Buch des Jahres 2016 Leseprobe

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Buch des Jahres

2016

swiss professional media AG


SCHWEIZ

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Internationales Krisenmanagement in Davos ..........32 «Mutbürger» gegen Durchsetzungsinitiative ...................34 Krach um die Berner Reitschule .....36 Nigelnagelneue Noten .....................38

AUSLAND

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Horror statt Silvesterzauber ............68 Zugunglück in Bayern ......................70 Terroranschläge in Belgien ..............72 Brisante Panama Papers ................. 74 Präsident Duterte räumt auf den Philippinen auf ................... 76 Cyberangriff auf die Ruag ................40

Regierungskrise in Brasilien............78

Aufgeklärter Vierfachmord von Rupperswil .................................42

Proteste gegen französisches Arbeitsgesetz ....................................80

Ganz Basel sieht rot .........................44

Terror gegen Schwule in Orlando ....82

Europa feiert die Schweiz am Gotthard .....................................46

Hooligans terrorisieren Marseille ....84

Festhütte Zürich ...............................48

Viel Arbeit für Theresa May .............88

Keine Burkas im Tessin ...................50 Flüchtlinge stranden in Como .........52 Schwarzes Jahr für die Luftwaffe.....................................54

Ein Brexit und zwei Exits ..................86 Weiss gegen Schwarz in den USA ...90 Blutiger Quatorze Juillet...................92 Türkisches Volk vereitelt Militärputsch ....................................94

Endlich Frieden für Kolumbien ......102 Thailand trägt Trauer......................104 Hillary Clintons Traum ist ausgeträumt ...................................106 Ruppiger Polit-Newcomer Donald Trump .................................108 Putin hat allen Grund zum Feiern ......................................110 Merkel tritt noch einmal an ...........112 Zugunglück in Indien .....................114 Kubas langer Abschied von Fidel Castro..............................116 Chapecó trauert um seine Fussballstars ........................118 Matteo Renzi hat hoch gepokert und verloren ...................120 Österreichs unendliche Präsidentenwahl.............................122 Irak kämpft um Mosul ...................124

Bombenterror in der Türkei .............96

Das südkoreanische Volk gegen Präsidentin Park .................126

Freiheitskampf in Kaschmir ............98

Der Horror von Aleppo ...................128

Das Flüchtlingsdrama nimmt kein Ende ........................................100

Schreckliche Nachahmungstat in Berlin...........................................130

KULTUR

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Das Paradies von Pipilotti Rist ......134 Endlich ein Oscar für Leonardo DiCaprio .........................136 Ausbau des Kraftwerks Linth-Limmern ..................................58 «Ja, aber …» zum Atomausstieg.......60 Weltkultur aus Vevey ........................62 Abschied von Ferdy Kübler ..............64

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Die Rolling Stones rocken Kuba ....138 Ukrainische Überraschung am ESC ...........................................140 Mit Christo übers Wasser ..............142 Literaturnobelpreis für Bob Dylan .......................................144

Yello – nach 40 Jahren endlich live......................................146 Schöne, teure Elbphilharmonie.....148


LEUTE

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UMWELT

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Tödlicher Baupfusch in Taiwan .....208 Zika schockt die Welt .....................210 Kerzen gegen den Frost .................212 Starkes Zeichen gegen den Elfenbeinschmuggel ...............214 Flammen vor Fort McMurray .........216 Katastrophaler Sommeranfang ....218 Waldbrände in Kalifornien .............220 Kolossaler Rheinfall .......................222 Erdbebenserie erschüttert Mittelitalien.....................................224

Indianerprotest gegen Pipelineprojekt ...............................230 Seltener «Super-Supermond» ........232

Mit Matthew kam der Tod ..............226

Rückkehr der Vogelgrippe .............234

Schutz für Pinguin & Co. ................228

Feuer in der Südschweiz................236

Sorge um Polo Hofer ......................152 Ausgezeichneter Satiriker Jan Böhmermann ...........................154 Die Queen lässt sich feiern ...........156

