhören. Allerdings ist gerade dieses wiederholte «in ein Thema ein- und aussteigen» für den langfristig nutzbaren Lernprozess im Gehirn extrem effizient. Viele Studierende erleben aber lieber das sprichwörtliche, oft gute, «Ende mit Schrecken statt den Schrecken ohne Ende». Wenn die Arbeit gut geworden ist, die Prüfung geschafft, bestätigt dies tragischerweise die Betroffenen in ihrer Tendenz, bis zum letzten Moment zu warten. Die nächste Leidenszeit ist also vor­ programmiert. Wie wirkt sich das aus? Für viele ist diese Verhaltensmuster selbstwertschädigend, sie beschimpfen sich selbst dafür. Und in den Fällen, in denen das Arbeiten auf den letzten Drücker nicht funktioniert hat, bleibt zudem das schale Gefühl zurück, nicht gezeigt zu haben, was man eigentlich könnte. Bei einigen fängt damit der Schrecken ohne Ende an, die Prokrastination: Auch wenn nicht gearbeitet wird, wird nichts Schönes, Stimulierendes, Selbstwertstärkendes gemacht. Die ganze Zeit bleibt blockiert von einer Aufgabe, die man aber nicht angeht, weil man auch gar nicht weiss, wie.


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ZUR PERSON Die Psychologin Rita Raemy leitet an der Universität ­Fribourg die psychologische Studierendenberatung und arbeitet zudem als Schulpsychologin. Im Rahmen ihrer­ Tätigkeit in Fribourg bietet sie Beratungen und Workshops an, unter anderem zum Thema «Schluss mit Aufschrieben! Prokrastination in den Griff bekommen.»

Gibt es eine/n typische/n «Prokrastinierer/in»? Das kann ich nicht beantworten. Aber eine Gruppe der ­studentischen Prokrastinierer ist sehr interessant. Viele Studierende wurden in der Schule bisher nicht sehr gefordert. Konfrontiert mit Aufgaben, die sie nicht mehr «einfach so» lösen können, fühlen sie sich hilflos. Sie f­ angen nicht an, weil sie nicht wissen, wie sie anfangen sollen. Der Teufelskreis der Prokrastination beginnt. Wie sieht dieser Teufelskreis aus? Einige beschreiben Tage und sogar Wochen, in denen sie von morgens bis abends in der Erstarrung verbleiben: planen statt handeln, Enttäuschung und Angst statt Zufriedenheit und Mut, zunehmende Verwirrung hinsichtlich der Aufgabe statt wachsende Klarheit mit dem Fortschreiten der Arbeit. Oft passiert das gedankenleer vor dem Bildschirm. Das Umfeld wird oft von der Hilflosigkeit des betroffenen Menschen angesteckt und ist von der Situation sehr belastet. Warum macht ein Prokrastinierer nicht einfach? Einige kennen das Ziel und haben Angst, den falschen Weg zu nehmen. Andere wechseln ständig das Ziel oder wissen nicht, wie man kleine Schritte macht. Deshalb fangen sie alle nicht an zu laufen. Nützen Zeitmanagement-Modelle wie Pareto-Prinzip, 60-60-30, Personal Kanban? Viele meiner Klienten berichten, dass Zeitmanagement-Modelle ihnen hilfreich waren, weil sie ihnen Entscheidungen abgenommen haben. Sie fühlten sich «an der Hand» genommen und die Situation verlor an Komplexität: Zumindest einen Aspekt mussten sie nicht mehr selbst entscheiden, er war sehr simpel und sehr klar vorgegeben. Gab es Prokrastination schon immer oder ist das eine Begleiterscheinung der oft als immer stressiger beschriebenen Bildungs- und Arbeitswelt? Prokrastination gab es schon immer, aber heute ist Prokrastination ein echtes Gesellschaftsproblem geworden, welches wohl auch beachtliche volkswirtschaftliche Kosten generieren dürfte. Die Überzeugung, dass unsere Arbeitswelt stressiger geworden ist, teile ich nur bedingt. Allerdings glaube ich, dass ein wichtiger Faktor der Zunahme von Prokrastination die Ausdehnung der Zeit ist: Die Nacht kann zum Tag gemacht werden, man kann immer und überall arbeiten – also auch aufschieben. Gleichzeitig können wir uns mittels der modernen Medien auch «vervielfältigen», wir können mehrere Leben/Rollen/ Funktionen parallel leben und von einem ins andere wechseln. Dieses Überall gleichzeitig sein, erreichbar sein

