Buch des Jahres 2015 Leseprobe

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Buch des Jahres

2015

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Buch des Jahres

2015


Ein «annus horribilis»? Nicht nur. Terroranschläge in Frankreich, Tunesien, Thailand und in vielen Ländern des Nahen Ostens, Bürgerkriege in Syrien und im Jemen, die faktische Besetzung der Ostukraine durch Russland, ein schrecklicher Pilotensuizid mit 150 Todesopfern in den Alpen und zahlreiche todbringende Naturkatastrophen: Die Versuchung ist gross, 2015 als «annus horribilis», als ganz und gar schreckliches Jahr, zu vergessen. Doch die vergangenen 365 Tage hatten – neben zugegebenermassen auffallend vielen düsteren – auch ihre heiteren und aufbauenden Momente. Erinnert sei in diesem Zusammenhang etwa an die zahlreichen Erfolge von Schweizer Athletinnen und Athleten, die sich in vielen Disziplinen gegen die starke internationale Konkurrenz durchsetzen konnten. Demokratisch durchgeführte Wahlen führten in verschiedenen Ländern zu einer Machtverschiebung: Anlass zu Hoffnung gab etwa der Wahlerfolg der bisherigen Opposition in Burma, der – anders als bei den Parlamentswahlen von 1990 – vom Militär bedingungslos anerkannt wurde. Auch in Argentinien entschieden sich die Wähler nach der zwölfjährigen Ära Kirchner für einen Neuanfang. Und in Spanien wurde das seit mehr als 30 Jahren etablierte Zweiparteiensystem durch zwei neue Bürgerbewegungen aufgelöst. Auch in der Schweiz wurde 2015 gewählt: Nach einem klaren Rechtsrutsch bei der Gesamterneuerungswahl für den National- und Ständerat wurde der Anspruch auf einen zweiten Sitz der Schweizerischen Volkspartei (SVP) in der Landesregierung von keiner Partei ernsthaft bekämpft. Und so wählte die Vereinigte Bundesversammlung am 9. Dezember – als Ersatz für die Ende Oktober zurückgetretene Eveline Widmer-Schlumpf – im dritten Wahlgang den 56-jährigen Waadtländer Bauern, Winzer und SVP-Politiker Guy Parmelin zum Bundesrat. Diese Höhepunkte der vergangenen zwölf Monate – und gut hundert weitere Ereignisse aus dem In- und Ausland – lassen wir für Sie auf den folgenden Seiten noch einmal Revue passieren. Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihr Interesse am Buch des Jahres 2015 und wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.

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SCHWEIZ

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Wirtschaftlicher Stillstand wegen starkem Franken .............................. 32 Optimistische Chinesen und pessimistische Welt am WEF .......... 34 Wenig Liebe für die Schweiz in Brüssel.......................................... 36

AUSLAND

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Terror gegen das Satiremagazin «Charlie Hebdo»............................... 68 Kein Frieden in der Ostukraine ....... 70 Grössenwahn in Vals........................ 38 «Umwerfender» Staatsbesuch von François Hollande ..................... 40 Zugunglück in Daillens .................... 42 Abpfiff für Sepp Blatter .................... 44 Mythos Morgarten............................ 46 Kein Asylchaos in der Schweiz ........ 48

Boris Nemzow: Tod vor dem Kreml ........................................ 72

Krisenland Griechenland................. 94 Explosion in chinesischem Gefahrengutlager ............................. 96 Sternenbanner über Kuba............... 98 Thailändischer Schrein als Todesfalle ....................................... 100 Vor der nächsten Intifada .............. 102

Pilotensuizid in den Alpen ................74

Flucht in den Tod............................ 104

Durchbruch im Atomstreit zwischen dem Iran und den USA .....76

Gelobtes Deutschland ................... 106

Die Welt trifft sich an der Expo in Mailand................................ 78

Panik in Mekka............................... 110

Jubelfest am «Horu» ......................... 50

Streikserie bei der Deutschen Bahn .............................. 80

5000 Hornusser am «Eidgenössischen» ........................... 52

Parlamentswahlen in Grossbritannien................................ 82

Roche will hoch hinaus.................... 54

Tod auf dem Jangtse........................ 84 Bürgerkrieg im Jemen...................... 86 Amokläufe in den USA ..................... 88 Terror am tunesischen Traumstrand ..................................... 90 Legalisierung der Homo-Ehe in den USA ........................................ 92