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Bürgermeister Sadiq Khan – ein Muslim regiert London ............158

SPORT

Bernie Sanders’ grosser Kampf ....160

Neuanfang bei der Fifa ..................240

Das Aus für «Brangelina» ...............162 Stiller Papstbesuch in Auschwitz ........................................164 Sie starben 2016 ...........................166

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Lara Gut ist die Beste ....................242 SC Bern – vom Underdog zum Meister ....................................244 Sieben Meistertitel in Serie für den FCB .....................................246 Giulia Steingrubers Höhenflüge ....248

WIRTSCHAFT WISSENSCHAFT TECHNIK

Sportdrama in Le Mans .................250

Syngenta wird chinesisch ............. 184

Chris Froome ist nicht zu bremsen..........................................258

«Harmony oft he Seas» – die schwimmende Stadt ......................186 Pokémons erobern die Welt ..........188

Fussball-Europameisterschaft in Frankreich...................................252 Schweizer Leichtathleten im EM-Hoch ....................................256

Olympische Sommerspiele in Rio de Janeiro .............................260

Eidgenössisches Schwingund Älplerfest ................................. 276 Stan Wawrinka sammelt weiter Pokale ..................................278 Vier Paralympics-Medaillen für Marcel Hug ................................280 Daniela Ryf gewinnt den Ironman auf Hawaii ........................282

Mit Sonnenkraft rund um den Globus ...............................190

Nico Rosbergs Sprung an die Spitze .................................. 284

Spaziergang für Schwindelfreie ....192

Magnus Carlsen bleibt Schachweltmeister.........................286

Chinesisches Himmelsauge ..........194 Marsreise mit Hindernissen ..........196 Ist das die Post der Zukunft? ........198 Zoff um Ceta ...................................200 Bankensturm in Indien ..................202 Jahrhunderthülle für Tschernobyl.....................................204

CHRONIK

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Die wichtigsten Ereignisse von Tag zu Tag

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Mai Im Norden der kanadischen Provinz Alberta treibt ein ausser Kontrolle geratener Wald- und Buschbrand Zehntausende in

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die Flucht. Als die Flammen die ersten Häuser der Stadt Fort McMurray erreichen, ordnen die Behörden am 3. Mai die Evakuierung der rund 90 000 Einwohner an. Am Tag darauf blockiert die

Feuersbrunst die beiden einzigen Ausfallstrassen in Richtung Norden und Süden, und die grösste Evakuierungsaktion in der Geschichte Albertas gerät ins Stocken. Obwohl eiligst eine


Luftbrücke eingerichtet wird, bleiben Zehntausende zunächst eingeschlossen. Erst am 6. Mai gelingt es der Feuerwehr, die Brände rund um den Highway 63 zu löschen, und die verbliebenen

Einwohner können Fort McMurray in südlicher Richtung verlassen. Obwohl das Feuer die Stadt schliesslich nur streift, werden fast 15 Prozent des besiedelten Gebiets und rund 2400 Gebäude

zerstört. Bis die Flammen Anfang Juli vollständig unter Kontrolle sind, verwüsten sie in Alberta und in der Nachbarprovinz Saskatchewan eine Fläche von rund 590 000 Hektaren.