erleben viele Menschen als «thrill» und als «stress» zugleich. Es ist für viele ein stimulierendes Gefühl von Schnelligkeit … bis es dann nicht mehr Spannung, sondern Überspannung ist oder man vielleicht auch mal aus der Kurve fliegt. Haben wir verlernt, wichtige Dinge einfach zu ­erledigen? Ja! Ich nehme wahr, dass das Problem darin liegt, dass heute nicht mehr so klar ist, was wichtig ist. Ich glaube, dass wohl jeder sich schon mal vor dem aufwühlenden Abwägen, was denn nun dringender und wichtiger sein, vor den Bildschirm geflüchtet hat oder in Routinetätigkeiten wie das Putzen. Kann eine Schule oder auch ein Unternehmen ­Rahmenbedingungen schaffen, die Prokrastination vermeiden? Ja, der Prokrastination kann der Nährboden entzogen werden: Mit einer sorgfältigen Klärung der Aufgaben, der Rahmenbedingungen, der Hilfsmittel und der geforderten Resultate. Teamarbeit ist klar hilfreich. Psychologisch gesehen würde ich einiges von einer gesunden Fehlerkultur erwarten. Das gilt nicht nur für Studierende. Auch in der Arbeitswelt beschäftigen sich viele nicht mehr mit Erledigtem, um etwa eine Analyse vorzunehmen und von Prozess und Ergebnis zu lernen. Bei Studierenden hat das auch damit zu tun, dass die Bewertung oft nicht in den Details erklärt wird. Das ist hinsichtlich des Lernprozesses sehr schade, aber auch hinsichtlich einer geteilten Haltung zu Aufgaben: Eine Schule ohne Fehlerkultur fördert Prokrastination und verpasst die Chance, ihre Studierenden in einer wichtigen Lern- und Arbeitsstrategie, nämlich der Schlusskontrolle, zu stärken. Sie haben im «Tages-Anzeiger» gesagt: Das Erste, was man machen sollte, ist, aufhören zu planen? Wie soll das gehen, wenn Dozierende, Vorgesetzte, Geschäftsleitungen oder die Öffentlichkeit Pläne verlangen und deren Einhaltung fordern? Ich nehme wahr, dass Pläne gefordert, aber eigentlich nicht eingefordert werden. Wenn sie Pläne verlangen und deren Einhaltung auch wirklich einfordern, bräuchten sehr viel weniger Menschen zu prokrastinieren. Das würde aber realistische, langfristige Pläne erfordern, deren Umsetzung unterstützt und kontrolliert wird und deren Einhaltung auch mit Wertschätzung belohnt wird, wohingegen bei Nichteinhaltung die Verantwortlichen auch zur Verantwortung gezogen werden. Das klingt nach alten Tugenden oder auch nach Arbeit auf Treu und Glaube, ebenso nach Arbeit, die von Fachmännern und -frauen ausgeführt wird. Und da macht es uns die moderne Welt schwer: Kaum jemand bleibt noch lange genug «im Fach», um ein Fachmann oder eine Fachfrau zu werden, geschweige denn so lange, um die Konsequenzen der eigenen beruflichen Entscheidungen und des beruflichen Handelns zu tragen. Wobei, ein Fachbereich bildet hier wohl eine Ausnahme: Technik und Ingenieurwesen. Wie verhindert man Chaos ohne Pläne? Die Frage ist nicht, ob es Pläne geben soll oder nicht. Die Frage ist: Was sind gute Pläne? Meiner Ansicht nach machen viele Menschen Pläne, die keine echten Pläne sind: also realistisch, operational, kontrollierbar und eben auch kontrolliert. (MEW)


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AKTUELLES PREISE UND AUSZEICHNUNGEN

HSR Absolventin mit WI-Award ausgezeichnet Für ihre Bachelorarbeit im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen an der HSR zeichneten die Wirtschaftsingenieure Schweiz Stefanie Giger mit dem Schweizer Wirtschaftsingenieur-Award 2018 aus. Die feierliche Preisverleihung fand im Hotel Astoria in Olten statt. Ob durch Barcodes, RFID (Radio-Frequency Identification) oder Klarschrifterkennung (OCR): Durch die eindeutige Kennzeichnung ihrer Produkte stellen Hersteller die Rückverfolgbarkeit einzelner Produkte sicher. Das ist ein wichtiger Teil des Qualitätsmanagements. Besonders schwierig wird eine solche Kennzeichnung, wenn Produkte schwer zu beschriften oder starker Abnutzung ausgesetzt sind. Wie zum Beispiel im Fall von Rohrverbindungen der Geberit Produktions AG in

Jona. Stefanie Giger suchte in ihrer Bachelorarbeit «Automatisches Identifikationssystem – Eindeutige Speicherung und produktspezifische Zuordnung von Qualitätsdaten» nach einem automatischen Identifikationssystem für die Geberit-spezifische Anwendung, prüfte die Lösung in einem Baustellentest auf ihre Tauglichkeit und untersuchte mögliche Zukunftsszenarien bezogen auf die Integration entlang der Supply Chain. Der Wirtschaftsingenieur- (WI-)Award wurde dieses Jahr zum 10. Mal ver­ liehen. Die Preisverleihung fand am 18. Oktober 2018 im Hotel Astoria in Olten statt. Neben Stefanie Giger freuen sich dieses Jahr auch Rolf Meier, ZHAW, und Linus Bächler, Hochschule Luzern, über die begehrte Auszeichnung. Die HSR gratuliert Stefa-

Stefanie Giger (Mitte) hat den Schweizer Wirtschaftsingenieur-Award gewonnen.

nie Giger und den beiden anderen Preisträgern herzlich. Der WI-Award wird alljährlich vom Verband Die Wirtschaftingenieure Schweiz für die besten Diplom- bzw. Bachelorarbeiten der sieben Partnerschulen verliehen. Der Verband hat sich zum Ziel gesetzt, das Berufsbild bekannter zu

machen, Kontakte zu relevanten Partnern zu knüpfen und die Qualität und Aktualisierung der Ausbildung zum Wirtschaftsingenieur und zur Wirtschaftsingenieurin sicherzustellen. Die Wirtschaftsingenieure sind Teil des Berufsverbandes SWISS ENGINEERING (STV). (SUS)