KULTUR

Katalanen kämpfen weiter ............ 108 Polen rutscht nach rechts ............. 112 Bomben in der Türkei … ................ 114 … machen Erdogan stärker ........... 116 Syrien leidet weiter......................... 118 Sieg über die Seuche Ebola .......... 120 Opposition gewinnt Wahlen in Burma ......................................... 122 Helmut Schmidt ist tot .................. 124 Terror und Trauer in Paris .............. 126 Neuanfang in Argentinien.............. 128 Politisches Patt in Spanien............ 130

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Gaugin à gogo ................................ 134 «Birdman» hebt ab.......................... 136 F/A-18-Absturz über Frankreich...... 56

Picassos teure Frauen ................... 138

Rechtsruck in der Schweiz .............. 58

Hochspannung mit AC/DC im Letzigrund.................................. 140

Eveline Widmer-Schlumpfs Abgang in Würde .............................. 60 Guy Parmelin ist Bundesrat............. 62 Die Bauern werden laut................... 64

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Der Mythos Waterloo lebt .............. 142

Literaturnobelpreis für Swetlana Alexijewitsch................... 146

Wahr gewordener Kulturtraum in Lugano ........................................ 144

Der «Krieg der Sterne» geht weiter ...................................... 148


LEUTE

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UMWELT

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Spektakuläre Springflut ................. 208 Entfesselter Orkan Niklas .............. 210 Schaurig schöner Calbuco............. 212 Erdbebenserie in Nepal ................. 214 Ölpest am kalifornischen Traumstrand ................................... 216 Megamesse in Manila ................... 152 Boxenstopp für Jeremy Clarkson ............................. 154 Nachwuchs bei Windsors .............. 156 Schwedische Prinzenhochzeit ohne Konventionen........................ 158

Stadtwanderung der Wildtiere in Tiflis............................................. 218 Rekordhitze in der Schweiz und in Europa ................................. 220

Feuerhölle in Kalifornien ............... 226 Blutroter Supermond ..................... 228 Der Tod des Rio Doce .................... 230

Cecils Jäger wird zum Gejagten .... 222

Dicke Luft in China......................... 232

Taifun Etaus zerstörerisches Werk ................................................ 224

Weltklimakonferenz in Paris.......... 236

«Land unter» in Cumbria ................ 234

«El Chapo» haut wieder ab............. 160 «American Psycho» Donald Trump ................................. 162 Queen Elizabeth II. – Monarchin der Rekorde ................. 164 Miss Schweiz Lauriane Sallin........ 166

SPORT

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25. WM-Titel für Team Canada...... 260 Der FC Basel feiert weiter.............. 262

Der Trommler Günter Grass ist tot ............................................... 168

Stan Wawrinkas starke Saison...... 264

Abschied von Blueslegende B. B. King ........................................ 170

Fussball-WM der Frauen in Kanada ....................................... 268

«Kasperli» Jörg Schneider ist verstummt ................................. 172

Belinda Bencic schlägt Nummer 1 und 3............................ 270

Sie starben 2015 ............................174

Lazaro Schallers spektakulärer Klippensprung ................................ 272

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WIRTSCHAFT WISSENSCHAFT TECHNIK

Die Si2 auf Rekordflug ................... 184 Neustart bei Credit Suisse ............ 186 Salt wird geschüttelt ...................... 188 Zwergplanet Pluto ganz gross ....... 190 Streit um Sika................................. 192 Crash an Chinas Börsen ................ 194 Ägyptens General al-Sisi feiert neuen Suezkanal.................. 196 Zierlicher Frühmensch ................... 198 VW betrügt seine Kunden.............. 200 Mob gegen Air-France-Manager .... 202 Erfolgreiches Raketen-Recycling... 204

Sportspektakel für Europa ............ 266

Kenia und Jamaika dominieren Leichtathletik-WM .......................... 274 Snowboard- und FreestyleSkiing-WM in Kreischberg ............. 240 Superspannende Superbowl......... 242 Alpine Skiweltmeisterschaften in Vail/Beaver Creek ...................... 244 Nordische Skiweltmeisterschaften in Falun ........................................... 246 Radrennfahrer Stefan Küng ist der King ..................................... 248 Junge Schweizer Curler ganz stark ....................................... 250

