FINANCIAL PLANNING Magazin II-2019

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Das Magazin für Finanzplanung

FINANCIAL PLANNING 02.2019 | 6,00 E

Mitgliederzeitung der Finanzplanervereine NFP und NFEP

Immobilien im Spannungsfeld zwischen Rendite und Liquidität

Die vermietete Immobilie als Kapitalanlage – ausgewählte Beratungsthemen

Zwei Vorstände des FPSB Deutschland im Interview

Vermögensaufbau mit ­Sachwerten


I M P R ES S U M

Herausgeber/Verleger IFNP Institut für Finanz- und Nachfolgeplanung GmbH Ebereschenallee 7 14050 Berlin Chefredakteur Thomas Abel, CFP®, CFEP® editor@financialplanningmagazin.de Autoren Marcel Ryers Sven Putfarken Barbara Kay Ronald Sier Michael E. Kitces Maximilian Kleyboldt Carsten Mittermüller Christoph Leichtweiß Dr. Martin Lück Hans-Jörg Naumer Dr. Maren Gräfe Jörg Seifart Nico Lippert Volker Weg Frank Engel Dirk Klinkenberg Manuela Tränkel Markus Haefliger Katharine Trimpop Jürgen Schneider Pierre Toussain

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Heiko Krajewski Thomas Abel

ISSN (Print) 2626-9465 ISSN (Online) 2626-9503

Redaktionsanschrift IFNP Institut für Finanz- und Nachfolgeplanung GmbH Ebereschenallee 7 14050 Berlin Telefon: +49 30 98 53 54 83 Fax: +49 3212 12 07 854

Das FINA NCIAL PLA NNING Magazin ist die Mitgliederzeitschrift der Finanzplanervereine network financial planner e.V. (nfp) und Netzwerk der Finanz- und Erbschaftsplaner e.V. (nfep).

E-Mail kontakt@financialplanningmagazin.de Anzeigen anzeigen@financialplanningmagazin.de Layout | Grafik Susanne Pobbig www.susannepobbig.de Druck SAXOPRINT GmbH Abonnement Sie möchten die kommenden Ausgaben des FINA NCIAL PLA NNING Magazins bestellen? 4 Hefte/Jahr, Preis 20 Euro inkl. MwSt. Mehr dazu unter: www.financialplanningmagazin.de/abo

Bildquellen www.depositphotos.com Risikohinweis Die im FINANCIAL PLANNING Magazin (FPM) enthaltenen Angaben und Mitteilungen sind ausschließlich zur Information bestimmt. Keine der im FPM enthaltenen Informationen begründet ein Angebot zum Verkauf oder die Werbung von Angeboten zum Kauf eines Anlageproduktes. Die IFNP Institut für Finanz- und Nachfolgeplanung GmbH haftet nicht für Schäden aufgrund von Handlungen, die ausgehend von den im FPM enthaltenen Informationen vorgenommen werden. Nachdruck/Vervielfältigung ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Redak­ tion gestattet.


E D ITO RIA L

kommen immer wieder – und dann sollten Sie und Ihre Mandanten in der richtigen Art und Weise darauf reagieren.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Leserinnen und Leser, Sie haben beim Blick aufs Cover wahrscheinlich bemerkt, dass etwas anders ist als sonst – stimmt, wir haben unser Design aufgefrischt. Das nehmen wir jedenfalls an. Senden Sie uns gern Ihre Meinung zum neuen Look an kontakt@ financialplanningmagazin.de. Wir sind gespannt und freuen uns darauf zu lesen, was Ihnen gut oder nicht so gut gefällt. Auch sind wir dem Wunsch vieler Leser nachgekommen, unser Magazin zusätzlich in digitaler Form für ihr Smart­phone oder Tablet anzubieten. Ab sofort ist das F INANCIAL PLANNING Magazin als ­ App verfügbar. Nähere Informationen dazu finden Sie auf Seite 55. Wir freuen uns auf Ihr Feedback.

Das vorliegende Heft beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit dem Thema „Immobilien und Finanzierungen“, seit geraumer Zeit vor allem in Deutschland oft und heiß diskutiert. Die Preissteigerungen bei Wohnimmobilien scheinen vor allem in den Großstädten kein Ende zu nehmen. Die Artikel „Immobilien im Spannungsfeld zwischen Rendite und Liquidität“ von Dirk Klinkenberg und „Die vermietete Immobilie als Kapitalanlage“ von Christoph Leichtweiß beschäftigen sich aus finanzplanerischer Sicht mit diesem Bereich der Kapitalanlage. Thomas Abel, CFP®, CFEP® Chefredakteur

wie immer im Juni findet kurz nach Erscheinen unseres Magazins die Mitgliederversammlung des FPSB Deutschland in Frankfurt am Main statt. Nachdem im vergangenen Jahr zwei Vorstände kurzfristig zurückgetreten waren, mussten die verbleibende Zeit des Geschäftsjahrs und die anstehenden Herausforderungen von den übrigen vier Vorständen unter Leitung von Professor Dr. Rolf Tilmes gelenkt beziehungsweise bestritten werden. Über dieses zurückliegende Jahr und die aktuellen Planungen des Verbandsvorstands sprachen wir mit den beiden Vorständen Carsten Mittermüller und Maximilian Kleyboldt. Sie finden dieses Interview auf Seite 16.

Darüber hinaus finden Sie in diesem Magazin auch von anderen Autoren, die selbst Berater sind, Artikel, die interessante Ansätze für die eigene Beratungspraxis liefern können. Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre des Magazins und natürlich einen sonnigen Sommer. Verbleiben möchte ich mit einem Zitat von Benjamin Franklin: „Eine Investition in Wissen bringt noch immer die besten Zinsen.“

Herzliche Grüße

In der vorigen Ausgabe sprachen wir noch über die Kursstürze an den weltweiten Aktienmärkten Ende des Jahres 2018. Bis Anfang Mai waren die Kurse allerdings wieder auf dem vorangegangenen Niveau. Wie in manch anderem Kontext zeigt sich auch hiermit, dass eine langfristig ausgerichtete Planung des Vermögens und auch der Aktienanlagen sinnvoll ist und solche Marktsituationen eher zum Kauf als zum Verkauf genutzt werden sollten. Aber seien Sie versichert: Solche Gelegenheiten

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Thomas Abel

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IN HALT 18

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Impressum

Editorial Von Thomas Abel

FI N A N CIA L P L A N N I N G | V E R B Ä N D E N E W S & FAC T S

Netzwerk der Finanz- und Erbschaftsplaner e.V. network financial planner e.V.

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FI N A N CIA L & ES TAT E P L A N N I N G | P R A XIS

Wie man in schwierigen Gesprächen erfolgreich ist und produktiv Fortschritte erzielt Von Barbara Kay

Warum KLEINE Schritte einen GROSSEN Einfluss auf die Aussichten Ihrer Finanzplanung haben Von Ronald Sier

Die neue Beratungsgebühr: 1 % des Einkommens statt 1 % des ­Vermögens Von Michael E. Kitces

Zwei Vorstände des FPSB Deutschland im Interview Mit Maximilian Kleyboldt und ­ Carsten Mittermüller

Die vermietete Immobilie als Kapitalanlage – ausgewählte Beratungsthemen Von Christoph Leichtweiß

KO LU M N E

It’s the economy, stupid! Von Dr. Martin Lück

Dividenden: Airbag fürs Portfolio Von Hans-Jörg Naumer

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50 R E C H T | R EG U LI E R U N G | A N A LYS E

Erbschaft- und Schenkungsteuer­ notfallplanung – auch ohne ­Schenkungsanlässe Interview mit Dr. Maren Gräfe

Stiftungen – Hinweise und Fallstricke für Finanzplaner Interview mit Jörg Seifart

F Ö R D E R M ITG LI E D E R S T E L L E N SI C H VO R

Neues Mitglied des network financial planner e.V.: Vermögensberatung Select AG Von Nico Lippert

S O F T WA R E

Faszination excel-basierter Finanzplanung

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I N V ES T M E N T | A LT E R N AT IV ES

Der Cat-Bond-Markt auf der Suche nach neuem Marktgleichgewicht Von Markus Haefliger

Impact Investing – kleine Impulse können Großes bewirken Von Katharine Trimpop

Wo Stil und Geschmack geformt werden! Von Jürgen Schneider

Eine Anlage-Alternative für 2019: börsennotierte europäische Immobilien! Von Pierre Toussain

Neue Anlageoptionen für Stiftungen: ­ digitale Immobilieninvestments Von Heiko Krajewski

Von Volker Weg

Digitales Onboarding-System des VuV ­vereinfacht den Kundenaufnahmeprozess Von Frank Engel

I M M O B I LI E N

Immobilien im Spannungsfeld zwischen Rendite und Liquidität Von Dirk Klinkenberg

Vermögensaufbau mit Sachwerten Von Manuela Tränkel

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V E R A N S TA LT U N G E N

Ein Rückblick auf die Finanzplaner­tage des network financial planner e.V. im ersten Halbjahr 2019 Von Sven Putfarken

EFPA Europe Think Tank im Mai 2019 in Wien Von Thomas Abel

Veranstaltungskalender

Events & Webinare

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FI N A N CIA L P L A N N I N G | V E R B Ä N D E N E W S & FAC T S

Aktuelles vom Netzwerk der Finanz- und Erbschaftsplaner e.V.

Liebe Leserinnen und Leser, die Kapitalmärkte sind gut gelaunt in das Jahr 2019 gestartet. Die großen Notenbanken sind wieder einmal den Börsen zu Hilfe geeilt und haben weitere Zinserhöhungen erst einmal verschoben beziehungsweise zur Not auch neue expansive Maßnahmen in Aussicht gestellt. Damit wird den Unternehmen und insbesondere denen mit einer hohen Schuldenlast die Verantwortung genommen. Verantwortung für die Prüfung der Rentabilität von Geschäftsbereichen, für die Tätigung notwendiger Investitionen in die Erforschung neuer Produkte und Dienstleistungen und so weiter. Das niedrige Zinsniveau verführt zur Fehlallokation von Kapital, da Projekte tragbar scheinen, die in einem normalen Zinsniveau nicht einmal geprüft werden würden. Verantwortung übernehmen ist auch das zentrale Thema beim FPSB Deutschland im laufenden Quartal. Der FPSB hat zwei

Vorstandsposten vakant und sucht nun nach geeigneten Kandidaten. Leider sind eine Verjüngung und auch ein erster Schritt zur Erfüllung einer Frauenquote des Vorstandes in den letzten Jahren immer an der lehensartigen Stimmrechtsausübung Einzelner gescheitert. Diese Abstimmungspolitik führte auch zu steigendem Verdruss bei vielen Mitgliedern, sodass neue Bewerber für ein Vorstandsamt rar gesät sind. Bleibt nur zu hoffen, dass sich dieses Jahr geeignete Kandidaten finden und auch durchsetzen. Denn in einem großen Mitgliederverband sollten Partikularinteressen von ehemaligen Vorstandsmitgliedern keine Rolle spielen. Gemeinsam das Thema Finanzplanung nach vorne zu bringen sollte das Ziel des Verbandes und seiner Mitglieder sein.

Marcel Reyers 1. Vorsitzender vom Netzwerk der Finanz- und Erbschaftsplaner e.V.


FI N A N CIA L P L A N N I N G | V E R B Ä N D E N E W S & FAC T S

Neues vom network financial planner e.V.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Mitglieder, die Zeit läuft unaufhaltsam, befinden wir uns doch schon wieder in der Mitte des zweiten Quartals dieses Jahres und die Sommerferien stehen bundesweit vor der Tür. Die bereits hinter uns liegenden fünfeinhalb Monate von 2019 haben uns gezeigt, dass trotz der Veranstaltungsflut in Deutschland qualitativ hochwertige Finanzplanertage starken Zuspruch erfahren. So waren unsere Finanzplanertage in Leipzig und Stuttgart ein voller Erfolg (siehe Bericht auf Seite 56), das Estate Planner Forum in Berlin war wieder sehr gut besucht und auch die Anmeldungen für Hamburg sowie Köln sehen vielversprechend aus und ermutigen uns, den manchmal steinigen Weg der Finanzplanung weiterzugehen und hartnäckig auf unser Vereinsziel, der Verbreitung des Finanzplanungsgedankens in Deutschland, hinzuarbeiten. Auch unsere Abendveranstaltungen an unseren Standorten erfreuen sich unverändert hoher Beliebtheit. Unser Mix aus Fachthemen wie „Blockchain“, „Mezzanine am Beispiel von Immobilieninvestments“ und „Vollmachten“ dürfte neben Netzwerkabenden mit Ginverkostung und weiteren Angeboten seinen Teil dazu beigetragen haben. Diese und andere Themen haben wir neben der diesjährigen Vorstandswahl am 19.3.2019 auch auf der Mitgliederversammlung des network financial planner e.V. in Berlin diskutieren dürfen. Der Vorstand wurde an diesem Abend für zwei weitere Jahre in seinen Ämtern bestätigt und wird seine Arbeit im Sinne des Vereins fortführen. Wir bedanken uns für das Vertrauen und das wirklich tolle Miteinander.

Wir freuen uns sehr, dass Sie immer wieder gern an den Finanzplanertagen und unseren weiteren Treffen teilnehmen. Es bereitet uns eine enorme Freude, die bundesweit größte Plattform für Finanzplanung weiter wachsen und netzwerken zu sehen. Networking wurde auch auf unserer jährlichen „nfp goes ...“-­ Mit­ gliederreise großgeschrieben, haben wir doch in diesem Jahr an dem Jahrestreffen der bulgarischen Finanzplaner in Sofia teilnehmen dürfen. Besonders gefreut hat uns, dass bei der mittlerweile fünften Mitgliederreise Peter Peterburs (Vertriebsdirektor Norddeutschland beim Fondsmanager Jupiter Asset Management, einem Fördermitglied unseres Vereins) zum Teilnehmerkreis zählte. Ein tolles Beispiel für das Wachsen unserer Community. Für 2020 haben wir natürlich schon die Planungen aufgenommen – lassen Sie sich überraschen! Die geplanten Termine nach der Sommerpause (die Finanz­ planertage in Köln und München sowie natürlich das Financial Planner Forum in Berlin) können Sie dem Veranstaltungska­ lender des Magazins entnehmen, und natürlich finden Sie sie auch in unseren Newslettern und auf www.nfpb.de und www.ifnp.de. Nutzen Sie gern die attraktiven Frühbucherkonditionen – es lohnt sich, nicht nur monetär. Bleiben Sie uns gewogen und aktiv dabei. Wir freuen uns sehr darauf, Sie vor Ort in Berlin, Hamburg, Stuttgart, München, Köln und an unserem neuen Standort Leipzig begrüßen zu dürfen. Haben Sie einen tollen Sommer!

Sven Putfarken im Namen des Vorstands des network financial planner e.V.

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Wie man in schwierigen Gesprächen erfolgreich ist und produktiv Fortschritte erzielt Von Barbara Kay

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piktet, der griechische Philosoph des Stoizismus, äußerte diese Weisheit bereits im ersten Jahrhundert: „Wir haben zwei Ohren und einen Mund, damit wir doppelt so viel hören können wie wir sprechen.“ Der irische Philosoph und Dramatiker George Bernard Shaw scherzte: „Das größte Problem bei der Kommunikation ist die Illusion, dass sie stattgefunden hat.“ Vor kurzem sagte der renommierte Unternehmensberater Peter Drucker: „Das Wichtigste an der Kommunikation besteht darin, zu hören, was nicht gesagt wird.“ Trotz 2000 Jahren gesammelten Wissens haben wir immer noch Schwierigkeiten mit der Kommunikation. Häufig werde ich gefragt: „Wie spreche ich mit diesem verärgerten Kunden?“ „Wie kann ich dieses Teammitglied auf diplomatische Weise korrigieren?“ „Wie teile ich meine Bedenken mit meinem Partner, ohne diesen zu beleidigen?“ Es fällt uns schwer, produktiv zu kommunizieren, insbesondere im Umgang mit potenziellen Konflikten oder Verstimmungen.

gieren. Beginnen Sie zunächst mit dem leistungsstarken Aufklärungsinstrument des Zuhörens. Beseitigen Sie danach in sieben Schritten sämtliche Hindernisse zur Förderung einer produktiven Zusammenarbeit. Wenden Sie schließlich drei Techniken an, um kooperative Problemlösungen zum endgültigen Erreichen eines Lösungsansatzes einzusetzen. Wie wir zuhören Die Art und Weise wie wir eine Kamera fokussieren, verschiebt das, was wir auf einem Foto festhalten. In ähnlicher Weise verschiebt sich das, was wir hören, in einem Gespräch. Der Kommunikationsbegriff für das Zuhören ist unser „Zuhörstil“. Unser Zuhörstil verändert die Fragen, die wir stellen, die Antworten, die wir wahrnehmen, die Folgefragen und letztlich den Verlauf des gesamten Gesprächs. Jeder Zuhörstil hat ein anderes Ziel und liefert somit auch unterschiedliche Ergebnisse.

Die fünf Ziele und Ergebnisse der jeweiligen Zuhörstile sind: Warum ist das so? Die kurze Antwort ist die vielschichtige Komplexität menschlicher Interaktion. Jeder kommuniziert in einem Kontext von individuellen Interpretationen, Motivationen, Emotionen und Zielen, die sich häufig hinter der verbalen Konversation verbergen. Wörter sind nur die Spitze des Eisbergs zwischenmenschlicher Interaktion. Man stößt bemerkenswert leicht auf Hindernisse, die die Kommunikation und die Beziehung stören. Glücklicherweise verfügen wir über solide Techniken, um in den trüben Gewässern der menschlichen Interaktion zu navi-

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Information – Fakten und spezifische Details erfassen. Bewertung – sich Meinungen und Urteile bilden. Lösungsorientiert – beraten oder Lösungsansätze liefern. Empathie – Gefühle verstehen und eine emotionale Bindung aufbauen. Einsicht – verborgene Bedeutungen aufdecken.

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Finanzplaner und andere Experten werden darauf geschult, Informationen zu sammeln, professionelle Urteile zu fällen und darauf basierend Beratung anzubieten. Infolgedessen beherrschen die meisten Fachleute die ersten drei Zuhörstile (Information, Bewertung und Lösungsorientiertheit) und wenden sie automatisch an. Leider sind diese Stile am wenigsten hilfreich bei Kommunikation, die durch starke Emotionen, versteckte Motivationen oder konkurrierende Wünsche erschwert wird – also die sehr schwierigen Gespräche.

kann sehr hartnäckig sein, wenn es einmal aktiviert wird. Das Ignorieren von Emotionen wird emotionalen Ausdruck nur noch mehr anregen. 2. Nutzen Sie Ihre Augen. Betrachten Sie den Gesichtsausdruck Ihres Gegenübers und achten Sie auf die Körpersprache und den Tonfall der Stimme. Das liefert gute Hinweise auf Anliegen, die sich hinter den Worten verbergen.

Zuhören in schwierigen Gesprächen Bei den ersten drei Zuhörstilen liegt das Hauptaugenmerk des Gesprächs auf rationalen Fakten und analytischem Denken. Kommunikation auf rationaler Ebene ist nur dann effektiv, wenn Menschen mit den rationalen Zentren des Gehirns denken. Wenn jedoch Emotionen, Vorurteile, Triebe oder Instinkte ausgelöst werden, wird der irrationale Teil des Gehirns, das limbische System, aktiviert. Dabei funktionieren die rationalen und irrationalen Zentren des Gehirns wie eine Wippe. Wenn sich das irrationale System oben befindet, sinkt die Fähigkeit logisch zu denken.

3. Hören Sie auf Gefühle. Welche Gefühle kommen zum Vorschein? Ist ihr Gegenüber verwirrt, frustriert, traurig, besorgt, wütend oder fühlt sich schuldig?

Zu oft konzentrieren wir uns auf rationale Lösungen in Situationen, in denen die Rationalität nicht stimmig ist und das limbische System auf Hochtouren läuft. Deshalb ist es für Menschen so schwer, Fortschritte zu machen. Rationale Diskussionen lösen keine emotionalen Aspekte. Das limbische System konzentriert sich auf die Befriedigung emotionaler Bedürfnisse und Triebe. Es sucht Sicherheit, Komfort, Zustimmung und Genuss.

5. Erkennen Sie sie an. Nach dem Zuhören und dem Erkennen der Gefühle ist es an der Zeit, sich mit den Anliegen zu befassen. Bestätigen Sie sie mit der simplen Technik der Reflexion. Fassen Sie mit Ihren eigenen Worten sowohl den emotionalen, als auch den sachlichen Inhalt zusammen, den Ihr Gegenüber geäußert hat. Zum Beispiel: „Für mich klingt es so, als wären Sie sehr besorgt, dass Sie im Ruhestand möglicherweise nicht genug Geld haben.“ Spiegeln Sie das Ausmaß der Besorgnis wider, das Sie mithilfe Ihrer Empathie aufgenommen haben. Wenn Sie die Emotion reflektieren, so wie Ihr Gegenüber sie fühlt, machen Sie ihm deutlich, dass Sie seine Bedenken verstanden haben. Dies ist eine äußerst wirksame Beruhigungstechnik. Es zeigt, dass Sie verstehen, was für Ihren Gesprächspartner von grundlegender Bedeutung ist, und sich dafür interessieren. Es baut emotionalen Komfort und Verbindung auf.

Sieben Schritte zur produktiven Zusammenarbeit Beginnen Sie in einem möglicherweise schwierigen Gespräch mit den sieben Schritten zur produktiven Zusammenarbeit. Diese Schritte richten sich an die Bedürfnisse des limbischen Systems und beseitigen alle emotionalen Hindernisse für eine rationale Problemlösung: ​ . Beginnen Sie mit Empathie und einsichtigem Zuhören. 1 Beginnen Sie nicht mit logischen Überlegungen oder Analysen. Dies gilt insbesondere, wenn eine Person eindeutig verärgert oder nervös ist. Im Umgang mit einer emotionalen Person übermäßig gelassen und vernünftig zu sein, verstärkt die Emotionen in der Regel. Das limbische Zentrum

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4. Lassen Sie sich nicht von Wut täuschen. Wut ist eine natürliche Verteidigung gegen Verletzlichkeit. Wut ist ein äußerer Ausdruck tieferer, schmerzhafter Gefühle von Ohnmacht, Schuld, Angst, Verrat, Verletzung oder Verzweiflung. Hören Sie verständnisvoll auf die schmerzhaften Gefühle hinter der Wut.

6. Normalisieren Sie die Gefühle. Emotionen können sehr mächtig und überwältigend sein. Die Zusicherung, dass die Gefühle normal sind, hilft, die Emo-

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tionen und die Angst vor der Emotion zu lösen. Diese psychologische Technik der Normalisierung erhöht das Sicherheits- und Akzeptanzgefühl erheblich. Es ist wichtig, Gefühle zu normalisieren, ohne sachliche Übertreibungen oder Fehler zu bestätigen. Zum Beispiel: „Natürlich sind Sie sehr besorgt um Ihre finanzielle Sicherheit im Ruhestand, das ist völlig normal. Menschen möchten sich in Bezug auf ihre Zukunft sicher fühlen und machen sich dementsprechend Sorgen, wenn sie es ihnen an Zuversicht fehlt.“ Konzentrieren Sie sich an dieser Stelle auf die Gefühle.

mung und Entschlossenheit zu einem erfolgreichen Abschluss kommen wird. Gelegentlich können aber neue oder ungelöste Bedenken den Fortschritt stören. Bleiben Sie in diesem Fall auf dem richtigen Weg, indem Sie sich mit aufrichtiger Empathie wiederholen. Zum Beispiel: „Ja, ich verstehe, dass Sie sich mit Finanzplanung nicht auskennen, und das bereitet Ihnen Sorge. Ich bin hier, um Ihnen dabei zu helfen, sich besser zu fühlen und Ihre Ziele zu erreichen. Heute müssen wir nur ein paar Entscheidungen treffen, um weiterzukommen. Können wir beenden, was wir heute erledigen müssen?“

7. Decken Sie Schlussfolgerungen und Annahmen auf. Nachdem Bedenken aufgedeckt wurden, können Sie weitere versteckte Annahmen oder Schlussfolgerungen enttarnen. Stellen Sie kurze offene Fragen, beginnend mit „Wie“ oder „Was“, oder erfragen Sie mehr Auskünfte mit einem einfachen „Erzählen Sie mir mehr über…“. Zum Beispiel: Wie geht es Ihnen damit? Was bedeutet das für Sie? Erläutern Sie mir genauer, wie Sie zu dieser Erwartung gekommen sind.

Das nennt man die Broken-Record-Technik. Sie wiederholen sich respektvoll, um die Person wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Das kann erstaunlich gut funktionieren. Beachten Sie dabei, dass die Aufforderung, auf dem richtigen Weg zu bleiben, mit emotionaler Anerkennung und Beruhigung verbunden sein muss. Das Ansprechen der Emotionen hilft der Person, sich auf die Problemlösung zu konzentrieren. Wenn Menschen verärgert sind, ist es häufig notwendig, das Ziel zu wiederholen und sie emotional zu beruhigen. Möglicherweise müssen Sie mehrmals umformulieren, um eine vollständige Zusammenarbeit und Auflösung zu erreichen. Bleiben Sie mit echtem Einfühlungsvermögen dabei.

Die Ängste der Menschen werden oft durch versteckte irrationale Annahmen verstärkt. Letztendlich können wir uns mit falschen Überzeugungen befassen, aber diese müssen zuerst aufgedeckt werden. Zum Beispiel ist eine vernünftige Diskussion über die Altersvorsorge nicht möglich, wenn ein Kunde insgeheim davon überzeugt ist, dass er niemals finanziell abgesichert sein wird. Die beste Argumentation wird im Hintergrund schlummernde, irrationale Ängste niemals beruhigen. Während Sie Gefühle und Erwartungen aufdecken, erkennen Sie diese stets an, indem Sie sie spiegeln und normalisieren. Sobald Sie feststellen, dass sich Ihr Gegenüber wohler fühlt, wechseln Sie zur produktiven Zusammenarbeit und zu vernünftigen Lösungen. Drei Techniken zur Zusammenarbeit und Problemlösung Über Zustimmung Fortschritte machen. Das Ziel ist es, zunächst die Gefühle zu beruhigen und dann eine kooperative Problemlösung einzusetzen. Dies erfordert einen vorsichtigen Übergang. Wechseln Sie nach dem Anerkennen der Gefühle mithilfe einer starken Brücke der Zustimmung zur Diskussion von Fakten und Lösungen. Finden Sie mindestens eine Sache, der Sie aufrichtig zustimmen können. Stimmen Sie zumindest den geäußerten Gefühlen zu. Bringen Sie die Unterhaltung erst dann durch Hinzufügen eines neuen Standpunkts voran. Man könnte sagen: „Sie haben geäußert, dass Sie unsicher sind, wie viel Geld genügt, und Sie haben dementsprechend Angst, dass es nicht ausreichen wird. Natürlich sind Sie besorgt. Sie wissen nicht, wie es Ihnen ergehen wird! Zum Glück bin dafür da, um einen Plan zu entwickeln, mit dem Sie sich sicher fühlen und Ihre finanziellen Ziele erreichen können. Darf ich Ihnen zeigen, wie das funktioniert?“ Verwenden Sie beim Hinzufügen Ihres Standpunkts niemals das Wort „aber“ – es hebt Ihre Zustimmung auf. Es ist auch ratsam, den Übergang mit einer Frage zu beenden. Dabei können Sie testen, ob Ihr Gegenüber bereit ist, fortzufahren. Sobald die Person einer Zusammenarbeit mit Ihnen zustimmt, können Sie sich auf Informationen, Bewertung und lösungsorientierte Zuhörstile einlassen. Fahren Sie mit faktenbasierten Fragen und kollaborativen Problemlösungen fort. Wiederholen Sie dies, um auf dem richtigen Weg zu bleiben. So ist zu hoffen, dass das Gespräch mit gegenseitiger Zustim-

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Manchmal ist eine Person emotional so aufgewühlt, dass sie nicht weitermachen kann. Es ist Zeit für eine Pause, wenn die Person auch nach zahlreichen Versuchen den Ablauf durchzuführen, stecken bleibt. Legen Sie eine Pause ein und versuchen Sie es später erneut. Eine Kommunikationspause wird als „Metakommunikation“ bezeichnet. Metakommunikation ist der Prozess der verbalen Benennung der unausgesprochenen Realitäten der Konversation. Es ist sehr hilfreich, sowohl die non-verbale Ebene als auch den allgemeinen Fortschritt der Interaktion zu beachten. Schlagen Sie im Anschluss an die Metakommunikation eine Alternative vor. Bei einem sehr nervösen Kunden könnte man sagen: „Es scheint mir, als würden wir heute nicht weit kommen und als hätten Sie Ihr Limit erreicht. Lassen Sie uns einen anderen Termin für unser Gespräch ausmachen. Anderen Kunden geht es ähnlich, das ist keine einfache Materie. Wir haben einen guten Start gemacht und es wird sich gut anfühlen, wenn wir Fortschritte machen.“ Beachten Sie die konstante Normalisierung und emotionale Beruhigung. Aufgebrachte Menschen möchten sich besser fühlen. Sie vermitteln ein Bild des Erfolgs mit einer Vision von guten Gefühlen. Erfolg bei schwierigen Gesprächen Erfolg bei schwierigen Gesprächen ist letztlich ein Prozess der Aufdeckung und Navigation des Offensichtlichen und des Unsichtbaren, des Rationalen und des Irrationalen. Entdecken und lösen Sie emotionale Hindernisse sorgfältig, indem Sie zuerst alle Anforderungen des limbischen Systems ansprechen. Das beruhigt Ängste, stärkt die Zusammenarbeit, baut Beziehungen auf und führt letztendlich zu produktiven Lösungen. ❚ Barbara Kay, LPC, RCC, (barbarakaycoaching.com) ist eine Expertin für Wirtschaftspsychologie und Produktivität, die landesweit Coaching anbietet und Vorträge hält. Sie hat sich auf Wachstum, Produktivität, Teams, Kunden, Veränderung, Frauen und Führung spezialisiert. Seit 2019 ist sie Mitglied der FPA Coaches Corner und bietet FPA-Mitgliedern jetzt kostenlose Coachings an.

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Lernen und Weiterbilden mit der VuV-Akademie

Akademie

SEMINARE UND LEHRGÄNGE

SEMINAR-AUSWAHL AUS DEM AKADEMIEPROGRAMM ZWEITES HALBJAHR 2019

Recht und Compliance

22./23.10.2019 (gesamt: zwei Tage) Portfoliomanagement heute: Methoden – Erkenntnisse – Entwicklungen 25./26.10. und 21./22.11.2019 (gesamt: vier Tage) Der Aufsichtsrat in der Vermögensverwaltungs AG

Datenschutz und IT

Organisation und Marketing Spezialseminare in der Vermögensverwaltung

05.11.2019 Stiftungen erfolgreich in der Vermögensanlage beraten (Modul 1) 19.09., 09.10. oder 20.11.2019 Compliance-Seminar 2019: Auffrischung und Vertiefung 28.10. oder 09.12.2019 Geldwäscheprävention in der Vermögensverwaltung 12.11.2019 Praxisgerechte Umsetzung des Datenschutzes

Die VuV-Akademie ist die Fort- und Weiterbildungseinrichtung der Deutschen Vermögensverwalterbranche. Im Oktober 2017 wurde sie vom Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e.V. gegründet.

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Warum KLEINE Schritte einen GROSSEN Einfluss auf die Aussichten Ihrer Finanzplanung haben Von Ronald Sier

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oder sieben Mittagessen auf einmal große Fortschritte machte.

s ist in Ordnung. Sie können es zugeben.

Es stellte sich heraus, dass Kunden, die anfänglich nur geringfügige Fortschritte machten, indem sie das Mittagessen nur für sich selbst kauften, doppelt so häufig ins Restaurant zurückkehrten, wenn sie sich ausschließlich auf die Fortschritte konzentrierten, die sie hinsichtlich des kostenlosen Mittagessens bereits erzielt hatten.

Wenn Sie sich fragen, wie viele Interessenten Sie wirklich für Ihr Finanzplanungsgeschäft haben, erzählen Sie sich meist eine übertriebene Geschichte. Warum? Weil die tatsächliche Antwort peinlich erscheinen kann. Sie haben auch weiterhin vor, mehr Leute für Ihren Finanzplanungsservice zu interessieren – und Sie haben viele Tipps dazu gelesen –, aber in Wahrheit hat sich Ihre Interessentenliste kaum verändert. Wenn verschiedene Experten Ihnen jedoch gegensätzliche Tipps geben, kann es schwer sein zu entscheiden, welche Tipps Sie befolgen sollten. Zum Glück gibt es todsichere, simple und wissenschaftlich nachgewiesene Abkürzungen. Und wahrscheinlich hat Ihnen niemand davon erzählt.