ROBOLYMPICS 2018

Teilnehmerrekord: Die RobOlympics 2018 an der HSR Zum 16. Mal traten am Samstag, 10. November 2018 Schülerinnen und Schüler mit selbst entwickelten Robotern gegeneinander an. Über 150 Jugendliche in 40 Teams aus der ganzen Schweiz sowie aus Deutschland haben an den diesjährigen RobOlympics an der HSR teilgenommen. Sumo-Ringen, Linienfolgen, PingPong und RoboBall: An den Rob­ Olympics-Wettkämpfen an der HSR massen sich Schülerinnen und Schüler aus Sekundarschulen, Gymnasien und Berufsmittelschulen mit ihren selbst gebauten Robotern in sechs Disziplinen und in einem Freestyle-Wettbewerb. Als besondere Herausforderung galt die Ad-hoc-Aufgabe, zu der die Teilnehmenden innerhalb weniger Stunden eine taugliche ­Roboterlösung entwickeln mussten. Im Voraus war nur das Thema «Inselhüpfen» bekannt. Das Ziel: Mittels der Roboter von einer Insel aus startend möglichst schnell und genau eine Position auf einer anderen Insel erreichen. Dabei war neben einer guten

technischen Umsetzung auch eine ­geeignete Strategie mitentscheidend. Die Gewinner Die Gewinner-Teams in den verschiedenen Kategorien wurden nach den Wettkämpfen mit attraktiven Preisen belohnt. Das Team «Login-Crew» der «login Berufsbildung AG, Zürich» gewann den begehrten RobOlympicsPokal erneut. Das Siegerteam zeigte spontan Herz und verschenkte den gewonnenen EV3-Mindstorms-Kit an eine weniger erfolgreiche Mannschaft. Das Gewinner-Team «Login-Crew» der «login Berufsbildung AG, Zürich» Auf spielerische Weise Interesse wecken Die Schüler-Teams konnten für den Wettkampf auf einen Lego-Roboterbausatz zurückgreifen oder mit einem selbst gebauten Roboter antreten. Um an den RobOlympics zu bestehen, müssen die Roboter mit geeigneten Sensoren, Motoren und Elektronik ausgestattet werden. Die Teilnehmenden bauen ihre Roboter selbst und schreiben auch die dazugehörige Software. Jeder Roboter

wird individuell für die jeweiligen Aufgaben konstruiert. Das Ziel der HSR ist es, die jungen Leute auf eine spielerische Weise für die Technik zu

Gruppen oder ganzen Klassen werden sie von erfahrenen Programmiererinnen und Programmierern der HSR angeleitet. Die Kurse sind für in-

begeistern und so den Ingenieurinnen- und Ingenieurs-Nachwuchs nachhaltig zu fördern.

teressierte Jugendliche bestimmt, die noch kaum mit Robotik zu tun hatten, und eignen sich als Vorbereitung für eine Teilnahme an den RobOlympics. (SUS)

Kurse für Schülerinnen und Schüler Die HSR bietet für Schülerinnen und Schüler Workshops und Kurse für die Roboterprogrammierung an. In

Weitere Informationen: www.robolympics.ch


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AKTUELLES PREISE UND AUSZEICHNUNGEN

HSR Bauingenieur mit «Best of Bachelor» ausgezeichnet Absolvent Andreas Stadler hat eine der 10 besten Bachelorar­ beiten der ganzen Schweiz im Studiengang Bauingenieurwesen geschrieben. Wir gratulieren ihm zum «Best of Bachelor» 2018. Mit dem «Best of Bachelor» zeichnet die Schweizer Fachschaft Bauingenieurwesen jährlich die besten Bachelorarbeiten aus, die an Schweizer Fachhochschulen geschrieben wurden. Zehn Studierende dürfen sich dieses Jahr über den mit 500 Franken dotierten Preis freuen. Darunter auch HSR Absolvent Andreas Stadler, der für seine Bachelorarbeit «Vorstudie Revitalisierung Wild-

bachkanal-Zustandserfassung und Massnahmenplanung» den «Best of Bachelor» 2018 erhielt. Wir gratulieren herzlich. Fleiss, Engagement, Begeisterung sowie Freude am Entwerfen und Schaffen sei aus den nominierten Arbeiten herauslesbar, so die Jury. Über 300 Bachelorarbeiten standen dieses Jahr für die begehrte Aus­ zeichnung zur Auswahl. Über eine der 20 Nominierungen durfte sich auch HSR Absolvent Marc Furrer für seine Bachelorarbeit «Rückbau Kernreaktor» freuen. Die Preisverleihung fand am 11. Januar 2019 im Landesmuseum Zürich statt. (SUS)

Weitere Informationen: www.best-of-bachelor.ch

Andreas Stadler (Mitte) gewinnt den «Best of Bachelor 2018».

