Kooperation und Kollaboration

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MAGAZIN FÜR COMPLIANCE MANAGEMENT AUSGABE 33 (4/2022) WWW.COMPLIANCE-MANAGER.NET 12 HINTERGRUND: COMPLIANCE IM MITTELSTAND. 32 ENTWICKLUNG: SILODENKEN BEENDEN. 06 VERANSTALTUNG: COMPLIANCE KONGRESS 2022. 25 JUBILÄUM: 10 JAHRE BCM. 54 DIGITALISIERUNG: INFORMATIONSSICHERHEIT STÄRKEN KOOPERATION UND KOLLABORATION Wie die Zusammenarbeit gelingt

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Liebe Leserinnen und Leser,

Aam 16. Dezember hat die Tagesschau gleich mit 2 Aufmachern den Nachrichtenabend begonnen (Hinweisgeberschutz und Anti-Geldwäsche, FIU; Anm. d. Red.). Andreas Mundt habe ich gestern erst bei Galileo auf ProSieben gesehen. Zudem wurde in weiten Teilen der Gesellschaft das Lieferkettengesetz nicht nur aus der Verbraucherperspektive (gewünschte Produkte nicht wie gewohnt verfügbar), sondern mit ganz klarem Bezug zu unserer Disziplin betrachtet. Vielen ging es nämlich um die Umsetzung und Sorgfaltspflicht (vulgo: Verantwortung) der Unternehmen. Also den Compliance-Bereich. Trotzdem konnte man recht viele PR-, Marketing-, CSR- und General-Manager, aber wenige Compliance Verantwortliche hierzu in der Öffentlichkeit wahrnehmen. Woran liegt das? 2022 war eigentlich ein besonderes Jahr für Compliance: Selten vorher sind Themen, die in unseren Tanzbereich fallen, auch weit über unsere Community hinaus heiß diskutiert worden. Dennoch ist der Funke in vielen Unternehmen scheinbar nicht übergesprungen. Wissen die Leute in anderen Professionen, was uns so umtreibt? Und auf den Mikrokosmos unserer Organisation angewendet, wissen die Menschen in anderen Abteilungen, was wir machen und wissen wir dasselbe von Ihnen?

Mit diesem Heft wollen wir diesen Fragen nachgehen und zeitgleich bereits weiterdenken. Dem Leitthema unseres Bundeskongresses folgend, „Verstehen wir unser Unternehmen wirklich?“ wollen wir hier Überlegungen anstrengen, wie wir ein besseres Verständnis für die unterschiedlichen Gewerke unserer Organisation entwickeln und wie wir uns besser verständlich und verstanden machen. Alles mit dem Ziel, Kooperation und Kollaboration zu stärken. Intern, aber auch extern. Denn die braucht es dringend, um verstanden zu werden und wirksam zu sein. Und wohl auch um in der Gesellschaft präsenter zu werden.

Frohes Kollaborieren in 2023!

EDITORIAL Compliance Manager 1/23 3

VON DER SILO-SACKGASSE AUF DIE KOOPERATIVE ÜBERHOLSPUR

Kooperation kann gelingen. Wie das Aufbrechen von Silodenken nachhaltig zum Erfolg führt und wie Sie dies im Compliance-Bereich zielsicher und effektiv umsetzen zeigt unsere Gastautorin Clarissa Berenskötter.

Nicht Vom Ursprungsbegriff her ist ein Silo zunächst einmal doch eine gute Sache. Ein Behältnis, das große Mengen an Material oder Vorräten speichert und bei Bedarf schnell verfügbar bereithält und das sogar auf kleinstmöglichem Raum. Das Silo wird in der Regel von oben befüllt und unten können die im Inneren zu einer Gesamtmischung verschmolzenen Mengen wohldosiert wieder entleert werden. Aber es drohen auch Gefahren: So können Schädlinge eindringen oder sich Gärgase bilden, außerdem können Arbeitskräfte leicht im Silo versinken und ersticken. Oft sind mehrere Silos unmittelbar beieinander angesiedelt, ohne dass jedoch eine Verknüpfung untereinander besteht. Einzige Gemeinsamkeit ist die Zugehörigkeit zum jeweiligen Unternehmen oder Eigentümer.