Ronald Sier ist Financial Planner bei der Rabobank und seit 1999 in der ­F inanzbranche tätig. In seinem Blog www.seebeyondnumbers.com schreibt er regelmäßig zu aktuellen Themen der Branche.

Sprechen wir zuerst über wissenschaftliche Belege. Wissenschaftler, die sich mit Überzeugungsarbeit befassten, haben kontinuierlich eine einfache, aber bemerkenswerte Wahrheit offenbart, wenn es darum geht, andere effektiv zu beeinflussen, um Geschäfte mit Ihnen zu tätigen. Ich verrate Ihnen das Geheimnis direkt:

Die Kunden, die anfänglich große Fortschritte machten – vielleicht, weil sie für sich und eine Gruppe von Freunden ein Mittagessen gekauft haben – kehrten eher zurück, wenn sie sich auf den verbleibenden Fortschritt zum Erhalt des kostenlosen Mittagessens konzentrierten. Warum?

Weil Menschen eher motiviert sind, ein Ziel zu erreichen, wenn sie sich auf einen KLEINEN Bereich konzentrieren. Egal, ob es sich bei diesem KLEINEN Bereich um den bereits erzielten Fortschritt handelt oder um den verbleibenden Aufwand. Lassen Sie mich das wiederholen, denn es ist wichtig: Menschen tendieren dazu, motivierter zu sein, wenn sie sich auf einen KLEINEN Bereich konzentrieren Also habe ich mich gefragt:

Es ist häufig die KLEINSTE Änderung, die den GRÖSSTEN Unterschied für Ihren Erfolg macht Eine Studie von Verhaltenswissenschaftlern zeigt, dass die Differenzmenge davon abhängt, wie weit Sie in den frühen Stadien vorankommen. Ich erkläre es Ihnen anhand eines Beispiels. Im Rahmen einer Studie erhielten die Kunden eines Sushi-Restaurants eine Treuekarte und ihnen wurde gesagt, dass sie für jeden zehnten Einkauf ein kostenloses Mittagessen erhalten würden. Es gab zwei Arten von Kunden. Eine Gruppe, die durch den Kauf von einem oder zwei Mittagessen geringe Fortschritte machte. Und eine andere Gruppe, die durch den Kauf von sechs

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Was ist die KLEINSTE Veränderung, die Finanzplaner vornehmen können, die die größten Auswirkungen auf ihre Anzahl von Interessenten hat? Ich erzähle es Ihnen gleich. Wir müssen diese drei Fehler einsehen, wenn es darum geht, Interessenten für sich zu gewinnen, auch wenn es ein bisschen wehtut. Erster Fehler: Sie erzählen Ihren Interessenten, wie sie ihre Ziele erreichen. Hier ist eine Definition eines Ziels, laut Wikipedia: „Ein Ziel ist ein gewünschtes Ergebnis, das eine Person sich vorstellt, plant und festlegt. Ein persönlicher gewünschter Endpunkt in einer angenommenen Entwicklung.“ Nun, was haben die Begriffe Vorstellungen, Pläne, Ziele, End-

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punkte und Entwicklung gemeinsam? Diese Worte konzentrieren sich auf die ferne Zukunft. Sie konzentrieren sich langfristig auf das Ende. Und jetzt raten Sie mal, was Sie ein paar Sätze vorher gelernt haben: Menschen tendieren dazu, motivierter zu sein, wenn sie sich auf den KLEINSTEN Fortschritt konzentrieren. Wenn Sie Ihre Interessenten motivieren möchten, sollten Sie sich daher zunächst nicht auf ihre Ziele konzentrieren. In dieser frühen Phase Ihrer Beziehung ist das ein zu großer Sprung. Zweiter Fehler: Sie konzentrieren Ihr Versprechen auf einen „umfassenden Service“ Was ist das Gegenteil von KLEIN? Groß. Weit. Umfangreich. Umfassend. Richtig. Ich höre Sie denken: „Aber bei der Finanzplanung geht es doch um eine integrierte Betrachtung der Finanzen der Menschen. Unser Service MUSS umfassend sein!“ Und dem stimmte ich zu. Natürlich ist Ihr Service umfassend. Das ist unser Job. Das macht uns einzigartig. So können wir den größtmöglichen Mehrwert erzielen. Aber versuchen Sie, sich in Leute hineinzuversetzen, die Sie noch nicht kennen. Denken Sie, sie werden das verstehen? Oder sich dafür interessieren? Auf keinen Fall. Sie haben keine Ahnung, welchen Mehrwert sie davon haben, wenn sie diesen noch nicht erfahren haben. Deshalb sollten Sie Ihren Interessenten keinen umfassenden Service verkaufen. Das motiviert sie nicht. Dritter Fehler: Sie geben zu viele Informationen. Die meisten Planer glauben, dass die Interessenten, wenn sie Entscheidungen treffen, alle verfügbaren Informationen berücksichtigen und zu einer sachkundigen Entscheidung über die Vereinbarung eines Termins mit ihnen kommen. Sie glauben, dass der beste Weg, sie zu überzeugen, darin besteht, ihnen alle verfügbaren Informationen zur Verfügung zu stellen und eine vernünftige Erklärung dafür zu geben, warum sie ihren Finanzplanungsservice überprüfen sollten.

60 Jahre Wissenschaft beweisen jedoch, dass es nicht per se Informationen sind, die Menschen dazu bringen, Entscheidungen zu treffen. Viel entscheidender ist der Kontext, in dem Informationen präsentiert werden. Sie müssen verstehen, dass wir in einer der am meisten überlasteten, stimulationsgesättigten Umgebungen leben, die jemals existiert haben. Die Menschen sind nicht in der Lage, jede Information in ihrem zeitkritischen, aufmerksamkeitsstarken und arbeitsreichen Leben umfassend zu berücksichtigen. Infolgedessen kann jedermann seine Fähigkeit, andere zu beeinflussen und zu überzeugen, erheblich steigern, indem er nicht nur versucht, die Menschen über Veränderungen zu informieren. Sondern auch, indem Sie einfach KLEINE Veränderungen in ihrem Ansatz vornehmen, um Ihre Botschaft mit den tief empfundenen menschlichen Motiven zu verknüpfen. Eine KLEINE Änderung der Einstellung, des Rahmens, des Zeitpunkts oder des Kontexts der Informationsvermittlung kann die Art und Weise, wie sie empfangen und bearbeitet werden, drastisch verändern. Wie behebt man diese Fehler?

Hier ist eine Methode: Möglicherweise könnten Sie ein Brainstorming über die KLEINSTE Änderung durchführen, mit der Sie mehr Interessenten für sich gewinnen. Und wenn Sie dies tun, sollten Sie sich vielleicht diesen Fragen widmen: – Welche KLEINEN Änderungen im Ansatz können mir helfen, mehr Interessenten zu gewinnen? – Welche KLEINE Veränderung in der Sprache kann andere dazu motivieren, mit mir Geschäfte zu machen? ­– Welche KLEINEN Anpassungen kann ich an meiner Website vornehmen, um potenziellen Kunden die Kontaktaufnahme zu erleichtern? – Welche KLEINEN Änderungen kann ich an der Art und Weise, wie ich meine Nachricht formuliere, vornehmen, um mehr Menschen anzusprechen? Mir ist bewusst, dass es manchmal sehr schwierig sein kann, aus den täglichen Kämpfen herauszutreten und über die KLEINSTEN Veränderungen an Ihrem Service nachzudenken, mit dem Ziel, mehr Interessenten zu gewinnen. Aber es lohnt sich. Lassen Sie uns die Finanzplanung richtig angehen. Ihr Ronald Sier

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Die neue Beratungsgebühr: 1 % des Einkommens statt 1 % des Vermögens Von Michael E. Kitces

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Laut Markteinschätzungen des Branie Vorteile und Einschränkungen chenforschers Spectrem Group bedeutet des 1-%-AUM-Gebührenmodells dies, dass Berater nur mit dem oberen Das Assets Under Management Drittel der Haushalte zusammenarbei(AUM)- Modell hat in den letzten 20 Jahten können. Das sind schätzungsweise ren ein enormes Wachstum erfahren, da 31 Millionen Haushalte des gehobenen sich die gesamte Beratungsbranche zuMassensegments sowie weitere 10 Millionehmend von ihren auf Provisionen basienen Haushalte mit einem Nettovermögen renden Wurzeln zu einem AUM-basierten von mindestens 1 Million US-Dollar. HinModell verlagert hat. Vom explosionsarzu kommen noch 1,5 Millionen Haushaltigen Anstieg des Kanals unabhängiger te mit einem sehr hohen Nettovermögen registrierter Anlageberater (Registered (mind. 5 Millionen Dollar NettovermöInvestment Advisor, RIA) auf Vermögensgen) aus insgesamt 120 Millionen Hauswerte im Wert von mehr als 4 Billionen halten in den USA. US-Dollar bis zum kürzlich erfolgten Wandel im Ranking der Zeitschrift Financial Der Nachteil ist natürlich, dass das gePlanning, das die 50 größten unabhänsamte Kapital nicht notwendigerweise gigen Broker-Dealer verfolgt, die jetzt in Form eines liquiden Anlagekontos gemehr Einnahmen aus ihren Gebühren als halten wird, das ein Berater tatsächlich aus Provisionen generieren, scheint es, auch verwalten kann. In einigen Fällen als ob sich die gesamte Branche hin zum Michael E. Kitces, MSFS, MTAX, CFP®, kann es illiquide sein (z. B. der Wert eiAUM-Modell verlagert. Diese EntwickCLU, ChFC, RHU, REBC, CASL, ist nes kleinen Unternehmens). Häufig steht lung kommt nicht ganz überraschend. Herausgeber des “The Kitces Report” es jedoch nicht zur Verwaltung zur VerDas liegt zum einen daran, dass die Inund Blogger des “Nerd‘s Eye View”. fügung, da es an einen Pensionsplan für teressenkonflikte beim AUM (zumindest Außerdem ist er Partner und Director of Arbeitgeber gebunden ist und die Person im Vergleich zu einem auf Provisionsbasis Research der Pinnacle Advisory Group noch berufstätig ist. Wenn wir davon ausbasierenden Modell) geringer sind, und in Columbia, Maryland. gehen, dass diese Einschränkungen die zum anderen an der höheren SkalierbarHälfte aller Haushalte darstellen, die der Definition vom gekeit des Aufbaus einer auf wiederkehrenden Einnahmen basiehobenen Massensegment (oder höher) entsprechen, verbleiben renden Beratungsfirma und der ansprechenden Kombination immer noch rund 21 Millionen Haushalte, die Finanzberater aus einem transparenten Preismodell für die Verbraucher und mit Hilfe des AUM-Modells bedienen können. einem ausgesprochen geringen Preis, der die Gebührenempfindlichkeit nicht erhöht. Jedoch wollen nicht alle Haushalte unbedingt mit einem Berater Der Nachteil ist jedoch, dass das AUM-Modell nicht für alle zusammenarbeiten. Forrester Research hat die Verbraucher vor funktioniert. Um einen Prozentsatz der verwalteten Vermöfast 20 Jahren in drei verschiedene Kategorien unterteilt: Selbstgenswerte in Rechnung zu stellen, muss der potenzielle Kunde gesteuerte Investoren („Solisten“), die dazu neigen, selbststänzunächst einmal über Vermögenswerte verfügen, die er verdig zu arbeiten; „Validatoren“, die viel selbst recherchieren, aber walten kann. Wenn ein Berater nur etwa 100 Haushalte in einer möglicherweise auch einen professionellen Berater suchen, um laufenden Finanzplanungsbeziehung verwalten kann, muss er Unterstützung zu erhalten (um ihren aktuellen Plan zu „bestäjährlich Gebühren in Höhe von ca. 1.000 bis 2.000 US-Dollar tigen“); und „Delegatoren“, die es vorziehen, das Geld ganz an generieren, um eine angemessene Beraterentschädigung nach einen Finanzberater zu übergeben. Oder, um es aus der Sicht eiGeschäftsaufwand zu erhalten (hinzu kommt noch das allgenes Beraters zu betrachten: Es gibt gute Kunden (Delegatoren), meine Risiko eines unabhängigen Beratungsgeschäfts). Kunden, die nie mit einem Berater zusammenarbeiten werden Das erklärt, warum die meisten Finanzberater nur mit Haus(Selbermacher) und problematische Kunden (Validatoren), die halten zusammenarbeiten, die mindestens so reich sind, dass ein angespanntes Verhältnis zu ihren Beratern haben, weil sie sie Teil des „gehobenen Massensegments“ sind und dem Beihr Portfolio nicht wirklich übertragen wollen, dies jedoch ihre rater mit einem Nettovermögenswert von mindestens 100.000 „einzige“ Möglichkeit warm Kontakt zum Berater herzustellen. US-Dollar (außerhalb ihres Hauptwohnsitzes) und einer BeraUnd da die Zahl der Delegatoren auf höchstens ein Drittel der tungsgebühr von 1 % mindestens 1.000 US-Dollar an Gebühren Verbraucher geschätzt wird, wollen im Umkehrschluss nur etwa zur Unterhaltung der Beziehung einbringen.

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7 der 21 Millionen verbleibenden Haushalte, die möglicherweise über die notwendigen liquiden investierbaren Vermögenswerte verfügen, um mit einem Finanzberater zusammenzuarbeiten, diese tatsächlich auch an einen Berater übergeben. Da Cerulli Associates schätzt, dass insgesamt etwa 311.000 Finanzberater zur Verfügung stehen, um diese rund 7 Millionen Haushalte zu bedienen, bedeutet das, dass pro Finanzberater lediglich 23 AUM-Kunden auf dem Markt verfügbar sind, von denen (nur) 5 Millionäre sind. In der Vergangenheit waren diese Einschränkungen der Marktgröße des gehobenen (und noch wohlhabenderen) Massensegments für Finanzberater nicht unbedingt problematisch. Das liegt daran, dass Berater nach dem auf Provisionsbasis basierenden Modell eine breitere Palette von Kunden bedienten als „nur“ diejenigen, die über liquide investierbare Vermögenswerte von mindestens 100.000 US-Dollar verfügten. Auch wenn das AUM-Modell bemerkenswert robust und skalierbar ist, funktioniert es jedoch nicht, wenn alle Finanzberater zur selben Zeit auf das gleiche Modell zugreifen. Erweiterung des AUM-Modells auf AUA und Nettovermögensabrechnung Während das AUM-Modell ein wirksames Modell für die Bereitstellung von Finanzberatung für diejenigen sein kann, die über ein zu verwaltendes Anlagevermögen verfügen, besteht der oben erwähnte große Nachteil darin, dass auch wenn Kunden ansonsten über die finanziellen Mittel verfügen, um zu zahlen (d. h. sie verfügen über Nettovermögen außerhalb ihres Hauptwohnsitzes), sie nicht notwendigerweise über ein liquides Anlageportfolio verfügen, das übertragen werden kann, und / oder sie wollen es nicht übertragen, nur um finanzielle Beratung zu erhalten. Sie möchten Finanzberatung außerhalb des Portfolios oder einfach eine professionelle Bestätigung der von ihnen eigenständig durchgeführten Recherchen. In den letzten Jahren wurde ein neues Geschäftsmodell für Berater geschaffen: Anstatt 1 % des verwalteten Anlagevermögens zu in Rechnung zu stellen, berechnen sie 1 % des gesamten Vermögens für das eine Beratung erfolgt. Eine Gebühr für „Assets Under Advisement“ (AUA) muss nicht mehr auf liquide investierbare Vermögenswerte beschränkt werden und erfordert nicht, dass der Kunde das Portfolio direkt liquidiert oder direkt an das Management des Beraters überträgt, um sich diesbezüglich beraten zu lassen. Das bedeutet, dass sich ein großes Verbrauchersegment auftut, das zwar nicht selbstgesteuert ist, aber unter dem AUM-Modell nicht effektiv bedient werden könnte. Im Falle einiger Kunden, die sich derzeit im AUM-Modell befinden und möglicherweise nicht beabsichtigt haben, ihr Portfolio zu übergeben, sprich Validatoren, die widerwillig ihrem AUM-Modell zugestimmt haben, weil es ihre „einzige“ Möglichkeit war, besteht möglicherweise die Option, AUM-Kunden für eine ganzheitlichere AUA-Beziehung zu gewinnen. Aber die wirkliche Chance des AUA-Abrechnungsmodells (d. h. eines Prozentsatzes des Nettovermögens) besteht in dem Potenzial, jene beträchtliche Gruppe an Verbrauchern anzuziehen, die zwar über das Nettovermögen verfügen, aber nie die Liquidität (oder die Neigung zur Delegation) hatten, um das zu verwaltende Portfolio zu übertragen. Mit anderen Worten, die Möglichkeit des AUA- oder des Modells der Nettovermögensabrechnung besteht nicht darin, mit dem AUM-Modell zu konkurrieren, sondern darin, ähnliche Möglichkeiten für die Zusammenarbeit mit Kunden zu eröffnen, die sich niemals für das AUM-Modell entschieden hätten, oder

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sich auch überhaupt nicht dafür hätten entscheiden können. Wenn sich die Grundlage der Vermögenswerte, für die beraten wird, ausdehnt (von „nur“ dem verwalteten Portfolio auf das gesamte Nettovermögen des Kunden), kann sich das Modell in der Praxis möglicherweise nicht mehr speziell auf „1 %“ als Benchmarkgebühr stützen. In dem Maße, in dem andere Vermögenswerte mit einfließen, von Unternehmen zu Anlageimmobilien, bis hin zu Plänen außerhalb von 401 (k), erhöht dies die potenzielle Vermögensbasis. Die realisierbare Beratungsgebühr kann einen geringeren Prozentsatz ausmachen, während gleichzeitig der erforderliche Umsatz pro Kunde erzielt wird. Wenn Sie beispielsweise 0,5 % des Nettovermögens anstelle von 1 % des investierbaren Vermögens berechnen, erzielen Sie immer noch den gleichen Umsatz pro Kunde, selbst wenn das verwaltete Portfolio des Kunden im Durchschnitt „nur“ die Hälfte des gesamten Vermögens ausmacht. Unglücklicherweise kann der Abrechnungsprozess für das gesamte Nettovermögen und die Vermögenswerte, die verwaltet werden unübersichtlich sein, da es keine automatisierten Systeme gibt, die die Bewertung, die Rechnungsstellung und die Abrechnung von vermögensabhängigen Gebühren erleichtern, wie dies für die Portfolio-Gebühren gemäß dem AUM-Modell der Fall ist. Die zusätzliche Herausforderung besteht darin, dass Kunden einen finanziellen Anreiz haben, ihre Vermögenswerte nicht vollständig im Rahmen des Nettovermögensmodells offenzulegen. Wie beim herkömmlichen AUM-Modell wird der Berater, wenn der Kunde die Verwaltung des Kontos wünscht, natürlich darüber Bescheid wissen, es einsehen und damit interagieren können (zu Verwaltungszwecken). Er kann dann die Daten-Feeds automatisieren, um die Gebühr und die Abrechnung darauf angemessen zu berechnen. Bei einem Nettovermögensmodell hingegen besteht die Versuchung, bestimmte Vermögenswerte nicht offenzulegen, wenn der Kunde glaubt, dass er für diese keine Hilfe benötigt und so vermeiden kann, dass sie ihm in Rechnung gestellt werden. Zum Beispiel im Fall von einem ungenutzten Stück Land, das sich in Familienbesitz befindet, mit dem er ohnehin vorerst nichts anfangen kann. Einige Berater schließen „inaktive“ Vermögenswerte (wie einen Hauptwohnsitz) bewusst von der Gebühr aus, was jedoch wiederum die Komplexität des Rechnungslegungsprozesses erhöht. In ähnlicher Weise kann es schwierig sein, einige Vermögenswerte zu schätzen (zur Bestimmung einer Gebühr als Prozentsatz des Wertes), wie beispielsweise ein Unternehmen, welches sich in Familienbesitz befindet. Kunden sind möglicherweise verärgert, dass ihnen Erhöhungen ihres Geschäftswerts außerhalb ihrer „persönlichen“ Beratungsbeziehung in Rechnung gestellt werden. Andererseits schafft die Tatsache, dass Berater im Rahmen eines Nettovermögensmodells für die Belastung des gesamten Nettovermögens eines Kunden einschließlich des Unternehmenswerts „bezahlt“ werden können, neue Anreize, Kunden hinsichtlich ihrer Geschäfte und anderer Aspekte ihrer Bilanzierung von Anfang an zu beraten. Daraus erschließen sich möglicherweise neue Mehrwertdienste. Die Ironie ist schließlich, dass trotz des überwältigenden Einflusses, den ein Unternehmen auf seinen langfristigen finanziellen Erfolg ausüben kann, die Themenliste des GFP-Vorstands nicht einmal „Unternehmensberatung/Beratung“ beinhaltet, abgesehen von geschäftsbezogenen Versicherungsprodukten wie Buy-Sell-Vereinbarungen und Leistungen an Arbeitnehmer. In der Vergangenheit konnten Finanzberater für eine ganzheitliche Unternehmensberatung nicht effektiv bezahlt werden, da sie ausschließlich auf Grundlage von Portfolios und auf Provisionsbasis basierenden Produkten abrechnen konnten. Mit einer vermögensabhängi-

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gen AUA-Gebühr ist dies nun gewährleistet. Erweiterung des Umsatzes durch Abrechnung von 1 % des Einkommens anstelle von 1 % des Vermögens Ein Abrechnungsmodell ähnlich dem AUA-Modell für einen bestimmten Prozentsatz des Nettovermögens hat zwar den Vorteil, dass es den verfügbaren Markt an Verbrauchern erweitert, doch ist es immer noch auf nur den zum gehobenen Massensegment gehörenden Teil der Haushalte beschränkt, für den mit einem Nettowert von mehr als 100.000 US-Dollar außerhalb ihres Hauptwohnsitzes, eine vermögensbasierte (auf Nettovermögen basierende) Beratungsgebühr festgesetzt werden kann. Und obwohl dies ein beträchtlicher Teil des Gesamtmarktes ist, lässt er die anderen zwei Drittel immer noch außen vor, die nicht zum gehobenen Massensegment gehören. Natürlich muss der Kunde über gewisse finanzielle Mittel verfügen, wenn man ihn finanziell beraten und auch dafür bezahlt werden möchte. Deshalb haben Finanzberater bisher eher mit wohlhabenderen Kunden zusammengearbeitet. Das grundlegende Problem des traditionellen Ansatzes – im Wesentlichen verschiedene Formen der bilanzbasierten Abrechnung (entweder bei „nur“ anlegbaren Vermögenswerten oder bei einem breiteren Anteil des gesamten Nettovermögens des Kunden, für das er beraten wird) – ist, dass er den Umstand völlig ignoriert, dass viele Verbraucher die Finanzberatung direkt von ihrem Einkommen bezahlen könnten. Ein wichtiges Beispiel wäre hier der junge Arzt oder Anwalt, der sein Studium abgeschlossen und seine berufliche Karriere begonnen hat. Er verfügt möglicherweise über ein beträchtliches Einkommen von 250.000 US-Dollar pro Jahr, hat aber auch sechsstellige Studienschulden und wird somit lange Zeit kein Portfolio oder positives Nettovermögen verwalten können. Mit einem gesunden sechsstelligen Einkommen könnte eine solche Person jedoch leicht 1 % ihres Einkommens für Finanzplanung hinsichtlich des besagten Studentendarlehens zahlen. Oder bezüglich der Planung einer zukünftigen Hochzeit und der Zusammenlegung der Haushaltsfinanzen mit einem zukünftigen Ehepartner, dem Sparen für ein Haus, dem Aushandeln einer Hypothek, Einrichten von Sparplänen für Hochschulen und dem Erwerb einer Lebensversicherung, sobald Kinder kommen, und der Handhabung aller anderen Lebensveränderungen, die sich im kommenden Jahrzehnt auf ihre Finanzen auswirken könnten. Ganz zu schweigen von Beratung zur Karriere, einschließlich Entscheidungen über Mitarbeitervergünstigungen, Vorgehen bei Gehaltsverhandlungen, der Entscheidung, ob

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man für ein großes Unternehmen arbeiten oder Selbstständigkeit anstreben will, usw. Natürlich verfügen viele Kunden mit hohem Einkommen auch über ein beträchtliches Vermögen. Die Tatsache jedoch, dass einige Personen über ein gesundes Einkommen verfügen, aber noch kein erhebliches Vermögen aufweisen – dies wird in der Branche als „HENRY“ bezeichnet, kurz für „High Earner, Not Rich Yet“ –, weist darauf hin, dass ein weiterer Teil des potenziellen Kundenkreises erschließbar wird, wenn man den Kunden ermöglicht, die Beratung direkt von ihrem Einkommen zu bezahlen (da ihnen die finanziellen Mittel nicht fehlen) statt von ihrem Vermögen (das sie noch nicht angehäuft haben). Anstatt einfach nur Personen mit hohem Einkommen und geringem Vermögenswert als einfache Kunden zu gewinnen, besteht die Chance des 1 %igen Einkommensmodells darin, ihnen proaktiv eine reelle und gewinnbringende Beratung in Rechnung zu stellen. In diesem Beispiel generiert die Gebühr von 1 % einen Umsatz von 2.500 US-Dollar pro Kunde oder 200 US-Dollar pro Stunde, sofern der Berater „nur“ 12 Stunden pro Jahr (durchschnittlich 1 Stunde pro Monat) für die Interaktion mit dem Kunden aufbringt und diesen laufend berät. Einkommensbezogene Beratungsgebühren: Von HENRY bis EWAN Ein wichtiger Nachteil des sprichwörtlichen „Berater verlangen 1 % Gebühren“ ist, dass in der Praxis nicht alle Berater allen Kunden 1 % berechnen. Nicht nur, weil die Gebühren je nach Umfang und Breite der Dienstleistungen zumindest von einem Berater zum nächsten variieren (z. B. Berater, die weniger als 1 % für reine Anlagedienstleistungen berechnen, oder andere, die für eine umfassende Vermögensverwaltung mehr berechnen). Aber auch, weil die Gebühren selbst in der Regel basierend auf den verfügbaren Vermögenswerten des Kunden gestaffelt sind, von einer mittleren Gebühr von 1,3 % bis zu einer Gebühr von 1 % für ein Portfolio mit 1 Million US-Dollar oder 0,6 % für ein Portfolio mit 5 Millionen US-Dollar und mehr. Der Prozentsatz der Einkommensgebühren würde wahrscheinlich in ähnlicher Weise steigen, mit höheren Gebührenprozenten bei niedrigeren Einkommen und niedrigeren Gebührenprozenten bei höheren Einkommen. Beispielsweise könnte die Einkommensgebühr eines Beraters bei Kunden mit niedrigerem Einkommen bei 2 % pro Jahr beginnen, bei einkommensstärkeren Personen 1 % des Einkommens

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erreichen und bei den Personen mit dem höchsten Einkommen unter 1 % fallen. Bei einem durchschnittlichen Haushaltseinkommen von knapp über 60.000 US-Dollar pro Jahr in den USA würde eine Beratungsgebühr von 2 % des Einkommens einen Mindestumsatz pro Kunde von 1.200 US-Dollar jährlich generieren. Das reicht aus, um Kunden fortlaufende Beratung in Form mehrerer einstündiger Interaktionen (persönliche Meetings, Telefonanrufe oder Video-Chats) zu bieten. (Ähnlich dem Umsatz pro Kunde, den ein Berater aus einem Mindestvermögen von 100.000 US-Dollar erzielen würde.) Da die Einnahmen von da an steigen, wird der Kunde für den Berater noch profitabler, sodass der Berater noch tiefer reichende Dienstleistungen erbringen kann. Bei einem Jahreseinkommen von 100.000 US-Dollar würde die Beratungsgebühr 2.000 US-Dollar betragen. Der Berater könnte nachfolgende Haltepunkte hinzufügen: Zum Beispiel das Senken der Gebühr auf 1,5 % für ein Einkommen von über 100.000 US-Dollar pro Jahr und auf 1 % für ein Einkommen von über 250.000 US-Dollar pro Jahr (obwohl die vereinbarte Gebühr zu diesem Zeitpunkt bereits 4.250 US-Dollar pro Jahr aus den unteren Einkommensstufen betragen würde), ähnlich den Gebühren-Haltepunkten, die normalerweise für AUM-Gebührenpläne gelten, wenn die Vermögenswerte steigen. Alternativ kann der Berater auch lediglich eine Gebühr von 1 % des Einkommens mit einem Mindesteinkommen von 400.000 US-Dollar pro Jahr berechnen und sich auf die Arbeit mit wohlhabenderen HENRYs konzentrieren (so wie einige Berater mit reicheren Haushalten mit höherem Vermögen arbeiten). Aber auch wenn „nur“ eine durchschnittliche Gebühr von 2.000 US-Dollar pro Kunde bei 100 Kunden erzielt wird, besteht ein Umsatzpotenzial von 200.000 US-Dollar pro Jahr für einen sonst äußerst kostengünstigen Kundenkreis, wobei der Berater die (relativ teuren) Softwaretools zur Verwaltung von Portfolios nicht einmal unbedingt benötigen würde. Der Berater würde vorwiegend nur für die tatsächliche Zeit der Beratung bezahlt werden, was für einen typischen Berater immer noch einen sehr guten Stundensatz und ein überdurchschnittliches Nettoeinkommen bedeutet. Das Ergebnis dieser Umstellung auf eine prozentuale und vor allem abgestufte Beratungsgebühr (um es wirtschaftlicher zu gestalten, Kunden weiter unten im Einkommensspektrum zu betreuen) ist, dass das einkommensbasierte Modell im Einkommensspektrum noch weiter nach unten verschoben wird, von HENRY (High Earner, Net Rich Yet) nach EWAN (Earner Wanting Advice Now).

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Eine Beratungsgebühr von 1.200 US-Dollar pro Jahr (oder 100 US-Dollar pro Monat) für einen Haushalt mit mittlerem Einkommen mag hoch erscheinen. Aber auch diese Haushalte können leicht finanzielle Fehler begehen, die sie 2 % ihres Einkommens kosten können, sodass eine Beratungsgebühr von 2 % des Einkommens, um bessere Entscheidungen über die anderen 98 % zu treffen, immer noch ein positives Ergebnis darstellt. Insbesondere angesichts der Tatsache, dass solche Haushalte bereits eine ähnliche Provision in Höhe von 1.200 US-Dollar zahlen, nur um einen bescheidenen individuellen Rentensparplan über 24.000 US-Dollar umzuschichten (in einen A-Aktienfonds mit einer Gebühr von 5 %), wofür der Kunde häufig nur ein einziges Treffen erhält, um die Transaktion abzuschließen (ohne fortlaufende Beratung). Wenn die Gebühr auf eine einfache monatliche Abonnementgebühr (z. B. 100 US-Dollar pro Monat) aufgeteilt werden kann, kann diese automatisch von der Kreditkarte oder dem Bankkonto abgerechnet werden. Der entscheidende Punkt ist letztlich, dass eine Verlagerung vom AUM-Modell zum AUA-Modell (der Berechnung eines Prozentsatzes der in Beratung befindlichen Vermögenswerte oder einer Gebühr, die auf einem Prozentsatz des gesamten Haushaltsvermögens des Kunden basiert) zwar die Reichweite der Finanzplanungsberatung erweitert, sich aber immer noch weitgehend auf das obere Drittel der Haushalte konzentriert, die mit einem Nettowert von mehr als 100.000 US-Dollar außerhalb ihres Hauptwohnsitzes zum gehobenen Massensegment zählen. Eine Verschiebung von 1 % des verwalteten Vermögens oder des Vermögens unter Beratung hin zu 1 % des Einkommens öffnet grundsätzlich einen größeren Teil des Marktes nicht nur für die HENRYs, sondern auch die EWANs, die etwaige Beratungen einfach direkt von ihrem Einkommen zahlen möchten. Die Einschränkung bei all diesen Modellen ist natürlich, dass die Berater tatsächlich über Ausbildung und Erfahrung verfügen müssen, um einen Mehrwert für ihre Beratungsgebühren bieten zu können. Vor allem in einer Welt, in der Berater Kunden einen Prozentsatz des Einkommens und nicht eines Portfolios berechnen, wobei der Fokus einzig und allein darauf gerichtet ist, ob die Beratung des Beraters die Gebühr wirklich wert ist. Andererseits schafft die Tatsache, dass der Berater primär oder ausschließlich für seine Beratung und seine Zeit bezahlt wird, das Potenzial erheblicher operativer Hebelwirkung und Effizienz, um selbst Kunden mit mittlerem Einkommen profitabel zu machen und dabei die wahre Reichweite der Finanzplanung auszuweiten! ❚

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Zwei Vorstände des FPSB Deutschland im Interview FINANCIAL PLANNING Magazin: Die jährliche Mitgliederversammlung des FPSB Deutschland steht am 14.6.2019 wieder an. Ein Jahr voller Herausforderungen liegt hinter dem Vorstand, da diese ja unter anderem mit nur vier Personen zu bewältigen waren. Was hat sich also in den letzten zwölf Monaten getan?

sung der Standesregeln verfasst und Anfang April an die Mitglieder zur Diskussion übermittelt. Wir waren Geburtshelfer der DIN 77230 und werden uns auch an der Erstellung der neuen DIN-Normen für Vermögensanalyse und Basisanalyse für gewerbliche Haushalte beteiligen – dankenswerterweise mit personeller Unterstützung durch unser Mitglied Arndt Stiegeler. Wir haben eine viel beachtete Stellungnahme zu MiFID II veröffentlicht, den Verbraucherblog vorangetrieben und vor wenigen Tagen unser erstes Online-Prüfungsmodul zu Standesregeln veröffentlicht.