Monate

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Oktober Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 260 Stundenkilometern zieht Anfang Oktober ein Hurrikan über das Karibische Meer. Obwohl Matthew als erster Wirbelsturm seit 2007 in die höchste Kategorie 5 eingestuft wird, bleiben die Schäden zunächst überschaubar: Auf den Kleinen Antillen und an den Nordküsten Venezuelas und Kolumbiens kommt es infolge der starken Regenfälle zu Überschwemmungen und zahlreichen Erdrutschen, die zwei Todesopfer fordern. Auf seinem Zickzackkurs in Richtung Norden verliert Matthew etwas an Kraft und wird zu einem Hurrikan der Kategorie 4 herabgestuft. Den Westen der Insel Hispaniola trifft er am 4. Oktober dennoch als stärkster Wirbelsturm seit Hurrikan Cleo im Jahr 1964. Auf der zu Haiti gehörenden Tiburon-Halbinsel hinterlässt Matthew eine Spur der Verwüstung: In den Städten Port-à-Piment und Jérémie sowie in umliegenden Gebieten werden rund 80 Prozent der Häuser und Hütten zerstört oder schwer beschädigt. Nach offiziellen Angaben kommen als Folge des Hurrikans auf Haiti mindestens 1050 Menschen ums Leben. Die Versorgung der Überlebenden kommt trotz internationaler Unterstützung nur schleppend in Gang. Als am 18. Oktober in Jérémie endlich Lebensmittel verteilt werden, gelingt es der Armee nur mit Mühe, die Menge unter Kontrolle zu halten (Bild).

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Monate


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Der Sieg der «Mutbürger» Mit der eidgenössischen Volksinitiative «Zur Durchsetzung der Ausschaffung krimineller Ausländer» will die SVP eine «wort- und sinngetreue Umsetzung» ihrer Ausschaffungsinitiative erzwingen, die vom Schweizer Stimmvolk am 28. November 2010 angenommen worden war. Als in ersten Umfragen fast zwei Drittel die Durchsetzungsinitiative befürworten, machen die Gegner des Volksbegehrens mobil: Mit vier verschiedenen Komitees werden die unterschiedlichen Wählergruppen der Linken, der Bürgerlichen und der Wirtschaft angesprochen. Der Publizist Peter Studer lanciert den «Dringenden Aufruf», mobilisiert mehr als 200 Persönlichkeiten und sammelt mit Kleinstspenden rund 1,2 Millionen Franken für Plakate und Inserate gegen die «Durchsetzungsinitiative». Im Verein «Operation Libero» findet sich eine Truppe junger Liberaler zusammen, die den Kampf gegen das Volksbegehren vor allem über die Sozialen Medien führt. Die breite Front der «Mutbürger» gegen die SVP hat Erfolg: Am 28. Februar schmettert der Souverän die Durchsetzungsinitiative mit 58,9 Prozent Nein-Stimmen wuchtig ab. Bundesrätin Simonetta Sommaruga bedankt sich beim Verein «Operation Libero» persönlich für das geleistete Engagement (im Bild Co-Präsidentin Flavia Kleiner und Mitstreiter).

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Schweiz


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Europa feiert die Schweiz Am 1. Juni wird der neue Gotthard-Basistunnel offiziell eingeweiht. Auf zwei Festplätzen beim Nord- und Südportal feiern rund 1000 geladene Gäste den längsten Eisenbahntunnel der Welt. Bundespräsident Johann Schneider-Amman und Verkehrsministerin Doris Leuthard eröffnen den Festakt gemeinsam – der Freisinnige redet vor dem Nordportal, die Christlichdemokratin im Süden. Die erste Fahrt durch den Tunnel gehört der Bevölkerung: Im Vorfeld der Eröffnung hatten die SBB in einem Wettbewerb rund 1000 Glückliche ausgelost, die in den ersten beiden Passagierzügen durch den 57 Kilometer langen Tunnel Platz nehmen. Im Extrazug mit den Staatsgästen unterhalten sich die sieben Mitglieder des Bundesrats mit den Staats- und Regierungschefs der umliegenden Staaten. Die angereisten Amtsträger überschlagen sich mit Superlativen zur neuen Nord-Süd-Verbindung durch die Schweiz. Frankreichs Präsident François Hollande meint: «Mit diesem Tunnel ist der europäische Traum in der Schweiz Wirklichkeit geworden», Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi nennt das Bauwerk «eine grossartige Arbeit» – und Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel bezeichnet den Tunnel als «wunderbar» und verspricht einen raschen Ausbau der Zufahrtsstrecken in ihrem Land.