HINTERGRUND KMU

Bundskongress Compliance

Am 16. und 17. Novemebr feierte der Bundeskongress Compliance Management seine 10. Auflage. Über 300 TeilnehmerInnen verfolgten die Veranstaltung im Humboldt Careé in Berlin. Ein nicht ganz unvoreingenommener Bericht findet sich in diesem Heft.

Compliance Im Mittelstand

CMS ist auch in mittelständischen Unternehmen nicht ersetzbar, aber oftmals noch ausbaufähig. Um Compliance Strukturen in mittelständischen Unternehmen zu implementieren wird es notwendig sein, die gegenwärtigen Entwicklung weiter zu unterstützen.

BCM fördert Nachwuchs

Einmal jährlich zeichnet der BCM im Rahmen des Bundeskongresses herausragende Abschlussarbeiten aus, die sich wissenschaftlich forschend Compliance-Themen zuwenden. Die Arbeiten sollten ihren Schwerpunkt auf die Umsetzbarkeit der Ergebnisse in der Praxis legen, und sich der Entwicklung des Berufsbildes widmen.

IN DIESER AUSGABE 4 Compliance Manager 1/23
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ERFAHRUNGSBERICHT
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NACHWUCHS- FÖRDERUNG
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32

10 Jahre BCM

In den letzten 10 Jahren entwickelte sich der BCM zu dem führenden Berufsverband für Inhouse Compliance Manager und Compliance-Verantwortliche im deutschsprachigen Raum. Dabei wächst das professionelle Netzwerk jedes Jahr und hat nunmehr schon über 1000 Mitglieder.

Deloitte und Quadriga Hochschule stellen Studienergebnisse vor

Die Compliance-Kultur ist das Fundamenteines wirksamen CMS. Die effektive Förderung der Compliance-Kultur stellt für viele Organisationen eine aktuelle Herausforderung dar. Setzen die Organisationen in der Praxis hierfür eher auf Sanktionen oder Anreize? Wie kommunizieren sie intern, um Compliance-konformes Verhalten zu för-dern? Und welchen Einfluss haben eine wirksame horizontale und vertikale Delegation auf die Compliance-Kultur? Rund 320 Compliance-Verantwortliche nahmen an der Befragung im Rahmen der Studienreihe „The Future of Compliance“ teil, um diese und viele weitere Fragen zu beantworten.

Compliance

Kommunikation

Präsenzschulung bieten eine ausgezeichnete Möglichkeit der Compliance ein „Gesicht“ gegenüber den Mitarbeitern zu geben. Diskussionen ermöglichen eine Kollaboration, die wechselseitige, positive Beeinflussung von Compliance und Schulungsteilnehmern.

Bestandsaufnahme Kartellrecht

Heute sieht die kartellrechtliche Welt anders aus, da deutlich mehr Unternehmensbereiche von den Kartellrechtsbehörden ins Visier genommen werden – und das nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa, wenn nicht sogar global.

Informationssicherheit im Unternehmen

Für das Compliance-Management besitzt die Informationssicherheit einen überdurschnittlichen Stellenwert.

Angesichts der zunehmenden Zahl von Cyberangriffen sind angemessene Sicherheitsvorkehrungen für den Schutz sensibler Unternehmensinformationen unerlässlich.

RUBRIKEN

Editorial 3 Impressum 5

Bücherschau 20 BCM Nachrichten 24

Herausgeber

Rudolf Hetzel

Torben Werner

Frederik Nyga

Redaktion

Frederik Nyga

Telefon: 030 / 84859320 frederik.nyga@quadriga.eu

Mitarbeit an dieser Ausgabe

Clarissa Berenskötter

Christiane Dahlbender

Thomas Schneider

Tom Boyer

Matand Kaumba

Anna Blumin

Matthias Uhr

Karoline Stündel

Gestaltung

Armen Vanetsyan

Fotoredaktion

Armen Vanetsyan

Anzeigen

Norman Wittig norman.wittig@quadriga.eu

Druck

PIEREG Druckcenter Berlin GmbH Vollstufige Bogenoffsetdruckerei Benzstraße 12 | 12277 Berlin (Marienfelde)

Abonnementkonditionen

Inland: 4 Ausgaben – 68 Euro Ausland: 4 Ausgaben – 78 Euro Alle Preise inkl. MwSt. und Versandkosten

Im Internet www.compliance-manager.net

Verlags- / Redaktionsanschrift Quadriga Media Berlin GmbH

Werderscher Markt 13 10117 Berlin

Telefon: 030 / 84 85 90

Fax: 030 / 84 85 92 00 info@quadriga.eu

Bildnachweise:

Umschlag: Getty Images; S. 4-5: Getty Images, Privat; S. 6: Armen Vanetsyan; S. 8-11:Quadriga Media Berlin GmbH; S. 12: Getty Images; S.16-18: BCM, S. 24: DPD Deutschland GmbH; S.25 BCM, Getty Images; S. 32-39: Getty Image; S. 40-42: Getty Images; S. 4853: Getty Images; S.54-62: Getty Images

5 Compliance Manager 1/23 IMPRESSUM
48 KARTELLRECHT
25 NEUES AUS DEM BCM
40 STUDIE 0% 100% Code of Conduct Regelmäßige Trainings 80% 86% Kommunikation im Rahmen des Onboardings 74% E-Mail/Newsletter 55% Präsentation (bspw. im Rahmen von Betriebsversammlungen) 51% Awareness-Videos 39% Regelmäßige Briefings 37% Compliance-Kampagnen (bspw. Plakataktionen, Screensaver) 30% Compliance Day/Week 13% Sonstige 11% Keine 2%
40
54
DIGITALISIERUNG
KOMMUNIKATION

COMPLIANCE UND WIRKLICHKEIT

BUNDESKONGRESS COMPLIANCE 2022 6 Compliance Manager 1/23

Insgesamt

MMit seinem Besuch auf dem Bundeskongress Compliance Management, hat Justizminister Dr. Marco Buschmann die gesamtgesellschaftliche Relevanz von Compliance und Corporate Governance unterstrichen. In seiner Eröffnungsansprache ging Herr Buschmann auf die aktuellen Gesetzesvorhaben ein und unterstrich die Bedeutung, die diese in der zukünftigen Unternehmensführung haben. Darüber hinaus wies der Justizminister dem Compliance Management eine herausragende Stellung für die Zukunftsfähigkeit deutscher Unternehmen zu. „Ich hoffe, dass erkannt wird, dass diese konfrontative Gegenüberstellung von Wirtschaft und Gesellschaft schlichtweg falsch ist. (…) Das ist eine unselige Gegenüberstellung. Die Wirtschaft ist nicht der unsoziale, unökologische Feind des Fortschritts, die Wirtschaft ist Teil der Gesellschaft und wir werden zusammen scheitern oder zusammen erfolgreich sein.“

7 Compliance Manager 4/20
VON FREDERIK NYGA
standen Politik und Gesellschaft im Zentrum des Kongresses wie schon lange nicht mehr. Schließlich war das Jahr 2022 gespickt mit Themen, die Beachtung in vielen gesellschaftlichen Debatten gefunden haben.

Auf der Suche nach Realität

Bewerten mittelständische Unternehmen Compliance Maßnahmen angemessen?

MMan weiß übereinander Bescheid, vertraut und kann sich leiden. Ein solch enges und persönliches Verhältnis ist für mittelständische Unternehmen, besonders Familienunternehmen, nicht unüblich. Der folgende Artikel beleuchtet Besonderheiten der Konstitution von mittelständischen Unternehmen, anhand dieser kann eine Kluft zwischen Soll- und Ist-Zustand vieler Unternehmen in Deutschland festgestellt werden.

Wir können unsere Umgebung nur auf einer Ebene erleben und definieren, die eine Beziehung zur Welt und dem uns Umgebenden herstellt, es ist uns jedoch nicht möglich, diese Welt objektiv und unbeeinflusst zu erleben. Wir nehmen Konzepte und Heuristiken an, um die Realität unserer Welt zu beschreiben und versuchen zu verstehen. Das gilt übergeordnet für unzählige Disziplinen, letztendlich für die Wirtschaft, den dazugehörigen Unternehmen und darin integrierten Compliance-Systemen. Diese Kategorisierungen sind notwendig, um menschliches Miteinander und dessen Strukturen zu ermöglichen, allerdings können sie sich genauso auch negativ auswirken.