Carsten Mittermüller: Nun, zum einen sind die Vorstandssitzungen erheblich kürzer geworden. Vieles wird nun zwischen den beiden ressortverantwortlichen Vorständen im Vorfeld geklärt, und in der Vorstandssitzung wird nur noch inforProfessor Tilmes hat sich sehr um die miert und entschieden. Zu viert ist dabei Digitalisierung der Prozesse in der Geweit weniger Abstimmung erforderlich. schäftsstelle gekümmert, die wir ja 2017 Darüber hinaus ist die personelle Verstärmit Frau Zinecker personell verstärkt hakung der Geschäftsstelle durch Frau Zineben. Wir arbeiten konsequent auf eine cker, die die Leitung übernommen hat Maximilian Kleyboldt, CFP®, EFA, vollständig digitale Geschäftsstelle hin. und derzeit eine Weiterbildung im Bereich ­s tellvertretender Direktor, Bethmann Financial Planning besucht, in der systeBank AG, Vorstandsmitglied des FPSB Und natürlich darf man unsere internatio­ matischen Vorbereitung der Sitzungen, Deutschland nalen Verpflichtungen nicht vergessen. aber auch in der eigenständigen BearbeiProfessor Tilmes vertritt unsere Interessen im FPSB-Netzwerk, tung diverser Themen, positiv bemerkbar. Unabhängig davon Peter Asmussen ist 2018 in das dreiköpfige Board of Directors merken wir auf der anderen Seite aber auch, wie sehr uns die von EFPA aufgerückt und ich vertrete Deutschland im SQC Manpower im Vorstand nach außen fehlt. Daher freuen wir uns (Standards & Quality Commission). Das ist mit Reisetätigkeit darauf, bald wieder zwei zusätzliche Mitglieder im Vorstand zu und viel Abstimmungsarbeit verbunden. begrüßen. Mir persönlich ist es ein Anliegen, dass diese Gelegenheit von den Mitgliedern genutzt wird, um den Vorstand zu Maximilian Kleyboldt: Wenn ich von meiner Seite etwas ergänverjüngen und nach über 20 Jahren endlich eine Frau in den zen darf, möchte ich noch auf die geschlossene Kooperation des Vorstand zu wählen. FPSB Deutschland mit dem Projekt „Unternehmensnachfolge“ des F.A.Z.-Fachverlags als Netzwerkpartner hinweisen. Dieses An Projekten bestand die letzten zwölf Monate kein Mangel. Projekt, kofinanziert durch das Hessische WirtschaftsministeriProfessor Dr. Rolf Tilmes und Maximilian Kleyboldt haben sich um sowie die Europäische Union, spricht den Unternehmer und um die VEPD-Verschmelzung gekümmert und dort viel Zeit insomit den Endkunden an. Am 16.5.2019 werden wir mit dem vestiert. Peter Asmussen und ich haben eine komplette Neufas-

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Mitglieder haben selbst die Möglichkeit, sich mit eigenen Blog-Beiträgen dort zu positionieren und so auch etwas für das Eigenmarketing zu tun. Aus unserer Sicht war der letztjährige WFPD also auf ganzer Linie ein Erfolg.

Verlag in den Räumen der Geschäftsstelle des FPSB Deutschland eine Endkundenveranstaltung zum Thema „Estate Planning für Unternehmer – Finanzplanung frühzeitig zu Ende gedacht“ umsetzen. Ich freue mich in diesem Zusammenhang, den sehr geschätzten CFEP ® Ralf Niederdränk, Dr. Wolfram Theiss von Noerr und einen Unternehmer als Referenten und Diskussionspartner gewonnen zu haben. FINANCIAL PLANNING Magazin: Wie bewerten Sie die weltweit durchgeführte Aktion zum World Financial Planning Day (WFPD) am 3.10.2018 beziehungsweise zur Financial Planning Week in Deutschland? Und was können die Mitglieder und Zertifikatsträger des Verbandes dieses Jahr an Neuigkeiten für 2020/21 erwarten? Was steht auf der Agenda?

Maximilian Kleyboldt: Für 2019 ist das Motto seitens der internationalen Dachorganisation (Financial Planning Standards Board Ltd.) noch nicht bekannt. Ich stelle gerne die Gegenfrage und freue mich auf Vorschläge seitens der Mitglieder, welche Aktivitäten sie entwickeln möchten und was sie planen. Jetzt ist genug Zeit, sich Gedanken zu machen und etwas vorzubereiten. Wir als Vorstand freuen uns auf konstruktive Vorschläge bis zum Sommer. Carsten Mittermüller, CFP®, EFA, ­Direktor Vertriebsentwicklung, Bankhaus August Lenz & Co. AG, Vorstandsmitglied des FPSB Deutschland

Maximilian Kleyboldt: Grundsätzlich muss man herausstellen, dass die weltweite Kampagne für die Finanzplanung international wie national zur Verbreitung unserer Idee eine wirklich gute Sache ist. Der World Financial Planning Day beziehungsweise die World Financial Planning Week, die nun zum zweiten Mal durchgeführt wurde, hat viele Aktivitäten und Presseberichte hervorgerufen. Ziel der weltweiten Aktion war, den Nutzen von Finanzplanung für Kunden und die Bedeutung finanzieller Allgemeinbildung herauszustellen.

Aufgrund des Mottos der Kampagne 2018 „Früher planen – länger genießen“ haben wir uns entschlossen, mit sehr großem persönlichen Aufwand kurzfristig eine eigene verbraucher­ orientierte Website zur Finanz- und Nachfolgeplanung (www. frueher-planen.de) zu gestalten. Ein seit Jahren unsererseits geplantes Vorhaben. Flankiert wurde dies durch zentrale und regionale Pressemitteilungen. Carsten Mittermüller: Mit der neuen Homepage haben wir nicht nur für den WFPD 2018, sondern langfristig ein Angebot für den Endverbraucher umgesetzt. Jetzt liegt es an uns allen, Verbraucher auf diese Homepage aufmerksam zu machen.

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FINANCIAL PLANNING Magazin: Viele interessiert auch die geplante Fusion mit dem Verband Estate Planner Deutschland e. V. (VEPD). Wie ist hier denn der Stand der Gespräche?

Maximilian Kleyboldt: Wie Carsten Mittermüller bereits erwähnt hat, sind insbesondere Professor Tilmes und ich seitens des FPSB Deutschland hier seit geraumer Zeit aktiv. Wir haben unserseits alle Vorbereitungen abgeschlossen, um einen entsprechenden Zusammenschluss der Vereine umzusetzen. Neben dem Verschmelzungsvertrag steht bereits der Verschmelzungsbericht in weit fortgeschrittener Form. Ein rückwirkender Zusammenschluss zum 1.1.2019 mit Beschluss der Mitgliederversammlung im Juni 2019 war unsere Vorstellung, ist aber fristbedingt nicht mehr möglich. Derzeit warten wir auf umsetzungsorientierte Feedbacks des VEPD nach den letzten Telefonkonferenzen, um dann auf der Mitgliederversammlung Stellung zum aktuellen Stand nehmen zu können. Unsere Ansprechpartner im VEPD haben uns bisher den nachhaltigen Willen zum Zusammenschluss signalisiert. Aus unserer Per­ spektive wäre ein Zusammenschluss für beide Institutionen ein klarer Mehrwert. Wir sind davon überzeugt, dass wir durch den Zusammenschluss mit dem VEPD die Idee des Estate Planning stärken und für die Mitglieder mehr Nutzen erzeugen können.

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FINANCIAL PLANNING Magazin: Immer wieder hören wir, dass es zu wenig Kommunikation mit den Mitgliedern zwischen den Mitgliederversammlungen gäbe. Hier wurde ja bereits ein erster Schritt im Rahmen der vierteljährlichen Verbandsnews getan. Auch wird regelmäßig über die Pressearbeit und im Rahmen der XING-Gruppe kommuniziert. Erhalten Sie dazu positives Feedback? Gibt es darüber hinaus Planungen? Carsten Mittermüller: Wir bekommen immer wieder Feedback zu einzelnen Aktionen. Aber damit der Verband Dynamik entwickelt, brauchen wir Mitglieder, die anpacken. Arndt Stiegeler ist für uns im DIN-Arbeitskreis ehrenamtlich tätig, Thomas Abel und Gordon Gifaldi vertreten uns dieses Jahr beim EFPA Think Tank in Wien. Wir brauchen mehr solches Engagement. Jedes Mitglied kann Artikel für den Verbraucher-Blog schreiben oder auch andere Aktivitäten entfalten. Wir kommunizieren auch regelmäßig auf Twitter. Es würde der Reichweite des FPSB Deutschland sehr helfen, wenn die dort vertretenen Mitglieder die Tweets nicht nur lesen und liken, sondern auch retweeten. Maximilian Kleyboldt: Die vierteljährigen Verbands-News, die von Frau Zinecker initiiert und umgesetzt wurden, werden sehr positiv aufgenommen, wobei es zum Teil erschreckend ist, wenn man dies kritisch anmerken darf, wie gering die Öffnungsrate einzelner Mails unserseits grundsätzlich ist. Das Thema Pressearbeit haben wir seit einem Jahr durch meine Mitverantwortung in der Weise konkretisiert, dass wir deutlich mehr fachliche Themenstellungen aus der Beratungspraxis, zum Beispiel der „100.000 Euro-Freibetrag“, und mehr Nachfolgethemen wie „befristete Vermögensübertragungen“ in den Pressemeldungen umsetzen, was seitens der Journalisten zu höheren Nachfragen führte. Gerade jüngst ist ein Artikel von Professor Tilmes in der F.A.Z. erschienen. Wenn wir als Vorstand seitens der Mitglieder angesprochen werden, in die Fläche zu kommen, versuchen wir das im Rahmen der Möglichkeiten eines ehrenamtlichen Vorstandes, bei einem durch den normalen Job bereits voll ausgelasteten Tag, dennoch umzusetzen. Beispielsweise wurde ich von einem Finanzdienstleister zu einem Workshop mit den hausansässigen Zertifikatsträgern eingeladen, was ich gerne angenommen habe. Neben diesem Austausch mit Mitgliedern bestehen zusätzlich immer wieder Anfragen, als Referent bei Kundenveranstaltungen aufzutreten. Zum Thema „Austausch mit den Mitgliedern“ haben wir als Vorstand bereits vor über einem Jahr beschlossen, aktiver unsererseits auf die verschiedenen Netzwerke zuzugehen, um neue Wege gemeinsam zu beschreiten. Das ließ sich aber durch den reduzierten Vorstand nicht umsetzen. Gerade für neue Vorstandsmitglieder kann das eine spannende Aufgabe sein. FINANCIAL PLANNING Magazin: Auch hören wir öfter, dass Berater aus unterschiedlichen Gründen über die Rückgabe ihres Zertifikates nachdenken. Bei vielen geschieht dies vielleicht aus dem Grunde heraus, dass sie gar nicht mehr im Rahmen der Finanzplanung tätig sind. Was können Sie diesen Kollegen mit auf den Weg geben, warum es wichtig ist, weiterhin in den Reihen des FPSB zu verbleiben und die Marken zu stärken?

Finanzplanung synonym mit „Ich schreibe ein dickes Schriftstück – den Finanzplan“. Das machen in der Tat nur noch wenige Mitglieder. Aber das ist ja auch gar nicht schlimm. Finanzplanung ist eine Methodik. Jeder, der Kunden berät, vernetzt und ganzheitlich mitdenkt – und das auf höchstem fachlichen Niveau –, ist ein Finanzplaner. Auch wenn man sich auf ein Thema spezialisiert hat. Diesen Aspekt, den Trend zur Themenberatung, spiegeln ja auch unsere neuen Standesregeln wider. Ich höre von nahezu allen Mitgliedern, mit denen ich rede, wie sehr sie davon überzeugt sind, dass ganzheitliche Beratung und Qualität in allem, was man tut, der Schlüssel zu Kundenbegeisterung und langfristigem Erfolg sind. Jeder, der davon überzeugt ist, sollte Mitglied im FPSB Deutschland sein und sich im Rahmen seiner Möglichkeiten dafür einsetzen. Maximilian Kleyboldt: Natürlich nehmen wir uns der Sache an, und wir haben seit diesem Jahr einen Fragebogen entwickelt, um strukturiert Gründe für das Ausscheiden zu hinterfragen und dann darauf auch zu reagieren. Ich habe Verständnis dafür, wenn Mitglieder altersbedingt ausscheiden. Wenn Mitglieder hingegen, wie man dies zum Teil feststellt, die Weiterbildungsverpflichtung als störend empfinden, erscheint mir dies leider fragwürdig. FINANCIAL PLANNING Magazin: Was wünschen Sie sich für die Zukunft des FPSB Deutschland? Carsten Mittermüller: Kurzfristig würde ich mich über eine noch höhere Wahlbeteiligung bei der Online-Wahl freuen, zuletzt waren es circa 17 Prozent. Maximilian Kleyboldt: Es wäre klasse, wenn mehr Mitglieder diese direkte demokratische Mitbestimmungsmöglichkeit nutzen würden. Feedbacks von Mitgliedern zeigen uns, dass das Handling ganz unkompliziert ist. Unverständlich ist mir die hohe Zahl von Stimmrechtsübertragungen. Natürlich ist dies scheinbar der einfachste Weg. Aus persönlichen Gesprächen mit einigen Mitgliedern habe ich aber den Eindruck, dass diejenigen, die die Stimmrechtsübertragung genutzt haben, häufig gar nicht wussten, wofür oder wogegen gestimmt wurde. Ich freue mich jedenfalls sehr über jeden, der am 14.6.2019 in Frankfurt ist oder sein Wahlrecht mittels Online-Wahl umsetzt. Carsten Mittermüller: Mittelfristig müssen wir uns Gedanken machen, wie wir junge Berater frühzeitig an den FPSB Deutschland heranführen. Wir müssen den Verband attraktiver machen für junge Berater und für Frauen. Die anstehende Vorstandswahl wird hoffentlich den Vorstand verjüngen und nach 22 Jahren einen weiblichen Vorstand bringen. Ich bin mit 48 Jahren das Nesthäkchen (lacht). Maximilian Kleyboldt: Ich würde es so zusammenfassen: mehr Engagement und mehr Miteinander. Der Verband ist in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit nur so stark, wie die einzelnen Mitglieder aktiv sind. Der Vorstand kann nicht alles alleine richten, hier würde ich mir mehr Aktivität jedes einzelnen Zertifizierten wünschen. Möglichkeiten gibt es genug. FINANCIAL PLANNING Magazin: Vielen Dank für das Gespräch. ❚

Carsten Mittermüller: Wir haben ja schon vor zwei Jahren einen wichtigen strategischen Wandel eingeleitet. Bis dahin war

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Die vermietete Immobilie als Kapitalanlage – ausgewählte Beratungsthemen Von Christoph Leichtweiß

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zur Assetklasse Immobilie und zu ihren verschiedenen Ausprägungsformen in der privaten Finanzplanung verstanden werden.

s ist kein Geheimnis: Die Immobilienmärkte boomen! Nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern. Einige Zeit nach dem Beginn dieser Hochkonjunktur betrachtet ist dies, wie so häufig, keine große Überraschung. Schließlich sind vermietete Immobilien ein sehr zinssensitiver Vermögenswert. Zudem haben der globale Zinsverfall und die Liquiditätsschwemme einen massiven Anlagenotstand verursacht. Der sichtbare Trend hin zu „Private Market“-Investments ist ein Symptom dieser anhaltenden Situation.

Wie kann die Einordnung in die Vermögensstruktur erfolgen?

Um unterschiedliche Vermögenswerte objektiv einordnen zu können, wurde die folgende Matrix entwickelt. Auf Basis dieser Matrix können sämtliche Vermögenswerte und Finanzprodukte (Wertpapiere, Versicherungen, Immobilien und so weiter) und andere Vermögenspositionen des Kunden (LebensversicheDa Immobilieninvestments aufgrund ihrer rungen, Pensionen oder Renten) objektiv Struktur (Wohnen, Büro, Gewerbe, Logistik, und transparent eingeordnet werden. In Sonderimmobilien wie Pflegeheime), ihres Ergänzung zur Darstellung einer privaten Investmentansatzes (Core, Opportunity), Vermögensbilanz bietet diese Betrachtung ihrer regionalen Ausprägung sowie ihrer Christoph Leichtweiß, CFP®, Geschäftsdem Berater die Möglichkeit, sich nicht über Finanzierungsstruktur und Umsetzung führer, YPOS Vermögensmanagement Prognosen zur weiteren Preisentwicklung (direktes oder aber indirektes Investment) GmbH positionieren zu müssen, sondern dem Kunsehr unterschiedlich sind, können die im den die gesamte Vermögensstruktur transparent darzustellen. Folgenden betrachteten Aspekte nur als allgemeine Hinweise

Übergeordnete Vermögensklassen nach der YPOS-Vermögensmatrix

Sachwerte Aktien, Immobilien, Rohstoffe, Edelmetalle

Geldwerte Staatsanleihen, Pfandbriefe, Lebensversicherungen, Renten

+ Partizipation an wirtschaftlichen Erträgen und Wertsteigerungen + Nicht beliebig vermehrbar - Preisrisiken (Schwankungen) - Verlauf nicht kalkulierbar

+ stabile und kalkulierbare Zahlungen - Inflation (Kaufkraftminderung) - Bonitätsrisiko (Staatsverschuldung)

Produktivkapital Ertragsgenerierung durch Teilnahme am Wirtschaftsverkehr

Rohstoffe Grundstoffe zur ­Herstellung von Waren und Gütern

Partizipation: Dividende, Miete, Pacht, Veräußerung

Partizipation: ­Veräußerungserlös

• Aktien • Vermietete Immobilie • Schiffe, Flugzeuge

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• Agrarrohstoffe • Fossile Energieträger • Industriemetalle

- Zinsänderungsrisiko

Intrinsische Werte Stellen einen Wert aus sich heraus dar. Partizipation: ­Veräußerungserlös • Edelmetalle • Kunst

© YPOS Consulting GmbH

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Das Beispiel „offene Immobilienfonds in der Finanzkrise“ zeigt, dass sich durch die „Verpackung“ eine zu geringe historische Schwankungsbreite ergeben hat, wodurch der Blick auf die vorhandenen wirtschaftlichen Risiken versperrt wurde. Anhand der Matrix wird dagegen deutlich, dass es sich bei vermieteten Immobilien um Produktivkapital mit spezifischen Chancen und Risiken handelt. Dies sollte man insbesondere im aktuellen Umfeld beachten, da sich die Bruttoanfangsrenditen im Einklang mit den fallenden Zinsen massiv reduziert haben. Drei häufige Motive für die Immobilie als Kapitalanlage Stabilität: Eine seltene Bewertung führt zu einer geringeren Schwankungsbreite. Daher wirken sich Immobilien im Portfoliokontext schwankungsmindernd aus. Allerdings ist dieser Effekt hauptsächlich dem Aufwand der Bewertung und der geringen Anzahl von Bewertungsanlässen geschuldet. Diversifikation: Die Korrelation zu liquiden Vermögensklassen ist gering. Ob dies „nur“ auf die bereits genannte geringe Anzahl von Bewertungszeitpunkten oder auch auf andere wirtschaftliche Risikotreiber zurückzuführen ist, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Im Verlauf der Zeit können sich unterschiedliche Antworten auf diese Frage ergeben. Die Liquiditätsflut hat zu einer gleichgerichteten Entwicklung von Aktien, Anleihen und Immobilien geführt. Daher könnte der Diversifikationseffekt für die Zukunft überschätzt werden.

Inflationsschutz: Immobilien sind ein Sachwert. Daher sollten sie sich langfristig stärker entwickeln, als die Inflation steigt. Allerdings ist diese Erwartungshaltung im wahrsten Sinne des Wortes nicht in Stein gemeißelt. In der sehr lesenswerten Publikation „Die 5 % Studie – wo investieren sich noch lohnt“ (www.bulwiengesa.de/de/publikationen/ studien) hat die bulwiengesa AG die deutschen Immobilienmärkte hinsichtlich ihrer zukünftigen Ertragspotenziale analysiert. Für den Wohnungsmarkt in A-Städten und Core-Immobilien kam man dabei für eine Haltedauer von zehn Jahren auf einen internen Zinsfuß von 1,9 bis 2,6 Prozent. Nun wissen wir alle um die Binsenweisheit „Prognosen sind schwierig, insbesondere, wenn sie die Zukunft betreffen“, doch sollte jedem klar sein, dass durch den Einkaufspreis der zukünftige Gewinn determiniert wird. Die Grafik setzt den Mittelwert der Immobilienrendite in Relation zur aktuellen Inflationsrate und zu festverzinslichen Wertpapieren verschiedener Bonitäten und Laufzeiten. Jede der Investitionsalternativen weist unterschiedliche Charakteristika auf und ist Quelle verschiedener Chancen und Risiken. Dennoch wird plausibel, warum die Studie zu dem Ergebnis kommt, dass „Wohnimmobilien kaum noch Inflationsschutz bieten“. Der Anlagenotstand hat eben nicht nur festverzinsliche Wertpapiere auf ein Preisniveau gehoben, auf dem man sich die Frage stellen muss, ob Ertragserwartungen noch mit den Risiken und dem Aufwand im Einklang stehen. Entscheiden

Vermögensklassen im YPOS-Infaltionscheck (Zinsen abzüglich Abgeltungssteuer und Solidaritätszuschlag, Immobilien IRR für 10 Jahre Haltedauer)

Die Inflation ist in Form der Jahresveränderung des deutschen Verbraucherpreisindex (CPI) angegeben; Staatsanleihen Deutschland: 5 Jahre Restlaufzeit; Unternehmensanleihen EU liegt der MARKIT/BOXX EURO CORPS. Mittelwert aus allen Laufzeiten und Ratings zugrunde. Anleihen mit niedriger Bonität EUR liegt der MARKIT/BOXX EURO LIQUID HIGH YIELD INDES zugrunde; Anleihen Banken Nachrang EUR liegt IBOXX EURO BANKS SUBORDINATED Index zugrunde. Stand: 30.04.2019. Wohnimmobilien, Interner Zinsfuss laut Studie Bulwiengesa (5% Studie 2018) Hinweis: Die hier angegebenen Renditen sind indikativ und geben keine Garantie für zukünftige Erträge. Jede Form der Geldanalage kann zum Totalverlust führen.

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kann dies nur der Anleger. Der Berater kann ihm allerdings wertvolle Entscheidungshilfen bieten. Immobilienrenditen – Kunst und Wissenschaft

von langen Zinsbindungsfristen – also Fristen von zehn Jahren und mehr – in den Darlehensverträgen. Allerdings kann die Kombination eines variablen Darlehens mit einem Zins-Swap als Alternative prüfenswert sein.

Die eine Immobilienrendite gibt es nicht. Das Spektrum reicht von statischen zu dynamischen Methoden. Letztere können wiederum nach Vermögenswert- und Zinssatzmethoden unterschieden werden. Multiplikatoren sind aufgrund ihrer Einfachheit sehr beliebt. Allerdings ist auch hier nicht einheitlich definiert, was genau einbezogen wird. Daher sollten die Zahlen immer verifiziert werden.

Bei der Festlegung verschiedener Laufzeiten für feste Zinsbindungen kann die sogenannte Zinswaage zum Einsatz kommen. Hier wird die Frage beantwortet, auf wie viel Prozent der Zins zum Ende der kürzeren Zinsbindung ansteigen kann, ohne teurer zu werden als das Darlehen mit längerer Zinsbindung.

Letztendlich sind Immobilien und die damit verbundenen Kredite auch „nur“ erwartete Zahlungsströme, die mit sinnvollen Annahmen und rechnerischer Korrektheit zu verknüpfen sind. Dieser sachliche Ansatz spielt im anhaltenden Boom naturgemäß keine Rolle. Bei einem sich verändernden Marktumfeld dürften andere Perspektiven wieder an Bedeutung gewinnen.

Soll das Immobilienvermögen auf der privaten steuerlichen Ebene gehalten werden? Ist die Übertragung in eine gewerblich geprägte Gesellschaft sinnvoll, um neues Afa-Volumen zu generieren? Soll der Nießbrauch an der einzelnen Immobilie oder dem gesamten Gesellschaftsanteil festgemacht werden? Drei ausgewählte Fragen, die zeigen, welche Komplexität ab einer gewissen Vermögensgröße zu beachten ist. Selbstverständlich sind die Wechselwirkungen der wirtschaftlichen Ebene mit zivilrechtlichen Aspekten und einer steuerlichen Optimierung komplex.

Zudem kann sich die Rendite einer Immobilie in Abhängigkeit von der Finanzierungsstruktur sehr unterschiedlich darstellen. Hier sollte zwischen der Rendite auf das eingesetzte Kapital und der Gesamtvermögensmehrung unterschieden werden. Kreditmanagement und Wahl der Zinsbindung Die absoluten Zinsen sind niedrig und die Zinsstrukturkurve ist relativ flach. Dies spricht tendenziell für die Vereinbarung

Gedanken zur Vermögensstrukturierung

Allein bei der steuerlichen Betrachtung sind die verschiedenen Dimensionen Einkommensteuer, Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Grunderwerb- und gegebenenfalls Umsatzsteuer zu betrachten. Die vernetzte Betrachtung erfordert ein funktio­ nierendes Netzwerk verschiedener Experten. ❚

Quelle: Finanzportal24

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It’s the economy, stupid! Von Dr. Martin Lück

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einmal mehr seiner Wählerbasis als der s sind im Wesentlichen drei Grüngrößte Dealmaker aller Zeiten präsentieren. de, die dazu führten, dass sich die Für die Finanzmärkte wäre ein Deal schon Aktienmärkte seit Jahresbeginn viel deshalb ein gutes Signal, weil er eine der besser entwickelt haben als die meisten zentralen Bedrohungen für Geschäft und Auguren gegen Ausklang des Vorjahres Gewinne börsennotierter Unternehmen, erwartet hatten. Erstens präsentierte sich nämlich eine nachhaltige Schwächung des der Zustand der Weltwirtschaft robuster globalen Güterverkehrs, weniger wahrals ihn der pessimistische Überschwang scheinlich machen würde. des Jahresendes gezeichnet hatte. Ja, eine spürbare Wachstumsverlangsamung ist Drittens schließlich, und vielleicht entscheifür dieses Jahr absehbar, vermutlich wird dend für die Rally von Risikoanlagen seit sich die gesamtwirtschaftliche Dynamik Jahresbeginn, ist da die Kehrwende der sowohl in den USA als auch in Europa auf Zentralbanken. Sowohl die Fed als auch die Werte um den langfristigen Potenzialpfad EZB gaben schon im Januar zu erkennen, abschwächen. Das ist ein markanter Gedass Anleger sich 2019 keine großen Sorgensatz zu dem Wachstum oberhalb des gen um Zinserhöhungen machen müssen. Trends, welches wir aus den Vorjahren Damit war der Hauptgrund, weshalb 2018 gewohnt waren. Aber es ist eben keine ein so schwieriges Jahr gewesen war, und Rezession. Bei aller gebotenen Vorsicht zwar für Aktien wie auch für Anleihen, bleiben klare Rezessionssignale eher die Dr. Martin Lück, Managing Director, plötzlich entfallen. Der „Central Bank Put“ Ausnahme, vor allem sind keine ÜberhitC h i e f Inve s t m e n t S t r a te g i s t f ü r war zurück. Seitdem haben Fed und EZB zungserscheinungen an den Güter- und ­Deutschland, Österreich, Schweiz und diese Erwartung mehrfach untermauert, Faktormärkten auszumachen. Wichtiger Osteuropa, BlackRock und andere Zentralbanken sind gefolgt. noch: Nach einer vorübergehenden Schwächephase dürfte sich die gesamtwirtschaftliche Nachfrage aus Der Rest ist Geschichte. Märkte sind zum Risk-On-Modus China im Laufe des Jahres 2019 wieder festigen. Die zweitgrößte zurückgekehrt, womit das bisherige 2019 geradezu wie ein Volkswirtschaft der Welt trägt ein knappes Drittel zum globalen Spiegelbild des Vorjahres erscheint: War 2018 der WachsWachstum bei. Stehen dort die Ampeln wieder auf Grün, dürfte tumsausblick über den Großteil des Jahres intakt gewesen (der sich der Konjunkturpessimismus von Dezember als übertrieben Pessimismus brach erst im Zuge der allgemeinen Doom-andherausstellen. Gloom-Stimmung des Jahresendes aus), waren Zinsängste im Jahresverlauf mehrfach ursächlich für Kursrückschläge gewesen. Zweitens, und ebenfalls mit Blick auf China, hat sich ein wesentNun, seit Anfang 2019, erscheint die Konstellation umgekehrt. licher Risikofaktor, nämlich der drohende Handelskrieg mit den Die Zentralbanken nahmen die Zinsdrohung vom Tisch, dafür USA, positiver entwickelt als noch im Dezember eingeschätzt. rückten Wachstumssorgen in den Fokus. Rutscht Europa in die Nach mehrfachen Konsultationsrunden, die auf US-Seite von Rezession? Gibt es eine harte Landung in China? Ist ein AbTrumps Handelsbevollmächtigtem Robert Lighthizer, auf Seischwung in den USA nach über zehn Jahren Aufschwung nicht ten Chinas vom stellvertretenden Ministerpräsidenten Liu He überfällig? Zusätzliche Bedeutung erhielten diese Fragen durch geführt wurden, stehen die Kontrahenten wohl kurz vor einer die infolge der Zentralbankenwende gestiegenen Aktienpreise. Einigung. Wir rechnen noch in den nächsten sechs Monaten mit Denn bei gleichzeitig nach unten revidierten Gewinnerwarder Unterzeichnung eines Handelsabkommens, das die erhobetungen werden die Märkte still und heimlich immer teurer, nen Strafzölle aufheben, China zu mehr Importen aus den USA die KGVs steigen. Also rückt der Gewinnausblick in den Fokus, verpflichten und einen besseren Schutz geistigen Eigentums und damit die Wirtschaftslage. Plötzlich schlagen Aktienpreise versprechen wird. Zwar wird der Deal nur einen winzigen Teil wieder aus, wenn Makro-Indizes besser oder schlechter als der sich abzeichnenden strategischen Rivalität zwischen den erwartet ausfallen. Plötzlich heißt es wieder: It’s the economy, USA und China lösen können, dennoch haben beide Seiten ein stupid. Und diese Themenstellung könnte uns für den Rest des erkennbares Interesse daran, dass er zustande kommt. Für Xi Jahres erhalten bleiben. Denn nur wenn sich die Makrolage Jinping, den chinesischen Präsidenten, stellt ein Handelsabkomstabilisiert und die Gewinnerwartungen einen Boden finden, men mit den USA eine willkommene Unterstützung des zuletzt dürften Kurse und Bewertungen in der zweiten Jahreshälfte schwächelnden Wachstums dar. Und Donald Trump, der sich zu halten sein. ❚ zusehends für den Wahlkampf 2020 warmläuft, könnte sich

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Dividenden: Airbag fürs Portfolio Von Hans-Jörg Naumer

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wie 94 Prozent von ihnen in der zugrunde liegenden Umfrage angaben. Entscheidungen bezüglich Investitionen und Dividenden werden dabei in zwei Dritteln der Fälle als gleichrangig gesehen. Aktienrückkaufprogramme werden, anders als Dividenden, dagegen als ein Instrument gesehen, das sich deutlich flexibler einsetzen lässt. – Bei der Umfrage wurden Manager von 394 US-amerikanischen Aktiengesellschaften befragt, wobei das Sample von Dividendenzahlern dominiert wird. Das Ergebnis entspricht auch unserem Bild, dass sich Dividenden – zumindest in der Vergangenheit – sehr stetig entwickelt haben.

ir schreiben das Jahr 2019 und die finanzielle Repression setzt sich fort. Da ist ein Blick auf die kommende Dividendensaison durchaus wohltuend. 350 Milliarden EUR an Dividendenzahlungen für die Unternehmen des MSCI Europe erwarten meine Kollegen im Fondsmanagement für diese Saison – 16 Milliarden EUR mehr als im Vorjahr. Die Dividendenrendite liegt derweil im Durchschnitt bei 4 Prozent für europäische Werte. Da kann man schon mal ins Träumen geraten. Besser statt Träumen ist allerdings Investieren. Wem es dabei an den Märkten zu zugig ist, für den mag es hilfreich sein, dass Dividenden mittel- und langfristig betrachtet geradezu eine Airbagfunktion für das Portfolio haben können.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Studie von Skinner und Soltes aus dem Jahr 2011. Sie untersuchten die Dividenden halfen, die Gesamtperformance Hans-Jörg Naumer, Global Head of jährlichen Dividendenzahlungen und Gein Jahren negativer Kursentwicklung zu ­Capital Markets & Thematic Research, winne von Firmen, die während der Jahstabilisieren. Von 1973 bis heute gab es Allianz Global Investors re 1974 bis 2005 an NYSE, AMEX oder drei Fünfjahreszeiträume, in denen es zu NASDAQ gelistet waren, mit Ausnahme von Versorgern und Kursverlusten kam. Dividenden leisteten dabei einen Beitrag, Finanzdienstleistern. Sie kamen in ihrer Betrachtung zu dem diesen Verlust abzufedern oder sogar überzukompensieren. Ergebnis, dass Firmen, die Dividenden zahlen, eine höhere Über den gesamten Zeitraum von 1973 bis Ende 2018 wurde die Beständigkeit bei der Gewinnentwicklung aufweisen als nicht annualisierte Gesamtrendite der Aktienanlagen für den MSCI ausschüttende Firmen. Dabei komme es nicht einmal auf die Europe sogar zu 41 Prozent durch den Performancebeitrag der Höhe der Dividenden, sondern lediglich auf die Tatsache an, Dividenden getragen. dass Dividenden gezahlt werden. Dividendenstarke Aktien scheinen sich darüber hinaus mit Es zeigt sich also: Dividenden können in der Tat einen Airbag weniger deutlichen Schwankungen zu entwickeln als Aktien fürs Portfolio darstellen, was insbesondere in volatilen Zeiten von Firmen mit geringeren Dividendenzahlungen. Das zeigt zumindest der Blick in den Rückspiegel am Beispiel der USA, wo beruhigt. ❚ die längsten Zeitreihen verfügbar sind. Deutlich wird, dass die Kursschwankungen bei Aktien von US-amerikanischen Unternehmen, die eine Dividende zahlAktionärsfreundliche Dividendenpolitik vor allem in Europa ten, gegenüber Aktiengesellschaften, die keine Gewinne ausschütteten, seit 1975 Anteil an der jährlichen Gesamtperformance der Dividenden und Kursgewinne von 1973 bis 2018 im ­­ geringer waren. Eine Analogie ist auch internationalen Vergleich (annualisiert). für europäische Dividendentitel seit den 12 % 1990er Jahren erkennbar. Wie unsere Berechnungen zeigen, entwickeln sich Dividenden deutlich verlässlicher als die Unternehmensgewinne, wirken also stabilisierend auf die Erträge aus Aktienbesitz. Hinter dieser Entwicklung scheinen die Finanzchefs der Firmen zu stehen, die zu einer deutlich konservativen Dividendenpolitik neigen. Wie eine Studie aus dem Jahr 2005 zeigt, streben die „Chief Financial Officers“ eine langfristige Ausschüttungsquote bei den Dividenden an, während sie Dividendenkürzungen vermeiden wollen,

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10 % 8 %

3,84 %

40,6 %

3,22 %

32,2 %

6 % 4 % 2 % 0 %

5,62 %

2,05 %

6,79 %

34,4 %

3,28 % MSCI Europa

MSCI Nordamerika

Performance-Beitrag-Dividenden

MSCI Pazifik Kursgewinne

Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognose für die Zukunft. Quelle: Datastream, AllianzGI Capital Markets & Thematic Research, Stand: 31.12.2018.