Schweizer Mountainbiker brillieren.......................................... 276 Schweizer Ruderer in Olympiaform ................................... 278 Daniela Ryfs reife Leistung............ 280 Schweizer Nati qualifiziert sich für die Fussball-EM................. 282 Lewis Hamilton zum Dritten .......... 284 Die «All Blacks» bleiben Rugby-Weltmeister ......................... 286

In 84 Tagen um die Welt................ 252 Rekordmeister HC Davos............... 254

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Elegante Europameisterin Giulia Steingruber .......................... 256

CHRONIK

Mayweather vs. Pacquiao: Jahrhundertfight in Las Vegas....... 258

Die wichtigsten Ereignisse von Tag zu Tag

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August Rund eine Million Flüchtlinge gelangen 2015 von ausserhalb des Kontinents nach Europa – mehr als viermal so viele wie im Vorjahr. Dazu kommen Zehntausende von Migranten aus dem Balkan, die ihre Länder aufgrund einer wirtschaftlicher Notlage verlassen. Da die Hauptankunftsländer Italien und Griechenland nicht mehr in der Lage sind, die im Dubliner Abkommen vorgesehene Erstregistrierung von Asylsuchenden vorzunehmen, bewegen sich im Sommer immer wieder grosse, unkontrollierte Flüchtlingstrecks in Richtung Norden. Mit unterschiedlichen Massnahmen versuchen die betroffenen Länder, den Flüchtlingsansturm zu kontrollieren oder umzulenken. Während Ungarn auf harte Massnahmen wie die Errichtung von Stacheldrahtzäunen (im Bild an der serbischen Grenze bei Röszke am 27. August) oder die Internierung von Flüchtlingen setzt, kapitulieren andere Länder und gewähren den Migranten freies Geleit. So schafft Mazedonien Mitte Juni eigens ein neues Dreitagevisum, um den Flüchtlingen den Transit durch sein Staatsgebiet zu ermöglichen. Die Europäische Union ist mit der Verteilung der Flüchtlinge hoffnungslos überfordert: Viele Länder weigern sich, auch nur kleinste Kontingente aufzunehmen. Deutschland trägt die grösste Last und erteilt bis Ende Jahr rund einer Million Migranten das Bleiberecht.

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September Was der Westen seit langem vermutet hat, wird im Herbst Gewissheit: Russland unterstützt den syrischen Machthaber Bashar al-Assad in dessen Land beim Kampf gegen die Rebellengruppen. Nach monatelangen geheimen Lieferungen von Kriegsgerät stationiert Russland im September erste Kampfjets in Syrien, die sofort mehrere Agriffswellen fliegen. Weitere Luftschläge erfolgen mit Marschflugkörpern, die von russischen Kriegsschiffen im Schwarzen und im Kaspischen Meer abgefeuert werden. Die russischen Angriffe gelten nicht nur Zielen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS), sondern auch Stellungen gemässigter Rebellen, die von der westlichen Militärallianz unterstützt werden. Entsprechend frostig fällt ein Treffen zwischen Russlands Präsident Wladimir Putin und dessen amerikanischem Amtskollegen Barack Obama Ende September am Uno-Hauptsitz in New York aus (Bild). Doch schon einen Monat später gibt es eine Annäherung: Unter der Führung der USA und Russlands einigen sich die Vetomächte der Uno und andere wichtige Akteure wie Saudi-Arabien, der Iran und die Türkei anlässlich einer Konferenz in Wien auf die Prinzipien für einen Friedensprozess in Syrien. Auf den bisher vom Westen geforderten Rücktritt Assads wird in der Schlusserklärung ausdrücklich verzichtet.