Compliance Manager 1/23 HINTERGRUND 12
VON TOM BOYER

Klein- und mittelständische Unternehmen schließen nach Definition des IfM (Institut für Mittelstandsforschung) 99,5% aller Unternehmen in Deutschland ein. Die Führungsstrukturen gliedern sich in Eigentümer- und Familienunternehmen, sowie in fremdgeführte Unternehmen. Bei den Kategorien der Besitzstrukturen lassen sich Einzelpersonen, Familien oder Fremdbesitz durch Mischfinanzierung oder eine Publikumsgesellschaft unterscheiden. Hierbei sind sie Teil der Klassifizierung, wenn sie weniger als 500 Mitarbeiter haben und der Jahresumsatz weniger als 50 Mio. Euro beträgt. Weitere Definitionen haben oft höher an gesetzte Mitarbeiter- und Umsatzzahlen.

Durch Vorfälle wie die Schmiergeld-Affäre bei Siemens 2006 oder das deutsche Gebietskartell in der Zuckerindustrie im Jahr 2016 ist Compliance bei Großunternehmen zur Priorität geworden und wurde umgehend implementiert. Die Wichtigkeit von Compliance Strukturen ist mittelständischen Unternehmen teils bewusst, regelmäßig, jedoch noch nicht vollends etabliert und generiert nicht die erforderliche Anerkennung – weitaus weniger als die Hälfte der Unternehmen haben umfassende Compliance Systeme.

Gerade familiengeführte Unternehmen – welche 90% in Deutschland ausmachen - spielen dabei durch ihre Besonderheiten eine wichtige Rolle. Gemeint ist die Priorisierung von Familienharmonie, Anstellung der Familie und finanzieller Unabhängigkeit über Wertmaximierung, Einkommen und Innovation. Grundsätzlich lassen sie sich in zwei übergeordnete Strömungen unterteilen: Eine zielt auf die „Components of Involvement“ ab, hierbei liegt die Gewichtung Eigentum, Management und Kontrolle, um durch die Familiendynamik die angestrebte Entwicklung in Hinblick auf Werte und Präferenzen zu verwirklichen. Bei der weiteren Strömung handelt es sich um den „Essence“-Ansatz, zwar wird die Beteiligung der Familie vorausgesetzt, der Hauptfokus bezieht sich aber auf das Wesen, die Visionen und das Verhalten des Familienunternehmens.

Eine Problematik, die sich bei der Etablierung von Compliance im Mittelstand übertragen lässt, ist das Aufkommen von Informationsdefiziten innerhalb von Unternehmen. Es lassen sich verschiedene Referenzrahmen herauskristallisieren, die zu von der Arbeitsrealität divergierenden Konzepten leiten und dadurch das Denken der Mitarbeiter und der Führungsetage innerhalb eines Unternehmens beeinflusst.

Dazu lassen sich die Begriffe „a posteriori“ und „a priori“ aus der Erkenntnistheorie nach Kant hier oberflächlich anführen: Ersteres meint Wissen, das unmittelbar aus Erfahrungen mit Hilfe verschiedener Sinne geschlossen wird.

Unternehmen teils

bewusst, regelmäßig, jedoch noch nicht

vollends etabliert und generiert nicht die erforderliche Anerkennung – weitaus

Die Konklusion, dass ein Kreis groß sei, kann nur gemacht werden, weil vorher andere Kreise gesehen wurden und der vorliegende mit den vorigen Eindrücken abgleichen werden kann. Letzteres meint Wissen, das mit Hilfe von Analyse gewonnen wird. Es werden logische, analytische Schlüsse gezogen, ohne dabei aktiv auf Erlebnisse mit Sinneswahrnehmungen zurückzugreifen. Die daraus geschlossenen Folgerungen lassen sich mit der Rechenaufgabe 2+2 verdeutlichen. Nachdem das Zählen einmal gelernt wurde, weiß man, dass das Ergebnis 4 ergibt. Die Ergebnisse der Analyse lassen sich einzig und alleine durch den Verstand bestimmen.

Oft ist durch Eindrücke erworbene Erfahrung unabdingbar, um logische und richtige Entscheidungen zu treffen, dennoch gibt es Sachverhalte, bei denen die Erfahrungen irreführen können. Nun folgt ein Beispiel, das bei der Führungsebene beim Thema Compliance entsteht, wenn der Blick durch die Brille der eigenen Sinneswahrnehmung (a posteriori) täuscht und vom objektiven logisch-analytischen (a priori) abweicht: Aufgrund vorherrschender Vertrauensverhältnisse halten sich Mittelständler in Bezug auf Compliance Verstöße für deutlich weniger anfällig als Großunternehmen. Dabei wird vernachlässigt, dass jedes Unternehmen grundsätzlich gefährdet ist, zum Beispiel in Wirtschaftskriminalität verwickelt zu sein. So ermittelte eine KPMG-Studie aus dem Jahr 2018, dass jedes dritte Unternehmen in den beiden Vorjahren in Wirtschaftskri-

13 Compliance Manager 1/23
„Die Wichtigkeit von Compliance Strukturen ist mittelständischen
weniger als die Hälfte der Unternehmen haben umfassende Compliance Systeme.“

The Future of Compliance 2022 -

Von der Sanktions - zur Anreizkultur?

