Gesundes Luftholen

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Die Südtiroler Frau, 1. 5. 2014/Nr. 9

Stärkung des Körpers und der Seele durch die Atmung

Gesundes Luftholen Vom Augenblick der Geburt an, und damit vom ersten Schrei eines Menschen, hat jeder von uns seinen ganz eigenen Atemrhythmus. Der Atem ist also individuell und damit einzigartig, er ist gleichzusetzen mit unserem persönlichen Fingerabdruck. Wir leben so, wie wir atmen. Gefühle, Handlungen und das Denken eines Menschen spiegeln sich in der Eigenschaft der Atmung wider. Wie wichtig unsere Atmung ist, fällt den meisten erst auf, wenn das eigentlich selbstverständliche „Luftholen“ Probleme bereitet. Es kann verschiedene Gründe geben, die unseren Atemrhythmus stören können. Wer kennt nicht das Gefühl der Angst oder des Stresses, bei dem man glaubt, es schnüre einem buchstäblich die Luft ab? Oder das Gefühl bei einem Schreck, dass die Atmung stockt? Genau in diesen Momenten dringt uns die Atmung ins Bewusstsein. Etwa zwölf Atemzüge macht ein Erwachsener pro Minute. Die Atmung erfolgt, wie gesagt, in der Regel ohne

Aufmerksamkeit. Die eigene Atmung ist veränderbar. Wir können sie lenken und einen anderen für uns stärkenden Rhythmus erlernen. Entspannungsmethoden und Sport können dabei unterstützend wirken. Zum Beispiel zeigt sich die Atmung bei Stress meist mit unregelmäßigem oder beschleunigtem Rhythmus. Eine ruhige Atmung wirkt dem inneren Stress entgegen. Wir können die Atmung bewusst für uns nutzen. Eine ruhige und effektive, individuell angepasste Atmung ist eine relativ einfache, schnell umzusetzende Möglichkeit, um einen „geregelten“ Rhythmus in unser Leben zu bringen. Neben dem Alltag kann uns die Atmung auch besondere Phasen des Lebens erleichtern. Zum Beispiel wird die Atmung auch in der Geburtsvorbereitung als Unterstützung und Begleitung für die werdenden Mütter und ihre Babys genutzt. Eine effektive Atmung ist das beste Rezept für körperliches und seelisches Wohlbefinden. Lassen Sie sich auf Ihren Atem ein! Wenn Sie möchten,

fangen Sie damit bereits heute an. Ich beschreibe Ihnen dafür zwei einfache Übungen, die wenig Zeit benötigen, aber eine große Wirkung haben. Übung 1 Begeben Sie sich in eine entspannte Sitzhaltung. Dabei geben Sie acht, dass Ihre Wirbelsäule gerade ist. Dies gelingt Ihnen, indem Sie sitzend das Becken über die Sitzbeinhöcker nach vorne und hinten schaukeln. Sobald Sie gerade, mittig auf den Sitzbeinhöckern sitzen, richtet sich Ihre Wirbelsäule automatisch auf. Nun kreisen Sie Ihre Schultern nach hinten. Schließen Sie die Augen, und beobachten Sie den Fluss Ihres Atems. Der Atem kommt und geht, ohne dass Sie ihn dabei beeinflussen. Lassen Sie ihn ruhig fließen, und sagen Sie dabei: „Ich ­folge meiner Einatmung und meiner Ausatmung. Der Atem ist der Rhythmus meines Lebens. Ich beobachte, in welchem Atemrhythmus ich lebe.“ Durch diese Übung nehmen Sie die Rolle der Beob-

Dr. Carmen Willeit Psychologin und Hebamme www.praxis-wegbegleitung.it

achterin ein. Mit Hilfe dieser Rolle können Sie erlernen, auch Ihr Leben aus der Sicht eines Beobachters zu spüren und damit vieles aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Damit gelingt es Ihnen, zunehmend das Leben von innen nach außen zu meistern. Übung 2 Meditatives Gehen: Während des Einatmens ist der Fuß in der Luft, beim Ausatmen setzt er wieder auf dem Boden auf. Die Geschwindigkeit des Gehens passt sich Ihrer Atmung an. Mit dem neuen Einatmen geht der andere Fuß in die Luft. Dies ist eine gute Möglichkeit, bei Stress innezuhalten und in relativ kurzer Zeit wieder zu sich zu finden.


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