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Ganz Belgien trauert In einem Vorort von Brüssel wird am 18. März Salah Abdeslam verhaftet, der als einer der Hauptverdächtigen der Terroranschläge vom 13. November 2015 in Paris gilt. Wenige Tage später wird die belgische Hauptstadt selbst zum Ziel des Terrors: Am 22. März sprengen sich am Flughafen Brüssel-Zaventem kurz vor 8 Uhr innerhalb weniger Sekunden zwei Selbstmordattentäter in die Luft und reissen 11 Menschen mit in den Tod. Gut eine Stunde später ereignet sich in der Metrostation Maalbeek in der Brüsseler Innenstadt ein weiterer Anschlag: Bei der Detonation einer Nagelbombe kommen neben dem Selbstmordattentäter 21 Menschen ums Leben, 130 Personen werden zum Teil schwer verletzt. Ein vierter Terrorist, der den Flughafen vor den beiden Detonationen verlassen hatte, wird am 8. April zusammen mit fünf weiteren Verdächtigen festgenommen. Rasch zeigt sich, dass die Anschläge von Paris und Brüssel von der gleichen Zelle der Terrororganisation IS geplant worden waren. Auf Bombenresten aus Paris werden DNS-Spuren von einem der beiden Flughafenattentäter gefunden, und Mohamed Abrini, der einzige überlebende Attentäter von Brüssel, war im November 2015 offenbar mit Salah Abdeslam in der französischen Hauptstadt gewesen.

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Ein Brexit und zwei Exits Aufgrund der europakritischen Stimmung in seinem Land hatte der britische Premierminister David Cameron 2013 versprochen, im Fall seiner Wiederwahl ein Referendum über den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union (EU) abzuhalten. Am 23. Juni wird der sogenannte Brexit wahr: Knapp 52 Prozent der Stimmenden befürworten einen EU-Austritt, worauf Cameron seine Ämter als Premierminister und als Parteichef der Tories niederlegt. Der Abstimmungskampf war in den Monaten zuvor äussert gehässig geführt worden und hatte gar ein Todesopfer gefordert: Die LabourAbgeordnete Jo Cox wurde eine Woche vor dem Referendum von einem fanatischen EU-Gegner auf offener Strasse erstochen. Nach dem Votum drücken sich die grössten Befürworter des Brexit vor ihrer Verantwortung: Londons ehemaliger Bürgermeister Boris Johnson zieht sich aus der Wahl um die Nachfolge von David Cameron zurück, und der Chef der europafeindlichen Rechtspartei Ukip, Nigel Farage (Bild), macht einen kompletten Exit und verlässt die poltische Bühne. Um die Frage, wie und bis wann der Austritt aus der EU erfolgen soll, entbrennt zwischen Regierung und Parlament ein erbitterter Streit, der schliesslich vor dem höchsten Gerichtshof landet.

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Ruppiger PolitNewcomer Bei den Republikanern dünnt sich das Feld der einst 17 Präsidentschaftskandidaten in den ersten Monaten des Jahres weiter aus. Am 4. Mai stellen die letzten verbliebenen Konkurrenten – Ted Cruz, Senator für Texas, und John Kasich, Gouverneur von Ohio – ihre Kampagnen ein und machen den Weg frei für Donald Trump. Der milliardenschwere Immobilientycoon war als ausgesprochener Aussenseiter angetreten, hatte dem PolitEstablishment der Republikaner in den Primaries aber keine Chance gelassen. Sein Wahlkampf (im Bild am 29. Juli in Colorado Springs) gegen Hillary Clinton ist geprägt von Unwahrheiten, Verschwörungstheorien, Beleidigungen und wiederholten politischen Kurswechseln. Aber weder die Veröffentlichung von alten Videoaufnahmen mit sexistischen Äusserungen des Präsidentschaftskandidaten noch die Enthüllung jahrzehntelanger Steueroptimierungen am Rande der Legalität können Trump stoppen. Auch die Warnung prominenter Republikaner, er wäre «der gefährlichste Präsident der Geschichte» läuft ins Leere: Am 8. November gewinnt der ruppige Polit-Newcomer dank Siegen in den wichtigen Swing States 304 Wahlmännerstimmen, während sich Clinton mit 227 begnügen muss – Donald Trump wird der neue Präsident der USA.