Monate

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November Zehn Monate nach dem Attentat auf die Redaktion von «Charlie Hebdo» wird Paris am 13. November erneut vom Terror erschüttert: Mindestens acht Attentäter führen im 11. und 12. Bezirk sowie im Vorort Saint-Denis fünf koordinierte Anschläge aus. Die Attentate fordern nach Angaben der Behörden 130 Todesopfer und 352 Verletzte. Die meisten Opfer sind in der Konzerthalle Bataclan zu beklagen, wo drei Terroristen während eines Konzerts der US-Band «Eagles of Death Metal» in die Menge schiessen und mehrere Handgranaten werfen. Der Angriff auf Paris ist der folgenschwerste Terrorakt in Europa seit den Zuganschlägen in Madrid am 11. März 2004. Sieben der Attentäter sprengen

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Monate

sich selbst in die Luft oder werden von der Polizei erschossen, ein weiterer – der mutmassliche Drahtzieher Abdelhamid Abaaoud – kommt bei einer Razzia der Polizei wenige Tage nach den Anschlägen ums Leben. In einer Internetbotschaft übernimmt die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) die Verantwortung für die Anschläge: Paris sei als «Hauptstadt der Unzucht und des Lasters» zum Ziel geworden. Frankreichs Präsident François Hollande bezeichnet die Attentate als «kriegerischen Akt», kündigt «einen entschiedenen Kampf gegen den Terrorismus» an und ruft eine dreitägige Staatstrauer aus. Im Gedenken an die Opfer leuchtet der Eiffelturm in den Tagen nach den Anschlägen in den Farben der Trikolore (Bild).


Monate

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Abpfiff für Sepp Blatter Der Weltfussballverband gerät 2015 nicht aus den Schlagzeilen: Unmittelbar vor dem 66. Kongress der Fifa werden am 27. Mai im Zürcher Nobelhotel Baur au Lac aufgrund eines Haftbegehrens des US-Justizdepartements sechs Funktionäre unter Korruptionsverdacht festgenommen. Fifa-Präsident Sepp Blatter wird wenige Tage später in seinem Amt bestätigt – obwohl das FBI offenbar auch gegen ihn ermittelt. Nach einem Treffen mit den Juristen der Fifa gibt Blatter Anfang Juni seinen Rücktritt bekannt; er will bis zum nächsten Kongress aber im Amt bleiben. Ende Juli legt das Exekutivkomitee der Fifa das Datum der Nachfolgewahl auf den 26. Februar 2016 fest; Blatter wird während der Medienkonferenz vom britischen Komiker Simon Brodkin in Anspielung auf den Korruptionsverdacht mit Dollarnoten überschüttet (Bild). Im Oktober werden Blatter und Fifa-Vizepräsident Michel Platini von der Ethikkommission der Fifa aufgrund eines Ermittlungsverfahrens der Schweizer Bun-

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Schweiz

desanwaltschaft für 90 Tage von ihren Ämtern suspendiert. Untersucht wird eine Zahlung der Fifa an Platini in der Höhe von zwei Millionen Franken im Jahr 2011, mit der sich Blatter angeblich die Unterstützung seines Vize bei der Präsidentschaftswahl im gleichen Jahr gesichert haben soll. Am 21. Dezember sperrt die Ethikkommission Blatter für acht Jahre für sämtliche fussballrelevanten Aktivitäten und belegt ihn mit einer Geldbusse von 50 000 Franken. In ihrem Urteil bezeichnet die Kommission die Zahlung an Platini zwar ausdrücklich nicht als Korruption, legt aber gleichzeitig fest, dass die Überweisung einer rechtlichen Grundlage entbehre und gegen die Grundsätze der Fifa bezüglich Gewährung und Annahme von Geschenken verstossen habe. Gegen Michel Platini wird ein formales Verfahren eröffnet, das in einer lebenslangen Sperre aller Fussballaktivitäten enden könnte. Der Traum des Franzosen, Sepp Blatter zu beerben und 2016 Präsident der Fifa zu werden, dürfte damit definitiv geplatzt sein.


