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ermöglichte

erst Arnies Karriere

USA war Vorbild

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Gerstl im Interview mit der Zeitschrift NU (News von uns), dem Magazin für Mitglieder der Israelitischen Kultusgemeinschaft: „Vorbilder von Sohn Karl und Arnold waren die US-Muskelmänner in den diversen Bodybuilder-Magazinen: Die Zeitschriften kamen mit den Blue Jeans aus Amerika und lagen zur Dekoration in der Auslage des Modehauses Brühl in Graz, das dem späteren Präsidenten der Grazer Kultusgemeinde, Kurt Brühl, gehört. Der Arnold kauft dort heute noch seine Hosen, wenn er in Graz ist.“

Es war im Jahr 1964, als Schwarzenegger seinen ersten Bodybuilding-Meistertitel in Graz errang: Österreichischer Jugendmeister!

Um ihm die Möglichkeit zu geben, die Matura zu machen, kam Gerstl auf die Idee, ihm einen Posten als Bademeister im Grazer Augartenbad zu vermitteln.

Was wäre aus ihm geworden …

Zu Lebzeiten war eine von Gerstls

Aussagen: „Hätte er ausschließlich auf mich gehört, wäre er Bademeister im Augartenbad geblieben“

– seine eigene Rolle herunterspielend. Denn er war von Arnold Schwarzeneggers Weg schon überzeugt, als dieser wegen seiner Bodybuilderei von allen für einen Spinner und unverbesserlichen Träumer gehalten wurde.

Auch Gerstl sah sich als Einzelgänger in seiner Jugend. Er war damals als Widerständler bei den Tito-Partisanen. Die Nazis verhinderten seine Lehre als Büchsenmacher, auch seinen großen Traum vom Opernsänger. Nach Kriegsende versuchte er, als Selbstständiger mit einem Würstel- und Milch-Standl gut über die Runden zu kommen. Später übernahm er eine Trafik, wurde oberster Vertreter der Trafikanten in der Wirtschaftskammer und trotz interner Widerstände in der ÖVP Gemeinderat in der Stadt Graz. Sein politischer Schirmherr Landeshauptmann Josef Krainer sicherte ihm jedoch das politische Überleben mit einem Mandat im Bundesrat. Dieser hatte es auch ermöglicht, dass Arnold Schwarzenegger bereits Ende der 70er-Jahre Doppelstaatsbürger wurde, als er noch kein ganz Großer im Showbusiness war. Eine Geste von Josef Krainer II, die ihn auf ewig zum glühenden Steiermark-Fan werden ließ.

Am

3. Juli wäre er 100 Jahre alt geworden: Alfred Gerstl, Arnold Schwarzeneggers großer Förderer – und von den Medien zum Ziehvater geadelt. Er verstarb am 15. November 2016 in Graz.

Wie zur Steirerkrone hatte Gerstl auch zu KLIPP eine besondere Beziehung. Andere hätten aus seinem familiären Kontakt zu Arnold Schwarzenegger wahrscheinlich Kapital geschlagen, sprich damit Geld gemacht. Alfred Gerstl aber reichte die Freude, geholfen zu haben und als Arnold Schwarzeneggers Ziehvater gleichsam in die Geschichte einzugehen.

Sein Arbeitszimmer in der Grazer Wohnung, wo wir uns öfters trafen, als er schon in Pension war, war voll mit Auszeichnungen und Fotos. Da gab’s Urkunden aus der Bodybuilder-Zeit, Fotos mit den Landeshauptleuten Waltraud Klasnic und Josef Krainer jun., aber auch ein Foto von Josip Broz Tito und natürlich ein Plakat mit Arnold, seinem Ziehsohn – eine Wortschöpfung der Medien.

Wie kam es überhaupt zur Bekanntschaft?