WORLD ROBOT SUMMIT

Team HSR Enhanced am World Robot Summit in Tokio Mit der Goldmedaille des CYBATHLON 2016 in der Tasche startete das Team HSR Enhanced in die Vorbereitungen für die Titelverteidigung 2020 in Kloten. Elementare Upgrades an ihrem Renn-Rollstuhl folgten. An der CYBATHLON Experience in Tokio hat das Team gezeigt, was sein «ZED Evolution» kann. HSR Enhanced ist das offizielle ­CYBATHLON-Team der HSR und amtierender Weltmeister im RollstuhlHindernis-Rennen. Der CYBATHLON ist ein internationaler Wettbewerb, an dem Menschen mit Behinderungen mit Hilfe modernster Assistenzsysteme neue Rekorde aufstellen. Er wird von der ETH Zürich organisiert. Die Vorbereitungen für die Titelverteidigung am CYBATHLON 2020 in Kloten laufen seit dem Sieg 2016 auf Hochtouren. Ein Teil dieser Vorbereitungen war die Teilnahme an der CYBATHLON Experience im Rahmen des World Robot Summit in Tokio. Endloses Treppensteigen Das HSR Team um Prof. Dr. Christian Bermes und Pilot Florian Hauser zeigte vom 17. – 21. Oktober 2018

vornehmen – gute Voraussetzungen für den CYBATHLON 2020, denn die Konkurrenz schläft nicht, wie das HSR Team am World Robot Summit festgestellt hat. HSR Enhanced bedankt sich bei allen Beteiligten für den gelungenen Auftritt in Tokio:

HSR Enhanced Pilot Florian Hauser absolviert das Treppen-Hindernis.

am Robotik-Kongress in Japan, dass sein ZED Evolution nicht nur Türen öffnen kann, sondern auch beliebig lange Treppen bezwingt. So werden die High-Tech-Rollstühle am Cybathlon 2020 neben anderen Hindernissen sechs anstatt wie bisher drei Treppenstufen bezwingen müssen. Das Team hat seit dem CYBATHLON

2016 noch ein Upgrade installiert. Statt mit herkömmlichen Lenkstangen zu lenken, kann der ZED Evolution jedes Rad einzeln drehen und antreiben. So kann Pilot Florian Hauser beliebige Richtungswechsel vollziehen, seitwärts fahren oder präzise Korrekturen an der Ausrichtung und Positionierung des Rollstuhls

«A big thank you to our host crew from Science and Technology Office at the Embassy of Switzerland in Tokyo: Kyoko Marumo and her team have made everything possible 24/7 for us and we cannot thank you enough! We would also like to give a special thanks to our sponsors who make all this possible with generous hardware and budget support! And last but not least thank you to the CYBATHLON organizers (especially Anni Kern and Dr. Lukas Jäger) and the University of Applied Sciences in Rapperswil (HSR)!» Die Entstehung und Weiterentwicklung des ZED Evolution basiert zu ­einem grossen Teil auf Projekt- und Bachelorarbeiten von HSR Studierenden. (SUS) Weitere Informationen: www.hsr-enhanced.ch


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AKTUELLES DIGITALISIERUNGS-KONFERENZ

F&E-Konferenz zu Industrie 4.0 an der HSR Smart Factory, COBOT und Co.: Rund 30 Kurzreferate renommierter Wissenschafts- und Industrievertreter gaben in der Aula der HSR einen Überblick über die fortschreitende Digita­ lisierung in der industriellen Produktion und die Forschung rund um die Industrie 4.0 an den Schweizer Hochschulen. HSR Dozierende gewährten Einblick in die aktuelle Forschung in Rapperswil. Vertreterinnen und Vertreter aus Industrie und Hochschulwesen trafen sich am 24. Januar 2019 in der Aula der HSR zur vierten F&E-Konferenz. Das Thema: Industrie 4.0, die vierte industrielle Revolution mit dem Ziel der umfassenden Digitalisierung der industriellen Produktion. 28 Referentinnen und Referenten sprachen in Kurzreferaten über die Aktivitäten an Schweizer Hochschulen und die Anforderungen an Forschung und Entwicklung (F&E). So auch die HSR Angehörigen Roman Hänggi, Agathe Koller-Hodac, Curdin Wick und Christian Bermes.

Verschleiss frühzeitig erkennen Prof. Dr. Christian Bermes, HSR Professor und Institutspartner am ILT, referierte über das Projekt leanPredict. Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines Messsystems, das einen möglichen Ausfall von Anlagenkomponenten in der Sortierlogistik vorhersagt, damit diese noch bei einem geplanten Stillstand der Anlage ersetzt werden können (Predictive Maintenance). In einem weiteren Vortrag stellte Bermes den Rennrollstuhl seines Cybathlon-Teams HSR Enhanced vor: «Wir haben den Formel-1-Gedanken gelebt», sagte er. «Das heisst, wir haben die Entwicklung des Rollstuhls auf den Piloten und die Rennstrecke fokussiert – die Maschine musste in erster Linie exakt auf beides abgestimmt sein». Integriertes Engineering, grenzenlose Motivation und kontinuierliches Testen seien die Erfolgsfaktoren für die Titelverteidigung am Cybathlon 2020 in Zürich. Prof. Dr. Roman Hänggi, HSR Professor und Institutspartner am IPEK, stellte ein Vorgehensmodell zur Im-