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Ratschlag für Unternehmerfamilien:

Erbschaft- und Schenkungsteuernotfallplanung – auch ohne Schenkungsanlässe Sehr geehrte Frau Dr. Gräfe, Mitte 2016 ist ein neues Erbschaftsteuergesetz in Kraft getreten. Warum sollten sich Unternehmerfamilien Ihrer Meinung nach mit diesem Thema beschäftigen? Die meisten Familien haben ja noch vor Inkrafttreten der Reform ihre Anteile an die nächste Generation übertragen. Dr. Maren Gräfe: Dieses Argument höre ich immer wieder. Aber das bedeutet nicht, dass es für diese Familien keinen Handlungsbedarf gibt. Die Erbschaftsteuerreform war nicht die erste und wird auch sicherlich nicht die letzte sein. Aber derzeit spielen wir mit diesem Schiedsrichter. Festzuhalten ist, dass die Regelungen, die seit Mitte 2016 für die Unternehmensübergaben gelten, den – geplanten und ungeplanten – Generationswechsel in Unternehmen deutlich erschweren und zu einer immensen und teilweise existenzbedrohenden Liquiditätsbelastung werden können.

lyse die Situation für eine große Anzahl von Familienunternehmen in Deutschland „durchgespielt“. Bei den allermeisten von ihnen hat sich herausgestellt, dass sie nur teilweise verschonungsfähig sind. Hier teilt sich nämlich die Bilanz wie bei Aschenputtel auf: in „gutes“ Vermögen – also begünstigtes – und „schlechtes“ – also nicht begünstigtes. Nur für das „gute“ Vermögen ist eine Verschonung möglich.

Die allermeisten Unternehmen müssen daher liquiditätsmäßig vorsorgen. Hierfür muss aber zunächst für Sensibilität hinsichtlich des eigenen Status quo gesorgt werden. Vor diesem Hintergrund ist jeder Inhaber eines Gesellschaftsanteils gehalten, sich zeitnah einen Überblick darüber zu Dr. Maren Gräfe LL. M., Direktorin, Leiteverschaffen, welche Belastung bei einer rin Private Clients Solutions, Pricewater(ungeplanten) Übertragung zu erwarten houseCoopers GmbH, München ist. Hierauf muss auch die Finanzplanung von Inhabern und Gesellschaftern ausgerichtet werden. Bei unseren empirischen Untersuchungen unserer BestandsmanNur dann, wenn man den Status quo kennt und einordnen kann, danten wie auch targetierter Unternehmen haben wir festgestellt, kann man den gegebenenfalls bestehenden Gestaltungsspielraum dass einige Familienunternehmen nach dem Status quo keine weitgehend nutzen. Wie üblich gilt auch hier: GestaltungsspielMöglichkeit hätten, von irgendeiner (anteiligen) sachlichen raum gibt es immer! Steuerbefreiung im Falle einer Übergabe zu profitieren. Wir haben hierzu mittels einer softwarebasierten High-Level-Ana-

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Was heißt das jetzt genau? Können Sie uns ein paar Eckpfeiler des geltenden Rechts auf den Punkt bringen? Dr. Maren Gräfe: Sicher, gern! Ausgangspunkt der Reform war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014. Das Gericht hat im Kern gesagt, dass eine Steuerverschonung bei unternehmerischem Vermögen vor dem Hintergrund der Arbeitsplatzsicherung sowie der geringeren Liquidität gewährt werden muss. Es hat dabei aber festgehalten, dass dieser Sinn und Zweck nicht ohne Blick auf die Größe des Unternehmens bewertet werden darf. Einfach formuliert: Nicht jeder Unternehmer ist arm! Aus diesem Grund darf eine volle Verschonung nicht ohne größenabhängige Aspekte gewährt werden. Zudem wollte das Bundesverfassungsgericht extremen Ausformungen der Gestaltungspraxis entgegenwirken. Aus diesen Gründen gibt es zwei zentrale Veränderungen: Zunächst einmal werden größenabhängig drei Schubladen aufgemacht, in die die Übertragungen von unternehmerischem Vermögen eingeordnet werden. Wird ein Anteil an einem Familienunternehmen übertragen, dessen Wert bis zu 26 Millionen EUR beträgt, so ist grundsätzlich eine sachliche Steuerbefreiung – ähnlich wie es nach früherem Recht der Fall war – möglich. Das bedeutet, dass eine 100- beziehungsweise 85-prozentige Verschonung oder Steuerbefreiung beansprucht werden kann. Wir werden aber gleich noch sehen, dass diese Befreiung nicht zwingend auf das komplette unternehmerische Vermögen gewährt wird, sondern nur noch auf das „gute“ Vermögen. Wird demgegenüber ein Unternehmensanteil übertragen, dessen Wert 26 Millionen EUR überschreitet, so schmilzt der 85- beziehungsweise 100-prozentige Verschonungsabschlag ratierlich ab. Das führt – vereinfacht gesagt – dazu, dass ab einem unternehmerischen Wert von 90 Millionen EUR keine Steuerbefreiung mehr gewährt wird und im Kern erst mal die Zahlung der vollen Steuer fällig ist. Wir kommen später noch auf eine Lösungsmöglichkeit für diese letzte Fallgruppe, also für Erwerbe von Unternehmen mit einem Wert von mindestens 90 Millionen EUR, sogenannte Großerwerbe.

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Aber ist es da nicht eine Lösung, bei größeren Anteilen einfach in kleine Tranchen zu stückeln und nach und nach zu schenken? Dr. Maren Gräfe: Leider nicht wirklich. Das hat der Gesetzgeber vorhergesehen und rechnet deswegen Schenkungen und Übertragungen – auch solche von Todes wegen –, die innerhalb von zehn Jahren von einer Person an einen anderen Erwerber erfolgen, wertmäßig zusammen. Dies gilt übrigens auch für Schenkungen, die vor Inkrafttreten der letzten Reform (Mitte 2016) vollzogen wurden. Das bedeutet, dass die Senioren, die zwar ihre wesentlichen Anteile vor Mitte 2016 verschenkt, aber noch einen Restanteil zurückbehalten haben, ein Problem mit diesem Restanteil haben. Hier muss durch testamentarische Gestaltung vermieden werden, dass dieser Restanteil im Zeitraum bis Mitte 2026 an die gleiche Person übertragen wird. Gegebenenfalls kann sich hier auch der Einsatz von „künstlichen Erwerbern“, nämlich Stiftungen, anbieten. Gut, aber das heißt doch für kleinere Unternehmen, bei denen der gesamte Unternehmens- oder Anteilswert die 26-Millionen-Grenze nicht übersteigt, dass die gleichen Rahmenbedingungen gelten wie früher? Dr. Maren Gräfe: Leider nein. Zunächst einmal wird bei allen drei „Wertschubladen“ für jede Form einer möglichen Steuerverschonung vorausgesetzt, dass das sogenannte Bruttoverwaltungsvermögen (das Verwaltungsvermögen vor Abzug jeglicher Verbindlichkeiten) nicht 90 Prozent des Unternehmenswerts erreicht. Dies ist der sogenannte 90-Prozent-Test. Dieser gilt unabhängig von der Größenordnung des Unternehmens und trifft jede Übertragung. Verwaltungsvermögen? Dabei handelt es sich doch im Wesentlichen um Aspekte wie Cash, Wertpapiere und Dritten zur Nutzung überlassene Immobilien, richtig? Sind es wirklich so viele Unternehmen, die derartige Vermögensgegenstände zu so hohem Anteil auf der Bilanzseite haben? Dr. Maren Gräfe: Da gebe ich Ihnen grundsätzlich recht. Die von Ihnen genannten Vermögenswerte sind sicherlich nicht

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der Standard auf der Bilanzseite produzierender Unternehmen. Problematisch ist aber der Begriff der Finanzmittel, die zum Verwaltungsvermögen gehören. Dabei geht es nämlich nicht nur um Cash, Festgeld, Sichtguthaben et cetera, sondern auch um Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Betroffen sind auch „geleistete Anzahlungen“. Dies ist schwer zu verstehen, da solche Forderungen ja zum operativen Kern der Unternehmen gehören und jetzt vom Gesetzgeber als „schlecht“ eingestuft werden. Bei Personengesellschaften ist insbesondere darauf zu achten, dass Gesellschafterdarlehen beim jeweiligen übertragenden Gesellschafter als Forderungen im Sonderbetriebsvermögen erbschaftsteuerlich Finanzmittel sind. Das bedeutet, dass Unternehmen mit einem hohen Forderungsbestand, zum Beispiel Handelsunternehmen und Unternehmen aus Bereichen des Anlagenbaus, tendenziell ein Problem mit diesem 90-Prozent-Test haben und Gefahr laufen, im Falle eines ungeplanten Erbfalls in ihrer Existenz bedroht zu werden. Dies kommt nach unserer Erfahrung gar nicht so selten vor. Damit ist diese Hürde das „Zünglein an der Waage“. Trotzdem wissen viele Unternehmer hiervon nichts oder machen sich keine Vorstellung von den Details. Das bedeutet, dass jeder Unternehmer beziehungsweise Gesellschafter im Sinne einer Art Notfallplanung als Erstes diese Quote überprüfen und sie auch fortlaufend im Blick behalten muss. Das kann man ja recht einfach anhand der Aktivseite der Bilanz tun, oder? Dr. Maren Gräfe: Wenn man seinen Unternehmenswert kennt. Denn die Bezugsgröße des 90-Prozent-Tests ist der Unternehmenswert. Daran zeigt sich, dass wir zukünftig im Rahmen von Betriebsprüfungen deutlich mehr Diskussionen hinsichtlich der Bewertung führen werden. Deswegen ist hier eine skalierbarere laufende Bewertung notwendig. Auch hier zeigt sich der Vorteil des Einsatzes von Softwarelösungen. Abgesehen davon ist die Ermittlung des Verwaltungsvermögens bei großen Konzernstrukturen ein rechnerischer Irrsinn und nur schwer „von Hand“ zu erledigen.

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Dann lautet das Fazit also: Entwarnung für Unternehmen und Anteile mit einem Wert von bis zu 26 Millionen EUR sowie einer Bruttoverwaltungsvermögensquote von unter 90 Prozent? Dr. Maren Gräfe: Leider nicht ganz. In den allermeisten Fällen gibt es auch bei diesen Erwerben eine verbleibende Steuerbelastung. Dies liegt zum einen daran, dass sowohl der 85- als auch der 100-prozentige Verschonungsabschlag nur auf das „gute“ Vermögen gewährt werden. Gutes Vermögen ist alles, was nicht Verwaltungsvermögen ist. Verwaltungsvermögen kann unter Umständen in den „guten Topf“ wandern, wenn es durch Schuldenverrechnung saldiert wird. Hierbei werden auch bestimmte Freibeträge gewährt. Aber das nach diesen Verrechnungen verbleibende „Nettoverwaltungsvermögen“ ist definitiv zu besteuern. Bei mehrstufigen Konzernstrukturen muss dieses Vermögen von unten nach oben – zur Muttergesellschaft – „hochermittelt“ werden. Es sind auf jeder Stufe 21 Berechnungsschritte erforderlich. Das kann keiner mehr „von Hand“. Zudem ist die 100-prozentige Verschonung nur dann möglich, wenn die sogenannte 20-Prozent-Grenze nicht überschritten ist. Worum handelt es sich dabei? Dr. Maren Gräfe: Diese Grenze bedeutet, dass das Verwaltungsvermögen nach einer möglichen Verrechnung der Finanzmittel mit dem Schuldenbestand nicht mehr als 20 Prozent des Unternehmenswerts ausmachen darf. Diese Quote errechnet sich wiederum etwas anders als beim 90-Prozent-Test. Das zeigt erneut die Komplexität des geltenden Rechts. Umso mehr bedarf es eines kompetenten Überblicks. Aber was ist, wenn ich den 90-Prozent-Test bestehe, die 20-Prozent-Grenze einhalte und nicht über Nettoverwaltungsvermögen verfüge? Ist dann eine 100-prozentige Verschonung des gesamten Vermögens möglich? Dr. Maren Gräfe: Leider auch dann in den meisten Fällen nicht. Sogenanntes junges Verwaltungsvermögen und sogenannte junge Finanzmittel werden nämlich definitiv besteuert. Junges Verwaltungsvermögen ist solches, das dem Betrieb noch nicht

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länger als zwei Jahre zuzurechnen ist. Junge Finanzmittel im Speziellen bezeichnen den positiven Saldo von Einlagen minus Entnahmen in den letzten zwei Jahren. Junges Verwaltungsvermögen inklusive der jungen Finanzmittel kann dabei nicht mit Verbindlichkeiten verrechnet werden. Diese Regelung wirkt sich insbesondere in mehrstufigen Konzernstrukturen mit Zahlungsströmen (Cash-Pooling) von oben nach unten aus – von den Mutter- zu den Tochter- und Enkelgesellschaften. Hier kann es bezüglich desselben Finanzmittelbestands sogar zur mehrfachen Berücksichtigung als junge Finanzmittel kommen. Deshalb sollten einschlägige Finanzierungswege überdacht werden. Was raten Sie Unternehmerfamilien angesichts dieser ernüchternden Erkenntnisse? Dr. Maren Gräfe: Ich empfehle, dass sich jeder Inhaber von Unternehmen oder Unternehmensanteilen auch ohne konkrete Schenkungspläne einen Überblick über die verschiedenen Verwaltungsvermögensquoten in seinem Unternehmen sowie den Unternehmenswert verschafft. Dies muss sogar rollierend erfolgen. Daneben sollte zumindest generisch eine Unternehmensbewertung zur Ermittlung der Bezugsgröße veranlasst werden. Wir arbeiten hierzu mit einer smarten Softwarelösung, mit der wir Unternehmen einen ersten Überblick über Werte und Quoten geben können, ohne dass bereits erhebliche Kosten für eine genaue Berechnung verursacht werden. Im Rahmen eines solchen ersten High-Level-Tests können wir einen Überblick für Kosten von in der Regel zwischen 7.000 und 12.000 EUR geben. Dieser Test kann vierteljährlich aufgefrischt werden – für 3.000 bis 4.000 EUR. Das klingt gut. Aber was ist, wenn sich dabei herausstellt, dass ein Unternehmen ein Problem mit seiner Verwaltungsvermögensquote hat? Dr. Maren Gräfe: Hier können wir bilanzielle Maßnahmen ergreifen. So sollten Gesellschafter von Personengesellschaften ihre Darlehensfinanzierungen gegenüber ihrem Unternehmen

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überdenken. Zudem sollten liquide Bestände aus der Bilanzseite herausgenommen werden. Auch hilft es mitunter, eine starke Eigenkapitalquote zugunsten von Fremdfinanzierungen zu reduzieren. Wertpapiervermögen sollte nicht direkt gehalten werden. Sollten sich auf der Passivseite Pensionsverpflichtungen befinden, so kann überlegt werden, diese durch Verwaltungsvermögensgegenstände der Aktivseite in geeigneter Weise zu besichern. Wie verhält es sich bei den sogenannten Großerwerben, die Sie erwähnt haben? Genügen diese Maßnahmen in solchen Fällen? Dr. Maren Gräfe: Nein. Wie beschrieben gibt es dort keine Steuerfreistellung im Sinne eines Verschonungsabschlags. Allerdings besteht die Möglichkeit einer sogenannten Verschonungsbedarfsprüfung. Dies ist der Antrag auf eine Art Steuererlass. Erlasswürdig ist aber nur ein Erwerber, der „arm“ ist und die Steuer ganz oder teilweise nicht bezahlen kann. Dies können kleine Kinder sein. Aber wenn man diese als Gesellschafter „scheut“, dann bieten sich Familienstiftungen als Erwerber an. Diese sind auch gar nicht so ein Teufelswerk, wie viele Inhaber befürchten. Also lautet das Fazit: Das geltende Recht ist höchst komplex. Man muss sich laufend einen Überblick verschaffen und diesen auch erhalten. Aber es gibt immer Möglichkeiten zur Optimierung. Letztlich bedarf es eines hochspezialisierten Beraters mit klugen Lösungen? Dr. Maren Gräfe: Besser hätte ich es nicht formulieren können. Vielen Dank für das Gespräch. ❚

Das Interview führte Maximilian Kleyboldt vom Netzwerk der Finanz- und Erbschaftsplaner e.V. (www.nfep.de).

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Stiftungen – Hinweise und Fallstricke für Finanzplaner

Thomas Abel: Herr Seifart, ich würde gern auf Ihren Vortrag auf unserem Finanzplanertag in Düsseldorf zu sprechen kommen. Mit Ihren Ausführungen zur Reform des Stiftungsrechts sind Sie auf das uneingeschränkte Interesse der Zuhörer gestoßen. Was kommt auf Stiftungen und uns Berater zu?

muss. In anderen Bundesländern haben Stiftungen im Tagesgeschäft tendenziell eher freie Hand. Das hat tatsächlich schon dazu geführt, dass Stiftungen ihren Sitz in ein anderes Bundesland verlegt haben, um gefühlt freier zu agieren. Es kann aber nicht im Sinne des Stiftungswesens sein, dass man seinen Stiftungsstandort aufgrund von landesrechtlichen Regelungen verlegt.

Jörg Seifart: Vielen Dank noch einmal Thomas Abel: Sie hatten auch ausführlich für das Lob. Ich bin immer wieder gern über die Business Judgement Rule für Stifbei Ihnen zu Gast. In erster Linie werden tungen gesprochen. Geht das ein bisschen Struktur in den Regelungscharakter der in Richtung Compliance für Stiftungen? einzelnen Gesetze und Rechtssicherheit Und sehen Sie da nicht die Gefahr, dass für Stiftungen kommen. Aktuell gibt es Stiftungsgremien die Überbürokratisieneben den wenigen Regelungen im Bürrung droht? gerlichen Gesetzbuch noch 16 verschiedene Landesstiftungsgesetze, die sich in Jörg Seifart: Ja, da liegen Sie von der SaNuancen unterscheiden oder verschieden che her schon ziemlich richtig. Wegen der ausgelegt werden. Jörg Seifart, geschäftsführender Geangesprochenen fehlenden Rechtsprechung Deshalb gibt es eine kaum verallgemeinersellschafter, GfdS Gesellschaft für das haben Sie als Stiftungsverantwortlicher bare Rechtsprechung zu der von vielen StifStiftungswesen m.b.H. – ein überreginämlich genau das Problem, dass es kaum tungsgremien gefürchteten Haftungsfrage. onales Multi Foundation Office mit Sitz Rechtsprechung gibt, an der man sich zu Sehr häufig ist bei den wenigen Urteilen in Düsseldorf seiner eigenen (Rechts-)Sicherheit mit Blick zu Stiftungsfragen eine landesrechtliche auf eine etwaige Haftung orientieren kann und sollte. Regelung (mit-)einschlägig. Ein Urteil, das eine Berliner StifWas hat man also gemacht? Etwas verkürzt dargestellt wurde tung betrifft, ist so nur für andere Berliner Stiftungen relevant. überlegt, sich an anderen vergleichbaren Rechtsformen zu Für Stiftungen in anderen Bundesländern müsste schon der orientieren, zu denen es ausreichende Regelungen und RechtZufall sehr groß sein, dass ausgerechnete diese eine Regelung sprechung gibt. Von der Größe und der Struktur her ist die in deren jeweiligem Landesgesetz genau gleich ist. Unter uns, Aktiengesellschaft mit einer Stiftung ziemlich vergleichbar. das ist erwartbarer Weise bis jetzt noch nicht vorgekommen. Im Aktienrecht gibt es das Leitbild des „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“, das man auch auf Stiftungen Thomas Abel: Da möchte ich doch noch einmal einhaken: übertragen kann. „Struktur in den Regelungscharakter der einzelnen Gesetze“ Für die Vermögensanlage bedeutet dies, dass ein Stiftungsorgan, klingt sehr juristisch. Was müssen sich unsere Leser darunter das bei der Verwaltung des Stiftungsvermögens unter Beachtung vorstellen? der regulatorischen Vorgaben gehandelt hat und dabei vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Jörg Seifart: Stimmt, das klingt fürchterlich komplex, meint aber Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln, nicht geetwas Einfaches. Zukünftig sollen abschließende Regelungen genüber der Stiftung für eintretende Vermögensverluste haftet. im Bürgerlichem Gesetzbuch zu beispielsweise den SatzungsEin Stiftungsgremium muss dokumentieren, dass diese Entund Zweckänderungen sowie der Aufhebung der Stiftung durch scheidung mit den genannten Bedingungen im guten Glauben die Stiftungsorgane oder der Zulegung und Zusammenlegung (ex ante) unter sorgfältiger Risikoabwägung ohne Sonderintevon Stiftungen kommen. Das jeweilige Landesrecht wird sich ressen und sachfremde Einflüsse zustande gekommen ist. Das auf Verfahrensfragen der Beaufsichtigung von Stiftungen beist natürlich bürokratischer Aufwand, der aber entsprechend der schränken. Auch unter den Bundesländern, die normalerweise jeweiligen Stiftungsgröße angemessen sein sollte. Allerdings selbstbewusst auf ihre Eigenständigkeit pochen, ist die Einsicht lohnt sich der Aufwand angesichts der Alternative eines latenten da, einer Vereinheitlichung auf Landesebene und der Abgabe Haftungsrisikos, schließlich liegt ein potenzieller Schaden bei von Kompetenzen an den Bund zuzustimmen. einem Stiftungsvermögen mindestens im sechsstelligen Bereich. Aktuell haben Stiftungen in manchen Bundesländern relativ rigide Pflichten, was von der Stiftungsaufsicht genehmigt werden

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R E C H T | R EG U LI E R U N G | A N A LYS E

Thomas Abel: Mir ist aufgefallen, dass Sie zum Teil im Konjunktiv sprechen. Wie ist denn der Stand der Dinge in der Gesetzgebung und was gilt schon jetzt? Jörg Seifart: Das zu der Business Judgement Rule Gesagte gilt an sich schon immer und wird von vielen professionell aufgestellten Stiftungen zu ihrer eigenen Sicherheit schon seit einiger Zeit angewendet. Um es nochmals zu betonen: Wenn man als Stiftungsverantwortlicher im rechtlichen Niemandsland agieren muss, ist es immer ratsam, sich einem selbstgegebenen Regelwerk zu unterwerfen. So kann man immer dokumentieren, dass man planvoll gehandelt hat. Neu ist nur, dass dieses Leitbild jetzt auch im Gesetz expressis verbis stehen wird. Die Umsetzung des Gesetzes lässt leider noch auf sich warten. Zunächst hat die langwierige Koalitionsfindung das Gesetzesvorhaben länger ruhen lassen, und da die Justizministerin wohl nach der Europawahl wechseln wird, stockt das Verfahren ärgerlicherweise schon wieder. Man hört aus der Szene, dass einige Interessengruppen nochmals mit dem Wunsch nach der gesetzlichen Regelung einer sogenannten Vor-Stiftung und der Festschreibung eines nachträglichen Änderungsrechts eines Stifters aktiv werden wollen. Thomas Abel: Was ist denn eine Vor-Stiftung und würden Sie ein nachträgliches Änderungsrecht eines Stifters begrüßen? Jörg Seifart: Aus dem GmbH-Recht kennt man die „Vor-GmbH“. So eine Vorrechtsform kann es für Stiftungen aus logischen Gründen aber nicht geben. Eine Stiftungsgründung ist formal ein ganz normaler Verwaltungsakt, so wie eine Baugenehmigung. Deshalb kann ein Antrag auf Anerkennung einer Stiftung entweder positiv bescheidungsfähig sein oder er ist es eben nicht. Sollte sich ein Stifter im zweiteren Fall dann entschließen, die Stiftung nicht zu gründen, kann es in diesem Fall eine Vor-Stiftung logischerweise nicht geben. Abgesehen von der Logik ginge das Konstrukt zu Lasten der Rechtssicherheit derer, die ein Rechtsgeschäft mit der Vor-Stiftung getätigt hätten. Worum es bei dem Gedanken geht, ist etwas anderes, was sich anders elegant lösen lässt. Bei der Gründung von rechtsfähigen Stiftungen vor dem Jahreswechsel hat man das Risiko, dass die Stiftung nicht im „alten“ Jahr anerkannt wird. Auch der alte Kniff, auf das Widerrufsrecht zu verzichten, hilft wegen der fehlenden Vor-Stiftung nicht weiter, weil man kein Konto für eine nicht existierende Rechtsperson eröffnen kann und die Zahlung auf ein Notaranderkonto keine Dotierung einer Stiftung ist. In solch einer Konstellation sollte man eine Treuhandstiftung gründen, die mit Unterzeichnung des Treuhandvertrags existiert, damit ein Konto zur Einzahlung des Stiftungsvermögens eröffnet werden kann. Es steht einem noch immer frei, im neuen Jahr einen Rechtsformwechsel vorzunehmen, wenn man denn will. Das nachträgliche Änderungsrecht eines Stifters ist ein schwieriges Thema. Von der Sache her widerspricht es dem Charakter einer Stiftung. Anders als zum Beispiel ein Verein, eine GmbH oder eine AG haben Stiftungen eben keine Mitglieder, Gesellschafter oder Aktionäre, die eine Änderung beschließen könnten. Einem Stiftungsgründer dieses Recht zuzusprechen, wäre eine weitere Ausnahme, die wir für eine etwaige Einzelfallgerechtigkeit konstruieren würden, um uns anschließend zu wundern, warum bei den zahllosen Gesetzen in Deutschland kaum einer mehr durchblickt. Andererseits sind Stiftungsgründungen fast immer vom Willen angetrieben „Gutes zu tun“ , ohne dass der Ewigkeitsaspekt und der Endgültigkeitscharakter bestimmter Regelungen in der notwendigen und angebrachten Tiefe mit den Stiftungsgründern thematisiert wird. Ein Beispiel: Oft wird die Passage zum

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Kapitalerhalt unhinterfragt bei der Gründung aus den Mustern übernommen. Damit unterliegt die Stiftung „urplötzlich“ dem realen Kapitalerhalt, ohne dass das dem Gründer bewusst ist. Ganz offen, angesichts solcher nun wirklich nicht ungewöhnlichen Szenarien spricht zwar Einiges für die Sinnhaftigkeit von nachträglichen Änderungsrechten eines Stifters. Allerdings muss man auch sagen, dass wir von vermeidbaren Anfangsfehlern sprechen, und ob man deshalb ein zusätzliches Änderungsrecht einführen muss – da schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Thomas Abel: Viele Finanzplaner wünschen sich eine Positivbeziehungsweise Negativliste zulässiger Anlagen für Stiftungen. Können Sie uns Hoffnung für den Beratungsalltag machen? Jörg Seifart: Da muss ich Sie leider enttäuschen, aber auch den Gesetzgeber an dieser Stelle in Schutz nehmen. So praktikabel der Wunsch klingen mag, ist das in der Praxis fernab von einer Umsetzbarkeit. Wenn Sie sich die Innovationsstärke der Finanzindustrie vor Augen führen und sich dann überlegen, dass für jedes neue Produkt eine Gesetzesanpassung erfolgen müsste, sehen Sie, dass dieses Anliegen schlicht und ergreifend nicht zu realisieren ist. Ohnehin ist kein Anlageinstrument per se für Stiftungen verboten. Allerdings muss es bei steueroptimierten Produkten oder thesaurierenden Instrumenten schon gute Gründe geben, wenn man sie bei einer Stiftung allokiert. Thomas Abel: Sie sprachen auch über Fallstricke, auf die man als Berater achten muss, wenn man sich in den Gremien einer Stiftung engagiert. Können Sie unseren Lesern einige Hinweise geben? Jörg Seifart: Gerne. Wenn ein Finanzplaner gleichzeitig beauftragt wurde und in den Gremien tätig ist, muss die Satzung eine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens enthalten. Auch für die Honorierung bedarf es einer Regelung in der Satzung, wenn die Mitarbeit im Stiftungsgremium und Verwaltung des Vermögens nicht inhaltlich und idealerweise personell sauber voneinander getrennt sind. In diesem Fall entfiele für den Finanzplaner die Haftungserleichterung der groben Fahrlässigkeit für ehrenamtlich tätige Gremiumsmitglieder. Das Thema Business Judgement Rule kommt natürlich insbesondere dann zum Tragen, wenn unter den Anlageprodukten Angebote vom Arbeitgeber des Gremiumsmitglieds stammen. An dieser Stelle sollte man sich von einer eventuellen Weisungsgebundenheit befreien lassen und sich nicht an einem solchen Gremiumsbeschluss beteiligen, um sich keinen Interessenkollisionen auszusetzen. Es bleiben noch weitere Fragen, wie zum Beispiel, ob der Arbeitgeber des Finanzplaners ein Widerrufsrecht im Falle des Arbeitgeberwechsels hat und ob die Gremientätigkeit in diesem Fall unter ein eventuelles Wettbewerbsverbot fällt. So sinnvoll die Mitarbeit eines Finanzplaners in den Gremien einer Stiftung ist, sollte man im eigenen Interesse Klarheit bezüglich der gegenseitigen Erwartungen schaffen und auf etwaige Interessenkonflikte achten. Was jetzt kompliziert und umständlich klingen mag, ist aber an sich eine Selbstverständlichkeit und dient dem Selbstschutz. Auch soll dies niemanden vom Engagement abschrecken! ❚ Vielen Dank für das Gespräch. Das Interview führte Thomas Abel, Geschäftsführer, IFNP Institut für Finanz- und Nachfolgeplanung GmbH

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Die Geschäftsleitung der VB Select (v. l. Dirk Kretzschmar, Marcel Arndt, Sören Raab, Nico Lippert)

Neues Mitglied des network financial planner e.V.: Vermögensberatung Select AG Von Nico Lippert

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ehr als 140 Berater bundesweit – spezialisiert und unabhängig: Sie bilden das Fundament der Vermögensberatung Select AG (VB Select) mit ihrem Hauptsitz in Leipzig. Das Beraternetzwerk von rechtlich und wirtschaftlich selbstständigen Finanzmaklern, Finanzierungsberatern sowie Investment- und Vermögensspezialisten folgt konsequent einem Leitmotiv: Die Individualität eines jeden Partners ist die Stärke des Netzwerkes und führt gemeinsam zu passgenauen Ergebnissen. Die VB Select wird so zur sicheren Wahl.