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Der Horror von Aleppo In Syrien startet das Regime in den ersten Wochen des Jahres eine neue Offensive zur Rückeroberung verlorener Gebiete.

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Insbesondere in der Rebellenhochburg Aleppo im Norden des Landes scheint Präsident Bashar al-Assad eine rasche militärische Lösung anzustreben. Während russische Kampfjets wiederholt schwere Luftangriffe auf die Stadt fliegen, rücken die Regie-

rungstruppen schnell vor und haben Aleppo im Sommer von allen Seiten umschlossen. Der Zermürbungskampf der folgenden Monate geht vor allem auf Kosten der Zivilbevölkerung, die von der Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten


abgeschnitten ist. Angesichts einer drohenden Hungerkatastro­ phe spricht die Uno vom «kom­ pletten Zusammenbruch jegli­ cher Menschlichkeit» in Aleppo. Die Regierungstruppen starten – nach wochenlangem russischem Bombenhagel – im Herbst ihren

Vormarsch und bringen die Re­ bellen immer stärker in Bedräng­ nis. Im Dezember werden die letzten eingeschlossenen Stadt­ teile eingenommen, und das Regime hat zum ersten Mal seit fünfeinhalb Jahren Krieg wieder die Kontrolle über alle grossen

Städte im Land. Unter Vermitt­ lung Russlands und der Türkei vereinbaren die syrische Regie­ rung und sieben Oppositions­ gruppen eine Waffenruhe, die am 30. Dezember in Kraft tritt; Friedensgespräche sind für 2017 in Kasachstan vorgesehen.

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Ausgezeichneter Satiriker Der deutsche Satiriker, Autor und Moderator Jan Böhmermann hatte bereits 2015 internationale Bekanntheit erlangt: Er behauptete, ein im deutschen Fernsehen als echt präsentiertes Video des damaligen griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis mit ausgestrecktem Mittelfinger sei von ihm manipuliert worden. Medien feierten die unter dem Namen #Varoufake schnell weiterverbreitete Aktion als den «wahrscheinlich genialsten PR-Coup in der TVGeschichte», und Böhmermann erhielt für seinen satirischen Beitrag den Grimme-Preis. Im März legt der 35-Jährige aus Bremen nach: In seiner Late-Night-Show «Neo Magazin Royale» thematisiert Böhmermann die Grenzen der Satire und trägt dabei ein Gedicht über den türkischen Präsidenten vor. In dieser «Schmähkritik» werden Recep Tayyip Erdogan Gewalt, sexuelle Perversionen, aber auch die Unterdrückung von Minderheiten in der Türkei unterstellt. Jan Böhmermann distanziert sich wiederholt vom vorgetragenen Text und behauptet, er wolle nur zeigen, wann in Deutschland die Grenzen der Satirefreiheit überschritten seien. Kurz vor Böhmermanns Sendung hatte die türkische Regierung scharf auf einen anderen deutschen Fern-

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sehbeitrag reagiert, in welchem Präsident Erdogan der Missachtung der Presse- und Meinungsfreiheit bezichtigt worden war. Am 6. April eröffnet die Staatsanwaltschaft Mainz aufgrund von mehr als 20 Strafanzeigen ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts auf «Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten»; wenige Tage später stellt Erdogan bei der Staatsanwaltschaft Mainz einen Strafantrag gegen Böhmermann.

Ende Oktober werden sämtliche Verfahren gegen das Enfant Terrible der deutschen Satire eingestellt; laut Begründung konnten ihm «strafbare Handlungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit» nachgewiesen werden. Bis Ende Jahr wird Böhmermann für seine Arbeit mit fast einem Dutzend Auszeichnungen gewürdigt – unter anderem mit dem Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie «Beste Late-Night-Unterhaltung» (Bild).