Schweiz

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Guy Parmelin ist Bundesrat Die Präsidenten der Mitteparteien erheben nach dem angekündigten Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf keinen Anspruch mehr auf den vakanten Sitz im Bundesrat. CVP-Präsident Christophe Darbellay sieht in einer Kandidatur der Mitte «keine Legitimität», GLP-Chef Martin Bäumle will die «SVP in die Verantwortung nehmen» und BDP-Präsident Martin Landolt mag erst dann wieder um einen Sitz in der Landesregierung kämpfen, wenn die Mitteparteien «als Block auftreten». Die Dreierkandidatur der SVP für die Bundesratswahl – die Nationalräte Thomas Aeschi aus Zug, Guy Parmelin aus der Waadt und Norman Gobbi aus dem Tessin – kommt bei vielen Parlamentariern nur mässig gut an. Aber offenbar hat die Mehrheit auch keine Lust auf Störmanöver oder auf einen Sprengkandidaten. Und so geht die Gesamterneuerungswahl der Landesregierung am 9. Dezember höchst gesittet über die Bühne: Alle Bisherigen werden im ersten Wahlgang – zum Teil mit hervorragenden Resultaten – wiedergewählt, bevor Guy Parmelin im dritten Wahlgang mit 138 Stimmen zum Bundesrat gekürt wird. Der 56-jährige Landwirt und Winzer aus Bursins übernimmt von seinem Parteikollegen Ueli Maurer das VBS, während dieser ins Finanzdepartement wechselt.

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Krisenland Griechenland In Griechenland gewinnt Alexis Tsipras mit seinem Linksbündnis Syriza im Januar die Parlamentswahlen. Und der erst 40-jährige Politiker geht sofort auf Konfrontationskurs mit Europa: Gemeinsam mit seinem Finanzminister Yanis Varoufakis macht er den Vertretern der 18 restlichen Euroländer und der Europäischen Zentralbank EZB klar, dass sich Griechenland dem verordneten Sparprogramm nicht unterordnen wird. Daraufhin werden in Brüssel die unterschiedlichsten Szenarien diskutiert – von einer Weiterführung der Rettungsprogramme bis zu einem möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone, dem gefürchteten «Grexit». Im Juli, kurz nach dem überhasteten Rücktritt von Finanzminister Varoufakis, sagen die Griechen an der Urne «Nein» zum Sparprogramm. Nichtsdestotrotz bieten die Euroländer den Griechen zwei Wochen später ein neues Hilfspaket mit Krediten in der Höhe von 86 Milliarden Euro an – im Gegenzug für neue Sparauflagen. Weil Ministerpräsident Tsipras bei der Umsetzung dieser Massnahmen eine Mehrheit der Griechen hinter sich haben will, setzt er im August überraschend Neuwahlen an. Und seine Rechnung geht auf: Syriza sichert sich mit 35 Prozent den höchsten Stimmenanteil, was Tsipras in seiner Rolle als Vollstrecker der EU-Sparpläne legitimiert.

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Ausland


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Nachwuchs bei Windsors Im Frühling feiert ganz Grossbritannien das neuste Mitglied der königlichen Familie: Die erste Tochter von Prinz William und dessen Frau Kate – die neue Nummer vier der britischen Thronfolge – erblickt am Morgen des 2. Mai im Londoner St Mary’s Hospital das Licht der Welt. Ihr zu Ehren werden die Tower Bridge, der Fernsehturm von British Telecom und das Riesenrad am Ufer der Themse speziell illuminiert, und aus den Fontänen am Trafalgar Square sprudelt rosafarbenes Wasser. Zwei Tage nach der Geburt wird das Ereignis mit einem Salut von 103 Böllerschüssen gewürdigt, bevor die Windsors endlich den Schleier um den Namen ihres jüngsten Sprösslings lüften: Die Tochter von Kate und William heisst Charlotte Elizabeth Diana. Der Name – eine Referenz an Grossvater Charles, Urgrossmutter Elizabeth II. und an die 1997 verstorbene Grossmutter Diana – war ein Favorit des wettbegeisterten britischen Volks und hatte bei den Buchmachern während Wochen auf den vordersten Plätzen gelegen. Wie bereits nach der Geburt von George verzichten Kate und William zunächst auf «offizielle» Fotografien ihrer Tochter. Einen ersten gemeinsamen Schnappschuss ihrer beiden Kinder veröffentlicht die Herzogin von Cambridge Mitte Mai gleich selbst (Bild).

