Brixner 381 - Oktober 2021

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Kunst & Kultur

SERIE: BESUCH IM KÜNSTLERATELIER

Fotos: Oskar Zingerle

Alles nur Kopfsache

Der Bildhauer Sergio Sommavilla wurde am 8. Oktober 70 Jahre alt. Anlass genug, um den Brixner Künstler mit Grödner Wurzeln in seinem Atelier am Platschweg aufzusuchen, wo er seit Jahrzehnten vorwiegend mysteriöse Frauenköpfe gestaltet.

E

in verschmitztes Lächeln im Gesicht, Schalk, der aus den Augen blitzt – so kennen wir Sergio Sommavilla. Irgendwie irritierend, dass seine Köpfe, Dauerbrenner seit Jahrzehnten, das absolute Gegenteil sind: stumm, starr, stoisch in ihrer vollkommenen Entrücktheit. Wie steinerne Götter aus einer fernen Zeit schauen sie in beredtem Schweigen gelassen auf das Treiben von uns Menschen. Auf den ersten Blick scheinen die aufgereihten Büsten im Depot in

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der Zagler-Schmiede in der Trattengasse alle gleich, aber das sind sie mitnichten: Die runde Form ist die Basis der Köpfe, dennoch sind feine Unterschiede auszumachen. Manche sind abgeflacht, kantig, vorgewölbt, mit unzähligen Haarkompositionen von kraus bis glatt oder kahl. In meisterlichen Varianten sind Augen, Wangen, Nase und Mund gearbeitet, sodass die Gesichter im Ausdruck changieren von sanftmütig, gütig, wissend bis irritierend.

Aufs Äußerste reduziert. „Der

Kopf ist rund“, sagte einst Francis Picabia, „damit das Denken die Richtung wechseln kann.“ Das trifft auf Sergio Sommavilla zu hundert Prozent zu, denn er macht alles nur „di testa sua“, wie Hans Heiss es ausdrückt. Das Andersdenken bewies der Grödner „Querkopf“ schon 1970 bei der Abschlussarbeit am Istituto Statale d’Arte in Venedig, das er nach der Kunstschule in Gröden unter dem verehrten Lehrer Luis Piazza besuchte. „Alle Kollegen

wählten für ihre Referate klingende Namen wie Pablo Picasso, Georges Braque oder Vincent Van Gogh“, schmunzelt Sommavilla, „ich aber war fasziniert von Constantin Brâncuşi und seinem aufs Äußerste reduzierte Werk, das ich in der Peggy-GuggenheimCollection gesehen hatte.“ Diese Anziehungskraft sollte sich noch verstärken, als er auf einer Griechenlandreise der antiken Kykladenkultur begegnete. Die bronzezeitlichen Vorbilder dienen ihm als Inspirationsquelle für


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