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«The Greatest» is gone Geboren am 17. Januar 1942 im US-Bundesstaat Kentucky, konzentrierte sich Cassius Clay Jr. nach dem Schulabbruch ganz auf sein Boxtraining. Er gewann alle nationalen Amateurtitel und holte sich bei den Olympischen Spielen in Rom 1960 die Goldmedaille im Halbschwergewicht. Als Profi bestritt er im Februar 1964 seinen ersten WM-Kampf gegen Sonny Liston, den er nach Aufgabe des Gegners in der 6. Runde gewann. Im gleichen Jahr machte er seine Mitgliedschaft bei der Nation of Islam öffentlich und nahm den Namen Muhammad Ali an. Die von Liston geforderte Revanche beendete Ali am 25. Mai 1965 schon nach 105 Sekunden mit einem Anchor Punch (Bild). Nach mehreren erfolgreichen Verteidigungen wurde Ali 1967 der Titel aberkannt, weil er den Wehrdienst verweigert hatte. Der Boxer wurde ausserdem für drei Jahre international gesperrt. Im «Rumble in the Jungle» in Zaire holte sich Ali 1974 den WM-Titel mit einem K.O.-Sieg gegen George Foreman zurück. Im Februar 1978 verlor Ali den WM-Kampf gegen Leon Spinks; er eroberte den Titel aber schon wenige Monate später in einer Revanche erneut. Als bisher einziger Boxer, der dreimal den Titel Undisputed Heavyweight Champion tragen durfte, war Ali wahrhaft «The Greatest». Er starb am 3. Juni 74-jährig.

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Wirtschaft • Wissenschaft • Technik


Syngenta wird chinesisch Im Frühling 2015 hatte die Zukunft für das Basler Agrarunternehmen Syngenta nicht gerade rosig ausgesehen: Der auf Saatgut und Pflanzenschutzmittel spezialisierte Konzern musste sich während Monaten gegen eine Übernahme durch den US-Konkurrenten Monsanto wehren. Der Verwaltungsrat von Syngenta lehnte den Deal vor allem deshalb ab, weil die Fusion aus Wettbewerbsgründen zum Verkauf von mehreren Unternehmensbereichen geführt hätte. Ausserdem hatte Monsanto angekündigt, Teile der Forschung und Produktion zu schliessen und den Firmensitz aus Steuergründen nach Grossbritannien zu verlegen. Anfang 2016 liegt für Syngenta erneut ein Übernahmeangebot

auf dem Tisch: Der Staatsbetrieb China National Chemical Corporation (ChemChina) will das Basler Unternehmen für mehr als 43 Milliarden Dollar kaufen. Und dieses Mal sagt das oberste Kontrollorgan von Syngenta ja: Verwaltungsratspräsident Michel Demaré und sein Amtskollege Ren Jianxin von ChemChina geben am 3. Februar während der Bilanzpressekonferenz in Basel die Fusionsabsichten bekannt (Bild). Medienberichten zufolge hatte Demaré für die 3300 Mitarbeiter von Syngenta in der Schweiz zuvor eine fünfjährige Schonfrist ausgehandelt und von ChemChina die Zusicherung erhalten, dass weder der Konzernsitz in Basel noch die anderen Schweizer Standorte angetastet würden.

Wirtschaft • Wissenschaft • Technik

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Sieben in Serie In der Schweizer Fussballmeisterschaft 2015/16 geht die schon fast unheimliche Siegesserie des FC Basel weiter: Das Team unter dem neuen Trainer

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Sport

Urs Fischer übernimmt ab der 2. Spielrunde die Tabellenführung und gibt diese bis Saisonschluss nicht mehr ab. Die «Bebbi» dominieren das Spielgeschehen

nach Belieben, gewinnen 26 der 36 Partien und spielen dank 88 Toren bei nur 38 Gegentreffern eine unglaubliche Differenz von 50 Toren heraus. Zum Saison-


ende beträgt der Vorsprung des FCB auf die zweitplatzierten Berner Young Boys beeindruckende 14 Punkte, und die Basler dürfen sich zum 7. Mal in Folge und zum 19. Mal in der Vereinsgeschichte als Schweizer