Die «F&E-Konferenz zu Industrie 4.0» der Initiative «Indus­trie 2025» fand dieses Jahr zum vierten Mal statt. Die ­Initiative «Industrie 2025», g ­ etragen von den Branchenverbänden asut, Swissmem und swissT.net, setzt sich für die Verbreitung der Konzepte von Industrie 4.0 in der Schweiz ein. Zu den Zielen der Initiative gehört auch die Koordination und Vernetzung der Akteure für die Umsetzung von Industrie 4.0. Weitere Informationen: www.industrie2025.ch

plementierung der Smart Factory vor, also einer sich selbst organisierenden Produktionsumgebung: «Beginnen sie mit einem Use Case, lernen Sie aus diesen Daten und setzen Sie erst dann Ihr grosses IT-Projekt um», schloss er. In einem zweiten Kurzvortrag sprach er über die Leistungen des DigitalLab@HSR, das er erfolgreich leitet. Kollaborative Roboter in KMU «Die Produktion der Zukunft braucht flexible Automations-Lösungen», begann Prof. Dr. Agathe Koller-Hodac, HSR Professorin und Institutsleiterin des ILT Institut für Laborautomation und Mechatronik. Das heisse aber nicht, dass man die menschliche Arbeitskraft ersetzen wolle, erklärte sie. Vielmehr stehe der Roboter als Hilfestellung für den Menschen im Fokus. Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche COBOT (Teilautomatisierung)-Applikation sei zum einen die Akzeptanz durch die Mitarbeitenden: «Wichtig dabei ist, dass Mitarbeitende frühzeitig in die Entwicklung und den Applikationsprozess involviert werden»,

sagte Koller-Hodac. Weitere Faktoren seien die Mensch-Roboter-Interaktion, ein verschärftes Sicherheitskonzept und eine angepasste Armortisationsrechnung, «denn der Einsatz von Robotern soll natürlich wirtschaftlich sein». Prof. Dr. KollerHodac sieht grosses Potential in der kollaborativen Robotik für KMU: «Roboter sind flexibel einsetzbar, platzsparend und verschiebbar. Sie bieten so gute Voraussetzungen für die Produktion kleinerer Stückzahlen». Ein weiterer Punkt sei die Arbeitssicherheit für Mitarbeitende. So könnten zum Beispiel körperlich anstrengende Arbeiten von Robotern übernommen werden, erklärt die Institutsleiterin. Möglichkeiten der Prozessoptimierung beim Spritzengiessen durch Machine Learning stellte Curdin Wick, Projektleiter am IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung, vor. (SUS)


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AKTUELLES NATIONALER ZUKUNFTSTAG

60 Schülerinnen und Schüler werfen einen Blick in die Arbeitswelt: Der nationale Zukunftstag an der HSR

Rund 60 Schülerinnen und Schüler der 5. bis 7. Klasse besuchten am 8. November 2018 die HSR im ­Rahmen des nationalen Zukunfts­ tages. Dieser will Kindern einen praxisnahen, vorurteilsfreien Ein-­

blick in die Arbeitswelt vermitteln. In vier Workshops gab die HSR Einblick in technische und bauplanerische Berufe. Unter dem Motto «Seitenwechsel» lädt der nationale Zukunftstag Schü-

lerinnen und Schüler der 5. bis 7. Klasse dazu ein, eine erwachsene Bezugsperson zur Arbeit zu begleiten oder an einem Spezialprojekt teilzunehmen. Ziel ist es, den Kindern einen praxisnahen, möglichst vor­ ­ urteilsfreien Einblick in die Arbeitswelt zu vermitteln und sie für eine ­offene, geschlechterunabhängige Berufs- und Lebensplanung zu ermuntern: «Es nehmen heute Kinder von HSR Mitarbeitenden teil, aber auch Mädchen, die sich über die Ausschreibung des Zukunftstages angemeldet haben. Als technische Hochschule haben wir bewusst Mädchen angesprochen – ganz im Sinne des Mottos Seitenwechsel und mit dem Ziel, traditionelle Rollenbilder zu durchbrechen.» Denn nach wie vor schränken sich

J­ ugendliche in ihrer Berufswahl stark ein, weil sie sich von traditionellen Rollenvorstellungen leiten lassen statt von eigenen Interessen und Stärken. So wählte die Hälfte der jungen Frauen 2016 aus nur fünf Berufen im Sozial- und Gesundheits­ wesen. Insbesondere für Mädchen fehlen weibliche Vorbilder – sowohl in männer­ dominierten Berufen als auch in Führungspositionen. Genau darin liegt der Ansporn für den Zukunftstag: Im Grundprogramm, in dem Jungen und Mädchen Bezugspersonen zur Arbeit begleiten, steht der Seitenwechsel im Zentrum. Bei den Spezialprojekten liegt der ­Fokus bewusst auf geschlechterspezifisch geprägten Berufen, in denen sich ein Fachkräftemangel abzeichnet. (SUS)

KLIMAGARTEN 2085

Entwicklungsingenieur

Studentenjob

Vollzeit

Neuer Job? Softwareingenieur Projektleiter

Semesterjob

3 oder 6,5 °C Grad wärmer in der Schweiz? Ein öffentliches Experiment zum Mitdenken und Mitmachen. Der Klimagarten 2085 ist ein öffentliches Experiment im Zusammenspiel von Naturwissenschaft und Kunst. Dieses interaktive Experiment lädt das Publikum ein, Klimaszenarien selbst zu erleben und mehr über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Pflanzen, Landschaften und Städte in der Schweiz zu erfahren. In zwei klimatisierten Gewächshäusern auf dem HSR Campus können die Besucherinnen und Besucher zwei Szenarien am eigenen Leib spüren. 3-GradSzenario: Wir handeln energisch und jetzt. 6,5-Grad-Szenario: Wir tun nichts. Der Klimawandel ist zu einem der brisantesten Themen unserer heutigen Zeit geworden. Mit dem Projekt Klimagarten 2085 schaffen wir eine Gelegenheit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. www.hsr.ch/klimagarten2085

