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Verstörende Fußball-WM in Katar

Im mächtigsten Kleinstaat der Welt. Aber: auch wir als „Armutschgerln“ sind live dabei

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Eine verkehrte Welt, aber was soll’s. Mit dem WohnzimmerTV sind wir und Millionen Fans bei den WM-Spielen in Katar live dabei. Draußen ist es kalt geworden. Und trotzdem ist die Heizung zurück gedreht (gedrosselt). Wir müssen sparen, weil die Energiekosten uns arm machen. Dort in den Stadien, berichten die Kommentatoren, blasen gerade riesige Ventilatoren kalte Luft in das Stadion, um für Spieler und Zuschauer die hohen Temperaturen erträglich zu machen. Für den (perversen) Luxus sorgt der Scheich von Katar. Er dreht mit an der Öl- und Gaspreisschraube und vermehrt durch unsere Milliarden seinen unvorstellbaren Reichtum.

Zugegeben, ein vereinfachtes Bild. Aber möglich wurde das nur, weil viele Leute, die mit dem Fußball zu tun haben, viel Geld aus falschen Gründen bekamen – bestochen wurden.

Verstörende Fußball WM in Katar

Im mächtigsten Kleinstaat der Welt. Aber: auch wir als „Armutschgerln“ sind live dabei

Katar leistet sich die Fußball-WM. Der mächtigste Kleinstaat der Welt hat mit 300.000 Einwohnern genauso viele wie Graz. „Geld schießt keine Tore“, formulierten bis vor etlichen Jahren heimische Sport-Journalisten. Die nicht wahrhaben wollten, dass die Fußball-Profi s nur noch Schachfi guren in diesem zum Teil korrupten, intransparenten Milliardengeschäft sind. Selbst die größten Idole und Stars, bis hin zu Lionel Messi, Ronaldo, Mbappé, die von den Fans ob ihres Charismas vergöttert werden. Scheichs mit ihren PetrolDollars oder andere Milliardäre haben das große Geschäft entdeckt: What ever they take – was immer sie auch kosten. Einer davon war auch der Emir von Katar Al Thani. Als sich das 300.000 Einwohner große Sultanat vor zehn Jahren anschickte, die Fußball-WM in das Wüstenland holen zu wollen. „Die Bloßfüßigen dort haben ja nicht einmal Stadien, können also nicht kicken“, machten sich Funktionäre im klassischen Fußball-Kontinent Europa lustig darüber. „Wie soll denn das gehen? Dazu wird es nie kommen“, hieß es auch dann noch, als Katar schon den Zuschlag von der FIFA in der Tasche hatte und ein Heer von zwei Millionen Fremdarbeitern für den Bau der Stadien zu buddeln begannen. Niemand Geringeren als einen Kaiser, also standesgemäß Seinesgleichen, holte sich der Emir von Katar als Botschafter. Er nahm ihn gewissermaßen in seine Dienste auf. Und Franz Beckenbauer, der deutsche „Fußball-Gott“, war dem Emir Millionen wert. Für ihn waren die Ausgaben für den besten deutschen Fußballer aller Zeiten Peanuts. Die Begleitumstände und die Machenschaften der FIFA sind bis heute für Schlagzeilen gut. Korruption und Unregelmäßigkeiten gab es unzählige.

Es ist nicht nur seinem Alter und seiner Gesundheit geschuldet, dass Franz Beckenbauer, der „Kaiser“, sich völlig zurückgezogen hat. Er, der bei jeder WeißwurstParty und praktisch bei allen Fußball-Großereignissen pausenlos am Bildschirm auftauchte, ist seit den Korruptionsvorwürfen nirgends mehr präsent. Es herrscht Funkstille. Und in Deutschland hütet man sich, den „Kaiser“ vom Thron zu stoßen. Nichts wurde aus dem ursprünglichen Plan, Franz Beckenbauer bei der WM in Katar, im Stile von 1000 und 1 Nacht, mit einem bisher nie dagewesenen Aufwand und Feierlichkeiten ein Denkmal zu setzen.

Emir von Katar Tamim bin Hamad Al Thani Katar-Botschafter Franz Beckenbauer

Einer der wichtigsten Akteure bei der WM: Nasser al-Kehlaifi , Präsident des Fußball-Klubs Paris Saint Germain (PSG)

Das reiche Katar

Früher gab es dort nur Armut und Wüste. Heute ist Katar reich an Geld und politischem Einfl uss. Eine Sandrose ist keine Blume. Sie entsteht, wenn Wasser in der Wüste verdunstet. Dann verbinden sich Sand und Salzkristalle zu fi ligranen Gebilden, zu dünnen Scheiben, die aussehen wie Blätter, wie Blüten. Manchmal winzig klein, manchmal metergroß wachsen sie im erhitzten Boden. Ein Wunder, das nur die Natur vollbringt. Und der Emir von Katar.

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Foto: https://www.fi faworldcupnews.com/ Im Lusail Stadion fi ndet am 18. Dezember 2022 das WM-Finale statt Draußen in der Wüste geschaffen – aus Beton, Stahl und Fiberglas strahlend weiß, statt sandbraun: das Nationalmuseum von Katar.