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Wirtschaft • Wissenschaft • Technik


Die Si2 auf Rekordflug Die Schweizer Solarflugpioniere Bertrand Piccard und André Borschberg starten im Frühling zu ihrer Weltumrundung. Die 2014 der Öffentlichkeit vorgestellte Solar Impulse 2 (Si2) wird im Januar auf dem Militärflughafen von Payerne in 25 Teile zerlegt und mit einem Frachtflugzeug in die Vereinigten Arabischen Emirate überführt. Nach mehreren Probeflügen von Testpilot Markus Scherdel über Abu Dhabi (Bild) startet André Borschberg am 9. März zum ersten, rund 430 Kilometer langen Streckenabschnitt nach Muskat im Oman. Die folgenden Etappen – Borschberg und Piccard wechseln sich im Cockpit des Einsitzers jeweils ab – führen über Ahmedabad und Varanasi (Indien) nach Mandalay (Burma), Chongqing (China) und schliesslich ins japanische Nagoya. Nach einer langen Verzögerung wegen Wetterpechs startet André Borschberg am 28. Juni zur anspruchsvollsten Etappe über den Pazifik. Während seines fast fünftägigen Flugs nach Hawaii bricht er nicht nur den Distanzrekord für Solarflugzeuge, sondern absolviert auch den längsten Soloflug aller Zeiten. Weil sich die Batterien wegen schlechter Wärmeabfuhr überhitzen, bleibt die Si2 in Hawaii vorerst am Boden. Spätestens im April 2016 soll die Weltumrundung mit neuen Akkus fortgesetzt werden.

Technik

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Stadtwanderung der Wildtiere Mitte Juni wird der Grossraum von Tiflis vom schlimmsten Unwetter seit Jahrzehnten heimgesucht. Heftige Regengüsse lösen Erdrutsche und Schlammlawinen aus, verwüsten weite Teile der georgischen Hauptstadt und fordern 18 Todesopfer. Im Zoo von Tiflis werden zahlreiche Käfige und Aussengehege überschwemmt; mehr als die Hälfte der rund 600 Wildtiere kommt in den Fluten ums Leben. Etliche Zoobewohner überwinden defekte Zäune, eingefallene Mauern und überflutete Gräben und brechen aus. Augenzeugen beobachten in der Nähe des Zoos Bären, Löwen, Tiger, Wölfe, Pinguine sowie ein Nilpferd und ein Krokodil. Während die meisten Tiere rasch wieder eingefangen werden können, bleibt ein weisser Tiger verschwunden. Drei Tage nach dem Unwetter fällt das Raubtier in einer Lagerhalle im Stadtzentrum einen Mann an und verletzt ihn tödlich. Der Tiger erweist sich als derart aggressiv, dass er von Spezialkräften des Innenministeriums erschossen werden muss. Zwei entlaufene Pinguine halten ihre Pfleger während Tagen auf Trab. Schliesslich kann einer der Seevögel an einer Tankstelle in der Innenstadt eingefangen werden, der andere in einem Fluss an der Grenze zu Aserbeidschan – Dutzende Kilometer vom Zoo Tiflis entfernt.

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Blutroter Supermond Ein spektakuläres Himmelsphänomen lässt sich am 28. September über weiten Teilen von Amerika, Afrika, Europa und Asien beobachten. Der Mond ist in dieser Nacht nur 356 877 Kilometer von der Erde entfernt – die geringste Distanz des ganzen Jahres – und erscheint deshalb besonders gross. Dieser Supermond tritt über der Schweiz kurz nach 3 Uhr in den Halbschatten der Erde. Knapp eine Stunde später liegt der Erdtrabant vollständig im Kernschatten unseres Planeten und leuchtet in einem gespensterhaften roten Licht. Diese Phänomen tritt auf, weil

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Umwelt

es wegen der Lichtbrechung in der Erdatmosphäre auch im Kernschatten nicht vollständig dunkel ist und – und weil rotes Sonnenlicht stärker gebrochen wird als andersfarbiges. Der faszinierende blutrote Supermond, der bis 5.23 Uhr sichtbar bleibt, kann dank wolkenlosem Himmel und geringer Luftfeuchtigkeit über dem Mittelland und über dem Nordrand der Schweiz gut beobachtet werden. Die nächste totale Mondfinsternis über Mitteleuropa beginnt am Abend des 27. Juli 2018. Auf die nächste Kombination aus Supermond und Finsternis müssen Himmelsgucker bis 2033 warten.