(Im Folgenden auch Auszüge aus einem Interview Gerstls zu seinem 80er)

„Den Arnold habe ich über meinen Sohn kennengelernt, das war im Jahre 1961. Die beiden waren praktisch gleich alt, 14 Jahre, und am Thalersee bei Graz haben sich damals im Sommer die Grazer Kraftsportler getroffen. Ich hab’ dort für meine Buam (so nannte Alfred Gerstl die Jünglinge) Fleisch gebraten und halt gschaut, dass sie was zum Essen haben. Der Arnold – er hat ja in Thal gewohnt – hat sich damals mit meinem Sohn angefreundet.“

Karl Gerstl jun. betrieb damals Karate und war später mit seiner Mannschaft sogar Weltspitze. Er studierte Medizin, war später Eigentümer des Privatsanatoriums Kastanienhof in Graz-Eggenberg und zählt noch immer zu den engsten Freunden von Big Arnie, macht aber nie viel Aufsehen darüber. Als Internist anerkannt betreute er bis zu ihrem Tod auch Arnolds Mutter medizinisch.

Trainieren zu Hause

Die Wohnung der Gerstls in der Innenstadt war klein, dennoch machten Alfred Gerstl und seine erste Frau ein Zimmer frei, damit die beiden Jugendlichen dort trainieren konnten. „Eine kleine Bank und Gewichte waren die wichtigsten Geräte. Dort haben sie stundenlang ungestört trainieren können, denn bei der Union Graz haben die Erwachsenen die Buben nicht immer an die Geräte gelassen. Wir haben den Arnold damals schon gern gehabt, er ist bei uns ein und aus gegangen und ich sah schon damals, dass er ein Bursche war, der gewusst hat, was er wollte.“

„Arnies Vater war ein echter Nazi“

„Die Eltern von Arnold haben gewusst, dass er bei uns in guten Händen ist und waren daher nicht dagegen. Der Vater von Arnold – ich denke er hieß Gustav – war bei der Partei, also ein echter Nazi.

Also einer wie die Zigtausenden anderen auch. Ich hab’ später dann von ihm erfahren, dass er aus wirtschaftlicher Not zu den Nationalsozialisten gekommen ist. Er war als Gendarm ein strenger Vater, der mit den Flausen seines Sohnes, dem Bodybuilding, gar keine Freude gehabt hat, aber die Freundschaft mit dem Karl, meinem Sohn, hat er immer gut gefunden.“

Der am 3. Juli 1923 geborene Alfred Gerstl hatte am eigenen Leib erlebt, was es heißt, als junger Mensch plötzlich zum Außenseiter zu werden. Im Jahre 1938 musste er auf Anordnung der Nazis seine Lehre als Büchsenmacher abbrechen, verstand damals die Welt nicht mehr und fand Unterschlupf bei der Kettenfirma Pewag in Graz als Hilfsarbeiter. Seinen „Dank“ für diese Lebenshilfe stattete Alfred Gerstl der Pewag (Pengg) Jahrzehnte später ab.

Als das Unternehmen Pewag für seine Kampagne einen weißen Tiger suchte, half er. Gerstl informierte seinen Arnold, der wiederum setzte sich mit seinen guten Bekannten Siegfried und Roy in Las Vegas in Verbindung. Noch nie zuvor hatten sie für eine Werbeauf- nahme einen ihrer weißen Tiger zur Verfügung gestellt – für Arnold und seine steirischen Freunde sogar kostenlos. Die Kampagne brachte großen Erfolg.

Nicht nur Muskeln, auch Hirn ...

„Natürlich hab’ ich ihn in seiner Entwicklung beeinflusst, nicht nur was seinen Sport anlangte, sondern auch versucht, ihm auch andere Seiten aufzuzeigen. Er hat Schallplatten bei mir von Josef Schmidt und Richard Tauber zu hören bekommen, zwei große Sänger ihrer Zeit – auch Opfer der Nazis. Es sollten nicht nur seine Muskeln wachsen, sondern auch das Hirn.“ Mit leichter Wehmut: „Mir hat das Geld zum Studieren gefehlt, ich hab’s ein paar Mal probiert, aber immer wieder aufhören müssen. Und Arnold hat mit der Zeit einiges begriffen. Er ist durch mich und meine Freunde mit vielen ehemaligen Verfolgten zusammengekommen. Darunter war auch Albert Kaufmann, dessen Vater in der englischen Armee war.“ Sohn Albert leitete bis 2017 die Otto Möbes Akademie der Arbeiterkammer in Graz und ist ebenfalls ein enger Freund Arnold Schwarzeneggers.