Breite Produktpalette Mit ihrem umfassenden Portfolio ist die VB Select der richtige Ansprechpartner bei sämtlichen Finanzfragen. Egal, ob es um Aufgaben in der Vermögensverwaltung geht oder um das langfristige Risikomanagement bei der betrieblichen Altersvorsorge, vorsorgliche Absicherungen oder Planungen für den hoffentlich nie eintretenden Notfall – die Umsetzung des ganzheitlich finanzplanerischen Ansatzes wird stets durch das Hinzuziehen eines spezialisierten Experten möglich. Dies gilt für Privatkunden sowie für Unternehmer und Gewerbetreibende.

Spezialisierung in allen Teildisziplinen Die persönlichen Voraussetzungen der Kunden sowie die steigende Komplexität der gesetzlichen Regulierungen verlangen für den langfristigen Erfolg eine Spezialisierung in den vielfältigen Teildisziplinen der Finanzberatung. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, legt die VB Select seit ihrem Zusammenschluss im Jahr 2009 großen Wert auf den Austausch unter den Experten. Diese verfügen über langjährige Erfahrungen als ehemalige Mitarbeiter von Banken, Sparkassen, Versicherungen und Vertriebsorganisationen. Dabei agiert jeder Berater unabhängig, nutzt jedoch stets die Unterstützung des gesamten Netzwerkes. Besonders deutlich wird dies am Beispiel Finanzierung. Das Know-how der Partner umfasst unter anderem die Finanzierung privater Bauvorhaben oder gewerblicher Immobilienprojekte genauso wie vermögensaufbauende Kapitalanlagen oder den kreditierten Ausbau des Maschinenparks eines Unternehmens.

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Dieses Konzept trägt Früchte. Bundesweit aufgestellt, betreuen die Kooperationspartner der VB Select das Vermögen zahlreicher anspruchsvoller Privat- und Geschäftskunden. Das Partnernetzwerk agiert ausdrücklich banken- sowie anbieterunabhängig und kreiert dadurch passgenaue Lösungen bei gleichzeitiger Flexibilität in einem enorm dynamischen Markt. Partner werden Stichwort Lösung: Wer sich als Berater selbstständig machen möchte oder als Branchenprofi seine berufliche Expertise beziehungsweise das eigene Netzwerk erweitern will, ist bei der VB Select herzlich willkommen. Das freie und unabhängige Beraternetzwerk ermöglicht einem selbstständigen Partner, neue Produktlösungen und Dienstleistungen zu schaffen. So generiert er weitere Mehrwerte für seine

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F Ö R D E R M ITG LI E D E R S T E L L E N SI C H VO R

Kundenbeziehung. Durch eine strukturierte Arbeitsteilung ist jeder Berater in der Lage, sich auf seine Kernkompetenzen zu fokussieren, und hat bei Herausforderungen stets die Möglichkeit, auf die internen Spezialisten zurückzugreifen. Dies ist die Basis, um für die Kunden eine 360°-Beratung/-Finanzplanung umfassend zu realisieren. Klare Wachstumsstrategie Dieser klare Fokus auf die Bedürfnisse der Berater und deren Kunden war der Grundstein für den Erfolg der VB Select. Als Sören Raab und Nico Lippert im Jahr 2009 das Unternehmen mit 26 freien Beratern gründeten, war nicht absehbar, dass zehn Jahre später ein Wachstum auf 141 unabhängige Partner zu verzeichnen sein würde. Sören Raab (studierter Betriebs- und Volkswirt sowie langjähriger Berater im Private Banking der Dresdner Bank) und Nico

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Lippert (Bankfachwirt sowie Vermögensberater und Wertpapierspezialist der Dresdner Bank) haben auch als Vorstände stets die nachhaltige Betreuung ihrer Kundschaft fest im Blick und setzen zugleich auf eine kontinuierliche Wachstumsstrategie. Jüngster Beleg dafür ist die Berufung von Marcel Arndt in den Vorstand. Er ist verantwortlich für den Bereich Partner/Personal. Ergänzt wird die Geschäftsleitung durch Dirk Kretzschmar, der den Geschäftsbereich „Finanzierung Select“ verantwortet. Zielstellung als Fördermitglied „Als Fördermitglied im network financial planner e.V. unterstützen wir gern den Ausbau des finanzplanerischen Ansatzes in der Finanzdienstleistungsbranche“, sagt Vorstand Nico Lippert. „Als ersten Schritt dazu gestalteten wir die Organisation des 1. Leipziger Finanzplanertages mit und präsentierten fachlich das Thema ‚Finanzierung‘. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit.“ ❚


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Faszination excel-basierter Finanzplanung Für viele Anwender ist Excel faszinierend und ein unverzichtbares Werkzeug, das sie mit Freude benutzen. Das gilt für die Arbeitswelt im Allgemeinen und für die Finanzplaner im Speziellen. Von Volker Weg

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der oft in keinem Verhältnis zur Anzahl der erstellten Finanzpläne steht.

er mit Zahlen zu tun hat und regelmäßig Tabellen und Auswertungen erstellt, benutzt mit fast hundertprozentiger Sicherheit Excel. Excel begeistert mit seinen unendlich scheinenden Möglichkeiten und intuitiv leichter Bedienbarkeit. Kein Wunder, dass viele technisch versierte Finanzplaner mit Do-It-Yourself-Planungen in Excel starten und dabei teilweise erstaunlich gute „selbstgestrickte“ Finanzplanungstools entwickeln.

Vorteile excel-basierter Programme/ XPS-Konzept Mit unseren Offline-XPS-Programmen sind wir ganz bewusst in Excel geblieben. Dabei nutzen wir Excel lediglich für die Dateneingabe und den Output von Auswertungen und Analysen. Die Berechnung dazwischen übernimmt ein gekapselter Rechenkern. Ziel ist es, dass der Anwender die Vorteile von Excel individuell nutzen kann und im Hintergrund ein leistungsfähiges Programm für Qualität und Performance sorgt.

Problematik bei selbstgebauten Tools Die selbstgebauten Tools sind weniger detailliert und flexibel als professionelle Programme, bilden dafür aber die spezielle individuelle Sichtweise des Finanzplaners ab. Mit zunehmender Komplexität stoßen die Eigenentwickler aber an Grenzen, insbesondere wenn das Rechenwerk über Formeln abgebildet ist. Hinzu kommt der hohe Zeitaufwand für die Erstellung der einzelnen Pläne und die Pflege der Tools,

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Einige wesentliche Vorteile dieses Konzepts sind: Diplom-Mathematiker Volker Weg ist Geschäftsführer der XPS-Finanzsoftware GmbH und absolvierte eine Ausbildung zum Aktuar (DAV) und Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersvorsorge (IVS)

• Präsentation in PowerPoint und Word-Berichte: Wenn man Microsoft als Programmbasis verlässt, gelingt auch kein komfortables Reporting in PowerPoint und Word mehr. Mit einem excel-basierten Finanzpla-

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nungsprogramm sind individuelle Berichte in Word oder PowerPoint-Präsentationen auf Top-Niveau möglich. Standardmäßige Export-Funktionen, die einige Programme zur Verfügung stellen, können hier bei Weitem nicht mithalten und sind immer mit einem hohen Nachbearbeitungsaufwand verbunden. • Kein Datenverlust bei Vertragsbeendigung wie in datenbank-basierten Systemen: Die meisten Finanzplanungsprogramme speichern die Daten in vermeintlich sicheren Datenbanken. Sicher ist dabei aber auch, dass der Datenerfasser an seine Daten bei Vertragsbeendigung oft nicht mehr herankommt. Das ist wie ein Bankkonto, auf das fleißig einzahlt wird, die Bank bei Kontoauflösung das Guthaben aber nicht mehr herausgibt. • Datenüberblick statt 100 Eingabemasken: Während in klassischen Finanzplanungsprogrammen die Datenerfassung in zahllosen Eingabemasken erfolgt, bietet Excel die Möglichkeit, die Planungsdaten übersichtlich auf einem einzigen Tabellenblatt zu organisieren. Dadurch behält der Finanzplaner den Überblick und hat eine erheblich bessere Parameterkontrolle. Excel-Programme können zusätzlich mit guten Eingabedialogen ausgestattet werden, so dass auf Eingabekomfort nicht verzichtet werden muss. • Formeln und Farben: Bei komplexen Finanzplänen können die Excel-Zellfarben hervorragend genutzt werden, um zusammengehörende Positionen einheitlich einzufärben und damit die visuelle Orientierung zu unterstützen. Einfache Tabellenformeln

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helfen bei der Dateneingabe und sind gleichzeitig Dokumentation. Beispiel: Der Mandant hat ein Monatseinkommen vom 7.500 EUR und bezieht 1,5 zusätzliche Gehälter über Sonderzahlungen. Das Jahresbruttogehalt von 101.250 EUR kann als Excel-Formel „= 13,5 x 7.500 EUR“ eingeben werden. Damit ist gleichzeitig dokumentiert, wie der Jahresbetrag zustande kommt. • Schnittstelle ins Internet: Wer in Excel arbeitet, ist weder unmodern noch muss er auf die Vorteile des Internets verzichten. Unsere Software XPS-Privatfinanz, die für weniger excel-affine Berater und größere Beratungsunternehmen konzipiert ist, bietet webbasierte Finanzplanung und arbeitet mit dem gleichen Rechenkern wie die excel-basierte Lösung. Über Schnittstellen in beiden Richtungen kann der Finanzplaner die in Excel erstellte Planung online stellen und einen Kundenzugang einrichten. Schlussbemerkung Neben den oben beschriebenen Punkten gibt es eine Reihe weiterer Vorteile für excel-basierte Finanzpläne wie beispielsweise leichte Anpassungsmöglichkeit bei Tabellen und Diagrammen, Vermeidung ungewünschter Seitenumbrüche oder Einfachheit von Schnittstellen zu Drittsystemen. Die Freiheit in Excel fördert die Kreativität des Finanzplaners und unterdrückt diese eben nicht, so wie das bei anderen geschlossenen Finanzplanungsprogrammen der Fall ist. Vermutlich ist es die Summe all dieser Vorteile und die Freiheit in Excel, die fasziniert und begeistert. ❚

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Digitales Onboarding-System des VuV vereinfacht den Kundenaufnahmeprozess Auch in der Welt der Vermögensverwaltung ist die Digitalisierung auf dem Vormarsch. Der Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e.V. (VuV) beabsichtigt, den Marktstandard für das digitale Onboarding bei Dienstleistern dieser Branche zu etablieren, und unterstützt seine Mitglieder mit einem neuen digitalen Onboarding-System. Das Tool namens VuV-Kunden-Onboarding-System (VuV-KOS) bietet der Verein in Zusammenarbeit mit dem Kooperationspartner United Signals aus Frankfurt am Main an. Von Frank Engel

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er Verein hat in den vergangenen Jahren mit seinem eigenen Compliance-Management-System (VuV-CMS) sowie der VuV-Akademie den Branchenstandard für die Regulierungsanforderungen und für die Weiterbildung der Vermögensverwalter definiert. Zunehmende Branchenregularien, höhere Anforderungen an die Mitarbeiterqualifizierung und sich wandelnde Marktbedingungen waren seinerzeit die Gründe für den Verband, sein Fortbildungsangebot auszubauen. Daraus resultierte vorausschauend die Gründung einer eigenen Akademie am Standort Frankfurt am Main.

verschiedenen Entstehungsstufen des Tools direkt mit. Der MiFID-II-Prozess wurde zu Beginn intensiv durchleuchtet und analysiert. Im Anschluss daran überlegten die Beteiligten gemeinsam, wie unterschiedliche Herangehensweisen, diverse Tools und verschiedene Prozessbeteiligte unter einen Hut gebracht werden können. Kooperation von VuV und United Signals

Das VuV-KOS bietet der Verband in Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Unternehmen United Signals an, einem Spezialisten im Bereich Finanztechnologien und digitale Vermögensverwaltung. Als Technologiepartner hält United Signals für Mit Weitblick in die Zukunft Vermögensverwalter, Banken und weitere professionelle Finanzdienstleister Lösungen Ebenso vorausschauend agiert der Verband zur Digitalisierung ihrer Kundenangeboauch hinsichtlich der Digitalisierung. Hier Frank Engel, kaufmännischer Geschäftste bereit. Ferner ist die Automatisierung geht der VuV deutlich über die Erkenntnis führer, Verband unabhängiger Vermövon Arbeitsprozessen ein Spezialgebiet. hinaus, dass an der Digitalisierung kein gensverwalter Deutschland e.V. Zusammen mit dem VuV-Fachausschuss Weg vorbeiführt, und macht sich vielmehr Kunden-Onboarding nahmen sich die Spedafür stark, dass die Unternehmen sie für zialisten der neuen Aufgabe an, die sich aus der Erkenntnis ergab, sich nutzen, um beispielsweise Prozesse zu modernisieren. Eine dass es nicht mehr zeitgemäß ist, Prozesse auf Papier zu stützen. Mitgliederbefragung zeigte, dass der Neukundenprozess infolge der Einführung von MiFID II eine Stunde mehr in Anspruch Der Nachteil der bisherigen Vorgehensweise liegt häufig darin, nimmt als zuvor, was eine Verdopplung des zeitlichen Aufwands dass viele unterschiedliche Komponenten − beispielsweise Excel, bedeutet. Der Neukundenprozess ist inhaltlich deutlich umfangOutlook, CRM, Portfoliomanagement, Onlinekontoeröffnung oder reicher geworden. Außerdem stehen die Vermögensverwalter Depotbanktools − zum Einsatz kommen. Ebenso schließen sich unter Kostendruck und müssen versuchen, Kosten zu reduzieren. immer wieder unzählige Schritte an jeden Prozess an. Haben Der Gedanke an Prozessoptimierung durch technische Hilfsmittel sich in Kundengesprächen Änderungen ergeben oder gar Fehler liegt in Zeiten des digitalen Umbruchs nahe. eingeschlichen, muss der manuelle Ablauf von vorn gestartet werden. Darüber hinaus erfordern diese Gespräche allein schon Der Branchenverband geht deshalb nun den nächsten großen zur Erfüllung der Formalien sehr viel Zeit: Namens- und AdressSchritt und bietet seinen Mitgliedsunternehmen die Möglichkeit, daten müssen oft sogar doppelt eingegeben werden. Von den die Digitalisierung des Neukundenprozesses voranzutreiben. nötigen Kopien ganz zu schweigen. Insbesondere im Kontakt Hierbei wird künftig der gegenwärtig papierlastige durch einen mit technikaffinen jüngeren Kunden ist dieser Prozess einfach rein elektronischen Prozess abgelöst. Der Verband sieht sich an nicht mehr zeitgemäß. dieser Stelle als Unterstützer und möchte eine Standardlösung für die gesamte Branche anbieten. So können auch unnötige Andreas Grünewald, Vorstandsvorsitzender des VuV, drückt es Entwicklungs- und Betriebskosten vermieden werden. so aus: „Letztlich ist der Einsatz des neuen VuV-Kunden-Onboarding-Systems ein Zeichen gegenüber dem Kunden und dem Digitalisierung auf Basis bekannter papierlastiger Prozesse Interessenten, dass das Unternehmen modern aufgestellt ist. Die Verwendung moderner Technologie wird vom Kunden als Gemeinsam mit einem Fachausschuss erlebte Frank Engel, Beleg für Kompetenz eingestuft.“ kaufmännischer Geschäftsführer des VuV, als Projektleiter die

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S O F T WA R E

Modernisierung und Zusammenführung von Prozessen

Ein einziges Onboarding-Tool statt verschiedener Systeme

Mit dem VuV-KOS bietet sich nun allen eine nutzerfreundliche Möglichkeit, die eigenen Abläufe künftig digital zu organisieren. Der „Papier-Weg“ wird dabei von einem Prozess abgelöst, der folgende Aspekte umfasst:

Dank der Möglichkeit, verschiedene Depotbanken in das System einzubeziehen, genügt ein einziges Onboarding-Tool. Es müssen nicht unterschiedliche Systeme erlernt und bezahlt werden. Außerdem besteht die Möglichkeit, einen Vertriebszugang online in das System zu integrieren, denn es lässt sich einfach in die Unternehmenswebsite einbinden. Unabhängig von Ort und Zeit kann somit der Interessent eigenständig den digitalen Prozess durchlaufen und zu einem neuen Kunden werden. Andreas Grünewald bestätigt: „Aus eigenen Erfahrungen kann ich sagen, dass wir mitten in einer Umbruchphase stecken. Damit der Interessent das Tool von zu Hause aus leicht nutzen kann, ist die Einbindung auf der Firmenwebsite optimal.“

1. Der Vermögensverwalter verfügt über einen oder mehrere Kooperationsverträge mit Depotbanken, die das VuV-KOS unterstützen. 2. Der Vermögensverwalter führt das Erstgespräch mit dem Interessenten und erfasst die Daten für den WpHG-Bogen gemeinsam mit dem Kunden direkt am Tablet oder Laptop. 3. Nun werden Anlageziele, Kenntnisse, Erfahrungen sowie Risikobereitschaft und -tragfähigkeit des potenziellen Kunden erfragt. 4. A nschließend erfolgt die Empfehlung einer Anlagestrategie (automatisiert oder wie bisher manuell durch den Vermögensverwalter), woraufhin die weiteren für den Vertragsabschluss erforderlichen Kundendaten erfasst werden. 5. Das Tool verarbeitet alle Daten und erstellt automatisch die erforderlichen Vertragsdokumente und Antragsformulare mit den individuellen Kundendaten. 6. Der Kunde unterschreibt elektronisch auf dem Tablet, Laptop oder Smartphone. Im Anschluss daran werden die Dokumente elektronisch an die Depotbank und an den Vermögensverwalter selbst übermittelt. 7. Der Kunde erhält alle Dokumente per gesichertem Download, ausgedruckt oder in beiden Versionen. 8. Das VuV-KOS bildet im ersten Schritt die Prozesse „Kunde werden beim Vermögensverwalter“ und „Kunde werden bei der Depotbank“ digital ab und führt sie zusammen. Zeitnah folgen dann die Ausbaustufen für die Anlageberatung und -vermittlung. Die Lösung verfolgt einen Multibankansatz und es ist geplant, eine Schnittstelle zu den Depotbanken, die mit dem VuV kooperieren, zu integrieren. Der große Vorteil des modernen Tools liegt darin, Zeit und Papier zu sparen. Ebenso bleibt der Vermögensverwalter stets up to date. Dies bedeutet nicht nur, dass es heutzutage im Grunde gar keine Alternative mehr zu digitalen Prozessen gibt, sondern es bedeutet auch, dass der Vermögensverwalter ab sofort jederzeit Änderungen vornehmen kann. Er hat somit die Gewissheit, keine Prozessschritte vergessen zu haben. Zudem ist im VuV-KOS gewährleistet, dass die regulatorischen Rahmenbedingungen in einer dem Proportionalitätsgrundsatz entsprechenden Weise erfüllt sind.

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United Signals hebt des Weiteren die technische Ausgestaltung des Systems hervor: Es kann sehr flexibel an bereits eingesetzte Softwarelösungen (CRM- und Portfoliomanagementsysteme oder auch Online-Marketing-Tools) angebunden werden. Somit lassen sich beispielsweise im CRM-System automatisierte Kundendatenabgleiche oder die Anlage von Neukunden umsetzen, ohne dass der Vermögensverwalter in diesen Prozess manuell eingreifen muss. Damit wird gewährleistet, dass keine Übertragungsfehler entstehen. Da der Kunde im VuV-Kunden-Onboarding-System auch eine Anlageempfehlung auswählt und auf deren Basis den Vermögensverwaltungsvertrag mit passender Anlagerichtlinie abschließt, werden diese kundenrelevanten Daten für die entsprechende Allokation an das Portfoliomanagementsystem weitergeleitet. Zudem können hinterlegte Gebührenmodelle an Abrechnungssysteme übermittelt werden, sodass administrative Tätigkeiten weitestgehend minimiert sind. Das System ist mandantenfähig und ermöglicht es Vermögensverwaltern, die mit Vertriebsorganisationen, Maklerpools oder anderen Zuführern zusammenarbeiten, diesen Mandanten den Prozess digital bereitzustellen. Vermögensverwalter können somit beim Einsatz des VuV-KOS eindeutig von technischen und auch vertrieblichen Synergieeffekten profitieren. Attraktives Preismodell Verbandsmitglieder erhalten ein attraktives Preismodell und profitieren von einer besonders günstigen Einführungsphase. Der Tarif orientiert sich bei den Installationskosten am Aufwand und bei den laufenden Lizenzgebühren an der Anzahl der Neukundenabschlüsse pro Jahr. ❚

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I M M O B I LI E N

Immobilien im Spannungsfeld zwischen Rendite und Liquidität Von Dirk Klinkenberg

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2. Welche Renditekennziffern sind sinnvoll? Auf die Frage, welche Rendite eine Immobilieninvestition abwerfen wird, antwortet der Fachmann: Welche Rendite meinen Sie denn? Deshalb wollen wir uns zunächst mit typischen Renditekennziffern und ihrer Aussagekraft beschäftigen. a) Bruttomietrendite Diese Renditekennziffer wird sehr gern als erster Hinweis genutzt, ob sich eine Investition überhaupt lohnen könnte. Definition: Jahreskaltmiete durch Verkehrswert Unser Wert: 12.000 EUR durch 400.000 EUR = 3,0 % Ergebnis: Aus objektiver Sicht ist die Bruttomietrendite kaum geeignet, um Dirk Klinkenberg, Diplom-Kaufmann, eine qualifizierte Aussage zu treffen, weil Steuerberater bei der CURATOR Treuviel zu viele Einflussfaktoren unbeachtet 1. Die Immobilieneckdaten hand- und Steuerberatungsgesellschaft bleiben – wie zum Beispiel das WertentDie im Folgenden verwendeten MustermbH wicklungspotenzial der Immobilie und die zahlen stammen aus einem realen Kauf­ Höhe des Finanzierungszinssatzes. angebot für eine Eigentumswohnung aus dem Jahr 2018. Die Über den Rohmietenvervielfältiger (Kehrwert der Bruttomiet­ Zahlen wurden zur besseren Nachvollziehbarkeit gerundet. rendite) kann man sagen, dass die Kaltmieten über 400.000 EUR durch 12.000 EUR = 33,33 Jahre unverändert fließen EUR müssen, damit der Kaufpreis (ohne Nebenkosten) an den InvesKaufpreis Gebäude 360.000 tor zurückgeflossen ist. In diesem Fall ein sehr langer Zeitraum. Kaufpreis Grundstück 40.000 An der Bruttomietrendite sollte man sich deshalb weder im positiven noch im negativen Sinn orientieren. Sie kann nur eine Nebenkosten 12 % ganz grobe Richtschnur sein, um Immobilien von vornherein (6,5 % Grunderwerbssteuer, als nicht sinnvoll auszusortieren. 3,5 % Makler, 2 % Notar etc.) 12,0% 48.000 b) Nettomietrendite Gesamtaufwand 448.000 Diese Renditekennziffer erlaubt zumindest einen ersten VerVerkehrswert nach Kauf 400.000 gleich zu einer alternativen Investition in eine Kapitalanlage – vor Finanzierungskosten und Steuern. Prognose Wertsteigerung p.a. 2,0 % 8.000 Definition: Reinertrag (= Jahreskaltmiete minus InstandhalEigenkapitaleinsatz 20,0 % 89.600 tungs- und Verwaltungskosten) durch Verkehrswert Finanzierung 80 % Unser Wert: 8.000 EUR durch 400.000 EUR = 2,0 % Ergebnis: Aus objektiver Sicht ist diese Kennzahl kaum besser Finanzierungsvolumen 358.400 als die Bruttomietrendite. Auch hier bleiben zu viele EinflussAnnuitätendarlehen 10 Jahre fest faktoren unbeachtet. Zinssatz 1,5 % 5.376 Der Vergleich mit einer anderen Kapitalanlage sollte neben dem Renditevergleich auch die völlig unterschiedlichen RisiAnfängliche Tilgung 3,5 % 12.544 ken zwischen zum Beispiel einem internationalen Aktienfonds Annuität p.a. 17.920 und einer Einzelimmobilie berücksichtigen. Diese Kennziffer ist schon besser, aber für unsere Zwecke uninteressant. Instandhaltungskostenpauschale c) Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital 1 % der Anschaffungskosten p.a. 4.000 Diese Renditekennziffer berücksichtigt nicht nur den FinanzieKaltmiete p.a. 12.000 rungszinssatz, sondern auch die Wertentwicklung der Immobilie und wird dadurch deutlich aussagekräftiger. Prognose Mietsteigerung p.a. 2,0 % Definition: Immobilienertrag durch eingesetztes Eigenkapital Der Immobilienertrag wird dabei berechnet als: Kaltmiete plus Wertsteigerung der Immobilie minus Instandhaltung minus Zinsen. ie Nachfrage nach Vermietungsimmobilien ist nach wie vor ungebrochen. Die Einstiegspreise sind dementsprechend gestiegen. Die Renditeerwartungen, die von Immobilienverkäufern (Maklern, Vermittlern etc.) genannt werden, sind Plangrößen, die in der Regel auch weitere Wertsteigerungen beinhalten. Zusätzlich werden die historisch niedrigen Zinsen als Argument genutzt, die „Selbstfinanzierung“ und Sicherheit des Vermögensaufbaus über Immobilien zu betonen. Renditeerwartung und Liquiditätsbelastung laufen aber oft für den Anleger auseinander. Deshalb sollte man bei der Investitionsrechnung beide Ebenen im Auge behalten.

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I M M O B I LI E N

Unsere Werte (in EUR): Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital

1. Jahr

1. Jahr

6. Jahr

alternativ 1

Kaltmiete 12.000 12.000 13.250 Instandhaltung -4.000 -4.000 -4.000 Zinsen -5.376 -5.376 -4.307 Wertentwicklung der Immobilie Vermögensverlust durch Kaufnebenkosten

2,0 %

8.000

8.000

8.833

12,0 % -48.000

Immobilienertrag 10.624 -37.376 13.776 Eingesetztes Eigenkapital 89.600 89.600 89.600 Rendite vor Steuern 11,86 % -41,71 %

15,38 %

Rendite nach Steuern (Spitzen­steuersatz ohne KiSt) 14,55 %

16,92 %

Ergebnis: Allein der Vergleich der beiden Werte für das erste Jahr zeigt, dass nur die kritische Auseinandersetzung mit der Renditekennziffer weiterhilft. 1.) Man sollte nie vergessen: Die Nebenkosten des Erwerbs müssen zwar gezahlt werden, ändern aber nicht den Wert der Immobilie. Dieser Verlust muss im Laufe der Zeit aufgeholt werden. (vgl. „1. Jahr alternativ“) 2.) Erst die Kenntnis der Hintergründe der Berechnung zeigt, welche Einflussfaktoren wirklich eine Rolle spielen. Die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital ist hervorragend und auch deutlich höher als die Bruttomietrendite. Wesentlicher Treiber der Rendite ist die prognostizierte Wert­ entwicklung der Immobilie von 2 Prozent per annum. Sie allein ist im ersten Jahr für 75 Prozent der Gesamtrendite verantwortlich (im 6. Jahr: 64 %). Dieser Effekt wird in der Bruttomiet­ rendite nicht berücksichtigt. Das steuerliche Ergebnis der Immobilie ist negativ 2. Deshalb ist die Rendite nach Steuern sogar höher als vor Steuern. d) Rendite auf das Nettovermögen (gebundenes Eigenkapital) Diese Renditekennziffer unterscheidet sich von der vorhergehenden dadurch, dass hier der Immobilienertrag in Relation zum sich verändernden Nettovermögen (gebundenes Eigenkapital) ermittelt wird. Definition: Immobilienertrag durch Nettovermögen Unsere Werte (in EUR): Rendite auf das Nettovermögen

1. Jahr

6. Jahr

Immobilienertrag (siehe oben)

10.624

13.776

Nettovermögen (nach) Kauf bzw. Anfang 6. Jahr

41.600

148.301

Rendite vor Steuern 25,54 %

9,29 %

Rendite nach Steuern (Spitzen­steuersatz ohne KiSt) 31,33 %

FINANCIAL 02.2019 PLANNING

Ergebnis: Diese Renditekennziffer bildet die Renditeentwicklung einer Immobilie im Grundsatz noch besser ab. Aber an einer Stelle ist große Vorsicht geboten. Weil wir uns auf das Nettovermögen nach Kauf beziehen, führt eine Steigerung des Anfangsverlustes mathematisch zu einer höheren Rendite. In unserem Fall ist die Rendite im ersten Jahr deutlich erhöht, weil der Vermögensverlust durch die Kaufnebenkosten das Nettovermögen stark reduziert . 89.600 EUR Eigenkapitaleinsatz minus 48.000 EUR Vermögensverlust durch Kaufnebenkosten 41.600 EUR Nettovermögen nach Kaufvorgang Wenn man ein Eigenkapital exakt in Höhe der Kaufnebenkosten einsetzen würde (100 % Finanzierung bezogen auf den Immobilienwert), wäre das Nettovermögen nach Kauf 0 EUR. Bei einem positiven Ertrag hätte man eine unendlich hohe Rendite. Dieses Paradoxon kann man sich als Immobilienverkäufer zunutze machen. Ein geringer Eigenkapitaleinsatz in der Musterberechnung puscht die Rendite dann genau so weit nach oben, dass sie attraktiv ist, aber gerade noch glaubwürdig. Obwohl der absolute Ertrag in unserem Beispiel vom ersten bis zum sechsten Jahr um fast 30 Prozent steigt, sinkt die Rendite auf das Nettovermögen bis zum sechsten Jahr deutlich, weil das Nettovermögen durch die Darlehenstilgung um 356 Prozent steigt. Wir halten fest: a) „Glaube keiner Renditekennziffer, von der du nicht weißt, wie sie berechnet wurde.“ b) „Versuche die mathematischen Zusammenhänge zu verstehen, damit du nicht aufs Glatteis geführt wirst.“ 3. Veränderung der Rendite durch die aktuelle Niedrigzinssituation Jetzt wollen wir uns anschauen, wie sich die Renditen durch die gesunkenen Zinsen verändert haben. In unseren Alternativberechnungen lassen wir alle Werte gleich und verdoppeln den Zinssatz von 1,5 Prozent auf 3,0 Prozent. Das erscheint in unserer heutigen Zinslandschaft sehr viel. Mit Veränderung der Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital

1. Jahr

6. Jahr

Rendite nach Steuern (bei 1,5% Zinsen) 14,55 %

16,92 %

Rendite nach Steuern (bei 3,0% Zinsen) 11,21 %

14,30 %

Veränderung in Prozentpunkten -3,34 %

-2,62 %

Veränderung der Rendite auf das Nettovermögen

1. Jahr

6. Jahr

Rendite nach Steuern (bei 1,5% Zinsen) 31,33 %

10,22 %

Rendite nach Steuern (bei 3,0% Zinsen) 24,14 %

8,50 %

Veränderung in Prozentpunkten -7,19 %

-1,72 %

Blick auf die Zinskurve können wir aber sehen, dass dies ein Wert ist, mit dem wir noch im Jahr 2012 kalkulieren mussten.