Die Compliance-Kultur ist das Fundament eines wirksamen CMS. Die effektive Förderung der Compliance-Kultur stellt für viele Organisationen eine aktuelle Herausforderung dar. Setzen die Organisationen in der Praxis hierfür eher auf Sanktionen oder Anreize? Wie kommunizieren sie intern, um Compliance-konformes Verhalten zu fördern? Und welchen Einfluss haben eine wirksame horizontale und vertikale Delegation auf die Compliance-Kultur? Rund 320 Compliance-Verantwortliche nahmen an der Befragung im Rahmen der Studienreihe „The Future of Compliance“ teil, um diese und viele weitere Fragen zu beantworten.

Kommunikationsformen zur Steigerung der Bedeutung von Compliance.

Die Organisationen haben unterschiedliche Kommunikationsformen etabliert, um ihre Mitglieder hinsichtlich der Bedeutung von Compliance zu informieren und zu sensibilisieren. Klassische Maßnahmen wie der Code of Conduct, regelmäßige Trainings und die Kommunikation im Rahmen des Onboardings rangieren hier auf den oberen Rängen. Bei diesen Maßnahmen ist in 88% der Organisationen die Geschäftsleitung zumindest teilweise explizit bzw. federführend präsent. Diese Präsenz ist bei öffentlichen Organisationen im

Branchenvergleich deutlich geringer ausgeprägt (63%, Finanzdienstleister: 92%, Industrieunternehmen: 93%). Auch im Vergleich nach der Internationalisierung der Organisationen zeigen sich Unterschiede: Je internationaler die Organisation tätig ist, desto häufiger ist die Geschäftsleitung mindestens bei einem Teil der Compliance-bezogenen Kommunikationsmaßnahmen explizit involviert.

Die Teilnehmenden ergänzten die abgefragten Items um innovative Kommunikationsformen, wie Compliance-Kreuzworträtsel, Escape Rooms, Compliance-Blogs, Podcasts sowie Brettspiele. Es zeigt sich, dass der Kreativität im Hinblick auf die Kommunikationsformen zur Steigerung der Bedeutung von Compliance keine Grenzen gesetzt sind.

THE FUTURE OF COMPLIANCE 2023 26 Compliance Manager 1/23 VON MARKUS LINK JAN BRACKE
DR. RENÉ
PROF.
SEIDENGLANZ

ABB. 6A – KOMMUNIKATIONSFORMEN ZUR STEIGERUNG DER BEDEUTUNG VON COMPLIANCE Welche der folgenden Kommunikationsformen hat Ihre Organisation etabliert, um ihre Mitglieder hinsichtlich der Bedeutung von Compliance zu informieren und zu sensibilisieren? (n=323; Mehrfachnennungen möglich)

Wirksame horizontale Delegation stärkt den „Tone from the Top“ und fördert die positive Wahrnehmung der ComplianceFunktion

Im weiteren Verlauf widmete sich die Studie der Frage, welchen Einfluss eine wirksame horizontale Delegation auf den „Tone from the Top“ hat. Die Delegation von Pflichten innerhalb der Organisation bedarf geeigneter Organisations- und Aufsichtsmaßnahmen der Geschäftsleitung. Der Fokus hierbei liegt insbesondere auf der Vermeidung etwaiger straf- und haftungsrechtlicher Risiken und stellt somit zugleich eine der zentralen Herausforderungen einer wirksamen Delegation dar. Dabei ist eine horizon-

tale und vertikale Delegation wirksam, wenn diese schriftlich fixiert ist.

79% der Organisationen haben die Verantwortung für Compliance einem Mitglied der Geschäftsleitung klar zugeordnet – 42% der Befragten dem CEO. Bei 68% der Organisationen ist die Compliance-Verantwortung auf Leitungsebene bereits schriftlich fixiert. Bei weiteren 11% ist sie lediglich mündlich oder stillschweigend delegiert. Finanzdienstleister, große und internationale Organisationen fixieren die Compliance-Verantwortung häufiger schriftlich.