Fussballmeister feiern lassen (im Bild die Mannschaft in ihren Champion-Jerseys nach der Pokalübergabe im St. Jakob-Park am 25. Mai). Als Meister sind die Basler automatisch für die Gruppenphase der Uefa Cham-

pions League 2016/17 qualifiziert. Nach zwei Unentschieden gegen Ludogrez Rasgrad und je zwei Niederlagen gegen Paris Saint-Germain und den FC Arsenal scheiden die Basler jedoch frühzeitig aus dem Turnier aus.

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Goldige Zweckgemeinschaft Nach souveränen Siegen an der WM, der EM und im Weltcup geben sich die vier Ruderer des Schweizer Leichtgewichtsvie­ rers vor den Olympischen Som­ merspielen in Rio de Janeiro zu Recht sehr selbstbewusst: Lucas Tramèr, Mario Gyr, Simon Schürch und Simon Niepmann (von links) betonen wiederholt, dass für sie nur die Goldmedail­ le gut genug sein würde. Am 11. August holen sich die vier Schweizer Ruderer ihren Sieg mit Ansage: Sie beenden die 2000 Meter lange Strecke in der Lagoa Rodrigo de Freitas in 6:20,51 min. – 1,46 s vor den Dänen und 2,34 s vor den Fran­ zosen. Das erste olympische Rudergold für die Schweiz seit 1996 markiert den glücklichen Abschluss einer bewegten Ge­ schichte: Das Team des Schwei­ zer Leichtgewichtsvierers war nach einem enttäuschenden 5. Platz bei den Spielen von London 2012 auseinandergebrochen. Schürch/Gyr bildeten einen olympischen Leichtgewichts­ doppelzweier, Niepmann/Tramèr einen nicht olympischen Leicht­ gewichtszweier. Erst auf Order des Verbands fanden sich die vier Athleten 2014 wieder zu einer Zweckgemeinschaft. Unter dem neuen Coach Ian Wright stellten sich bald erste Erfolge ein, worauf sich Gyr/Schürch/ Niepmann/Tramèr zu einer Olympia­Teilnahme entschlossen.

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Am Ende siegt die Erfahrung Wie alle drei Jahre wird 2016 das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest ausgerichtet. Offizieller Austragungsort für den grössten

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Sport

Sportanlass der Schweiz ist die Freiburger Gemeinde Estavayerle-Lac; die riesige sechseckige Wettkampfarena wird allerdings auf dem Militärflugplatz des benachbarten Payerne VD aufgebaut. Am Wochenende vom 26. bis zum 28. August finden

mehr als 280 000 Menschen den Weg in die Romandie, um ein einzigartiges Volksfest mit viel Brauchtum zu feiern – und um die Elite der Schweizer «Nationalspiele» anzufeuern. Den Wettkampf der Hornusser gewinnt die Mannschaft aus Epsach im


Berner Seeland vor HettiswilEintracht und Lüsslingen-Nennigkofen. Der 22-jährige Bauer Remo Schuler aus dem schwyzerischen Rickenbach stösst den 83,5 Kilogramm schweren Unspunnenstein 3,77 Meter weit und entthront damit Peter Michel

aus Interlaken, den langjährigen Dominator im Steinstossen. Bei den Schwingern sorgen die «jungen Wilden» für Furore: Der Berner Remo Käser (19) und der Thurgauer Samuel Giger (18) holen sich je zwei Kranzfestsiege, der Bündner Armon Orlik (21)

gar deren sechs. Im Schlussgang des «Eidgenössischen» muss sich Orlik allerdings von einem «Alten» geschlagen geben: Der 30-jährige Berner Matthias Glarner legt seinen Gegner gekonnt auf den Rücken (Bild) und darf sich als Schwingerkönig feiern lassen.