Elektroingenieur

Klimagarten 2085 bis zum 28. Mai 2019 an der HSR

Ingenieur

Ferienjob

Teilzeit Temporärjob

techexperts4you ag · info@techexperts4you.com www.techexperts4you.com


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AKTUELLES PENSIONIERUNG

NEUE PROFESSUR

Thomas Kopp, ehem. Leiter des Studiengangs Erneuerbare Energien und Umwelttechnik

Christian Graf, Professor für Projektierung und BIM im Studiengang Landschaftsarchitektur

Thomas Kopp hat in seinen 23,5 Jahren an der HSR Generationen von Ingenieurinnen und Ingenieuren kommen und gehen sehen. 2019 hat ihn die HSR in die wohlverdiente Pension entlassen und wünscht ihm alles erdenklich Gute. Nachhaltige Spuren hinterlassen Zuletzt war Kopp als Leiter des Studiengangs Erneuerbare Energien und Umwelttechnik tätig. Ihm ist es zu verdanken, dass die HSR 2013 mit dem Studiengang Erneuerbare Energien und Umwelttechnik eine direkte Antwort auf die Reaktor-Katastrophe von Fukushima liefern konnte - in der Form eines Studiengangs, der als erster in der Schweiz das Ziel einer erneuerbaren Energiezukunft verfolgte und die nötigen Fachkräfte dafür ausbildete. Kopp kannte die HSR noch als ITR (Interkantonales Technikum Rapperswil) und begann seine Karriere an der HSR 1995 als Professor für Energietechnik und Thermodynamik. Dabei hat er nachhaltige Spuren hinterlassen. So basiert der Studiengang

Maschinentechnik | Innovation heute noch auf den fachlichen Unterteilungen, die er eingeführt hat. «Speziell in Erinnerung bleibt mir sein Umgang mit Studierenden, die meinten, ein Perpetuum Mobile gefunden zu haben», sagt der aktuelle Maschinentechnik-Studiengangleiter Hanspeter Gysin. Kopp habe solche Studierende jeweils eingeladen, diese Frage in einer Studienarbeit detailliert zu klären. «Man kann davon ausgehen, dass diese Studierenden die Gesetze der Thermodynamik nun sehr gut und intensiv verstehen und jedes vermeint­ liche Perpetuum mobile selbst ent­ tarnen können», so Gysin weiter. Forschungsprogramm geprägt Thomas Kopp leitete bis 2012 das Forschungsprogramm Wärmepumpen und Kältetechnik des Bundesamtes für Energie und hat die Schweizerischen Aktivitäten in diesem Bereich entscheidend geprägt. In dieser Funktion organisierte er 2008 die 9. Wärmepumpen Konferenz der Internationalen Energie Agentur 9th IEA Heat Pump Conference in Zürich, die mit 450 Teilnehmenden aus 36 Ländern ein grosser Erfolg war.

NEUE PROFESSUR

Ralf Gerdes, Professor für Anlagentechnik und Digita­ lisierung im Studiengang Maschinentechni|Innovation Der Studiengang Maschinentechnik | Innovation an der HSR begrüsst ab 1. August 2019 Ralf Gerdes als neuen Professor für Anlagentechnik und Digitalisierung im Maschinenbau. 20 Jahre im internationalen Umfeld Gerdes arbeitet derzeit als Vizepräsident Global Technology bei der Sulzer Management Ltd. in Winterthur, wo er zuvor bereits jeweils Vizepräsident in den Bereichen Operation Support und Produktentwicklung tätig war.

Insgesamt bringt Gerdes rund 20 Jahre Berufserfahrung in der Maschinen- und Anlagenindustrie mit, die Führung multikultureller Teams mit mehr als 250 Mitarbeitern inklusive. Vor seiner Tätigkeit bei Sulzer war er unter anderem in verschiedenen Funktionen bei Alstom (Schweiz), McKinsey und an der Technischen Universität Braunschweig tätig. Sein Maschinenbau-Studium hat Gerdes an der Technischen Universität Braunschweig abgeschlossen, wo er auch promoviert hat. Hinzu kommt noch ein Bachelorabschluss in Betriebswirtschaft mit der Spezialisierung Marketing.

sie keine BIM-Planungen anbieten können», sagt Graf. Zu den künftigen Aufgaben von Graf werden der Aufbau von BIM-Kompe-

Ab 1. August 2019 wird Christian Graf den Studiengang Landschaftsarchitektur als Professor für Projektierung und BIM (Building Information Modeling) verstärken. Graf ist für die HSR kein Unbekannter, hat er doch selbst 2001 sein Studium der Landschaftsarchitektur hier abgeschlossen und ist nach diversen Tätigkeiten bei verschiedenen Planungsbüros seit 2016 auch als Dozent für Materialkunde an der HSR tätig.

tenzen in der Ausbildung von Studentinnen und Studenten an der HSR ­sowie auch in der angewandten Forschung und Entwicklung gehören. Vorbereitet hat er sich darauf mit einem nebenberuflichen International Master of Landscape Architecture, einem Masterstudiengang in Rapperswil, Stuttgart und München sowie mit Weiterbildungen in Hochschuldidaktik und BIM.