Umwelt

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Sport


Rekordmeister HC Davos Die ZSC Lions beenden die Hauptrunde der EishockeySchweizermeisterschaft mit 97 Punkten auf Rang 1 und kämpfen sich mit Siegen über den EHC Biel und Genève-Servette HC in die Playoff-Finalrunde. Dort stossen die Lions auf den HC Davos, der sich – nach einem bescheidenen 5. Rang in der Hauptrunde – mit Siegen über den EV Zug und den SC Bern qualifiziert hatte. Die Zürcher beginnen die Finalserie am 2. April mit einem klaren 3:0 vor Heimpublikum im Hallenstadion. Zwei Tage später revanchieren sich die Bündner in der Vaillant Arena in Davos mit einem 5:2. Mit einem 3:2 nach Penaltyschiessen können die Davoser auch die dritte Partie zu ihren Gunsten entscheiden. Gleiches gilt für das vierte Spiel des Palyoff-Finals, das nach Verlängerung mit 4:3 für den HC Davos endet. Am 11. April hat das Team unter Cheftrainer Arno Del Curto – im Bild kurz vor Spielbeginn im Hallenstadion Zürich – die Möglichkeit, die Finalserie, die wie immer im Best-of-Seven-Modus ausgetragen wird, vorzeitig zu beenden und sich den Meistertitel zu holen. Nach zwei torlosen Dritteln scoren Reto von Arx, Dick Axelsson und Claude-Curdin Pachoud innerhalb weniger Minuten zum Schlussresultat von 3:0. Damit ist der HC Davos zum 31. Mal in seiner Vereinsgeschichte Schweizer Eishockeymeister.

Sport

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Der FC Basel feiert weiter Im Schweizer Fussball bleibt die Dominanz des FC Basel ungebrochen: Wurden die «Bebbi» in der Vorrunde der Meisterschaft 2014/15 gelegentlich noch vom FC Zürich bedrängt, so bleibt die Tabellenspitze nach der Winterpause fest in ihrer Hand. Schon in der 33. von 36 Runden können sich die Basler Mitte Mai ihren sechsten Meistertitel in Folge sichern. Der Exploit des FCB ist bemerkenswert: Das Team unter dem portugiesischen Trainer Paulo Sousa beendet die Saison mit 78 Punkten – 12 Zähler vor den zweitplatzierten Berner Young Boys. Bei 24 Siegen und sechs Unentschieden müssen die Basler nur sechs Niederlagen einstecken; mit 84:41 ist auch das Torverhältnis überaus beeindruckend. 22 Treffer gehen auf das Konto des albanischschweizerischen Mittelfeldspielers Shkelzen Gashi, der damit zum Torschützenkönig wird. Captain Marco Streller, der auf

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Sport

Saisonende zurücktritt, zelebriert den 18. Meistertitel in der Geschichte des FCB am 30. Mai gemeinsam mit seinen Teamkollegen auf dem Balkon des Stadtcasinos Basel (Bild). Nach einem kleinen Rückschlag – im Juni verlieren die Basler den Cupfinal gegen Sion mit 3:0 – geht die Erfolgsgeschichte unter dem neuen Trainer Urs Fischer weiter: Nach dem Abschluss der Vorrunde der Meisterschaft 2015/16 dürfen sich die Basler im Dezember mit 43 Punkten und grossem Vorsprung auf den Grasshopper Club Zürich als Wintermeister feiern lassen.



Ryfs reife Leistung Eine Schweizer Triathletin läuft 2015 der Konkurrenz davon: Daniela Ryf gewinnt in den Kategorien Kurz- und Mitteldistanz sechs Rennen und kann bei der Ironman-70.3-WM im österreichischen Zell am See ihren Titel erfolgreich verteidigen. Über die Langdistanz erkämpft sie sich Anfang Juli beim Ironman Germany in Frankfurt den EM-Titel: Daniela Ryf absolviert die 3,85 Kilometer lange Schwimmstrecke, das Radrennen über 180 Kilometer und den abschliessenden Marathon über 42,195 Kilometer in 8:51:00 Stunden. Beim legendären Ironman Hawaii, der WM über die Langdistanz, gelingt der 28-Jährigen im Oktober nicht nur der bisher grösste Exploit ihrer Karriere, sondern auch eine denkwürdige Revanche: Die Australierin Mirinda Carfrae, die 2014 mit gerade Mal zwei Minuten Vorsprung auf die Schweizerin den WM-Titel gewonnen hatte, muss auf der Radstrecke aufgeben. Daniela Ryf läuft in der Folge einen ungefährdeten Marathon und beendet den Wettkampf in 8:57:57 – mit 13 Minuten Vorsprung auf die Britin Rachel Joyce. Mit ihrem Sieg beim Triathlon von Bahrain gewinnt Daniela Ryf im Dezember die «Nasser bin Hamid Triple Crown» – einen Spezialpreis des Scheichs von Bahrein für drei Rennen im nahen Osten, der mit einer Million US-Dollar dotiert ist.