Weiterhin konnten die Ergebnisse der Studie zeigen, dass bei Organisationen mit einer wirksamen horizontalen Delegation die Geschäftsleitung häufiger in Compliance-relevanten Kommunikationsmaßnahmen federführend präsent ist („Tone from the Top“).

Außerdem zeigen die Studienergebnisse, dass die Compliance-Funktion innerhalb der Organisationen, welche die Compliance-Verantwortung wirksam horizontal delegiert haben, eher mit positiv konnotierten Begriffen, wie Risiko-Reduzierer, Vermittler oder Businesspartner, wahrgenommen wird. So scheint eine horizontale Delegation nicht nur eine positive Auswirkung auf die Compliance-Kultur, sondern auch auf die Wahrnehmung der Compliance-Funktion innerhalb der Organisation zu haben.

27 Compliance Manager 1/23 0% 100% Code of Conduct RegelmäßigeTrainings 80% 86% Kommunikation im Rahmen des Onboardings 74% E-Mail/Newsletter 55% Präsentation (bspw. im Rahmen von Betriebsversammlungen) 51% Awareness-Videos 39% 37% Compliance-Kampagnen (bspw. Plakataktionen, Screensaver) 30% Compliance Day/Week 13% Sonstige 11% Keine 2%

Von der Silo-Sackgasse auf die Überholspurkooperative

Warum das Aufbrechen von Silodenken nachhaltig zum Erfolg führt und wie Sie dies im ComplianceBereich zielsicher und effektiv umsetzen

32 Compliance Manager 1/23 COMPLIANCE-ROLLE UND VERANTWORTUNG

I“Ich kann Dinge tun, die du nicht kannst; du kannst Dinge tun, die ich nicht kann; gemeinsam können wir Großes erreichen.”1 Dieses Zitat stammt nicht etwa von einem bekannten CEO oder aus einem Leitfaden für Unternehmensführung, sondern von keiner Geringeren als Mutter Teresa und es ist somit auch nicht ausgerichtet auf die Business-Welt. Nichtsdestotrotz lässt sich diese Weisheit auch auf das Phänomen des Silodenkens übertragen und wir können aus Unternehmenssicht daraus weit mehr als einen wertvollen Impuls mitnehmen. Denn die Aussage beschreibt in einem Satz die Vor- und Nachteile von Silodenken, gibt gleichzeitig aber auch die Lösung an die Hand: In der gezielten, kooperativen Vernetzung und der sinnstiftenden Zusammenlegung von Expertenwissen aus verschiedenen Bereichen liegt der Schlüssel für Exzellenz und nachhaltigen Erfolg. Aber der Reihe nach.

Was genau ist Silodenken, was sind die Ursachen und inwieweit ist es schädlich?

Vom Ursprungsbegriff her ist ein Silo zunächst einmal doch eine gute Sache. Ein Behältnis, das große Mengen an Material oder Vorräten speichert und bei Bedarf schnell verfügbar bereithält und das sogar auf kleinstmöglichem Raum. Das Silo wird in der Regel von oben befüllt und unten können die im Inneren zu einer Gesamtmischung verschmolzenen Mengen wohldosiert wieder entleert werden. Aber es drohen auch Gefahren: So können Schädlinge eindringen oder sich Gärgase bilden, außerdem können Arbeitskräfte leicht im Silo versinken und ersticken. Oft sind mehrere Silos unmittelbar beieinander angesiedelt, ohne dass jedoch eine Verknüpfung untereinander besteht. Einzige Gemeinsamkeit ist die Zugehörigkeit zum jeweiligen Unternehmen oder Eigentümer.

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1”I can do things you cannot, you can do things I cannot; together we can do great things.” —Mother Teresa

Präsenzschulungen der Compliance

Präsenzschulung bieten eine ausgezeichnete Möglichkeit der Compliance ein „Gesicht“ gegenüber den Mitarbeitenden zu geben. Diskussionen ermöglichen eine Kollaboration, die wechselseitige, positive Beeinflussung von Compliance und Schulungsteilnehmern.