1 Unter Berücksichtigung des Vermögensverlustes in Höhe der Kaufneben-

kosten.

10,22 %

2 Die Werbungskosten (Zinsen, AfA, Instandhaltung etc.) sind höher als die

Mieteinnahmen.

39


I M M O B I LI E N

Ergebnis: Der niedrige Zinssatz bei sonst gleichen Bedingungen hat einen deutlichen Einfluss auf die laufende Rendite. Dieser Umstand ist nicht überraschend und überall nachzulesen. Mit der folgenden Darstellung soll aber klargemacht werden, dass die laufende Rendite nur ein Aspekt einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist. 4. Die Gesamtrendite über die Laufzeit entscheidet Ob sich eine Immobilie wirklich rechnet, weiß man immer erst, wenn man sie wieder verkauft hat oder alternativ zum Ende des Betrachtungszeitraums realistisch bewerten lässt. Wir wollen uns die Gesamtrendite für unsere Beispielimmobilie mit der hervorragenden laufenden Rendite anschauen. Dazu wählen wir einen Zeitraum von 10 Jahren. Dann haben wir den ersten realistischen Handlungszeitpunkt. Nach Ablauf der Zinsbindung besteht Handlungsfreiheit hinsichtlich der Finanzierung (keine Vorfälligkeitsentschädigungen bei Tilgung). Zudem ist steuerlich die 10-Jahres-Frist des sogenannten privaten Veräußerungsgeschäfts nach Paragraf 23 Absatz 1 Nummer 1 Einkommensteuergesetz (EStG) abgelaufen. Der Verkauf ist steuerfrei. Unsere Überlegung lautet jetzt: Welches Kapital erhalten wir am Ende der 10 Jahre, wenn wir am Anfang 89.600 EUR bereitstellen, und welcher durchschnittlichen Verzinsung entspricht dies? Die Berechnungen sind zu umfangreich, um sie hier komplett abzubilden. Deshalb wollen wir uns auf die Darstellung der Ergebnisse von drei denkbaren Szenarien beschränken: 1

2

3

Keine AusHöherer Wertsteigangslage Zinssatz gerung Szenario 1,50 %

3,00 %

1,50 %

Wertsteigerung Immobilie 2,00 %

Zinssatz Darlehen

2,00 %

0,00 %

EUR Eigenkapitaleinsatz 89.600

EUR

89.600

EUR

89.600

Vermögensverlust Nebenkosten -48.000

-48.000

-48.000

Nettovermögen nach Kauf 41.600

41.600

41.600

Summe liquide Ergebnisse der ersten 10 Jahre nach Steuern (laufende Investition) -72.234 -105.923 -72.234 Wert der Immobilie nach 10 Jahren 487.957

487.957 400.000

Restschuld Darlehen nach 10 Jahren 3 -233.198 -212.368 -223.198

Welchen Durchschnittszinssatz braucht eine Kapitalanlage, wenn man bereit ist, die liquiden Unterdeckungen der Immobilie gleichmäßig in diese Kapitalanlage zu sparen, damit man nach 10 Jahren das gleiche Endvermögen erreicht? Bei Thesaurierung der Zinsen 4,07 %

1,02 %

-1,27 %

Kritische Betrachtung des Ergebnisses: a) Potenzielle Wertsteigerung der Immobilie Die Auswirkungen einer Veränderung des Zinssatzes (Vergleich Szenario 1 mit 2) sind beachtlich, aber viel geringer als die Auswirkungen einer Veränderung des Wertsteigerungspotenzials der Immobilie (Vergleich Szenario 1 mit 3). Es gilt der alte Kaufmannsspruch: „Der Gewinn liegt im Einkauf.“ Nur wenn für eine Immobilie ein Preis bezahlt wird, der bis zum Zeitpunkt einer möglichen Veräußerung eine Wertsteigerung zulässt, wird man eine gute Rendite erhalten. Deshalb sollte man sich sehr viel mehr mit den Entwicklungsperspektiven des jeweiligen Immobilienstandortes beschäftigten als mit dem letzten Zehntel des Zinssatzes. Wie ist am jeweiligen Standort der Wohnraumbedarf – nicht jetzt, sondern in 10 oder 20 Jahren? Wächst diese Stadt durch eine gute Arbeitsmarktsituation oder nicht? Und so weiter. Wenn unsere Musterimmobilie nach 10 Jahren aufgrund eines überhöhten Kaufpreises oder einer schlechten Entwicklung des Standortes keine Wertsteigerung erzielt, wäre die Rendite negativ. Anders formuliert: 10 Jahre haben noch nicht ausgereicht, um trotz guter laufender Rendite den Verlust der Anschaffungsnebenkosten zu kompensieren. Die Laufzeitrendite wird erst bei einer längeren Haltedauer positiv. b) Notwendiger Zwangssparplan Trotzdem darf nicht unterschätzt werden, dass das geringe Zinsniveau zu einer deutlichen Liquiditätsentlastung beiträgt. In unserem Beispiel sinkt die durchschnittliche liquide Belastung pro Jahr = der Zwangssparplan in die Immobilie durch den Zinssatz von 1,5 Prozent auf 7.223 EUR per annum gegenüber 10.592 EUR bei einem Zinssatz von 3,0 Prozent. Der Vergleich mit der Kapitalanlage ist nicht nur auf Ebene der Rendite zu ziehen. Ein Sparplan in eine Kapitalanlage kann jederzeit gestoppt werden und – je nach Anlageform – kann auch das eingesetzte Startkapital kurzfristig wieder zu Liquidität gemacht werden. Deshalb sollte die Rendite einer Immobilie immer höher sein als die einer alternativen Kapitalanlage. 5. Verlieren Sie Ihre Liquidität nicht aus den Augen! Unsere Musterimmobilie ist zu einem günstigen Zinssatz finanziert und hat eine gute Nettovermögensrendite, wenn sich das Wertsteigerungspotenzial auch realisiert. Das liquide Ergebnis ist in den nächsten Jahren aber immer negativ. 3 Bei gleicher anfänglicher Tilgung wird ein Annuitätendarlehen umso

Nettovermögen nach 10 Jahren 4 224.125

211.266

Investiertes Kapital über die 10 Jahre 5 161.834

195.532 161.834

Ergebnis: Vermögenszuwachs nach 10 Jahren 62.291

15.734 -15.666

146.168

schneller zurückgezahlt, je höher der Zinssatz ist. Ursache: Die ersparten Zinsen, die in der nächsten Rate zu Tilgung werden, sind bei höheren ­Zinssätzen eben auch höher. 4 Summe aus:

Nettovermögen nach Kauf +/- laufende Investitionen + Wert der Immobilie - Restschuld der Darlehen 5 Eigenkapital + laufende Investitionen

40

FINANCIAL PLANNING 02.2019


I M M O B I LI E N

Laufende Liquidität (in EUR)

1. Jahr

3. Jahr

6. Jahr

Kaltmiete 12.000 12.485 13.250 Instandhaltungspauschale -4.000 -4.000 -4.000 Annuität -17.920 -17.920 -17.920 Liquides Ergebnis vor Steuern -9.920

-9.485

-8.670

Steuerentlastung 2.410 2.096 1.383 Liquides Ergebnis nach Steuern -7.510

-7.389

-7.287

In den nächsten 10 Jahren muss für diese Immobilie nach Steuern eine Liquidität von 72.000 EUR aus zukünftigem Einkommen oder anderem Vermögen bereitgestellt werden. Das sind im Schnitt 7.200 EUR pro Jahr beziehungsweise 600 EUR pro Monat. Wenn man diese Immobilie kauft und 10 Jahre behält, bindet man also sein Eigenkapital zweimal: 1.) Das vorhandene Eigenkapital von 89.600 EUR steckt für die nächsten 10 Jahre in der Immobilie. 2.) Zudem hat man einen auf 10 Jahre verbindlichen monatlichen Dauerauftrag über 600 EUR abgeschlossen. Dieser – gut verzinste – „Sparplan“ kann dann nicht so einfach gestoppt werden, sondern beschränkt die zukünftige monatlich frei verfügbare Liquidität. 6. Zusammenhang zwischen Liquiditätsbedarf und Vermögens­ entwicklung Um diesen Zusammenhang darzustellen, sollte man das liquide Ergebnis nach Steuern auf einem fiktiven Immobilienkonto fortschreiben und damit die klassische Betrachtung der Vermögensentwicklung ergänzen: Wert der Immobilie zum jeweiligen Stichtag minus Restschuld der Finanzierung zum jeweiligen Stichtag gleich Nettovermögen zum jeweiligen Stichtag erweitern um plus/minus Stand des fiktiven Immobilienkontos zum jeweiligen Stichtag gleich „echte“ Nettovermögensentwicklung Die Grafik zeigt, dass (ohne Alternativverzinsung) in der kumulierten Betrachtung bis zum Ende der Finanzierung im 23. Jahr

insgesamt 182.385 EUR aus zukünftigem Einkommen oder anderem Vermögen in die Immobilie investiert werden müssen, um sie zu unterhalten. Erst danach kommt es zu liquiden Rückflüssen. Dies zeigt auch deutlich, wie wichtig die Abstimmung zwischen Finanzierungsende und gewünschtem Renteneintritt ist. Dieser zukünftige Liquiditätsbedarf sollte aber nicht dahingehend interpretiert werden, dass es sich hier um Verluste handelt. Es geht um Liquiditätsbindung analog einer laufenden Einzahlung in ein Aktiendepot. Der Unterschied liegt darin, dass es sich hier um einen „Zwangssparplan“ handelt, während beim Aktienfonds der Sparplan jederzeit sofort beendet werden kann. Man kann erkennen, dass trotz des Liquiditätsbedarfs in der Summe ein Vermögenszuwachs stattfindet. Aus dem eingesetzten Eigenkapital von 89.600 EUR ist bis zum Ende der Finanzierung immerhin ein Nettovermögen von 448.374 EUR geworden. Die Aufstellung einer Liquiditätsplanung mithilfe einer professionellen Finanzplanungssoftware kann deshalb die Entscheidungsgrundlage für eine Immobilieninvestition entscheidend verbessern 6. 7. Fazit Glauben Sie keiner Renditeberechnung, die Sie nicht wirklich verstehen und deren Berechnungsgrundlagen Sie nicht kennen. Es gilt noch immer: „Lage, Lage, Lage.“ Nur wenn der Kaufpreis ein Wertwachstum in den nächsten 10 bis 20 Jahren zulässt, kann am Ende eine vernünftige Rendite herauskommen. Ein überteuerter „Einkauf“ ruiniert jede Kalkulation. Beschäftigen Sie sich mit dem Wohnraumbedarf und der Arbeitsmarktsituation am Standort der Immobilie – nicht nur zum heutigen Zeitpunkt, sondern auch für den Zeitpunkt in 10 oder 20 Jahren. Beurteilen Sie, ob die Wohnungsgröße zum Wohnraumbedarf am Standort passt (Universitätsstadt etc.). Rendite ist wichtig. Die Liquiditätswirkung nach Kauf darf aber nicht aus den Augen verloren werden. Immobilien binden nicht nur das vorhandene Eigenkapital, sondern oft auch einen Teil der zukünftigen Liquidität des Investors. Wenn am Ende weniger Rendite herausgekommen ist, kann man das verkraften. Wenn die Vermietungsimmobilie die Liquidität für einen angemessenen Lebensstandard raubt, ist das Problem viel größer. Genau diese Fragen sollte man sich als Vermieter natürlich nicht nur für zukünftige Investitionen stellen, sondern auch für die bestehenden Vermietungsimmobilien durchrechnen. ❚

900.000

675.000

450.000

Nettovermögen 225.000

fikt. Immo.-Kto. 31.12.

0

Nettoverm. inkl. Immo.-Kto.

-225.000 1

3

5

7

9

11

13

15

17

19

21

23

25

27

29

31

33

35

37

39

6 Alle Zahlen wurden mit der Finanzplanungssoftware PriMa plan berechnet; www.instrumenta.de.

FINANCIAL 02.2019 PLANNING

41


I M M O B I LI E N

Vermögensaufbau mit Sachwerten Von Manuela Tränkel

D

gangenen Jahren bis 2018 auch meistens funktionierte.

ie durch die EZB ausgelöste exorbitante Liquiditätsschwemme führte zu einer noch nie gesehenen Episode von 30 Jahren fallender Zinsen. Konkret gesagt sprach Notenbankchef Mario Draghi mit den Worten „Whatever it takes“ aus, dass die EZB alles tun wird, was nötig ist, um die Märkte zu stabilisieren. Dies hat zur Folge, dass derzeit in Deutschland Milliarden EUR Geldvermögen privater Haushalte keine Zinsen mehr erwirtschaften. Die Nullzinspolitik in Verbindung mit Negativzinsen hat einen Paradigmenwechsel ausgelöst, infolgedessen Sachwerte wie Immobilien und Aktien einen regelrechten Boom erleben.

Auf der Suche nach Rendite ist die richtige Assetallokation das Herzstück des Investmenterfolges und es kommt auf den richtigen Mix zum richtigen Zeitpunkt an. Anders als bei unverzinslichen Sparbüchern oder deutschen Staatsanleihen nach dem Motto „Where you put your money to die“ ist ein multidimensionaler Analyseprozess erforderlich, um geeignete Märkte und Assetklassen zu identifizieren und so die gewünschten Renditen zu erwirtschaften. „Where you put your money to work“

Entscheidend sind neben aktueller MarktDie Schattenseite dabei ist, dass ein risibewertung der Ausblick und die Einflusskofreier Zins (risikofreie Rendite) zu einem faktoren der Konjunktur-, Wirtschafts- und renditefreien Risiko geworden ist. ImmaManuela Tränkel, Portfoliomanagerin, Notenbankpolitik sowie geopolitischer Rinenterweise haben sich auch die Risiken Mandura Asset Management AG siken auf Finanz- und Kapitalmärkte und verlagert und eine 30-jährige deutsche deren Auswirkungen auf die Gewinnentwicklung von Aktien Bundesanleihe dürfte zu einem sicheren Verlustgeschäft geund Spreads bei festverzinslichen Wertpapieren. worden sein. Für die Kapitalallokation zugrunde gelegte CAPMs – Capital-Asset-Pricing-Modelle – können langfristig zu einer Der Index MSCI World hat im Durchschnitt über 8 Prozent Fehlallokation von Kapital führen, eben weil der risikofreie Rendite per annum eingebracht, der Technologieindex Nasdaq Zinssatz mit null die Berechnungen verfälscht. aufgrund der Tech-Giganten Amazon und Apple, die 2018 jeweils 1 Billion USD Marktkapitalisierung erreicht haben, Die vergangenen Jahre seit der Lehman-Pleite 2008 waren sogar bedeutend mehr. Der Nasdaq-Index besteht zu rund ein Eldorado für Assetmanager und sowohl bei Aktien als 40 Prozent aus den sogenannten 5 FAANG-Aktien Facebook, auch bei Anleihen wurden stetig Vermögenszuwächse erzielt. Amazon, Apple, Netflix und Google. In China repräsentieren Bei festverzinslichen Wertpapieren wie beispielsweise einer die Indexschwergewichte Alibaba und Tencent rund 1/5 der 10-jährigen deutschen Bundesanleihe konnte das aber nur so Marktkapitalisierung. lange funktionieren, wie zinsänderungsbedingte Kursrisiken Der DAX wiederum ist ein Performanceindex und schüttet allein durch weiter fallende Zinsen aufgefangen werden. Das heißt, um 2019 rund 50 Milliarden EUR Dividenden aus. Würde man den weiterhin eine Verzinsung von 6 Prozent zu erhalten, müssen DAX als Kursindex betrachten, läge der Indexstand unter dem die Zinsen um circa 1 Prozent pro Jahr fallen, was in den ver-

Rendite von 10 jährigen Staatsanleihen

16,00%

16,00%

Jan. 19

Jan. 18

Jan. 17

Jan. 16

Jan. 15

Jan. 14

Jan. 13

Jan. 12

Jan. 11

Jan. 10

Jan. 09

Jan. 08

Jan. 07

Jan. 06

Jan. 05

USA

Jan. 04

Jan. 03

Jan. 02

Deutschland

Jan. 01

Jan. 00

Jan. 99

Jan. 98

-2,00%

Jan. 97

-2,00%

Jan. 96

0,00%

Jan. 95

0,00%

Jan. 94

2,00%

Jan. 93

2,00%

Jan. 92

4,00%

Jan. 91

4,00%

Jan. 90

6,00%

Jan. 89

6,00%

Jan. 88

8,00%

Jan. 87

8,00%

Jan. 86

10,00%

Jan. 85

10,00%

Jan. 84

12,00%

Jan. 83

12,00%

Jan. 82

14,00%

Jan. 81

14,00%

6

10-jährige Staatsanleihen D und USA seit Januar 1981

42

FINANCIAL PLANNING 02.2019


I M M O B I LI E N Renditen von 10-jährigen Staatsanleihen 7

8

5,25

5,75

3,5 3,5 1,75

1,25

0

-1,75 Jan/ 07 Aug/ 07 Mar/ 08 Oct/ 08 May/ 09 Dec/ 09 Jul/ 10 Feb/ 11 Sept/ 11 Apr/ 12 Nov/ 12 Jun-13 Jan-14 Aug-14 Mar-15 Oct-15 May-16 Dec-16 Jul-17 Feb-18 Sept-18

Spanien

Deutschland

Euroraum

USA

Japan

-1

Italien

Spreads europäischer Staatsanleihen seit Januar 2007

Aktienindices in Euro basiert auf DAX Januar 2007

33.000,00

3

33000,00

25.500,00

25500,00

18.000,00

18000,00

10.500,00

10500,00

3.000,00

3000,00

Jan/ 07 Aug/ 07 Mar/ 08 Oct/ 08 May/ 09 Dec/ 09 Jul/ 10 Feb/ 11 Sept/ 11 Apr/ 12 Nov/ 12 Jun-13 Jan-14 Aug-14 Mar-15 Oct-15 May-16 Dec-16 Jul-17 Feb-18 Sept-18

Aktienindices in Euro basiert auf Dax Januar 2007 DAX

S&P 500

Shanghai A

ESToxxP

Stand im Jahr 2001. Seit 1950 ist die Aktienrendite in Deutschland höher als die der Immobilien. Die Immobilienpreise stiegen von 1980 bis 2015 im Durchschnitt um 4,1 Prozent; Aktiensteigerungen waren im zweistelligen Bereich. Über einen längeren Zeitraum von rund 150 Jahren von 1870 bis heute erzielten Immobilieninvestments eine höhere Durchschnittsrendite als Aktien. Die Marktgegebenheiten resultieren im Wesentlichen aus Konjunktur- und Wirtschaftszyklus, Notenbankpolitik sowie geopolitischen Geschehnissen und sind flankiert durch Marktsentiment und Börsenpsychologie. Der hohe Verflechtungsgrad und wechselseitige Abhängigkeiten zeigen sich beispielsweise daran, dass bei stärkerer Aufwertung des US-Dollars, Emerging-Markets-Währungen tendenziell unter Druck kommen, da diese Länder oft in der Hartwährung USD und nicht in lokaler Währung verschuldet sind. Aufgrund starker Abwertungen einzelner Währungen können diese wiederum ab einem bestimmten Zeitpunkt unterwertet sein und nicht mehr die Wirtschaftskraft des jeweiligen Landes widerspiegeln. Aktuell dominieren widersprüchliche Signale wie Rezessions-

FINANCIAL 02.2019 PLANNING

Nikkei225

MSCI EM

NASDAQ 100

ängste und eine invers werdende Zinsstrukturkurve einerseits 7 und Unternehmensgewinne, die sich zwar abschwächen, aber immer noch in einem langfristigen Durchschnittsbereich liegen, andererseits die Märkte. Die größte Herausforderung besteht nicht in der Vorhersage von Marktbewegungen, sondern in der Analyse von Wachstumspotenzialen, um so ein Portfolio zusammenzustellen, das sich in möglichst vielen Marktphasen gut entwickelt. Neben Wirtschaftszyklus und Konjunkturentwicklung kommt den Notenbanken derzeit eine noch zentralere Rolle als in den vergangenen Jahren zu. Die internationalen Börsen befinden sich im Würgegriff der Fiskal- und Geldpolitik und ob die Konjunktur der Zinsentwicklung oder die Zinsen der Konjunkturentwicklung folgen, ist ebenso wie die Unabhängigkeit der Notenbanken manchmal schwer zu beurteilen. Generell befindet sich der Markt eher am Ende des Zinserhöhungszyklus. Der sich abschwächende Welthandel, eine Abschwächung von Märkten durch Handelskriege und sich verlangsamende Wirtschaftsdynamik haben Spuren in der Kon-

43


I M M O B I LI E N

junkturentwicklung hinterlassen und führen insgesamt zu einer leichten Abschwächung des weltweiten Wirtschaftswachstums. Die Notenbanken nehmen dies zum Anlass, mit einer insgesamt weniger restriktiven Politik diesem Trend entgegenzuwirken. So erfolgte eine Stimulation der Wirtschaft durch die amerikanische Notenbank Fed, als im Dezember 2018 von den Märkten eine Rezession eingepreist wurde, die Marktverwerfungen und weltweit stark fallende Kurse auslöste. Die Gesamtverschuldung ist für die Mehrheit der Industrie- und Entwicklungsländer nach der Finanzkrise weiter gestiegen. Dies könnte das Potenzialwachstum der Weltwirtschaft belasten und zu einer stärkeren Krisenanfälligkeit führen. Dennoch verzeichnen die Emerging Markets im laufenden Jahr das kräftigste EPS-Wachstum, das heißt, der Gewinn je Aktie steigt hier stärker als in den Industrienationen. Innerhalb einer Anlageklasse verhalten sich einzelne Subsegmente unterschiedlich. Ausgehend von den Anlageklassen Aktien, Geldmarkt, Staatsanleihen, High Yield, Credit, Rohstoffe, Immobilien, Private Equity und Commodities entwickeln sich diese sowohl regional als auch segmentmäßig nicht gleichförmig. Auf der Suche nach

Rendite sind Analysen der Fundamentalbewertungen von Blue Chips versus Small Caps, Value versus Growth oder USA versus China oder Europa sowie bei festverzinslichen Wertpapieren die Duration – also lang- versus kurzlaufend – und bei Immobilien Standort und Mietrendite erfolgsentscheidend, um das aktuelle Bewertungsniveau zu plausibilisieren und perspektivische Wertsteigerungspotenziale zu identifizieren. Blue Chips versus Small Caps Immanenterweise unterliegen Aktien Schwankungen. Auf einen Bärenmarkt, in dem die Kurse um 20 Prozent oder mehr fallen, folgt stets ein Bullenmarkt, in dem die Verluste ausgeglichen werden. So hatte der amerikanische Dow-Jones-Index im Dezember 2018 den größten Monatsverlust seit Dezember 1931 verzeichnet. Diese Verluste wurden aber im ersten Quartal 2019 wieder aufgeholt. Auch nach dem Platzen der Immobilienblase in den USA, in der die Immobilienpreise abstürzten, was die Lehman-Pleite und eine Finanzkrise mit einem weltweiten Aktiencrash zur Folge hatte, haben sich die Märkte in den Folgejahren wieder erholt und sogar neue Höchststände erreicht.

Deutscher Aktienmarkt 24000

19000

14000

9000

4000 1/4/10 6/17/10 11/26/10 5/13/11 10/24/11 4/4/12 9/18/12 3/6/13 8/20/13 2/5/14 7/22/14 1/8/15 6/25/15 12/4/15 5/25/16 11/4/16 4/20/17 10/4/17 3/21/18 9/5/18 2/22/19

DAX

MDAX

TECDAX

SDAX

Deutscher Aktienmarkt

4

Aktienmarkt Europa 10000

8250

6500

4750

3000 1/4/10 6/30/10 12/22/10 6/17/11 12/9/11 6/6/12 11/28/12 5/29/13 11/20/13 5/21/14 11/12/14 5/13/15 11/4/15 5/3/16 10/25/16 4/21/17 10/13/17 4/13/18 10/5/18 4/3/19

EuroStoxx 50 P

Aktienmarkt Europa

44

Euro SmallStoxx P

5

FINANCIAL PLANNING 02.2019


I M M O B I LI E N

Sentiment und Börsenpsychologie Neben der Bewertung der fundamentalen Kennzahlen spielen aber auch Saisonalität und Sentiment sowie Börsenpsychologie eine nicht unerhebliche Rolle. Warren Buffett hat einmal erwähnt, dass die Hall of Fame der Market Timer ein leerer Raum ist. Börsen können in einem Ausverkaufsmodus oder in einer Blasenbildung irrational sein und das auch über längere Zeit bleiben. Märkte neigen dazu, überzureagieren, und es ist extrem schwierig, Börsenentwicklungen kurzfristig zu timen. Angst und Gier sind dennoch schlechte Ratgeber bei der Geldanlage und für den Anlageerfolg ist entscheidend, sich ein profundes Bild zu machen. Mittels einer fundamentalen Bewertung einzelner Märkte und Marktsegmente zeigen sich Unter- oder Überwertungen des Preisniveaus. Charakteristika und Korrelationen einzelner Assetklassen Die Charakteristika, die Bewertung und das Verhalten einzelner Assetklassen in unterschiedlichen Marktphasen und Konjunkturzyklen sind entscheidend für einen ausgewogenen Anlagenmix und regelmäßiges Rebalancing.

Investmentfonds oder ein ETF das bessere Investment ist, hängt von dem Zielmarkt ab und davon, ob dieser eine höhere Expertise und komplexere Kenntnisse verlangt. Bei der Betrachtung von Investments in aktiv gemanagte Fonds werden Manager und Strategien analysiert und evaluiert, ob diese in der Lage sind, nachhaltig und unter sich ändernden Marktgegebenheiten Alpha zu erwirtschaften. Eine überlegene Strategie hat benchmarkunabhängig durch Bottom-up-Unternehmens- und Sektoranalysen einen Active-Share-Anteil und kann je nach Konjunkturzyklus defensiver oder zyklischer aufgestellt sein, um das Wachstumspotenzial bei definiertem Risikoexposure bestmöglich zu reflektieren. Über ETFs kann ein Zielmarkt in der Breite zwar gut abgedeckt werden, aber die Indexkompositionen bergen Risiken. Bei Smart Beta ETFs sind nicht nur Märkte und Indizes schwer zu timen, sondern auch einzelne Faktoren wie Size, Value, Growth, Momentum, Volatility, Quality und Yield. Diese verhalten sich je nach Marktumfeld- und zyklus unterschiedlich, sodass über Multi-Faktor-Strategien eine Diversifikation erreicht werden kann. Fazit

Den Korrelationen und den Korrelationskoeffizienten der jeweiligen Anlageklassen kommt dabei eine Bedeutung zu. So hatten 2018 fast 90 Prozent der Assetklassen eine negative Performance, 2017 dagegen nur rund 5 Prozent. Durch die Globalisierung haben sich die wechselseitigen Abhängigkeiten und gegenseitigen Verflechtungen von Märkten und Volkswirtschaften verstärkt und unkorrelierte Ertragsquellen wie Gold- und Rohstoffinvestments als Safe Haven, die als Betongold bezeichneten Immobilien, Vola als Assetklasse und neben Public auch Private Equity helfen, ein Portfolio robust aufzustellen. Aktieninvestments, bei denen direkt in Unternehmen investiert wird oder die breit gestreut durch aktiv gemanagte Fonds und ETFs durchgeführt werden, sind vielfach irrtümlicherweise als Spekulation angesehen, obwohl dies Investments in die Wirtschaft beziehungsweise in Unternehmen sind. Assetallokation und Managerauswahl

Zum Kapitalerhalt und Vermögensaufbau sind in einem Niedrigbeziehungsweise Nullzinsumfeld Investments in Aktien und Aktienfonds alternativlos. Rendite lässt sich nicht mehr mit Zinsen erwirtschaften, sodass andere Ertragsquellen und insbesondere untereinander möglichst niedrig korrelierte Anlageklassen sinnvoll zusammengesetzt werden, um nachhaltig Performance zu erwirtschaften und kein böses Erwachen zu erleben. Die einzelnen Anlageklassen erfordern wegen einer Vielzahl von Einflussfaktoren einen höheren Analyseaufwand, der sich aber lohnt. Zusammenfassend kann ein Mehrwert und damit eine nachhaltig gute Rendite insbesondere in einem späten Wirtschaftszyklus durch die richtige Auswahl und Zusammensetzung verschiedener Anlageklassen erzielt werden. Dabei sind aktiv gemanagte Fonds als Core-Bestandteil attraktiver als passive Investmentprodukte, die eher beigemischt werden sollten. ❚

Die Beurteilung der Frage, wann und ob ein aktiv gemanagter

Performance vom DAX, der 10 jährigen Bundesanleihe und ausgewählter Fonds Investition 100 € am 31.12.2014

220 €

220 €

200 €

200 €

180 €

180 €

160 €

160 €

140 €

140 €

120 €

120 €

100 €

100 €

80 €

31.12.2014 Dax

31.12.2015

10 Jähige Bundesanleihe

31.12.2016 Floss.v.St. Mult. Opport.

31.12.2017 BNY Emerg. Mark. Corp. Debt Fund

31.12.2018 UBS GL Emerg. Mark. Opport.

31.03.2019

80 €

Fidelity Gl. Technology I

Musterdepot: UBS Emerging Markets Opportunity, Flossbach von Storch - Multi Asset, BNY Mellon Global High Yield, Fidelity Global Technology 8

FINANCIAL 02.2019 PLANNING

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I N V ES T M E N T | A LT E R N AT IV ES

Der Cat-Bond-Markt auf der Suche nach neuem Marktgleichgewicht Welche Kräfte wirken derzeit und welche Performanceerwartungen sind damit verbunden? Von Markus Haefliger

Auslöser des aktuellen Suchprozesses

Divergierende Kräfte

Der Cat-Bond-Markt befindet sich derzeit in einer Rekalibrierungsphase und sucht ein neues Marktgleichgewicht. Die treibenden Kräfte, die den Suchprozess ausgelöst hatten, der bereits im Dezember 2018 begann, sind primär in den verlustreichen Versicherungsjahren 2017/2018 zu finden: einerseits die schweren Waldbrände in Kalifornien, die im November 2018 stattfanden, andererseits die unerwartet stark gestiegenen Schadensschätzungen (Loss Creep) im gleichen Jahr, die noch auf die Hurrikansaison 2017 zurückzuführen waren.

Wir beobachten derzeit sich überlagernde Preiseinflüsse, unter anderem den saisonalen Zyklus, der dazu führt, dass die Kurse im Vorfeld der US-amerikanischen Hurrikansaison zunächst fallen und erst dann wieder merklich ansteigen, wenn diese begonnen hat. Kursunterstützend wirkt der Umstand, dass die Cat-Bond-Spreads höher ausfallen als Spreads auf US-Unternehmensanleihen innerhalb des gleichen Ratingbands. Ein weiterer Preistreiber ist das derzeit stark reduzierte Emissionsvolumen, das die Anleihekurse ebenfalls ansteigen lässt.

Sich verstärkender Preisdruck im ersten Quartal 2019

Im Verlauf des Jahres 2019 kommen nur circa 15 Prozent des Cat-Bond-Gesamtmarktvolumens zum Verfall. Somit liegt der Wiederanlagebedarf unter dem Jahresdurchschnitt, was mit dem starken Marktwachstum der vergangenen Jahre zu erklären ist. Der daraus entstehende Nachfragebedarf fällt somit im Verhältnis zu den Vorjahren und zum Gesamtmarkt geringer aus. Doch auch so stellt das Wiederanlagevolumen für das Jahr 2019 in der Höhe von rund 4,5 Milliarden USD im Hinblick auf das als unterdurchschnittlich erwartete Emissionsvolumen eine Herausforderung dar.