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Das war 2015 Wirtschaftlicher Stillstand wegen starkem Franken • WEF • Wenig Liebe für die Schweiz in Brüssel • Grössenwahn in Vals • Zugunglück in Daillens • Abpfiff für Sepp Blatter • Kein Asylchaos in der Schweiz • Jubelfest am «Horu» • 5000 Hornusser am «Eidgenössischen» • Roche will hoch hinaus • F/A-18-Absturz über Frankreich • Guy Parmelin ist Bundesrat • Terror gegen Frankreich • Kein Frieden in der Ostukraine • Boris Nemzow: Tod vor dem Kreml • Pilotensuizid in den Alpen • Parlamentswahlen in Grossbritannien, Polen, Burma, Argentinien und Spanien • Bürgerkrieg im Jemen • Amokläufe in den USA • Terror am tunesischen Traumstrand • Krisenland Griechenland • Sternenbanner über Kuba • Thailändischer Schrein als Todesfalle • Flüchtlingskrise in Europa • Panik in Mekka • Anschläge überschatten Wahlen in der Türkei • Syrien leidet weiter • Gaugin à gogo • «Birdman» hebt ab • Picassos teure Frauen • Hochspannung mit AC/DC im Letzigrund • Der Mythos Waterloo lebt • Literaturnobelpreis für Swetlana Alexijewitsch • Der «Krieg der Sterne» geht weiter • Megamesse in Manila • Nachwuchs bei Windsors • Schwedische Prinzenhochzeit ohne Konventionen • «El Chapo» haut wieder ab • «American Psycho» Donald Trump • Queen Elizabeth II. – Monarchin der Rekorde • Miss Schweiz Lauriane Sallin • Abschied von Günter Grass, B. B. King, Jörg Schneider Anita Ekberg, Hans Erni, Omar Sharif, Helmut Schmidt und Léon Huber • Die Si2 auf Rekordflug • Neustart bei Credit Suisse • Salt wird geschüttelt • Zwergplanet Pluto ganz gross • Streit um Sika • Crash an Chinas Börsen • Ägyptens General al-Sisi feiert neuen Suezkanal • Zierlicher Frühmensch • VW betrügt seine Kunden • Erfolgreiches Raketen-Recycling • Spektakuläre Springflut • Entfesselter Orkan Niklas • Schaurig schöner Calbuco • Erdbebenserie in Nepal • Ölpest am kalifornischen Traumstrand • Rekordhitze • Cecils Jäger wird zum Gejagten • Taifun Etaus zerstörerisches Werk • Feuerhölle in Kalifornien • Blutroter Supermond • Der Tod des Rio Doce • Dicke Luft in China • «Land unter» in Cumbria • Weltklimakonferenz in Paris • Weltmeisterschaften der Snowboarder, Freestyler, Alpinen und Nordischen • Superspannende Superbowl • Radrennfahrer Stefan Küng ist der King • Junge Schweizer Curler ganz stark • In 84 Tagen um die Welt • Rekordmeister HC Davos • Elegante Europameisterin Giulia Steingruber • Mayweather vs. Pacquiao: Jahrhundertfight in Las Vegas • 25. WM-Titel für Team Canada • Der FC Basel feiert weiter • Stan Wawrinkas starke Saison • Fussball-WM der Frauen in Kanada • Belinda Bencic schlägt Nummer 1 und 3 • Kenia und Jamaika dominieren Leichtathletik-WM • Schweizer Mountainbiker brillieren • Schweizer Ruderer in Olympiaform • Daniela Ryfs reife Leistung • Lewis Hamilton zum Dritten Diese und zahlreiche weitere Themen dokumentiert das Buch des Jahres 2015 in packenden Bildern und informative Texten. Ergänzt wird dieses einzigartige Werk der aktuellen Zeitgeschichte durch eine umfassende Tag-für-Tag-Chronik mit den wichtigsten Ereignissen des Jahres.


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