Compliance Manager 1/23 COMPLIANCE KOMMUNIKATION 40

VON THOMAS SCHNEIDER

Praktische Umsetzung für Unternehmenseinsteiger

1. Möglichkeiten und Grenzen

Präsenzschulung geben der Compliance für die betroffenen Mitarbeiter ein „Gesicht“, im wortwörtlichen Sinne. Keine abstrakte Veranstaltung, kein Zentralbereich in der Unternehmenszentrale, ein Mensch tritt auf. Damit wird für viele Mitarbeiter erstmalig ein persönlicher Kontakt zur Compliance geschaffen, über die rein abstrakten, oft anonym wirkenden Ebene hinaus. Mitarbeiter werden anders angesprochen, anders erreicht, als mittels Veröffentlichungen im Intranet oder elektronischen Schulungen.

Das folgende Konzept wendet sich explizit an „Einsteiger“, Einsteiger in das Unternehmen, welche oft ebenfalls Einsteiger in die Compliance sind. Es wird ein grundlegender Zugang geschaffen, worauf Konkretisierungen aufbauen, sowohl einschlägige Gesetze, als auch das unternehmenseigene Regelwerk.

Nicht jeder Compliance Officer hat seine persönlichen Stärken im freien Vortrag oder der Moderation von Beiträgen. Dies ist auch nicht erforderlich, bemerken die Teilnehmer doch, ob Aussagen überzeugend dargeboten werden oder der Eindruck einer „Show“ entsteht. Authentische Auftritte werden als solche wahrgenommen. Überzeugung zu vermitteln ist wichtiger als eine geschliffene Präsentation. Sehen Mitarbeiter später die Notwendigkeit sich an die Compliance Organisation zu wenden, bevorzugen viele die Kontaktaufnahme zu einer bekannten Person, als sich an eine anonyme Hotline oder Internet-Adresse zu wenden.

Ein Nachteil von Präsenzschulungen ist sicherlich, dass so eine vollständige Erreichung aller Mitarbeiter schwierig ist. Einer erkrankt plötzlich, ein anderer hat Urlaub, ein Dritter tritt die entsprechende Stelle erst kurz nach erfolgter Schulung an. Würde eine lückenlose Erreichung angestrebt, könnten Compliance Officer kaum andere Aufgaben wahrzunehmen. Damit stellen Präsenzschulung eine Ergänzung, keinen Ersatz anderer Instrumente, insbesondere der elektronischen Schulung dar.

P2. Einbindung des Personalwesens Präsentationen sind für Compliance Officer keine unübliche Aufgabe. Allerdings ist die Zielgruppe, die üblicherweise angesprochen wird, eine völlig andere, als die der Unternehmenseinsteiger. Werden Auszubildende oder Facharbeiter in ihren ersten Berufsjahren auf die gleiche Weise angesprochen wie der Verkaufsleiter eines großen Standortes oder Kollegen eines anderen Zentralbereiches ist ein Scheitern absehbar. Deshalb ist es hilfreich mit dem Personalwesen vor Durchführung der Veranstaltung Kontakt aufzunehmen, die Anzahl der Teilnehmer und deren beruflichen Hintergrund zu klären. Auf dieser Grundlage werden Darstellung, Inhalt und Länge der Veranstaltung festgelegt. Ist der Teilnehmerkreis zu heterogen, sollten mehrerer Veranstaltungen erwogen werden. Weiterhin können bestimmte Mitarbeitergruppen zu speziellen Veranstaltungen zusammengezogen werden, bspw. die Auszubildenden verschiedener Standorte zu einer Einführung in das Unternehmen. Die Compliance kann sich mit der hier dargestellten Veranstaltung beteiligen.

3. Praktische Durchführung

Der weitere Text entwickelt eine Präsentation und gibt ergänzende Hinweise, welche kursiv dargestellt werden. Dies können und sollen durch den Leser angepasst werden, auf aktuelle Entwicklungen, auf die Situation des Unternehmens eingegangen werden, um die Teilnehmer im wortwörtlichen Sinne „mitzunehmen“ und eine lebendige Diskussion zu führen.

Die Dauer der Schulung beträgt ca. eine Stunde. Benötigt wird ein Beamer für die Präsentation sowie ein Flipchart für die Erfassung der Antworten und mögliche Veränderungen der Einschätzungen der Teilnehmer im Rahmen der Diskussion der Sachverhalte.

Ich werde verschiedene Fragen stellen und eine Auswahl von Antwortmöglichkeiten anbieten. Bitte zeigen

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