Markus Haefliger, Produktespezialist ILS/CAT Bonds, Partner, Plenum Investments AG

Die Schadenserwartungen fielen in den Monaten Februar und März des laufenden Jahres abermals höher aus als erwartet – die Ursachen hierfür waren hohe Schadensanpassungen aus dem Vorjahr und weitere kleinere Schadensanpassungen. Der Prozess der Schadensabwicklung für die Ereignisse aus 2017 und 2018 ist mittlerweile weit fortgeschritten, weshalb wir nicht mehr mit großen Überraschungen rechnen. Es stellt sich allerdings die Frage, ob durch die hohen Preiskorrekturen ein Aufwertungspotenzial entstanden ist, da gewisse Anleihepreise nur schwer mit der aktuellen Datenlage zu erklären sind.

Versicherungsprämien und Expected Loss

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Prämiensituation Die Risikoprämien sind bei gleichgebliebenem Zinsumfeld seit Dezember 2016 markant gestiegen: um über 50 Prozent. Derzeit besteht noch Unsicherheit hinsichtlich der weiteren Prämienentwicklung, was den aktuellen Kurs belastet. Wir gehen allerdings davon aus, dass ein Großteil der Prämienerwartungen bereits in den aktuellen Preisen enthalten ist. Das Potenzial für extreme Prämienanstiege, wie wir sie 2006 oder 2009 gesehen haben, schätzen wir daher als klein ein. Diese Sichtweise wird durch die Tatsache untermauert, dass der Cat-Bond-Markt bereits wieder die durchschnittliche Langfristrisikoprämie erreicht hat. Zwar besteht die Möglichkeit, dass es zu einem Überschießen der Prämien kommt, was die Preise zusätzlich drücken würde. Es besteht allerdings auch Potenzial für eine Entwicklung der Kurse nach oben, wenn man davon ausgeht, dass das „New Normal“-Niveau (neuer Durchschnittspreis aufgrund einer neuen lang anhaltenden Tiefzinsphase und zwischenzeitlich gestiegener Markteffizienz) bereits merklich überschossen wurde. Marktreaktion Seit Januar 2018 stagniert der UCITS-Cat-Bond-Fondsmarkt, gemessen am Fondsvermögen der Branche, und verharrt auf einem Niveau von durchschnittlich 5,25 Milliarden USD. Die Schäden konnten mit Neugeld kompensiert werden. Man kann feststellen, dass die Nachfragedynamik sowohl im Cat-Bondals auch im nicht verbrieften Versicherungsrisikotransfermarkt merklich abgenommen hat. Wir beobachten für diesen Zeitraum das folgende Anlagemuster, das sich besonders zu Beginn des laufenden Jahres gezeigt hat:

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• Größere institutionelle Anleger steigen in den UCITS-CatBond-Markt ein oder kaufen nach, während • Retailkunden dem Markt den Rücken zukehren. In dieses Bild passt die jüngste Ankündigung von Pimco, wieder in das Cat-Bond-Geschäft investieren zu wollen. Daraus lässt sich ableiten, dass das Risiko-Ertrags-Verhältnis zwischen Cat Bonds und herkömmlichen Anleihen zugunsten des alternativen Risikotransfers ausfällt und das Prämienniveau eine Höhe erreicht hat, bei der sich der Einstieg wieder lohnt. Ausblick Derzeit wirken entgegengesetzte Kräfte auf die Preise von Cat Bonds. Ein Teil der negativen Einflüsse läuft allerdings aus. Wir gehen davon aus, dass der Cat-Bond-Markt im Juni/Juli einen Großteil der Rekalibrierungsphase abgeschlossen hat. Geht man vom „New Normal“-Szenario aus, besteht ein mittelfristiges Kurssteigerungspotenzial, zu dem auch mögliche Aufwertungen der zu Schäden exponierten Bonds beitragen könnten. Die Verschiebung des Prämienniveaus hat auch eine Veränderung des Risiko-Ertrags-Profils des Plenum CAT Bond Funds zur Folge. Aktuell ist das Portfolio so positioniert, dass es bei einem Expected Loss von 1,91 Prozent eine Vorkostenrendite von circa 7 Prozent per annum in USD erwirtschaftet. Wir verfolgen das Marktgeschehen sehr eng und hoffen, dass wir einen Einblick in die aktuelle Situation geben konnten. ❚

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Impact Investing – kleine Impulse können Großes bewirken Von Katharine Trimpop

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er 20. August 2018 war der erste Schultag nach den Sommerferien in Schweden. Es regnete ein wenig, endlich, denn auch Schweden hatte enorm unter der ungewöhnlichen Dürre und Hitze des Jahres 2018 gelitten. Vor dem Parlamentsgebäude in Göteborg saß an diesem Tag ein kleines, damals 15-jähriges Mädchen in einer gelben Regenjacke, neben sich ein Schild mit der Aufschrift: Schulstreik für das Klima. Man hätte sie übersehen können, doch am nächsten Tag saß sie wieder da und einige Tage später waren es schon eine Handvoll Schüler, die für den Klimaschutz protestierten und sich von jetzt an jeden Freitag vor dem Parlamentsgebäude trafen. Ein halbes Jahr darauf ist aus dem Protest eine internationale Bewegung geworden. Am 15. März 2019 demonstrierten Hunderttausende, wahrscheinlich sogar Millionen Jugendliche rund um den ganzen Globus für den Klimaschutz.

gen, sogenannten Mikrofinanzkrediten, die im Umfeld der Investition große Verbesserungen hervorrufen können. Zielgruppen dieser Investitionen sind in erster Linie einkommensschwache Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern, die mit Mikrofinanz-Krediten versorgt werden. Begründer des Mikrofinanzgedankens ist der bengalische Wirtschaftswissenschaftler Muhammad Yunus. Er rief die Mikrokredit-Idee ins Leben, gründete eine Bank, die sich auf Mikrofinanz spezialisierte, und wurde 2006 für sein Lebenswerk mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Bei den Mikrofinanzkunden handelt es sich vielfach um Frauen, die mit Kleinhandel oder der Produktion von einfachen Erzeugnissen ihre Kinder und Familien Katharine Trimpop, Leitung Vertrieb & ernähren. Bei klassischen Banken bekomMarketing Publikumsfonds, Monega KAG„ men über 2,4 Milliarden Menschen und »Impact Investing ist ein klares Winmehr als 200.000 Kleinstunternehmen Win-­Investment.« keinen Kredit, weil sie keine Sicherheiten außer ihrer Arbeitskraft bieten können, abseits der großen ZenEin kleiner Impuls kann Großes bewirken tren leben und arbeiten oder als Kunden einfach unattraktiv Man kann darüber streiten, ob Schüler für den Klimaschutz desind. Mikrokredite verschaffen diesen Menschen die Möglichmonstrieren sollten anstatt zur Schule zu gehen. Unbestreitkeit, aus der Armut auszubrechen, die Familien zu versorgen bar ist aber die Tatsache, dass sich die politische Debatte seit und ihren Kindern Zugang zu Schulbildung zu verschaffen. Ein den Schülerstreiks verändert hat. Klimaschutzziele haben es typisches Beispiel ist das Ehepaar Long Davy und Pov Piseth, aus der Schublade wohlfeiler Absichtserklärungen weiter nach Kunden des MFIs LOLC in Kambodscha. Sie bestreiten den Leoben auf die politische Agenda geschafft. Ein kleiner Impuls bensunterhalt der Familie mit einer kleinen Töpferei und erhielkann also offenbar Großes bewirken. ten einen Mikrokredit für die Anschaffung eines Mopeds, um ihre Produkte zu transportieren. Nach erfolgreicher Abwicklung Von dieser Idee getragen ist auch das sogenannte Impact Inerhielten sie einen zweiten Kredit, um Kupfer einzukaufen und vesting. Impact (zu übersetzen mit: Anstoß, Impuls, Auswirihr Geschäft zu erweitern. kung) Investing setzt zum Beispiel Impulse mit kleinen Beträ-

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I N V ES T M E N T | A LT E R N AT IV ES

Wie funktionieren Mikrokredite? Der Schlüssel zur Mikrofinanzierung sind Mikrofinanzinstitute (MFI). Diese Institute haben sich oft aus Nichtregierungsorganisationen, Genossenschaften, Kooperativen oder Entwicklungshilfeorganisationen heraus gebildet. Die MFIs vergeben die Mikrodarlehen, deren Laufzeit häufig nur wenige Monate (von der Saat bis zum Verkauf der Ernte, von der Herstellung/ dem Einkauf der Produkte bis zum Verkauf auf dem Markt etc.) läuft. Viele MFIs belassen es nicht bei der reinen Erbringung von Finanzdienstleistungen, sondern bieten auch Schulungen für die Grundzüge nachhaltigen Wirtschaftens und einfache Regeln der Buchhaltung an. Oft ist die Vergabe von Mikrokrediten an die erfolgreiche Teilnahme von Schulungen gebunden. Besonders wichtig für die Kreditnehmer ist auch, dass MFIs teilweise Zugang zu Sparkonten anbieten, so dass die Einnahmen der kleinen Unternehmung nicht mehr unter dem Kopfkissen aufbewahrt werden müssen. In der Regel haben MFIs keinen Zugang zu den klassischen Finanzmärkten in ihren Ländern oder können sich dort nicht wirtschaftlich mit Geld versorgen. Sie sind deshalb auf entwicklungspolitische Gelder oder auf Darlehen (engl. Loans) angewiesen. Mikrofinanz ist in Deutschland mittlerweile ein wichtiger Teil der Unterstützung außerhalb der klassischen Entwicklungshilfe. So ist zum Beispiel die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) einer der größten Mikrofinanz-Investoren. Auch der Gesetzgeber hat dieser sehr wirksamen Möglichkeit der direkten Unterstützung in Entwicklungs- und Schwellenländern Rechnung getragen und hat im Paragraf 222 des Kapitalanlagegesetzbuches die Voraussetzungen geschaffen, dass allen Anlegern über Fondsanlagen eine Investition ermöglicht wird. Der Gesetzgeber hat definiert, dass Kredite von Mikrofinanzinstituten an einen einzelnen Darlehensnehmer bei mindestens 60 Prozent aller Kredite den Betrag von 10.000 EUR nicht überschreiten dürfen. Insofern ist für den Anleger ein verlässlicher rechtlicher Rahmen für die Mikrofinanzanlage geschaffen worden. Wie sicher sind Mikrokredite für Anleger? Bei jeder Darlehensvergabe ist die nicht vertragsgemäße Rückzahlung das größte Risiko für den Darlehensgeber. Gemessen an der Zahlungsmoral in den entwickelten Ländern sind die Rückzahlungsquoten bei Mikrokrediten allerdings bislang erstaunlich hoch und zuverlässig. Die Kreditnehmer erkennen die gebotene Chance und wollen diese für die Zukunft

nicht durch säumige Rückzahlungen aufs Spiel setzen. Denn oftmals hängen das Wohlergehen der ganzen Familie, die Ausbildung der Kinder und das Ansehen in der Gemeinschaft an dem weiteren Zugang zu Mikrokrediten. Aber auch die Qualität des Mikrofinanzinstituts selbst ist ein sehr wichtiger Faktor, und die sorgfältige Auswahl der Institute, an die Darlehen vergeben werden, ist ein aufwändiger Prozess, der erfahrene Partner mit einem guten Netzwerk vor Ort benötigt. Vor jeder Kreditvergabe müssen die Verlässlichkeit der MFIs, ihre Kreditvergabekriterien, die Risikokontrolle, das Management, die Grundsätze der Unternehmensführung und die Leistungsfähigkeit hinsichtlich der sozialen und gesellschaftlichen Wirkung der Institute gründlich geprüft werden. Diese Kontrollen sollten nicht nur stichprobenmäßig erfolgen, sondern müssen fortlaufend über die gesamte Kreditlaufzeit für jedes einzelne Institut durchgeführt werden. Auf dem deutschen Markt werden zurzeit wenige Mikrofinanzfonds angeboten und davon gehen in ihrem Engagement nur wenige noch einen Schritt weiter. Sie beschränken sich dann nämlich nicht auf Mikrofinanz allein, sondern investieren darüber hinaus auch in weitere sogenannte Inclusive Finance Institutions (IFINs) und kleinere Unternehmen. Zielsetzung der IFINs ist die finanzielle Teilhabe bisher ausgeschlossener Bevölkerungsteile in Entwicklungs- und Schwellenländern. IFINs beschäftigen sich beispielsweise mit dem Mikroleasing von Sonnenkollektoren, damit Haushalte in abgelegenen Regionen Strom erzeugen können. Sie stellen Mobile Banking Services sicher, damit per Handy Zahlungen abgewickelt werden können, oder sie bieten Versicherungsleistungen und Sparkonten für Kunden, deren Einkünfte zu klein sind, um von klassischen Banken oder Versicherern bedient zu werden. Darüber hinaus können sie kleine und mittlere Unternehmen refinanzieren, die in den Bereichen Agrar, erneuerbare Energien, Wasserversorgung und Sanitärinstallation, Gesundheit, Bildung, Hausbau und so weiter tätig sind, und gehen damit in Teilen über den eigentlichen Ansatz von Kleinstkrediten hinaus. Denn erfolgreiche Kleinkreditnehmer benötigen im erfolgreichen Verlauf ihrer Unternehmung oft größere Kredite, sind aber für große Geschäftsbanken immer noch unattraktiv. Anleger, die mit ihrem Investment neben schwankungsarmen finanziellen Erträgen auch eine soziale Rendite erzielen wollen, finden in Mikrofinanzfonds interessante und zu herkömmlichen Investments nahezu unkorrelierte Anlagealternativen. ❚

Viele helfen vielen: Das Prinzip von Mikrofinanzfonds

Anleger

Mikrofinanzfonds

MFI in Entwicklungsländern

Kleinstkreditnehmer

Quelle: Monega KAG, 2019

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Wo Stil und Geschmack geformt werden! Von Jürgen Schneider

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Was hat das mit der privaten Vermögensanlage zum Beispiel in Kunstobjekten zu tun? Museen und Galerien zählen zu den wichtigen Impulsgebern für einen privaten Kunstkäufer. Dieser bedarf zunächst vieler Seherfahrungen, um verschiedene Qualitäten erkennen und unterscheiden zu können. Prinzipiell gelten die Grundsätze: „Nicht alles im Museum hat Qualität“ und „Teuer heißt nicht automatisch auch Angeregt durch dieses Bändchen, möchte wertvoll“. Insofern wird der ambitionierich eine punktuelle Einordnung musealer te Kunstfreund auch auf seinen gesunden Aktivitäten vor-nehmen. Die gute KassenMenschenverstand bauen müssen. lage des Bundes und der Länder führen zu Dazu wird der private Sammler mit seinen verstärkter Bautätigkeit an bestehenden Barmitteln eher bewusst und langfrisKultureinrichtungen bis hin zur Neugrüntig umgehen. Ein Fehlkauf ist wegen der dung ganzer Museen. mangelnden Marktliquidität und PreisrisiDies ist prinzipiell zu begrüßen! Neben ken nur schwer zu korrigieren. Weimar, Nürnberg, Mannheim, WiesbaDeshalb gilt vor dem Kauf folgendes zu den und Berlin wird in zahlreichen weiteJürgen Schneider, Fine Art Banking beachten: ren deutschen Städten entworfen, gebaut – Erwerben Sie nur Objekte, von deren künstlerischen Werten und eingeweiht. Die Begründung für diese Aktivitäten: Private Sie selbst (ohne Zuspruch Dritter) überzeugt sind! Stiftungen und Sammlungen wurden zur Abrundung beste– Starke Objekte sind mehr als dekorativ und müssen auch hender Sammlungen eingeworben oder die Sammlungspolitik noch in Jahren zur Auseinandersetzung anregen! erfordert eine Erweiterung der Fläche. Gelegentlich wird auch – Name und Bedeutung eines Künstlers sollten nie alleiniger die Umstellung bestehender Sammlungen auf die neue digitaKaufimpuls sein! le Welt 4.0 ins Feld geführt. Die Modernisierung alter Museen – Sie sollten den richtigen Platz haben, um das Objekt zur Entin Fragen von Sicherheit, Klima und Besucherfreundlichkeit ist faltung zu bringen! dringend geboten. All dies ist notwendig und sinnvoll, da nach – Prüfen Sie genau, ob aus dem Kauf Folgelasten entstehen Jahrzehnten des Knauserns erheblicher Nachholbedarf in der (Versicherung, Lagerung, Instandhaltung, Restaurierung)! deutschen Museumslandschaft sichtbar wurde. Die wesentliche Funktion von Kunstmuseen war und ist die BilFazit: Die Folgen einer falschen Allokation des Geldes treffen dungsvermittlung ebenso wie das generationenübergreifende den privaten Kunstfreund direkt. Setzen ästhetischer Maßstäbe. er Kunsthistoriker Walter Grasskamp veröffentlichte 2016 einen kleinen bemerkenswerten Band unter dem Titel „Das Kunstmuseum. Eine erfolgreiche Fehlkonstruktion“. Grasskamps Betrachtung untersucht dabei Fragen der Finanzierung, Tendenzen in der Ankaufspolitik bis hin zur Rolle des Ausstellungsbetriebs im Heute.

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Aktuelle Markttrends: Der alte Börsenspruch „Der Markt hat immer Recht“ gilt ungebrochen auch für den Kunstmarkt. Diverse kurz- oder auch langfristige Trends bestimmen direkt die Preisentwicklungen einzelner Marktsegmente. Beleuchten wir einige aktuelle Marktentwicklungen anhand von Beispielen: 1. Bildende Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts erfährt eine deutliche Belebung. Das renommierte Berliner Auktionshaus Dr. Irene Lehr Kunstauktionen erweiterte seine Künstlerliste um Vertreter, deren Geburtstage auch vor der Jahrhundertwende 1900 lagen, wie Alexander Kanoldt (1881), Adolf Fleischmann (1892), Josef Mangold (1884) und andere. Das Auktionshaus Grisebach in Berlin entwickelte sich von einem Haus der Klassischen Moderne und Nachkriegskunst zu einem bemerkenswerten Anbieter des 19. Jahrhunderts. Namen wie Carl Blechen, Carl Gustav Carus oder auch Anton von Werner sind keine Seltenheit. Stets mit guter Offerte im 19. Jahrhundert ist das Neumeister Münchener Kunstauktionshaus unterwegs. Werke von Franz von Defregger, Hans Makart oder Fritz von Uhde sind wieder im Aufwind. 2. Die gute Konjunktur von Malern aus der DDR setzt sich fort. Die vergangene Ausstellung „Hinter der Maske“ im Potsdamer Museum Barbarini fokussierte den Blick nochmals auf die malerischen Qualitäten einiger Künstler. Bilder von Harald Metzkes, Werner Tübke, Wolfgang Mattheuer sind auch mit Abstand von nunmehr einigen Jahrzehnten in der Lage, eigenständige Geschichten zu erzählen. 3. Im Altmeistermarkt gibt es eine deutliche Fehlbewertung vieler Objekte. Für Kunstfreunde, die antizyklisch Marktchancen nutzen wollen, scheint ein jetziger Einstieg bei ausgewählten Altmeistern empfehlenswert. Neben Provenienz und ausreichenden Belegen in Sammlungen und Museen sollte eine klare Autorenschaft bei einer Kaufentscheidung mitbedacht werden. Außerdem bietet ein Altmeistergemälde die Chance auf einen spannenden Dia-

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log zwischen Käufer und Werk – also das, was wir als ästhetische Dividende bezeichnen. Für Freaks: Eine stets gute Empfehlung lautet, einen Blick auf das Angebot hochwertiger Porzellane zu richten. Seit nahezu 30 Jahren findet sich Porzellankunst in einer zum Teil existenziellen Krise. Die Gründe dafür sind mannigfach: – Erstens hat der Zerfall der familiären Strukturen große Speise­ ensembles oder -services überflüssig gemacht. Der Singlehaushalt oder die Kleinfamilie bedarf keines vielteiligen Services. – Zweitens sind Spülmaschinen der Tod von Malereien auf Porzellan (Aufglasur). – Drittens fördern Pizzadienste und Essenslieferanten die Imbisskultur. Man kann ja gleich aus der Schachtel essen. – Viertens finden Porzellan als Raumschmuck (Nippes), aufwendige Porzellanleuchter oder Dejeuners kaum noch Anklang. Diese Punkte finden sich direkt im Preisgefüge wieder. Dabei ist zwischen Neuerwerb und Gebrauchtkauf zu unterscheiden. Die renommierten Markenhersteller (KPM, Meißen etc.) versuchen, im Neuwarengeschäft ein hohes exklusives Preisniveau zu halten. Dies erklärt sich aus der zum Teil überaus aufwendigen lohnintensiven Handarbeit beziehungsweise neuen Designentwürfen. So rettete der Berliner Unternehmer Jörg Woltmann 2006 das älteste Berliner Unternehmen, die KPM Königliche Porzellan-Manufaktur, vor dem Ruin und sicherte das einmalige Kulturgut. Heute ist KPM wieder die Premiummarke im Segment. Im Gebrauchtwarenhandel, Antiquitätenmarkt und auf Porzellanauktionen findet man namhafte Porzellane oft für kleines Geld. So sanken die Preise seit 30 Jahren um nahezu 75 Prozent. Ausgenommen von dieser Entwicklung sind lediglich museale Stücke, historische Einzelstücke oder kunsthistorische Belege. Hier stiegen die Preise zum Teil erheblich. Fazit: Warum nicht einmal in Tischkultur investieren? ❚

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Eine Anlage-Alternative für 2019: börsennotierte europäische Immobilien! Gegenwind durch zyklische und strukturelle Trends, aber Unterstützung durch starke Fundamentaldaten. Von Pierre Toussain

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ei börsennotierten Immobilien handelt es sich um einen Nischenmarkt, der Anlegern ein liquides und diversifiziertes Engagement am Immobilienmarkt ermöglicht. Ein Nischenmarkt ist es deswegen, da in den verschiedenen europäischen Märkten nur circa 2 bis 22 Prozent aller Immobilien im Besitz börsennotierter Immobiliengesellschaften sind (wobei dieser Anteil allerdings zunimmt). Eine Börsennotierung erhöht naturgemäß den Druck auf die Unternehmen und sorgt für eine entsprechend hohe Qualität im börsennotierten Immobiliensektor.

tragsgenerierende Immobilien beziehungsweise immobiliennahe Vermögenswerte besitzt und typischerweise auch betreibt. REITS bieten Anlegern die Möglichkeit, an Erträgen eines Immobilienbestands teilzuhaben, ohne selbst Immobilien besitzen zu müssen. Der Bestand von REITS kann Immobilien aus verschiedenen Segmenten (Büros, Einzelhandel, Wohnimmobilien, Hotels, Gesundheitswesen, Logistik usw.) umfassen. Da börsennotierte Immobilien über eine gute Liquidität verfügen, eröffnen sie auf (kosten)effiziente Art ein ausgewogenes Engagement in Immobilien über verschiedene Länder, Sektoren und Märkte hinweg.

Beim Thema börsennotierte Immobilien führt kein Weg am Real Estate InvestAngesichts der mittlerweile hohen Bewerment Trust vorbei, dem Vehikel, das dietungen traditioneller Anlageklassen ist eine ses Segment revolutioniert hat. Varianten wachsende Zahl von Anlegern auf der Suche sind der in den 1960er Jahren in den USA Pierre Toussain, Portfoliomanager/Ananach alternativen Anlagemöglichkeiten. eingeführte REIT, der niederländische FBI lyst, ODDO BHF Asset Management Einige erhöhen ihre Allokation in Private oder auch der belgische SICAFI (ImmobiEquity, Total-Return-Strategien oder auch in Direktanlagen in lien-Investmentgesellschaften mit unveränderlichem Kapital). Immobilien. Andere wiederum erwägen eine andere Form der Das Grundprinzip ist jeweils weitgehend identisch. Die entspreImmobilienanlage: börsennotierte Immobilien. Der Immobilienchende Gesellschaft ist von der Steuer befreit, vorausgesetzt, sektor verzeichnete in den letzten Jahren eine hohe Dynamik. sie schüttet ihren Gewinn aus. Somit sind Dividenden fester Der Wohnimmobilienmarkt in den wichtigsten europäischen Bestandteil dieser Gesellschaften und fließen in die erwartete Städten florierte und die am meisten angesagten Märkte erreichGesamtrendite ein, die für eine Anlageentscheidung maßgeblich ten immer neue Allzeit-Hochs. Seit 2017 hat der Markt noch ist. Viele Immobiliengesellschaften in Europa und der ganzen einmal mehr Fahrt aufgenommen. Wir halten börsennotierte Welt haben inzwischen diese Rechtsform gewählt, auch wenn Immobilien jedoch immer noch für eine chancenreiche Anlaes zwischen den verschiedenen Ländern noch Unterschiede in geform für Anleger, die ihr Portfolio diversifizieren möchten. der Ausgestaltung gibt (eine Ausnahme sind hier z.B. deutsche Wohnimmobilien, die es in dieser Rechtsform nicht gibt). Insgesamt bietet sich ein ansprechendes Gesamtbild: Die Fundamentaldaten der europäischen Immobilien präsentieren sich Bei einem Real Estate Investment Trust (REIT) handelt es sich solide und werden durch diverse positive Trends unterstützt, im Allgemeinen um eine börsennotierte Gesellschaft, die er-

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zum Beispiel generell steigende Mieten und Bewertungen in Kombination mit starken, zunehmend kompetitiveren Anlagemärkten in der Eurozone. Nimmt man dann noch die langfristigen demografischen und städtebaulichen Entwicklungen sowie das Entstehen „alternativer“ Immobiliensektoren hinzu, ergibt sich ein Wertschöpfungspotenzial, das sich durch aktive Anlageverwaltung und die gezielte Auswahl profitabler, innovativer und solide gemanagter Immobiliengesellschaften nutzen lässt. Noch interessanter wird das Ganze beim Blick auf die relativ günstige Bewertung von Immobiliengesellschaften. Mit einer Durchschnittsrendite ihrer Portfolios von circa 4,5 Prozent (gegenüber 4 Prozent für direkte Immobilienanlagen) und einem Kurs-/Nettoinventarwert-Verhältnis unter dem historischen Durchschnitt zählen indirekte Immobilienanlagen derzeit zu den Anlageklassen mit der höchsten Rendite. Die zentrale Frage in Bezug auf diese Anlageklasse ist, wie sie sich bei zukünftigen Zinserhöhungen entwickeln wird. Sicher – normalerweise gilt dies als ein für Immobilienanlagen eher negativer Faktor. Bei ansonsten unveränderten Rahmenbedingungen sinkt bei höheren Zinsen tendenziell der Wert von Immobilien und die Kosten für die Kreditaufnahme steigen. Sollte man deswegen auf Anlagen in diesen Sektor gänzlich verzichten? Nicht unbedingt. Hierbei sind zwei Aspekte entscheidend: der Zeitpunkt und das Tempo der Zinserhöhung. Beide scheinen uns unproblematisch, da eine schnelle Normalisierung der europäischen Geldpolitik äußerst unwahrscheinlich ist. Analysiert man die Wertentwicklung in der Vergangenheit, so zeigt sich darüber hinaus, dass sich Immobilien in einem Umfeld mit steigenden Zinsen nach einer kurzzeitigen Phase mit relativer Underperformance im weiteren Verlauf überdurchschnittlich entwickeln. Hier zeigt sich, dass der Sektor vom Wirtschaftswachstum profitiert (durch Mietindexierung, wegen hoher Nachfrage steigende Mieten usw.). Darüber hinaus haben sich die meisten Immobiliengesellschaften bereits günstige Finanzierungen gesichert. Die durchschnittlichen Finanzierungskosten des Sektors in der Eurozone betragen 2,15 Prozent mit Laufzeiten von im Mittel bis zu sieben Jahren. Des Weiteren ist der Verschuldungsgrad des Sektors gesunken und die Beleihungsquoten bewegen sich im Rahmen (ca. 45 Prozent für Gesellschaften aus der Eurozone). Börsennotierte Immobiliengesellschaften sind gut aufgestellt, um von der Transformation des städtischen Raums und der Entwicklung der Städte von morgen zu profitieren. Einige dieser Gesellschaften zählen zu Vorreitern bei Themen wie der zunehmenden Polarisierung urbaner Zentren, der Alterung der

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Bevölkerung oder den Umbrüchen als Folge der fortschreitenden Digitalisierung. Einerseits gibt es die „angestammten“ Akteure – Generalisten oder aber auf Wohnimmobilien oder Büros spezialisierte Anbieter. Hier erwarten wir, dass die seit Jahresbeginn beobachteten positiven Trends am Immobilienmarkt – steigende Mieten und Bewertungen – sich fortsetzen werden. Ganz konkret stimmt uns insbesondere die Tendenz zu steigenden Büromieten in der Eurozone (Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und Niederlande) optimistisch. Das gilt besonders für Standorte wie Berlin, die auch künftig ein der Nachfrage angemessenes Angebot aufweisen dürften. Auch bei deutschen Wohnimmobilien ist eine gute Dynamik zu beobachten. Zu verdanken ist die gute Angebots-/Nachfragedynamik der Einwanderung, einer wachsenden Stadtbevölkerung, attraktiven Finanzierungsmöglichkeiten und dem Anstieg der Mieten von einer niedrigen Ausgangsbasis. Nicht ganz so spektakulär verläuft die Entwicklung im Einzelhandel. Hier belastet der Wandel durch den elektronischen Handel die Fundamentaldaten. Durch Megatrends der Urbanisierung wird die Schere zwischen Gewinnern und Verlierern immer größer, und es ist eine zunehmende Polarisierung zu beobachten: Große Shoppingzentren erzielen nach wie vor gute operative Ergebnisse. Regionale Einkaufszentren haben hingegen mehr zu kämpfen. Eine echte Chance für Anleger bietet sich unserer Meinung nach überdies abseits gängiger Immobiliensegmente, wie etwa bei alternativen Immobilienanlagen wie Logistik, Hotels, Studentenunterkünften, Gesundheitswesen. Alternative Immobilieninvestments profitieren von höheren Renditen, sie verfügen über starke Fundamentaldaten und stellen angesichts des fortschreitenden Zyklus eine gute Absicherung dar. Manche Dinge lassen sich zwar nur schwer vorhersagen. Im Hinblick auf die Zukunft des elektronischen Handels oder den zukünftigen Bedarf an Altenheimen und Studentenunterkünften sehen wir die Aussichten jedoch zuversichtlich. Die große Herausforderung besteht hier darin, in den nach wie vor fragmentierten Märkten die besten Akteure zu identifizieren. Mit Blick auf elektronischen Handel sehen wir insbesondere gute Chancen im Logistiksektor. Nicht zuletzt ist mit einer weiterhin starken Entwicklung der Anlage- und Mietmärkte in der Eurozone zu rechnen. Und die Anleger werden wählerischer, vor allem an besonders zentralen Standorten, wo demografische Trends die Renditen sinken lassen könnten. ❚

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Neue Anlageoptionen für Stiftungen: ­digitale Immobilieninvestments Von Heiko Krajewski

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mmobilien bieten für Stiftungen planbare kontinuierliche Erträge und Wertsteigerungen. Allerdings ist die Kapitalbindung sehr langfristig und bei einem Direkterwerb sind Erfahrungen in der Verwaltung zwingend erforderlich. Insbesondere kleinere Stiftungen hatten daher bisher kaum Alternativen zu Immobilienfonds, da es an einfachen, transparenten und gemeinschaftlichen Investitionsmöglichkeiten im Immobilienbereich fehlte. Eine neue digitale Anlageoption, die Investitionen in Immobilien flexibel macht – das digitale Crowdinvesting für Immobilien –, macht diese moderne Anlageform auch für (kleinere) Stiftungen interessant.

Lange hatte man bei Exporo überlegt, wie „digitales Immobilieneigentum“ für Investoren geschaffen werden kann. Ziel war es, die Vorteile von Eigentum (zum Beispiel ein planbarer Mietcashflow mit vollkommen transparenter Kostenstruktur) optimal auszuschöpfen und zugleich mögliche Nachteile (beispielsweise einen hohen Verwaltungsaufwand oder zeitliche Belastungen durch das Beauftragen von Handwerkern) durch professionelles Asset-Management für Investoren zu übernehmen. Aber damit noch nicht genug: Außerdem sollte erreicht werden, dass das Ganze digital, mit Grundbucheintrag und liquide mit Wertpapierkennnummer (WKN) ausgestaltet ist. Über Bruchteilseigentum ließ sich dieses Problem nicht lösen, denn da gab es allein schon mit dem Grundbucheintrag eine logistische und auch kostenmäßige Herausforderung, die für Investoren nicht vorteilhaft war.

