Gorch Fock Magazin 05

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Rückreise nach Kiel Auslaufen, hieß es im Bordbefehl, am 21. 08. 1969 um 09.00 Uhr, nach Kiel. Durch die Dänemarkstraße ging es in die Irminger See. Kräftig pustet uns der Wind in Richtung Heimathafen durch den „Rosengarten“, wie der Atlantik zwischen Island und Färör Inseln genannt wird. Mit einem Etmal von 276 Seemeilen - eine Strecke von 12.00 Uhr mittags bis 12.00 Uhr mittags des folgenden Tages - legten wir eine große Distanz zurück. Vorbei an den Fair Islands, einer Inselgruppe zwischen den Shetlands und Orkneys liegend, erreichen wir ruhigere Dünung im Atlantik. Nach der Zollabfertigung in der Eckernförder Bucht waren wir 2 Tage später, nach einer zurückgelegten Distanz von 4633 Seemeilen, 37 See- und 7 Hafentagen in unserem Heimathafen Kiel. Geändert, zusammengefasst und gegliedert von Reinhard Claves für das Magazin der Bordkameradschaft. Originalbericht von Claus Wedemeyer

D e r Au fe n t h a l t a u f A k u re y r i - Is land Volker Sturmat erinnert sich. Nachdem wir mit der Gorch Fock Tromsö angelaufen hatten, mit Besuch der Walfangstation, nahmen wir Kurs auf Akureyri-Island. Wir ließen die herrlichen norwegischen Fjorde, die hohen Berge und die schroffen Felsen, die bis zum Wasser steil abfielen, hinter uns. Diejenigen, die mit dabei wahren, erinnern sich bestimmt daran, wie unfreundlich uns das Nordmeer begrüßte. Nebel, Nebel, und nochmals Nebel. Der Klang des Nebelhorns begleitete uns Tag und Nacht. Unser Kommandant, Kapitän zur See von Witzendorf, ließ verschärft Ausguck gehen, da Eisberge nicht ausgeschlossen waren. Zum Glück blieben sie verborgen. Dafür begleitete uns ein Wal, der abwechselnd mal an Backbord und mal an Steuerbord auftauchte und blies. Tuut-tuut-tuut. Manch einer war genervt von dem tage- und nächtelangen anhaltendem Geheule des Nebelhorns. Blick voraus – das Auge sieht nur grau! Blick nach Backbord – grau! Blick nach Steuerbord – grau! Blick Achteraus – grau! Beim Blick nach oben sind die Toppen nur noch verschwommen zu erkennen. Die Segel hingen wie graue Lappen an den Rahen, sofern Sie gesetzt waren. Bei manch einem kamen Aggressionen hoch. Doch dann näherten wir uns der Dänemarkstraße und – oh Wunder – nach mehr als 14 Tagen lichtete sich der graue Vorhang und die grönländische Insel kam in Sicht. Eine unwirkliche, graue Küste. Keine Spur von „Grünem Land“. Endlich verstummte das Nebelhorn – eine Wohltat für die Ohren. Jeder an Bord atmete auf. Kurs Süd-Süd-Ost. Bei gutem Wind segelte die Gorch Fock in Richtung Island, die Insel aus Feuer und Eis. Die Gorch Fock lief in den weit ins Land reichenden Egiafjördur-Fjord ein mit Kurs auf Akureyri. Akureyri liegt etwa 50 km südlich des Polarkreises und wurde 1602 von den Dänen gegründet. 1786 erhielt Akureyri das Stadtrecht und erlebte dann Ende des 19ten Jahrhunderts einen stürmischen Aufschwung. Nicht zuletzt auch durch die Trawler-Fischerei. Heute kommt der Tourismus als bedeutender Wirtschaftsfaktor hinzu. Mittlerweile ist Akureyri die viertgrößte Stadt Islands mit ca.17.253 Einwohner (Stand 01.02.07). Akureyri besitzt Schulen, eine Universität und einen eigenen Flughafen. Soviel an Informationen über die Stadt, in deren idyllischen Hafen wir nun einliefen. Alle Mann stürmten gespannt an Land. Legenden von Walfängern, Nordmännern, Polareroberung, Eskimos und nicht zuletzt die Aussicht auf die herben blonden Schönheiten des Nordens spukten

in unseren Köpfen herum und ließen unsere Herzen höher schlagen. Die blonden Schönheiten waren auch durchaus da – jedoch wenn Sie den Mund aufmachten: Ich sage nur „Die Zähne“. Deshalb war es auch nicht verwunderlich, das Zitronen und Frischobst begehrte Handels- und Tauschobjekte wahren. (Das ist 40 Jahre her und ich denke, das sich inzwischen einiges geändert hat). Die Schiffsführung hatte sich auch etwas einfallen lassen, um uns Kultur und Landschaft dieser herrlich Insel näher zu bringen. So starteten wir zu einem Ausflug in die vulkanischen Landschaft, mit einem Feld von Geysiren. Übrigens bedeutet Geysir nichts anders als: wirbeln – strömen. Auf der Fahr dorthin bot sich schon eine Besonderheit: Am Ortsausgang befand sich eine kleine Kapelle. In die flüchteten sich die Einwohner vor einem früherenVulkanausbruch. Und jetzt geschah das Unfassbare: Vor der Kapelle teilte sich der Lavastrom und floss rechts und links an der Kapelle vorbei. Die Kapelle(Steinbau) wurde nicht zerstört, die Menschen überlebten. Die erstarrten Lavamassen sind heute noch zu sehen. Eine weitere Sehenswürdigkeit wahren die kahlen, rötlich-gelben, schwefelhaltigen Felder der Geysire. Überall blubberte und gluckerte es in heißen Löchern mit Schwefelwasser und ein fürchterlicher Gestank, wie von faulen Eiern, lag in der Luft. Die Wege dazwischen waren wie bei uns im Watt mit Staken markiert. Es wahr eine unheimliche, eine unwirkliche Landschaft. Ein weiterer Ausflug brachte uns zu einem der bekanntesten Wasserfälle Islands, dem GodafossWasserfall. Er liegt in der Gemeinde Pingeyjarsveit im Norden nahe dem Anfang der SprengsanderHochlandpiste. Mit donnerndem Getöse stürzt sich dieser ca. 30 Meter breite Wasserfall 12 Meter in die Tiefe. Das ist Island! – Natur pur. Man möchte mit Ponys durch die Tundra reiten. Ja, und dann darf man das Bad in der freien Natur nicht vergessen. In einer Erdspalte gibt es Höhlen mit sehr warmen Wasser. Während die mittlere Temperatur im Juli bei 11 Grad liegt, ist es ein Genuss, splitternackt in diesen warmen Höhlen zu planschen. So gingen ereignisreiche Tage in Akureyri vorüber, die mit einem Höhepunkt zum Abschluss endeten: einem zünftigen Bordfest. Dazu eingeladen waren selbstverständlich auch die Schönheiten des Städtchens. Das Stammdeck, früher noch von Backbord bis Steuerbord offen, wurde zum Tanzsaal und es wurde ein gelungener Abend. Ja und wenn es am schönsten ist, soll man aufhören. Nach diesem tollen Besuch in Akureyri hieß es wieder: Leinen los Richtung Heimat. Fortsetzung folgt!

BORDKAMERADSCHAFT Segelschulschiff Gorch Fock

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