Brixner 381 - Oktober 2021

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Politik & Gesellschaft

200. GEBURTSTAG VON KAREL HAVLÍČEK

Ein Fremder unter Fremden Vor genau 200 Jahren, am 31. Oktober 1821, wurde Karel Havlíček in Borová (deutsch: Borau) geboren. Der tschechische Journalist und Autor, der als Begründer des politischen Journalismus in Böhmen gilt, verbrachte mehrere Jahre im Zwangsexil in Brixen. Noch heute sind Spuren von ihm in der Bischofsstadt zu finden.

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m Dezember 1851 lebte Karel Havlíček zusammen mit seiner Frau Julie und der Tochter Zdenka in Německý Brod (Deutsch Brod, heute Havlìčkov Brod), einer Kleinstadt in Böhmen. Das schmucke Haus am Hauptplatz gehörte seiner Mutter Josefa und wurde von ihr, den Söhnen Karel und František und deren Familien bewohnt.

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Erst im November desselben Jahres war der umtriebige Journalist in einem Prozess freigesprochen worden. Umso größer dürfte der Schock gewesen sein, als er am 16. Dezember um zwei Uhr früh von Oberpolizeikommissar Franz Dedera aus dem Schlaf gerissen wurde. Havlíček wurde verhaftet und noch in derselben Nacht mit einer Kutsche wegge-

bracht, auf eine beschwerliche Reise durch die österreichische Monarchie – ohne zu wissen, wohin es ging. Als die Kutsche am 20. Dezember Kufstein passierte und abends in Innsbruck ankam, atmete er auf, wie er später selbst schrieb, denn die Festung von Kufstein war der Schrecken aller politisch Gefangenen des Kaiserreichs. Am 21. Dezember

wurde die Fahrt Richtung Süden fortgesetzt und in der „Post“ am Brenner zu Mittag gegessen. Anders als geplant, ließ Dedera am späten Nachmittag in Mittewald anhalten, wo man in der dortigen „Post“ der Familie von Pretz übernachtete. Im Amtshaus am Brixner Domplatz löste diese spontane Änderung große Unruhe aus. Es war nämlich nicht üblich,


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