Pionier-Aufgabe vor sich BIM steckt im Bauwesen und in der Landschaftsarchitektur schweizweit noch in den Kinderschuhen. «Das europäische Ausland ist hier zum Teil schon viel weiter, in einigen Ländern sind Schweizer Büros sogar von Ausschreibungen ausgeschlossen, weil

Nebenberufliche Engagements Neben seinen hauptberuflichen Tätigkeiten engagiert sich Graf im Präsidium der Jungen Wirtschaftskammer Zürcher Oberland, im Vorstand des Lions Club Rapperswil sowie als Coach beim Lehrstellencoaching «Fit for Jobs» in Rüti ZH.

HSR AGENDA 22.5. / 28.8. / 6.11.2019 Innovationstagungen 2019 Dreimal jährlich veranstaltet die HSR Innovationstagungen zu verschiedenen Themen. Den Auftakt der diesjährigen Reihe macht die ­Innovationstagung zum Thema: 22.5.2019 Innovationstreiber CO2 28.8.2019 Innovationstreiber H2O 6.11.2019 Innovationstreiber Homo Sapiens ipek.hsr.ch/innotagung

geschaffen. Die IHK St. Gallen-Appenzell unterstützt den Anlass seit vielen Jahren als Patronatspartnerin. ihk.ch/17-ostschweizertechnologiesymposium

23.8.2019 Ostschweizer Technologiesymposium Mit der Lancierung des Ostschwei-

4.9.2019 Konferenz zur Digitalisierung in der Industrie Auch im Jahr 2019 findet an der HSR die Konferenz zur Digitalisierung in der Industrie statt. Die Besucherinnen und Besucher werden die Möglichkeit haben, digitale Ökosysteme kennenzulernen, von umgesetzten Digitalisierungsprojekten zu lernen und technologische Zusammenhänge zu verstehen. Namhafte Unternehmen, regionale Vorreiter und anerkannte Technolo-

zer Technologiesymposiums (OTS) hat der Produktions- und Technologieverbund Ostschweiz (PTV) zusammen mit der Fachhochschule Ostschweiz eine Plattform für den praxisbezogenen Wissenstransfer

gieexperten treten dafür als Referentinnen und Referenten auf, um von Ihren Erkenntnissen, Erfahrungen und Erfolgen zu berichten. ipek.hsr.ch/ digitalisierungskonferenz


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AKTUELLES HSR GALERIE TEXTILALTRO (IN DER BIBLIOTHEK)

Ruth & Werner Bühlmann – Freiräume, 5. April bis 24. Mai 2019 Die Frühlingsausstellung der HSR Galerie Textilaltro widmet sich dem Thema «Papierschnitt». Ruth und Werner Bühlmanns Werke sind jenseits der alten Tradition und zeigen, dass sich die Kunst des Papier- und Scherenschneidens in den letzten Jahren stark weiterentwickelt hat. Die Ausstellung steht unter dem Motto «Freiräume». Dies, weil das Papierschneiden viel Freiraum bietet und sich Ruth und Werner Bühlmann zudem gerne von der freien Natur inspirieren lassen. Beide experimentieren gerne mit verschiedenen Papierarten. Ruth Bühlmann färbt ihr Papier immer selbst und experimentiert gerne mit Farben und Flächen. Sie arbeitet vorwiegend mit der kleinen Schere und dem Cutter. Werner Bühlmann hingegen schneidet ausschliesslich mit

dem Messer und gestaltet öfters Werke, die zum Nachdenken anregen sollen. (PFL) Vernissage: Freitag, 5. April 2019, 17.00 bis 20.00 Uhr Begrüssung durch Elisabeth Müller, Leiterin Bibliothek und HSR Galerie Musikalische Einführung mit Felicitas Oehler und Ruedi Weiss Dauer der Ausstellung bis Freitag, 24. Mai 2019. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 8.30 bis 17.30 Uhr Feiertage geschlossen. Weitere Informationen: www.textilaltro.hsr.ch

IMPRESSUM HSR MAGAZIN 1/2019 Herausgeberin: HSR Kommunikation HSR Hochschule für Technik Rapperswil Oberseestrasse 10, 8640 Rapperswil Telefon 055 222 49 82, magazin@hsr.ch www.hsr.ch/magazin Redaktion (Red.): (TSE): Eva Tschudi (Chefredaktion) (MEW): Willi Meissner (Projektleitung) (SUS): Sabrina Süzen (PFL): Laura Pfenninger (SDL): Prof. Daniel Schwendemann Anzeigenverkauf Schweiz: Somedia Promotion Zwinglistrasse 6, 8650 Glarus Telefon +41 55 645 38 88 glarus.inserate@somedia.ch, www.somedia.ch

Fotos/Bilder/Grafiken: Titelbild: istockphoto / ivansmuk Cartoon, S. 5: Tobias Leuenberger S. 7: Annick Ramp S. 8: Swisstopo S. 9: Kevin Steinke S. 10, 28: kommUnikate GmbH S. 11: istockphoto / ivansmuk S. 12, 13: HP Gasser AG S. 14, 15, 16, 17, 32, 33: HSR S. 18, 19: Jansen AG S. 26, 27, 29, 34, 35: HSR/Urs Matter S. 21: istockphoto/ Karl-Friedrich Hohl S. 32: STV S. 33: Best of Bachelor S. 20, 31, 36, 37: zvg S. 38: ABB Schweiz Layout: kommUnikate GmbH, Baden Druck: Spälti Druck AG, Glarus

Copyright: Nachdruck auf Anfrage und mit Angabe der Quelle gestattet. Text- und Bildmaterial auf Anfrage. Belegexemplar nach Abdruck erbeten an magazin@hsr.ch per PDF. Externe Autoren: Copyright bei den Verfasserinnen und Verfassern. Erscheint zweimal jährlich. Auflage 9000 Exemplare. Das nächste HSR Magazin erscheint im Oktober 2019. Redaktionsschluss ist der 23.August 2019. Inserateschluss ist am 23. August 2019.