Wie funktionieren digitale Immobilieninvestments? Der Ursprungsgedanke lässt sich gut mit Heiko  Krajewski, Senior  Manager folgendem Satz erfassen: „Was der Einzelne Investor  Relations, Exporo AG nicht vermag, vermögen viele.“ Statt eines einzelnen großen Investors beteiligen sich Die Lösung von Exporo ist am Ende recht einfach: Die Bestands­ viele kleine Privatanleger an einem Projekt. Was als Modell objekte werden in eine jeweils eigene Exporo-Zielgesellschaft zur Finanzierung von Start-ups mit wenig Kapital begann, hat eingebracht, deren einziger Zweck das Halten der Immobilie sich in den vergangenen Jahren immer mehr auch in anderen ist. Der Fremdkapitalanteil (bis zu 50 Prozent) kommt von einer Bereichen etabliert – so auch in der Immobilienbranche, für Bank, das Eigenkapital wird über eine Anleihe refinanziert, die digitale Investitionen heute der größte und wachstumsstärkste Anleger ab 1.000 EUR digital zeichnen können. Der Cashflow Crowdinvesting-Bereich in Deutschland. ergibt sich aus den Mieteinnahmen abzüglich der Betriebskosten. Die Anleihe ist grundbuchlich für alle Investoren über einen Exporo ist Deutschlands führende Plattform für digitale ImmoTreuhänder besichert, die Kostenstruktur ist vollkommen transbilieninvestments. Seit Gründung im November 2014 wurde parent, der Investitionsprozess läuft ohne Medienbruch komplett bereits ein Finanzierungsvolumen von über 400 Millionen digital ab (ohne Maximalbegrenzung der Anlagesumme), es EUR (Stand Mai 2019) digital vermittelt – damit hat Exporo gibt eine WKN und die Anleihe ist über den Exporo-Zweitmarkt hierzulande einen Marktanteil von rund 70 Prozent. Nach vier handelbar. Nebenbei erzielt der Investor Einkünfte aus KapitalJahren ist aus dem Gründerteam ein 130 Mitarbeiter umfasvermögen statt aus Vermietung und Verpachtung – ein weiterer sendes Unternehmen geworden. Darüber hinaus hat Exporo „positiver Nebeneffekt“. Zudem setzt Exporo auch individuelle Ende 2017 die vollständige KWG-32-Zulassung erhalten und Anlagelösungen für professionelle Investoren um. ist die einzige BaFin-regulierte Plattform in Deutschland. Sie ❚ bietet Anlegern einen Überblick über Immobilienprojekte, in die sie einfach, transparent und gebührenfrei investieren können. Dabei profitieren Investoren von zwei sich ergänzenden Die Vorteile digitaler Immobilieninvestments für Produktkategorien: Zum einen können sie sich kurzfristig und Stiftungen: festverzinst an renditestarken und geprüften Immobilienprojekten beteiligen – hier errichten Projektentwickler zum Beispiel – Risikostreuung neue Wohngebäude oder sanieren Gewerbeobjekte über eine – Mietüberschüsse bestimmte Laufzeit. Und zum anderen, was eine echte Innovation – Wertstabilität ist, können sich Anleger direkt an ausgewählten Bestandsim– Kostenvorteile mobilien beteiligen (so wie ein Eigentümer) – hierbei erhalten – Transparenz sie quartalsweise Ausschüttungen aus den Mietüberschüssen – Individualität und sind zusätzlich am Immobilienwert beteiligt. Hinsichtlich – einfache Administration dieser zweiten Produktkategorie – „Exporo Bestand“ – äußern – laufender, ordentlicher Ertrag von im Schnitt 4,5 auch Stiftungen immer mehr Interesse. Prozent per annum – zusätzlicher Ertrag bei Veräußerung aus Tilgung Wie gelingt die Digitalisierung von Bestandsimmobilien und sowie Wertsteigerung von ca. 1,5 bis 2,0 Prozent per was sind die Vorteile aus Sicht von Stiftungen? annum

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FINANCIAL PLANNING

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Android-User: Bislang war die Einstellung für „Apps aus unbekannten Quellen installieren“ je nach Hersteller und Android-Version hier zu finden: Öffnen Sie die „Einstellungen“. In einem Bereich wie „System“ gibt es eine Einstellung „Sicherheit“. Hier sollten Sie die Option „Apps aus unbek. Quellen“ oder ähnlich finden. Auf anderen Geräten findet sich das via „Einstellungen/Sicherheit“ oder unter „Sicherheit & Datenschutz/Mehr/Unbekannte Apps installieren“. Auf neueren Geräten mit purem Android 8 hat sich das Konzept grundlegend geändert: Jetzt gibt es keinen zentralen Schalter mehr. Stattdessen sind es bestehende Apps, denen Sie das Installieren von Apps aus anderen Quellen erlauben oder verbieten können. Öffnen Sie die Einstellungen, tippen Sie „unbek“ ins Suchfeld. Öffnen Sie „Spezieller App-Zugriff“ und darin „Unbek. Apps installieren“. Oder Sie gehen via „Einstellungen“ zu „Apps & Benachrichtigungen/Erweitert/Spezieller App-Zugriff“. Tippen Sie allenfalls oben rechts aufs Drei-Punkte-Menü und wählen Sie System anzeigen.

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V E R A N S TA LT U N G E N

Ein Rückblick auf die Finanzplaner­ tage des network financial planner e.V. im ersten Halbjahr 2019 Von Sven Putfarken

4. Stuttgarter Finanzplanertag

W Knapp 30 Teilnehmer folgten der Einladung zur Premiere in Leipzig.

1. Leipziger Finanzplanertag

A

m 29. März fand der erste Finanzplanertag des nfp in Leipzig statt. Die Premiere an einem neuen Standort erfreute sich einer guten Resonanz und es konnten knapp 30 Teilnehmer begrüßt werden. Auch unsere Fördermitglieder und Ausstellungspartner zeigten starkes Interesse und unterstützten den Tag durch ihre Teilnahme. So waren mit DJE Kapital, Plenum Investments, AllianceBernstein, Standard Life, Aberdeen Standard und Jupiter Asset Management sechs Gesellschaften vor Ort. Thomas Abel und ich, Sven Putfarken, waren als nfp-Vorstände dabei, durchaus erfreut ob der Aufgabe, einen neuen Standort für derartige Fachveranstaltungen zu etablieren. Die positiven Rückmeldungen in Leipzig zeigten wieder einmal, dass bundesweit Bedarf an qualifizierten Fachveranstaltungen für unsere Finanzplaner besteht, weshalb der nächste Leipziger Finanzplanertag bereits in Planung ist – für den 27. März 2020. Neben den tollen Räumlichkeiten im Radisson Blu Hotel war es vor allem die abwechslungsreiche Agenda, die die Teilnehmer ins schöne Leipzig gezogen hatte. Der Tag begann mit einem Vortrag von Stefan Breintner, stellvertretender Leiter Re­search & Portfoliomanagement bei der DJE Kapital AG, der über die aktuellen Kapitalmarktchancen referierte. Die folgenden Vorträge am Vormittag kreisten um die Themen Aktienmärkte und Chancen am Kapitalmarkt sowie die Finanzberatungspraxis. Nach dem Mittagessen gab es neben weiteren Vorträgen zum Kapital- und Aktienmarkt auch einen Einblick in die Welt der Lebensversicherungen und der Finanzierungsgestaltung. Abgerundet wurden die Fachvorträge von Rechtsanwalt Jens Reichow, der über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von MiFID II und IDD sprach. Insgesamt war es eine heterogene Agenda, die dem Anspruch, als Finanzplaner alle Themengebiete der Mandanten abzudecken, mehr als gerecht wurde. Auch das Feedback der Teilnehmer in den Pausengesprächen war durchweg positiv. Alle waren sich einig, dass die Premiere in Leipzig ein voller Erfolg war und dieser Standort auch zukünftig eine solche Veranstaltung benötigt. ❚

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ieder in Verbindung mit dem Frühlingsfest fand am 9. Mai der mittlerweile 4. Stuttgarter Finanzplanertag statt. Wie schon in den Vorjahren erfreute sich auch diese Veranstaltung einer starken Resonanz und es konnten knapp 40 Teilnehmer begrüßt werden. Die Fördermitglieder und Ausstellungspartner zeigten sich ebenfalls sehr zufrieden mit den Gesprächen auf der Messe und rund um die Veranstaltung. Es waren mit DJE Kapital AG, KanAm Grund Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH, BlackRock Investment Management (UK) Limited, Aramea Asset Management und der Shareholder Value Management AG fünf Partner vor Ort. Für den nfp vor Ort verantwortlich waren die Vorstandsmitglieder Annika Peters und Sven Putfarken, die gewissermaßen schon zum Inventar dieser Veranstaltung gehören. Auch für Stuttgart besteht – wie die gute Resonanz zeigt – Bedarf an qualifizierten Fachveranstaltungen für unsere Finanzplaner, weshalb die fünfte Ausgabe dieser Serie für das kommende Jahr bereits fest auf der Agenda des Vereins steht – der Termin wird zeitnah bekannt gegeben. Die abwechslungsreiche Agenda, die die Teilnehmer auf dem Finanzplanertag erwartete, hatte es wirklich in sich. Der Tag begann mit einem Vortrag von Dr. Ulrich Kaffarnik, Mitglied des Vorstands von DJE Kapital, der über die aktuellen Kapitalmarktchancen referierte und seine Zuhörer mit interessanten Neuigkeiten versorgte. Die folgenden Vorträge am Vormittag befassten sich mit den Themen gewerblicher Immobilienmarkt sowie Chancen am Kapitalmarkt mit aktivem Management, bevor vor der Mittagspause Davor Horvat, Vorstand der Honorarfinanz AG und Geschäftsführer der Conventus GmbH, über Ärzte als Zielgruppe in der täglichen Beratung referierte. Am Nachmittag gab es neben Vorträgen zum Anleihen- und Aktienmarkt auch einen Einblick in die Welt der Immobilieninvestmentmöglichkeiten und der Finanzierungs- und Verwaltungsgestaltung, den uns Finanzberater Christopher Dannacker in gewohnt charmanter Art und Weise vermittelte. Abgerundet wurden die Fachvorträge von Dr. Markus Schuhmann, Rechtsanwalt bei SCHUHMA NN Rechtsanwälte, der Fälle aus der Praxis zu Neuerungen und Trends in der Vermögensnachfolge in den Mittelpunkt seines Vortrags stellte. Ein toller Abschluss war wie in jedem Jahr der Besuch auf dem Stuttgarter Frühlingsfest – hier ließ man gemeinsam den Tag Revue passieren und nutzte die Chance zum Netzwerken bei dem ein oder anderen Getränk in lockerer Atmosphäre. ❚

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V E R A N S TA LT U N G E N

EFPA Europe Think Tank im Mai 2019 in Wien Von Thomas Abel

Die Teilnehmer des diesjährigen Treffens in Wien.

N

ach dem erfolgreichen EFPA Europe Think Tank im vorigen Jahr in Prag fand die dritte Ausgabe dieser Veranstaltungsreihe am 8. Mai 2019 in Wien statt. Vom FPSB Deutschland waren auch dieses Mal wieder zwei Delegierte eingeladen. Die 27 Teilnehmer kamen aus den zwölf europäischen EFPA-Ländern sowie aus Portugal und Südafrika. Der FPSB Deutschland wurde von Gordon Gifaldi, CFEP®, und von mir, Thomas Abel, CFP®, EFA, vertreten. Thema des Think Tank war es, die im Frühjahr durchgeführte europaweite Umfrage unter Finanzdienstleistern zur Entwicklung der Finanzberatung zu analysieren und aus den Ergebnissen mögliche Handlungsempfehlungen abzuleiten. Die Umfrageergebnisse wurden zu den Themengebieten „Wert der ganzheitlichen Beratung“, „Robo-Advice“ und „Millennials als Berater oder Kunden“ ausgewertet und in gesonderten Workshops diskutiert. In diesen international besetzten Gruppen vertraten Gordon Gifaldi den FPSB Deutschland beim Thema „Millennials“ und ich in Sachen „ganzheitliche Beratung“. Die Ergebnisse der Workshops wurden anschließend im Plenum diskutiert und werden in Kürze über die EFPA-Medienkanäle veröffentlicht und somit auch den Finanzberatern in Deutschland zugänglich sein. Hinsichtlich der Diskussionen zum Thema ganzheitliche Beratung

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ist zu konstatieren: Es war ein wirklich guter Austausch mit Finanzplanerkollegen aus Europa, der uns zeigt, wie unterschiedlich die Regulierung in den einzelnen Ländern ist – trotz einheitlicher Rahmenbedingungen in Europa in Form von MiFID II und IDD. Alle Kollegen waren sich einig, dass der Pfad in Richtung einer ganzheitlichen Beratung und honorarbasierten Vergütung des Beraters durch den Regulierer und somit auch durch die Finanzindustrie vorgezeichnet und nicht mehr umkehrbar ist. Gordon Gifaldi erklärt zu den Diskussionen, in die er schwerpunktmäßig eingebunden war: „Millennials, also die Menschen, die zwischen 1980 und 2000 geboren wurden, haben überall in Europa untereinander ähnliche, aber im Vergleich zu anderen Generationen veränderte Wertevorstellungen, wie sich aus dieser Runde zeigt. Unabhängigkeit, die persönliche Entwicklung sowie Karriereperspektiven bewegen die jungen Menschen. Die Finanzindustrie muss sich daher mit diesen Werten beschäftigen und den individuellen Beratungsansatz daran anpassen. Ein auch für mich sehr interessanter Workshop mit vielen neuen Erkenntnissen für meine tägliche Beratungspraxis.“ Neben der aktiven Mitarbeit ergaben sich zahlreiche Gelegenheiten, sich mit den internationalen Kolleginnen und Kollegen auszutauschen und Verbindungen zu knüpfen, die auch über den diesjährigen Think Tank hinaus bestehen bleiben werden. ❚

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Veranstaltungskalender

NET ZW E RKE IFNP Institut für Finanz- und Nachfolgeplanung GmbH in Kooperation mit dem network financial planner e.V. (www.ifnp.de)

GfdS Gesellschaft für das Stiftungswesen m.b.H. (www.stiftungsgesellschaft.de) 25.09.2019 Stiftungen erfolgreich in der Vermögens-

14.06.2019

5. Hamburger Finanzplanertag

06.09.2019

1. Kölner Finanzplanertag

anlage beraten (Modul 1)

Hamburg

26.09.2019 Stiftungen erfolgreich in der Vermögens-

anlage beraten (Modul 2) Netzwerk der Finanz- und Erbschaftsplaner e.V. (www.nfep.de)

26./27.09.2019 8. Frankfurter Finanzplaner Forum

EBS Executive Education (www.ebs.edu) 05.09.2019

WEIT ERBIL DUNG

Hamburg

I ntensivstudium Capital Market ­Products and Portfoliomanagement 15. Jahrgang

10.09.2019

Kompaktstudium Infrastruktur 4. Jahrgang

IFNP Institut für Finanz- und Nachfolgeplanung GmbH in Kooperation mit dem network financial planner e.V. (www.ifnp.de)

16.09.2019

13.06.2019

20.09.2019

Ethik-Webinar

Kompaktstudium Private Equity 17. Jahrgang

Intensivstudium Wirtschaftsmediation 7. Jahrgang

Referent: Thomas Abel

17./18.09.2019 Kongress kontakte 2019: XPS-Finanzsoftware GmbH in Kooperation mit der IFNP Institut für Finanz- und Nachfolgeplanung GmbH (www.xps-finanzsoftware.de) 24.07.2019 Basisseminar, München Dozent: Volker Weg (XPS-Finanzsoftware GmbH)

Financial Planning Praxis (Mainz) 23.09.2019

3. Jahrgang 12.11.2019

25.07.2109 Praxisseminar, München, Dozent: Sven Scherner

Frankfurt School of Finance & Management gemeinnützige GmbH (www.frankfurt-school.de) 06.09.2019

Studiengang Financial Planner

München

13.09.2019

Studiengang Financial Planner

Hamburg

K ompaktstudium ­Testamentsvollstreckung 26. Jahrgang (Seminarort: Oestrich-Winkel)

05.12.2019

11.12.2019

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Kompaktstudium Sustainable & ­Responsible Investments

Tagesseminar „Praxisforum Finanzplanung 2019/2020: Steuern – Recht – Trends“ mit Hans Nickel

Kontaktstudium Finanzökonomie 31. Jahrgang

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E VENTS & WEBINARE

Ethik-Webinar Ethische Grundlagen spielen in unserem Wirtschaftsleben eine große Rolle und werden dennoch immer wieder verletzt bzw. sehr dehnbar ausgelegt. Umso wichtiger ist es, sich diese Regeln immer wieder neu ins Gedächtnis zu rufen. Hierfür kann und soll Ihnen das Webinar eine Hilfestellung bieten.

Save the Date! 28. bis 29. November 2019

15. Financial Planner Forum im KOSMOS Berlin

Referent: Thomas Abel Termin: 13. Juni 2019, 15:00 bis 17:00 Uhr Anmeldung zum IFNP-Webinar über www.ifnp.de/weiterbildung

– Top-Speaker der Branche – Fachvorträge in 3 Sälen – über 30 Aussteller – bis zu 12 CE-Credits möglich

IFNPVeranstaltungen 2019 14. Juni 2019

5. Hamburger Finanzplanertag Hotel Atlantic Kempinski Hamburg

– Abendevent in der Kalkscheune Details finden Sie auf

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www.ifnp.de/events

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6. September 2019

1. Kölner Finanzplanertag Hyatt Regency Köln

Freuen Sie sich auf spannende Fachvorträge und Diskussionen mit den anderen Teilnehmern. Als Referenten sind u. a. Dr. Ulrich Kaffarnik von DJE Kapital AG und Dr. Martin Lück von BlackRock geladen. Details zur jeweiligen Agenda und Möglichkeiten zur Anmeldung finden Sie auf www.ifnp.de/events

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Save the Date! 17. Oktober 2019

7. Münchner Finanzplanertag

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I N V ES T M E N T

Nachhaltige Rendite von 3 Prozent pro Jahr bei größtmöglicher Sicherheit Bereits über 17 Prozent Wertzuwachs seit Auflage des Immobilienfonds Auch Neulinge kommen in die Jahre: Der LEADING CITIES INVEST, der erste offene Immobilienfonds der neuen Generation, hat gerade seinen fünften Geburtstag gefeiert. Und mit insgesamt über 17 Prozent Wertentwicklung seit Auflage zeigen die stabilen Ergebnisse: Der Fonds und sein Management haben Wort gehalten. Bereits fünf Jahre lang bietet der LEADING CITIES INVEST nachhaltige Renditen bei größtmöglicher Sicherheit. Die Zielrendite von circa 3 Prozent im Jahr soll auch 2019 wieder erreicht werden. Der LEADING CITIES INVEST nutzt das Wachstumspotenzial zukunftsträchtiger und entwicklungsfähiger Städte. Das Anlagespektrum umfasst Gewerbeimmobilien verschiedenster Nutzungsarten – von ausgewählten Bürogebäuden über Einzelhandelsflächen und Objekte an bekannten Haupteinkaufsstraßen

bis hin zu Hotels. Die Nutzungsarten der sich im Fonds befindenden Immobilien sind durch den Erwerb eines Logistikportfolios in Deutschland erweitert worden. Der LEADING CITIES INVEST ist bis jetzt an 15 Standorten in fünf Ländern investiert. Dazu zählen München, Hamburg und Frankfurt am Main, aber ebenso Edinburgh, London, Paris und auch Brüssel. Um weitere aussichtsreiche Immobilienmärkte und Einzelobjekte für den LEADING CITIES INVEST zu identifizieren, greift die KanAm Grund Group mit dem C-Score- und dem Property Selection Modell (PSM) auf zwei eigenentwickelte Research- und Portfoliomodelle zurück. Sie bauen aufeinander auf und lieferten bei allen bisherigen Transaktionen zentrale Daten zu Qualität und erwarteter Performance. Seit Ende Mai ist der LEADING CITIES IN VEST offen für frisches Geld.

Computergestützte Tools bei der KanAm Grund Group

Entscheiden tut allein der Mensch Wie C-Score und Property Selection Modell das Investmentmanagement-Team bei den Immobilieninvestments weltweit unter­ stützen Interview mit Helena Ivanovic

Helena Ivanovic: C-Score ist ein Modell, mit dem wir die besten Immobilienmärkte herausfiltern können, bevor wir nach geeigneten Immobilien für unsere Fonds suchen. Wir haben das C-Score Modell 2013 im Zuge der Auflage des Fonds LEADING CITIES INVEST entwickelt. Wie sein Name schon sagt, investiert dieser Fonds in sogenannten Leading Cities, und diese muss man erst einmal systematisch identifizieren.

Bevölkerung der Stadt? Wie stark, wie zukunftsfähig ist die Wirtschaftskraft? Ist das Rechtssystem stabil? Ebenso untersuchen wir, wie attraktiv die Stadt sich bei Innovationskraft, Lebensqualität oder Infrastruktur präsentiert. Schließlich prüfen wir auch die Lage am Immobilienmarkt, zum Beispiel wie sich Angebot und Nachfrage nach Immobilien entwickeln. All das liefert uns ein Gesamtbild der City. Daher C-Score, weil das Modell umfassend die Qualität einer Stadt als Investitionsstandort beurteilt.

Wie identifiziert man Städte mit Zukunft?

Ist C-Score ein denkender Roboter?

Frau Ivanovic, was bedeutet C-Score?

Helena Ivanovic: C-Score wurde von AnaHelena Ivanovic: Wir lassen insgesamt lysten unseres Hauses entwickelt. Diese 7.300 Daten für 131 Städte weltweit durch befüllen die komplexe Bewertungsmatrix unser Modell laufen. So können wir festregelmäßig mit aktualisierten Daten. Die stellen, welche Städte unter anderem bei Auswertung ist dann standardisiert und der Wirtschafts- und Bevölkerungsstruktur Helena Ivanovic, Direktorin, Abteilung erfolgt systematisch nach zuvor objektiv führend sind. Aber wir filtern natürlich Research & Analysis, KanAm Grund festgelegten Maßstäben. Aber ein Roboter auch nach der Standortqualität und beGroup ist C-Score nicht – es ist letztendlich ein rücksichtigen dabei den Marktzyklus, in Modell, ein Algorithmus, der systematisch nach unseren Vordem sich die Immobilienmärkte gerade befinden. gaben die besten, führenden Städte der Welt ermittelt. Wofür steht das C in C-Score? Woher bekommen Sie das Material? Helena Ivanovic: C steht für City. Uns interessiert das GeHelena Ivanovic: Das C-Score Modell speist sich aus rund 7.300 samtpaket, das eine Stadt zu bieten hat. Für die Qualität eines Daten, die wir von einer breiten Palette an Datenanbietern Immobilienmarktes interessiert natürlich im Moment, wie das beziehen. Dazu zählen die Vereinten Nationen genauso wie Preisniveau bei Immobilien ist, aber mindestens ebenso wichtig die Weltbank, Transparency International, Standard & Poor’s, sind die langfristigen Perspektiven des Standortes. Wächst die

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der Internationale Währungsfonds, die OECD, Eurostat sowie statistische Ämter der verschiedenen Länder. Für die Beurteilung der Standortattraktivität greifen wir vor allem auf verschiedene Indizes und Rankings bekannter Anbieter zurück, zum Beispiel Mercer, IESE Business School, Economist Intelligence Unit, 2thinknow, CBRE oder Z/Yen Group. Bei der Analyse der Immobilienmärkte nutzen wir die umfangreichen Datensätze eines internationalen Maklerhauses und

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ergänzen diese um Angaben anderer Marktteilnehmer. Darüber hinaus haben wir Lizenzen für die Nutzung von Thomas Daily und Real Capital Analytics erworben, aus denen ebenfalls Daten ins C-Score Modell fließen. An Datenmaterial herrscht kein Mangel. Warum machen das andere nicht genauso? Helena Ivanovic: Die KanAm Grund Group ist dafür bekannt, dass sie sich als innovativer Trendsetter an die sich verändernden Marktbedingungen anpasst. Als der Gesetzgeber 2013

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mit dem KAGB – dem Kapitalanlagegesetzbuch – die offenen Immobilienfonds krisensicher machte, wollten wir nicht nur den ersten offenen Immobilienfonds der neuen Generation auflegen, sondern unseren Anlegern auch ermöglichen, ganz konkret ein Stück der führenden Städte der Welt zu erwerben. Ein Stück der französischen Kulturmetropole und politischen wie wirtschaftlichen Schaltzentrale Paris mit seinen zwölf Millionen Einwohnern, ein Stück des Dreh- und Angelpunkts der Europapolitik – Brüssel –, ein Stück der deutschen Handelsstadt Hamburg mit dem drittgrößten Hafen Europas. Das sind nur drei Beispiele für herausragende Städte, in denen der LEADING CITIES INVEST investiert ist. Das war unsere Idee im Jahr 2013. Auf die Daten kann theoretisch jeder zurückgreifen, aber erst die Verknüpfung und Gewichtung bringt greifbare und verwertbare Ergebnisse. Die renommierte Ratingagentur Scope fand unsere Idee des LEADING CITIES INVEST von Anfang an sehr gelungen und würdigte sie mit dem Scope Award für Real Estate Portfolio Construction im Jahr 2013. Durchsucht der C-Score die ganze Welt? Helena Ivanovic: Wir untersuchen weltweit insgesamt 131 Städte, davon 70 in Europa, 50 in Nord- und Südamerika und die übrigen im Asien-Pazifik-Raum. Unser Schwerpunkt liegt auf Europa und Nordamerika, weil wir traditionell auf diesen beiden Kontinenten erfolgreich Immobilien erwerben und wieder veräußern, und zwar seit fast 19 Jahren. Hier konzentriert sich die Expertise der KanAm Grund Group. Wie unterscheiden Sie einzelne Städte in verschiedenen Ländern? Helena Ivanovic: Wir unterscheiden die Städte innerhalb eines Landes danach, welche Bedeutung sie international oder eben national haben. Städte wie Frankfurt am Main, Brüssel, Paris oder London zum Beispiel sind Standorte von Regierungen, großer internationaler Konzerne oder supranationaler Organisationen. Auf den dortigen Immobilienmärkten treffen sich neben nationa-

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len auch zahlreiche internationale Immobilieninvestoren. Solche Städte bezeichnen wir daher als „Leading Cities International“. Typisch für diese Städte ist, dass Immobilien teurer sind, aber eben auch höhere Mieten und damit mehr Erträge erzielen als Immobilien in kleineren Städten. Also suchen Sie nur nach großen Städten? Helena Ivanovic: Nein, auch kleine Städte können – wenn richtig ausgesucht – wahre Perlen im Portfolio sein. Ein Beispiel ist Dresden, das wir mit dem G-Score Modell, einer Erweiterung des C-Score Modells, identifiziert haben. Dresden ist mit einer Vielzahl von Sehenswürdigkeiten wie der Frauenkirche, der Semperoper oder dem Residenzschloss ein wahrer Touristenmagnet. Die Tourismusindustrie ist die zweitstärkste Branche der Stadt und Motor der Stadtentwicklung. Davon profitieren natürlich auch die Einzelhandelslagen in der Innenstadt. Seit 2009 hat sich die Anzahl der Innenstadtgeschäfte mehr als verdoppelt und dieser Trend hält weiterhin an. Dresden ist zudem Sitz der Landesregierung und bietet mit der Exzellenzuniversität TU Dresden einen Spitzenstandort für Forschung. Diese Stadt hat in den letzten Jahren eine unglaubliche Dynamik entwickelt, und das macht sich natürlich auch auf den Immobilienmärkten positiv bemerkbar. Eine Investition auf einem solchen Immobilienmarkt bietet Investoren besondere Ertragssicherheit. Hier stimmt das Gesamtpaket, auch wenn es eben eine Stadt mit gerade mal 552.361 Einwohnern ist. Was und wer ist derzeit eine internationale Schönheit? Helena Ivanovic: Aus Sicht des C-Scores gibt es eine Reihe von Schönheiten weltweit. In Europa sind das zum Beispiel London, Paris und Amsterdam. Alle drei Städte erzielen die maximale Punktzahl im Struktur- und Standortscoring. Das Büroimmobilienmarktscoring fällt ebenfalls gut aus, allerdings gibt es dort leichte Abschläge aufgrund der höheren Volatilität am Markt und des aktuellen Preisniveaus. Die Höchstpunktzahl im Scoringmodell für Büroimmobilien erzielt allerdings derzeit Frankfurt. Die Stadt erhält bei nahezu allen Parametern eine

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gute bis sehr gute Note. Leading Cities bei der Nutzungsklasse Einzelhandelsimmobilien sind in Europa London, München, Frankfurt und Amsterdam. Die „schönsten“ Städte bei Hotelimmobilien sind derzeit europaweit Amsterdam, London, München, Frankfurt am Main und Zürich. Richten sich die Einkäufer der KanAm Grund Group nach dem C-Score? Helena Ivanovic: Das C-Score Modell ist eines von mehreren wesentlichen Hilfsmitteln bei der Entscheidungsfindung hinsichtlich der Frage, ob sich eine Investition lohnt. Auch erfahrenen Einkäufern hilft der C-Score, die aktuelle und zukünftige Attraktivität von Städten objektiv messbar zu machen. Gleichzeitig liefert das Ergebnis des C-Score Modells einen Pool an potenziellen Städten, in die zu investieren für die KanAm Grund Group attraktiv sein könnte. Aber er kann und soll den Menschen mit seiner Erfahrung und seinem Netzwerk nicht ersetzen. Wie findet das Investmentteam dann passende Projekte in den Städten? Helena Ivanovic: Das Investmentmanagement-Team sucht in den ausgewählten Städten – mithilfe des von uns entwickelten computergestützten Tools Property Selection Modell (PSM) – Immobilien, die mit ihren Qualitäten überzeugen. PSM analysiert über 100 Parameter eines möglichen Objekts, zum Beispiel die unmittelbare Umgebung (Mikrolage), die Objektqualität, die Mieter und die Performance. Gleichzeitig hilft das PSM, die Auswirkungen einer möglichen Investitionsentscheidung auf das Gesamtportfolio des jeweiligen Fonds zu ermitteln. Wozu braucht es dann noch Menschen? Helena Ivanovic: Auswählen und entscheiden tun immer noch die Experten bei uns. Flankiert wird die Arbeit des Investmentmanagement-Teams auch durch Fachleute vor Ort. Das sind zum einen die Kollegen in den Auslandsbüros der KanAm Grund Group in Paris, London, Luxemburg oder Atlanta und zum anderen langjährige Geschäftspartner an den jeweiligen

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Märkten, wie Rechtsanwälte, Steuerberater, Property-Manager oder Makler. Zusammenfassend kann man sagen, dass es neben den Ergebnissen der beiden Modelle – C-Score und Property Selection – vor allem die Erfahrung, die Expertise und das Netzwerk der Mitarbeiter der KanAm Grund Group sind, die den langfristigen Erfolg der Investments sichern. So weist die KanAm Grund Group einen Track Record von 32 Milliarden US-Dollar in fast 19 Jahren auf. Die Geschäftsführung und die Mitarbeiter auf der Führungsebene zeichnen sich durch eine langjährige Expertise im Immobilienbereich und eine hohe Unternehmenskontinuität aus. Alle diese Dinge zusammengenommen bilden die Grundlage für den Erfolg der Investmententscheidungen bei der KanAm Grund Group. Wenden Sie das C-Score Modell für alle Fonds und Nutzungsarten an? Helena Ivanovic: Das C-Score Modell haben wir originär für den LEADING CITIES INVEST konzipiert. Es eignet sich aber auch für jeden anderen Fonds, der in führenden Metropolen und nationalen Perlen investiert. Und das sind bei uns fast alle. Im C-Score Modell berücksichtigen wir drei Nutzungsarten: Büro-, Einzelhandels- und Hotelimmobilien. Diese drei Nutzungsarten decken den Großteil des gewerblichen Immobilienmarktes ab. Was ist denn feiner beim G-Score – und warum speziell für Deutschland? Helena Ivanovic: Das Interesse am Investitionsstandort Deutschland ist sowohl bei lokalen als auch bei internationalen Investoren in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Viele kennen die sieben großen Investitionsstandorte, aber darüber hinaus existiert eine Vielzahl weiterer attraktiver Städte mit sehr guten ökonomischen und demografischen Kennzahlen. Daher haben wir mit dem G-Score ein Modell entwickelt, das neben den sieben großen deutschen Metropolen 48 weitere, vielversprechende deutsche Städte unter die Lupe nimmt. Ein Beispiel für eine attraktive Stadt, die wir mithilfe des G-Score Modells identifiziert haben, ist Dresden. ❚

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