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Das war 2016 «Mutbürger» gegen Durchsetzungsinitiative • Krach um die Berner Reitschule • Nigelnagelneue Noten • Cyberangriff auf die Ruag • Aufgeklärter Vierfachmord von Rupperswil • Europa feiert die Schweiz am Gotthard • Festhütte Zürich • Keine Burkas im Tessin • Schwarzes Jahr für die Luftwaffe • «Ja, aber …» zum Atomausstieg • Weltkultur aus Vevey • Horror statt Silvesterzauber • Terroranschläge in Belgien • Brisante Panama Papers • Regierungskrise in Brasilien • Terror gegen Schwule in Orlando • Ein Brexit und zwei Exits • Viel Arbeit für Theresa May • Weiss gegen Schwarz in den USA • Blutiger Quatorze Juillet • Türkisches Volk vereitelt Militärputsch • Das Flüchtlingsdrama nimmt kein Ende • Endlich Frieden für Kolumbien • Thailand trägt Trauer • Hillary Clintons Traum ist ausgeträumt • Ruppiger Polit-Newcomer Donald Trump • Merkel tritt noch einmal an • Kubas langer Abschied von Fidel Castro • Matteo Renzi hat hoch gepokert und verloren • Österreichs unendliche Präsidentenwahl • Irak kämpft um Mosul • Das südkoreanische Volk gegen Präsidentin Park • Der Horror von Aleppo • Schreckliche Nachahmungstat in Berlin • Das Paradies von Pipilotti Rist • Endlich ein Oscar für Leonardo DiCaprio • Die Rolling Stones rocken Kuba • Ukrainische Überraschung am ESC • Mit Christo übers Wasser • Literaturnobelpreis für Bob Dylan • Yello – nach 40 Jahren endlich live • Schöne, teure Elbphilharmonie • Sorge um Polo Hofer • Ausgezeichneter Satiriker Jan Böhmermann • Die Queen lässt sich feiern •Bernie Sanders’ grosser Kampf • Das Aus für «Brangelina» • Stiller Papstbesuch in Auschwitz • Abschied von David Bowie, Prince, Muhammad Ali, Leonard Cohen, Dimitri, Gene Wilder, Shimon Peres, George Michael und Ferdy Kübler • Syngenta wird chinesisch • Pokémons erobern die Welt • Mit Sonnenkraft rund um den Globus • Chinesisches Himmelsauge • Marsreise mit Hindernissen • Ist das die Post der Zukunft? • Zoff um Ceta • Bankensturm in Indien • Jahrhunderthülle für Tschernobyl • Tödlicher Baupfusch in Taiwan • Zika schockt die Welt • Starkes Zeichen gegen den Elfenbeinschmuggel • Flammen vor Fort McMurray • Katastrophaler Sommeranfang • Kolossaler Rheinfall • Erdbebenserie erschüttert Mittelitalien • Mit Matthew kam der Tod • Schutz für Pinguin & Co. • Seltener «Super-Supermond» • Rückkehr der Vogelgrippe • Feuer in der Südschweiz • Lara Gut ist die Beste • Sieben Meistertitel in Serie für den FCB • Giulia Steingrubers Höhenflüge • FussballEuropameisterschaft in Frankreich • Schweizer Leichtathleten im EM-Hoch • Chris Froome ist nicht zu bremsen • Olympische Sommerspiele in Rio de Janeiro • Eidgenössisches Schwing- und Älplerfest • Stan Wawrinka sammelt weiter Pokale • Daniela Ryf gewinnt den Ironman auf Hawaii • Nico Rosbergs Sprung an die Spitze Diese und zahlreiche weitere Themen dokumentiert das Buch des Jahres 2016 in packenden Bildern und informative Texten. Ergänzt wird dieses einzigartige Werk der aktuellen Zeitgeschichte durch eine umfassende Tag-für-Tag-Chronik mit den wichtigsten Ereignissen des Jahres.


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