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SPRUNGBRETT ROBERT ITSCHNER, HSR ABSOLVENT IM STUDIENGANG ELEKTROTECHNIK, HEUTE: LANDESCHEF VON ABB SCHWEIZ

Alter: 52 Studienrichtung: Elektrotechnik Studienabschluss: 1993 Vorbildung (vor dem 1. Studium): Maschinenmechaniker Heutige Funktion: Vorsitzender der Geschäftsleitung von ABB Schweiz

Heute stehen Sie als Chef der Schweizer Landesgesellschaft von ABB an der Spitze eines der bedeutendsten Schweizer Industrieunternehmen. War so eine Position bereits während Ihres Elektrotechnik-Studiums an der HSR Ihr Ziel? Überhaupt nicht. Ich habe mich auch im Laufe meiner Karriere nie an Zielpositionen orientiert, sondern mich immer auf die jeweilige Aufgabe konzentriert. Ich will daraus keinen Rat für jedermann ableiten, aber so hat das für mich sehr gut funktioniert, und ich hatte in jeder Position immer die Möglichkeit, viel zu lernen – und auch viel Erfüllung und Spass. Der wichtigste Karriereschritt nach dem Studium ist ... der Einstieg in einen Beruf und eine Firma, die gefallen und motivieren. Man muss sich wohl fühlen, gerne dort arbeiten und das Umfeld schätzen sowie viel Gelegenheit haben, sich fachlich und persönlich weiterzuentwickeln. Konzentrieren oder Diversifizieren? Das hängt von der Persönlichkeit und den eigenen Interessen ab: Einige – und zu denen gehöre ich – sind eher breit interessiert und finden es grossartig, sich jeden Tag mit unterschiedlichen Themen auseinanderzusetzen. Andere sind glücklicher, wenn sie in einem Gebiet eine Koryphäe sind. Brauchen tut’s sowohl die Generalisten als auch die Spezialisten. Sie kennen beide Welten: Informatik und Elektrotechnik – wie stark verschmelzen beide in der Praxis? Mit der vierten industriellen Revolution kommen sie tatsächlich weit näher zusammen als zuvor. Es gibt kaum mehr Produkte, die keine Softwareanteile beinhalten. Mit der zunehmenden Digitalisierung sowie dem immer breiteren Einsatz von Sensorik wird dieser Trend noch sehr viel ausgeprägter. Bei praktisch allen Technologieentwicklungen sind aber schon länger Teams gefragt, die interdisziplinär arbeiten können. Dies gilt natürlich nicht nur für Informatiker und Elektrotechniker.

Drei Skills, die jede/r Ingenieur/Inge­ nieurin gleich welcher Fachrichtung braucht: Nie erlahmende Neugier, bereichsübergreifendes Denken, viel Sozialkompetenz. Gestalten oder Anpassen? Je mehr Freiräume für Gestaltung bestehen, desto attraktiver der Job. Im realen Wirtschaftsumfeld ist natürlich auch ein gewisses Mass an Assimilation vonnöten. Doch ich rate sehr dazu, Rollen mit grosser Gestaltungsfreiheit anzustreben und entsprechend in die eigene Ausbildung zu investieren, um sie zu erreichen. Digitalisierung und Automation werden die Schweizer Industrie in den nächsten fünf Jahren  ... wettbewerbs­ fähiger machen und dazu führen, dass so manche Fertigung, die zuvor in Billiglohn­ länder ausgelagert worden wäre, in der Schweiz bleibt, oder sogar wieder hierzulande angesiedelt wird. In der diskreten Industrie wird zunehmend die Produktion von kundenspezifisch designten Produkten mit immer kleineren Losgrössen ermöglicht.

Und noch weiter in die Zukunft: 2035 werden wir zurückblicken und von der vierten industriellen Revolution sagen … Spannend, dass wir dabei waren, denn sie hat zu grossen Veränderungen geführt in allen Lebensbereichen. Unternehmen, die ­ früh auf den Zug aufgesprungen sind, konnten davon profitieren. Ausserdem war’s gut, dass wir in der Schweiz ein Bildungssystem hatten, das auf allen Ebenen Fachkräfte ausund weiterbilden konnte, die den veränderten Anforderungen gerecht wurden. Wenn Sie heute noch einmal Ihr erstes Studium planen könnten, wie hiesse Ihr Wunsch-Studiengang? Natürlich wieder Elektrotechnik an der HSR! :-) Na, im Ernst: Hätte es damals am HSR den Studiengang Informatik bereits gegeben, hätte ich wohl Informatik studiert. (MEW)


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